© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 014/18 Fristen für die Kandidatenaufstellung und -wahl bei vorgezogenen Neuwahlen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 014/18 Seite 2 Fristen für die Kandidatenaufstellung und -wahl bei vorgezogenen Neuwahlen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 014/18 Abschluss der Arbeit: 11. Januar 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 014/18 Seite 3 1. Einleitung Der Sachstand befasst sich mit den Fristenregelungen für die im Bundestag vertretenen Parteien für die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung sowie für die Kandidatenaufstellung im Falle einer möglichen Neuwahl vor der Auflösung des Bundestages nach Art. 63 Abs. 4 Satz 3 oder Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz und vor der Bestimmung des Wahltages durch den Bundespräsidenten . 2. Fristen bei vorgezogenen Neuwahlen Art. 39 Abs. 1 S. 4 Grundgesetz sieht vor, dass „… im Falle einer Auflösung des Bundestages die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen stattfindet.“ Die vom Bundeswahlgesetz (BWahlG) für die Wahlvorbereitung vorgesehenen Fristen (§§ 16 ff. BWahlG) können in diesem Fall nicht eingehalten werden. Daher ermächtigt § 52 Abs. 3 Bundeswahlgesetz das Bundesministerium des Innern (BMI) „… im Falle einer Auflösung des Deutschen Bundestages die in dem Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung bestimmten Fristen und Termine durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates abzukürzen.“ Zu der vorgezogenen Wahl zum 16. Bundestag wurde vom BMI die „Verordnung über die Abkürzung von Fristen im Bundeswahlgesetz für die Wahl zum 16. Bundestag“ vom 21. Juli 2005 (BGBl. I S. 2179) erlassen, mit der u.a. geregelt wurde, dass die Kreiswahlvorschläge und Landeslisten beim Kreiswahlleiter bzw. Landeswahlleiter gemäß § 19 BWahlG bis zum 34. Tag vor der Wahl eingereicht werden müssen. 3. Aufstellungsfristen für Parteibewerber § 21 Abs. 1 Satz 1 BWahlG legt für die Wahlen zum Bundestag fest, dass als Bewerber einer Partei nur in einem Kreiswahlvorschlag benannt werden kann, wer in einer Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder in einer besonderen oder allgemeinen Vertreterversammlung gewählt worden ist. In § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 BWahlG ist geregelt, dass die Wahlen der Bewerber frühestens 32 Monate, die Wahlen für die Vertreterversammlung frühestens 29 Monate nach Beginn der Wahlperiode des Deutschen Bundestages stattfinden dürfen. Mit diesen Fristen soll sichergestellt werden, dass zwischen dem Beginn der Kandidatenaufstellung und dem Termin der Bundestagswahl ein möglichst enger zeitlicher Zusammenhang gegeben ist und am Wahltag das Ergebnis der parteiinternen Wahlen dem politischen Willen der Mitgliederschaft der Partei und der sie repräsentierenden Vertretern entspricht.1 Im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode gelten diese Fristen nicht, § 21 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 2 BWahlG. Die Parteien sind von der Verpflichtung der Einhaltung der festgelegten Fristen befreit, wenn sich eine Auflösung des Parlaments durch den Bundespräsidenten und die anschließende Neuwahl des Bundestages innerhalb von 60 Tagen abzeichnet. In diesem Fall kann mit der Bewerberaufstellung in den Formen der unmittelbaren Wahl des Wahlkreisbewerbers in einer Mitgliederversammlung oder der mittelbaren Wahl durch Delegiertenentscheid sowie mit den Wahlen zu den Vertreterversammlungen begonnen werden, sobald die Auflösung 1 Hahlen in, Schreiber (Hrsg.), Kommentar Bundeswahlgesetz, 10. Auflage 2017, § 21 Rn. 31. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 014/18 Seite 4 des Bundestages ernsthaft in Betracht kommt. Entsprechendes gilt für die Wahl der Landeslistenbewerber , § 27 Abs. 5 BWahlG. Konkretisierende Aussagen hinsichtlich dieses Zeitpunktes lassen sich weder in der Fachliteratur noch in der Rechtsprechung finden. Kommt es letztlich doch nicht zur Auflösung des Parlaments, ist die Kandidatenaufstellung nach den allgemeinen Fristenregelungen des § 12 Abs. 3 Satz 4 Halbs. 1 BWahlG durchzuführen. Sofern die Bewerberwahl bereits vor dem 32. Monat nach Beginn der Wahlperiode erfolgt ist, ist sie ungültig und muss wiederholt werden. Die allgemeinen Vorschriften für die Wahl der Bewerber sowie die Delegierten für Vertreterversammlungen zur Aufstellung der Bewerber (Teilnahmeberechtigung, Wahlberechtigung usw.) bleiben unberührt.2 *** 2 Hahlen in, Schreiber (Hrsg.), Kommentar Bundeswahlgesetz, 10. Auflage 2017, § 21 Rn. 34.