Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und das Völkerstrafgesetzbuch - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 2 - 161/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs und das Völkerstrafgesetzbuch Ausarbeitung WD 2 - 161/06 Abschluss der Arbeit: 5.9.2006 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Das Römische Statut und der Internationale Strafgerichtshof 4 1.1. Völkerstrafrecht und der Pönalisierungsauftrag des Römischen Statuts 4 1.2. Die „Umsetzung“ des Römischen Statuts in den einzelnen Mitgliedstaaten 5 1.3. Die „Umsetzung“ des Römischen Statuts in der Bundesrepublik Deutschland 6 2. Das Völkerstrafgesetzbuch 7 2.1. Anwendbarkeit 7 2.2. Örtliche und Sachliche Zuständigkeit 7 2.3. Weltrechtsprinzip 8 2.4. § 153 f StPO 8 2.5. Ermittlungsverfahren 9 3. Literatur- und Anlagenverzeichnis 11 - 4 - 1. Das Römische Statut und der Internationale Strafgerichtshof Der Gründungsvertrag des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist unter der Bezeichnung „Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs“ am 1. Juli 2002 in Kraft getreten.1 Damit ist erstmals ein ständiges Gericht geschaffen worden, durch das besonders schwere, nach dem 1. Juli 2002 begangene Straftaten wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen weltweit verfolgt werden können .2 Bisher wurde das Statut von 102 Staaten ratifiziert, darunter alle EU- Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Tschechischen Republik.3 1.1. Völkerstrafrecht und der Pönalisierungsauftrag des Römischen Statuts Das Römische Statut geht bei der Durchsetzung des Völkerstrafrechts von der Mitwirkung der Staaten aus. Grundsätzlich ist die Festlegung des Umfangs der staatlichen Strafgewalt als Ausdruck der Staatsgewalt die souveräne Entscheidung eines jeden Staates . Jeder Staat ist grundsätzlich frei, Anwendungsbereich und Reichweite seines Strafrechts zu bestimmen. Rechtliche Schutzlosigkeit kann es aufgrund der universellen Natur der Völkerrechtsverbrechen aber nicht geben. Daraus folgt nicht nur die Strafbefugnis der Völkergemeinschaft als Ganzer, auch jedem einzelnen Staat ist die strafrechtliche Verfolgung uneingeschränkt in allen Fällen erlaubt. Die Befugnis zu strafen folgt aus dem Verbrechen selbst, da Völkerrechtsverbrechen keine inneren Angelegenheiten des jeweiligen Staates sind.4 Die Strafpflicht trifft zunächst nur den Tatortstaat. Für völkerrechtswidrige Handlungen kann sich diese Pflicht auch aus dem Völkervertragsrecht ergeben.5 Darüber hinaus ist die Strafpflicht von Drittstaaten bei Völkerrechtsverstößen strittig. Dem Statut des In- 1 Römisches Statut v. 17.07.1998 (BGBl. 2000 II S. 1394), in Kraft getreten für die Bundesrepublik Deutschland am 1.07.2002, Bek. v. 28.02.2003 (BGBl. II S. 293). 2 Kopp, S. 2. 3 Aktueller Stand der Ratifikation des Römischen Statuts. Im Internet unter: http://untreaty.un.org/ENGLISH/bible /englishinternetbible/partI/chapterXVIII/treaty11.asp. 4 Werle, Rz. 171 f. 5 So verpflichten bspw. die vier Genfer Abkommen v. 12. August 1949 und deren I. Zusatzprotokoll v. 8. Juni 1977 (begrenzt) zur Ahndung von Kriegsverbrechen: vgl. Art 129 Kriegsgefangenen- Abkommen; Art. 146 Zivilschutz-Abkommen. Zudem ist auf die Völkermordkonvention v. 9. Dezember 1948 sowie die VN-Anti-Folterkonvention v. 10. Dezember 1948 hinzuweisen, die den Staaten (begrenzte) Pflichten zur Verfolgung entsprechender Straftaten auferlegen. - 5 - ternationalen Strafgerichtshofes und auch den Menschenrechtspakten lässt sich eine Bestrafungspflicht für Drittstaaten nicht entnehmen.6 Die Durchsetzung des Völkerstrafrechts erfolgt also „indirekt“ durch staatliche oder „direkt“ durch internationale Gerichte. Die Parallelität der nationalen und internationalen Zuständigkeit wurde für den IStGH in der Form der Subsidiarität gelöst, so dass primär die nationalen Organe zur Verfolgung von Völkerrechtsverbrechen zuständig sind.7 Nach dem Römischen Statut ist der IStGH nur dann für die Ahndung einer Straftat zuständig, wenn kein an sich dazu berufener Staat willens und fähig ist, die Verfolgung selbst zu übernehmen (vgl. Art. 1 und 17 IStGH-Statut). Des Weiteren bekräftigt es die (völkergewohnheitsrechtliche) Pflicht der Staaten, ihre Strafbarkeit über Völkerrechtsverbrechen auszuüben (vgl. Präambel Abs. 6 IStGH-Statut).8 Eine verbindliche Vorgabe, auf welche Weise die Staaten ihrer Verfolgungspflicht nachzukommen haben, lässt sich jedoch weder dem Römischen Statut noch dem Völkergewohnheitsrecht entnehmen . Insbesondere begründet das Statut keine korrespondierende Verpflichtung, bestimmte Straftatbestände in die innerstaatliche Rechtsordnung zu integrieren.9 1.2. Die „Umsetzung“ des Römischen Statuts in den einzelnen Mitgliedstaaten Trotz fehlender Verpflichtung, entspräche es aber dem Geist und dem Plan des Statuts, wenn die Staaten ihre materiellen Strafnormen an die Regelungen des Statuts anpassen würden. Teilweise sind solche Anpassungen durch die Staaten bereits erfolgt. Aufgrund der Vielzahl der Mitgliedstaaten können diesbezüglich jedoch keine ausführlichen Untersuchungen der einzelnen nationalen Strafrechtsordnungen vorgenommen werden. Allerdings führt das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht das Projekt „Nationale Strafverfolgung völkerrechtlicher Verbrechen – National Prosecution of International Crime“ durch. Dieses geht der Frage nach, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise Staaten zu einer nationalen Strafverfolgung der Kernverbrechen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen sowie des Verbrechens der Aggression in der Lage sind. In Form von Landesbe- 6 Werle, Rz. 179 ff. m.w.N. 7 Art. 1 S. 2, 2. Halbsatz IStGH-Statut. Anders noch der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg , der i. S. der Exklusivität für die Verfolgung der NS-Verbrechen die Alleinzuständigkeit besaß (Art. 6 IMG-Statut). 8 „ (...) daran erinnernd, dass die Pflicht eines jeden Staates ist, seine Strafgerichtsbarkeit über die für internationale Verbrechen Verantwortlichen auszuüben.“ 9 Werle/Jeßberger, S. 725 (727). - 6 - richten werden dabei die Strafrechtsordnungen von über 35 Staaten aus allen Kontinenten untersucht. Erste Auswertungen zeigen, dass die meisten Staaten besondere Strafnormen zu Erfassung völkerrechtlicher Verbrechen haben. Die nationalen Bestimmungen sind jedoch überwiegend älteren Datums und in Umsetzung der Völkermordkonvention von 1948 bzw. der Genfer Abkommen von 1949 geschaffen worden. Aus diesem Grund wird regelmäßig nur ein Teilbereich der völkerrechtlichen Straftaten erfasst. In den meisten untersuchten Staaten hat die Verabschiedung des IStGH-Statuts jedoch Reformprozesse eingeleitet.10 Die rechtsvergleichende Bestandsaufnahme zur nationalen Umsetzung des IStGH- Statuts von Helmut Kreicker, die weitere Nachweise und Informationen enthält, wird der Bearbeitung beigefügt (Anlage 3). Unter anderem werden darin die verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten dargestellt, völkerrechtliche Verbrechen auf nationaler Ebene strafrechtlich zu verfolgen.11 1.3. Die „Umsetzung“ des Römischen Statuts in der Bundesrepublik Deutschland Nahezu zeitgleich mit dem Inkrafttreten des IStGH-Statuts sind zwei wesentliche innerstaatliche Gesetze für die Bundesrepublik wirksam geworden: Dabei handelt es sich zum einen um das Gesetz über die strafrechtliche Zusammenarbeit mit dem IStGH12, welches u.a. die Rechtshilfe zwischen Deutschland und dem IStGH regelt. Zum anderen ist das deutsche Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)13 zu nennen, das die Straftatbestände des Römischen Statuts, aber auch zusätzlich weitere völkerrechtliche Straftatbestände (insbesondere die Kriegsverbrechertatbestände aus dem 1. Zusatzprotokoll von 1977 zu den vier Genfer Abkommen von 1949) in das deutsche Strafrecht inkorporiert.14 In dem Regelungswerk werden schwerste Völkerrechtsverbrechen unter Strafe gestellt. Hierzu 10 Kreicker, S. 7. 11 Vgl. Kreicker, S. 7 ff. 12 Gesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof v. 21.6.2002 (BGBl. 2002 I, S. 2144). 13 Art. 1 i.V.m. Art. 8 des Gesetzes v. 26. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2254). Das VStGB trat am 30. Juni 2002 in Kraft. 14 Zimmermann, S. 3068. - 7 - gehören Völkermord (§ 6 VStGB)15, Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) sowie Kriegsverbrechen (§§ 8 bis 12 VStGB). 2. Das Völkerstrafgesetzbuch 2.1. Anwendbarkeit Das VStGB findet nur auf Straftaten Anwendung, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen wurden. Straftaten vor dem 30. Juni 2002 sind nach früherem Recht zu beurteilen. Dies betrifft überwiegend Völkermordhandlungen im ehemaligen Jugoslawien .16 2.2. Örtliche und Sachliche Zuständigkeit Durch Änderungen des Art. 96 Abs. 5 GG sowie des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)17 wurden die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die erstinstanzliche Zuständigkeit für alle nach dem VStGB zu verfolgenden Straftaten bei den Oberlandesgerichten und dem Generalbundesanwalt konzentriert werden können. Gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 8 GVG sind für die Verhandlung und Entscheidung im ersten Rechtszug die Oberlandesgerichte zuständig, in deren Bezirk die Landesregierungen ihren Sitz haben.18 In diesen Fällen übt der Generalbundesanwalt das Amt der Staatsanwaltschaft auch bei den zuständigen Oberlandesgerichten aus (§ 142 a Abs. 1 S. 1 GVG). Gründe für diese Zuständigkeit sind neben der Schwere der Völkerrechtsverbrechen in erster Linie die Komplexität der mit der Anwendung des VStGB verbundenen Rechtsfragen. Auch der komplizierte Ermittlungsaufwand (ggf. erforderliche Auslandsrecherchen sowie Rechtshilfeverfahren), die eventuelle Betroffenheit außenpolitischer 15 § 6 VStGB entspricht inhaltlich dem bisherigen § 220 a StGB, der aus dem StGB gestrichen wurde. 16 Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Im Internet unter: http://www.generalbundesanwalt. de/de/voelker.php. 17 Vgl. insoweit BGBl. I 2002, S. 2863 (Änderung Art. 96 Abs. 5 GG) und BGBl. 2002 I, S. 2914 (Gesetz zur Änderung des GVG). Art. 96 Abs. 5 GG lautet: „Für Strafverfahren auf den folgenden Gebieten kann ein Bundesgesetz vorsehen, dass Gerichte der Länder Gerichtsbarkeiten des Bundes ausüben: (1) Völkermord, (2) völkerstrafrechtliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit, (3) Kriegsverbrechen. (4) andere Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden , das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, (5) Staatsschutz.“ 18 Im Übrigen sind die allgemeinen Regeln der §§ 7 ff. StPO anwendbar. - 8 - Interessen der Bundesrepublik sowie die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung sprechen für die Konzentration der Zuständigkeiten.19 2.3. Weltrechtsprinzip Für die Verbrechenstatbestände des VStGB gilt das Weltrechtsprinzip (§1 VStGB). Danach können Straftaten auch dann verfolgt werden, wenn die Täter weder selbst Deutsche sind noch die Taten in Deutschland oder an deutschen Staatsangehörigen begangen wurden oder einen sonstigen Inlandbezug aufweisen. Das Weltrechtsprinzip ist ein bedeutendes Element bei der Bekämpfung der Straflosigkeit von schwersten Menschenrechtsverbrechen .20 Das bedeutet allerdings nicht, dass Deutschland „die Verfolgung aller irgendwo auf der Welt begangenen Völkerstraftaten übernehmen will“. Vielmehr stellt das Weltrechtsprinzip lediglich ein letztes Mittel dar, wenn andere Möglichkeiten ausscheiden.21 2.4. § 153 f StPO Deshalb wurde in der deutschen Strafprozessordnung (StPO) eine prozessuale Begleitregelung zum Völkerstrafgesetzbuch geschaffen (vgl. den geänderten § 153 c i.V.m. den neu eingefügten 153 f StPO). Danach „kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Tat nach dem VStGB (...)22 absehen, wenn sich der Beschuldigte nicht im Inland aufhält und ein solcher Aufenthalt auch nicht zu erwarten ist“ (vgl. § 153 Abs.1 S. 1 StPO).23 Insbesondere kann die Staatsanwaltschaft unter den kumulativ vorliegenden Voraussetzungen des § 153 Abs. 2 StPO von der Verfolgung der Tat absehen, wenn 19 Zimmermann S. 725 (733). 20 Die abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Weltrechtspflegeprinzip nach § 6 Nr. 1 StGB a.F. ist für die Anwendbarkeit des VStGB damit bedeutungslos. 21 Auswärtiges Amt / Bundesregierung, S. 165. 22 In den Fällen des § 153 c Abs. 1 (Nichtverfolgung von Auslandstaten): „Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung von Straftaten absehen, wenn die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen sind oder die ein Teilnehmer an einer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangenen Handlung in diesem Bereich begangen hat (Nr. 1); die ein Ausländer im Inland auf einem ausländischen Schiff oder Luftfahrzeug begangen hat (Nr. 2). 23 Handelt es sich bei dem Beschuldigten um einen Deutschen, so gilt dies jedoch nur dann, wenn die Tat vor einem Internationalen Gerichtshof oder durch einen Staat, auf dessen Gebiet die Tat begangen oder dessen Angehöriger durch die Tat verletzt wurde, verfolgt wird (vgl. § 153 f Abs. 1 S. 2 StPO). - 9 - kein Tatverdacht gegen einen Deutschen besteht (Nr. 1), die Tat nicht gegen einen Deutschen begangen wurde (Nr. 2), kein Tatverdächtiger sich im Inland aufhält (Nr. 3) und die Tat bereits vom Herkunftsland des Täters oder des Opfers oder einem Internationalen Gerichtshof verfolgt wird (Nr. 4). Bei Ausländern wird das Absehen von der Verfolgung unter den Voraussetzungen des § 153 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und Nr. 4 auch zugelassen , wenn er sich zwar im Inland aufhält, jedoch seine Überstellung an einen internationalen Gerichtshof oder die Auslieferung an den verfolgenden Staat zulässig und beabsichtigt ist (vgl. § 153 f Abs. 2 S. 2 StPO). Diese Bestimmungen rechtfertigen sich aus dem besonderen Interesse des Heimatstaates von Täter und Opfer an der Strafverfolgung sowie aus der regelmäßig größeren Nähe der vorrangig berufenen Gerichtsbarkeiten zu den Beweismitteln.24 Darüber hinaus wird dadurch eine Überlastung der deutschen Ermittlungsressourcen für solche Fälle vermieden, die keinerlei Aufklärungserfolg versprechen.25 Daneben bleiben andere Möglichkeiten des Absehens von der Strafverfolgung oder der Verfahrenseinstellung nach den für alle Strafverfahren geltenden sonstigen Vorschriften erhalten.26 2.5. Ermittlungsverfahren Bisher sind mehr als 30 Strafanzeigen wegen angeblicher Straftaten nach dem VStGB beim Generalbundesanwalt erstattet worden, von denen aber bis dato keine zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens geführt hat. Dafür sind insbesondere drei Ursachen zu nennen: - Die Taten wurden hauptsächlich vor Inkrafttreten des VStGB begangen, so dass eine Verfolgung bereits wegen des Rückwirkungsverbots nicht möglich war.27 - Auch waren Fälle zu verzeichnen, in denen die allgemeinen Regeln über die Immunität gelten, die v.a. bei Regierungsmitgliedern eine Rolle spielen. Das bedeutet , sie dürfen in Deutschland nicht strafrechtlich wegen Taten verfolgt werden , die sie während ihrer Amtszeit begangen haben. Damit folgt die Bundesanwaltschaft der Auffassung des Internationalen Gerichtshofes. Dieser stellte 2002 fest, dass Regierungsmitglieder nur in ihrem Herkunftsstaat oder vor einem 24 Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof. Im Internet unter: http://www.generalbundesanwalt. de/de/voelker.php. 25 Keller, S. 112 (114). 26 Auswärtiges Amt / Bundesregierung, S. 166. 27 Vgl. Auswärtiges Amt / Bundesregierung, S. 166. - 10 - internationalen Gericht für schwere Menschenrechtsverletzungen während ihrer Amtszeit zur Verantwortung gezogen werden können.28 - Im Übrigen hat der Generalbundesanwalt, soweit es nicht bereits an der Tatbestandsmäßigkeit des angezeigten Verhaltens fehlte, unter Anwendung der erwähnten strafprozessualen Begleitvorschrift des § 153 f StPO von der Strafverfolgung abgesehen.29 Als Beispielsfälle werden zwei Pressemitteilungen des Generalbundesanwalts als Anlagen übermittelt (Anlagen 1 und 2). 28 Amnesty International Deutschland. Amnesty journal August 2003. Im Internet unter: http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/0/dda17c5fd451cd55c1256d6c004e83e6?OpenDocument. 29 Auswärtiges Amt / Bundesregierung, S. 166. - 11 - 3. Literatur- und Anlagenverzeichnis Amnesty International Deutschland (2003): Internationale Strafjustiz, Deutsches Völkerstrafgesetzbuch – Ermittlungen bislang Fehlanzeige, Amnesty Journal, August 2003. Im Internet: http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/0/dda17c5fd451cd55c1256d6c004e83e6?Op enDocument. Auswärtiges Amt (Hrsg.) / Bundesregierung (2005): Siebter Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik in den auswärtigen Beziehungen und in anderen Politikbereichen, Unterrichtung durch die Bundesregierung, Berlin. Generalbundesanwalt (2006): Keine deutschen Ermittlungen wegen der angezeigten Vorfälle in Usbekistan, Pressemitteilung 9/2006 v. 31. März 2006. – Anlage 1 – Generalbundesanwalt (2005): Keine deutschen Ermittlungen wegen der angezeigten Vorfälle von Abu Ghraib / Irak, Pressemitteilung 6/2005 v. 10. Februar 2005. – Anlage 2 – Keller, Rainer (2003): Kritik des Völkerstrafgesetzbuches, in: Neue Kriminalpolitik, Heft 3/2003, S. 112-115. (2006): Einzelfragen zum Internationalen Strafgerichtshof, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Sachstand, WF 2 G – 064/06 v. 3. April 2006, Berlin. Kreicker, Helmut (2004): Die Rezeption des Völkerstrafrechts durch nationale Rechtsordnungen , Rechtsvergleichende Bestandsaufnahme und kritische Bewertung, Max- Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg. – Anlage 3 – Werle, Gerhard (2003): Völkerstrafrecht, Tübingen. Werle, Gerhard; Jeßberger, Florian (2002): Das Völkerstrafgesetzbuch, in: JZ 2002, S. 725-734. Zimmermann, Andreas (2002): Bestrafung völkerrechtlicher Verbrechen durch deutsche Gerichte nach Inkrafttreten des Völkerstrafgesetzbuchs, in: NJW 2002, S. 3068-3070.