Deutscher Bundestag Zum völkerrechtlichen Regime des arktischen Ozeans Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 – 232/11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 2 Zum völkerrechtlichen Regime des arktischen Ozeans Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 – 232/11 Abschluss der Arbeit: 17. Januar 2012 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Zum völkerrechtlichen Status des arktischen Ozeans und der Abgrenzung der Festlandsockel in der Arktis 4 2.1. Regelungen des Seerechtsübereinkommens zur Bestimmung des Festlandsockels 5 2.1.1. Vorgaben zur Abgrenzung des Festlandsockels (Art. 76 SRÜ) 5 2.1.2. Das Verfahren vor der Festlandsockelkommission 6 2.2. Rohstoffförderung im „Gebiet“ 7 3. Zur Diskussion um die Nord-West-Passage 7 4. Umweltvölkerrecht mit Bezug zur Arktis 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 4 1. Einleitung Das Schmelzen des arktischen Eises führt unter anderem dazu, dass einer Erschließung der in dieser Region liegenden Rohstoffe erhöhte Chancen zugemessen werden. Die damit nicht zuletzt für den Schutz der Meeresumwelt verbundenen Fragen haben in jüngerer Zeit verstärkt auch politische Aufmerksamkeit erhalten.1 Anders als für die Antarktis besteht für die Arktis kein umfassendes rechtliches Regime, dass in einem völkerrechtlichen Vertrag niedergelegt wäre.2 Das Rechtsregime der Arktis ergibt sich daher aus einer Reihe von Einzelbausteinen, die jeweils spezifische Aspekte abdecken. Im Folgenden werden drei Bestandteile des Rechtsregimes der Arktis dargestellt, die im völkerrechtlichen Schrifttum besondere Aufmerksamkeit erlangt haben und für die Frage einer zukünftigen Erschließung von Rohstoffen von besonderer Bedeutung sind. Ein erstes Element sind dabei die Regelungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (SRÜ) zur Abgrenzung der Festlandsockel der Anrainerstaaten der Arktis. Diese sind insbesondere für die Beantwortung der Frage relevant, wer die Rechte an den im Meeresboden lagernden Ressourcen besitzt (dazu unter 2.). Da der Transport von in der Arktis geförderten Rohstoffen auf dem Schifffahrtswege erfolgen müsste, haben auch seerechtliche Fragen, die Schifffahrtsrouten in der Arktis betreffen, eine Bedeutung (dazu unter 3.). Schließlich wird dargestellt, welche Regelungen des Umweltvölkerrechts die Anrainerstaaten der Arktis bei einer eventuellen Rohstoffförderung binden (dazu 4.). 2. Zum völkerrechtlichen Status des arktischen Ozeans und der Abgrenzung der Festlandsockel in der Arktis Für den Status des Meeresbodens und die Rechte an den in ihm lagernden Ressourcen ist die Unterscheidung zwischen dem sogenannten Festlandsockel, an dem die jeweiligen Küstenstaaten Hoheitsrechte besitzen3 und dem Tiefseeboden. Meeresboden, der nicht zu einem der Festlandsockel der Anrainerstaaten gehört, ist Teil des sogenannten Gebiets, das als gemeinsames Erbe der Menschheit angesehen wird (Art. 136 SRÜ). Der Abbau von dort lagernden Ressourcen bedarf der Genehmigung durch die internationale Meeresbodenbehörde.4 1 Vgl. zuletzt den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 17/6499. 2 Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 654 f., 683; Wolfrum, Wolfrum, Das Rechtsregime der Arktis, S. 1 ff., http://www.mpil.de/shared/data/pdf/wolfrum_auswaertiges_amt_arktis.pdf (16.1.2012). Zu den politischen Hintergründen Humrich/Wolf, Vom Meltdown zum Showdown?, HSFK-Report 4/2011, S. 23 ff. 3 Wenngleich der Festlandsockel nicht notwendigerweise noch zum Staatsgebiet im engeren Sinne gehört. 4 International Seabed Authority (ISA) mit Sitz in Kingston, Jamaica. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 5 2.1. Regelungen des Seerechtsübereinkommens zur Bestimmung des Festlandsockels5 2.1.1. Vorgaben zur Abgrenzung des Festlandsockels (Art. 76 SRÜ) Die Bestimmung des Festlandsockels wird in Art. 76 SRÜ geregelt. Dabei handelt es sich um eine äußerst komplexe Norm, die mehrere Berechnungsverfahren und verschiedene ineinandergreifende Grenzen kennt. Zum einen kann der Festlandsockel in Anlehnung an die geologische Verlängerung der Landmasse unter Wasser bestimmt werden. Alternativ wird er auf 200 Seemeilen von der Basislinie festgelegt, die im Prinzip dem allgemeinen Küstenverlauf folgt.6 Der rechtliche Festlandsockel erstreckt sich damit jedenfalls bis zur 200 Seemeilen betragenden maximalen Ausdehnung der ausschließlichen Wirtschaftszone nach Art. 57 SRÜ. Trotz dieser Parallelität ist seine Bestimmung zu unterscheiden von dem Recht, eine ausschließliche Wirtschaftszone festzulegen . Die ausschließliche Wirtschaftszone betrifft nur die Nutzung der Wassersäule über dem Meeresboden, z. B. für die Fischerei. Bemerkenswert ist, dass das SRÜ nach fünf Jahren Ausgleichszahlungen an die Vertragsstaaten, insbesondere an die Entwicklungsstaaten, für die Nutzung des erweiterten Festlandsockels jenseits der 200 Seemeilen-Grenze vorsieht (Art. 82 SRÜ). Wird der Festlandsockel in Anlehnung an die geologischen Gegebenheiten bestimmt, ist zunächst die äußere Grenze des Festlandrands zu ermitteln. Dieser umfasst die geologischen Formationen des Sockels, des Abhangs und des Anstiegs (Art. 76 Abs. 3 SRÜ). Das Gegenstück zum Festlandrand ist der Tiefseeboden, inklusive der aus diesem emporragenden ozeanischen Bergrücken . Die Lage des Festlandrands kann durch zwei Methoden bestimmt werden, die ihren Ausgang vom Fuß des Festlandsockelabhangs nehmen (Art. 76 Abs. 4 SRÜ). Art. 76 Abs. 5 SRÜ normiert dann zwei weitere Entfernungen, die die maximale Ausdehnung des erweiterten Festlandsockels beschränken. Die Außengrenze darf entweder nicht mehr als 350 Seemeilen von den Basislinien des Küstenmeers oder nicht weiter als 100 Seemeilen seewärts von der 2.500m- Wassertiefenlinie entfernt sein, wobei der Staat im Prinzip die weiter seewärts liegende Grenze heranziehen darf. Für die in der Arktis besonders relevanten unterseeischen Erhebungen gelten hingegen wiederum spezielle Vorschriften. Das SRÜ differenziert drei Formen von unterseeischen Erhebungen, an deren Vorliegen sich jeweils unterschiedliche Begrenzungen des Festlandsockels knüpfen.7 Dies sind zum einen die ozeanischen Bergrücken, die keine Verbindung zu einem Festlandsockel besitzen und daher Teil der Tiefsee sind. Die USA sind der Ansicht, dass die Lomonosov- und Mendleev-Massive solche freistehenden Formationen bilden. Eine zweite Kategorie sind die unterseeischen Bergrücken (submarine ridges). Die deutsche Übersetzung des SRÜ bildet diese Unterscheidung bedauerlicherweise nicht ab, da 5 Zum folgenden vgl. auch Arndt, Zur Abgrenzung der Festlandsockel in der Arktis, Aktueller Begriff 31/08 mit weiteren Literaturhinweisen. 6 Zur Problematik sogenannter gerader Basislinien, mit denen die Ansprüche ausgeweitet würden, in der Arktis, Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 658 f. 7 Ausführlich zu den Folgen der Einstufung der Erhebungen des arktischen Ozeans in diese Kategorien für die Ausdehnung der Festlandsockelansprüche Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 661 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 6 sie einheitlich von unterseeischen Bergrücken spricht. Für „submarine ridges“, die nur eine räumliche, nicht geologische Verlängerung der Landmasse sind, gilt eine spezielle Regelung, da für sie zwingend die 350 Seemeilen-Grenze Anwendung findet. Die auf der Tiefenlinie beruhende Grenze kann in diesem Fall also nicht herangezogen werden. Den dritten Typ bilden die unterseeischen Erhebungen, die aufgrund ihrer geologischen Beschaffenheit natürliche Teile des Festlandrands sind und für die Art. 76 Abs. 6 Satz 2 SRÜ Beispiele nennt. Für diese bleibt das Wahlrecht zwischen den beiden allgemeinen Grenzen erhalten, so dass diese Form dem Küstenstaat oftmals eine größere Ausdehnung seines Festlandsockels ermöglicht. Die Russische Föderation ist anscheinend bestrebt, die Zuordnung des Lomonosov-Massiv zu dieser dritten Kategorie zu begründen.8 Insbesondere für die Unterscheidung dieser Erhebungen von den „submarine ridges“ sind die geologischen Gegebenheiten von entscheidender Bedeutung. 2.1.2. Das Verfahren vor der Festlandsockelkommission Das SRÜ bindet die Festlegung der äußeren Grenze des Festlandsockels durch den jeweiligen Küstenstaat in ein internationales Verwaltungsverfahren ein, das durch die Kommission zur Begrenzung des Festlandsockels9 durchgeführt wird. Diese setzt sich aus 21 unabhängigen Experten zusammen. Der betroffene Küstenstaat übermittelt dieser Kommission die Angaben, aufgrund derer er die Abgrenzung vornehmen will. Die Kommission richtet daraufhin an den Küstenstaat Empfehlungen. Werden die Außengrenzen des Festlandsockels auf der Grundlage dieser Empfehlungen festgelegt, erhalten sie einen verbindlichen und endgültigen Status (Art. 76 Abs. 8 SRÜ). Obwohl die Empfehlungen der Kommission den Küstenstaat nicht direkt verpflichten können, besitzen sie also rechtliche Wirkungen. Will ein Küstenstaat das Verfahren des SRÜ nutzen, um auf effiziente Weise Rechtssicherheit über die Ausdehnung seines Festlandsockels zu erlangen, ist er auf die Zustimmung der Kommission angewiesen. Das Verfahren vor der Kommission ist innerhalb von zehn Jahren nach Inkrafttreten des SRÜ für den betroffenen Staat einzuleiten. Bislang ist auf diesem Wege die Ausdehnung des Festlandsockels Norwegens festgelegt worden.10 In einer besonderen Situation befinden sich die USA. Da sie dem SRÜ bisher nicht beigetreten sind, können sie das Verfahren vor der Festlandsockelkommission nicht dazu nutzen, ihren Ansprüchen rechtliche Verbindlichkeit zu verschaffen. Die Vorschriften des SRÜ zur Bestimmung des erweiterten Festlandsockels berühren nicht die Abgrenzung überlappender Ansprüche. Diese sind zwischen den Staaten nach den allgemeinen Prinzipien des Seerechts bilateral vorzunehmen.11 Dementsprechend hat die Festlandsockel- 8 Solche Bestrebungen bilden allgemein den Ansatzpunkt für das in Humrich/Wolf, Vom Meltdown zum Showdown ?, HSFK-Report 4/2011, S. 20 ff. beschriebene Szenario einer weitgehenden Nationalisierung des arktischen Ozeans. 9 Commission on the Limits of the Continental Shelf (CLCS), http://www.un.org/depts/los/clcs_new/clcs_home.htm (16.1.2012). 10 Empfehlung vom 27.3.2009, http://www.un.org/depts/los/clcs_new/submissions_files/nor06/nor_rec_summ.pdf (16.1.2012). 11 Ein entsprechender Vertrag wurde 2010 von Norwegen und Russland unterzeichnet und ist am 7.7.2011 in Kraft getreten. Dazu Neumann, Norway and Russia Agree on Maritime Boundary in the Barents Sea and the Arctic Ocean, ASIL Insight 14, Nr. 34 vom 10.11.2010, http://www.asil.org/insights101108.cfm (16.1.2012). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 7 kommission auch nicht das Mandat, über solche Fälle zu entscheiden. In der Praxis besteht gleichwohl die Möglichkeit, dass die betroffenen Staaten einen gemeinsamen Antrag stellen. Eine gerichtliche Kontrolle der Festlegung eines Festlandsockels, z. B. durch den Internationalen Seegerichtshof, ist insbesondere mit Blick auf die Klagebefugnis nicht unproblematisch möglich. Es erscheint aber jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Erhaltung des Tiefseebodens im Interesse der internationalen Gemeinschaft liegen könnte und sich daraus eine Klagebefugnis jedes einzelnen Staates begründen lassen könnte. 2.2. Rohstoffförderung im „Gebiet“ Die Erforschung und Ausbeutung von Rohstoffen im Gebiet werden von der Internationalen Meeresbodenbehörde organisiert und überwacht (Art. 153 SRÜ). Insbesondere bedürfen solche Aktivitäten der Genehmigung durch die Meeresbodenbehörde.12 Zu den Pflichten von Staaten, die im Gebiet Rohstoffvorkommen erkunden bzw. diese abbauen lassen wollen, hat der Internationale Seegerichtshof in Hamburg im Jahr 2011 ein Gutachten erstellt . Darin betont er aus umweltvölkerrechtlicher Perspektive insbesondere die Bedeutung des Vorsorgeprinzips.13 3. Zur Diskussion um die Nord-West-Passage Unter der Bezeichnung „Nord-West-Passage“ wird ein Netz von Schifffahrtsrouten durch den kanadischen Archipel verstanden, die den Nordatlantik mit dem Nordpazifik verbinden. Die USA und die EU stehen auf dem Standpunkt, es handele sich um eine Meerenge, die der internationalen Schifffahrt dient (Art. 34 ff. SRÜ). Kanada ist demgegenüber der Ansicht, es handele sich um interne Gewässer. Diese Position geht davon aus, dass um den Archipel gerade Basislinien gezogen werden dürfen. Eine dritte Position geht davon aus, dass Schiffe trotz der Einstufung als innere Gewässer aufgrund von Art. 8 Abs. 2 SRÜ das Recht der friedlichen Durchfahrt genießen.14 12 Vitzthum, International Seabed Area, in Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, online verfügbar unter http://www.mpepil.com, Rn. 21 13 International Tribunal for the Law of the Sea, Seabed Dispute Chamber. Responsibilities and obligations of States sponsoring persons and entities with respect to activities in the Area, Advisory Opinion vom 1.2.2011, http://www.itlos.org/index.php?id=109 (17.1.2012) 14 Zum Ganzen Byers, Arctic Region, in Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, verfügbar unter http://www.mpepil.com, Rn. 22 ff.; Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 656 ff.; Wolfrum, Das Rechtsregime der Arktis, S. 9, http://www.mpil.de/shared/data/pdf/wolfrum_auswaertiges_amt_arktis.pdf (16.1.2012). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 8 4. Umweltvölkerrecht mit Bezug zur Arktis Umfassende umweltrechtliche Regelungen, die speziell für die Arktis Anwendung finden, stellen im geltenden Völkerrecht die Ausnahme dar. So verlangt der 1973 unterzeichnete Vertrag zum Erhalt der Eisbären, dass die Ökosysteme, in denen der Eisbär lebt, durch angemessene Maßnahmen geschützt werden. Die Rechtslage ist eher durch die allgemein im Umweltvölkerrecht anzutreffende Fragmentierung gekennzeichnet.15 Von besonderer Bedeutung für die Rohstoffförderung in der Arktis ist die sog. Espoo-Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen. Sie verlangt frühzeitige Umweltverträglichkeitsprüfungen und Konsultationen.16 Regelungen zur Sicherheit des Schiffsverkehrs sind in der Arktis von besonderer Bedeutung, da sich bei einem eventuellen Unfall Verschmutzungen aufgrund der kalten Wassertemperaturen nur höchst langsam abbauen könnten. Bemühungen, einen im Rahmen der internationalen Schifffahrtsorganisation (International Maritime Organisation – IMO) einen verbindlichen Code auszuhandeln, wurden zugunsten der Annahme von unverbindlichen Richtlinien17 aufgegeben.18 Für einen kleinen Teilbereich des arktischen Ozeans ist das Übereinkommen zum Schutz der Meeresumwelt des Nord-Ost-Atlantiks (OSPAR) von Bedeutung.19 Dies deutet einen möglichen Weg für die völkerrechtspolitische Entwicklung an, die über die Stärkung regionaler Regelwerke gehen könnte.20 Zum Schutz der Meeresumwelt bei Tätigkeiten im Gebiet kann die Meeresbodenbehörde verbindliche Regeln beschließen (Art. 145 SRÜ). Dies hat sie bisher mit Blick auf den Abbau von Manganknollen und polymetallischen Sulfide21 getan. Hintergrund für diese Regelungen waren allerdings nicht mögliche Projekte in der Arktis, sondern Projekte im Pazifik. Der Umweltschutz in der Arktis wird als einer der Arbeitsschwerpunkte des Arktischen Rates angesehen.22 In diesem Kooperationsforum ist unter anderem die (unverbindliche) Arctic Environmental Protection Strategy angenommen worden. Ein Baustein dieser Strategie ist das Arctic Monitoring and Assesment Programme, dass der Harmonisierung von Umweltverträglich- 15 Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 683. 16 Byers (Anm. 14), Rn. 7 17 Guidelines for Ships Operating in Arctic Ice-covered Waters, 2002. 18 Byers (Anm. 14), Rn. 9 f. 19 Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 685 f. 20 Solche regionalen Kooperationen finden ihre Grundlage in Art. 197 SRÜ. Zu diesem Szenario vgl. auch Humrich /Wolf, Vom Meltdown zum Showdown?, HSFK-Report 4/2011, S. 25 ff., 28 ff. 21 Weitere Regeln sind in Vorbereitung, zum Stand vgl. http://www.isa.org.jm/en/documents/mcode (17.1.2012). 22 Wolfrum, Das Rechtsregime der Arktis, S. 2, http://www.mpil.de/shared/data/pdf/wolfrum_auswaertiges_amt_arktis.pdf (16.1.2012). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 – 3000 – 232/11 Seite 9 keitsprüfungen in der Arktis dient.23 Diesen formal unverbindlichen Instrumenten des sog. Soft- Law wird völkerrechtspolitisch eine erhebliche Bedeutung zugeschrieben, da eine Reihe von Anrainerstaaten die Espoo-Konvention zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert haben.24 Diese Einschätzung beruht zudem nicht zuletzt darauf, dass auch unverbindliche Instrumente rechtliche Bedeutung entfalten können, wenn sie bei der Anwendung allgemeiner Prinzipien des Umweltvölkerrechts herangezogen werden. 23 Proelss/Müller, The Legal Regime of the Arctic Ocean, ZaöRV 68 (2008), S. 651, 686. 24 Dies sind Island, Russland und die USA.