© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 192/15 Rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung der Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels durch ausländische Streitkräfte Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 2 Rechtliche Rahmenbedingungen für die Nutzung der Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels durch ausländische Streitkräfte Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 192/15 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Rechtsgrundlagen 4 1.1. Streitkräfte aus NATO-Staaten 4 1.2. Streitkräfte aus Staaten der NATO-Partnership for Peace 5 1.3. Sonstige Streitkräfte 6 2. Situation auf den Truppenübungsplätzen Grafenwöhr und Hohenfels 6 2.1. Allgemeines 6 2.2. Manöver und andere Übungen 6 2.3. Umweltschutz 7 2.4. Arbeitsrecht 8 2.5. Beschaffung 9 3. Streitbeilegung 9 3.1. Zwischenstaatliche Auseinandersetzungen 9 3.2. Individualrechtsschutz 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 4 1. Rechtsgrundlagen Der Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 19541 bestimmt, dass die Streitkräfte Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Kanadas , Luxemburgs, der Niederlande, des Vereinigtes Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika ein Recht zum Aufenthalt in Deutschland haben. Das genannte Abkommen wurde auf unbegrenzte Zeit abgeschlossen und gilt auch nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags2 weiter , kann gemäß einem Notenwechsel aus dem Jahr 19903 aber mit einer zweijährigen Frist gekündigt werden. Anderen ausländischen Streitkräften kann durch bilaterale Abkommen der vorübergehende Aufenthalt in Deutschland gestattet werden. Hinsichtlich der Rechtsstellung in Deutschland stationierter ausländischer Streitkräfte ist wie folgt zu differenzieren: 1.1. Streitkräfte aus NATO-Staaten Die Rechte und Pflichten von Streitkräften aus Mitgliedstaaten der NATO, die auf Grundlage des genannten Aufenthaltsvertrages in Deutschland dauerhaft stationiert sind, richten sich nach den Regelungen des NATO-Truppenstatuts vom 19. Juni 19514 (im Folgenden: NTS) und des durch Abkommen vom 18. März 19935 umfassend angepassten Zusatzabkommens zum NTS vom 3. August 19596 (im Folgenden: NTS-ZA). Die Rechtsstellung von Streitkräften aus NATO-Staaten während ihres vorübergehenden Aufenthaltes in Deutschland bemisst sich grundsätzlich ebenfalls nach dem NTS und dem NTS-ZA. Ergänzende Regelungen ergeben sich aus einem Notenwechsel vom 29. April 1998 zwischen Deutschland, Dänemark, Griechenland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Spanien und der Türkei.7 1 Bundesgesetzblatt 1955 II S. 253. 2 Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland vom 12. September 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1317. 3 Notenwechsel vom 25. September 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1390, und vom 16. November 1990, Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1696. 4 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen, Bundesgesetzblatt 1961 II S. 1190. 5 Bundesgesetzblatt 1994 II S. 2594, 2598. 6 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen, Bundesgesetzblatt 1961 II S. 1183, 1218. 7 Bundesgesetzblatt 1999 II S. 506. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 5 Nach Anlage I Kapitel I Abschnitt I Ziffer 5 und 6 zum Einigungsvertrag sind das NTS und das NTS-ZA von der Geltung in den neuen Bundesländern ausgenommen. Allerdings wurde durch Notenwechsel vom 25. September 19908 sowie vom 12. September 19949 vereinbart, dass die Streitkräfte der Stationierungsstaaten in den neuen Bundesländern die gleiche Rechtsstellung haben wie in den alten. Da eine dauerhafte Stationierung dort jedoch ausgeschlossen ist, entscheidet die Bundesregierung jeweils im Einzelfall über die Zustimmung zum vorübergehenden Aufenthalt der Entsendestreitkräfte in den neuen Bundesländern. Ergänzend können bilaterale Streitkräfteaufenthaltsabkommen geschlossen werden. Davon hat Deutschland etwa im Verhältnis zu Polen (Abkommen vom 23. August 2000), Tschechien (Abkommen vom 31. Juli 2003), Estland (Abkommen vom 21. November 2007) und Ungarn (Abkommen vom 27. Februar 2014) Gebrauch gemacht. Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Streitkräfteaufenthaltsgesetzes 10 ist die Bundesregierung ermächtigt, diese Abkommen durch Rechtsverordnung in Kraft zu setzen. 1.2. Streitkräfte aus Staaten der NATO-Partnership for Peace Für Streitkräfte aus den Staaten, die nicht der NATO, aber der NATO-Partnerschaft für den Frieden (Partnership for Peace)11 angehören und sich in Folge vorübergehend in Deutschland aufhalten , gelten nach Art. I des Partnership for Peace-Truppenstatuts vom 19. Juni 199512 (im Folgenden : PfP-TS) grundsätzlich ebenfalls die Vorschriften des NTS, soweit im PfP-TS nichts anderes bestimmt ist. Auch insoweit ist eine Ergänzung durch Streitkräfteaufenthaltsabkommen möglich . Diese können insbesondere Regelungen in Bereichen vorsehen, in denen die Bestimmungen des NTS bzw. des PfP-TS für nicht hinreichend erachtet werden, etwa Regelungen im Bereich des Umweltschutzes, der Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen oder des Gesundheitsschutzes . Ein solches Streitkräfteaufenthaltsabkommen hat Deutschland z.B. mit Österreich abgeschlossen (Abkommen vom 6. November 2007). 8 Bundesgesetzblatt 1990 II S. 1251, Bundesgesetzblatt 1994 II S. 29. 9 Bundesgesetzblatt 1994 II S. 3716. 10 Bundesgesetzblatt 1995 II S. 554. 11 Siehe http://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_24742.htm?selectedLocale=en (zuletzt abgerufen am 10. Dezember 2015). Die Partnerschaft für den Frieden (PfP) ist eine 1994 ins Leben gerufene Initiative zur militärischen Zusammenarbeit zwischen der NATO sowie 22 europäischen und asiatischen Staaten, die keine Mitgliedstaaten der NATO sind. Das Ausmaß der Kooperation kann von jedem teilnehmenden Staat selbst bestimmt werden. PfP fokussiert auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen NATO- und PfP-Staaten insbesondere durch gemeinsame Manöver und durch einen höheren Grad an Interoperabilität des militärischen Geräts. Die Teilnahme an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Missionen der NATO ist über PfP ebenfalls möglich. Vorgesehen ist auch die Konsultation der NATO bei der Bedrohung eines Unterzeichnerstaats von außen. PfP ist jedoch explizit kein Verteidigungsbündnis, die Beistandspflicht bleibt den NATO-Mitgliedern vorbehalten. Koordiniert wird die Zusammenarbeit zwischen der NATO und ihren Partnerstaaten im Euro- Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPR). 12 Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen, Bundesgesetzblatt 1998 II S. 1338. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 6 1.3. Sonstige Streitkräfte Der Status von Streitkräften aus Staaten, die weder der NATO noch der NATO-PfP angehören, wird ebenfalls durch Streitkräfteaufenthaltsabkommen geregelt. 2. Situation auf den Truppenübungsplätzen Grafenwöhr und Hohenfels 2.1. Allgemeines Die Bundesrepublik Deutschland hat die Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels zur ausschließlichen Nutzung den USA überlassen. Da diese Mitgliedstaat der NATO sind und dort dauerhaft Truppen stationiert haben, finden das NTS und das NTS-ZA Anwendung. Gemäß Art. 53 Abs. 2ter NTS-ZA werden die Einzelheiten der Benutzung von Truppenübungsplätzen durch Verwaltungsabkommen geregelt, die auf Bundesebene abgeschlossen werden. In Bezug auf die Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels haben Deutschland und die USA im Jahr 1993 eine solche Verwaltungsvereinbarung getroffen (im Folgenden: VV 1993).13 Anhand von vier ausgewählten Sachbereichen14 wird dargestellt, welche Vorgaben sich aus diesen drei Regelungskomplexen ergeben. 2.2. Manöver und andere Übungen Gemäß Art. 53 Abs. 1 S. 2 NTS-ZA gilt für die Benutzung zur ausschließlichen Nutzung überlassener Liegenschaften deutsches Recht, soweit im NTS-ZA und in anderen internationalen Übereinkünften nicht etwas anderes vorgesehen ist und sofern nicht die Organisation, die interne Funktionsweise, die innere Führung oder andere eigene Angelegenheiten betroffen sind, die keine vorhersehbaren Auswirkungen auf die Rechte Dritter oder auf umliegende Gemeinden und die Öffentlichkeit im Allgemeinen haben. Gemäß Art. 2 VV 1993 haben die US-Streitkräfte das Recht, auf den Truppenübungsplätzen nach ihren eigenen Vorschriften auszubilden, soweit weder im NTS-ZA noch in der VV 1993 etwas anderes bestimmt ist. Andere Bestimmungen in diesem Sinn finden sich etwa in Art. 4 VV 1993 (Schießen, Sprengen) und Art. 5 VV 1993 (Absicherung nach außen, Außenfeuerstellen). Gemäß Art. 45 Abs. 1 NTS-ZA hat eine Truppe, soweit sie ihre Ausbildung nicht ohne Beeinträchtigung ihrer Ausbildungsziele auf den ihr zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften durchführen kann, das Recht, Manöver und andere Übungen außerhalb dieser Lie- 13 Verwaltungsvereinbarung vom 18. März 1993 zwischen dem Bundesminister der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und dem Oberbefehlshaber des US-Heeres in Europa und der 7. Armee über die Benutzung von Truppenübungsplätzen, die den US-Streitkräften gemäß dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut zur ausschließlichen Benutzung überlassen sind (BT-Drs. 12/6477 S. 102 ff.). Gemäß Art. 12 Abs. 2 dieser Vereinbarung kann sie von jeder Vertragspartei mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. 14 Außer Betracht bleibt insbesondere der in Art. VII NTS und Artt. 17 bis 30 NTS-ZA umfangreich geregelte Bereich der Strafverfolgung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 7 genschaften in dem Umfang durchzuführen, der zur Erfüllung ihrer Verteidigungsaufgabe erforderlich ist. Allerdings gilt dies nur, sofern der Bundesminister der Verteidigung den betreffenden Übungen zustimmt. Gemäß Art. 45 Abs. 2 NTS-ZA gelten für außerhalb der überlassenen Liegenschaften stattfindende Manöver und andere Übungen die maßgebenden Vorschriften des deutschen Rechts, insbesondere das Bundesleistungsgesetz. Gemäß Art. 8 VV 1993 ist die Nutzung von Randgebieten außerhalb der Truppenübungsplätze nur eingeschränkt gestattet. Gemäß Art. 4 Abs. 3 VV 1993 bemühen sich die US-Streitkräfte, die Lärmbeeinträchtigungen bei Schieß- und Sprengübungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Gemäß Art. 46 Abs. 2 NTS-ZA gelten für Manöver und andere Übungen im deutschen Luftraum die deutschen Vorschriften über den Einflug in diesen, über dessen Benutzung15 und über die Inanspruchnahme von Anlagen und Einrichtungen der Luftfahrt, sowie die geltenden Anmeldungs -, Zustimmungs- und Koordinierungsverfahren, wie sie in den entsprechenden Gesetzen, sonstigen Vorschriften und Veröffentlichungen enthalten sind. Insoweit sind insbesondere das Luftverkehrsgesetz und die Luftverkehrsverordnung anzuwenden.16 Gemäß § 30 Abs. 1 S. 1 Luftverkehrsgesetz dürfen die auf Grund völkerrechtlicher Verträge in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen von bestimmten Vorschriften des Ersten Abschnitts des Luftverkehrsgesetzes und den zu seiner Durchführung erlassenen Vorschriften abweichen, soweit dies zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erforderlich ist. Allerdings darf gemäß § 30 Abs. 1 S. 3 Luftverkehrsgesetz von den Vorschriften über das Verhalten im Luftraum nur abgewichen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zwingend notwendig ist. Gemäß Art. 7 Abs. 3 VV 1993 sind die US-Streitkräfte befugt, die Mitbenutzung der Truppenübungsplätze Grafenwöhr und Hohenfels durch in Deutschland stationierte Streitkräfte anderer Entsendestaaten zu gestatten.17 Hiervon haben die USA Gebrauch gemacht. Den Truppenübungsplatz Grafenwöhr nutzen sie gemeinsam mit der Bundeswehr und anderen NATO-Partnern. Auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels betreiben sie das Joint Multinational Readiness Center, in welchem Streitkräfte aus 13 Nationen gemeinsam trainiert werden. 2.3. Umweltschutz Gemäß Art. 54 A Abs. 1 NTS-ZA erkennen und anerkennen die Entsendestaaten die Bedeutung des Umweltschutzes bei allen Tätigkeiten ihrer Truppen in Deutschland. Gemäß Art. 54 A Abs. 2 NTS-ZA prüfen die Behörden der ausländischen Streitkräfte – unbeschadet der Achtung und Anwendung des deutschen Rechts – nach Maßgabe des NTS-ZA die Umweltverträglichkeit so frühzeitig wie möglich bei allen Vorhaben. In diesem Zusammenhang 15 Siehe dazu den Sachstand „Der militärische Übungsflugbetrieb in Deutschland“ vom 25. September 2015, WD 2 – 3000 – 134/15. 16 Siehe z.B. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. September 1994 – 7 A 12407/90 –, juris Rn. 48 ff. 17 In Art. 7 Abs. 1 VV 1993 sind die Mitbenutzungsrechte der Bundeswehr geregelt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 8 ermitteln, analysieren und bewerten sie die möglichen Auswirkungen eines für die Umwelt bedeutsamen Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft , einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter . Ziel dieser Prüfung ist es, Umweltbelastungen zu vermeiden und unvermeidbare Umweltbeeinträchtigungen durch angemessene Maßnahmen auszugleichen. Dabei können die Behörden der ausländischen Streitkräfte deutsche Behörden um Unterstützung bitten. Nach Art. 6 Abs. 1 VV 1993 hat das US-Heer fortlaufend Vorsorge gegen Umweltbeeinträchtigungen zu treffen, vermeidbare Umweltbelastungen zu verhindern und unvermeidbare Umweltbelastungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Errichtung und der Betrieb von bestimmten Schießeinrichtungen sowie deren wesentliche Änderung richten sich nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung. Für die Ausführung dieser Vorschriften sind die Länder zuständig, für die Wahrnehmung der Aufgaben nach der 14. Bundes -Immissionsschutzverordnung dagegen die jeweiligen Wehrbereichsverwaltungen. Gemäß Art. 54 B Abs. 1 NTS-ZA stellen die Behörden der ausländischen Streitkräfte sicher, dass für den Betrieb von Luft-, Wasser- und Landfahrzeugen nur Treibstoffe, Schmierstoffe und Zusatzstoffe eingesetzt werden, die schadstoffarm gemäß den deutschen Umweltvorschriften sind, soweit dies mit den technischen Erfordernissen der Fahrzeuge vereinbar ist. Sie stellen weiterhin sicher, dass bei Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen, insbesondere bei neuen Fahrzeugen, die deutschen Vorschriften über die Begrenzung von Lärm- und Abgasemissionen eingehalten werden, soweit dies nicht unverhältnismäßig ist. Bei der Anwendung und Überwachung dieser Bestimmungen konsultieren die zuständigen deutschen Behörden und die Behörden der ausländischen Streitkräfte einander und arbeiten eng zusammen. Wie sich aus den Artt. 53 Abs. 1, 54 A Abs. 1 und 2, 63 Abs. 4 NTS-ZA ergibt, unterliegt die Abfallentsorgung der von den US-Streitkräften genutzten Liegenschaften den deutschen Bestimmungen des Abfallrechts, insbesondere dem KrW-/AbfG.18 2.4. Arbeitsrecht Welche arbeitsrechtlichen Regelungen zur Anwendung gelangen, ist in Art. 56 NTS-ZA ausführlich geregelt. Für die Beschäftigungsverhältnisse der zivilen Arbeitskräfte bei ausländischen Streitkräften gelten gemäß Art. 56 Abs. 1 lit. a) NTS-ZA die für die zivilen Bediensteten bei der Bundeswehr maßgebenden arbeits- und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, soweit nicht in Artikel 56 NTS-ZA und in dem auf diesen Artikel Bezug nehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls 19 etwas anderes bestimmt ist. Davon ausgenommen sind Dienstordnungen, Dienstvereinbarungen und tarifliche Bestimmungen. Gemäß Art. 56 Abs. 5 NTS-ZA obliegt es den deutschen Behörden , im Einvernehmen mit den Behörden der ausländischen Streitkräfte die als Grundlage für 18 VG Stuttgart, Beschluss vom 21. Mai 2010 – 2 K 497/10 –, juris Rn. 6 ff. 19 Abkommen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1313), zuletzt geändert durch Änderungsabkommen vom 23. November 1994 (BGBl. II S. 3710, 3712). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 9 die einzelnen Arbeitsverträge dienenden Arbeitsbedingungen – einschließlich der Löhne, der Gehälter und der Einreihung der einzelnen Tätigkeitsarten in Lohn- und Gehaltsgruppen – festzusetzen , Tarifverträge abzuschließen, und das Entlohnungsverfahren zu regeln. Nach Medienberichten20 werden auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels Zivilbeschäftigte als sogenannte „Civilians on the Battlefield“ (COB) eingesetzt. Ihre Aufgabe ist es, eine realistische Ausbildung von US-Soldaten und verbündeten Truppen zu gewährleisten, indem sie zum Beispiel die widerspenstige irakische oder afghanische Zivilbevölkerung spielen. Die COB werden nicht durch die US-Armee selbst, sondern in deren Auftrag durch einen deutschen Dienstleister rekrutiert, sodass Art. 56 NTS-ZA nicht anwendbar ist. Meist halten sich die COB drei, teilweise aber auch bis zu sechs Wochen auf dem Truppenübungsplatz auf, wo sie kaserniert wohnen und einer 24-Stunden-Bereitschaft unterliegen. Nach den Arbeitsverträgen ist es ihnen verboten, auf dem Truppenübungsplatz Mobiltelefone, Computer, Internet oder Fotoapparate zu benutzen. Untersagt ist ihnen auch der Konsum von Alkohol. Zudem stimmen sie in den Arbeitsverträgen einer Kontrolle aller Postsendungen – einschließlich der gesamten Privatpost – zu und gehen eine umfassende Verschwiegenheitspflicht ein. Ferner besteht nach den Arbeitsverträgen weder ein Anspruch auf Entschädigung für entstandene Schäden und/oder Folgeschäden noch ein Anspruch auf therapeutischen Beistand. Als Entlohnung erhalten sie durchschnittlich 90 Euro pro Tag. 2.5. Beschaffung Das Recht der Beschaffung ist in Art. 47 Abs. 3 NTS-ZA geregelt. Danach können ausländische Streitkräfte die von ihnen benötigten Lieferungen und Leistungen entweder unmittelbar beschaffen oder nach vorheriger Vereinbarung durch die zuständigen deutschen Behörden beschaffen lassen. Im letzteren Fall haben die Behörden der ausländischen Streitkräfte die deutschen Behörden über Gegenstand und Umfang des Auftrages, den Namen des Auftragnehmers und den vereinbarten Preis zu unterrichten, sofern es sich nicht um geringfügige Aufträge handelt. 3. Streitbeilegung 3.1. Zwischenstaatliche Auseinandersetzungen Art. 80 A NTS-ZA regelt, wie zwischen den Vertragsparteien entstehende Meinungsverschiedenheiten über Auslegung oder Anwendung des NTS-ZA beizulegen sind. Kraft einer Verweisung in Art. 11 VV 1993 folgt die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit der Durchführung der VV 1993 denselben Grundsätzen21. Zunächst sind Konsultationen auf der niedrigsten geeigneten Ebene durchzuführen. Zeitigt dies keinen Erfolg, sind höhere Militär- oder 20 Siehe Report Mainz, http://www.swr.de/report/presse/02-sittenwidrige-entlohnung-und-ausbeutung/- /id=1197424/did=11224890/nid=1197424/x4q39j/index.html; Oberpfalznet, http://www.oberpfalznetz.de/zeitung /3634649-100-vorwuerfe_gegen_dienstleister,1,0.html#top; Deutschlandfunk, http://www.deutschlandfunk .de/das-feature.1246.de.html (jeweils zuletzt abgerufen am 10. Dezember 2015). 21 Nach Art. 80 NTS-ZA können die Vertragsparteien auch besondere Beilegungsverfahren vereinbaren, die dann vorrangig sind. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 10 Zivilbehörden zu befassen. Bleibt auch das erfolglos, ist eine beratende Kommission zu bilden. Wird deren Empfehlung von keiner Seite fristgerecht angefochten, haben die Vertragsparteien diese umzusetzen. Erfolgt eine fristgerechte Anfechtung, wird die Angelegenheit zur umgehenden Beilegung der Meinungsverschiedenheit an diplomatische Kanäle verwiesen. Ergänzend sieht Art. 10 Abs. 2 VV 1993 vor, dass im Fall allgemeiner Verstöße gegen die Truppenübungsplatzbestimmungen in gemeinsamen Konsultationen festzulegen ist, wie weitere Verstöße ausgeschlossen werden können. 3.2. Individualrechtsschutz Gegen die Nutzung von Truppenübungsplätzen durch ausländische Streitkräfte können deutsche Gerichte keinen unmittelbaren Rechtsschutz gewähren. Denn es handelt sich dabei um hoheitliche Handlungen (acta iure imperii), 22 die nach dem – über Art. 25 GG in das Grundgesetz inkorporierten – völkerrechtlichen Grundsatz der Staatenimmunität der inländischen Gerichtsbarkeit entzogen sind. Grundsätzlich kann individueller Rechtsschutz gegen Grundrechtsbeeinträchtigungen oder sonstige Rechtsverletzungen, die von stationierten ausländischen Streitkräften ausgehen, daher nur dadurch erlangt werden, dass die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland veranlasst werden, die ihnen gegenüber den ausländischen Streitkräften zustehenden Befugnisse auszuüben. Kommen die innerstaatlichen Organe ihren grundrechtlichen Schutzpflichten nicht nach, kann dies zum Gegenstand eines Rechtsstreits vor deutschen Gerichten gemacht werden. Indes steht den staatlichen Organen in Bezug auf die Frage, wie zum Schutz des Einzelnen eingeschritten werden soll, in der Regel ein weites außenpolitisches und verteidigungspolitisches Ermessen zu,23 das erst dann als rechtswidrig zu qualifizieren ist, wenn sich das staatliche Unterlassen als offensichtlich willkürlich darstellt.24 Eine Besonderheit gilt für Beschaffungsverträge, die ausländische Streitkräfte unmittelbar mit den Leistungserbringern abschließen. Zwar stellen auch solche Verträge häufig acta iure imperii dar. Gleichwohl sind darauf bezogene Streitigkeiten gemäß Art. 44 Abs. 6 lit. a) NTS-ZA grundsätzlich 25 der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit unterworfen. Allerdings sieht die Vorschrift eine Prozessstandschaft durch die Bundesrepublik vor, d.h. die Klage aus dem Beschaffungsvertrag ist gegen den deutschen Staat zu richten, der den Rechtsstreit im eigenen Namen, aber im Interesse des Entsendestaates führt. Gemäß Art. 44 Abs. 6 lit. a) S. 2 i.V.m. Art. 44 Abs. 2, 4 und 5 NTS-ZA hat die Bundesrepublik die Prozessführung mit dem Entsendestaat abzustimmen. 22 Siehe Heitmann NJW 1989, 432, 437. 23 Siehe BVerfGE 55, 349; BVerfGE 68, 1; BVerfG, NJW 1988, NJW 1988, 1651, 1653. 24 Siehe Hessischer VGH, Beschluss vom 14. Juli 1988 – 11 TG 1736/85 –, juris Rn. 44 ff. 25 Anders liegt es auch unter Geltung des Art. 44 Abs. 6 lit. a) NTS-ZA dann, wenn die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 192/15 Seite 11 Gemäß Art. 44 Abs. 6 lit. b) NTS-ZA können vorrangige Sondervereinbarungen mit Entsendestaaten getroffen werden. Davon hat Deutschland im Verhältnis zu den USA Gebrauch gemacht.26 Gemäß Art. 56 Abs. 8 NTS-ZA unterliegen auch Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis und aus dem Sozialversicherungsverhältnis der deutschen Gerichtsbarkeit. Wie bei Streitigkeiten aus unmittelbaren Beschaffungsvorgängen ist die Klage eines Arbeitnehmers gegen die Bundesrepublik zu richten. Klagen für den Arbeitgeber müssen ebenfalls von der Bundesrepublik erhoben werden. Ergänzend bestimmt Art. 44 Abs. 1 NTS-ZA, dass die deutschen Behörden zur Beilegung von Streitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen, aus dem Betriebsvertretungsrecht und aus Sozialversicherungsverhältnissen ständig eng mit den Behörden der ausländischen Streitkräfte zusammenarbeiten . Die Einzelheiten für diese Zusammenarbeit werden in Verwaltungsabkommen festgelegt . Ende der Bearbeitung 26 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigen Staaten von Amerika über die Beilegung von Streitigkeiten bei Direktbeschaffungen vom 3 August 1959 (Bundesgesetzblatt 1961 II S. 1382), siehe dazu LG Heidelberg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - Aktenzeichen 5 O 93/08, BeckRS 2009, 04945, beckonline .