© 2016 Deutscher Bundestag WD 3 - 3000 - 001/16 Ehrenamtliche Tätigkeit von schutzsuchenden Ausländern Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 2 Ehrenamtliche Tätigkeit von schutzsuchenden Ausländern Aktenzeichen: WD 3 - 3000 - 001/16 Abschluss der Arbeit: 7. Januar 2016 Fachbereich: WD 3: Verfassung und Verwaltung WD 6: Arbeit und Soziales WD 9: Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Die Ausführungen unter 2. stammen vom Fachbereich WD 6 (Arbeit und Soziales), die Ausführungen unter 3. vom Fachbereich WD 9 (Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend). Im Übrigen wurde die Ausarbeitung vom Fachbereich WD 3 (Verfassung und Verwaltung) erstellt. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 5 2.1. Die Regelung des § 5 AsylbLG 5 2.2. Gesetzesbegründung für Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG 6 3. Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug 8 3.1. Gesetzliche Regelung 8 3.2. Beschäftigung nach § 18 BFDG 8 3.2.1. Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug 8 3.2.2. Volljährigkeit 9 3.2.3. Vereinbarung 9 3.2.4. Beschäftigungszeitraum und -umfang 10 3.2.5. Einsatzbereich und -ort 10 3.2.6. Besondere pädagogische Begleitung 11 4. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit im Sinne des Ausländerrechts 11 4.1. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit – erörtert am Beispiel von Asylbewerbern 12 4.1.1. Allgemein zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern 12 4.1.2. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit in diesem Sinne 13 4.2. Erwerbstätigkeit sonstiger schutzsuchender Ausländer 15 4.2.1. Asylberechtigte, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte 15 4.2.2. Abgelehnte Asylbewerber und Geduldete 15 4.2.3. Kontingentflüchtlinge 16 4.3. Frage des Regelungsbedarfs 16 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 4 1. Einleitung Diese Ausarbeitung befasst sich mit den Möglichkeiten von schutzsuchenden Ausländern, ehrenamtlich in Deutschland tätig zu werden.1 Da es keine spezifischen Regelungen über die ehrenamtliche Tätigkeit von schutzsuchenden Ausländern gibt und keine feststehende Definition des Begriffs der ehrenamtlichen Tätigkeit existiert2, bereitet bereits das Herausarbeiten einschlägiger Rechtsgrundlagen Schwierigkeiten. Im Folgenden wird zunächst auf die in § 5 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vorgesehene Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern eingegangen (siehe unter 2.), die zwar nach der Intention des Gesetzgebers nicht in erster Linie auf eine ehrenamtliche Tätigkeit von Asylbewerbern abzielt, jedoch im vorliegenden Zusammenhang häufig erwähnt wird.3 Weiter wird auf das im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes eingeführte Sonderprogramm „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ eingegangen, an dem auch Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive teilnehmen können (siehe unter 3.). Abschließend wird die Frage erörtert, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit, die weder im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit im Sinne des § 5 AsylbLG noch im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes erfolgt, den besonderen Regelungen über die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus dem Asylgesetz (AsylG), dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und der Beschäftigungsverordnung (BeschV) unterfällt (siehe unter. 4.). 1 Festgehalten werden kann zunächst, dass in Deutschland derzeit schutzsuchende Ausländer ehrenamtlich tätig sind, siehe etwa das durch das Technische Hilfswerk auf Initiative des Auswärtigen Amtes und des Bundesministerium des Innern eingerichtete Projekt zur Integration und Ausbildung von Flüchtlingen und Asylsuchenden für den ehrenamtsgetragenen Einsatz im In- und Ausland, hierzu die Pressemitteilung des Bundesministeriums des Innern vom 3. Dezember 2015, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2015/12/bmiaa -thw-projekt-zur-integration-und-ausbildung-von-fl%C3%BCchtlingen.html (zuletzt abgerufen am 5. Januar 2016), sowie die Angaben der Landesregierung von Schleswig-Holstein im Rahmen der Beantwortung einer entsprechenden kleinen Anfrage, LT-Drs. 18/3368, S. 4. 2 Siehe den Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“, Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft, BT-Drs. 14/8900, S. 26 ff. 3 Siehe z.B. das vom Staatsministerium Baden-Württemberg herausgegebene Handbuch für die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Baden-Württemberg, S. 117 ff., abrufbar unter https://stm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion /dateien/PDF/150911_Handbuch_Fluechtlingshilfe.pdf (zuletzt abgerufen am 5. Januar 2016), sowie die Erläuterungen der Stadt Jena über gemeinnützige Tätigkeiten von Asylbewerbern, unter http://jena.de/de/fluechtlinge _und_asyl/faq/541005 (zuletzt abgerufen am 5. Januar 2016). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 5 2. Arbeitsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 2.1. Die Regelung des § 5 AsylbLG Das Asylbewerberleistungsgesetz4 sieht vor, dass in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 AsylG5 und in vergleichbaren Einrichtungen Arbeitsgelegenheiten insbesondere zur Aufrechterhaltung und Betreibung der Einrichtung zur Verfügung gestellt werden. Davon unberührt bleibt die Verpflichtung der Leistungsberechtigten, Tätigkeiten zur Selbstversorgung zu erledigen. Zudem sollen soweit wie möglich Arbeitsgelegenheiten bei staatlichen, bei kommunalen und bei gemeinnützigen Trägern zur Verfügung gestellt werden, sofern die zu leistende Arbeit sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde (§ 5 Abs. 1 AsylbLG). Für die zu leistende Arbeit sowohl in einer Einrichtung, als auch bei den öffentlichen Trägern wird eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro je Stunde gezahlt (§ 5 Abs. 2 AsylbLG) und die Arbeitsgelegenheit ist zeitlich und räumlich so auszugestalten, dass sie auf zumutbare Weise und zumindest stundenweise ausgeübt werden kann (§ 5 Abs. 3 AsylbLG). Die Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit ist verpflichtend für Leistungsberechtigte , die nicht erwerbstätig und nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind. Bei einer unbegründeten Ablehnung einer solchen Tätigkeit besteht kein Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 5 Abs. 4 AsylbLG). Ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung werden nicht begründet. § 61 Abs. 1 AsylG sowie ausländer- und asylrechtliche Auflagen über das Verbot und die Beschränkung einer Erwerbstätigkeit stehen einer Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nicht entgegen. Die Vorschriften über den Arbeitsschutz sowie die Grundsätze der Beschränkung der Arbeitnehmerhaftung finden entsprechende Anwendung (§ 5 Abs. 5 AsylbLG). Nach Hohm soll mit den Arbeitsgelegenheiten Leistungsberechtigten für die Zeit ihres vorübergehenden Aufenthaltes ermöglicht werden, in beschränktem Umfang ihre Lebenssituation selbst gestalten und finanziell verbessern zu können. Eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt sei nicht beabsichtigt.6 Die Arbeitsgelegenheiten können in Aufnahmeeinrichtungen, in Außenstellen von Aufnahmeeinrichtungen und in Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung gestellt werden. In letztgenannten Einrichtungen jedoch nur, wenn sie hinsichtlich ihrer Größe und sonstigen Beschaffenheit sowie 4 Asylbewerberleistungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I. S. 2022), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) geändert worden ist. 5 Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist. 6 Hohm in: Schellhorn-Hohm-Scheider, Kommentar zum SGB XII, 19. Auflage 2015, § 5 AsylbLG Rn. 1. So auch Frerichs in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 5 AsylbLG Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 6 ihrer inneren Organisation (Gewährung von Sachleistungen) den Aufnahmeeinrichtungen entsprechen . Die Bereitstellungsverpflichtung gilt zudem für staatliche, kommunale und gemeinnützige Träger. Sie wird begrenzt durch den Vorbehalt des Möglichen und durch das Erfordernis der Zusätzlichkeit . Damit wird etwa die Verpflichtung zu Reinigungsarbeiten in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen ausgeschlossen, weil hierfür bezahlte Arbeitskräfte eingesetzt werden können. Als Tätigkeiten im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes kommen zum Beispiel jahreszeitlich nicht zwingend notwendige Reinigungsarbeiten in Grünanlagen, Schulen etc. in Frage.7 Nach Wahrendorf wird die Vorschrift in der Praxis kaum angewandt, da der bürokratische Aufwand den meisten Leistungsträgern zu groß sei. Der Gesetzgeber hingegen habe der Regelung große Bedeutung beigemessen.8 2.2. Gesetzesbegründung für Arbeitsgelegenheiten nach § 5 AsylbLG Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz, das am 1. November 1993 in Kraft getreten ist, wurde erstmals für Asylbewerber und andere vergleichbare ausländische Staatsangehörige ohne verfestigtes Bleiberecht eine eigenständige einfachgesetzliche Grundlage zur Sicherung des Mindestunterhalts geschaffen.9 Ziel war eine deutliche Absenkung der bis dahin zu gewährenden Leistungen für Asylbewerber nach § 120 des damaligen Bundessozialhilfegesetzes.10 Die Leistungen zur Sicherung des sozio-ökonomischen Existenzminimums werden im Gesetz näher beschrieben. Dazu gehören Grundleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege sowie an Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (§ 3 AsylbLG) sowie Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (§ 4 AsylbLG) und sonstige Leistungen (§ 6 AsylbLG).11 Die Festlegung des leistungsberechtigten Personenkreises in §§ 1 Abs. 1 Nr. 1-7 und 3 Abs. 1 Satz 6 AsylbLG folgt ausländer- und asylrechtlichen Vorschriften.12 Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben, 7 Hohm in: Schellhorn-Hohm-Scheider, § 5 AsylbLG Rn. 6-7; vgl. Fn. 6. 8 Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, Kommentar zum SGB XII, 5. Auflage 2014, § 5 AsylbLG Rn. 1. Vgl. auch BT- Drs. 12/4451 vom 2. März 1993, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber, S. 9 ff. sowie BT-Drs. 12/5008 vom 24. Mai 1993, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie und Senioren, S. 14 ff. 9 Hohm in: Schellhorn-Hohm-Scheider, § 1 AsylbLG Rn. 1, 6; vgl. Fn. 6. 10 BT-Drs. 12/5008 vom 24. Mai 1993, S. 1; vgl. Fn. 8. 11 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) (2014), Übersicht über das Sozialrecht, 11. Auflage 2014 (Rechtsstand: 1. Januar 2014), Bonn: Bildung und Wissen, S. 1080 ff. 12 Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, § 1 AsylbLG Rn. 8; vgl. Fn. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 7 höhere und umfangreichere „Analogleistungen“ entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII).13 Die Vorschrift über Arbeitsgelegenheiten im Asylbewerberleistungsgesetz (§ 5 AsylbLG) wurde den entsprechenden Vorschriften im damaligen Bundessozialhilfegesetz (§§ 18-20, 25 BSHG) nachgebildet.14 Auch nach dem heutigen SGB XII kann die Sozialhilfe gemindert werden, wenn Leistungsberechtigte die Aufnahme einer Tätigkeit oder die Teilnahme an einer erforderlichen Vorbereitung entgegen ihrer Verpflichtung ablehnen (§ 39a Abs. 1 SGB XII). Nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)15 verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie eine zumutbare Arbeitsgelegenheit ohne wichtigen Grund ablehnen (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 16d SGB II). Auch in einem solchen Fall kann die Leistung gemindert werden.16 Nach der Begründung des Entwurfs für das Asylbewerberleistungsgesetz dienen Arbeitsgelegenheiten in Aufnahmeeinrichtungen und vergleichbaren Einrichtungen dazu, das in § 3 Abs. 1 AsylbLG verankerte Sachleistungsprinzip im Sinne einer vermehrten selbstversorgenden Tätigkeit zu ergänzen . Daher ist für Arbeitsgelegenheiten in solchen Einrichtungen auch nicht vorgeschrieben, dass sie gemeinnütziger und zusätzlicher Art sind.17 Insbesondere die Arbeitsgelegenheiten in Einrichtungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG dienen zudem der Reduzierung von Kosten, die durch reguläre Arbeitskräfte beim Betrieb der Einrichtung entstehen würden.18 Die Norm wurde im parlamentarischen Verfahren um staatliche Träger (neben kommunalen und gemeinnützigen Trägern), die Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung stellen, erweitert. Auf diese Weise soll möglichst vielen Leistungsberechtigten, die keine Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit haben, eine Gelegenheit zur Arbeit geboten werden.19 Die systematische Verortung der Vorschrift über Arbeitsgelegenheiten zwischen den Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (§ 4 AsylbLG) und den sonstigen Leistungen (§ 6 13 Das Zwölfte Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1133) geändert worden ist. 14 Frerichs in: Schlegel/Voelzke, § 5 AsylbLG Rn. 5; vgl. Fn. 6. 15 Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 24. Juni 2015 (BGBl. I S. 974) geändert worden ist. 16 Frerichs in: Schlegel/Voelzke, § 5 AsylbLG Rn. 6-8; vgl. Fn. 6. Vgl. auch Knickrehm/Hahn in: Knickrehm/Kreikebohm /Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Auflage 2015, § 31 SGB XII Rn. 14, § 16d SGB II, Rn. 2. 17 BT-Drs. 12/4451 vom 2. März 1993, S. 9; vgl. Fn. 8. 18 Frerichs in: Voelzke/Schlegel, § 5 AsylbLG Rn. 19; vgl. Fn. 6. 19 BT-Drs. 12/5008 vom 24. Mai 1993, S. 16; vgl. Fn. 8. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 8 AsylbLG) ist nach Frerichs Ausdruck dafür, dass die Arbeitsgelegenheit nicht nur als Verpflichtung, sondern auch als Leistung bzw. Möglichkeit zu verstehen ist, sich zu betätigen und die gegenwärtige Situation in begrenztem Maße zu gestalten und finanziell zu verbessern. Daneben stellt die Erledigung von Arbeiten in bestimmten Einrichtungen und bei staatlichen, kommunalen und gemeinnützigen Trägern aber auch eine „Gegenleistung“ für staatliche Leistungen dar.20 Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten vor Aufnahme der Arbeitsgelegenheit einen Heranziehungsbescheid, mit dem die Tätigkeit hinsichtlich Art, Dauer und Umfang hinreichend klar bestimmt und die Höhe der Aufwandsentschädigung angegeben wird. Diese Bescheide müssen auch die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung über die Folgen der Ablehnung von Arbeitsgelegenheiten enthalten. Gegen den Heranziehungsbescheid kann der Leistungsberechtigte gemäß §§ 83, 84 Sozialgerichtsgesetz (SGG)21 Widerspruch einlegen.22 3. Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug 3.1. Gesetzliche Regelung Für eine ehrenamtliche Betätigung von schutzsuchenden Ausländern in Deutschland kommt seit Dezember 2015 eine Beschäftigung nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG)23 in Betracht: Mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 201524 wurde eine neue Sonderbestimmung in das Bundesfreiwilligendienstgesetz eingefügt. Nunmehr regelt § 18 BFDG den Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug, der ab dem 1. Dezember 2015 befristet bis zum 31. Dezember 201825 ermöglicht wird. 3.2. Beschäftigung nach § 18 BFDG 3.2.1. Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug Mit der Sonderbestimmung des § 18 BFDG wurde der Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug ermöglicht. Der Begriff „Flüchtlingsbezug“ ist nach der gesetzlichen Definition in zweierlei 20 Frerichs in: Schlegel/Voelzke, § 5 AsylbLG Rn. 11, 19; vgl. Fn. 6. 21 Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 15. April 2015 (BGBl. I S. 583) geändert worden ist. 22 Hohm in: Schellhorn-Hohm-Scheider, § 5 AsylbLG Rn. 27-28; vgl. Fn. 6. 23 Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst vom 28. April 2011 (BGBl. I S. 687), zuletzt geändert durch Art. 5, Art. 15 Abs. 5 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722). 24 BGBl. I S. 1722. 25 „Merkblatt zum Sonderprogramm Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) (https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016); Art. 15 Abs. 5 Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (BGBl. I S. 1722, 1735). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 9 Hinsicht zu verstehen:26 Zum einen ist dieser Bezug gegeben, wenn die freiwillige Tätigkeit der Unterstützung von Asylberechtigten, Personen mit internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU27 oder Asylbewerbern dient; zum anderen ist dieser gegeben, wenn ein Asylberechtigter, eine Person mit internationalem Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder ein Asylbewerber, bei dem ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist, die Tätigkeit selbst ausübt oder ausüben soll. Einschränkend wird allerdings bestimmt, dass unter diesen Personenkreis nur Asylbewerber fallen, bei denen ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist. Dies ist in der Regel dann nicht der Fall, wenn die betroffene Person aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a des Asylgesetzes28 kommt.29 3.2.2. Volljährigkeit Nach den Ausführungsbestimmungen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) ist die Volljährigkeit eine Voraussetzung für den Einsatz im Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug.30 Diese Bestimmung weicht von der Regelung für Freiwillige im Einsatz ohne Flüchtlingsbezug (§ 2 Nr. 1 BFDG) ab, nach der Personen eine Tätigkeit nach dem BFDG ausüben können, wenn sie die Vollzeitschulpflicht erfüllt haben, also nicht zwangsläufig erst dann, wenn sie volljährig sind.31 3.2.3. Vereinbarung Für die Teilnahme am Bundesfreiwilligendienst ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem oder der Freiwilligen und dem Bund erforderlich, die die nach § 8 Abs. 1 BFDG erforderlichen Angaben enthält.32 Zusätzlich ist im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug 26 BT-Drs. 18/6185 vom 29. September 2015, S. 53, BT-Drs. 18/6386 vom 14.Oktober 2015, S. 14. 27 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20. Dezember 2011). 28 Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20. November 2015 (BGBl. I, S. 2010). Als sichere Herkunftsstaaten gelten gem. § 29a Abs. 2 AsylG die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II des AsylG bezeichneten Staaten, namentlich Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, ehemalige jugoslawische Republik, Montenegro, Senegal, Serbien. 29 So nach der gesetzlichen Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 2 BFDG. 30 Dies ergibt sich aus dem „Merkblatt zum Sonderprogramm Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ sowie aus der „Ergänzung der Vereinbarung für Bundesfreiwilligendienst – Sonderprogramm „BFD mit Flüchtlingsbezug“ jeweils vom BAFzA (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016). 31 Die genaue Dauer der Vollzeitschulpflicht ergibt sich aus den jeweiligen Schulgesetzen der Länder. 32 Wie bspw. die Angaben der Personalien (Nr. 1), der Einsatzstelle (Nr. 3), des Zeitraumes und einer Regelung zur vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses (Nr. 4), der Angaben zur Art und Höhe der Geld- und Sachleistungen (Nr. 6) sowie die Angaben der Anzahl der Urlaubstag und Seminartage (Nr. 7). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 10 nach den Bestimmungen des BAFzA zusätzlich erforderlich, dass das Formular „Ergänzung der Vereinbarung für Bundesfreiwilligendienst – Sonderprogramm BFD mit Flüchtlingsbezug“ ausgefüllt und von der Einsatzstelle, der oder dem Freiwilligen und dem BAFzA unterschrieben wird.33 Dabei ist zu beachten, dass die Anzahl der Vereinbarungen über einen Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug auf 10.000 pro Jahr begrenzt ist.34 3.2.4. Beschäftigungszeitraum und -umfang Für die Tätigkeit im BFD kann nach § 2 Nr. 1 BFDG eine Dauer von sechs Monaten bis zu 24 Monaten vereinbart werden. Im Regelfall beträgt der Zeitraum nach § 3 Abs. 2 BFDG zwölf zusammenhängende Monate. Diese Regelungen gelten ohne Abweichungen auch für den Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug. Der Umfang der Beschäftigung kann entweder dem einer Vollzeitbeschäftigung oder einer Teilzeitbeschäftigung mit mehr als 20 Stunden pro Woche entsprechen. Die insoweit für den Bundesfreiwilligendienst ohne Flüchtlingsbezug vorgesehene Altersgrenze gilt dabei nicht: Nach § 18 Abs. 2 BFGD kann der Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug auch in Teilzeit ausgeübt werden, wenn der oder die Freiwillige das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 3.2.5. Einsatzbereich und -ort Die Tätigkeit im BFD wird grundsätzlich als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen geleistet (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BFDG). Die Freiwilligen sollen dabei unterstützende, zusätzliche Tätigkeiten übernehmen und ersetzen keine hauptamtlichen Kräfte.35 Als gemeinwohlorientierte Einrichtungen kommen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (einschließlich der Einrichtungen für außerschulische Jugendbildung und für Jugendarbeit), Einrichtungen der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur- und Denkmalpflege, des Sports, der Integration, des Zivil- und Katastrophenschutzes und des Umweltund Naturschutz in Betracht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BFDG). Dabei muss die entsprechende Einrichtung für den Bundesfreiwilligendienst als Einsatzstelle anerkannt sein (§ 6 Abs. 1 BFDG). Um ein möglichst großes Maß an Flexibilität herzustellen, können Freiwillige mit Flüchtlingsbezug auch von einer Einsatzstelle an andere Einsatzorte entsandt und 33 „Ergänzung der Vereinbarung für Bundesfreiwilligendienst – Sonderprogramm „BFD mit Flüchtlingsbezug“ vom BAFzA mit weiteren erforderlichen Angaben (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads , letzter Abruf 6. Januar 2016). 34 „Merkblatt zum Sonderprogramm Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ vom BAFzA (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016). Diese Begrenzung bezieht sich dabei auf beide Möglichkeiten des Freiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug, also sowohl auf die Einsatztätigkeiten im Flüchtlingsbereich als auch auf die Tätigkeit von Asylberechtigten, Personen mit Schutz nach Richtlinie 2011/95/EU und Asylbewerbern mit einer entsprechenden Aufenthaltserwartung. 35 BT-Drs. 17/4803 vom 17. Februar 2011, S. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 11 für alle in der Einsatzstelle genehmigten Tätigkeiten eingesetzt werden – also auch für Aufgaben im Rahmen der Flüchtlingsbetreuung.36 3.2.6. Besondere pädagogische Begleitung Die Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug sollen nach § 18 Abs. 3 Satz 1 BFDG eine über die übliche pädagogische Begleitung hinausgehende allgemeine Begleitung und fachliche Anleitung erhalten.37 Dabei ist gerade im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes mit Flüchtlingsbezug erforderlich, dass bei Freiwilligen aus dem Kreis schutzsuchender Ausländer nach § 18 BFDG der Erwerb der deutschen Sprache gefördert wird.38 Nach den Bestimmungen des BAFzA ist dafür auch vor dem Einsatz ein Intensivsprachkurs von bis zu vier Wochen möglich.39 Zusätzlich können die deutschen Sprachkenntnisse durch einsatzbegleitende Kurse verbessert werden.40 4. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit im Sinne des Ausländerrechts Ob im Übrigen eine ehrenamtliche Tätigkeit besonderen Regeln unterliegt, ist umstritten.41 Als rechtlicher Rahmen für eine solche Tätigkeit kommen die ausländerrechtlichen Regelungen über die Erwerbstätigkeit von Ausländern in Betracht. 36 Vgl. dazu das „Merkblatt zum Sonderprogramm Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“ und das „Ergänzung der Vereinbarung für Bundesfreiwilligendienst – Sonderprogramm „BFD mit Flüchtlingsbezug“ vom BAFzA (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016). 37 So § 18 Abs. 3 BFDG. Sofern eine zwölfmonatige Beschäftigung besteht, beträgt die Gesamtdauer der möglichen Schulungen 25 Tage. 38 BT-Drs. 18/6185 vom 29. September 2015, S. 53. 39 So ausdrücklich nach der „Ergänzung der „Rahmenrichtlinie für die pädagogische Begleitung im Bundesfreiwilligendienst (BFD) unter besonderer Berücksichtigung der Seminararbeit und des dabei eingesetzten pädagogischen Personals“ vom BAFzA (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016). 40 So ausdrücklich nach der „Ergänzung der „Rahmenrichtlinie für die pädagogische Begleitung im Bundesfreiwilligendienst (BFD) unter besonderer Berücksichtigung der Seminararbeit und des dabei eingesetzten pädagogischen Personals “ (abrufbar unter https://www.bundesfreiwilligendienst.de/service/downloads, letzter Abruf 6. Januar 2016). 41 Siehe den Newsletter „Ehrenamtliches Engagement – aber bitte nicht von Flüchtlingen?“ des Projekts „Wegweiser Bürgergesellschaft“ der Stiftung Mitarbeit, abrufbar unter http://www.buergergesellschaft.de/fileadmin/pdf/gastbeitrag _boettcher_100611.pdf (zuletzt abgerufen am 5. Januar 2016). Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen von Rheinland-Pfalz geht bspw. von dem Erfordernis einer Erlaubnis der Ausländerbehörde aus, siehe den Überblick unter http://mifkjf.rlp.de/fileadmin/mifkjf/Integration/UEbersicht_Integration_Fluechtlinge_Arbeitsmarkt .pdf (zuletzt abgerufen am 5. Januar 2016). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 12 4.1. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit – erörtert am Beispiel von Asylbewerbern 4.1.1. Allgemein zur Erwerbstätigkeit von Asylbewerbern Nach § 4 Abs. 3 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben, wenn sie einen Aufenthaltstitel besitzen, der sie hierzu berechtigt. Hieraus folgt, dass Ausländer, die verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, für die Dauer dieser Pflicht keine Erwerbstätigkeit ausüben dürfen, da die Aufenthaltsgestattung aus § 55 AsylG diese Voraussetzungen gerade nicht erfüllt42, was der Gesetzgeber auch in § 61 Abs. 1 AsylG (deklaratorisch) feststellt.43 Nach § 61 Abs. 2 AsylG kann im Übrigen einem Asylbewerber, der sich seit drei Monaten gestattet im Bundesgebiet aufhält44, abweichend von § 4 Abs. 3 AufenthG die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Die Ausländerbehörde kann also im Ermessenswege Ausnahmen vom Erwerbstätigkeitsverbot für Asylbewerber zulassen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung muss das private Interesse des Asylbewerbers an der Aufnahme einer Beschäftigung gegen die öffentlichen Interessen abgewogen werden, die einer Beschäftigungsaufnahme durch den Ausländer entgegenstehen, wobei die öffentlichen Interessen aus den Vorgaben des Aufenthalts- und Asylrechts abzuleiten sind.45 Das Erfordernis einer Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit für Personen mit Aufenthaltsgestattung ist in § 32 Beschäftigungsverordnung (BeschV) näher geregelt (siehe § 32 Abs. 1 und 4 BeschV). Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Fragestellung ist dabei die Regelung in § 32 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BeschV, nach der die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, die vorwiegend aus karitativen Gründen erfolgt, keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf.46 42 Neundorf in: Kluth/Heusch (Hrsg.), Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, Stand: 9. Edition (Mai 2015), § 61 AsylG Rn. 5. 43 Hailbronner, Ausländerrecht, Stand der Kommentierung: 90. EL (Mai 2015), § 61 AsylVfG Rn. 1. 44 Nach § 61 Abs. 2 S. 2 AsylG wird ein geduldeter oder rechtmäßiger Voraufenthalt auf die Wartezeit angerechnet. 45 Hailbronner, Ausländerrecht, Stand der Kommentierung: 90. EL (Mai 2015), § 61 AsylVfG Rn. 17; siehe vertiefend hierzu Grünewald in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand der Kommentierung: 70. EL (Januar 2005), § 61 AsylVfG Rn. 24 ff. 46 Sofern ein Fall der Zustimmungspflicht vorliegt, finden gemäß § 61 Abs. 2 S. 3 AsylG die Vorschriften über die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit aus §§ 39-42 AufenthG zu ganz überwiegenden Teilen Anwendung. Die Erteilung der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit hängt dabei davon ab, ob die Beschäftigung sich nachteilig auf den Arbeitsmarkt auswirkt, vorrangig zu berücksichtigende deutsche und privilegierte ausländische Arbeitsnehmer zur Verfügung stehen (sog. Vorrangprüfung) und der Ausländer zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt wird. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 13 Einem Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a AufenthG, der nach dem 31. August 2015 einen Asylantrag gestellt hat, darf nach § 61 Abs. 2 S. 4 AsylG während des Asylverfahrens die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden. 4.1.2. Ehrenamtliche Tätigkeit als Erwerbstätigkeit in diesem Sinne Zu prüfen ist jedoch, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit von Asylbewerbern überhaupt eine Erwerbstätigkeit im Sinne der oben genannten Vorschriften darstellt. Zur Ausfüllung des Erwerbstätigkeitsbegriffs aus § 61 AsylG und § 4 AufenthG wird auf die Begriffsbestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in § 2 AufenthG zurückgegriffen.47 Der Erwerbstätigkeitsbegriff in § 2 Abs. 2 AufenthG erfasst die selbstständige Tätigkeit und die Beschäftigung nach § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist unter Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, zu verstehen. Als Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV weiter eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers genannt. Gemäß § 30 Nr. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BeschV gelten Tätigkeiten, die vorwiegend aus karitativen Gründen erfolgen, nicht als Beschäftigung im Sinne des Aufenthaltsgesetzes, sofern sie nur bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten ausgeübt werden. In diesen zeitlichen Grenzen unterfällt also eine karitative Tätigkeit nicht den Vorgaben aus dem Aufenthaltsgesetz und dem Asylgesetz (welches an die Regelungen und Begriffsbestimmungen des Aufenthaltsgesetzes anknüpft). Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich die Rechtslage bei einer zeitlich umfassenderen entsprechenden Tätigkeit darstellt. Soweit sich die rechtswissenschaftliche Literatur zum Ausländerrecht überhaupt mit der Frage, ob der Begriff der Erwerbstätigkeit auch ehrenamtliche Tätigkeit erfasst, beschäftigt, geschieht dies im Zusammenhang mit der Regelung des § 61 AsylG. Diesbezüglich wird die Auffassung vertreten, dass ehrenamtliche Tätigkeiten nicht vom Begriff der Erwerbstätigkeit umfasst seien.48 So seien reine Gefälligkeiten, unentgeltliche karitative, politische, religiöse oder kulturelle Tätigkeiten keine Erwerbstätigkeit.49 Dieser Ansicht liegt die Annahme zugrunde, dass die Entgeltlichkeit der Tätigkeit ein konstitutives Merkmal einer Beschäftigung darstellt. Die Frage, ob die Entgeltlichkeit der Tätigkeit ein konstitutives Merkmal einer Beschäftigung darstellt, ist wiederum umstritten. Zum einen wird die Auffassung vertreten, dass nur solche Betätigungen, die auf Gewinn ausgerichtet seien bzw. für die die Zahlung eines Entgelts üblich 47 Grünewald in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand der Kommentierung : 70. EL (Januar 2005), § 61 AsylVfG Rn. 12; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand der Kommentierung: 90. EL (Mai 2015), § 61 AsylVfG Rn. 9. 48 Hailbronner, Ausländerrecht, Stand der Kommentierung: 90. EL (Mai 2015), § 61 AsylVfG Rn. 6, 9, unter Verweis auf Grünewald in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand der Kommentierung : 70. EL (Januar 2005), § 61 AsylVfG Rn. 12. 49 So Grünewald, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Stand der Kommentierung : 70. EL (Januar 2005), § 61 AsylVfG Rn. 12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 14 sei, als Erwerbstätigkeit anzusehen seien.50 Das Bundessozialgericht räumt in seiner Rechtsprechung ein, dass in § 7 SGB IV der Zahlung eines Entgelts für den Sachverhalt der Beschäftigung nicht ausdrücklich eine Bedeutung zugemessen wird. Das Gericht führt weiter jedoch aus, dass die Modalitäten der Entgeltlichkeit für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung vorliege, regelmäßig erheblich seien, was schon dadurch deutlich werde, dass das Arbeitsverhältnis als Normalfall der Beschäftigung in § 7 SGB IV hervorgehoben werde und dieses seinerseits durch Entgelt im Sinne des § 611 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch konstitutiv bestimmt werde.51 Zum anderen finden sich in der Literatur Stimmen, die betonen, dass streng begrifflich die Entgeltlichkeit nicht Voraussetzung für eine Beschäftigung im Rechtssinne sei und daher auch unentgeltliche bzw. ehrenamtliche Tätigkeit unter den Begriff der Erwerbstätigkeit fallen könne.52 Der Zweck der Arbeit für die Annahme einer Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV müsse nicht erwerbswirtschaftlicher Art, sondern könne auch rein ideeller Art sein. Ein solches Begriffsverständnis liegt wohl auch den Durchführungsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit zum Aufenthaltsgesetz zugrunde, in denen es heißt: „Ehrenamtliche Tätigkeiten sind Beschäftigungen, wenn die Voraussetzungen des § 7 SGB IV vorliegen (Weisungsabhängigkeit und betriebliche Eingliederung)“.53 Ein Anhaltspunkt für die Auslegung des Begriffs der Erwerbstätigkeit im Sinne des Aufenthaltsund des Asylgesetzes könnte schließlich in dem Wortlaut bzw. der Systematik des § 4 Abs. 3 S. 2 AufenthG zu sehen sein. Die Regelung beinhaltet ein an jedermann gerichtetes Verbot, einen Ausländer zu beschäftigen, wenn dieser nicht über eine entsprechende Erlaubnis verfügt und die Erlaubnis im Aufenthaltstitel ihren Ausdruck findet. § 4 Abs. 3 S. 2 AufenthG lautet dabei wie folgt: „Ausländer dürfen nur beschäftigt oder mit anderen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen beauftragt werden, wenn sie einen solchen Aufenthaltstitel besitzen.“ Die Formulierung „mit anderen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen“ in der zweiten Alternative der Regelung könnte dahingehend verstanden werden, dass der Gesetzgeber auch bei der ersten Regelungsalternative, die auf den Beschäftigungsbegriff Bezug nimmt, und damit insgesamt von dem Erfordernis der Entgeltlichkeit für die Annahme einer erlaubnispflichtigen Erwerbstätigkeit im Sinne des Aufenthaltsgesetzes und des Asylgesetzes ausgeht. 50 Huber in: ders. (Hrsg.), Aufenthaltsgesetz, Kommentar, 2010, § 2 Rn. 4, unter Verweis auf Rechtsprechung zum mittlerweile außer Kraft getretenen § 12 Abs. 1 Ausländergesetz-Durchführungsverordnung, nach dem Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Verordnung jede selbstständige und unselbstständige Tätigkeit war, die auf die Erzielung von Gewinn gerichtet oder für die ein Entgelt vereinbart oder üblich ist. 51 BSG, NZA-RR 2010, 435 (437, Rn. 16). 52 Seewald in: Körner/Leitherer/Mutschler, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand der Kommentierung : 63. EL (Oktober 2009), § 7 SGB IV Rn. 26, siehe auch Rn. 119a f. 53 Siehe Nr. 1.02.2.04 der Durchführungsanweisungen zum Aufenthaltsgesetz der Bundesagentur für Arbeit. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 15 4.2. Erwerbstätigkeit sonstiger schutzsuchender Ausländer Folgt man der Auffassung, die ehrenamtliche Tätigkeit als Beschäftigung und damit als Erwerbstätigkeit im Sinne des Ausländerrechts ansieht, stellt sich die Frage der Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch bei sonstigen schutzsuchenden Ausländern. Dabei soll zwischen Asylberechtigten, Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten einerseits und abgelehnten Asylbewerbern und Geduldeten andererseits differenziert werden.54 Abschließend wird auf die Gruppe der Kontingentflüchtlinge eingegangen. 4.2.1. Asylberechtigte, Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Im Folgenden wird auf die Erwerbstätigkeit von anerkannten Asylberechtigten (Art. 16a Abs. 1 GG und § 2 AsylG), Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (§ 3 AsylG) und subsidiär Schutzberechtigten eingegangen.55 Innerhalb der Gruppe der subsidiär Schutzberechtigten ist wiederum zwischen international subsidiär Schutzberechtigten (§ 4 AsylG) und national subsidiär Schutzberechtigten (nationaler Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG) zu unterscheiden. Anerkannten Asylberechtigten ist nach § 25 Abs. 1 S. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Diese berechtigt gemäß § 25 Abs. 1 S. 4 AufenthG den Ausländer zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Für Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und international subsidiär Schutzberechtigte folgt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit aus § 25 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 4 AufenthG. Den nach nationalem Recht subsidiär Schutzberechtigten „soll“ nach § 25 Abs. 3 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Diese enthält, anders als in den oben dargestellten Fällen des § 25 Abs. 1 S. 4 AufenthG, nicht schon kraft Gesetzes eine Berechtigung zur Erwerbstätigkeit. Die Ausübung einer Beschäftigung kann jedoch durch die Ausländerbehörde gem. § 4 Abs. 2 S. 1 AufenthG erlaubt werden. Hierbei ist die Erteilung einer Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit nach § 4 Abs. 2 S. 3 AufenthG i.V.m. § 31 BeschV nicht erforderlich. 4.2.2. Abgelehnte Asylbewerber und Geduldete Ist der Asylantrag erfolglos, werden also Asylberechtigung, Flüchtlingseigenschaft und subsidiäre Schutzberechtigung nicht anerkannt, ist die Ablehnung des Asylantrags nach § 34 Abs. 1 S. 1 AsylG mit einer Abschiebungsandrohung zu versehen. Sobald die Abschiebungsandrohung vollziehbar ist, erlischt die Aufenthaltsgestattung, § 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG. Mangels Aufenthalts- 54 Die folgenden Ausführungen beruhen auf dem Sachstand „Einzelfragen zum Asyl- und Aufenthaltsrecht“, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (WD 3 - 3000 - 218/15), 2015. 55 Vertiefend hierzu der Aktuelle Begriff „Kategorien des asylrechtlichen Schutzes in Deutschland“, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages (Nr. 30/15), 2015. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 001/16 Seite 16 berechtigung ist der abgelehnte Ausländer auch nicht zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Eine Erwerbstätigkeitsberechtigung kommt erst dann wieder in Betracht, wenn die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht ausgesetzt wird (Duldung). Die Duldung verleiht kein Aufenthaltsrecht, sondern stellt eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung dar. Konkret wird bei einer Duldung die Vollstreckung der vollziehbaren Ausreisepflicht unter den in § 60a Abs. 1-2b AufenthG genannten Voraussetzungen (z.B. rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung) vorübergehend ausgesetzt. Da der Geduldete nicht über einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 AufenthG verfügt, bedarf er einer behördlichen Erlaubnis für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit.56 Die grundsätzlich erforderliche Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit folgt nach § 32 BeschVO den Maßgaben, die auch für Asylbewerber gelten. Aus der Duldung heraus kann unter bestimmten Voraussetzungen auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Betracht kommen (etwa nach 18 monatiger Duldung gemäß § 25 Abs. 5 S. 2 AufenthG). Da diese Aufenthaltserlaubnis nicht schon kraft Gesetzes zur Erwerbstätigkeit berechtigt, bedarf es einer behördlichen Erlaubnis, die aber nach § 31 BeschVO keiner Zustimmung durch die Bundesagentur für Arbeit bedarf. 4.2.3. Kontingentflüchtlinge Ausländer, denen aufgrund einer Anordnung des Bundesministeriums des Innern und einer entsprechenden Aufnahmezusage des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge nach § 23 Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist (sog. Kontingentflüchtlinge), sind nach § 23 Abs. 2 S. 5 AufenthG zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. 4.3. Frage des Regelungsbedarfs Wie oben dargestellt, ist die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit von schutzsuchenden Ausländern den speziellen Regelungen über die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit aus dem Ausländerrecht unterliegt, umstritten. Vor diesem Hintergrund ist eine klarstellende Regelung des Gesetzgebers denkbar. Als Regelungsort kommen insbesondere das Aufenthaltsgesetz und die Beschäftigungsverordnung in Betracht. Sofern es um die Personengruppe der Asylbewerber geht, kommt auch eine Regelung im Asylgesetz in Betracht. Inwieweit darüber hinaus ein Regelungsbedarf des Gesetzgebers besteht, ist im Wesentlichen eine politische Frage, die an dieser Stelle nicht beantwortet werden kann. Ende der Bearbeitung 56 Siehe Hailbronner, Ausländerrecht, Stand der Kommentierung: 84. EL (Februar 2014), § 4 AufenthG Rn. 53.