© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 018/16 Änderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts seit Januar 2015 mit den Schwerpunkten Asylpaket I und II Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 2 Änderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts seit Januar 2015 mit den Schwerpunkten Asylpaket I und II Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 018/16 Abschluss der Arbeit: 21.01.2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Neuregelungen durch das sog. Asylpaket I 4 2.1. Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten 5 2.2. Registrierung 5 2.3. Unterbringung und räumliche Beschränkungen 5 2.4. Verteilung 6 2.5. Erwerbstätigkeit und Integrationskurse 6 2.6. Sachleistungen, Leistungskürzungen und Gesundheitsversorgung 7 2.7. Ausweisung und Abschiebung 7 3. Bestandteile des sog. Asylpakets II 8 3.1. Beschluss der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 05.11.2015 8 3.2. Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern für ein Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren 9 3.3. Datenaustauschverbesserungsgesetz 10 3.3.1. Ankunftsnachweis 10 3.3.2. Kerndatensystem 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 4 1. Einleitung Im zurückliegenden Jahr sind zahlreiche Änderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts in Kraft getreten, weitere Änderungen sind in Planung. Dieser Sachstand soll einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen seit Januar 2015 geben, die insbesondere durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz 1 (sog. Asylpaket I) geschaffen wurden und die im Rahmen des sog. Asylpakets II zurzeit beraten werden. Im Einzelnen erfolgt die Darstellung thematisch und umfasst die unmittelbar das Asyl- und Aufenthaltsrecht betreffenden Neuregelungen, z.B. zu sicheren Herkunftsstaaten, zur Registrierung, Unterbringung und räumlichen Beschränkungen.2 Neuregelungen außerhalb der Asylpakete I und II, wie beispielsweise durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung,3 werden im thematischen Zusammenhang berücksichtigt .4 2. Neuregelungen durch das sog. Asylpaket I Durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wurden zahlreiche Gesetze geändert. Im Folgenden sind insbesondere die Änderungen des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) relevant. Die mit Art. 1 Nr. 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz erfolgte Umbenennung des AsylVfG in Asylgesetz (AsylG) soll der Wandlung von einer auf das Asylgrundrecht bezogenen Verfahrensregelung zum „zentralen Regelwerk im Bereich des Flüchtlingsschutzes“ Rechnung tragen.5 Bedeutende materiell-rechtliche Regelungen des AsylG betreffen beispielsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) sowie die Gewährung international subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG).6 1 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015, BGBl. I 2015, 1722. 2 Andere durch die Änderungen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes betroffene Rechtsgebiete wie das Baurecht, das Meldewesen oder das Verwaltungsgerichtsverfahren bleiben hier außer Betracht. 3 Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I 2015, 1386. 4 Relevant sind insoweit insbesondere das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern vom 23.12.1014, BGBl. I 2014, 2439 sowie das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung , Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher vom 23.12.2014, BGBl. I 2014, 2439. Im Zusammenhang mit geplanten Gesetzgebungsmaßnahmen ist neben dem Asylpaket II auch auf den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vom 01.10.2015 hinzuweisen, abrufbar unter http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Entwurf_Richtlininenumsetzung_Asyl_011015.pdf (zuletzt abgerufen am 21.01.2016). 5 Vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 18/6185, 31. 6 Zum unionsrechtlichen Hintergrund des Flüchtlingsstatus und der international subsidiären Schutzberechtigung vgl. Wissenschaftliche Dienste, Kategorien des asylrechtlichen Schutzes in Deutschland, Aktueller Begriff vom 15.12.2015, abrufbar unter http://www.bundestag.btg/ButagVerw/W/Ausarbeitungen/Einzelpublikationen/Ablage /2015/Kategorien_des_a_1450169075.pdf (zuletzt abgerufen am 21.01.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 5 2.1. Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten im Sinne von Art. 16a Abs. 3 GG wurde um die Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro erweitert, Anlage II zu § 29a AsylG.7 Ferner wurde geregelt, dass die Bundesregierung dem Bundestag alle zwei Jahre einen Bericht darüber vorlegen muss, ob die Voraussetzungen für die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten weiterhin vorliegen, § 29a Abs. 2a AsylG. 2.2. Registrierung In § 63a AsylG wurde erstmals eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA) gesetzlich verankert. Nach § 63a Abs. 1 S. 1 AsylG ist einem Ausländer, der um Asyl nachgesucht, aber noch keinen Asylantrag gestellt hat, unverzüglich eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender auszustellen. Diese Bescheinigung enthält die Angaben zur Person und ein Lichtbild des Ausländers sowie die Bezeichnung der Aufnahmeeinrichtung, in die sich der Ausländer zur Asylantragstellung unverzüglich zu begeben hat, § 63a Abs. 1 S. 2 AsylG. Zuständig für die Ausstellung sind nach § 63a Abs. 3 S. 1 AsylG u.a. Grenzbehörden, Ausländerbehörden und die Polizei. Ohne BüMA wäre erst nach Stellung des Asylantrags beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Bescheinigung auszustellen, und zwar die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung, § 63 AsylG. Die Zeit bis zur Ausstellung der Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung wird damit durch die BüMA überbrückt. Die Regelungen zur BüMA dürften jedoch schon bald wieder überholt sein. Mit dem jüngst vom Bundestag verabschiedeten Datenaustauschverbesserungsgesetz stehen erhebliche Änderungen des § 63a AsylG an.8 2.3. Unterbringung und räumliche Beschränkungen Ausländer, die einen Asylantrag bei einer Außenstelle des BAMF zu stellen haben, sind nach § 47 Abs. 1 AsylG verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum in der zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Die bisher geltende Begrenzung des Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung auf längstens drei Monate wurde durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz auf längstens sechs Monate ausgedehnt. Für Asylsuchende aus sicheren Herkunftsstaaten sieht die Neuregelung in § 47 Abs. 1a AsylG einen noch längeren Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung vor, und zwar bis zur Entscheidung über den Asylantrag, ggf. auch bis zur Ausreise oder Abschiebung. Der längere Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung hat Folgewirkungen auf die räumlichen Beschränkungen für Asylsuchende. Nach § 56 AsylG lässt die für Asylsuchende geltende Aufenthaltsgestattung (§ 55 Abs. 1 S. 1 AsylG) nur einen Aufenthalt in dem Bezirk der Ausländerbehörde 7 Mit Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31.10.2014, BGBl. I 2014, 1649, wurden bereits die Staaten Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik und Serbien als sichere Herkunftsstaaten bestimmt. 8 Siehe dazu unten Ziff. 3.3.1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 6 zu, in dem die zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt. Das Rechtsstellungsverbesserungsgesetz9 hatte mit Wirkung zum 01.01.2015 die Dauer der räumlichen Beschränkung auf drei Monate begrenzt, § 59a Abs. 1 AsylG. Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz hat diese Lockerung nun wieder eingeschränkt. In der Neuregelung des § 59a Abs. 1 S. 2 AsylG wurde die räumliche Beschränkung mit dem Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung verknüpft. Erst wenn die Pflicht zum Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung endet, erlischt die räumliche Beschränkung. Für Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten kann die räumliche Beschränkung damit bis zur Abschiebung andauern. 2.4. Verteilung Während die Regelung zur Aufnahmequote der einzelnen Bundesländer in § 45 Abs. 1 AsylG erhalten geblieben ist, sieht § 45 Abs. 2 S. 1 AsylG nunmehr vor, dass zwei oder mehr Bundesländer vereinbaren können, dass Asylbegehrende, die von einem Land entsprechend seiner Quote aufzunehmen sind, von einem anderen Land aufgenommen werden. In dieser Vereinbarung sind mindestens Angaben zum Umfang der von der Vereinbarung betroffenen Personengruppen sowie ein angemessener Kostenausgleich vorzusehen, § 45 Abs. 2 S. 2 AsylG.10 2.5. Erwerbstätigkeit und Integrationskurse Nach § 61 Abs. 2 S. 1 AsylG kann Asylbewerbern nach dreimonatigem Aufenthalt die Ausübung einer Beschäftigung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden.11 Diese Frist wurde durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zwar nicht unmittelbar verändert, doch wirkt sich auch hier die Pflicht zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung nach § 47 Abs. 1 AsylG aus. Solange der Asylbewerber zum Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung verpflichtet ist, ist die Ausübung einer Beschäftigung verboten, § 61 Abs. 1 AsylG, so dass der Zugang zur Erwerbstätigkeit für bis zu sechs Monate versperrt sein kann. Ausländer aus sicheren Herkunftsstaaten unterliegen nach den Neuregelungen durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz darüber hinaus einem Beschäftigungsverbot für die Dauer des Asylverfahrens (§ 61 Abs. 2 S. 4 AsylG) sowie für den Fall, dass sie nach Ablehnung des Asylantrags eine Duldung besitzen (§ 60a Abs. 6 Nr. 3 AufenthG). In diesem Zusammenhang ist aber auf die Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz hinzuweisen,12 die durch eine Änderung des § 26 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung zugunsten von Staatsangehörigen aus 9 Siehe oben Fn. 4. 10 Durch das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher (siehe Fn. 4) wurden besondere Regelungen für die Verteilung unbegleiteter ausländischer Kinder und Jugendlicher eingeführt, vgl. §§ 42a ff. des Achten Buches Sozialgesetzbuch. 11 Dabei wurde diese Frist erst im Zusammenhang mit der sicheren Herkunftsstaatenregelung (vgl. Fn. 7) von einem Jahr auf drei Monate abgesenkt. 12 Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 24.10.2015, BGBl. I 2014, 1789. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 7 den Westbalkanstaaten eine legale Einreise nach Deutschland zum Zweck der Beschäftigung unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet. Die Teilnahme an Integrationskursen ist nach § 44 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 AufenthG nunmehr auch für Asylbewerber möglich, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, allerdings unter dem Vorbehalt verfügbarer Kapazitäten. Diese Öffnung der Teilnahmeberechtigung gilt aber nicht für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, § 44 Abs. 4 S. 3 AufenthG. 2.6. Sachleistungen, Leistungskürzungen und Gesundheitsversorgung Die im März 2015 in Kraft getretenen Änderungen zum sog. Sachleistungsprinzip wurden durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz relativiert. Der einschlägige § 3 AsylbLG war durch Art. 3 des Rechtsstellungsverbesserungsgesetzes13 zunächst so gefasst worden, dass die Deckung der Bedarfe durch Sachleistungen auf den Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen beschränkt ist, danach sollten grundsätzlich Geldleistungen erbracht werden. Das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nimmt diese Erleichterung durch eine Änderung in § 3 Abs. 2 S. 5 AsylbLG ein Stück weit zurück, indem das Sachleistungsprinzip bei der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften im Sinne von § 53 AsylG, also auch im Anschluss an den Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen, zur Anwendung kommen kann. Zu erwähnen ist ferner, dass der vormalige Bargeldbedarf für die Deckung persönlicher Grundbedürfnisse des täglichen Lebens („Taschengeld“) nunmehr ebenfalls – als sog. notwendiger persönlicher Bedarf – beim Aufenthalt in Aufnahmeeinrichtungen durch Sachleistungen erbracht werden soll, § 3 Abs. 1 S. 5, 6 AsylbLG. Eine weitere Änderung des AsylbLG betrifft die Leistungskürzungen für vollziehbar Ausreisepflichtige nach § 1a AsylbLG. Für sie kommen Leistungskürzungen nun schon mit Ablauf der Ausreisefrist und in erheblichem Umfang in Betracht, § 1a Abs. 2 AsylbLG. Ihnen stehen grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege zu, § 1a Abs. 2 S. 2 AsylbLG, wobei diese als Sachleistungen erbracht werden sollen, § 1a Abs. 2 S. 4 AsylbLG. Im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung wurde mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz die Möglichkeit geschaffen, dass Asylsuchende, die über eine abgeschlossene Ausbildung als Arzt verfügen, bei einer mangelhaften ärztlichen Versorgung in Aufnahmeeinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünften vorübergehend zur Unterstützung von Ärzten eingesetzt werden, § 90 Abs. 1 AsylG. 2.7. Ausweisung und Abschiebung Wichtige Änderungen zur Ausweisung und Abschiebung erfolgten bereits durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung14. Das Ausweisungsrecht wurde in den §§ 53 bis 56 AufenthG grundlegend neu strukturiert. Nunmehr steht die Abwägung zwischen Ausweisungsinteresse einerseits und Bleibeinteresse andererseits im Zentrum der Ausweisungsregelung des § 53 Abs. 1 AufenthG. Der neu eingeführte Ausreisegewahrsam nach § 62b 13 Siehe oben Fn. 4. 14 Siehe oben Fn. 3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 8 AufenthG soll durch eine kurzzeitige, längstens vier Tage andauernde Ingewahrsamnahme die Durchführung von Abschiebungen sichern. Der Ausreisegewahrsam ergänzt damit die Sicherungshaft (bzw. Abschiebungshaft) nach § 62 Abs. 3 AufenthG. Auf die Durchführung der Abschiebung zielt auch eine kleine, für die Praxis aber nicht unbedeutende Änderung durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz ab. Nach dem neuen § 59 Abs. 1 S. 8 AufenthG darf dem Ausländer der Termin der Abschiebung nun nicht mehr angekündigt werden. 3. Bestandteile des sog. Asylpakets II Mit Beschluss vom 05.11.201515 haben sich die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD auf Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen der Flüchtlingsbewegung verständigt, die zusammengefasst als Asylpaket II bezeichnet werden.16 Teile dieses Beschlusses sind Gegenstand eines Referentenentwurfs des Bundesministeriums des Innern für ein Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren geworden. Andere Teile des Beschlusses wurden bereits im Rahmen des Datenaustauschverbesserungsgesetzes umgesetzt. 3.1. Beschluss der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 05.11.2015 Der Beschluss sieht die Schaffung eines einheitlichen Ausweises für Asylsuchende und einer Datenbank mit den für die Durchführung der Verfahren in Deutschland erforderlichen Daten der Asylsuchenden vor, um eine sichere und schnelle Identifizierung der Betroffenen zu gewährleisten .17 Für Bewerber mit geringer Aussicht auf Anerkennung soll eine zusätzliche Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden. Als Bewerber mit geringer Aussicht auf Anerkennung werden dabei Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern, mit Wiedereinreisesperren, mit Folgeanträgen oder ohne Mitwirkungsbereitschaft angesehen. In Anlehnung an das Flughafenverfahren sollen für diese Personengruppen das Verwaltungsverfahren innerhalb einer Woche und das Rechtsmittelverfahren innerhalb von zwei Wochen durchgeführt werden können. Zur Realisierung des beschleunigten Verfahrens für die genannten Personengruppen sollen bundesweit drei bis fünf besondere Aufnahmeeinrichtungen geschaffen werden, die für die Antragsbearbeitung, die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens und die Rückführung abgelehnter Bewerber ausschließlich zuständig sind. Für die Dauer des Aufenthalts in einer solchen Aufnahmeeinrichtung ist eine verschärfte Residenzpflicht vorgesehen. Verstöße gegen die Residenzpflicht sollen den Wegfall des Anspruchs 15 Beschluss der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 05.11.2015, abrufbar unter https://www.cducsu.de/presse/texte-und-interviews/beschluss-der-parteivorsitzenden-von-cdu-csu-und-spd (zuletzt abgerufen am 20.01.2016). 16 Neben den unter Ziff. 3.1. näher erläuterten geplanten Maßnahmen enthält der Beschluss Ausführungen bezüglich der Wiederherstellung der EU-Außengrenzen und der Errichtung von Aufnahme- und Verteilzentren (sog. Hotspots) in Griechenland und Italien, über Vereinbarungen mit der Türkei, die Stabilisierung von Afghanistan sowie die Förderung der Integration. 17 Siehe hierzu unter Ziff. 3.3.1 über die bereits erfolgte Umsetzung durch das Datenaustauschverbesserungsgesetz. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 9 auf Leistungen nach dem AsylbLG und das Ruhen des Asylantrags zur Folge haben. Ein Antrag auf Wiederaufnahme des ruhenden Asylantrags soll nur einmalig möglich sein. Bei erneutem Verstoß gegen die Residenzpflicht erlischt der Antrag und der Bewerber ist sofort auszuweisen. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen sollen unabhängig von einem eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden können. Der Beschluss vom 05.11.2015 sieht für Antragsteller mit subsidiärem Schutz die Aussetzung des Familiennachzugs für einen Zeitraum von zwei Jahren vor. Dies würde eine Abkehr von den Änderungen im Aufenthaltsgesetz darstellen, mit denen zum 01.08.2015 erleichterte Voraussetzungen für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten geschaffen wurden.18 Weiter wurde beschlossen, anknüpfend an die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG und dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Erbringung von Sprach- und Integrationskursen künftig generell eine angemessene Eigenbeteiligung (bezogen auf den Anteil des sozio-kulturellen Existenzminimums) vorzusehen. Schließlich sollen die Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen gesetzlich präzisiert und klargestellt werden, um Verzögerungen und Missbrauch entgegenzuwirken. Zudem soll eine neue Organisationseinheit eingerichtet werden, welche die nötigen Papiere für Personen beschafft, die Deutschland wieder verlassen müssen. 3.2. Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern für ein Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren Der im November 2015 bekannt gewordene Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern für ein Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren19 sieht ein beschleunigtes Verfahren für Bewerber mit geringer Aussicht auf Anerkennung sowie deren Unterbringung in besonderen Aufnahmeeinrichtungen mit entsprechender Wohnverpflichtung vor. Ferner werden die Regelungen über die Rücknahmefiktion wegen Nichtbetreiben des Verfahrens durch den Ausländer konkretisiert und auf Fälle ausgedehnt, in denen die Weiterleitung an die zuständige Aufnahmeeinrichtung schuldhaft nicht befolgt wird oder in denen der Ausländer schuldhaft nicht unverzüglich den Asylantrag bei der Außenstelle des Bundesamtes stellt. Die bisher erforderliche Betreibensaufforderung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge soll entfallen. Ebenfalls enthalten im Referentenentwurf sind Regelungen über die oben beschriebene Erhebung eines Kostenbeitrages für die Teilnahme an Integrationskursen und Maßnahmen der berufsbezogenen Deutschsprachförderung .20 Auch greift er die zeitlich begrenzte Aussetzung des Familiennachzugs zu Personen, 18 Vgl. Art. 1 Nr. 16 des Rechtsstellungsverbesserungsgesetzes (Fn. 4). 19 Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern, in den Fassungen vom 16.11.2015 und vom 19.11.2015, abrufbar unter http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/AsylGneu_161115.pdf und http://www.fluechtlingsinfo -berlin.de/fr/pdf/AsylGneu_191115.pdf (zuletzt abgerufen am 20.01.2016). 20 Medienberichten zufolge soll eine Neufassung des Referentenentwurfs vom 15.01.2016 eine Kostenpauschale für die Teilnahme an Deutschkursen in Höhe von zehn Euro monatlich vorsehen, siehe Bröcker, Bundesregierung will auch Kranke abschieben, RP Online vom 20.01.2016, abrufbar unter http://www.rp-online.de/politik/deutschland /bundesregierung-will-auch-kranke-abschieben-aid-1.5706819 (zuletzt abgerufen am 21.01.2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 10 die als international subsidiär Schutzberechtigte anerkannt sind, auf. Schließlich konkretisiert der Referentenentwurf auch die Fälle, in denen von der Abschiebung eines Ausländers aus gesundheitlichen Gründen abgesehen werden soll bzw. in denen die Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen auszusetzen ist. Ein Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen soll danach nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegen. In Bezug auf die Aussetzung der Abschiebung aus gesundheitlichen Gründen sieht der Referentenentwurf die Regelvermutung vor, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Eine Erkrankung ist durch den Ausländer mittels einer qualifizierten ärztlichen Bescheinigung glaubhaft zu machen. Jüngeren Medienberichten zufolge wurde der seit November 2015 diskutierte Referentenentwurf immer wieder geändert.21 Umstritten sollen insbesondere die Wohnsitzfrage, die Beteiligung der Betroffenen an den Kosten der Sprach- und Integrationskurse sowie die Einschränkung des Familiennachzugs sein.22 Berichtet wird auch von einer Diskussion über eine Verordnungslösung, nach der der Bundesminister des Innern per Verordnung bestimmte Personengruppen von der Einschränkung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten ausnehmen könnte.23 3.3. Datenaustauschverbesserungsgesetz Mit dem vom Bundestag am 14.01.2016 beschlossenen Datenaustauschverbesserungsgesetz24 hat der Gesetzgeber zwei Aspekte des Beschlusses vom 05.11.2015 – die Schaffung eines einheitlichen Ausweises für Asylsuchende und einer Datenbank mit den Daten der Asylsuchenden – umgesetzt. 3.3.1. Ankunftsnachweis Die BüMA wird als papierbasiertes Dokument mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltet (sog. Ankunftsnachweis). Der Ankunftsnachweis dient als visualisierter Nachweis der Registrierung und wird von den Aufnahmeeinrichtungen und den Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ausgestellt. Für jeden Asylsuchenden ist unabhängig vom Alter jeweils ein eigener Ankunftsnachweis auszustellen. Der Ankunftsnachweis besitzt eine Gültigkeit von längstens sechs Monaten und kann jeweils um längstens drei Monate verlängert werden. 3.3.2. Kerndatensystem Anknüpfend an die Regelungen im Ausländerzentralregister über die Speicherung bestimmter behördenübergreifender Daten und deren Austausch wird ein Kerndatensystem geschaffen, das der schnellen und flächendeckenden Registrierung von Asylsuchenden und Personen, die unerlaubt nach Deutschland einreisen, sowie der Vermeidung von Doppelregistrierungen dienen soll. Im Kerndatensystem werden künftig neben den bisher schon zu speichernden Grunddaten (u.a. 21 Dernbach, Schwere Päckchen, Der Tagespiegel vom 19.01.2016, S. 4. 22 Lohse, Granitblock im Getriebe, Frankfurter Allgemeine vom 20.01.2016, S. 3; Dernbach, Schwere Päckchen, Der Tagespiegel vom 19.01.2016, S. 4. 23 Lohse, Granitblock im Getriebe, Frankfurter Allgemeine vom 20.01.2016, S. 3. 24 BT-Drs. 18/7203; siehe auch die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 18/7258. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 018/16 Seite 11 Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit) zusätzlich weitere Daten gespeichert (z.B. Fingerabdrücke, Herkunftsland, Kontaktdaten, Informationen zu erfolgten Gesundheitsuntersuchungen und Impfungen sowie bei Asylsuchenden Informationen über Schul- und Berufsausbildung ). Die Daten werden dabei nicht erst bei Stellung eines Antrages, sondern nach Möglichkeit bereits beim Erstkontakt mit dem Betroffenen im Kerndatensystem gespeichert. Die Daten des Kerndatensystems stehen unter anderem den für die Registrierung zuständigen Stellen, den Asylbewerberleistungsbehörden , der Bundesagentur für Arbeit, den Jugendämtern und den für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständigen Behörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zur Verfügung. Ende der Bearbeitung