Die Beziehungen Deutschlands zu Nordkorea seit Mitte der neunziger Jahre - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 2 - 184/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser: Die Beziehungen Deutschlands zu Nordkorea seit Mitte der neunziger Jahre Ausarbeitung WD 2 - 184/06 Abschluss der Arbeit: 19.10.2006 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Die Beziehungen Deutschlands zu Nordkorea bis Mitte der neunziger Jahre Im Gegensatz zur Bundesrepublik unterhielt die DDR seit 1949 diplomatische Beziehungen zu Nordkorea. Zudem war der ostdeutsche Teilstaat einer der bedeutendsten Handelspartner des Landes, und die Regierung der DDR leistete vor allem in den fünfziger und sechziger Jahren umfangreiche Aufbauhilfe in Nordkorea. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde im Januar 1991 in den Gebäuden der ehemaligen DDR- Botschaft in Nordkorea die „Deutsche Interessenvertretung Pjöngjang“ eröffnet. In Ermangelung nennenswerter Wirtschaftsbeziehungen zu Nordkorea diente diese Interessenvertretung bis 1994 hauptsächlich als Ansprechpartner für die geringe und rapide abnehmende Zahl deutscher Studenten in Pjöngjang. Die ehemalige nordkoreanische Botschaft in Ostberlin wurde 1991 in ein Büro zum Schutz der Interessen Nordkoreas umgewandelt (Hertrampf 2005: 283f.). Die Bundesrepublik hat von 1991 bis 1994 keine entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Nordkorea gepflegt und auch keine humanitäre Hilfe an das Land geleistet (Bundesregierung 1994; 2000). 2. Die Beziehungen Deutschlands zu Nordkorea seit Mitte der neunziger Jahre Die Beziehungen Deutschlands zu Nordkorea haben seit Mitte der neunziger Jahre drei Phasen durchlaufen: Von 1995 bis 2001 beschränkten sich die Beziehungen weitgehend auf die von der Bundesregierung geleistete humanitäre Hilfe für die nordkoreanische Bevölkerung. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen 2001 generierte dann eine kurze, durchaus dynamische Phase. Mit Beginn der gegenwärtigen Nuklearkrise im Oktober 2002 wurden die Beziehungen von Seiten der Bundesregierung eingefroren. 2.1. Die Aufnahme humanitärer Hilfe im Jahre 1995 Vor dem Hintergrund einer stetigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Nordkorea seit Anfang der neunziger Jahre führten Ernteausfälle infolge von Überschwemmungen 1995 und 1996 zu einer Hungerkatastrophe. In Reaktion hierauf leistete die Bundesrepublik im Oktober 1995 als erster ausländischer Staat umfangreiche humanitäre Hilfe an Nordkorea (Bundesregierung 2000: 13). Aufgrund der anhaltenden Wirt- - 4 - schaftskrise in Nordkorea und der damit einhergehenden ernsten humanitären Lage hat die Bundesregierung trotz der dafür schwierigen Bedingungen – ausländische Hilfsorganisationen können sich in Nordkorea nicht frei bewegen, und eine vollständige Kontrolle über den Verbleib ihrer Hilfslieferungen bleibt ihnen verwehrt – seit 1995 kontinuierlich bilaterale humanitäre Hilfe an Nordkorea gewährt (siehe Tabelle 1). Tabelle 1: Deutsche humanitäre Hilfe an Nordkorea Zeitraum Art der Maßnahme Kostenumfang 1995 – 1997 AA: Nahrungsmittelversorgung mit Schwerpunkt auf Kinder, Kleidung , Basisgesundheitsversorgung BMZ: Nahrungsmittelversorgung der Not leidenden Bevölkerung AA: 2.952.572,61 DM BMZ: 4.999.322,00 DM insgesamt: 7.951.894,61 DM 1998 – 2001 AA: Nahrungsmittelversorgung, Basisgesundheitsversorgung, Kleidung, Winterhilfe BMZ: Nahrungsmittelversorgung der Not leidenden Bevölkerung AA: 5.828.273 DM BMZ: 12.427.610 DM insgesamt: 18.255.883 DM 2002 – 2006 AA: Basisgesundheitsversorgung mit Schwerpunkt auf werdende Mütter und Kinder BMZ: Nahrungsmittelversorgung der Not leidenden Bevölkerung AA: 3.068.305 EUR BMZ: 13.294.943 EUR BMVg: 76.306 EUR insgesamt: 16.439.554 EUR Quelle: Eigene Zusammenstellung nach Bundesregierung 2000; 2003.1 Die Bundesrepublik gewährt humanitäre Hilfe grundsätzlich ohne politische Bedingungen (Bundesregierung 2003:8). Dies gilt auch im Falle Nordkoreas. Umgekehrt wird die Arbeit der Hilfsorganisationen aber stets von der nordkoreanischen Regierung kontrolliert . Um ihrem Unmut über Einmischungen des Auslands in Fragen der Menschenrechte in Nordkorea Ausdruck zu verleihen, erklärte die nordkoreanische Führung im August 2005 alle humanitären Hilfsmaßnahmen ausländischer Organisationen zum Jahres- 1 Die Angaben für die Jahre 2002 bis 2006 basieren auf einer telefonischen Auskunft aus dem Auswärtigen Amt. - 5 - ende für beendet und forderte die entsprechenden Organisationen auf, das Land zu verlassen (Wulf 2006: 23). Durchgesetzt wurde diese Forderung jedoch nur im Bereich der Nahrungsmittelhilfe. Nach neu ausgehandelten Regelungen zu ihrer Arbeit ließ die nordkoreanische Regierung einige der betroffenen ausländischen Hilfsorganisationen ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Neben der – generell politisch nicht konditionierten – humanitären Hilfe an Nordkorea hat die Bundesrepublik zumindest offiziell zu keiner Zeit eine – generell politisch konditionierte – entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Nordkorea unterhalten. Die Projekte zur Wiederbelebung der Landwirtschaft in Nordkorea enthielten jedoch verstärkt Elemente einer technischen Zusammenarbeit wie bspw. Saatgutvermehrung und - veredelung, Erneuerung von Verarbeitungsbetrieben (Mühlen, Bäckereien) und Unterstützung für Werkstätten landwirtschaftlicher Nutzfahrzeuge (Hertrampf 2005: 290). 2.2. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen im Jahre 2001 Die Grundlage für die mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen verbundene qualitative Aufwertung des bilateralen Verhältnisses war die im Jahr 2000 einsetzende politische Öffnung Nordkoreas. Die Regierung in Pjöngjang zeigte eine zuvor nicht gekannte Dialogbereitschaft gegenüber Südkorea und den USA, die insbesondere durch das historische Gipfeltreffen der beiden koreanischen Staatsoberhäupter im Juni 2000 in Pjöngjang sowie durch den Besuch der amerikanischen Außenministerin Albright im Oktober 2000 in Nordkorea zum Ausdruck kam. Darüber hinaus intensivierte das zuvor weitgehend isolierte Nordkorea seine Beziehungen zu den Staaten Ostasiens (Kreft 2001: 274f.). Im Jahr 2000 hatte die nordkoreanische Regierung gegenüber der Bundesregierung den Wunsch zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Deutschland mit zunehmendem Nachdruck artikuliert. Dieses Anliegen Pjöngjangs gründete auf der Hoffnung, mithilfe Deutschlands einen verbesserten Zugang zur EU zu erlangen, die von der Führung in Nordkorea als eine äußerst potente Quelle für Hilfsgelder angesehen wird. Entsprechend stark ist Pjöngjangs Interesse an einem Ausbau der Beziehungen zur EU (ebd.: 277f.). - 6 - Bei seinem Besuch in Berlin im Jahr 2000 hatte sich auch der südkoreanische Präsident Kim Dae-jung explizit für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Nordkorea ausgesprochen. Die Regierung Südkoreas erwartete von einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Berlin und Pjöngjang Unterstützung für die von ihr verfolgte so genannte „Sonnenscheinpolitik“ gegenüber Nordkorea (ebd.: 277-279). Diese auf Versöhnung bedachte Entspannungspolitik Kim Dae-jungs setzte darauf, Pjöngjang durch einseitige Annäherungsschritte des Südens zur Kooperation mit Seoul zu bewegen (Lee 2006: 193f.). Vor dem Hintergrund des neuen nordkoreanischen Verhältnisses zur Außenwelt entsprach die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Nordkorea also dem ausdrücklichen Willen der Regierungen von Nord- und Südkorea. Der formelle Schritt dazu erfolgte schließlich am 1. März 2001. Berlin hat die Annahmen der „Sonnenscheinpolitik“ stets geteilt und die Bemühungen Kim Dae-jungs von Beginn an unterstützt. Dementsprechend sollte die Aufnahme diplomatischer Beziehungen aus Sicht der deutschen Bundesregierung Nordkorea weiter in die internationale Gemeinschaft einbinden und damit einen Beitrag zum Entspannungsprozess auf der koreanischen Halbinsel leisten. Ferner versprach sich die Bundesregierung von der qualitativen Aufwertung der bilateralen Kontakte verbesserte Einflussmöglichkeiten auf die nordkoreanische Führung. Auf diesem Wege sollte Pjöngjang zur Zusammenarbeit mit den Menschenrechtsgremien der Vereinten Nationen (VN), zu verantwortungsvollem und kooperativem Verhalten in den Bereichen der Raketenproliferation und der nuklearen Nichtverbreitung sowie zur Gewährung verbesserter Arbeitsmöglichkeiten für Diplomaten, Mitarbeiter deutscher und ausländischer Hilfsorganisationen und ausländische Journalisten bewegt werden. Nicht zuletzt verstand die Bundesregierung ihr Handeln als einen Beitrag zur Entspannung der bilateralen Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA (Kreft 2001: 278). Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen ist nicht als Legitimierung des nordkoreanischen Regimes zu betrachten. Das neue Verhältnis zu Pjöngjang wurde von der Bundesregierung vielmehr in dem Bestreben eingegangen, deutsche und westliche Positionen im Dialog mit Nordkorea zu stärken, um langfristig auf eine weitere Öffnung des Landes , Fortschritte bei der Menschenrechtslage sowie Zurückhaltung bei der Entwicklung - 7 - und Proliferation nuklearer und Raketentechnologie hinzuwirken (ebd.: 278). Mithin wurde der Schritt zur weiteren formellen Eingliederung Nordkoreas in die internationale Gemeinschaft mit der Absicht vollzogen, den schwierigen und langwierigen Prozess der normativen Integration des nordkoreanischen Regimes in die internationale Gemeinschaft zu befördern. Das anlässlich der Aufnahme der Beziehungen unterzeichnete Protokoll brachte diese Haltung der Bundesregierung klar zum Ausdruck. Gemäß der Vereinbarung sollen die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Nordkorea einen Beitrag zur Sicherung der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, zu Fortschritten im innerkoreanischen Dialog sowie zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Nordkorea leisten (Auswärtiges Amt 2006). Konkret vereinbarten beide Seiten eine Verbesserung der Einreise- und Arbeitsmöglichkeiten für Medienvertreter und der Arbeitsbedingungen der internationalen Hilfsorganisationen in Nordkorea. Zudem sah das Protokoll vor, dass Berlin und Pjöngjang in einen Dialog über Fragen der Menschenrechte sowie Fragen der nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle, der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägertechnologie sowie der mit dem Umbau des nordkoreanischen Nuklearprogramms befassten multilateralen Korean Peninsula Energy Development Organization (KEDO) eintreten (Hertrampf 2005: 285). Mit dem ausgehandelten Protokoll, welches erstmals die Frage der Menschenrechte in eine derartige Vereinbarung mit einschloss, erreichte die Bundesregierung, dass sich Nordkorea – zumindest auf dem Papier – so weit wie noch niemals zuvor auf westliche Positionen zubewegte (Kreft 2001:279). Mit der zum 1. März 2001 erfolgten Aufnahme diplomatischer Beziehungen verfolgte die Bundesregierung keinen Sonderweg, sondern bewegte sich im Mainstream der EU- Mitgliedstaaten. Kurz zuvor hatten Großbritannien, Spanien, die Niederlande und Belgien diplomatische Beziehungen zu Nordkorea aufgenommen. Luxemburg folgte unmittelbar darauf. Portugal, Dänemark, Schweden, Finnland, Österreich und Italien hatten bereits vor Mitte des Jahres 2000 diplomatische Beziehungen zu Nordkorea unterhalten (Kreft 2001: 275f.). Zudem beschloss die EU-Kommission im Mai 2001 die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Nordkorea (European Commission 2005). - 8 - Für den Zeitraum von März 2001 bis September 2002 lässt sich eine positive Entwicklung der bilateralen Beziehungen konstatieren. In dieser kurzen Phase gelang es der Bundesregierung, den geplanten Abrüstungsdialog mit Nordkorea in Gang zu bringen (Hertrampf 2005: 286). Auch werden seitdem bei bilateralen Gesprächen mit Mitgliedern der nordkoreanischen Regierung regelmäßig Menschenrechtsfragen angesprochen (Auswärtiges Amt 2005: 347f.). Über das Regierungshandeln hinaus konnten der bilaterale Kultur- und Wissenschaftsaustausch sowie der bilaterale parlamentarische Dialog erste Ergebnisse vorweisen. Diese dynamische Phase im Verhältnis zwischen Deutschland und Nordkorea erwies sich aber letztlich als zu kurz, um eine nennenswerte Intensivierung der wirtschaftlichen Kontakte oder eine formale Kooperation der Regierungen hervorzubringen (Hertrampf 2005: 286f.). 2.3. Das Einfrieren der Beziehungen im Jahre 2002 infolge der zweiten Nuklearkrise Die erste Nuklearkrise um Nordkorea konnte im Oktober 1994 mit dem Abschluss des Genfer Rahmenabkommens zwischen den USA und Nordkorea beigelegt werden. Unter dem Genfer Abkommen war das plutoniumbasierte Nuklearprogramm Nordkoreas 1994 eingefroren worden. Im Gegenzug erhielt Nordkorea regelmäßig amerikanisch finanzierte Öllieferungen und zwei (für militärische Zwecke kaum nutzbare) Leichtwasserreaktoren von der Organisation KEDO, die jedoch nicht fertig gestellt wurden. Indirekt verbot das Abkommen Nordkorea die Anreicherung von Uran (Pollack 2003). Die zweite Nuklearkrise um Nordkorea begann im Oktober 2002, als der stellvertretende Außenminister Nordkoreas – laut amerikanischen Angaben – gegenüber einer Delegation der USA zugab, dass Nordkorea ein geheimes Programm zur Anreicherung von Uran betreibt, und das Genfer Rahmenabkommen von 1994 für nichtig erklärte. Kurz darauf widerrief die nordkoreanische Führung diese Aussagen. Washington reagierte auf das nordkoreanische Eingeständnis, ein Programm zur Urananreicherung zu betreiben , im November 2002 mit der Ankündigung, die Öllieferungen an Nordkorea auszusetzen . Daraufhin eskalierte Pjöngjang den Konflikt: Nordkorea kündigte das Genfer Abkommen offiziell auf, verwies die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) des Landes, gab die Wiederaufnahme seines eingefrorenen Plutonium- - 9 - programms bekannt und erklärte im Januar 2003 seinen Austritt aus dem Nichtverbreitungsvertrag (NVV) (ebd.). Die zwischen August 2003 und November 2005 abgehaltenen fünf Runden der Sechsparteiengespräche haben keine Lösung der nordkoreanischen Nuklearfrage hervorgebracht. Im Oktober 2006 führte Nordkorea einen Kernwaffentest durch. Nordkoreas Eingeständnis, ein Programm zur Urananreicherung zu betreiben, und die folgenden Eskalationsschritte Pjöngjangs standen den Erwartungen der Bundesregierung an das nordkoreanische Verhalten diametral entgegen. Da der Kurs Pjöngjangs die Grundlage der Beziehungen infrage stellte, fror die Bundesregierung die gerade an Dynamik gewinnenden Beziehungen zu Nordkorea umgehend ein. Die Unterzeichnung eines noch im Oktober 2002 paraphierten Luftverkehrsabkommens wurde ebenso aufgeschoben wie die Unterzeichnung eines Investitionsförderungs- und schutzvertrages. Bis heute bestehen keine bilateralen Abkommen oder Vereinbarungen über wirtschaftliche , finanzielle oder wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit. Daher sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Bundesrepublik und Nordkorea noch immer völlig unterentwickelt. Auch sind offizielle Besuche von Regierungsdelegationen auf Ministerebene in Nordkorea oder in der Bundesrepublik bisher ausgeblieben (Auswärtiges Amt 2006). Die Beziehungen beschränken sich seit dem Beginn der zweiten Nuklearkrise auf den wissenschaftlich-kulturellen Austausch (v.a. Deutscher Akademischer Austauschdienst, Goethe-Institut, Friedrich-Naumann-Stiftung) sowie die interparlamentarischen Kontakte (Hertrampf 2005: 287-291). Die Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass zumindest der Ansatz einer kooperativen Lösung der Nuklearproblematik erkennbar sein müsse, bevor die eingefrorenen Beziehungen der Bundesregierung zu Nordkorea wieder dynamisiert werden könnten (ebd.: 287). In diesem Zusammenhang unterstützt die Bundesregierung ausdrücklich das multilaterale Format der Sechsparteiengespräche zur diplomatischen Lösung der Nuklearfrage . Im Rahmen einer Verhandlungslösung fordert die Bundesregierung von Nordkorea die Rückkehr zu strikter Einhaltung des NVV sowie die strikte Einhaltung weiterer internationaler Verpflichtungen. Ferner verlangt sie eine vollständige, verifizierbare und unumkehrbare Einstellung des (nunmehr bestätigten) Nuklearwaffenprogramms sowie die Verpflichtung zum Abbau bestehender Kapazitäten (Bundesregierung 2004: 19). Die Bundesregierung hat auf bilateraler und multilateraler Ebene Bemühungen un- - 10 - ternommen, um die nordkoreanische Regierung zu einer vollständigen und verifizierbaren Einhaltung ihrer vertraglichen Nichtverbreitungsverpflichtungen zu bewegen (Bundesregierung 2005: 19; 2006: 15). Die deutsche Reaktion auf das Verhalten Nordkoreas in der zweiten Nuklearkrise stand bzw. steht im Einklang mit dem Handeln der EU. Auch Brüssel hat unter dem Eindruck der Nuklearkrise seine Beziehungen zu Nordkorea eingefroren und alle Projekte der wirtschaftlichen und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit suspendiert. Dabei hat die EU zu erkennen gegeben, dass eine zukünftige Kooperation von Nordkoreas Willen zur Kooperation in der Nuklearfrage abhängig ist (Wulf 2006: 22f.). Der von Brüssel eingeleitete Menschenrechtsdialog mit Nordkorea wurde von Seiten Pjöngjangs für beendet erklärt, nachdem die EU auf der VN-Menschenrechtskonferenz 2003 Nordkorea öffentlich scharf kritisiert hatte (Auswärtiges Amt 2005: 348). Die EU unterstützt die Sechsparteiengespräche zur Beendigung des nordkoreanischen Nuklearprogramms. Sie ist jedoch in der Nuklearfrage bisher nicht durch eine eigene Initiative in Erscheinung getreten (Wulf 2006: 22). Die Bundesregierung verurteilt den Nuklearwaffentest Nordkoreas vom Oktober 2006 und fordert von der nordkoreanischen Regierung neben der Einstellung der Nuklearwaffen - und Raketenprogramme den Verzicht auf weitere Tests und die Rückkehr zu den Sechsparteiengesprächen zur Beendigung des nordkoreanischen Nuklearprogramms (Steinmeier 2006). Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung VN-Sanktionen als Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den Nukleartest (Steinmeier 2006a). - 11 - Literatur: Auswärtiges Amt (2005): Siebter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen, http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Infoservice/Broschueren/ Menschenrechte7.pdf, am 12.10.2006. Auswärtiges Amt (2006): Beziehungen zwischen Nordkorea und Deutschland (Stand: März 2006), http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Korea DemokratischeVolksrepublik/Bilateral.html, am 10.10.2006. Bundesregierung (1994): Bericht der Bundesregierung über die deutsche Humanitäre Hilfe im Ausland 1990 bis 1993, 30.05.1994 (BT-DRS 12/7737), Berlin. Bundesregierung (2000): Bericht der Bundesregierung über die deutsche Humanitäre Hilfe im Ausland 1994 bis 1997, 05.07.2000 (BT-DRS 14/3891), Berlin. Bundesregierung (2003): Bericht der Bundesregierung über die deutsche Humanitäre Hilfe im Ausland 1998 bis 2001, 13.11.2003 (BT-DRS 15/2019), Berlin. Bundesregierung (2004): Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 2003), 14.05.2004 (BT-DRS 15/3167), Berlin. Bundesregierung (2005): Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 2004), 17.06.2005 (BT-DRS 15/5801), Berlin. Bundesregierung (2006): Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungsbericht 2005), 12.05.2006 (BT-DRS 16/1483), Berlin. European Commission (2005): The EU´s Relations with the Democratic People’s Republic of Korea – DPRK (latest update: December 2005), http://ec.europa.eu/comm/ external_relations/north_korea/intro/index.htm, am 16.10.2006. Steinmeier, Frank-Walter (2006): Erklärung zum nordkoreanischen Nukleartest, 09.10.2006, http://www.auswaertiges-amt.de//diplo/de/Infoservice/Presse/ Meldungen/2006/061009-Nordkorea.html, am 12.10.2006. Steinmeier, Frank-Walter (2006a): Interview mit Bundesaußenminister Steinmeier im ZDF-heute-journal zum nordkoreanischen Atomwaffentest, http://www. auswaertiges-amt.de/dipli/de/Infoservice/Presse/Interviews/2006/061009-Steinmeier Nordkorea.html, am 12.10.2006. Hertrampf, Doris (2005): Die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Demokratischen Volksrepublik Korea seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen, in: Köllner, Patrick (Hrsg.), Korea 2005. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft , Hamburg, S. 283-291. Kreft, Heinrich (2001): Deutschland, Europa und die Öffnung Nordkoreas, in: Köllner, Patrick (Hrsg.), Korea 2001. Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Hamburg, S. 274-282. - 12 - Lee, Chae-Jin (2006): A Troubled Peace. U.S. Policy and the Two Koreas, Baltimore. Pollack, Jonathan D. (2003): The United States, North Korea, and the End of the Agreed Framework, in: Naval War College Review, 56 (Summer 2003) 3, http:// www.nwc.navy.mil/PRESS/REVIEW/2003/Summer/art1-su3.htm, am 10.05.2006. Wulf, Herbert (2006): Nordkoreas Griff zur Bombe. Möglichkeiten und Strategien zum Stopp des Nuklearprogramms unter europäischer Beteiligung (= Stiftung Wissenschaft und Politik: SWP-Studie S 14), Berlin.