Deutscher Bundestag Parlamentarische Kooperation in Subsahara-Afrika Gesamtafrikanische, regionale und interkontinentale Parlamente, parlamentarische Kooperationen und Parlamentarierversammlungen Infobrief Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3010 – 218/10 Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 2 Parlamentarische Kooperation in Subsahara-Afrika Gesamtafrikanische, regionale und interkontinentale Parlamente, parlamentarische Kooperationen und Parlamentarierversammlungen Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3010 – 218/10 Abschluss der Arbeit: 22. November 2010 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesamtafrikanische Parlamente und parlamentarische Kooperationen 4 2.1. Das Panafrikanische Parlament 4 2.2. Die African Parliamentary Union 5 2.3. Forum der Afrikanischen Parlamentarier für NEPAD 5 3. Regionalparlamente und parlamentarische Kooperationen 6 3.1. Das Parlament der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft 6 3.2. Interparlamentarisches Komitee der Westafrikanische Wirtschaftsund Währungsgemeinschaft 7 3.3. East African Legislative Assembly 7 3.4. Parlament der Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft 8 3.5. Parlamentariernetzwerk der Zentralafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft 9 3.6. Interparlamentarische Union der IGAD-Mitgliedsstaaten 9 3.7. Parlamentarisches Forum der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika 10 3.8. African Parliamentarians Network Against Corruption 11 4. Interkontinentale Zusammenarbeit 11 5. Zusammenfassung 11 Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 4 1. Einleitung Die internationale Kooperation von Parlamentariern, zum Beispiel im Rahmen von parlamentarischen Versammlungen wird als Möglichkeit gesehen, ein gewisses Gegengewicht zur ansonsten regierungsdominierten Außenpolitik zu bilden. Auch auf dem afrikanischen Kontinent lässt sich seit Ende der 1990er Jahre eine verstärkte Entwicklung hin zur Gründung zahlreicher parlamentarischer Versammlungen aufzeigen. In der politikwissenschaftlichen und völkerrechtlichen Literatur wird als wichtige Funktion einer parlamentarischen Versammlung angesehen, dass sie die politische Verantwortlichkeit innerhalb der jeweiligen internationalen Organisation und deren Transparenz stärkt. Ein gewichtiger Faktor für die Rolle und das Gewicht einer parlamentarischen Versammlung ist in dieser Hinsicht, inwieweit deren Mitglieder über ihre jeweiligen nationalen Parlamente indirekten Einfluss auf die Arbeit der internationalen Organisation ausüben können. Für den demokratischen Gehalt der Arbeit einer parlamentarischen Versammlung ist daher auch von Bedeutung, wie die parlamentarische Kultur und die demokratische Praxis in den Mitgliedstaaten ausgeprägt ist.1 Dadurch, dass parlamentarische Versammlungen den Diskurs zwischen Parlamentariern fördern, können sich umgekehrt auch demokratiefördernde Wirkungen für die nationale Ebene ergeben. Im Folgenden sollen solche Formen parlamentarischer Kooperation für den Bereich Subsahara- Afrikas dargestellt werden, also im Bereich der Staaten südlich der Sahara. Denn obwohl afrikanische Regierungen erklärtermaßen für die Einheit des Kontinents eintreten, unterscheiden die meisten Experten und Nicht-Afrikaner nach wie vor zwischen einem „Afrika südlich der Sahara“ und „Nordafrika“ – speziell, wenn es um politische Fragen geht.2 Bei der Darstellung wird anhand der regionalen Ausdehnung der jeweiligen parlamentarischen Versammlungen und parlamentarischen Kooperationen unterschieden nach gesamtafrikanischen, regionalen und interkontinentalen Kooperationsformen, an denen Staaten aus Subsahara-Afrika beteiligt sind. 2. Gesamtafrikanische Parlamente und parlamentarische Kooperationen 2.1. Das Panafrikanische Parlament Das Panafrikanische Parlament (PAP)3 ist das parlamentarische Organ der Afrikanischen Union (AU)4; es besitzt bisher – obwohl angestrebt – keine Legislativbefugnisse, sondern lediglich Bera- 1 Felix Arndt, International Parliamentary Assemblies, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Online Edition, http://www.mpepil.com, Rn. 85, 110 f. 2 Vgl. Ilan Halevi, Ist die panafrikanische Idee tot?, Heinrich-Böll-Stiftung, 11.10.2010, unter: http://www.boell.de/weltweit/afrika/afrika-panafrikanismus-10309%20.html [20.10.2010]. 3 Homepage des PAP: http://www.pan-africanparliament.org [12.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 5 tungsfunktionen. Das Parlament wurde zunächst durch den Gründungsakt der AU im Juli 2002 eingerichtet und nahm dann Anfang 2004 seine Arbeit auf. Es setzt sich derzeit aus jeweils fünf Delegierten der nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten zusammen.5 Eigentlich sollte es bereits 2009 mit Befugnissen im Rechtssetzungsprozess ausgestattet werden, nun ist dieser Schritt für 2011 geplant.6 Nichtsdestoweniger gibt es zahlreiche Aktivitäten des Parlaments; neben Sitzungen und Konferenzen wird auch in zehn ständigen Ausschüssen zu einer Fülle von Themen gearbeitet. Das Panafrikanische Parlament wird derzeit im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durch die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) gefördert, die Struktur und Funktionsweise des Parlaments für „noch nicht ausgereift“ hält.7 2.2. Die African Parliamentary Union 1976 als Union of African Parliaments gegründet, ist Ziel der 1999 in African Parliamentary Union (APU) umbenannten kontinentalen interparlamentarischen Organisation die Kooperation der parlamentarischen Institutionen aller afrikanischen Staaten. Derzeit sind 40 nationale Parlamente Mitglieder der APU. Organe der Union sind neben dem Exekutivkomitee und dem Generalsekretariat auch eine Versammlung der nationalen Parlamentssprecher. Die APU veranstaltet regelmäßig Konferenzen in verschiedenen Mitgliedsstaaten und befasst sich sowohl mit der Entwicklung und der sozialen Situation als auch den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder. Für Ende November 2010 ist die nächste Konferenz geplant, die sich mit nachhaltigem Wachstum und Entwicklung sowie Stabilität durch „good governance“ befassen wird.8 2.3. Forum der Afrikanischen Parlamentarier für NEPAD Bei dem Programm New Partnership for Africa’s Development (NEPAD) handelt es sich um eine Initiative der AU aus dem Jahr 2001, die Strategien für das Afrika des 21. Jahrhunderts entwickelt . Wesentliche Ziele sind Bekämpfung von Armut, nachhaltige Entwicklung und Wachstum sowie die Integration Afrikas in die globale Wirtschaft.9 4 Nachfolgeorganisation der 1963 gegründeten Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), Homepage der AU: http://www.africa-union.org [27.10.2010]. 5 2008 gehörten dem Parlament 47 der 53 Mitgliedsstaaten der AU an. 6 Vgl., Pan-African Parliament aspires for legislative prerogative, The Ethopian News Agency, 30.01.2010, unter: http://www.ena.gov.et/EnglishNews/2010/Jan/30Jan10/105437.htm [12.10.2010]. 7 Informationen zu dem Projekt unter: http://www.gtz.de/de/praxis/19287.htm [27.10.2010]. 8 Zu Geschichte, Aufbau und Aktivitäten der APU: http://www.african-pu.org [12.10.2010]. 9 Vgl. http://www.nepad.org/about [13.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 6 Im Zusammenhang mit dem Programm wurde zudem von den Parlamentariern des Panafrikanischen Parlaments ein Forum der Afrikanischen Parlamentarier für NEPAD (ParlaNEPAD) ins Leben gerufen, welches aktuell – soweit ersichtlich – allerdings keine Aktivitäten vorweisen kann.10 3. Regionalparlamente und parlamentarische Kooperationen 3.1. Das Parlament der Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Die 1975 gegründete regionale Wirtschaftsgemeinschaft Economic Community of West African States (ECOWAS) besteht aus 15 westafrikanischen Staaten11 und ist seit 2001 mit einem Parlament ausgestattet, in welchem die 120 Sitze ansatzweise unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl der Mitgliedsstaaten verteilt sind; jedem Mitglied stehen dabei mindestens fünf Sitze zu. Das Parlament der ECOWAS hat bisher nur beratende Funktion, soll aber langfristig auch Entscheidungen in einigen Bereichen treffen dürfen und direkt gewählt werden. Eigentlich war dies bereits für 2010 vorgesehen 12, eine Umsetzung dieser Vorhaben ist aber bisher nicht ersichtlich. Zuletzt beschäftigte sich das Parlament sich vorwiegend mit Wirtschafts- und Entwicklungsprojekten; im September 2010 fanden außerdem die üblichen Haushaltsberatungen statt.13 Zweck der ECOWAS ist insgesamt die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenarbeit und Integration in der Region. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) mit einem seit 2006 laufenden Projekt zur Stärkung der ECOWAS beauftragt, da die Arbeit des in Nigeria angesiedelte Sekretariats von ECO- WAS gegenwärtig noch nicht die Erwartungen der Mitgliedsstaaten erfüllt.14 10 Die letzte Aktualisierung der nur aus einer Startseite bestehenden Homepage wurde im April 2005 vorgenommen ; auch sonst sind keine Aktivitäten auffindbar; vgl. auch: http://www.parlanepad.org [12.10.2010]. 11 Benin, Burkina Faso, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Elfenbeinküste, Kap Verde, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo. 12 Vgl. Felix Arndt, International Parliamentary Assemblies, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, Online Edition, Rn. 56 ff., verfügbar unter: http://www.mpepil.com [27.10.2010]. 13 Homepage der ECOWAS: http://www.ecowas.int; Homepage des Parlaments: www.parl.ecowas.int [12.10.2010]. 14 Vgl. http://www.gtz.de/de/weltweit/afrika/17702.htm [13.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 7 3.2. Interparlamentarisches Komitee der Westafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft Die Union Economique et Monétaire Ouest Africaine (UEMOA) ist ein seit 1994 bestehender Zusammenschluss von acht hauptsächlich frankophonen westafrikanischen Staaten15 mit Sitz in Ouagadougou, Burkina Faso. Die Gemeinschaft basiert vor allem auf wirtschaftlichen Interessen; angestrebt werden ein gemeinsamer Markt und die Gründung einer Zollunion.16 Alle Mitgliedsstaaten sind auch Mitglieder der ECOWAS. 1998 wurde das Comité Interparlementaire mit Sitz in Bamako, Mali, eingerichtet, in welches jeder Mitgliedsstaat fünf Parlamentarier entsendet. Das Komitee hat ausschließlich beratende Funktion, ist aber als Vorläufer eines Regionalparlaments gedacht, dessen Gründung seit 2003 in einem Vertrag der Mitgliedsstaaten vorgesehen ist und das als demokratisches Kontrollorgan der Gemeinschaft fungieren soll.17 Das Comité Interparlementaire tagt in der Regel im Abstand von einigen Monaten18; bei der letzten Sitzung im Juli 2010 beschäftigte es sich in erster Linie mit der Prüfung des Haushaltsentwurfs der UEMOA für 2011.19 3.3. East African Legislative Assembly Die East African Legislative Assembly (EALA)20 ist die gesetzgebende Versammlung der East African Community (EAC), einer gemeinsame Wirtschafts- und Zollunion fünf ostafrikanischer Länder.21 Ziel der EAC ist vor allem die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bevölkerung in den Mitgliedsländern. 2005 wurde als wichtigster Fortschritt eine Zollunion mit einem Gemeinsamen Zolltarif in Kraft gesetzt; ab Mitte 2010 wird nach Angaben des EAC-Sekretariats der Zollabbau im Binnenhandel vollendet sein und sämtlicher Warenverkehr zwischen allen Mitgliedern 15 Benin, Burkina Faso, Elfenbeinküste, Guinea-Bisseau, Mali, Niger, Senegal und Togo. 16 Homepage der UEMOA: http://www.uemoa.int [25.10.2010]. 17 Vgl. Ulf Terlinden, African Regional Parliaments – Engines of Integration and Democratisation?, Hintergrundinformationen aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2004, unter : http://library.fes.de/pdf-files/iez/02581.pdf [25.10.2010]. 18 Vgl. Agenda der UEMOA, unter: http://www.uemoa.int/actualite/agenda.htm [25.10.2010]. 19 Francis Z. Okoya, 26ème Session ordinaire du Comité Interparlementaire de l’Uemoa, in: L'araignée, 28.07.2010, unter: http://www.laraignee.org/modules.php?name=News&file=print&sid=3474 [25.10.2010]. 20 Homepage der EALA: http://www.eala.org; Homepage der EAC: http://www.eac.int [13.10.2010]. 21 Kenia, Uganda, Tansania, Ruanda und Burundi. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 8 zollfrei abgewickelt werden.22 Weitere geplante Schritte sind die Schaffung eines gemeinsamen Markts, einer gemeinsamen Währung und schließlich eines föderalen Staatenbundes.23 Die EALA setzt sich aus neun Delegierten pro Mitgliedsstaat zusammen, die jeweils von den nationalen Parlamenten gewählt werden, diesen aber nicht gleichzeitig angehören dürfen. Als Legislativorgan der EAC kann die EALA– allerdings nur mit Zustimmung der Staatsoberhäupter der Mitgliedsstaaten – Gesetze erlassen. In der Praxis ist dies bisher allerdings nur in geringem Umfang geschehen.24 Zuletzt hat die EALA im August 2010 einen Dreijahresplan für 2010 bis 201225 veröffentlicht, der den Ausbau zu einem unabhängigen und effektiven Regionalparlament vorsieht. Angestrebt werden insbesondere finanzielle und administrative Unabhängigkeit. Dabei wird auch festgestellt, dass die EALA bisher hinter den geplanten Zielen zurückgeblieben ist. 3.4. Parlament der Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsgemeinschaft Die Zentralafrikanische Wirtschafts- und Währungsunion (Communauté Economique et Monetaire de l’Afrique Centrale – CEMAC)26 wurde 1993 als Nachfolgestruktur der ehemaligen zentralafrikanischen Zollunion (Union Douanière et Economique des Etats de l’Afrique Centrale – UDEAC) von 1964 gegründet und hat ihren Sitz in der die zentralafrikanische Hauptstadt Bangui .27 Bereits im Gründungsvertrag der CEMAC war die Einrichtung eines Gemeinschaftsparlaments vorgesehen; erst 2008 wurde aber ein entsprechendes Übereinkommen der CEMAC-Staaten getroffen , verbunden mit einer Anpassung des Gemeinschaftsvertrages. Im April 2010 nahm dann das Gemeinschaftsparlament in Malabo, Äquatorialguinea, offiziell seine Arbeit auf und trat damit an Stelle der seit 2000 übergangsweise bestehenden parlamentarischen Kooperation. Aufgabe des Parlaments ist die Kontrolle der Kommission der CEMAC, welche vor allem durch die Prüfung des Budgets der Kommission ausgeübt wird. Die 30 Abgeordneten des Gemein- 22 Vgl. Inge Hackenbroch, Ostafrikanische Gemeinschaft wächst zusammen, Germany Trade & Invest, 5.11.2009, unter: http://www.gtai.de/DE/Content/__SharedDocs/Links-Einzeldokumente- Datenbanken/fachdokument.html?fIdent=MKT200911048007 [13.10.2010]. 23 Vgl. http://www.gtz.de/de/praxis/4571.htm [13.10.2010]. 24 Vgl. Felix Arndt (Anm. 12), Rn. 59 f. 25 EALA Three Year Strategic Plan 2010 – 2012, unter: http://41.220.130.18/neweala/index.php?option=com_docman&task=doc_details&gid=13&Itemid=97 [20.10.2010]. 26 Homepage der CEMAC: http://www.cemac.int [20.10.2010]. 27 Mitgliedsstaaten: Äquatorialguinea, Gabun, Kamerun, Republik Kongo, Tschad und die Zentralafrikanische Republik. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 9 schaftsparlamentes werden zunächst von den nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten entsendet , sollen aber in Zukunft durch allgemeine Wahlen bestimmt werden.28 3.5. Parlamentariernetzwerk der Zentralafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Die 1983 gegründete Economic Community of Central African States (ECCAS)29 beschloss 1999 die Einrichtung eines Parlaments, richtete dann aber 2002 zunächst ein Parlamentariernetzwerk namens Réseau des Parlamentaires de la CEEAC (REPAC) ein. Es befindet sich in Malao, Äquatorialguinea , und setzt sich aus fünf Parlamentariern pro Mitgliedsstaat zusammen.30 REPAC hat rein beratende Funktion; die Parlamentarier können sich zwar einer Vielzahl von Themen annehmen, haben aber darüber hinaus keinen Einfluss auf die ECCAS.31 Es ist vorgesehen , dass sich das Parlamentariernetzwerk zweimal jährlich zu jeweils fünfzehntägigen Beratungen trifft, allerdings sind aktuell keine Aktivitäten von REPAC ersichtlich.32 3.6. Interparlamentarische Union der IGAD-Mitgliedsstaaten 1996 als Nachfolgeorganisation der Intergovernmental Authority on Drought and Development (IGADD) gegründet, hat die Intergovernmental Authority on Development (IGAD) aktuell sechs Mitgliedsstaaten.33 Ihre Aufgaben sieht die IGAD vor allem in der Gewährleistung von Frieden und Sicherheit sowie bei der Beförderung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region.34 28 Vgl. Felix Arndt (Anm. 12), Rn. 62 ff.; Nikendem Forbinake, Central Africa: CEMAC’s Last Institution Goes Operational , AllAfrica Global Media, 15.10.2010, unter: http://allafrica.com/stories/201004150625.html [20.10.2010]. 29 Auch Communauté Economique des Etats de l’Afrique Centrale (CEEAC), Homepage: http://www.ceeaceccas .org/ [20.10.2010]. 30 Angola, Burundi, Kamerun, Zentralafrika, Kongo, DR Kongo, Gabun, Äquatorialguinea, Tschad, Sao Tomé und Principe. 31 Vgl. Felix Arndt (Anm. 12), Rn. 65.; Jaqueline Anne Braveboy-Wagner, Institutions of the Global South, New York 2009, S. 151. 32 Vgl. Angela Meyer, Regional Parliaments in Central Africa: A Difficult Birth, Präsentation bei der Konferenz “Mapping Integration and Regionalism in a Global World: The EU and regional governance outside the EU”, Bordeaux 17. – 19. September 2008, S. 5, unter: http://www.garnet.sciencespobordeaux.fr/Garnet%20papers%20PDF/MEYER%20Angela.pdf [26.10.2010]. 33 Äthiopien, Dschibuti, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda; das 1993 beigetretene Eritrea hat seine Mitgliedschaft 2007 suspendiert. 34 Vgl. Homepage der IGAD: http://www.igad.int/ [25.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 10 2004 wurde von den Mitgliedsstaaten auf Anregung Dschibutis die Gründung einer Interparliamentary Union of IGAD Member States (IPU-IGAD) beschlossen35; das Gründungsprotokoll trat allerdings erst im November 2007 in Kraft, nachdem die ersten vier Mitgliedsstaaten es ratifiziert hatten. 2008 fand dann das erste Treffen von Parlamentsmitgliedern aus den sechs Mitgliedsstaaten statt, seitdem gibt es regelmäßige Konferenzen der Parlamentssprecher.36 Primär soll durch die Union die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten gestärkt werden; eine rechtssetzende Funktion ist zunächst nicht vorgesehen.37 Auch die IGAD wird von der GTZ im Auftrag des BMZ unterstützt.38 3.7. Parlamentarisches Forum der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika Die 15 Mitgliedsstaaten39 umfassende Southern African Development Community (SADC)40 feierte im August 2010 ihr 30jähriges Bestehen. Bis 2018 sind die Einrichtung eine Zollunion, ein gemeinsamer Markt, eine Wirtschaftsunion sowie eine gemeinsame Währung geplant. Außerdem hat die SADC von der AU und NEPAD die Aufgabe übertragen bekommen, panafrikanische Prozesse in der Region voran zu treiben. Auch die SADC wird durch die Entwicklungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland bei der Umsetzung ihrer Strategien, die sich auch an den Millenniumsentwicklungszielen orientieren, unterstützt.41 Seit 1996 gibt es das Parlamentarische Forum der SADC, das bisher nur beratend tätig ist und bei Gründung als nichtintegrierte parlamentarische Versammlung zu kategorisieren war.42 Vorschläge , es darüber hinaus auszubauen, blieben bisher ohne Erfolg43; eine Umwandlung in ein Regionalparlament mit legislativen Funktionen wird prinzipiell aber angestrebt.44 Das Parlamentari- 35 Vgl. Ulf Terlinden, IGAD – Papiertiger vor Mammutaufgaben, in: Kurzberichte aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin 2004, S. 3, unter: http://library.fes.de/pdffiles /iez/01847.pdf [25.10.2010]. 36 Vgl. IGAD’s Inter-Parliamentary Union Executive Council meets in Nairobi, in: A Week in the Horn, Publikation des äthiopischen Außenministeriums, 3.09.2010, unter: http://www.mfa.gov.et/Press_Section/Week_Horn_Africa_September_03_2010.htm#3 [25.10.2010]. 37 Vgl. Ulf Terlinden, IGAD, S. 3 f. 38 Vgl. http://www.gtz.de/de/weltweit/afrika/19852.htm [03.11.2010]. 39 Angola, Botswana, DR Kongo, Lesotho, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Sambia, Seychellen, Simbabwe, Südafrika, Swasiland und Tansania; Madagaskar ist seit 2009 suspendiert. 40 Homepage der SADC: http://www.sadc.int [13.10.2010]. 41 Informationen zu den Projekten unter: http://www.gtz.de/de/weltweit/afrika/4569.htm [27.10.2010]. 42 Zur Typologie parlamentarischer Versammlungen im Allgemeinen vgl. Felix Arndt (Anm. 12), Rn. 1 ff. 43 Vgl. Felix Arndt (Anm. 12), Rn. 69 f. 44 Vgl. nur die Präambel der Parlamentsverfassung, unter: http://www.zimbabwesituation.org/?p=3804; ebenso Forum Seeks Legislative Authority, The Zimbabwe Situation – Zimbabwe News Updated Daily, 26.11.2009, http://www.zimbabwesituation.org/?p=3804 [beide 13.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 11 sche Forum war in den letzten Jahren vor allem im Bereich von Gleichstellungs- und Gesundheitsprogramme sowie bei der Wahlbeobachtung aktiv; so wurden Wahlen in Namibia, Mosambik , Simbabwe, Mauritius und Tansania beobachtet und auf Grundlage der Erkenntnisse Normen und Standards für Wahlen innerhalb der Mitgliedsstaaten der SADC entwickelt.45 3.8. African Parliamentarians Network Against Corruption Das 1999 gegründete African Parliamentarians Network Against Corruption (APNAC) entstand aus einem Workshop zur Bekämpfung von Korruption. Das Netzwerk beschreibt sich als Nichtregierungsorganisation (NGO); die Aktivitäten bestehen vor allem aus Informationen und Workshops zu Anti-Korruptionsstrategien. Außerdem werden in jedem Mitgliedsstaat lokale APNAC- Sekretariate eingerichtet. Darüber hinaus kooperiert APNAC mit zahlreichen internationalen Organisationen . Zuletzt sind allerdings nur wenig Aktivitäten zu verzeichnen.46 4. Interkontinentale Zusammenarbeit Viele afrikanische Parlamente kooperieren über die regionalen Gemeinschaften und gesamtafrikanischen Netzwerke hinaus auch auf interkontinentaler Ebene. So gibt es eine Parlamentarierversammlung frankophoner Staaten, die Assemblé Parlementaire de la Francophonoe (AFP)47. Andere Parlamente kooperieren aufgrund religiöser Gemeinsamkeiten, so die Organisation of Islamic Countries Parliamentary Union48. Und nicht zuletzt existieren neben den zahlreichen Formen der Zusammenarbeit der regionalen und kontinentalen Parlamente und parlamentarischen Kooperationen mit der Europäischen Union mit der ACP-EU Joint Assembly auch eine Parlamentarierversammlung von AKP- und EU-Staaten.49 5. Zusammenfassung In Subsahara-Afrika kam es insgesamt in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts neben zahlreichen Demokratisierungsprozessen vor allem auch zu einer Welle der regionalen Integration und Kooperation, mit der die Gründung oder Neuausrichtung bestehender regionaler Gemeinschaften einherging. Diese ist abzugrenzen vom Pan-Afrikanismus der sechziger Jahre: Der neue 45 Vgl. Homepage des Parlamentarischen Forums der SADC: http://www.sadcpf.org [13.10.2010]. 46 Homepage der APNAC: http://www.apnacafrica.org/home_e.htm [26.10.2010]; Mitglieder sind danach Benin, Burkina Faso, Kamerun, Tschad, DR Kongo, Gambia, Ghana, Kenia, Malawi, Mali, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia , Senegal, Sierra Leone, Simbabwe, Tansania und Uganda. 47 Homepage der AFP: http://apf.francophonie.org [26.10.2010]. 48 Homepage der PUIC: http://www.puic.org [26.10.2010]. 49 Informationen unter: http://www.europarl.europa.eu/intcoop/acp/10_01/default_en.htm [26.10.2010]. Wissenschaftliche Dienste Infobrief WD 2 – 3010 – 218/10 Seite 12 Regionalismus hat sich vor allem dem Paradigma der Weltmarktintegration verschrieben.50 In erster Linie mit der Zielsetzung gemeinsamer Wirtschafts-, Währungs- und Zollunionen ausgestattet , werden zunehmend aber auch regionale politische Kooperationen angestrebt. Dabei kommt es regelmäßig auch zur Schaffung parlamentarischer Kooperationen und Gründung von Regionalparlamenten. Nahezu alle der bestehenden parlamentarischen Versammlungen und Kooperationen befinden sich allerdings noch im Aufbau; Legislativbefugnisse sind – obwohl vielfach als Fernziel vorgesehen – tatsächlich kaum vorhanden. Auch ansonsten wird Einfluss der meisten parlamentarischen Versammlungen Afrikas in der Literatur als gering eingeschätzt. Immerhin sind aber in den meisten Fällen zunehmend regelmäßige Aktivitäten zu verzeichnen, wenngleich sich deren Umfang bisher in engen Grenzen zu halten scheint. In der Vergangenheit ist der Aufbau von funktionierenden parlamentarischen Versammlungen darüberhinaus durch Konflikte zwischen und innerhalb der beteiligten Staaten behindert worden. Als größte Herausforderung für echte Demokratisierung in Subsahara-Afrika sieht die Friedrich- Naumann-Stiftung denn auch die Diskrepanz zwischen den formal-demokratischen Rechtsordnungen und den politischen Realitäten in der Region, wobei die Schwäche politischer Institutionen allerdings durch die wirtschaftlichen Probleme des Kontinents fast noch in den Schatten gestellt werde.51 50 Vgl. Stefan Mair, Die regionale Intergation und Kooperation in Afrika südlich der Sahara, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 13-14/2002, S. 15. 51 Feline Freier, Subsahara-Afrika: Tendenz zum Rückgang von Freiheit in 2009, Hintergrundpapier der Friedrich- Naumann-Stiftung Nr. 7/2010, S. 14, unter: http://www.freiheit.org/files/62/N_7_Subsahara- Afrika_Tendenz_zum_Ruckgang_von_Freiheit_in_2009.pdf [20.10.2010].