Zum Statuts der Åland-Inseln, der „Deutschsprachigen Gemeinschaft“ in Belgien sowie Südtirols - Ausarbeitung - © 2008 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000-184/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasserinnen: Zum Statuts der Åland-Inseln, der „Deutschsprachigen Gemeinschaft“ in Belgien sowie Südtirols Ausarbeitung WD 2 - 3000-184/07 Abschluss der Arbeit: 31. Januar 2008 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Inhalt 1. Åland-Inseln 4 1.1. Politische und historische Ausgangslage 4 1.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage 7 1.2.1. Institutionelles Gefüge 8 1.2.2. Kompetenzbefugnisse der Autonomie 10 1.2.3. Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene 10 1.2.4. Finanzierung der Autonomie 11 1.2.5. Sprache 12 1.2.6. Schulwesen 12 2. Deutsch-Belgien 13 2.1. Politische und historische Ausgangslage 13 2.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage 17 2.2.1. Institutionelles Gefüge 18 2.2.2. Kompetenzbefugnisse der Deutschsprachigen Gemeinschaft 19 2.2.3. Einbindung in den Föderalstaat und Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene 21 2.2.4. Finanzierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft 22 2.2.5. Sprache 22 3. Südtirol 25 3.1. Politische und historische Ausgangslage 25 3.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage 28 3.2.1. Institutionelles Gefüge 29 3.2.1.1. Landtag 29 3.2.1.2. Landesregierung 30 3.2.1.3. Landeshauptmann 31 3.2.2. Kompetenzen 31 3.2.3. Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene 32 3.2.4. Finanzbestimmungen zur Absicherung der Autonomie 33 3.2.5. Sprache 33 3.2.6. Beziehungen zur italienischen Sprachgruppe 34 3.2.7. Beziehungen zur Mutternation 34 4. Bestimmungen des Europarates und deren Beachtung 36 Literaturverzeichnis 44 - 4 - 1. Åland-Inseln 1.1. Politische und historische Ausgangslage Die Inselgruppe der Åland-Inseln, die in der nördlichen Ostsee zwischen Finnland und Schweden liegt, bildete bereits ab Mitte des 15. Jahrhunderts ein eigenes Verwaltungsgebiet .1 Bis zum Jahr 1809 gehörte es zu Schweden und in der Zeit von 1809 bis 1917 zum russischen Zarenreich. Im Zuge der Unabhängigkeit Finnlands beschlossen die Vertreter der åländischen Gemeinden im August 1917 auf eine Vereinigung mit Schweden hinzuwirken. Ende 1918 sprachen sich 92 % der schwedischen Bevölkerung der Åland-Inseln in einer Volksabstimmung ausdrücklich für den Anschluss an Schweden aus. Im Jahre 1920 wurde schließlich von Finnland das sog. Selbstverwaltungsgesetz für die Åland-Inseln erlassen , welches von den Åländern jedoch als unzureichend empfunden wurde.2 Als Finnland dennoch die Einverleibung der Inseln in den finnischen Staat verlangte, brachte Schweden den Fall mit Hilfe der britischen Regierung vor den Völkerbund. Das durch den Völkerbund eingesetzte internationale Expertenkomitee erkannte die schwedische Volksgruppe in seinem Bericht3 als Träger des Selbstbestimmungsrechts an, beurteilte das Selbstbestimmungsrecht der Inselbewohner unter Rücksichtnahme auf die Souveränität Finnlands jedoch nicht als völkerrechtlich verbindlichen Anspruch auf Abtrennung und Anschluss an einen anderen Staat.4 Die Åländer wurden darauf verwiesen, ihr Selbstbestimmungsrecht unterhalb der Schwelle des Sezessionsrechts in Form einer weitreichenden, ihren Bedürfnissen entsprechenden Autonomieregelung zu verwirklichen .5 Außerdem stellte der Völkerbund fest, dass der Status von Åland keine rein innere Angelegenheit Finnlands sei.6 Als der Völkerbund schließlich am 24. Juni 1921 Finnlands Hoheit über die Åland- Inseln anerkannte, geschah dies unter der Voraussetzung der Demilitarisierung der In- 1 Zu geschichtlichen und politischen Hintergründen der Ålandfrage siehe ausführlich Vortisch, S. 40 ff.; einen kurzen Überblick bieten Modeen, in: ZaöRV, S. 604 ff.; ders., in: Europa ethnica, S. 119 ff.; Hofmann, in: ZaöRV 52, S. 34; Reiterer, S. 88 ff.; Menzel, S. 214 und Baer, S. 276 f. 2 Vgl. dazu Castrén, S. 105. 3 Die deutsche Fassung des Berichts des Komitees vom 05.09.1920 ist abgedruckt bei Raschhofer, S. 37 ff. 4 Vgl. Stein/Buttlar, § 1 Rn. 664. 5 Vgl. Veiter, S. 144; Demaj, S. 173. 6 Vgl. Reiterer, S. 89 unter Hinweis auf Hannikainen, S. 614 ff. - 5 - seln sowie effektiver Garantien der finnischen Seite für die Beibehaltung der schwedischen Sprache als Volks- und Bildungs- sowie Amts- und Geschäftssprache.7 Letzteres schlug sich am 27. Juni 1921 in einer zwischen Finnland und Schweden getroffenen Vereinbarung nieder8, die bestimmte Garantien für die schwedische Minderheit enthielt und deren Einhaltung gem. Art. 7 durch den Völkerbund überwacht werden sollte.9 Die Autonomieregelung von 1920 sah bereits wichtige autonome Befugnisse im Bereich der Gesetzgebung und der Verwaltung vor: Einrichtung eines eigenen Parlaments, Ernennung der Exekutive durch das Parlament, Festsetzung bestimmter Steuern sowie die Befreiung vom finnischen Militärdienst durch einen Lotsen- und Leuchtturmdienst. In Erfüllung der Auflagen des Völkerbundes sowie der Vereinbarung von 1921 wurde am 11. August 1922 das sog. Garantiegesetz erlassen. Dieses sah u.a. Schwedisch als Unterrichtssprache an allen Volksschulen, Unterricht der finnischen Sprache nur mit Zustimmung der Gemeinde, ein Vorkaufsrecht für Personen mit sog. Heimatrecht bei Grundstückskäufen, den Erwerb des politischen Stimmrechts erst nach fünfjährigem Wohnsitz sowie die Ernennung des Landeshauptmanns nur mit Zustimmung des Landtages vor.10 Es sah zudem vor, dass der åländische Landtag im Falle einer Änderung des Gesetzes zu beteiligen sei; entsprechend der Vereinbarung vom 27. Juni 1921 wurden außerdem Garantien seitens des Völkerbundes vorgesehen.11 Die erste Änderung des Garantiegesetzes erfolgte am 1. September 1939 und hatte die Erschwerung des Grunderwerbs auf den Inseln für Nicht-Åländer zum Ziel.12 7 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 608; siehe dazu auch Baer, S. 276. Der Forderung des Völkerbundes nach Neutralisierung und Nichtbefestigung der Inseln wurde mit der Konvention vom 20.10.1921 entsprochen, vgl. dazu ausführlich Menzel, S. 22. 8 Vgl. Baer, S. 276. Die deutsche Fassung der Vereinbarung ist abgedruckt bei Vortisch, S. 192 f. Siehe dazu auch Hofmann, S. 19, der den Ausnahmecharakter dieser Minderheitenschutzregelung im Vergleich zu den anderen Vereinbarungen aus dieser Zeit unterstreicht – mit Ausnahme des finnischschwedischen Abkommens zu den Åland-Inseln, das auch heute noch in Kraft ist, seien alle anderen zur gleichen Zeit im Zusammenhang mit den Versailler Friedensverträgen zustande gekommenen Verträge und Akte rechtlich unbeachtlich. 9 Die Vereinbarung wurde von finnischer Seite stets konsequent eingehalten, so dass es zur Ausübung des Beschwerderechts seitens des åländischen Landtages nie gekommen ist, vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 610. 10 Vgl. Menzel, S. 24 f.; Veiter, S. 144. 11 Vgl. Castrén, S. 106 f., der die mittels Beteiligung des Völkerbundes eingeräumte internationale Garantie der Selbstverwaltung Ålands als sehr schwach und unbestimmt bezeichnet. 12 Das Gesetz ermächtigte die Landschaft, die Gemeinde oder einzelne Åländer mit Heimatrecht, das betreffende Grundstück zu erwerben, wenn der Käufer nicht mindestens fünf Jahre in Åland gewohnt hatte. - 6 - Nach dem neuen Selbstverwaltungsgesetz für die Åland-Inseln vom 28. Dezember 1951 wurde Ålands Autonomie weiter gestärkt – durch eine Einschränkung des Veto-Rechts des Präsidenten im åländischen Gesetzgebungsverfahren, eine Verstärkung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz, die rechtliche Hervorhebung des Insel- Heimatrechts gegenüber Neuansiedlern, die Rücktrittsverpflichtung des Landeshauptmanns bei einer Misstrauenserklärung des Landesparlaments sowie die Verpflichtung des Staates, bestimmte außerplanmäßige Ausgaben zu tragen. Das mehrfach geänderte Selbstverwaltungsgesetz wurde schließlich 1992 von einem neuen Gesetz abgelöst.13 Die Vereinten Nationen hatten die ursprünglichen Garantie- und Kontrollverpflichtungen des Völkerbundes hinsichtlich der Åland-Vereinbarung sowie der Minderheitenverträge nicht übernommen. Damit stellte sich die Frage nach dem weiteren Bestehen der völkerrechtlichen Absicherung der Autonomie. Die finnisch-schwedische Vereinbarung wurde nicht als ein regulärer bilateraler völkerrechtlicher Vertrag geschlossen, sondern dem Völkerbund unterbreitet, von diesem genehmigt und im Protokoll des Rates veröffentlicht. Beide Vertragsstaaten waren aus innenpolitischen Gründen der Ansicht, der Akt sei so zu deuten, dass er nur Verpflichtungen gegenüber dem Völkerbund enthält: Finnland verpflichtete sich, die Bestimmungen der Vereinbarung einzuhalten, während Schweden sich verpflichtete, die Hoheit Finnlands über die Inseln zu respektieren.14 Modeen15 sieht den Grund für diese Konstruktion darin, dass die finnische Regierung glaubte, der Reichstag würde die eingegangenen Verpflichtungen nur dann akzeptieren, wenn die Beschränkung der finnischen Hoheitsgewalt gegenüber einer überstaatlichen Organisation und nicht gegenüber der Streitpartei Schweden erfolgte. Gleichzeitig konnte sich Schweden gegenüber der schwedischen Öffentlichkeit auf den Druck des Völkerbundes als Grund für sein Nachgeben in der Åland-Frage berufen. Insgesamt sollte so eine künftige Versöhnung beider Staaten erleichtert werden. Damit bleibt jedoch die Frage nach der rechtlichen Bindungswirkung der Vereinbarung ungeklärt. In einer später vom schwedischen Botschafter an den finnischen Außenminister gerichteten Note erklärte Schweden, dass die Åland-Vereinbarung vom 27. Juni 13 Das Selbstverwaltungsgesetz in der aktuellen Fassung ist abgedruckt bei Reiterer, S. 167. 14 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 609. 15 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 610. - 7 - 1921 Finnland nicht nur gegenüber dem Völkerbund, sondern auch gegenüber Schweden binde.16 Die Vereinbarung habe somit einen bilateral bindenden Charakter, so dass die Nationalitätenschutzgarantien nach wie vor völkerrechtlich abgesichert seien. Eine eindeutige Stellungnahme der finnischen Seite wurde dazu nicht abgegeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vereinbarung in einem Gutachten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen über die Fortgeltung der Minderheitenschutzverpflichtungen als bilaterale und nach wie vor gültige Vereinbarung zwischen Finnland und Schweden qualifiziert.17 Modeen18 scheint die Bindungswirkung mit der Begründung bejahen zu wollen, dass die Vereinbarung im Wege der Verhandlungen zwischen vertragsbevollmächtigten Repräsentanten beider Staaten zustande gekommen ist, ohne dass diese durch den Völkerbund geändert worden wäre. Dagegen scheint Castrén19 der Auffassung zu sein, dass die internationale Garantie des Åland-Status durch den Völkerbund spätestens mit dessen Auflösung jede Bedeutung verloren habe. Im Fehlen internationaler Garantien sehen Teile der Bevölkerung Ålands offensichtlich bis heute eine Gefährdung der Autonomie und fordern daher nach wie vor eine internationale Garantie.20 Damit haben sich die åländischen Minderheitenschutzgarantien als sehr wirksam erwiesen : Finnland hat diese stets respektiert, so dass die Inseln ihren schwedischen Charakter behalten haben. Als wesentliche Bedingung für den Erfolg des Åland-Modells werden insbesondere die Demilitarisierung und Neutralisierung der Inseln einerseits und die friedliche Beilegung des Konflikts andererseits angeführt.21 Außerdem spielte nach Reiterer 22 die Vermittlung des Völkerbundes eine Rolle, die den Sezessionsbestrebungen erfolgreich entgegenwirkte. 1.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage Die Stellung der autonomen Provinz, welche Åland mit dem Autonomiegesetz vom 7. Mai 1920 und dem finnisch-schwedischen Abkommen vom 27. Juni 1921 erhalten hat- 16 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 611. 17 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 613; Study of the Legal Validity of the Undertakings Concerning Minorities , Memorandum by the Secretary-General, E/CN.4.367; 367 Add.1. 18 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 612. 19 Vgl. Castrén, S. 106, der lediglich die innerstaatliche Bindung Finnlands zur Aufrechterhaltung der Autonomie bejaht. 20 Vgl. Modeen, in: ZaöRV, S. 611; Baer, S. 278. Zu der Unabhängigkeitsbewegung auf Åland siehe Reiterer, S. 96 und Engman, S. 206 f. 21 Vgl. Reiterer, S. 93 und 97. 22 Vgl. Reiterer, S. 89 und 101. - 8 - te23, garantiert den auf diesen Inseln lebenden Schweden im Rahmen des finnischen Staatsverbandes Gesetzgebungs- und Verwaltungsautonomie – vor allem die Erhaltung ihrer Sprache und Kultur – und bietet einen wirksamen Schutz vor Überfremdung.24 Derzeit leben auf den Åland-Inseln auf 1.500 km² Fläche (etwa 1 % des finnischen Territoriums ) rund 26.000 Einwohner (etwa 0,5 % der finnischen Bevölkerung), die Schwedisch sprechen, kulturell schwedisch geprägt sind und die eigene Regionalstaatsbürgerschaft der Åland-Inseln besitzen25. Die finnische Minderheit auf Åland beträgt etwa 4,9 % der Bevölkerung der Inseln. Das Selbstverwaltungsrecht Ålands ist in der finnischen Verfassung verbürgt, die auf das Selbstverwaltungsgesetz verweist.26 Das Autonomiestatut der Åland-Inseln genießt innerstaatlich einen erhöhten Bestandsschutz, da es nur in einem qualifizierten Gesetzgebungsverfahren aufgehoben oder geändert werden kann, was zudem der Zustimmung des åländischen Parlamentes bedarf.27 1.2.1. Institutionelles Gefüge Die Organe der Ålandautonomie sind gem. Art. 3 des Selbstverwaltungsgesetzes der Landtag und die Provinzialregierung. Rechtsetzendes Organ ist der autonome Landtag – sog. Landesting. Seine 30 Abgeordneten werden gem. Art. 13 des Selbstverwaltungsgesetzes in allgemeiner, unmittelbarer, 23 Die Autonomie der Åland-Inseln ist eine territoriale, also unechte nationale Autonomie; da jedoch die Bevölkerung der Inseln fast ausnahmslos aus Schweden besteht, ist sie praktisch eine reine nationale Autonomie, dazu siehe Veiter, S. 144, der Åland als Beispiel dafür sieht, dass die personelle nationale Autonomie volkspolitisch nicht immer die beste Form nationaler Selbstverwaltung ist, sondern dass geopolitische Gegebenheiten unter Umständen die territoriale Autonomie als die einzig mögliche Lösung erscheinen lassen. 24 Vgl. Hobe/Kimminich, S. 113. 25 An die sog. Regionsstaatsbürgerschaft oder das sog. Heimatrecht ist in Åland grundsätzlich die Berechtigung zum Grunderwerb sowie zur Ausübung eines Gewerbes gebunden. Diese erwirbt man mit der Geburt, wenn ein Elternteil das Heimatrecht besitzt; Einwanderer erwerben die Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren; sie erlischt fünf Jahre nach Verlassen der Inseln. 26 Vgl. § 120 der Verfassung. Eine deutsche Übersetzung der finnischen Verfassung vom 11.06.1999 ist abrufbar unter: http://www.finlex.fi/en/laki/kaannokset/1999/de19990731.pdf (Stand: 31.01.2008). Das Selbstverwaltungsgesetz in englischer Übersetzung ist abgedruckt bei Reiterer, S. 167. 27 Ob man darüber hinaus einen völkerrechtlichen Schutz bejahen kann, hängt davon ab, ob die finnischschwedische Vereinbarung von 1921 als ein völkerrechtlicher Vertrag einzustufen ist, dazu siehe oben Abschnitt 2.1. - 9 - gleicher und geheimer Wahl auf vier Jahre gewählt.28 Wahlberechtigt sind nur Personen , welche die åländische Regionalstaatsbürgerschaft besitzen. Das Initiativrecht zum Erlass von Gesetzen haben die Provinzialregierung, die einzelnen Abgeordneten oder der finnische Präsident. Nicht unerhebliche Kontrollrechte seitens der zentralen Organe bestehen gem. Art. 19 des Selbstverwaltungsgesetzes im Hinblick auf die vom Parlament erlassenen Gesetze. Diese sind dem finnischen Staatspräsidenten vorzulegen, der nach Einholung eines Gutachtens beim Obersten Verwaltungsgericht innerhalb von vier Monaten das gänzliche oder teilweise Außerkrafttreten des Gesetzes verfügen oder gegen das Inkrafttreten sein Veto einlegen kann, wenn das Parlament seine Befugnisse überschreitet oder das Gesetz die innere oder äußere Sicherheit Finnlands gefährdet.29 Die Einsprüche gründen sich auf Gutachten der sog. Ålanddelegation 30, die mit je zwei Mitgliedern des Landtages und des finnischen Parlaments paritätisch besetzt ist, oder des Obersten Gerichtshofes. Mit Selbstverwaltungsangelegenheiten beschäftigen sich innerhalb des åländischen Parlaments der Gesetzesausschuss als einer der insgesamt vier Parlamentsausschüsse und die selbstverwaltungspolitische Kommission, die aus dem Parlamentspräsidenten und vier Abgeordneten besteht. Die in Åland bestehenden politischen Parteien sind organisatorisch von den im übrigen Finnland tätigen Parteien unabhängig.31 Zu den meisten finnischen Parteien gibt es allerdings gleichnamige Entsprechungen in Åland, die den finnischen Parteien ideologisch nahestehen. Das Vollzugsorgan der Autonomie ist die Provinzialregierung, die ebenso wie ihr Präsident vom Landtag gewählt wird und aus höchstens acht Mitgliedern besteht. Die öffentliche Verwaltung Ålands besteht aus einer zentralen Verwaltungsbehörde mit sechs Abteilungen . 28 Vgl. Veiter, S. 144. 29 Vgl. Baer, S. 278; Reiterer, S. 105. 30 Die sog. Ålanddelegation fungiert gem. Art. 5 des Selbstverwaltungsgesetzes als Verbindungsorgan zwischen der nationalen Regierung und der autonomen Provinz; ihre Pflichten sind in Art. 56 des Selbstverwaltungsgesetzes geregelt. 31 Das finnische Wahlgesetz kennt keine ausdrückliche Privilegierung von Minderheitenparteien, obwohl die Einteilung des Landes in derzeit 15 Wahlkreise, innerhalb derer die Verteilung der aus diesen zu entsendenden Abgeordneten nach dem Proporzsystem erfolgt, die parlamentarische Vertretung regional verankerter Parteien erleichtert. Daneben besteht ein semi-offizielles Repräsentativorgan – das Svenska Finlands Folkting – deren Mitglieder sich aus den Gemeindeparlamenten rekrutieren, welches zum größten Teil vom Staat finanziert wird; vgl. Hofmann, S. 90. - 10 - Innerhalb der Europäischen Union hat Åland gem. Protokoll Nr. 2 des Beitrittsvertrages einen speziellen Status in Bezug auf die Demilitarisierung bzw. Neutralität, das Heimatrecht sowie im Bereich des Steuerrechts.32 1.2.2. Kompetenzbefugnisse der Autonomie Die Legislativbefugnisse des Parlaments umfassen grundsätzlich alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich der zentralen Staatsgewalt vorbehalten sind.33 Die nationale Autonomie erstreckt sich gem. Art. 18 des Selbstverwaltungsgesetzes hauptsächlich auf Fragen der Kultur sowie des Schul- und Erziehungswesens. Daneben bestehen Befugnisse in den Bereichen Gesundheits- und Krankenwesen, Wirtschaftsförderung, öffentliche Sicherheit und Ordnung, Kommunalverwaltung und Polizeiwesen, Landwirtschaft, Straßenbau und Verkehrswesen, sowie Handelsschifffahrt mit dem Recht zum Führen der åländischen Flagge, Post- und Radiowesen, weite Bereiche des Sozialrechts sowie die Errichtung eines eigenen Verwaltungsgerichts.34 Über eine eigene Befugnis zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge verfügen die Åland-Inseln nicht. Den Organen stehen aber Informations- und Teilnahmerechte im Hinblick auf Vertragsverhandlungen über Materien zu, die in die Zuständigkeit der Inseln fallen. Ferner treten solche Bestimmungen der völkerrechtlichen Verträge, die in die Gesetzgebungskompetenz des Parlaments fallen, für das Gebiet der Åland-Inseln erst in Kraft, wenn diese das entsprechende finnische Zustimmungsgesetz gebilligt hat.35 1.2.3. Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene Bei den Wahlen zum finnischen Parlament bildet Åland nach § 25 der finnischen Verfassung einen eigenen Wahlkreis, sodass der autonomen Inselgruppe unabhängig von der Bevölkerungszahl einer der 200 Sitze im Parlament zusteht. Die gesamtstaatliche 32 Zum Verhältnis der Åland-Inseln zur Europäischen Union siehe Reiterer, S. 96 ff. 33 Der zentralen Staatsgewalt unterliegen u.a. die auswärtige Politik, die Justiz, das Militärwesen, die Staatssicherheit, die staatliche Finanzverwaltung, die Verwaltung der nichtlokalen Verkehrsmittel, die Gesundheitspflege, das Passwesen, das Strafrecht, das bürgerliche Recht, das Gerichtswesen, das Zoll- und Münzwesen, vgl. Veiter, S. 144. 34 Vgl. Hofmann, in: ZaöRV 52, S. 39; Baer, S. 277. 35 So musste der Beitritt Finnlands zur Europäischen Union – 1995 gemeinsam mit Schweden und Österreich – auch vom åländischen Parlament genehmigt werden. - 11 - Vertretung der Åland-Inseln ist damit gesichert.36 Darüber hinaus sind sie mit zwei Abgeordneten des Parlaments im Nordischen Rat vertreten.37 Als oberstes Organ der zentralstaatlichen Verwaltung in Åland fungiert der Landeshauptmann , dessen Aufgabe der sich aus der völkerrechtlichen Verpflichtung Schwedens ergebende und verfassungsrechtlich garantierte Schutz der Zentralgewalt vor Überschreitungen der Kompetenzen durch die autonome Regierung ist. Der Landeshauptmann ist von der autonomen Gewalt unabhängig und gilt damit als Kontrollorgan der Staatsgewalt.38 Er wird vom finnischen Präsidenten ernannt, kann jedoch nur im Einvernehmen mit dem Präsidenten des åländischen Landtages oder – sollte ein Einvernehmen nicht erzielt werden können – als einer der fünf vom Landtag vorgeschlagenen Kandidaten ausgewählt werden. So beschränke sich nach Veiter39 die Teilnahme Ålands an der Zentralgewalt nicht nur auf die Ermächtigung zur selbstständigen Besorgung staatlicher Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis, sondern beinhalte darüber hinaus auch eine institutionelle Teilnahme an der gesamtstaatlichen Verwaltung selbst. 1.2.4. Finanzierung der Autonomie Die Åland-Inseln besitzen keine eigene Finanzhoheit, sondern erhalten aus dem finnischen Haushalt gem. Art. 45 und 47 des Selbstverwaltungsgesetzes eine Ausgleichszahlung in Höhe von 0,45 % des finnischen Staatsbudgets, die dann im eigenverantwortlich erstellten Haushalt verwendet wird. Hinzu kommt eine Kompensationszahlung, wenn das Aufkommen der Einkommens- und Vermögenssteuer in Åland 0,5 % des Gesamtbetrages in Finnland übersteigt. Damit besteht eine gewisse Abhängigkeit von der gesamtstaatlichen Wirtschaftslage.40 36 Vgl. Baer, S. 277; unabhängig von der Parteizugehörigkeit schließt sich der Vertreter Ålands im Parlament Finnlands regelmäßig der Fraktion der Schwedischen Volkspartei an. 37 Am 05.09.2007 wurde die gleichwertige Mitgliedschaft Ålands im Nordischen Rat beschlossen. 38 Vgl. Veiter, S. 146. 39 Vgl. Veiter, S. 145. 40 Vgl. Baer, S. 278. Ursprünglich bestand jedoch eine weitergehende Finanzautonomie, wonach 50 % der Grundsteuer sowie die Erträge aus der Einkommen-, Erwerbs- und der Luxussteuer der autonomen Verwaltung bestimmt waren sowie eine Steuererhebungsbefugnis bezüglich weiterer Steuern gegeben war, vgl. Veiter, S. 146 f. - 12 - 1.2.5. Sprache Gem. Art. 17 der Verfassung sind Finnisch und Schwedisch gleichermaßen Amtssprachen .41 In Åland ist gem. Art. 36 des Selbstverwaltungsgesetzes Schwedisch die alleinige Amtssprache. Der finnischen Minderheit auf Åland wird das Recht zum Gebrauch der Muttersprache gem. Art. 37 des Selbstverwaltungsgesetzes gewährt. Art. 17 der Verfassung gewährt außerdem weitgehende kulturelle Freiheit für die schwedische Volksgruppe auf dem gesamten Staatsgebiet.42 1.2.6. Schulwesen Die alleinige Unterrichtssprache auf den Åland-Inseln ist Schwedisch.43 Ohne die Einwilligung der beteiligten Gemeinde darf Finnland die finnische Sprache in den Schulen der Inseln nicht einführen.44 41 Deshalb existieren zahlreiche Bestimmungen auf zentralstaatlicher Ebene, die den Gebrauch der schwedischen Sprache in Finnland regeln: alle Gesetze, Verordnungen, Gesetzesentwürfe und parlamentarische Drucksachen sind zweisprachig im finnischen Gesetzblatt zu veröffentlichen, Art. 79 der Verfassung, im Parlament und seinen Ausschüssen können beide Sprachen gleichberechtigt benutzt werden, Art. 51 der Verfassung, bei der Ziehung der Grenzen von Verwaltungseinheiten ist Rücksicht auf die gesprochenen Sprachen zu nehmen ist, zudem existieren zahlreiche Regelungen zum Gebrauch der Sprache in Verfahren vor Gerichten und im öffentlichen Dienst, vgl. dazu ausführlich Hofmann, in: ZaöRV 52, S. 34. 42 Die Förderung der kulturellen Identität wird in Finnland im gleichen Maße wie die der finnischen gewährleistet . Als Beispiel dafür ist die Existenz einer großen überregionalen schwedischsprachigen Zeitung, eines schwedischsprachigen Radiokanals und täglicher Fernsehprogramme in Schwedisch zu nennen, vgl. Hofmann, S. 89. 43 Die Unterrichtssprache richtet sich in Finnland grundsätzlich nach der Muttersprache; eigene Grundschulen für der jeweiligen Minderheit zugehörende Schüler sind in Gemeinden einzurichten, wenn deren Zahl mindestens 13 beträgt. Die Errichtung und Beaufsichtigung von Minderheitenschulen wird landesweit gewährleistet. Finnlands größte Universität in Helsinki ist zweisprachig. 44 Vgl. Veiter, S. 145. - 13 - 2. Deutsch-Belgien 2.1. Politische und historische Ausgangslage Das deutschsprachige Gebiet im Osten Belgiens war von häufigen Machtwechseln in Europa und immerwährenden Veränderungen des staatlichen Gefüges Belgiens geprägt .45 Bis 1794 war es Bestandteil der österreichischen Niederlande, gehörte unter Napoleon zu Frankreich, wurde schließlich nach der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1814/15 größtenteils Bestandteil der Rheinprovinz des Königreichs Preußen und damit dem Deutschen Bund und später dem Deutschen Reich zugehörig. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Region um Eupen, Malmedy und St. Vith an das im Jahre 1831 gegründete Königreich Belgien angegliedert.46 Belgien rechtfertigte dies zum einen kompensatorisch – als Wiedergutmachung für durch Deutschland verursachte Kriegsschäden –, zum anderen historisch, da die ostbelgischen Gebiete ursprünglich größtenteils Bestandteil der österreichischen Niederlande gewesen seien, als dessen Rechtsnachfolger sich Belgien verstand. Aus belgischer Sicht handelte es sich also nicht um eine Annexion, sondern vielmehr um eine Art Wiedereingliederung .47 Schließlich wurde diese Angliederung im Jahre 1920 vom Völkerbund bestätigt. Mit Hilfe einer Reihe von deutsch-belgischen Zusatzabkommen48 wurde versucht, die Grenzziehung zu regeln, was jedoch nicht abschließend gelang. Nach dem Einmarsch der Deutschen kam es 1940 zur „Rückangliederung“ dieser Gebiete an das Deutsche Reich. Nach der Befreiung Belgiens im September 1944 erfolgte die erneute Angliederung an das Königreich.49 Eine endgültige Regelung der deutschbelgischen Grenzfrage gelang jedoch erst mit dem zwischen dem Königreich Belgien 45 Zur geschichtlichen Entwicklung Belgiens und insbesondere der Ostkantone siehe Alen, S. 14 ff.; ders., in: ZaöRV, S. 502 ff.; Berge/Grasse, S. 168 ff; einen Überblick über die Geschichte der Deutschsprachigen Gemeinschaft bietet ihre Homepage: http://www.dglive.be/desktopdefault.aspx/tabid-92/ (Stand: 31.01.2008). 46 Eine Ausnahme bildete über die gesamte Phase von 1815 bis 1919 hinweg die heutige deutschsprachige Ortschaft Kelmis, die auf dem Wiener Kongress wegen ihrer umfangreichen Zinkvorkommen zwischen den Großmächten umstritten war und zunächst unter preußisch-niederländischer, ab 1830 unter preußisch-belgischer Doppelverwaltung stand. 47 So Berge/Grasse, S. 170. 48 Abkommen vom 6. November 1922, vom 7. November 1929 und vom 10. Mai 1935. 49 In Bezug auf den Minderheitenschutz sind keine Vereinbarungen erfolgt, vgl. hierzu auch Hofmann, S. 19, der ausführt, dass nach dem Zweiten Weltkrieg kaum Minderheitenschutzverträge geschlossen wurden. Als alleinige Ausnahme führt er den Friedensvertrag mit Italien an, dem das Gruber/de Gasperi -Abkommen zu Südtirol vom 05.09.1946 beigefügt wurde, siehe hierzu Abschnitt 4. - 14 - und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Vertrag vom 24. September 195650, der im belgischen wie im deutschen Parlament ohne Gegenstimmen ratifiziert wurde und am 12. August 1958 in Kraft trat. Danach wurden die nach dem zweiten Weltkrieg dem Königreich Belgien zur Verwaltung übertragenen Gebiete im Wesentlichen an die Bundesrepublik zurückgegeben. Im Zuge der Grenzziehung wurden auf beiden Seiten kleinere Berichtigungen vorgenommen und die mit der Grenzziehung zusammenhängenden sonstigen Fragen geregelt.51 Im Rahmen der Aufteilung Belgiens in vier Sprachgebiete in den Jahren 1962/63 erfolgte schließlich erstmals die Anerkennung eines deutschen Sprachgebiets. Im Zuge der Staatsreform 1968-1971 wurde anschließend die „Deutsche Kulturgemeinschaft“ geschaffen . Der im Jahre 1973 eingesetzte „Rat der Deutschen Kulturgemeinschaft“ hatte zunächst lediglich beratende und verordnende Funktion; ihm fehlte insbesondere ein ausführendes Organ. Im Laufe der nächsten zwanzig Jahre entwickelte sich die kulturelle Autonomie auf einem beträchtlichen Niveau. Mit der Umwandlung der „Deutschen Kulturgemeinschaft “ in die „Deutschsprachige Gemeinschaft“ im Zuge der Staatsreform 1980-1983 kam es auf der Basis des Ausführungsgesetzes vom 31. Dezember 1983 zur Ausdehnung der Befugnisse und der Aufwertung der Institutionen der Gemeinschaft. Der „Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft“ erhielt im Jahre 1980 erstmals einige legislative Befugnisse; später wurde sein Kompetenzbereich auf nichtkulturelle Angelegenheiten – wie Sozialpolitik, sog. personenbezogene Angelegenheiten sowie Unterrichtswesen – erweitert. Die heutige Ausgestaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist letztlich auf den immerwährenden Antagonismus der beiden großen Sprachgemeinschaften in Belgien – den Wallonen und den Flamen – zurückzuführen. Die bereits im Jahre 1898 aufgrund einer umfassenden Unterschriftensammlung eingereichte Petition zur Anerkennung des Deutschen als Amtssprache war vom belgischen Parlament verworfen worden.52 In den zwanziger und dreißiger Jahren war es außerdem zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Pro-Belgiern und Pro-Deutschen gekom- 50 BGBl 1958 II S. 262. 51 Vgl. Ophüls, S. 170. 52 Vgl. Alen, S. 9. - 15 - men, welche zunehmend von nationalsozialistischen Kräften verstärkt instrumentalisiert wurden und das gesamte kulturelle, politische und wirtschaftliche Leben in den Ostkantonen überschatteten.53 Ende der 1950er Jahre häuften sich erneut Stimmen, die eine stärkere Berücksichtigung der kulturellen und sprachlichen Belange der deutschsprachigen Minderheit forderten. Dennoch blieben diese bis in die 1960er Jahre ungehört und die Bemühungen der Deutschsprachigen um die Anerkennung ihrer Eigenständigkeit weitgehend erfolglos. Erst der zunehmende Streit zwischen Wallonen und Flamen und die daraus resultierende Verabschiedung der Sprachgesetze, die 1970 in die erste große Staatsreform einflossen , führte schließlich zur Verfestigung des Status der heutigen Deutschsprachigen Gemeinschaft .54 So wurde die Deutschsprachige Gemeinschaft nach Berge/Grasse55 zum „heimlichen Gewinner des Streits zwischen den Wallonen und Flamen um mehr Autonomie und Umgestaltung des Landes“. Die mit der Staatsreform einhergehende Gemeinschaftsbildung entsprach dabei der Forderung der flämischen Bewegung, die stets für eine vollwertige Anerkennung und Entfaltung der eigenen Sprache und der eigenen Kultur eingetreten ist, während die Bildung der Regionen eher dem Bestreben des frankophonen Teils entsprach.56 So wurde die Reform einerseits durch die ständige Angst der Französischsprachigen bewirkt, durch das demographische Übergewicht der Flamen in die Minderheit zu geraten, und andererseits durch die flämische Erfahrung, dass die Mehrheit auf nationaler Ebene in einem zweiteiligen Staatsverbund nicht immer zum Tragen kommen kann.57 Dies führte 1970 zu einem Kompromiss zwischen einerseits der flämischen Mehrheit, die auf nationaler Ebene gewissermaßen im Tausch für die Autonomie als Mittel zur kulturellen und gesellschaftlichen Entfaltung neutralisiert wurde, und andererseits einer französischsprachigen Minderheit, die sich aus einer historisch gefestigten Position heraus eine 53 Vgl. Berge/Grasse, S. 170. 54 Vgl. Berge/Grasse, S. 171. Der Streit führte schließlich dazu, dass der belgische Premierminister in seiner Mitteilung an das Parlament im Jahre 1970 die historischen Worte sprach: „Der Einheitsstaat mit seinen Strukturen und seiner Arbeitsweise, ist durch die Ereignisse überholt.“, siehe dazu Alen, in: ZaöRV, S. 516. 55 So Berge/Grasse, S. 167. 56 Vgl. Alen, in: ZaöRV, S. 516 f. 57 So Alen, S. 32. - 16 - garantierte Teilnahme an der nationalen Machtausübung sicherte und eine wirtschaftliche Autonomie durchsetzte.58 Auch Henkes59 nennt als einen der wichtigsten Faktoren auf dem Weg zur Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Differenzen zwischen der flämischen Volksgruppe im Norden Belgiens und der wallonisch-französischen Volksgruppe im Süden. Diese Differenzen kamen nicht nur im Sprachenstreit, sondern in essentiellen staatspolitischen Fragen zum Ausdruck und machten eine Föderalisierung Belgiens, das bis 1970 zentralistisch verwaltet wurde, unausweichlich. Zum anderen seien nach Henkes die sprachliche Homogenität und eine starke Autonomiebewegung innerhalb der deutschsprachigen Volksgruppe entscheidend gewesen. Die Autonomiebewegung organisierte sich Ende der 60er Jahre als Christlich-Unabhängige Wählerunion und gründete im Jahre 1971 die Partei der deutschsprachigen Belgier, die u.a. die Schaffung eines eigenen Wahlbezirks sowie institutionelle Reformen bzw. autonome Institutionen für das deutsche Sprachgebiet forderte. Jenniges60 führt das Prinzip der „sprachlichen Territorialität“ im deutschsprachigen Gebiet Belgiens als die Grundlage der Kulturautonomie an. Auch er sieht in der kulturellen Autonomie das Ergebnis der innerbelgischen Umwandlung, mit der Folge, dass sich die deutsche Minderheit die Position, die sie heute im belgischen Staatsverband einnimmt, nicht mit eigener Kraft erkämpft hat.61 So seien nach seiner Auffassung die Marschroute und die Ausgestaltung der kulturellen Autonomie den Deutschsprachigen durch die Kräfte vorgezeichnet worden, die den Umbau des Zentralstaates erzwungen haben. Heute vertritt man überwiegend, dass die Autonomie der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Versöhnung ihrer deutschsprachigen Bürger mit dem belgischen Staat beigetragen hat.62 Die Regierung der Gemeinschaft unter Ministerpräsident Lambertz hatte 58 Vgl. Alen, ebd. 59 So Henkes, S. 78. 60 So Jenniges, S. 126. 61 So Jenniges, S. 130 unter Hinweis auf seinen Aufsatz: Jenniges, in: Literatur-Spiegel. 62 Vgl. Henkes, S. 85; siehe auch Berge/Grasse, S. 166, der ausführt, dass die Identifikation mit dem Königreich tatsächlich nirgends höher sei: 90 % der Deutschsprachigen sprachen sich im Rahmen einer Meinungsumfrage für ihr Königreich und ihren Föderalstaat aus. Zur „Geisteshaltung“ der deutschsprachigen Belgier sagte Joseph Maraite – Politiker der deutschsprachigen Christlich-Sozialen Partei und ehemaliger Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft – im Jahre 1996 in einem Interview: „Wir sind deutschsprachige Belgier. … Wir bekennen uns zu Belgien und denken gleichwohl europäisch.“; siehe dazu auch Kuhn, S. 47 ff., die u.a. den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Karl-Heinz Lambertz zitiert: „Wir sind überzeugte Belgier und wollen es bleiben.“ - 17 - sich zwar die Übertragung weiterer Kompetenzen der Region und des Föderalstaates zum Ziel gesetzt63 und führte damit die bereits von der Vorgängerregierung verfolgte Zielrichtung fort, erhebt jedoch nicht die Forderung nach einer eigenen Region.64 Sie begegnet jedoch insoweit der kritischen Haltung auf Seiten der Wallonen, die neuerdings eine Abspaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu ihren Lasten befürchten und den Deutschsprachigen daher nicht selten mit Vorbehalten begegnen.65 Jedenfalls scheinen heute die Zeiten, in denen die Deutschsprachige Gemeinschaft automatisch von neuen Etappen der Staatsreform profitiert hat, vorbei zu sein.66 2.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage Die Deutschsprachige Gemeinschaft67 ist heute ein 854 km² großer Gebietsstreifen entlang der deutsch-belgischen Grenze, wo etwa 70.000 Einwohner und damit 0,7 % der belgischen Bevölkerung leben.68 Lediglich in einigen Gemeinden lebt eine französische Minderheit, die etwa 5-10 % der ortsansässigen Bevölkerung ausmacht. Gem. Art. 3bis der belgischen Verfassung69 ist die Deutschsprachige Gemeinschaft eines der verfassungsrechtlich anerkannten belgischen Sprachgebiete. Zwar ist ihr gem. Art. 3ter der Verfassung im Gegensatz zu anderen Gemeinschaften keine eigene Region zugewiesen; sie gehört vielmehr der „Wallonischen Gemeinschaft“ an. Allerdings verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft über territoriale Integrität und einen geschützten homogenen Siedlungsraum.70 Es handelt sich somit um die einer Volksgruppe gewährte Autonomie für bestimmte – für sie besonders wichtige Bereiche – ohne dass eine 63 Dies sollte insbesondere für die Bereiche Raumordnung, Wohnungswesen, Landwirtschaft und Straßenbau geschehen. 64 Vgl. Berge/Grasse, S. 184. 65 Vgl. Berge/Grasse, S. 185. 66 So auch Berge/Grasse, S. 192, die als wesentliche Beispiele für die Vorteile der Deutschsprachigen Gemeinschaft aus der Staatsreform die Übertragung der Kommunalaufsicht auf die Wallonische Region sowie Defizite bei der Vertretung in der föderalen Kammer und im Senat anführt. 67 Die folgenden Ausführungen beziehen sich im Wesentlichen auf die Deutschsprachige Gemeinschaft. Unter Ostbelgien (in Belgien auch „ die Ostkantone“ genannt) versteht man dagegen das Gebiet der Deutschsprachigen Gemeinschaft und die Region Malmedy/Waimes, die der wallonischen (französischsprachigen ) Gemeinschaft angehören, so Berge/Grasse, S. 169. Die neun Gemeinden der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind: Kelmis, Lontzen, Raeren und Eupen im Nordosten Belgiens sowie Bütgenbach, Büllingen, Amel, Burg-Reuland und St. Vith im Südosten des Landes. 68 Vgl. Henkes, S. 77. Zu genauen Zahlen der deutschsprachigen Einwohner siehe die Ausführungen von Berge/Grasse, S. 165, Fn. 205. 69 Die einschlägigen Artikel der belgischen Verfassung sind abgedruckt bei Henkes, S. 91. 70 So Jenniges, S. 130. - 18 - territoriale Gebietskörperschaft wie bei den anderen Mehrheitsvölkern geschaffen wurde .71 Die territoriale Integrität ist gem. Art. 3ter der Verfassung durch die für die Änderung der Grenzen der vier Gebiete vorgesehene besondere Mehrheitsklausel abgesichert : erforderlich ist eine absolute Mehrheit in jeder Sprachgruppe sowie eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit. 2.2.1. Institutionelles Gefüge Die Deutschsprachige Gemeinschaft verfügt im föderalisierten belgischen Staat über ein institutionelles Gefüge, das nach Henkes72 dem einer „parlamentarischen Demokratie im Miniformat“ entspricht. Gem. Art. 59ter der belgischen Verfassung und dem Ausführungsgesetz vom 31. Dezember 198373 über Institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft verfügt der Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft über Legislativkompetenzen. Der Rat setzt sich aus 25 Mitgliedern zusammen, die auf fünf Jahre (seit 1999 parallel zur Europawahl) direkt von der Bevölkerung gewählt werden.74 Er übernimmt die Rolle der gesetzgebenden Gewalt in allen Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Deutschsprachigen Gemeinschaft fallen. Die Gesetze, die der Rat in seinen Vollversammlungen bzw. Plenarsitzungen verabschiedet , werden in Abgrenzung zu den Gesetzen des Föderalstaates Dekrete genannt, haben innerhalb der neun Gemeinden der Deutschsprachigen Gemeinschaft Gesetzescharakter und werden – in Analogie zu den Dekreten der übrigen beiden Gemeinschaften – im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht.75 Die Initiativbefugnis für ein Dekret liegt bei den Ratsmitgliedern und der Regierung. Die Zusammensetzung der den Erlass der Dekrete vorbereitenden Ausschüsse spiegelt die politischen Machtverhältnisse im Rat wider. Den Sitzungen des Rates wohnen von Rechts wegen u.a. der zuständige Europaparlamentarier , die Mitglieder des Wallonischen Regionalrats (ggf. auch die Mitglieder der Abgeordnetenkammer) sowie Provinzialräte mit Wohnsitz im deutschen 71 Vgl. Hofmann, in: ZaöRV 52, S. 30. 72 So Henkes, S. 78. 73 Das Gesetz ist abgedruckt bei Ritter, S. 246. 74 Zur politischen Parteienlandschaft der Deutschsprachigen Gemeinschaft siehe ausführlich Berge /Grasse, S. 176 f. - 19 - Sprachgebiet, die ihren Eid auf die Verfassung ausschließlich oder an erster Stelle in deutscher Sprache abgelegt haben, mit beratender Stimme bei. Dem Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft kommt außerdem die Aufgabe zu, aus seinen Reihen einen Gemeinschaftssenator zu bestimmen, der die Interessen der Deutschsprachigen Gemeinschaft im föderalen Senat in Brüssel vertritt. Die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft besteht derzeit aus vier Mitgliedern , die vom Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft gewählt werden, ihm gegenüber verantwortlich sind und dem Rat selbst nicht angehören dürfen. Die Regierung führt die tägliche Politik, trifft alle notwendigen Einzelentscheidungen und verabschiedet in Anwendung oder Ausführung der Dekrete des Rates Erlasse (Ausführungsbestimmungen). Der Rat übt die Kontrolle über die Regierung aus und verfügt über die Möglichkeit eines konstruktiven Misstrauensvotums dieser gegenüber. Das sog. „Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft“ hat derzeit etwa 160 Mitarbeiter . Im Ministerium werden für den jeweiligen Fachbereich Beschlüsse der Regierung vorbereitet, die Haushaltsvorlagen verwaltungstechnisch erarbeitet und der Stand der Mittel für jeden Einnahmen- und Ausgabenposten überwacht.76 Institutionell ist das Ministerium ein Element der Kontinuität und Stabilität, da es keine politische Arbeit, sondern nur administrative Sacharbeit auf der Grundlage der bestehenden Dekrete und Entscheidungen zu verrichten hat.77 2.2.2. Kompetenzbefugnisse der Deutschsprachigen Gemeinschaft Die Kompetenzbefugnisse des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft sind in Art. 59ter der Verfassung und dem Gesetz vom 31. Dezember 1983 über Institutionelle Reformen geregelt.78 Es bestehen weitgehende Kompetenzen in den Bereichen Bildung (Art. 4 der Verfassung), Kultur (Art. 5) und der sog. personenbezogenen Angelegenheiten (Art. 6). Letztere umfassen die Bereiche Gesundheit, Familie, Soziales und damit insbesondere den Familien- und Seniorenhilfsdienst, die Integration von Einwanderern, 75 Vgl. Berge/Grasse, S. 173. Nach Henkes, S. 80 sei der Rat damit zu einer echten parlamentarischen Einrichtung erstarkt. 76 Außerdem unterstehen dem Ministerium folgende Sonderdienste: Jugendhilfedienst, Dienst für Kind und Familie, eine Materialausleihe und das Medienzentrum. 77 So Berge/Grasse, S. 179. 78 Zur genauen Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Zentralstaat siehe Henkes, S. 93 ff. - 20 - die Behindertenpolitik, nicht dagegen das gesamte Netz der sozialen Sicherheit und die Grundgesetzgebung im Krankenhauswesen. Der Bereich der Bildung umfasst die Grundzüge des Schulwesens, nicht jedoch Beginn und Ende der Schulpflicht und die Pensionsregelungen für Lehrer; auf den Bildungsbereich entfallen ca. zwei Drittel der Gesamtausgaben in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Die tatsächlich größte Eigenständigkeit hat die Deutschsprachige Gemeinschaft im kulturellen Bereich79. Für diese Zuständigkeitsbereiche verfügt der Rat auch über die Befugnis zur zwischenstaatlichen und internationalen Zusammenarbeit sowie die Vertragsabschlusskompetenz. Art. 139 und 140 der belgischen Verfassung erlauben es für die Zukunft, die Deutschsprachige Gemeinschaft mit weiteren Kompetenzbefugnissen auszustatten, die von der Wallonischen Region oder vom Nationalstaat übertragen werden können. Dies ist bisher für den wichtigen Bereich der Beschäftigungspolitik und der Ausübung der Kommunalbzw . Verwaltungsaufsicht sowie den Denkmalschutz bereits erfolgt.80 Andererseits verfügt die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht über Autonomie in wirtschaftlichen Angelegenheiten.81 Damit fallen die allgemeine Wirtschafts- und Energiepolitik , die Wirtschaftsplanung und -förderung sowie die Statistik nicht in den Zuständigkeitsbereich der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Die Wirtschaftsvertretung der Region erfolgt lediglich durch Interessenverbände wie die Industrie- und Handelskammer Eupen, den Wirtschaftsausschuss Ostbelgiens oder die Mittelstandvereinigung Ostbelgiens .82 Allerdings ist gewisse Mitwirkung auf Gebieten wie Tourismus oder Umweltschutz möglich.83 Zu erwähnen ist außerdem, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft aufgrund ihrer Stellung als autonome Körperschaft über die Zugriffsmöglichkeit auf die Mittel der EU verfügt.84 79 So Henkes, S. 81. 80 Vgl. Berge/Grasse, S. 172. Die Kommunalaufsicht obliegt in Belgien grundsätzlich der Region; davon abweichend wurde sie in der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom Föderalstaat ausgeübt; seit 2001 liegt sie nunmehr in der Hand der Deutschsprachigen Gemeinschaft. 81 Vgl. Henkes, S. 84. 82 Vgl. Bernrath, S. 121 f. 83 So Berge/Grasse, S. 184. 84 So Henkes, S. 86. - 21 - 2.2.3. Einbindung in den Föderalstaat und Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene Es steht nach Berge/Grasse85 zwar außer Frage, dass die kleine Minderheit der deutschsprachigen Belgier auf vorbildliche Wiese in den belgischen föderalen Staat eingebunden wurde.86 Allerdings sieht Jenniges87 ein Defizit vor allem darin, dass die numerisch geringe Größe der Deutschsprachigen Gemeinschaft notwendigerweise zu einem Abhängigkeitsverhältnis von der wallonischen Regionalverwaltung führe, was letztlich nicht ohne Folgen und kulturelle Einbußen bleiben könne. Auch Berge/Grasse88 führen aus, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft stark vom „guten Willen“ der beiden großen Sprachgruppen im belgischen Staat, vor allem von den Wallonen abhängig ist und die Entwicklungen eher als Zaungast denn als mitbestimmender Partner verfolgen kann. Insbesondere wird bemängelt, dass den Deutschsprachigen nur die kulturelle Autonomie , nicht aber die wirtschaftliche Eigenständigkeit eingeräumt wurde.89 Zu den Wahlen zum Wallonischen Regionalrat und zum nationalen Parlament (Abgeordnetenkammer ) existiert für die Deutschsprachige Gemeinschaft kein eigener Wahlkreis .90 Jenniges91 kritisiert deshalb die politische Einbindung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in den wallonischen (frankophon dominierten) Teil Belgiens. Auf zentralstaatlicher Ebene werden dagegen die Interessen der Deutschsprachigen Gemeinschaft durch den Gemeinschaftssenator aus den Reihen des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft vertreten.92 Sein Einfluss in Brüssel ist allerdings bei einer 85 So Berge/Grasse, S. 189. 86 Zum Schutz der Deutschsprachigen Gemeinschaft vor Diskriminierung aus ideologischen und philosophischen Gründen auf staatlicher Ebene mittels der sog. „ideologischen Alarmglockenprozedur“ siehe Alen, in: ZaöRV, S. 511. 87 Vgl. Jenniges, S. 132. 88 So Berge/Grasse, S. 189. 89 Ebd., es wird allerdings auch betont, dass der mit einer evtl. Gleichstellung der Gemeinschaften für die Deutschsprachige Gemeinschaft einhergehende Verwaltungs- und Finanzaufwand mit ihrer geringen Einwohnerzahl wohl weder sinnvoll noch praktikabel wäre. 90 Dies hat zur Folge, dass es keinerlei Garantien für die Repräsentation der Deutschsprachigen im Wallonischen Regionalrat, dem Wallonischen Parlament in Namur, und der föderalen Abgeordnetenkammer in Brüssel gibt. Für deutschsprachige Wahlkandidaten bleibt lediglich die Alternative der Wahlallianzen mit ihren wallonischen Schwesterparteien, dazu siehe Berge/Grasse, S. 190. 91 Vgl. Jenniges, S. 133. 92 Zu seinem Einfluss siehe Abschnitt 3.2.1. - 22 - Gesamtzahl von 71 Senatoren gering und eher als symbolisch zu betrachten.93 Alen94 konstatiert daher auch, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft nicht wirklich in der Lage sei, ihre Interessen in den gesetzgebenden Kammern zu verteidigen. Außerdem stellt die Deutschsprachige Gemeinschaft seit 1994 einen eigenen Wahlkreis für die Wahlen zum Europaparlament dar, so dass die deutschsprachigen Belgier ihren eigenen Vertreter in das Europäische Parlament in Straßburg entsenden können.95 2.2.4. Finanzierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft In Bezug auf ihr Finanzierungssystem genießt die Deutschsprachige Gemeinschaft auf der Ausgabenseite völlige Autonomie, während sie auf der Einnahmeseite noch stärker als die beiden anderen Gemeinschaften vom Föderalstaat abhängig ist.96 Der Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft setzt sich aus einem Pauschalbetrag aus dem belgischen Staatshaushalt und einigen eigenen Einnahmen zusammen, die jedoch nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Der Grund für das – im Gegensatz zu den anderen Gemeinschaften – sog. reine Dotationsmodell ist wohl darin zu sehen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft aufgrund ihrer geringen Größe und Einwohnerzahl durch eine entsprechende Finanzierung aus Teilen der Föderalsteuern nicht lebensfähig wäre.97 Damit ergibt sich zwar eine hohe finanzielle Planungssicherheit; die Deutschsprachige Gemeinschaft profitiert aber nur eingeschränkt und indirekt von der positiven Wirtschaftsentwicklung in Ostbelgien.98 2.2.5. Sprache Deutsch ist heute eine der drei anerkannten Sprachen Belgiens. Die Verwendung der Sprache in der öffentlichen Verwaltung ist – den Sprachgesetzen von 1963 folgend – 93 So Berge/Grasse, S. 176; vgl. dazu auch Berge/Grasse, S. 191, die den Grund dafür wohl in der weitgehenden Kompetenzautonomie der Gliedstaaten und der Nebenordnung von Gemeinschaften als Schwachstelle innerhalb des belgischen Föderalsystems sehen. 94 Vgl. Alen, S. 37. 95 Vgl. Berge/Grasse, S. 166, Fn. 208. 96 Vgl. Berge/Grasse, S. 182, die die Gründe für die positive Entwicklung u.a. in der günstigen Lage sehen, sowie der mehrsprachigen, gut qualifizierten Bevölkerung und ihrer Bereitschaft, grenzüberschreitend aktiv zu werden. 97 So Berge/Grasse, S. 180. Mit der für 2001 geplanten Staatsreform sollte die Deutschsprachige Gemeinschaft – in Analogie zu den anderen Gemeinschaften – von Refinanzierungen profitieren können, was zu einer deutlichen Anhebung ihrer jährlichen Dotationsmittel führen sollte. 98 Zur ausführlichen Darstellung der wirtschaftlichen Lage Ostbelgiens siehe außerdem Bernrath, S. 103. - 23 - fest an das Territorialprinzip gebunden, so dass Deutsch in der Deutschsprachigen Gemeinschaft offizielle Amtssprache ist. Für die französische Minderheit gelten jedoch (im Gegensatz zu den anderen Gemeinschaften) Ausnahmen – sog. Spracherleichterungen , die darüber hinaus gem. Art. 4 der belgischen Verfassung unter einer besonderen Garantie stehen.99 Dennoch wird dem Deutschen innerhalb Belgiens eine relativ starke Stellung eingeräumt . Seit 1990 werden nach Maßgabe der Haushaltslage deutsche Übersetzungen von Gesetzen des Föderalstaates, Dekreten und Verfügungen etc. angefertigt. In der Armee erhält jeder Soldat grundsätzlich die vollständige Ausbildung in seiner Muttersprache. Innerhalb des Justizsystems besteht seit 1988 eine annähernde Gleichberechtigung der deutschen Sprache: neben einem eigenen Gerichtsbezirk mit Deutsch als Verfahrenssprache und einem deutschsprachigen Gericht erster Instanz im deutschsprachigen Gebiet existiert die Möglichkeit des Gebrauchs der Muttersprache bei Strafprozessen. Im Bereich der Medien ist die deutsche Sprache in Ostbelgien und Brüssel ebenso sehr gut vertreten.100 Bereits in den Jahren 1970 bis 1988 wurde den Gemeinschaften die vollständige Unterrichtshoheit übertragen und die Sprache in der Schule bereits 1963 durch Art. 4 der Sprachgesetze dem Territorialprinzip unterworfen. Im Hinblick auf die tatsächliche, alltägliche Sprachverwendung ist jedoch zu beobachten , dass der französischen Sprache – vor allem im Handel und der Gastronomie – eine gleichberechtigte, wenn nicht leicht dominierende Stellung zukommt.101 In Bezug auf das Bildungswesen wird kritisiert, dass die Französischkenntnisse im Hinblick auf die Ausbildung an den Universitäten in der Wallonie oft dem Gebrauch der Muttersprache vorgezogen werden.102 Zudem würden zumindest die Sekundarstufenlehrer in der Regel an frankophonen Universitäten ausgebildet. Schließlich wird die Unterstützung der französischsprachigen Schulklassen als Folge der vorgeschriebenen Spracherleichterun- 99 Diesbezügliche Änderung bedürfen eines Gesetzes mit doppelt qualifizierter Mehrheit: Zweidrittelmehrheit und gleichzeitig einer Mehrheit der Sprachgruppen im Parlament. Im frankophonen Bereich der Städte Malmedy und Waimes gestaltet sich die Sachlage in Bezug auf die deutschsprachigen Einwohner ähnlich: sie können sich auf den gleichen Minderheitenschutz berufen, den die Französischsprachigen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft genießen. 100 Siehe dazu ausführlich Berge/Grasse, S. 197 f. 101 Vgl. Berge/Grasse, S. 200; dies hat vor allem zur Folge, dass die Bewohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft prozentual am häufigsten alle drei Landessprachen fließend beherrschen. 102 Vgl. Berge/Grasse, S. 199. - 24 - gen sowie die Politisierung der zu vergebenden Ämter aufgrund der Proporzregelung bemängelt.103 103 Vgl. Jenniges, S. 134 f. - 25 - 3. Südtirol 3.1. Politische und historische Ausgangslage Südtirol bildet den auf der Alpensüdseite gelegenen Teil des ehemaligen Kronlandes Tirol der Habsburgischen Monarchie, der sich mit der heutigen italienischen Provinz Bozen deckt.104 Bereits im Zuge der nachnapoleonischen Teilung Europas wurden von Italien unter Berufung auf die natürlichen Grenzen der Hauptwasserscheide Forderungen nach territorialer Ausdehnung bis zum Brenner erhoben. Im Jahre 1919 wurde schließlich gemäß den Vereinbarungen im Friedensvertrag von Saint-Germain-en-Laye das Gebiet Tirols geteilt und der Süden Italien zugeschlagen.105 Nach Riedmann106 wurde so ein mehr als Tausend Jahre altes politisches, soziales und kulturelles Ordnungsgefüge aufgelöst. Italien erhielt im Friedensvertrag keine Auflagen, den Schutz der deutschen Minderheiten zu garantieren. Im Zuge der langen Phase der Nationalisierungspolitik in der Zeit des italienischen Faschismus litt die Südtiroler Volksgruppe unter Repressionen – von verschiedenen Formen der Benachteiligung bis hin zu Versuchen der Zwangsassimilierung .107 1939 kam es zu einem Abkommen zwischen Berlin und Rom zur Umsiedlung der deutschsprachigen Südtiroler ins nationalsozialistische Deutschland. Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Südtiroler Volkspartei (SVP) gegründet , die mit Unterstützung von Seiten Österreichs das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol und die Rückangliederung des Landes an Österreich forderte. Auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 kam es schließlich auf Betreiben der Siegermächte zum Abschluss eines Schutzvertrages für das Italien überantwortete Südtirol. Das sog. Gruber /De Gasperi-Abkommen108 sollte den Südtirolern die Möglichkeit zur „Erhaltung des 104 Zu geschichtlichen Hintergründen des Südtirolkonflikts siehe ausführlich Alcock und Ermacora, S. 19 ff.; einen kurzen Überblick bieten außerdem Lantschner, S. 25 ff.; Feiler, in: Außenpolitik, S: 288 ff.; Olt, S. 25 ff. und Hilpold, S. 117 f. Zur historischen Entwicklung des deutschen Kulturlebens in der Region siehe Riedmann, S. 43 ff. 105 So Böckler, S. 90; der sich insbesondere mit der Vergleichbarkeit der Entwicklung in Südtirol mit der Lage im Kosovo befasst. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker war zum damaligen Zeitpunkt ein politisches Postulat und damit kein Teil des positiven Völkerrechts, so Hilpold, S. 118. Zur Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts heute siehe Blumenwitz, S. 101 ff. 106 So Riedmann, S. 44. 107 Vgl. dazu Böckler, S. 90; Hilpold, S. 118; Lantschner, S. 28 f; Blumenwitz, S. 92. 108 Die deutsche Fassung des Abkommens ist abgedruckt bei Ritter, S. 214. Zum Ausnahmecharakter des Abkommens in Bezug auf minderheitenschutzspezifische Regelungen siehe Hofmann, S. 19. - 26 - Volkscharakters“ sowie der wirtschaftlichen und kulturellen Entfaltung garantieren. Dazu zählten u.a. Schulen in der Muttersprache, Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache, Gleichberechtigung bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst und schließlich die Gewährung einer regionalen Autonomie mit Gesetzgebungs- und Vollzugsgewalt für die Provinz Bozen. In Erfüllung dieser völkerrechtlichen Verpflichtung wurde am 30. Januar 1948 von der italienischen Nationalversammlung das sog. Erste Autonomiestatut für das Trentino- Alto-Adige beschlossen. Darin wurden allerdings die beiden benachbarten Provinzen Bozen und Trient zusammengelegt, so dass die deutschsprachigen Südtiroler in der neugegründeten Region nur eine Minderheit darstellten und die Zuständigkeit der Provinzen weit hinter der übergeordneten Region zurückblieb.109 Als es zu einer weiteren Beschneidung der den Südtirolern im Pariser Vertrag zuerkannten Befugnisse durch das Dekret vom 16. Januar 1959 kam, führte dies zu Protesten Österreichs und der SVP. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen forderte Österreich und Italien in den Jahren 1960 und 1961 zu Verhandlungen auf und erkannte zugleich die Berechtigung Österreichs an, für die Interessen der Südtiroler einzutreten. Nach erheblichen Verzögerungen bei der weiteren Umsetzung des Gruber/De Gasperi- Abkommens wurde in Italien 1961 eine aus 19 Mitgliedern bestehende innerstaatliche Expertenkommission zur Ausarbeitung von Lösungsvorschlägen für die Südtirolfrage eingesetzt. Ende der 60er Jahre wurde schließlich ein Paket vereinbart, das in detaillierter Weise umfangreiche Maßnahmen zur effektiven Gleichstellung der deutschsprachigen Bevölkerung der Provinz Bozen vorsah. Politisch war dieses Paket Ausdruck der Bemühungen, den seit 1960 vor den Vereinten Nationen ausgetragenen Streit zwischen Österreich und Italien beizulegen, was insbesondere in dem sog. Operationskalender zum Ausdruck kam, mit dem die prozedurale Schrittfolge zur Beilegung des Konflikts sowie zum Abschluss eines Freundschaftsvertrages festgelegt wurde.110 Nachdem im Jahre 1972 das sog. Zweite Autonomiestatut sowie 1976 die Vorschriften über den ethnischen Proporz und die Zweisprachigkeit beschlossen wurden, kam es Ende der 70er erneut zur Verlangsamung der Umsetzung des Abkommens und damit zur Verschlech- 109 Vgl. Blumenwitz, S. 94. 110 Vgl. Hilpold, in: Marco/Ortino, S. 41, der beide Dokumente in Ermangelung eines hinreichenden Konsenses nicht als völkerrechtliche Verträge qualifiziert, eine völkerrechtliche Bindungswirkung der Dokumente jedoch angesichts des durch diese geschaffenen Vertrauenstatbestandes auch nicht - 27 - terung des politischen Klimas. Angesichts der Ereignisse in Mittel- und Osteuropa und insb. der Vereinigung Deutschlands flammte 1990 die Selbstbestimmungsdiskussion in Südtirol erneut auf. Schließlich kam es in Rom im Juni 1992 zur Abgabe einer „Streitbeilegungserklärung “ Südtirols und Österreichs gegenüber Italien und den Vereinten Nationen. Dabei wies Österreich darauf hin, dass seine Schutzmachtfunktion für Südtirol erhalten bleibe und dass bei gravierenden Verletzungen der völkerrechtlichen Verpflichtungen durch Italien der Internationale Gerichtshof angerufen würde.111 Entscheidend für die Durchsetzung der Belange der Südtiroler war, dass sie im Gegensatz zu anderen Minderheiten das Privileg hatten, sich auf Österreich als Schutzmacht berufen zu können, das seinerseits nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten nicht als besiegter Feind, sondern als ein von Hitler-Deutschland seiner Souveränität beraubter Staat betrachtet wurde.112 Insbesondere nach Abschluss des Staatsvertrags von 1955 gewann Österreich an politischem Gewicht, wodurch es – unterstützt durch die VN- Resolutionen – die Schutzmachtfunktion über Südtirol verstärkt wahrnehmen konnte, was schließlich eine umfassende Konzessionsbereitschaft auf italienischer Seite zur Folge hatte.113 Zudem spielte nach Böckler114 die Tatsache eine wesentliche Rolle, dass die Südtirolfrage mit dem Pariser Friedensvertrag von Anbeginn an als internationale Angelegenheit betrachtet wurde. Als die Umsetzung der Vorgaben des Pakets stagnierte, wurde von den Südtirolern eine zusätzliche internationale Verankerung ihrer Rechte gefordert. Damit widersprachen sie dem Standpunkt Italiens, das Südtirol-Problem als innerstaatliche Angelegenheit zu behandeln.115 Schließlich befassten sich mit der Südtirolfrage auch die Europäische Menschenrechtskommission sowie der Internationalen Gerichtshof in Den Haag. verneint. Zur Rechtsnatur des Pakets siehe auch Blumenwitz, S. 98 f.; zur Frage der Auswirkungen seiner Annahme auf das Bestehen des Selbstbestimmungsrechts der Südtiroler ders., S. 106 ff. 111 Vgl. Feiler, S. 297. 112 Vgl. Riedmann, S. 58. 113 Vgl. Hilpold, in: Marco/Ortino, S. 40; auch spielte Österreich nach Rainer, S. 112 bei der wirtschaftlichen Stabilisierung Südtirols und zudem nach Riedmann, S. 59 bei der Entwicklung in kulturellen Angelegenheiten eine entscheidende Rolle. 114 Vgl. Böckler, S. 93, der in Bezug auf die Bedeutung, die der Internationalisierung des Konflikts für seine schließlich erfolgreiche Bewältigung zukam, auf Feiler, S. 12 ff. verweist. 115 Vgl. Blumenwitz, S. 94. Italien berief sich stets darauf, seine Verpflichtungen aus dem Friedensvertrag mit dem Ersten Autonomiestatut erfüllt zu haben. Das Zweite Autonomiestatut sei somit gerade nicht aus völkerrechtlichen Verpflichtungen hervorgegangen und damit jederzeit ohne Mitwirkung Österreichs abänderbar. - 28 - Die frühzeitige und weitreichende Internationalisierung des Konflikts ermöglichte einen stabilen Rahmen für langfristig angelegte Diskussions- und Entscheidungsprozesse.116 Spätestens seit dem Pariser Vertrag wurde das Junktim zwischen der Zugehörigkeit zu Italien und einer Gewährung weitgehender interner Selbstbestimmungsrechte völkerrechtlich festgelegt und zur gemeinsam akzeptierten Basis der Verhandlungen zwischen Minderheit und Zentralstaat.117 Zwar war der Pariser Vertrag in Südtirol zunächst auf massiven Widerstand gestoßen, da er als inhaltlich dürftig sowie als unzureichende Alternative gegenüber der Selbstbestimmung empfunden wurde; es stellte sich jedoch bald heraus, dass er eine gute Grundlage für spätere Verhandlungen bildete.118 Böckler119 ist zudem der Auffassung, dass im Falle Südtirols die Rahmenbedingungen für eine Lösung der Statusfrage dadurch gegeben seien, dass Italien trotz der Erfahrung des italienischen Faschismus über eine relativ lange und konsolidierte Tradition demokratischer Institutionen und politischer Kultur verfüge. Hinzu käme die Einheitlichkeit, mit der sich die deutschsprachige Gruppe in der Südtiroler Volkspartei politisch artikulierte . All dies führte dazu, dass ein dreißigjähriger Konflikt, dessen Komplexität angesichts der ausdifferenzierten Regelungen des Pakets deutlich wird120, heute abzuklingen scheint. Zwar ist es zwischen Österreich und Italien um die Frage des Abschlusses eines Freundschaftsvertrages, wie ihn der Operationskalender ursprünglich vorsah, still geworden ; diskutiert wird jedoch die Schaffung einer „Europa-Region Tirol“ auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages zwischen Österreich und Italien.121 3.2. Schwerpunkte der rechtlichen und tatsächlichen Sonderlage Der Anteil der italienischsprachigen Bevölkerung beträgt in Südtirol fast ein Drittel (68 % deutsch, 28 % italienisch, 4 % ladinisch). Der Anteil der deutschsprachigen Bevölke- 116 Vgl. Böckler, S. 95. 117 So Böckler, S. 91; Rainer, S. 112. Zur Bedeutung einer völkerrechtlichen Absicherung von Autonomie - und Minderheitenrechten im Falle Südtirols sowie zur Frage der Qualifizierung der Vereinbarungen als völkerrechtlich relevante Vorkehrungen siehe auch Hilpold, S. 117 und 121 sowie ders., in: Marco/Ortino, S. 38 ff. 118 Vgl. Hilpold, in: Marco/Ortino, S. 40. 119 Vgl. Böckler, S. 92. 120 Das Paket umfasste 137 Maßnahmen, deren Erarbeitung und Beschlussfassung den Zeitraum von 1961 bis 1969 beanspruchte; hinzu kommen die zahlreichen Durchführungsbestimmungen. 121 Vgl. Hilpold, S. 121. - 29 - rung beträgt – bezogen auf ganz Italien – 0,5 % der Gesamtbevölkerung, die Fläche Südtirols 2,4 % des italienischen Territoriums. Südtirol unterscheidet sich kulturell nach wie vor stark vom Rest Italiens. Italien ist nach Art. 5 seiner Verfassung122 vom 27. Dezember 1947 eine einheitliche und unteilbare Nation.123 Den Schutz sprachlicher Minderheiten garantiert Art. 6 der Verfassung. Außerdem nennt Art. 116 der Verfassung Trentino-Südtirol ausdrücklich als autonome Region, der die deutschsprachige Minderheit in Südtirol angehört. Die italienische Verfassung folgt also dem Prinzip der Territorialisierung.124 3.2.1. Institutionelles Gefüge Das Autonomiestatut von 1972 genießt in Südtirol Verfassungsrang und bildet mit seinen Regelungen zu Organen und Zuständigkeiten der Provinz ein abgeschlossenes und präzise umrissenes System.125 Gemäß Art. 47 des Autonomiestatuts sind Organe des Landes der Landtag, die Landesregierung (Landesauschuss) und der Landeshauptmann. 3.2.1.1. Landtag Der Landtag wird direkt durch das Volk nach dem Verhältniswahlsystem in allgemeiner , unmittelbarer und geheimer Wahl auf fünf Jahre gewählt.126 Aktiv wahlberechtigt sind ausschließlich Staatsbürger, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Region ansässig sind.127 Gemäß Art. 47 des Autonomiestatuts besteht der Landtag aus 35 Abgeordneten.128 Besondere Aufmerksamkeit wird im Südtiroler Landtag der Zusammensetzung der Kollegialorgane geschenkt, die neben der Stärke der Landtagsfraktionen auch die Stärke der Sprachgruppen wiedergeben müssen.129 122Die einschlägigen Vorschriften sind in deutscher Übersetzung unter http://www.verfassungen.de/it/ital48.htm abrufbar (Stand: 31.01.2008). Das Zweite Autonomiestatut ist bei Ritter, S. 214 ff. abgedruckt. Einen Überblick über weitere relevante Verfassungsbestimmungen gibt Hilpold, S. 119. 123 Zur Verfassung der Südtiroler Autonomie siehe ausführlich Marko/Ortino und Bonell/Winkler. 124 Vgl. Hofmann, in: ZaöRV 52, S. 43. 125 Vgl. Avolio, S. 194. 126 Die Wahl erfolgt nach dem System der sog. konkurrierenden Kandidatenlisten, siehe dazu Bonell/Winkler, S. 31. 127 Damit soll verhindert werden, dass anlässlich der Wahlen durch umfangreiche Bevölkerungsverschiebungen von außen her das ethnische Gleichgewicht im Land gestört wird. 128 Die Parteienlandschaft Südtirols ist weniger von ideologischen Aspekten als von der volkstumspolitischen Zuordnung geprägt: dominant ist die Südtiroler Volkspartei, die sich als Sammelpartei aller deutsch- und ladinischsprachigen Südtiroler versteht, so Hilpold, S. 123. 129 Vgl. Avolio, S. 205. - 30 - Die Hauptfunktion des Landtages ist die Gesetzgebung im Rahmen der in Art. 55-57 des Autonomiestatuts und in der Geschäftsordnung des Landtags enthaltenen Verfahrensvorschriften . Die Initiativbefugnis hat jedes Mitglied des Landtages, der Landesregierung und unter gewissen Voraussetzungen auch die (wahlberechtigte) Bevölkerung. Die vor der Verfassungsreform 2001 geltende Vorkontrolle durch den Zentralstaat in Bezug auf die Zuständigkeit des Landes wurde durch die dem Staat eingeräumte Möglichkeit ersetzt, ein Landesgesetz nach Verkündung vor dem Verfassungsgericht anzufechten .130 Eine Besonderheit im Gesetzgebungsverfahren stellt das in Art. 56 des Autonomiestatuts vorgesehene Verfahren der Abstimmung nach Sprachgruppen dar. Dies gilt bei der Abstimmung über den Haushalt gem. Art. 84 des Autonomiestatuts oder für den Fall, dass die Mehrheit der Abgeordneten einer Sprachgruppe im Regionalrat oder im Südtiroler Landtag der Ansicht ist, dass ein Gesetzesvorschlag die Gleichheit der Rechte zwischen den Vertretern verschiedener Sprachgruppen oder die ethnische und kulturelle Eigenart einer Sprachgruppe verletzt.131 Dem Landtag obliegen außerdem die Wahl der Mitglieder der Landesregierung, die Überwachung ihrer Tätigkeit sowie die Möglichkeit ihrer Absetzung im Falle eines Gesetzesverstoßes . 3.2.1.2. Landesregierung Die Landesregierung in Südtirol ist mit den Vollzugs- und Verwaltungsfunktionen des Landes betraut. Gemäß Art. 50 des Autonomiestatuts besteht sie aus dem Landeshauptmann , der den Vorsitz führt, zwei Landeshauptmannsvertretern, von denen einer der deutschen und einer der italienischen Sprachgruppe angehören muss, und den Landesräten . Die Mitglieder der Landesregierung werden vom Landtag aus seiner Mitte in geheimer Abstimmung und mit absoluter Mehrheit gewählt. Die zahlenmäßige Zusammensetzung der Landesregierung ist vom Autonomiestatut nicht festgesetzt, sondern dem Ermessen des Landtages anheimgestellt. Art. 50 des Autonomiestatuts bestimmt darüber hinaus, dass die Zusammensetzung der Landesregierung im Verhältnis zur Stärke der Sprachgruppe stehen muss, wie sie im 130 Zur sog. Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis des Zentralstaates zur Gewährleistung der Friedens -, Rechts- und Entscheidungseinheit gem. Art. 117 und 127 der italienischen Verfassung als Begrenzung der Gesetzgebungsbefugnisse der Provinz siehe Woelk, S. 267 ff. 131 Diese Regelung kann unter Umständen das Verfahren derart verkomplizieren, dass die Regionalgesetze bis zu fünf Mal eine Mehrheit finden müssen, vgl. Avolio, S. 213. - 31 - Landtag vertreten ist. Damit reicht eine politische Mehrheit allein nicht aus, falls diese Mehrheit nur von einer einzigen Sprachgruppe getragen wird. Es besteht daher faktisch der Zwang, entweder Koalitionen mit Parteien der anderen Sprachgruppe einzugehen oder Vereinbarungen über eine „ethnische Präsenz“ der anderen Sprachgruppe zu treffen .132 3.2.1.3. Landeshauptmann Der Landeshauptmann verkörpert als Oberhaupt der Provinz, Regierungschef und Mitglied des Kollegialorgans der Landesregierung die Einheit der politischen und rechtlichen Vertretung der Provinz. Zu seinen Aufgaben zählen gem. Art. 52 und 53 des Autonomiestatuts u.a. die Vertretung der Provinz nach außen, die Verkündung der Gesetze, der Erlass von Verordnungen, der Abschluss von Verträgen, der Erlass bestimmter dringlicher Maßnahmen sowie das Recht, an Sitzungen des Ministerrats der Zentralregierung teilzunehmen und in Angelegenheiten, welche die Provinz oder den Schutz der Minderheiten in Südtirol betreffen, Fragen an ihn zu richten. Neben den Organen repräsentativer Demokratie gibt es in Südtirol – wie auf gesamtstaatlicher Ebene – Einrichtungen direkter Demokratie, die seit der Reform 2005 mehr an Bedeutung gewonnen haben dürften.133 3.2.2. Kompetenzen Während die italienischen Provinzen grundsätzlich als reine Verwaltungsbezirke ausgestaltet sind, handelt es sich bei den Provinzen Bozen und Trient um echte Gebietskörperschaften mit regionalähnlichem Charakter, die über eigenständige legislative und exekutive Befugnisse verfügen. Primäre Gesetzgebungskompetenzen, in denen der Staat grundsätzlich nicht gesetzgeberisch tätig werden darf, hat das Land Tirol gem. Art. 8 des Autonomiestatuts u.a. in den Bereichen Handwerk, Fremdenverkehr, Land- und Forstwirtschaft, öffentliche Fürsorge, Kindergärten, Schulbau sowie Berufsausbildung.134 Zu den sekundären Kompetenzen, 132 Dies gilt gem. Art. 50 Abs. 3 des Autonomiestatuts nicht für die ladinische Sprachgruppe, der aufgrund ihrer zahlenmäßig geringen Stärke der Zugang zu der Landesregierung in der Vergangenheit vielfach verwehrt war. 133 Zu Einrichtungen direkter Demokratie siehe Bonell/Winkler, S. 53 ff. und Lausch, S. 180 ff. 134 Vgl. Bonell/Winkler, S. 151; in Ausübung dieser Befugnisse müssen jedoch gem. Art. 4 und 8 des Autonomiestatuts folgende Grenzen berücksichtigt werden: die Verfassung, die EU- sowie die inter- - 32 - die nur im Rahmen der von der staatlichen Gesetzgebung festgelegten Prinzipien ausgeübt werden dürfen, gehören gem. Art. 9 des Autonomiestatuts u.a. der Unterricht an Grund- und Sekundarschulen, der Handel, die Förderung der Industrieproduktion sowie Hygiene und Gesundheitswesen. Zudem hat das Land tertiäre Gesetzgebungskompetenzen gem. Art. 10 des Autonomiestatuts, die „zur Ergänzung der staatlichen Gesetzesbestimmungen “ erlassen werden können, und die im Delegationswege übertragenen Kompetenzen . 3.2.3. Vertretung auf zentralstaatlicher Ebene Der italienische Verfassungsgerichtshof unterstreicht, dass es sich bei dem Teilnahmerecht des Landeshauptmanns an den Sitzungen des Ministerrates, um einen Teil der verfassungsmäßigen Garantien der autonomen Provinz Bozen handelt.135 Als weitere Organe der Zusammenarbeit zwischen Staat und Regionen nennt Woelk136 die sog. ständige Konferenz von Staat und Regionen, der auch Vertreter der autonomen Provinz Bozen angehören, den Regierungskommissar, den Rechnungshof und die Staatsadvokatur. Die ständige Konferenz ist das zentrale Koordinierungsorgan von Staat und Region sowie institutioneller Sitz der Kooperations- und Konsultationsverfahren, zu deren Aufgaben die Information und Anhörung sowie Beratung in allen Entscheidungsprozessen von regionalem, interregionalem und überregionalem Interesse gehört.137 Dem Regierungskommissar sind durch Art. 87 und 88 des Autonomiestatuts Aufsichtsbefugnisse übertragen.138 nationalen Verpflichtungen Italiens sowie die nationalen Interessen, vgl. dazu ausführlich Avolio /Voltmer, S. 135 ff. 135 Vgl. Woelk, S. 241. 136 Ausführlich zu diesen Organen siehe Woelk, S. 242 ff. Auf EU-Ebene ist Südtirol durch die Entsendung des Landeshauptmanns in den 1992 geschaffenen Ausschuss der Regionen vertreten, der durch die Stellungnahmen gegenüber der Kommission und Rat regionale Sachkompetenz in das gemeinschaftliche Rechtsetzungsverfahren einbringen soll, vgl. Woelk, S. 287. 137 Vgl. Woelk, S. 244, dabei ersetzen die Stellungnahmen der Konferenz keineswegs die der autonomen Provinz selbst; vielmehr werden die Interessen der Provinz regelmäßig direkt und unmittelbar bei den zuständigen Stellen in Rom vertreten, ausführlich dazu Woelk, S. 248 f. 138 Zu den in der Praxis wichtigsten Funktionen gehört die Leitung und Aufsicht über das Personal in den staatlichen Verwaltungen der verschiedenen Ministerien sowie die Vertretung der Regierung bei der Handhabung des Proporzsystems und der Zweisprachigkeit, vgl. Woelk, S. 253. - 33 - 3.2.4. Finanzbestimmungen zur Absicherung der Autonomie Gem. Art. 69 ff. des Autonomiestatus fließt dem Land Südtirol fast das gesamte auf seinem Gebiet erzielte Steuer- und Abgabenaufkommen. Dabei wird zwischen einem festen Anteil unterschieden, der etwa 85 % des Mittelzuflusses ausmacht, und einem veränderlichen, der jeweils zwischen Staat und Land auszuhandeln ist.139 3.2.5. Sprache Gem. Art. 99 Abs. 1 des Statuts ist die deutsche Sprache in der Region der italienischen grundsätzlich gleichgestellt.140 Nach Art. 100 des Statuts können die deutschsprachigen Bürger im Verkehr mit den Organen der öffentlichen Verwaltung, die ihren Sitz in der Provinz haben oder regionale Zuständigkeit besitzen, sowie mit den sog. Konzessionsunternehmen 141 ihre Sprache gebrauchen.142 Zweisprachig sind Verwaltungsakte dann zu fertigen, wenn diese an die Allgemeinheit oder an mehrere Ämter gerichtet oder zum öffentlichen Gebrauch bestimmt sind. Durch Art. 99 des Statuts erfolgte auch die völlige Gleichstellung des Deutschen als Gerichtssprache. Strafprozesse finden zwar nach wie vor grundsätzlich einsprachig statt, doch kann sich ein deutschsprachiger Angeklagter eines italienischen Anwalts bedienen. Zivil- und Verwaltungsprozesse laufen einsprachig ab, wenn Kläger und Beklagter den jeweils ersten Schriftsatz in der gleichen Sprache abfassen. Bei Zweisprachigkeit sind die notwendigen Übersetzungen auf Kosten des Gerichts zu fertigen. Kommt ein deutsch- oder zweisprachig begonnenes Verfahren vor die Höchstgerichte, wird das Verfahren auf Italienisch fortgesetzt. Das grundlegende Prinzip des ethnischen Proporzes hat zur Folge, dass die drei Sprachgruppen gemäß ihrer Stärke bei der Besetzung von Stellen im öffentlichen Dienst, bei der Zusammensetzung der Organe der örtlichen Körperschaften und bei der Verteilung von Haushaltsmitteln des Landes zu sozialen und kulturellen Zwecken berücksichtigt werden müssen. Bei Bewerbungen haben diejenigen Vorrang, die seit mindestens zwei 139 Zur Finanzverfassung in Südtirol siehe ausführlich Bonell/Winkler, S. 74 ff. 140 Bereits durch das Gesetzesdekret Nr. 825 vom 22.12.1945 wurde für die Provinz Bozen der Gebrauch der deutschen Sprache im Verkehr mit den Behörden und bei der Abfassung öffentlicher Akte gestattet . Heute finden sich die entsprechenden Regelungen in den Art. 99-102 des Statuts der Region und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen. Zur Sprachpolitik in Italien und der Provinz Bozen siehe ausführlich Pizzorusso, S. 47 ff. 141 Zu Konzessionsunternehmen zählen z.B. Apotheken, Autobus- und Seilbahnunternehmen, Kreditinstitute , sowie staatlich anerkannte Privatschulen, vgl. Hilpold, S. 124. - 34 - Jahren in der Provinz ansässig sind. Es erfolgt die sog. Zweisprachigkeitsprüfung, wobei jeweilige Schwierigkeitsstufen der Ausbildung der Kandidaten angepasst sind. Dieser Mechanismus bewährte sich nach seiner Einführung als Ausgleichs- und Stabilitätsinstrument . Im Hinblick auf die praktische Handhabung wird jedoch bemängelt, dass viele im öffentlichen Dienst stehenden Italiener unzureichende berufsbezogene Deutschkenntnisse haben und nur willkürlich davon Gebrauch machen.143 Im Südtiroler Schulwesen ist zu unterscheiden zwischen den deutschsprachigen und italienischsprachigen Schulen, in denen die jeweils zweite Landesprache ab der zweiten bzw. dritten Schulklasse Pflichtgegenstand ist.144 Daneben gibt es dreisprachige Schulen . 3.2.6. Beziehungen zur italienischen Sprachgruppe Im Hinblick auf die Beziehungen der beiden großen Volksgruppen in Südtirol führt Böckler145 aus, das es mit Hilfe der Rotations-, Paritäts- und Proportionalitätsregelungen und durch den Aufbau differenzierter Institutionen gelungen sei, die Individual- und Gruppenrechte beider Volksgruppen auf wirtschaftlichem, politischem und sprachkulturellem Gebiet in wohl einmaliger Form zu garantieren und damit ein hohes Maß an Interessenausgleich und Rechtssicherheit zu schaffen. Für viele Lebensbereiche seien darüber hinaus unabhängige soziale Netze geschaffen worden, so dass hier die Berührungspunkte der beiden Volksgruppen minimal seien.146 3.2.7. Beziehungen zur Mutternation Was die Beziehung der deutschsprachigen Minderheit zu Republik Österreich angeht, so enthält das Autonomiestatut hierzu keine Regelungen; es existiert allerdings ein Abkommen über besondere Wirtschaftbeziehungen und die Anerkennung von Ausbil- 142 Vgl. Hilpold, S. 124; Hofmann, S. 101; zum Sprachgebrauch vor Gericht und Verwaltung siehe ausführlich Palermo/Woelk, S. 332 ff. 143 Vgl. Riedmann, S. 51, der eine wachsende Verwilderung der deutschen Sprache in Südtirol und ein Absinken zur Zweitrangigkeit aus vorgenannten Gründen befürchtet; zu weiteren negativen Entwicklungen beim ethnischen Proporz siehe Bonell/Winkler, S. 119 ff. und Hilpold, S. 121, der vor einer Privatisierung des öffentlichen Dienstes warnt, die zu einer Einschränkung der dem Proporz unterliegenden Stellen führen würde, aber auch der Zentralisierung der Staatsdienste und dem damit einhergehenden Abzug von Dienstposten aus Südtirol sowie vor Haushalteinsparungen, welche die Finanzierung der autonomen Verwaltung gefährden könnte. 144 Vgl. Hofmann, S. 102; zur Schulpolitik in Südtirol siehe ausführlich Baur, S. 351 ff. 145 So Böckler, S. 98. 146 So Böckler, S. 98. - 35 - dungsabschlüssen zwischen Südtirol und Österreich.147 Aus kultureller Sicht ist das Verhältnis jedoch sehr eng. So werden gute Kontakte zum gesamten deutschen Sprachund Kulturraum unterhalten, so dass Riedmann148 von einem freien Kulturaustausch spricht. 147 Vgl. Böckler, S. 97. 148 Vgl. Riedmann, S. 57, siehe insbesondere seine Ausführungen zu Presse, Rundfunk und Fernsehen in Südtirol und Österreich, gemeinsamen kulturellen Veranstaltungen, Beteiligung Südtiroler Autoren an österreichischen Kulturpublikationen sowie Studium der Südtiroler an österreichischen Universitäten . - 36 - 4. Bestimmungen des Europarates und deren Beachtung Der Europarat beschäftigte sich Anfang der neunziger Jahre intensiv mit den Fragen des völkerrechtlichen Schutzes von Minderheiten.149 Sichtbarer Ausdruck dieser Bemühungen sind zum einen die Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen vom 5. November 1992150, die am 1. März 1998 in Kraft trat und zum anderen die Rahmenkonvention zum Schutz nationaler Minderheiten (Framework Convention for the Protection of National Minorities)151, die am 10. November 1994 vom Ministerkomitee des Europarats gebilligt und am 1. Februar 1995 zur Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarates aufgelegt wurde. Der Entwurf der Konvention wurde in Ausführung des Beschlusses der Staats- und Regierungschefs des Europarates vom 8./9. Oktober 1993 von einem Expertengremium der Mitgliedstaaten erarbeitet. Bislang ist sie von 39 Staaten – darunter Finnland und Italien – ratifiziert und von weiteren vier Staaten – darunter Belgien – gezeichnet worden.152 Die Rahmenkonvention ist der erste rechtlich verbindliche multilaterale Vertrag, der die europäischen Regierungen auf die Einhaltung von Mindeststandards beim Minderheitenschutz verpflichtet.153 Die Konvention enthält u.a. den Grundsatz der Nicht-Diskriminierung (Art. 3); die Förderung effektiver Gleichheit (Art. 4) und der Bedingungen zur Wahrung und Entwicklung der Kultur, Religion, Sprache und Traditionen der Minderheiten (Art. 5 und 6); die 149 Vgl. Hofmann, in: MRM, S. 63. Im Südtirolkonflikt kam es bereits im Jahre 1961 zur Beteiligung des Europarates. Der politische Ausschuss der Konsultativversammlung des Europarates unter dem Vorsitz des belgischen Senatspräsidenten Paul Struye gründete eine Unterkommission, die sich mit der Lösung der Südtirolfrage befasste. Ihre Aufgabe bestand vor allem darin, die inneritalienischen und bilateralen Bestrebungen um die Lösung des Südtirolkonflikts zu beobachten und zu fördern. Zur früheren Entwicklung der Minderheitenschutzbestrebungen im Europarat siehe Hofmann, S. 38 ff und Brunner, S. 115 f. 150 European Treaty Series No. 148, abrufbar unter: http://www.conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/148.htm (Stand: 31.01.2008). 151 European Treaty Series No. 157, abrufbar unter: http://www.conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/157.htm (Stand: 31.01.2008). Der dazugehörige Explanatory Report ist abrufbar unter: http://www.conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/157.htm (Stand: 31.01.2008). Das ursprünglich vom Europarat geforderte Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention bezüglich der kulturellen Rechte der Minderheiten ist bislang nicht erarbeitet worden. 152 Die Liste der Staaten ist abrufbar unter: http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?NT=157&CM=1&DF=1/30/2008& CL=ENG (Stand: 31.01.2008). - 37 - Versammlungs-, Vereinigungs-, Meinungs-, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 7 und 8); den Zugang zu und den Gebrauch von Medien (Art. 9); auf die Sprache bezogene Rechte, insbesondere den Gebrauch von Minderheitensprachen im privaten und öffentlichen Bereich sowie im Verkehr mit Verwaltungsbehörden (Art. 10); Recht auf Führung des eigenen Namens in der Minderheitensprache und auf Verwendung solcher Sprachen bei Informationen privater Natur und für topographische Bezeichnungen (Art. 11); das Bildungs- und Erziehungswesen betreffende Rechte wie das auf Lernen der Minderheitensprache und auf Unterricht in ihr (Art. 12, 13 und 14); Rechte auf grenzüberschreitende Kontakte und Zusammenarbeit (Art. 17) sowie auf effektive Teilnahme am kulturellen, öffentlichen, sozialen und wirtschaftlichen Leben (Art. 15); und schließlich das Verbot zwangsweiser Assimilierung (Art. 5 i.V.m. Art. 16). Zu betonen ist insbesondere, dass die Konvention keine Aussage bezüglich Schaffung von Strukturen personeller oder territorialer Autonomie enthält.154 Da die Konvention in erster Linie Grundsätze und Zielsetzungen enthält, die nicht unmittelbar anwendbar sind, genießen die Vertragsparteien bei deren Umsetzung einen weiten Ermessenspielraum.155 Inwieweit die Mitgliedstaaten ihren mit der Ratifikation der Rahmenkonvention eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sind, wird vom Ministerkomitee überwacht, das bei der Erfüllung dieser Aufgabe von dem sog. „Beratenden Ausschuss“ unterstützt wird. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet – innerhalb eines Jahres, nachdem die Rahmenkonvention für sie in Kraft getreten ist – dem Generalsekretär des Europarats einen Bericht zu übermitteln, der vollständige Informationen über die gesetzgeberischen und sonstigen Maßnahmen enthält, die von den Mitgliedstaaten zur Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Pflichten aus der Rahmenkonvention ergriffen wurden. Folgeberichte sind nach jeweils fünf Jahren fällig sowie jederzeit auf Verlangen des Ministerkomitee.156 Der Beratende Ausschuss übermittelt seine Stellungnahme (opinion) dem Ministerkomitee. Dieses trifft dann die endgültigen Entscheidungen (conclusions) bezüglich der Angemessenheit der von den Mitgliedstaaten ergriffenen 153 Vgl. Hofmann, in: MRM, S. 64. Ausführlich zu den Bestimmungen der Konvention siehe Hofmann, S. 199 ff. 154 Vgl. Hofmann, in: MRM, S. 66. 155 Vgl. Brunner, S. 116; Heintze, S. 38 m.w.N. 156 Vgl. Hofmann, in MRM, S. 66. Es gelten die Verfahrensregeln zur Durchführung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten. - 38 - Maßnahmen. In diesem Zusammenhang kann es vor allem auch Empfehlungen (recommendations) für künftige staatliche Schritte abgeben. Da Belgien das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten am 31. Juli 2001 zwar gezeichnet, aber bislang nicht ratifiziert hat, gibt es diesbezüglich auch Prüfungsergebnisse des Ministerkomitees.157 Von Finnland sind zwei Berichte veröffentlicht worden, zu denen jeweils Stellungnahmen des Ministerkomitees ergangen sind.158 Die Berichte sind jeweils von der finnischen Regierung kommentiert worden.159 Außerdem ergingen hierzu jeweils Resolutionen des Ministerkomitees.160 Auch Italien erstellte zwei Berichte zur Lage der Minderheiten, zu denen das Ministerkomitee Stellung genommen hat.161 Anschließend sind jeweils Kommentierungen seitens der italienischen Regierung162 sowie die Resolutionen des Ministerkomitees163 veröffentlicht worden. 157 Im Zuge der Zeichnung der Konvention erklärte Belgien: “The Kingdom of Belgium declares that the Framework Convention applies without prejudice to the constitutional provisions, guarantees or principles , and without prejudice to the legislative rules which currently govern the use of languages. The Kingdom of Belgium declares that the notion of national minority will be defined by the interministerial conference of foreign policy.” 158 Report Submitted by Finland vom 16.02.1999, ACFC/SR(1999)003 und Opinion on Finland vom 22.09.2000, ACFC/INF/OP/I(2001)002 sowie Report Submitted by Finland vom 10.12.2004, ACFC/SR/II(2004) 012 E und Opinion on Finland von 02.03.2006, ACFC/OP/II(2006)003. Auf die Lage der Åland-Inseln wird insbesondere in den Ausführungen zu Art. 10, 11 und 15 der Rahmenkonvention Bezug genommen. Die Dokumente des Europarates sind abrufbar unter: http://www.coe.int/ (Stand: 31.01.2008). 159 Comments on the Government of Finland vom 03.07.2001, GVT/COM/INF/OP/I(2001)002 und vom 22.08.2006, GVT/COM/II(2006)004. 160 Resolution vom 31.10.2001, ResCMN(2001)3 und Resolution vom 31.01.2007, M/ResCMN(2007)1. 161 Report Submitted by Italy vom 03.05.1999, ACFC/SR(1999)007 und Opinion on Italy vom 14.09.2001, ACFC/INF/OP/I(2002)007 sowie Second Report Submitted by Italy vom 14.05.2004, ACFC/SR/II(2004)006 und Opinion on Italy vom 24.02.2005, ACFC/INF/OP/II(2005)003. 162 Comments on the Government on Italy vom 14.09.2001, GVT/COM/INF/OP/I(2002)007 und Comments on the Government on Italy vom 24.02.2005, GVT/COM/INF/OP/II(2005)003. 163 Resolution vom 03.07.2002, ResCMN(2002)10 und Resolution vom 14.06.2006, ResCMN(2006)5. - 39 - Literaturverzeichnis Alcock, Antony Evelyn, Geschichte der Südtirolfrage: Südtirol seit dem Paket 1970- 1980, Wien 1982 Alen, André, Belgien: ein zweigliedriger und zentrifugaler Föderalismus, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 50 (1990), 3, S. 501-544 Alen, André, Der Föderalstaat Belgien, Nationalismus – Föderalismus – Demokratie, Baden-Baden 1995 Avolio, Giuseppe, Landesregierung, Landtag und Gesetzgebungsverfahren, in: Ortino, Sergio / Marko, Joseph (Hrsg.), Die Verfassung der Südtiroler Autonomie, Die Sonderrechtsordnung der Autonomen Provinz Bozen / Südtirol, 1. 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