Deutscher Bundestag Beteiligungsrechte des Bundestages bei Entscheidungen zur Eurorettung Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 3 – 3000 – 002/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 2 Beteiligungsrechte des Bundestages bei Entscheidungen zur Eurorettung Verfasser/in: Aktenzeichen: WD 3 – 3000 – 002/12 Abschluss der Arbeit: 5. Januar 2012 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Beteiligung des Bundestages an der Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm 4 2.1. Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und Stabilisierungsmechanismusgesetz 4 2.2. Urteil des BVerfG vom 7. September 2011 5 2.3. Bedeutung des Urteils für zukünftige dauerhafte Krisenmechanismen 6 3. Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus 8 3.1. Geändertes StabMechG 8 3.2. Einstweilige Anordnung des BVerfG vom 27. Oktober 2011 9 3.3. Ausblick 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Ausarbeitung stellt die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages bei den Maßnahmen der Bundesregierung zur Eurorettung dar. Unter Punkt 2 werden zunächst die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages an der Griechenland -Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm dargestellt sowie die hierzu ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. September 2011. In Folge dieses Urteils hat der Bundestag das Stabilisierungsmechanismusgesetz (StabMechG) geändert. Die Änderungen sehen unter anderem vor, dass in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit die Beteiligungsrechte des Bundestages auch von einzelnen Mitgliedern des Haushaltsausschusses wahrgenommen werden können. Gegen das geänderte StabMechG wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt und Antrag auf einstweilige Anordnung vor dem BVerfG gestellt . Unter Punkt 3 werden die kritisierten Änderungen des StabMechG und der Beschluss des BVerfG vom 27. Oktober 2011 im Verfahren der einstweiligen Anordnung vorgestellt sowie ein Ausblick auf das weitere Verfahren gegeben. 2. Beteiligung des Bundestages an der Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm 2.1. Währungsunion-Finanzstabilitätsgesetz und Stabilisierungsmechanismusgesetz Am 2. Mai 2010 einigten sich die Staaten der Euro-Gruppe auf ein drei Jahre laufendes Hilfspaket zugunsten Griechenlands mit einem Kreditvolumen von 110 Mrd. Euro (deutscher Anteil : 22,4 Mrd. Euro). Umgesetzt wurde das Griechenland-Paket in Deutschland durch das Währungsunion -Finanzstabilitätsgesetz (WFStG) vom 7. Mai 2010.1 Das Bundesministerium der Finanzen ist hiermit ermächtigt, Gewährleistungen für die ausgereichten Kredite zu übernehmen. § 1 Abs. 3 WFStG sieht folgende Beteiligung des Bundestages vor: „Vor Übernahme von Gewährleistungen nach Absatz 1 ist der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu unterrichten, sofern nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme geboten ist. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist darüber hinaus vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten.“ Der am 9./10. Mai 2010 beschlossene, auf drei Jahre befristete Euro-Rettungsschirm besteht zum einen aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM), einem Instrument der EU, mit einem Finanzmittelvolumen von bis zu 60 Mrd. Euro, zum anderen aus der zwischenstaatlich verfassten Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) mit einem Volumen von bis zu 440 Mrd. Euro. In Deutschland wurde die haushaltsrechtliche Ermächtigung zur Über- 1 BGBl. I S. 537. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 5 nahme von Gewährleistungen im Rahmen der EFSF in Höhe von bis zu 123 Mrd. Euro durch das StabMechG vom 21. Mai 2010 geschaffen.2 § 1 StabMechG sieht folgende Beteiligung des Bundestages vor: (Absatz 4): „Vor Übernahme von Gewährleistungen nach Absatz 1 bemüht sich die Bundesregierung , Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages herzustellen . Der Haushaltsausschuss hat das Recht zur Stellungnahme. Sofern aus zwingenden Gründen eine Gewährleistung bereits vor Herstellung eines Einvernehmens übernommen werden muss, ist der Haushaltsausschuss unverzüglich nachträglich zu unterrichten; die Unabweisbarkeit der Übernahme der Gewährleistung vor Herstellung des Einvernehmens ist eingehend zu begründen. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages ist darüber hinaus vierteljährlich über die übernommenen Gewährleistungen und die ordnungsgemäße Verwendung zu unterrichten.“ (Absatz 5): „Vor Übernahme von Gewährleistungen durch das Bundesministerium der Finanzen muss dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages der Vertrag über die Zweckgesellschaft vorgelegt werden.“ (Absatz 6): „Der Gewährleistungsrahmen nach Absatz 1 kann unter den Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 2 der Bundeshaushaltsordnung mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages um bis zu 20 Prozent der in Absatz 1 genannten Summe überschritten werden.“ 2.2. Urteil des BVerfG vom 7. September 2011 Mit Urteil vom 7. September 20113 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) drei Verfassungsbeschwerden gegen deutsche und europäische Rechtsakte und andere Maßnahmen zurückgewiesen , die im Kontext der Finanzhilfen für Griechenland und des temporären Euro- Rettungsschirms stehen.4 Als zulässige Beschwerdegegenstände hat das BVerfG nur das WFStG vom 7. Mai 2010 sowie das StabmechG vom 21. Mai 2010 zugelassen. Prüfungsmaßstäbe des BVerfG sind Art. 38 Abs. 1 GG und die Grundsätze des Demokratiegebots nach Art. 20 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG, die die Identität der Verfassung garantieren. Eine Verletzung des Wahlrechts bejaht das BVerfG für den Fall, dass sich der Bundestag seiner parlamentarischen Haushaltsverantwortung dadurch entledige, dass er oder zukünftige Bundestage das Budgetrecht nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben könnten. Der Haushaltsgesetzgeber müsse „Herr seiner Entschlüsse“ bleiben und seine Entscheidungen über Einnahmen, z. B. Steuern, und Ausgaben frei von Fremdbestimmung seitens der Organe der EU und anderer 2 BGBl. I S. 627. 3 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011; http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ rs20110907_2bvr098710.html (letzter Abruf 4.1.2012). 4 Vgl. auch Aktueller Begriff Nr. 26/11 vom 9.9.2011 (Anlage). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 6 Mitgliedstaaten treffen. Das BVerfG räumt in diesem Zusammenhang ein, dass Gewährleistungsermächtigungen grundsätzlich „in einem erheblichen Spannungsverhältnis“ zum Grundsatz der Eigenbestimmung des Haushaltsgesetzgebers stünden. Eine Grenze zieht das BVerfG dort, wo der Bundestag einem intergouvernemental oder supranational vereinbarten, nicht an strikte Vorgaben gebundenen und in seinen Auswirkungen nicht begrenzten Bürgschafts- oder Leistungsautomatismus zustimmen würde, der – einmal in Gang gesetzt – seiner Kontrolle entzogen wäre. Wie im Lissabon-Urteil betont das BVerfG die Integrationsverantwortung des Bundestages, die auch für haushaltswirksame Maßnahmen gelte. Konkret stellt das BVerfG fest, dass jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden müsse. Darüber hinaus müsse hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln bestehen. Das BVerfG kommt zum Ergebnis, dass das Wahlrecht aus Art. 38 Abs. 1 GG durch die haushaltsrechtlichen Ermächtigungen in Deutschland zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen der bereits erfolgten Rettungsprogramme nicht verletzt werde, da das Haushaltsrecht des Bundestages nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise ausgehöhlt werde. Die Überschreitung einer Obergrenze für die Übernahme von Gewährleistungen wurde verneint, da die Haushaltsautonomie nur zeitweise eingeschränkt werde und nicht praktisch vollständig leerlaufe. Jedoch müsse § 1 Abs. 4 S. 1 StabMechG, der ein Bemühen der Bundesregierung um Einvernehmen mit dem Haushaltsausschuss vorsieht, verfassungskonform so ausgelegt werden, dass der Haushaltsausschuss grundsätzlich vor der Übernahme von Gewährleistungen zustimmen müsse. Nur so würde der fortdauernde Einfluss des Bundestages auf die Gewährleistungsentscheidungen sichergestellt . Die in § 1 Abs. 4 S. 3 StabMechG enthaltene Ausnahmeregelung, die der Bundesregierung aus zwingenden Gründen gestattet, den Haushaltsausschuss erst nach der Übernahme der Gewährleistung zu unterrichten, wird vom BVerfG hingegen nicht angetastet. 2.3. Bedeutung des Urteils für zukünftige dauerhafte Krisenmechanismen Wenngleich das Urteil keine direkten Aussagen zu einem künftigen ESM oder zu Eurobonds trifft, so kann doch aus einigen Passagen des Urteils geschlussfolgert werden, dass der Zweite Senat auch künftige finanzpolitische Entwicklungen in der EU bzw. in den Euro-Staaten im Blick hatte. Präsident Voßkuhle, der Vorsitzende des Zweiten Senats, warnte in seiner Einführung zur Urteilsverkündung ausdrücklich davor, den knappen Tenor in eine „verfassungsrechtliche Blanko -Ermächtigung für weitere Rettungspakete“ fehl zu deuten. Das BVerfG zeigt im Urteil über den konkreten Fall hinaus die Grenzen des Wahlrechts nach Art. 38 Abs. 1 GG auf. Dessen Gewährleistungsgehalt umfasst die Grundsätze des Demokratiegebotes gemäß Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, die durch Art. 79 Abs. 3 GG als Identität der Verfassung garantiert werden, eine Verfassungsänderung ist folglich ausgeschlossen.5 Diese Grenzen werden nach Aussage des BVerfG dann überschritten, wenn der Bundestag das Budgetrecht nicht mehr 5 So auch Thym, Daniel, Karlsruher Absage an Kollektivhaftung für Staatsschulden, Legal Tribune Online vom 7.9.2011, http://www.lto.de/de/html/nachrichten/4232/urteil-zum-euro-rettungsschirm-karlsruher-absage-ankollektivhaftung -fuer-staatsschulden (letzter Abruf am 4.1.2012). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 7 in eigener Verantwortung ausüben könne.6 Die eigenverantwortliche Entscheidung der Abgeordneten im Deutschen Bundestag über Ausgaben und Einnahmen umfasse nationale ebenso wie internationale und europäische Verbindlichkeiten.7 Daher dürften keine unbestimmten haushaltspolitischen Ermächtigungen auf andere Akteure übertragen werden. Auch die Beteiligung an „finanzwirksamen Mechanismen“, die zu nicht überschaubaren haushaltsbedeutsamen Belastungen ohne vorherige konstitutive Zustimmung führen könnten, seien nicht verfassungsgemäß.8 Der Haushaltsgesetzgeber müsse seine Entscheidungen über Ausgaben und Einnahmen unabhängig von anderen Mitgliedstaaten oder Organen der EU treffen können. Zukunftsweisend sind insbesondere folgende Passagen im Urteil: Würde der Bundestag in erheblichem Umfang zu Gewährleistungsübernahmen pauschal ermächtigen, könnten fiskalische Dispositionen anderer Mitgliedstaaten zu irreversiblen, unter Umständen massiven Einschränkungen der nationalen politischen Gestaltungsräume führen.“9 Gerade die o.g. Aussage wird zum Teil als Hinweis verstanden, dass das BVerfG eine Kollektivhaftung der Euro-Staaten für die Staatsschulden eines anderen Mitgliedstaates in Form von Eurobonds für verfassungswidrig erachten würde.10 Auch “Bürgschafts- oder Leistungsautomatismen“ und „dauerhafte völkerrechtliche Mechanismen “ lehnt das BVerfG ab: „Aus der demokratischen Verankerung der Haushaltsautonomie folgt jedoch, dass der Bundestag einem intergouvernemental oder supranational vereinbarten, nicht an strikte Vorgaben gebundenen und in seinen Auswirkungen nicht begrenzten Bürgschafts- oder Leistungsautomatismus nicht zustimmen darf, der – einmal in Gang gesetzt – seiner Kontrolle und Einwirkung entzogen ist.“ 11 „Daher dürfen keine dauerhaften völkervertragsrechtlichen Mechanismen begründet werden , die auf eine Haftungsübernahme für Willensentscheidungen anderer Staaten hinauslaufen , vor allem wenn sie mit schwer kalkulierbaren Folgewirkungen verbunden sind.“12 Sollte ein dauerhafter europäischer Stabilitätsmechanismus eingerichtet werden, wäre dieser nur verfassungsgemäß, wenn der Bundestag jeder Hilfsmaßnahme im Einzelnen zustimmt und nicht seine „Integrationsverantwortung“ abgibt. Das BVerfG führt hierzu aus: 6 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 121. 7 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 124. 8 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 125. 9 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 127. 10 Thym (Fn. 5), S. 2; Gauweiler, „Das Urteil verbietet Euro-Bonds, Handelsblatt vom 8.09.2011. 11 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 127. 12 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 128. Nach Auffassung von Prof. Calliess verdeutliche dieser Satz, dass es keine Transferunion im Sinne eines bundesstaatsähnlichen Finanzausgleichs in der EU geben dürfe (zitiert nach: Brackmann/Goffar/Münchrath, Verfassungsgericht untersagt Transferunion, Handelsblatt vom 8.9.2011.) Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 8 „Jede ausgabenwirksame solidarische Hilfsmaßnahme des Bundes größeren Umfangs im internationalen oder unionalen Bereich muss vom Bundestag im Einzelnen bewilligt werden.13 Das BVerfG nennt keine zahlenmäßige Höchstgrenze für die Übernahme von Gewährleistungen, insoweit komme dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit des Gewährleistungseintritts, die Abschätzung der zukünftigen Tragfähigkeit des Bundeshaushaltes und des wirtschaftlichen Leistungsvermögens der Bundesrepublik Deutschland zu.14 Eine unmittelbar aus dem Demokratieprinzip folgende Obergrenze für die Übernahme von Gewährleistungen könnte nur überschritten werden, wenn im Falle eines Eintritts der Gewährleistungen , „die Haushaltsautonomie jedenfalls für einen nennenswerten Zeitraum nicht nur eingeschränkt würde, sondern praktisch leerliefe“15. Im konkreten Einzelfall führt das BVerfG dazu aus, dass es insoweit nicht darauf ankomme, ob die Gewährleistungssumme gegebenenfalls weit größer sei als der größte Haushaltstitel des Bundes und die Hälfte des Bundeshaushalts erheblich überschreite, da dies allein nicht der Maßstab einer verfassungsrechtlichen Begrenzung des Handlungsspielraums des Gesetzgebers sein könne.16 Zukünftig muss der Bundestag „frei von Fremdbestimmung“ seitens der Organe der EU und anderer Mitgliedstaaten bei Euro-Rettungsaktionen entscheiden. Im konkreten Fall des StabMechG schreibt das BVerfG die Zustimmung des Haushaltsausschusses vor, darüber hinaus spricht es nur von der konstitutiven Zustimmung des Bundestages. Der Bundestag muss daher selbst entscheiden , ob die Einzelbewilligungen von Hilfsmaßnahmen durch das Plenum, den Haushaltsausschuss und/oder einen anderen Ausschuss erfolgen müssen, und wie der hinreichende parlamentarische Einfluss im Übrigen gesichert wird. 3. Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus 3.1. Geändertes StabMechG Am 5. September 2011 haben die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG-ÄndGE) vorgelegt.17 Dieser Entwurf enthielt noch keine Aussagen zur Parlamentsbeteiligung des Deutschen Bundestages, da zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Griechenland-Hilfe und zum Euro-Rettungsschirm18 ab- 13 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 128. 14 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 130 ff. 15 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 135. 16 BVerfG, 2 BvR 987/10 vom 7.9.2011, Rn. 135. 17 BT-Drs. 17/6919. 18 BVerfG, 2BvR 987/10 vom 7.9.2011. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 9 gewartet werden sollte. Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde ein Änderungsantrag der Arbeitsgruppen Haushalt der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingereicht,19 der zahlreiche Änderungen des Gesetzentwurfes vorsah und die Beteiligung des Bundestages und die Unterrichtung durch die Bundesregierung in §§ 2 bis 5 StabMechG-ÄndGE regelt. Mit Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Oktober 201120 änderte der Bundestag das StabMechG. Dieses trat am 14. Oktober 2011 in Kraft. 3.2. Einstweilige Anordnung des BVerfG vom 27. Oktober 2011 Mit Beschluss vom 27. Oktober 201121 hat das BVerfG im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen, dass die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht von dem in § 3 Abs. 3 StabMechG bezeichneten Gremium wahrgenommen werden dürfen. Die ursprünglich für den 28. Oktober 2011 geplante Einsetzung der Mitglieder dieses Gremiums durch das Plenum des Deutschen Bundestages wurde daraufhin nicht mehr durchgeführt. Das BVerfG hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass es nach dem Vortrag der Antragsteller nicht ausgeschlossen sei, dass sie in ihren Statusrechten als Abgeordnete aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG durch die angegriffenen Regelungen des StabMechG verletzt seien. In der Folgenabwägung führte das BVerfG aus: „Erginge die einstweilige Anordnung nicht und erwiese sich das Organstreitverfahren in der Hauptsache als begründet, würden zwischenzeitlich die Rechte der Antragsteller als Abgeordnete aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG irreversibel verletzt. (…) Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Hauptsache könnte diese Rechtsverletzungen nicht mehr rückgängig machen. Denn nach erfolgter Zustimmung der Bundesregierung beziehungsweise des deutschen Vertreters zu einem solchen Beschlussvorschlag wäre die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich bindende Verpflichtungen eingegangen.“ Die Antragsteller trugen unter anderem vor, dass die Übertragung der Zustimmungsbefugnis auf ein „Gremium“, welches sich nur aus einigen Mitgliedern des Haushaltsausschusses zusammen setzt, verfassungswidrig sei. Eine solche Delegation von Beteiligungsrechten des Bundestages auf ein „Kleinst-Gremium“ verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass Gremien des Bundestages Beschlüsse grundsätzlich nur vorbereiten, diese aber nicht selbst fassen dürften. Außerdem führe § 3 Abs. 3 Satz 3 StabMechG dazu, dass aus einer Ausnahmeregelung ein Regelfall werde. Im Gegensatz zu den übrigen Fällen, in denen die Bundesregierung gemäß § Abs. 3 19 Haushaltsausschuss 17. WP, Ausschussdrucksache 3171 (neu) vom 21.9.2011. 20 BGBl. I S. 1992. 21 BVerfG, 2BvE 8/11 vom 27.10.2011, http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/es20111027_ 2bve000811.html (letzter Abruf 4.1.2011). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 002/12 Seite 10 Satz 4 StabMechG die besondere Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit begründen müsse, werde diese in § 1 Abs. 2 Satz 3 genannten Fällen22 unterstellt. 3.3. Ausblick Die mündliche Verhandlung in der Hauptsache zum o.g. Organstreitverfahren fand am 29. November 2011 vor dem BVerfG in Karlsruhe statt.23 Eine Entscheidung wird im Frühjahr 2012 erwartet . Möglicherweise muss dann der Gesetzgeber erneut das StabMechG ändern, um die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages neu auszugestalten. 22 Diese sind: Vorsorgliche Maßnahmen, Kredite zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten und der Aufkauf von Staatsanleihen am Sekundärmarkt. 23 Eine gute Zusammenfassung der mündlichen Verhandlung hat Prof. Franz C. Mayer verfasst, „Grenzen des Wachstums parlamentarischer Beteiligung?“, 6.12.2011, http://verfassungsblog.de/grenzen-des-wachstumsparlamentarischer -beteiligung (letzter Abruf 4.1.2012).