Ihr Auftrag vom 4. November 2014 Sehr geehrter Herr Abgeordneter, vielen Dank für Ihren Auftrag, der uns am 4. November 2014 über die Hotline W erreicht hat. Nach eingehender Prüfung und Rücksprache mit unseren Völkerrechtlern möchte ich Sie informieren, dass die Wissenschaftlichen Dienste Ihrem Anliegen nur teilweise entsprechen können, da Ihr Auftrag in einigen Aspekten unsere Kompetenzen und Möglichkeiten überschreitet. WD 2 kann Rechtsfragen mit Mandatsbezug behandeln sowie eine wissenschaftliche Analyse von völkerrechtlichen Entwicklungen geben. Wir sind allerdings keine obere Revisionsinstanz für Gerichtsurteile. Zu dem von Ihnen geschilderten Fall einer Schadensersatzklage gemäß NAFTA (North American Free Trade Agreement) aus dem Jahre 1997 können wir Ihnen eine kommentierte Dokumentation mit einer Darstellung des Falls und einer Verifizierung der genannten Summen liefern, ebenso eine Darstellung der in diesen Fällen von NAFTA geschützten Rechtsgüter unter besonderer Berücksichtigung der einschlägigen Vertragsartikel. Die von Ihnen gewünschte Beurteilung, ob Kanada mit dem Import- und Transportverbot die vom NAFTA geschützten Rechtsgüter ausländischer Unternehmen in Kanada tatsächlich verletzt hat, liegt jedoch außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches. Hierzu müsste man ein (durch Vergleich) rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren wiederaufrollen. Denn eine Beurteilung, ob Kanada damals geschützte Rechtsgüter des Unternehmens „tatsächlich verletzt hat“, wäre allein Aufgabe eines Gerichts. Zudem wäre eine „Beurteilung“ Kanadas durch eine Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages nicht zu vertreten, da das Ethyl Coop-Verfahren abgeschlossen ist und Kanada eine Vergleichssumme von 13 Millionen US-Dollar gezahlt hat. In diesem Zusammenhang Herrn , MdB Berlin, 11. November 2014 Geschäftszeichen: WD 2 – 3000 – 210/14 Fachbereich WD 2 Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon: Telefon: Fax: Seite 2 bleibt festzuhalten, dass es sich bei der Vergleichssumme nicht um einen Schadensersatz handelt. Das Gericht hat weder festgestellt, dass ein Schaden für das Unternehmen in dieser Höhe entstanden ist, noch hat das Gericht Kanada insoweit für sein Verhalten verurteilt. Schadensersatz setzt rechtswidriges Handeln voraus. Dieses ist nicht rechtskräftig festgestellt worden. Die Vergleichssumme ist Ergebnis einer Mediation, gewissermaßen ein rechtspolitischer Kompromiss. Die von Ihnen unter Punkt 5 gewünschte Beurteilung, ob Maßnahmen, wie sie in Kanada vorgenommen wurden, nach nationalem deutschen Recht die Bundesrepublik Deutschland schadensersatzpflichtig machen würden, wäre rein hypothetisch. Umstände eines Falles sind immer einzigartig und lassen sich nicht auf ein anderes Rechtssystem übertragen. Deutschland ist kein Vertragspartner von NAFTA. Und in Deutschland gelten andere Umwelt- und Gesundheitsbestimmungen, die unter anderem durch EU-Recht präjudiziert sind. Auch der von Ihnen unter Punkt 4 gewünschte Vergleich des Schutzes ausländischer Investoren in CETA (Comprehensive Economic Trade Agreement) und in NAFTA ist aus unserer Sicht nicht darstellbar. Ein bloßer Vergleich der Schutzvorschriften zwischen CETA und NAFTA bzw. Deutschland verspricht wenig Erkenntnisgewinn und wäre zu unspezifiziert. CETA ist bislang noch nicht in Kraft getreten und die bisherigen Ergebnisse werden gegebenenfalls nachverhandelt. Hinzu kommt, dass es – anders als bei NAFTA – zu CETA bislang keine Rechtsprechung von entsprechenden Spruchkörpern gibt. Die Vertragswerke CETA und NAFTA – insbesondere der darin verankerte Investitionsschutzmechanismus – leben vor allem in der Rechtspraxis und der Rechtsanwendung. Diese Fragestellung ist insofern einige Jahre verfrüht, da zunächst die Rechtspraxis und Anwendung abgewartet werden müssen. Für die Situation in Deutschland kommt hinzu, dass der Investitionsschutz ausländischer Investoren hier durch über 300 bilaterale Investitionsschutzverträge geregelt ist. Es ist somit kein einheitlicher Investitionsschutz ersichtlich. Ein Vergleich zu CETA gestaltet sich daher schwierig. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass wir Ihren Auftrag in der vorliegenden Form nicht ausführen können. Mit freundlichen Grüßen