© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 176/15 Pakistan: Lage der Menschenrechte und deutsche humanitäre Hilfe Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 2 Pakistan: Lage der Menschenrechte und deutsche humanitäre Hilfe Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 176/15 Abschluss der Arbeit: 12. November 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Rechtsstaat und Durchsetzbarkeit von Menschenrechten 4 3. Todesstrafe und Straflosigkeit 6 4. Religiös motivierte Gewalt und Terrorismus 6 5. Situation von Frauen und Mädchen 8 6. Pressefreiheit 9 7. Anhang: Pakistan – humanitäre Hilfe (VS-NfD) 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 4 1. Einführung Pakistan hat im Juni 2010 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Konvention gegen Folter ratifiziert. Nach der Ratifikation des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im April 2008 ist Pakistan damit allen zentralen menschenrechtlichen Regelwerken der internationalen Staatengemeinschaft beigetreten. Auch die pakistanische Verfassung enthält in einem eigenen Abschnitt über Grundrechte eine Reihe wichtiger menschenrechtlicher Garantien. Im Juli 2015 hat, auf der Grundlage eines 2012 verabschiedeten Gesetzes, die Staatliche Nationale Menschenrechtskommission ihre Arbeit aufgenommen.1 Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung bzw. der Gesetze und die gesellschaftliche Realität massiv voneinander ab. Zahlreiche Menschenrechts-Indices bewerten Pakistan sehr negativ.2 Nahezu jedes Menschen- oder Bürgerrecht ist in Pakistan gefährdet bzw. kann vom Staat nicht ausreichend durchgesetzt und geschützt werden. Besonders gefährdet sind Frauen und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten. Zu den gesellschaftlichen und innenpolitischen Problemen, die diese seit langem andauernde Situation verursachen, gesellen sich Naturkatastrophen, fast zwei Millionen Binnenflüchtlinge regionaler Konflikte und die Anwesenheit von 1,5 Millionen3 Flüchtlingen aus Afghanistan. Alle drei Faktoren strapazieren die Ressourcen des Staates und tragen zur weiteren Destabilisierung der Menschenrechtssituation bei. Im Bereich der humanitären Hilfe leistet die Bundesregierung einen Beitrag, der als gesonderter Themenkomplex in der Anlage in Form eines VS-NfD eingestuften Sachstandes des Auswärtigen Amtes beigefügt ist. 2. Rechtsstaat und Durchsetzbarkeit von Menschenrechten4 De jure verfügt Pakistan über Gewaltenteilung und Rechtsstaat. De facto ist es der seit Ende der direkten Militärherrschaft unter General Pervez Musharraf (1999 – 2008) wieder erstarkten Judikative noch nicht gelungen, einen wirklich effektiven Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. Zwar befasst sich das Oberste Gericht des Landes immer wieder mit auch international beachteten Fällen, in denen es um die Verteidigung von Menschenrechten geht, doch unterlaufen mehrere Faktoren den Aufbau einer wirklich effektiven Justiz. Hierzu gehören 1 Auswärtiges Amt, Länderinformation Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, August 2015, http://www.auswaertigesamt .de/sid_8F0D00E1B4CB6A753C76EA8984132599/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenp olitik_node.html#doc344388bodyText4 (zuletzt abgerufen am 11. November 2015). 2 Siehe ReliefWeb, Human Rights Risk Index 2014, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/2014_Human_Rights_Risk_Index_Map.pdf (zuletzt abgerufen am 11. November 2015) und 3 UNHCR, 2015 UNHCR country operations profile – Pakistan, 2015, http://www.unhcr.org/pages/49e487016.html (zuletzt abgerufen am 11. November 2015). 4 Alle Informationen dieses Abschnittes vom Auswärtigen Amt (Anm. 1), sofern nicht durch Fußnote anders vermerkt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 5 der immer noch starke Einfluss des Militärs, islamischer Extremismus, das Fortbestehen feudaler oder familienzentrierter Gesellschaftsstrukturen und eines überkommenes Kastenwesens5 sowie die sich durch die gesamte Gesellschaft ziehende Korruption. Auch ist die Qualität der Arbeit von Polizei und Gerichten oft mangelhaft und entspricht häufig nicht den Mindestanforderung einer effizienten Verwaltung, die ebenfalls Teil eines funktionierenden Rechtsstaates ist. Neben diesen Mängeln sind es auch Teile des Gesetzesbestandes selbst, die Auswirkungen auf die Menschenrechtssituation in Pakistan haben, insbesondere das mit drakonischen Strafen bewehrte Blasphemiegesetz (siehe Abschnitt Religionsfreiheit). Im Juli 2014 trat das Anti-Terror-Gesetz „Protection of Pakistan Act“ in Kraft, das es u.a. den Sicherheitsorganen ermöglicht, einen bestimmten Kreis von Verdächtigen mehrere Monate lang ohne richterlichen Beschluss zu inhaftieren, und für bestimmte Straftatbestände eine Umkehr der Beweislast einführt. Zudem wurde im Januar 2015 die Einführung von Militärgerichten zur Aburteilung ziviler Terrorismusverdächtiger beschlossen. Mithin sind regionale Konflikte selbst oft Räume der Straflosigkeit, in der beide Seiten – Militär wie Extremisten – Menschenrechtsverbrechen begehen. In den pakistanischen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas, FATA) haben die in der pakistanischen Verfassung verankerten Bürgerrechte keine Geltung. Es gilt unverändert eine Sondergesetzgebung, die zum Teil noch aus der britischen Kolonialzeit stammt. Der zivilgesellschaftliche Einsatz für die Menschenrechte in Pakistan ist riskant. Bekanntestes Beispiel ist die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die wegen ihres Einsatzes für die Bildung von Mädchen von den Taliban getötet werden sollte und den Anschlag nur knapp und schwer verletzt überlebte.6 Zahlreiche andere Aktivisten und Aktivistinnen wurden wegen ihres Engagements ermordet.7 Summa summarum kann festgehalten werden, dass der pakistanische Staat nicht in der Lage ist, die Menschenrechte in angemessener Weise zu schützen. 5 Obwohl Pakistan weitestgehend muslimisch ist, besteht ein aus vorislamischer Zeit überkommenes Kastenwesen fort. Anders als im benachbarten Indien wird es nicht primär religiös sondern vielmehr ethnisch bzw. rassistisch begründet, wobei beispielsweise pakistanische Christen überwiegend den unteren, marginalisierten Kasten angehören. Die Existenz von Kasten wird in der pakistanischen Öffentlichkeit oft geleugnet und selten diskutiert, sie hat aber große Auswirkungen auf die Gesellschaftsstruktur und Chancengleichheit. Siehe Haris Gazdar, Class, Caste or Race: Veils over Social Oppression in Pakistan, Economic and Political Weekly am 13. Januar 2007, http://www.researchcollective.org/Documents/Class_Caste_or_Race.pdf (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 6 Sneha Shankar, Malala Yousafzai Attack: Pakistani Court Secretly Frees 8 Of 10 Attackers After They Were Convicted In April, International Business Times am 5. Juni 2015, http://www.ibtimes.com/malala-yousafzaiattack -pakistani-court-secretly-frees-8-10-attackers-after-they-were-1954072 (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 7 Siehe z.B. Human Rights Commission of Pakistan, HCRP Activists, http://hrcp-web.org/hrcpweb/hrcp-activists/ (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). Bei der Human Rights Commission of Pakistan handelt es sich um eine 1987 gegründete NGO und nicht um die oben erwähnte Staatliche Menschenrechtskommission. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 6 3. Todesstrafe und Straflosigkeit Als Reaktion auf den schweren Terrorüberfall auf eine Armeeschule in Peshawar hob die pakistanische Regierung das seit 2008 geltende Moratorium der Todesstrafe am 17. Dezember 2014 für den Bereich der Terrorismusstraftaten, am 3. März 2015 für alle mit der Todesstrafe belegten Straftaten auf.8 Bis zum 4. November 2015 wurden seither 294 Menschen hingerichtet9, darunter auch mindestens ein zum Zeitpunkt der Tat möglicherweise noch Minderjähriger.10 Ein großes Problem ist die Straflosigkeit vieler Morde (und anderer Straftaten), insbesondere an Journalisten11, Frauen (Mitgift- und Ehrenmorde)12 oder an Angehörigen marginalisierter Gesellschaftsgruppen.13 4. Religiös motivierte Gewalt und Terrorismus14 Die Islamische Republik Pakistan verdankt ihre Existenz historisch der Teilung Britisch-Indiens in einen mehrheitlich von Muslimen und einen mehrheitlich von Hindus besiedelten, aber säkularen Staat im Jahre 1947.15 Anders als Indien war Pakistan also von Anfang an als islamischer Staat konzipiert, laut Artikel 2 der Verfassung ist der Islam Staatsreligion. Die Lage der religiösen Minderheiten (vor allem Christen und Hindus) sowie der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat als Nichtmuslime klassifiziert werden, ist schwierig. Viele leben in 8 Auswärtiges Amt (Anm. 1). 9 Human Rights Commission of Pakistan, Who has been executed?, http://hrcp-web.org/hrcpweb/who-has-beenexecuted / (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 10 Phelim Kine, Dispatches: Pakistan Hangs Alleged Child Offender, Human Rights Watch am 4. August 2015, https://www.hrw.org/news/2015/08/04/dispatches-pakistan-hangs-alleged-child-offender (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 11 Committee to Protect Journalists, Getting away with Murder, 8. Oktober 2015, https://cpj.org/reports/2015/10/impunity-index-getting-away-with-murder.php (zuletzt abgerufen am 9. Nopvember 2015). 12 Roland-Pierre Paringaux, Pakistan: Cost of a lie, Le Monde Diplomatique im Mai 2001, http://mondediplo.com/2001/05/13pakistan (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 13 Paolo Laffatato, Pakistan: Impunity reigns in Bhatti’s murder case, Vatican Insider - La Stampa am 3. September 2015, http://vaticaninsider.lastampa.it/en/world-news/detail/articolo/pakistan-pakistan-paquistan-39626/ (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 14 Sofern durch Fußnote nicht anders vermerkt, entstammen alle Informationen dieses Abschnittes vom Auswärtigen Amt (Anm. 1). 15 Bis zum Jahre 1971 bestand Pakistan aus zwei Teilen: Ostpakistan, der bengalische Teil, wurde zum heutigen Bangladesch. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 7 Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, die sich aus dem aus vorislamischer Zeit stammenden Kastenwesen ergeben. Eine Bedrohung geht von militanten sunnitischen Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten aus. 2015 forderten Anschläge auf schiitische Gebetsstätten bislang ca. 100 Menschenleben. Besonderes Angriffsziel radikalsunnitischer Gruppen waren in den vergangenen Jahren die schiitischen Hazara- Gemeinden in Belutschistan. Die christliche Gemeinschaft wurde Ende September 2013 von einem schweren Terroranschlag auf die Allerheiligenkirche in Peshawar getroffen, bei dem mehr als 80 Gottesdienstbesucher ums Leben kamen. Bei einem Doppelanschlag auf zwei christliche Kirchen in Lahore im März 2015 wurden mehr als 15 Menschen getötet. Der Terrorismus ist das größte innenpolitische Problem Pakistans – das Land gehört zu den Staaten mit den meisten Opfern terroristischer Anschläge weltweit.16 Sowohl Terrorismus selbst als auch die Versuche des Staates, ihn durch den Einsatz des Militärs zu besiegen, haben dazu geführt, dass in einigen Regionen des Landes faktisch Krieg herrscht, was zu 1,8 Millionen Binnenflüchtlingen im Land geführt hat.17 Daneben ist Pakistan aber auch eines der Länder, in denen die Vereinigten Staaten mittels militärischer Drohnen am aktivsten gegen Terroristen kämpfen – was zu zahlreichen zivilen Opfern führt.18 Neben dem organisierten Terrorismus ist religiös aufgeladene Lynchjustiz ein häufig auftretendes Phänomen. Bei einem Vorfall im Oktober 2014 wurde ein christliches Ehepaar von einem wütenden Mob schwer misshandelt und lebendig verbrannt, nachdem behauptet worden war, die beiden hätten den Koran geschändet. Die Inkompetenz der Behörden und der Gerichte bei der Täterermittlung und der Verurteilung bei religiöser Gewalt haben zu einem Klima von Straflosigkeit geführt, welches das Ausleben von Intoleranz und Extremismus fördert.19 Das aus der Kolonialzeit stammende Blasphemiegesetz, das seit der Regierungszeit von General Zia-ul Haq in den achtziger Jahren streng ausgelegt wird, sieht für Gotteslästerung oder Schmähung des Propheten Muhammad die Todesstrafe vor. Außerdem richten sich einige ihrer 16 Wali Zahid, Pakistan ranks 5th in terrorism-affected countries list, 23. Juni 2015, http://walizahid.com/2015/06/pakistan-ranks-5th-in-terrorism-affected-countries-list/ unter Berufung auf ein Ranking der britischen NGO AOAV (Action on Armed Violence), (zuletzt abgerufen am 10. November 2015). 17 The Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC), Pakistan IDP Figures Analysis, Juli 2015, http://www.internal-displacement.org/south-and-south-east-asia/pakistan/figures-analysis (zuletzt abgerufen am 10. November 2015). 18 Jane Hunter für AOAV, 10 years on: the US’ covert drone campaign in Pakistan, 18. Juni 2014, https://aoav.org.uk/2014/10-years-us-covert-drone-campaign-pakistan/ (zuletzt abgerufen am 10. November 2015). 19 U.S. Department of State, Bureau of Democracy, Human Rights and Labor, International Religious Freedom Report for 2014, Pakistan, 2014, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm#wrapper (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 8 Paragraphen spezifisch gegen die Ahmadis. Faktisch „schützt“ das Gesetz vor allem den sunnitischen Islam, Anklagen aufgrund der Beleidigung des Christentums oder des Hinduismus sind nicht bekannt.20 Mindestens 19 „Gotteslästerer“ wurden bisher zum Tode verurteilt, bisher aber noch keine Urteile vollstreckt.21 Zwei hochrangige Politiker, der ehemalige Gouverneur der Provinz Punjab, Salman Taseer, und der damalige Minister für Minderheiten, der Christ Shahbaz Bhatti, wurden 2011 aufgrund ihres öffentlichen Eintretens für eine grundlegende Reform des Gesetzes ermordet. Danach blieben ernsthafte Bemühungen um eine Reform der Blasphemiegesetzgebung aus. 5. Situation von Frauen und Mädchen22 Pakistan hat das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ratifiziert. Trotz des in der Verfassung festgeschriebenen Diskriminierungsverbots und einiger wichtiger Gesetzesvorhaben zum Schutz von Frauen in der vergangenen Legislaturperiode sind Frauen in mehreren Rechtsbereichen aufgrund traditioneller patriarchalischer Normen und infolge der Anwendung islamisch geprägter Rechtsvorschriften schlechter gestellt als Männer. Auch unabhängig von ihrer rechtlichen Stellung sind besonders Frauen aus ärmeren Schichten und auf dem Land faktisch von Geburt an benachteiligt. So ist z.B. die Kindersterblichkeit bei Mädchen höher als bei Jungen. Die Alphabetisierungsrate der Frauen (ca. 30 Prozent) liegt deutlich unter der der Männer. Wie das Beispiel Malala Yousafzais zeigt, kann in einigen Gebieten schon das Engagement für Schuldbildung von Mädchen lebensgefährlich sein, weil es als Widerstand gegen den Herrschaftsanspruch radikaler Islamisten und deren rückständiges Frauenbild wahrgenommen wird. Weiterhin entgehen in Fällen von Ehrenmorden, Vergewaltigungen, Säure-Angriffen, Zwangsverheiratungen und häuslicher Gewalt die Täter häufig der Bestrafung. Insbesondere bei Verbrechen, die im Namen der Tradition oder der Sharia begangen werden, d.h. die Ermordung von Frauen, die die Familienehre befleckt haben sollen oder die „Bestrafung“ von Frauen durch Massenvergewaltigungen, werden die Täter selten vor Gericht gebracht.23 Hinzukommt, dass Vergewaltigungen von Opfern und deren Familien wegen der damit verbundenen 20 Allerdings ist die Verfilmung von Dan Browns „Da Vinci Code” in Pakistan verboten, da darin nach Ansicht pakistanischer Christen und der Behörden das Christentum verunglimpft werde, siehe BBC, Pakistan bans Da Vinci Code film, 4. Juni 2006, http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/5045672.stm (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 21 Saroop Ijaz, Dispatches: Reining In Pakistan’s Dangerous ‘Blasphemy’ Law, Human Rights Watch am 14. April 2015, https://www.hrw.org/news/2015/04/14/dispatches-reining-pakistans-dangerous-blasphemy-law (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). 22 Sofern durch Fußnote nicht anders vermerkt, entstammen alle Informationen dieses Abschnittes vom Auswärtigen Amt (Anm. 1). 23 Pakistani Women’s Human Rights Organization, o.Datum, http://www.pakistaniwomen.org/ (zuletzt abgerufen am 9. November 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 9 Stigmatisierung selten angezeigt werden. Gleichzeitig kann die Nichtanzeige einer Vergewaltigung zur Verurteilung des Opfers wegen Ehebruchs führen.24 Im Global Gender Gap Report 2014, der jedes Jahr vom World Economic Forum herausgegeben wird und die Lebensbedingungen von Männern und Frauen vergleicht, belegte Pakistan in der Gesamtwertung den 141. Platz von 142 erfassten Staaten. Durch die Einführung einer Frauenquote sind seit 2002 deutlich mehr Frauen in die Parlamente gewählt worden. Nachdem der Frauenanteil bei den Parlamentswahlen 2008 auf 23 Prozent angestiegen war, ist er bei den Wahlen im Mai 2013 allerdings wieder auf 20,5 Prozent zurückgegangen. Von den nun insgesamt 69 Parlamentarierinnen sind 60 über die für Frauen reservierten Sitze in die pakistanische Nationalversammlung eingezogen und lediglich 9 direkt gewählt worden. Im Senat liegt der Frauenanteil aktuell nur bei 16,5 Prozent. 6. Pressefreiheit25 Bezüglich der Freiheit der Medien sind zuletzt negative Entwicklungen zu beobachten. Zwar existiert in Pakistan eine Vielzahl privater Fernsehsender sowie Tages- und Wochenzeitungen. Jedoch sehen sich die Medien erheblichem Druck einzelner staatlicher Institutionen sowie extremistischer Organisationen ausgesetzt. Dies führt u.a. zu Selbstzensur. In einer weltweiten Analyse der Unabhängigkeit und Freiheit der Medien sieht “Reporter ohne Grenzen“ Pakistan derzeit auf Platz 159 von 180 Ländern. Die Internet-Videoplattform Youtube ist in Pakistan seit 2012 gesperrt. 24 Pakistani Women’s Human Rights Organization (Anm. 19). 25 Sofern durch Fußnote nicht anders vermerkt, entstammen alle Informationen dieses Abschnittes vom Auswärtigen Amt (Anm. 1). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 176/15 Seite 10 7. Anhang: Pakistan – humanitäre Hilfe (VS-NfD)