© 2018 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 011/18 Wahlrecht für Auslandsdeutsche in deutschen Auslandsvertretungen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 011/18 Seite 2 Wahlrecht für Auslandsdeutsche in deutschen Auslandsvertretungen Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 011/18 Abschluss der Arbeit: 9. Januar 2018 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 011/18 Seite 3 1. Einleitung Der folgende Sachstand nennt die Rechtsgrundlagen für das Wahlrecht der im Ausland lebenden Deutschen und zeigt die gegenwärtige Praxis für die Ausübung des Wahlrechts auf. Ausführlich befasst er sich mit der Frage, ob eine Ausübung des Wahlrechts von Auslandsdeutschen in deutschen Auslandsvertretungen möglich ist. 2. Rechtsgrundlagen für das Wahlrecht von Auslandsdeutschen Das Wahlrecht von Auslandsdeutschen ist in § 12 Abs. 2 BWahlG geregelt: (2) Wahlberechtigt sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch diejenigen Deutschen im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes, die am Wahltag außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben, sofern sie 1. nach Vollendung ihres vierzehnten Lebensjahres mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innegehabt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt oder 2. aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben haben und von ihnen betroffen sind. […]“ Um das Wahlrecht ausüben zu können, ist gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BWO für Auslandsdeutsche ein Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis erforderlich: „(2) Auf Antrag sind in das Wählerverzeichnis einzutragen Wahlberechtigte […] 1. nach § 12 Abs. 2 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes, die nicht nach Absatz 1 Nr. 1 von Amts wegen in das Wählerverzeichnis einzutragen sind.“ 3. Die Ausübung des Wahlrechts 3.1. Briefwahl oder persönliche Stimmabgabe1 Die im Ausland lebenden Wahlberechtigten nehmen aufgrund der räumlichen Entfernung zur Bundesrepublik Deutschland in aller Regel per Briefwahl (§ 66 BWO) an der jeweiligen Wahl teil. Ihnen steht es natürlich frei, nach Deutschland zu reisen und ihre Stimme in einem beliebigen Wahlbezirk ihres Wahlkreises per Urnenwahl abzugeben (§ 14 Abs. 3 Lit. a) BWahlG). 1 Die folgenden Ausführungen basieren auf der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 052/13, Wahlrecht für Auslandsdeutsche und Zulässigkeit einer Urnenwahl in deutschen Auslandsvertretungen, S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 3 - 3000 - 011/18 Seite 4 3.2. Wahl in deutschen Auslandsvertretungen2 Eine Urnenwahl in deutschen Auslandsvertretungen ist bisher gesetzlich nicht vorgesehen. Die Einrichtung einer derartigen Wahlmöglichkeit wurde bislang mit dem Argument3 abgelehnt, dass dies mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand nicht nur für die Auslandsvertretungen, sondern auch für die wahlberechtigten Auslandsdeutschen verbunden wäre. Für die meisten Auslandsdeutschen sei die Wahlteilnahme per Briefwahl deutlich einfacher als eine Wahl in Botschaften oder Konsulaten, da so eine unter Umständen weite Anreise zu den Auslandsvertretungen entfalle. Zudem würde sich für die wenigen Auslandsdeutschen, denen eine Stimmabgabe in einer Auslandsvertretung leichter falle als eine Briefwahl, der hohe organisatorische Aufwand nicht rechtfertigen. Denn die Wahl der Auslandsdeutschen müsste unter Zuordnung der Stimmzettel zu den Bundestagswahlkreisen erfolgen. Logistisch problematisch sei dabei, dass alle 226 Auslandsvertretungen genügend Stimmzettel für alle 299 Wahlkreise und darüber hinaus aktuelle Wählerverzeichnisse bereithalten müssten. Weiterhin müsste, um eine doppelte Stimmabgabe zu vermeiden, entweder vorher ein Wahlschein beantragt und bei der Wahl abgegeben werden oder aber die Auslandsvertretungen untereinander vernetzt werden, um die bereits erfolgten Stimmabgaben abzugleichen. Darüber hinaus müsste die Wahl früher abgeschlossen werden als in Deutschland, sofern nicht Verzögerungen bei der Ermittlung des vorläufigen amtlichen Ergebnisses in Kauf genommen werden. Überlegungen, im Ausland lebenden Wahlberechtigten Briefwahlunterlagen unmittelbar und ohne Antrag auf Eintragung in ein Wählerverzeichnis zuzusenden, führen nicht weiter. Bisher wird durch die vor jeder Wahl neu zu beantragende Aufnahme eines Wählers ins Wählerverzeichnis am letzten inländischen Wohnort sichergestellt, dass einige Wochen danach – bei der Versendung der Briefwahlunterlagen – eine aktuelle Anschrift verzeichnet ist. Der automatische Versand von Briefwahlunterlagen ohne vorher zu beantragende Eintragung in das Wählerverzeichnis würde voraussetzen, dass der für die Versendung der Briefwahlunterlagen zuständigen deutschen Stelle vor jeder Wahl die jeweils aktuelle Auslandsanschrift des Wählers bekannt ist. Dies bedürfte jedoch der Einführung einer gesetzlichen Meldepflicht für Auslandsdeutsche und der Einrichtung bzw. Bestimmung einer Behörde für deren Vollzug. Derzeit sind im Ausland lebende Deutsche nicht verpflichtet, Umzüge, Geburten eines Kindes oder Sterbefälle deutschen Behörden zu melden. Selbst wenn eine Meldepflicht für Auslandsdeutsche eingeführt würde, liefe sie mangels Durchsetzbarkeit ins Leere. Das Instrumentarium des Ordnungswidrigkeitenrechts könnte, wenn überhaupt, nicht mit derselben Wirkung eingesetzt werden wie im Inland. Eine hinreichende Verlässlichkeit der Registerdaten wäre somit nicht gegeben. Es müsste befürchtet werden, dass ein Teil der versandten Briefwahlunterlagen seine Adressaten aufgrund veralteter Anschriften nicht erreicht und eventuell sogar in falsche Hände gerät. *** 2 Die folgenden Ausführungen basieren auf der Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 052/13, Wahlrecht für Auslandsdeutsche und Zulässigkeit einer Urnenwahl in deutschen Auslandsvertretungen, S. 9 – 10. 3 Siehe zum Folgenden https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2017/informationen-waehler/deutsche -im-ausland.html (zuletzt abgerufen am 08.01.2018); Unterrichtung durch die Bundesregierung BT-Drs. 16/9253, S. 3.