© 2018 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 158/18 Vergleich der Rüstungsexportgrundsätze der Bundesregierung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 2 Vergleich der Rüstungsexportgrundsätze der Bundesregierung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 158/18 Abschluss der Arbeit: 21. November 2018 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern 5 3. Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern 5 4. Unterschiede zwischen den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung und dem Gemeinsamen Standpunkt der EU 6 4.1. Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland 6 4.2. Unterteilung in Ländergruppen 7 4.2.1. NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten, NATO-gleichgestellte Länder 8 4.2.2. Sonstige Länder 8 4.3. Bewaffnete äußere Konflikte 8 4.4. Berücksichtigung bestimmter (wirtschaftlicher) Interessen des exportierenden Staates 9 4.5. Vorgaben für exportpolitische Kooperationen und Zulieferungen 9 5. Ergänzende Grundsätze der Bundesregierung von 2015 9 5.1. Grundsätze der Bundesregierung für die Ausfuhrgenehmigungspolitik bei der Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und entsprechender Herstellungsausrüstung in Drittländer 9 5.2. Eckpunkte für die Einführung von Post-Shipment-Kontrollen bei deutschen Rüstungsexporten 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 4 1. Einführung Der Export von Rüstungsgütern wird in der Bundesrepublik Deutschland maßgeblich durch das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrollG)1 und das Außenwirtschaftsgesetz (AWG)2 i.V.m. der Außenwirtschaftsverordnung (AWV)3 geregelt. Die beiden Gesetze legen den Rahmen des deutschen Rüstungsexportregimes fest und sehen Fälle vor, in denen eine Ausfuhrgenehmigung für Kriegswaffen oder sonstige Rüstungsgüter entweder zwingend zu versagen ist oder versagt werden kann (vgl. § 6 KrWaffKontrollG, § 4 AWG). Für Rüstungsexporte, für deren Genehmigung ein Beurteilungs- und Ermessensspielraum verbleibt, treffen der Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern4 (dazu 2.) (kurz: Gemeinsamer Standpunkt der EU) und die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern5 (dazu 3.) (kurz: Exportgrundsätze der Bundesregierung) Vorgaben für die Prüfung der Ausfuhr im Einzelfall. Der vorliegende Sachstand unternimmt einen Vergleich zwischen den Exportgrundsätzen der Bundesregierung und dem Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union (EU) und arbeitet vor allem die maßgeblichen Unterschiede heraus (dazu 4.). Im Anschluss daran werden die ergänzenden Grundsätze der Bundesregierung aus dem Jahr 2015 zu Rüstungsexporten dargestellt (dazu 5.), die sich mit spezifischen Regelungen zu Kleinwaffen und sogenannten Post- Shipment-Kontrollen befassen und über die unionsrechtlichen Vorgaben zu Rüstungsexporten hinausgehen. 1 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes) (KrWaffKontrollG), https://www.gesetze-iminternet .de/krwaffkontrg/index.html#BJNR004440961BJNE000509377 (letzter Zugriff: 21.11.2018). 2 Außenwirtschaftsgesetz (AWG), https://www.gesetze-iminternet .de/awg_2013/index.html#BJNR148210013BJNE000101118 (letzter Zugriff: 21.11.2018). 3 Außenwirtschaftsverordnung (AWV), https://www.gesetze-iminternet .de/awv_2013/index.html#BJNR286500013BJNE000202118 (letzter Zugriff: 21.11.2018). 4 Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern, OJ L 335/99, https://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32008E0944&from=DE (letzter Zugriff: 21.11.2018). 5 Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern vom 19. Januar 2000, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/A/aussenwirtschaftsrechtgrundsaetze .pdf?__blob=publicationFile&v=1 (letzter Zugriff: 21.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 5 2. Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern Der Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern aktualisierte und ersetzte den bis dato geltenden Verhaltenskodex der Europäischen Union vom 8. Juni 1998 für Waffenausfuhren. Er benennt in seinem Art. 2 acht Kriterien, anhand derer ein EU-Mitgliedstaat die Anträge auf Ausfuhrgenehmigung für die in der Gemeinsamen Militärgüterliste der EU6 aufgeführten Gegenstände in jedem Einzelfall prüfen muss (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2). Ein Benutzerleitfaden7 gibt detaillierte Hinweise zur einheitlichen Auslegung und Anwendung der Kriterien. Der Gemeinsame Standpunkt enthält zudem weitere Grundsätze für die Beurteilung der Ausfuhrgenehmigungen (Art. 5 und 10) und verpflichtet die Mitgliedstaaten, sich gegenseitig detailliert über verweigerte Ausfuhrgenehmigungen zu informieren. Sofern ein Mitgliedstaat eine Ausfuhrgenehmigung zu erteilen beabsichtigt, obwohl zuvor ein anderer Mitgliedsstaat eine im Wesentlichen gleichartige Rüstungsausfuhr verweigert hat, besteht die Pflicht zur Konsultation dieses Mitgliedstaates (Art. 4). 3. Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern Mit den Politischen Grundsätzen für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern beschloss die Bundesregierung am 19. Januar 2000 eine Neufassung ihrer bereits im Jahr 19828 verabschiedeten Grundsätze. Diese Neufassung besteht bis heute inhaltlich unverändert, nimmt seit dem Jahr 2009 allerdings Bezug auf den Gemeinsamen Standpunkt der EU von 2008, der an die Stelle des Verhaltenskodex der EU für Waffenausfuhren von 1998 trat. 6 Gemeinsame Militärgüterliste der Europäischen Union, vom Rat am 6. März 2017 angenommen, (vom Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern erfasste Ausrüstung), (GASP), 2017/C 097/01, https://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52017XG0328(01)&from=LT (letzter Zugriff: 21.11.2018). 7 User's Guide to Council Common Position 2008/944/CFSP defining common rules governing the control of exports of military technology and equipment, Fassung vom 12. Juli 2015, COARM 172 CFSP/PESC 393, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10858-2015-INIT/en/pdf (letzter Zugriff: 21.11.2018). 8 Vgl. dazu auch das Kabinettsprotokoll der 78. Kabinettssitzung vom 26. Mai 1982, http://www.bundesarchiv.de/cocoon/barch/0/k/k1982k/kap1_1/kap2_22/para3_4.html (letzter Zugriff: 21.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 6 Die Exportgrundsätze gliedern sich in fünf Teile und formulieren zunächst „Allgemeine Prinzipien “ (Ziffer I der Exportgrundsätze), die unterschiedslos für alle beabsichtigten Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern gelten. Daran anschließend wird eine Aufteilung in zwei Ländergruppen vorgenommen: Für Exporte in „NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten und NATO-gleichgestellte Länder“9 (Ziffer II) und „Sonstige Länder“ (Ziffer III) sind unterschiedliche Anforderungen zu beachten, wobei der Export in Länder der ersten Gruppe grundsätzlich zu genehmigen ist (vgl. Ziffer II Nr. 1 S. 2), während die Ausfuhr in „sonstige Länder“ restriktiver gehandhabt werden soll (vgl. Ziffer III Nr. 1). Ferner treffen die Exportgrundsätze in Ziffer IV Regelungen, die sicherstellen sollen, dass die exportierten Rüstungsgüter auch im Empfängerland verbleiben. Schließlich ist dem Deutschen Bundestag jährlich ein Rüstungsexportbericht vorzulegen (Ziffer V). 4. Unterschiede zwischen den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung und dem Gemeinsamen Standpunkt der EU Die Exportgrundsätze der Bundesregierung nehmen die Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes der EU ausdrücklich als „integralen Bestandteil“ auf (Ziffer I Nr. 1 S. 2) und haben, soweit sie restriktivere Maßstäbe vorsehen, Vorrang (Ziffer I Nr. 1 S. 3). Dies hat zur Folge, dass sich die Exportgrundsätze mit Blick auf ihren Regelungsgehalt letztlich dort vom Gemeinsamen Standpunkt der EU unterscheiden, wo die Bundesregierung strengere Maßstäbe anlegt oder zusätzliche Schwerpunkte in der Rüstungsexportkontrolle setzt. Nachfolgend werden daher die wesentlichen inhaltlichen Abweichungen der Exportgrundsätze im Vergleich zum Gemeinsamen Standpunkt der EU vorgestellt; für die weiteren Regelungen wird im Übrigen auf den Benutzerleitfaden verwiesen. 4.1. Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland Die Bundesregierung hebt in ihren Exportgrundsätzen mehrfach die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland als Kriterium hervor (vgl. u.a. Ziffer I Nr. 2 bis 4, Ziffer II Nr. 3 S. 4, Ziffer III Nr. 4). Bereits in der Präambel („In dem Bestreben […]“) wird dieses Kriterium als angestrebtes Ziel genannt und anschließend als allgemeines Prinzip formuliert (Ziffer I Nr. 2): „Der Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland wird bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern besonderes Gewicht beigemessen.“ 9 „NATO-gleichgestellte Länder“ sind gemäß den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern Australien, Japan, Neuseeland und die Schweiz. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 7 Ferner heißt es in Ziffer I Nr. 3: „Genehmigungen für Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern werden grundsätzlich nicht erteilt, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression im Sinne des EU-Verhaltenskodex für Waffenausfuhren 10 oder zu sonstigen fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht werden. Für diese Frage spielt die Menschenrechtssituation im Empfängerland eine wichtige Rolle“ [Hervorhebungen durch Verfasser]. Im Gemeinsamen Standpunkt der EU wird die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts als gemeinsames Kriterium genannt, wobei auch der Aspekt des Missbrauchs von Rüstungsausfuhren für „interne Repressionen“ angesprochen wird. Die EU-Mitgliedstaaten sollen die Ausfuhr der betreffenden Militärgüter oder Technologie dann verweigern, wenn ein „eindeutiges Risiko“ besteht, dass der Empfängerstaat den Export zu internen Repressionen (Art. 2 Abs. 2 lit. a) nutzen „könnte“. Im Vergleich zu den Exportgrundsätzen („hinreichender Verdacht“) sind die Ausführungen an dieser Stelle daher weniger restriktiv formuliert.11 Wurden schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen im Empfängerstaat festgestellt, soll der exportierende EU-Mitgliedstaat eine Einzelfallprüfung („case by case“) unter Berücksichtigung der Art des Rüstungsgutes vornehmen. Der Maßstab der deutschen Exportgrundsätze erscheint insoweit strenger, als er bereits bei hinreichendem Verdacht einen Export versagt, wobei es sich allerdings um „fortdauernde und systematische“ Menschenrechtsverletzungen handeln muss. 4.2. Unterteilung in Ländergruppen Unverkennbar unterscheiden sich beide Regelungswerke dadurch, dass die acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes jedenfalls a priori unterschiedslos auf alle Empfängerstaaten anzuwenden sind,12 während in den deutschen Exportgrundsätzen eine Unterteilung in „NATO- Länder, EU-Mitgliedstaaten, NATO-gleichgestellte Länder“ sowie „Sonstige Länder“ (im Folgenden auch: Drittländer) vorgenommen wird. Unter Anwendung des Gemeinsamen Standpunktes der EU werden daher weder NATO- Vertragsstaaten noch die Mitgliedstaaten der EU als Empfängerstaaten im Genehmigungsprozess bevorzugt eingestuft. Die Bundesregierung hat dagegen eine klare Abstufung vorgenommen. 10 Der Verweis bezieht sich nunmehr auf die Definition der „internen Repressionen“ im Gemeinsamen Standpunkt der EU. 11 Siehe aber auch den Hinweis im (englischsprachigen) Benutzerleitfaden zu der Verwendung des Begriffs „clear risk“ in Kombination mit dem Konjunktiv, Chapter 2, Section 2, 2.7, S. 46, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10858-2015-INIT/en/pdf (letzter Zugriff: 21.11.2018). 12 Vgl. den Benutzerleitfaden z.B. zu dem ersten Kriterium, Chapter 1, Section 1, 1.1, S. 14, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-10858-2015-INIT/en/pdf (letzter Zugriff: 21.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 8 4.2.1. NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten, NATO-gleichgestellte Länder Rüstungsexporte in NATO-Länder, EU-Mitgliedstaaten und NATO-gleichgestellte Länder sind grundsätzlich zu genehmigen, es sei denn, dass aus „besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist“ (Ziffer II Nr. 1 S. 2). Als relevantes Kriterium für die Ausfuhr in diese Staaten wird die Orientierung an deutschen Sicherheitsinteressen im Rahmen des NATO-Bündnisses und der EU betont (Ziffer II Nr. 1 S. 1). 4.2.2. Sonstige Länder Die Ausfuhr von Rüstungsgütern in „sonstige Länder“ soll dagegen restriktiv gehandhabt werden (Ziffer III Nr.1 S.1). Insbesondere dürfe sie nicht zum „Aufbau zusätzlicher, exportspezifischer Kapazitäten“ führen (Ziffer III Nr.1 S. 2). Der Export von Kriegswaffen soll nur ausnahmsweise genehmigt werden, sofern im Einzelfall „besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen Deutschlands unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen“ dafür sprechen (Ziffer III Nr. 2 S.1). Für sonstige Rüstungsgüter gilt demgegenüber der Grundsatz, dass Genehmigungen nur erteilt werden, soweit die im Rahmen des AWG zu schützenden Belange nicht gefährdet sind (Ziffer III Nr. 3 S. 1). 4.3. Bewaffnete äußere Konflikte Um Rüstungsexporte zu unterbinden, die vom Empfängerstaat in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden, sollen die Mitgliedstaaten eine Ausfuhrgenehmigung verweigern, wenn das „eindeutig[e] Risiko“ besteht, dass die Militärgüter oder Militärtechnologie zum Zweck der Aggression oder zur gewaltsamen Durchsetzung eines Gebietsanspruchs benutzt werden (Art. 4 Abs. 4 S. 1 Gemeinsamer Standpunkt). Verschiedene Risikofaktoren sind für die Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (Art. 4 Abs. 4 lit. a bis d). Die Bundesregierung trifft im Vergleich dazu eine restriktivere Regelung, wobei sich diese ausschließlich auf Exporte von Kriegswaffen bzw. „kriegswaffennahen Rüstungsgüter“13 bezieht. Danach werden keine Genehmigungen für Ausfuhren in Staaten erteilt, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind, wo eine solche droht oder in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden (Ziffer III Nr. 5). 13 Laut den Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern handelt es sich dabei um „Anlagen und Unterlagen zur Herstellung von Kriegswaffen“. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 9 4.4. Berücksichtigung bestimmter (wirtschaftlicher) Interessen des exportierenden Staates Für den ohnehin nur ausnahmsweise zu genehmigenden Export von Kriegswaffen in Drittländer hält die Bundesregierung fest, dass beschäftigungspolitische Gründe keine ausschlaggebende Rolle spielen dürften (Ziffer III Nr. 2 S. 2). Demgegenüber ist auch nach Art. 10 des Gemeinsamen Standpunktes der EU eine Berücksichtigung der Auswirkungen von geplanten Exporten auf die wirtschaftlichen, sozialen, kommerziellen und industriellen Interessen der Mitgliedstaaten möglich . Diese Faktoren dürfen jedoch nicht die Anwendung der Kriterien „beeinträchtigen“ (Art. 10 Gemeinsamer Standpunkt der EU). Im Gegensatz zu den Exportgrundsätzen der Bundesregierung wird also gerade keine Gewichtung der eigenen Interessen („keine ausschlaggebende Rolle“) im Zuge der Abwägung vorgegeben. 4.5. Vorgaben für exportpolitische Kooperationen und Zulieferungen Die deutschen Exportgrundsätze beinhalten auch Vorgaben für deutsche Kooperationen mit NATO-Ländern, EU-Mitgliedstaaten und NATO-gleichgestellten Ländern sowie zu Exporten von Rüstungsgütern, bei denen deutsche Zulieferungen Verwendung finden (Ziffer II Nr. 2 bis 6). Insoweit gehen die Regelungen über den EU-Standpunkt hinaus, der auf diesen Aspekt der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit nicht eingeht. 5. Ergänzende Grundsätze der Bundesregierung von 2015 5.1. Grundsätze der Bundesregierung für die Ausfuhrgenehmigungspolitik bei der Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und entsprechender Herstellungsausrüstung in Drittländer Im März 2015 beschloss die Bundesregierung Grundsätze für die Ausfuhrgenehmigungspolitik bei der Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und entsprechender Herstellungsausrüstung in Drittländer14 (Kleinwaffengrundsätze), die eine Verschärfung der Regelungen für die Ausfuhr von sogenannten „Kleinen und Leichten“ Waffen in Drittländer zum Gegenstand haben. 14 Grundsätze der Bundesregierung für die Ausfuhrgenehmigungspolitik bei der Lieferung von Kleinen und Leichten Waffen, dazugehöriger Munition und entsprechender Herstellungsausrüstung in Drittländer vom 18. März 2015, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/G/grundsaetze-der-bundesregierung-fuer-dieausfuhrgenehmigungspolitik -bei-der-lieferung-von-kleinen-und-leichtenwaffen .pdf?__blob=publicationFile&v=4 (letzter Zugriff: 21.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 10 Danach werden grundsätzlich keine Genehmigungen für die Ausfuhr von Komponenten und Technologie in Drittländer (z.B. im Zusammenhang mit Lizenzvergaben) erteilt, die in dem betreffenden Land eine neue Herstellungslinie für kleine und leichte Waffen oder entsprechende Munition eröffnen (Grundsatz Nr. 2). Zudem wendet die Bundesregierung den Exportgrundsatz „Neu für Alt“ sowie dessen Variante „Neu, Vernichtung bei Aussonderung“ für den Export solcher Waffen an (Grundsatz Nr. 6). So sollen sich die staatlichen Empfängerländer verpflichten, ihre durch die Neubeschaffung zu ersetzenden Waffen zu vernichten. Soll ein plausibler Neubedarf gedeckt werden, müssen die neuen Waffen im Zuge ihrer späteren Aussonderung vernichtet werden. In Ansätzen finden sich diese Grundsätze auch bereits in der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2002 betreffend den Beitrag der Europäischen Union zur Bekämpfung der destabilisierenden Anhäufung und Verbreitung von Handfeuerwaffen und leichten Waffen und zur Aufhebung der Gemeinsamen Aktion 1999/34/GASP15 wieder, womit der Rat u.a. eine destabilisierende Anhäufung und Verbreitung von Handfeuerwaffen bekämpfen wollte (vgl. z.B. Art. 4 lit. c der Gemeinsamen Aktion). Anders als die Kleinwaffengrundsätze der Bundesregierung trifft die Gemeinsame Aktion des Rates von 2002 jedoch keine konkreten Regelungen, sondern verfolgt das Ziel, einen Konsens über bestimmte Grundsätze und Maßnahmen herzustellen und einen finanziellen Beitrag der EU zu vereinbaren. 5.2. Eckpunkte für die Einführung von Post-Shipment-Kontrollen bei deutschen Rüstungsexporten Bereits die Exportgrundsätze der Bundesregierung von 2000 setzen für die Erteilung von Exportgenehmigungen voraus, dass der Endverbleib dieser Güter im Endempfängerland sichergestellt sein muss (Ziffer IV Nr. 1 S. 1). Daran anknüpfend führte die Bundesregierung mit ihren Eckpunkten für die Einführung von Post-Shipment-Kontrollen bei deutschen Rüstungsexporten16 ein Instrument zur Durchführung sogenannter Post-Shipment-Kontrollen für Lieferungen von Kriegswaffen und bestimmten anderen Schusswaffen in Drittländer ein. 15 Gemeinsame Aktion des Rates vom 12. Juli 2002 betreffend den Beitrag der Europäischen Union zur Bekämpfung der destabilisierenden Anhäufung und Verbreitung von Handfeuerwaffen und leichten Waffen und zur Aufhebung der Gemeinsamen Aktion 1999/34/GASP, 002/589/GASP, https://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32002E0589&from=DE (letzter Zugriff: 21.11.2018). 16 Eckpunkte für die Einführung von Post-Shipment-Kontrollen bei deutschen Rüstungsexporten vom 8.7.2015, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunkte-einfuehrung-post-shipment-kontrollen-deutscheruestungsexporte .pdf?__blob=publicationFile&v=1 (letzter Zugriff: 21.11.2018). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 158/18 Seite 11 Es handelt sich dabei um Kontrollen, durch welche im Nachgang überprüft werden soll, ob sich die gelieferten Waffen noch im Empfängerland bei dem in der Endverbleibserklärung ausgewiesenen Endverwender befinden.17 Solche Post-Shipment-Kontrollen sieht der Gemeinsame Standpunkt der EU nicht vor. Nach dem Benutzerleitfaden kann eine solche Nachschau aber als ein wichtiges ergänzendes Werkzeug dienen, um die Rüstungsexportkontrolle der Mitgliedstaaten effektiver zu gestalten. Insofern seien Mitgliedstaaten, die solche Post-Shipment-Kontrollen etabliert hätten, dazu eingeladen, von ihren Erfahrungen zu berichten.18 *** 17 Vgl. dazu auch das Gutachten „Endverbleibserklärungen und Post-Shipment-Kontrollen bei Rüstungsexporten“ der Wissenschaftlichen Dienste vom 15.März 2017, WD 2 - 3000 - 029/17, https://www.bundestag.de/blob/505880/e8981ce146f5d378c1d98e34ccf3b4e5/wd-2-029-17-pdf-data.pdf (letzter Zugriff: 21.11.2018). 18 Siehe den Benutzerleitfaden, Chapter 1, Section 3, S. 9, http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST- 10858-2015-INIT/en/pdf (letzter Zugriff: 21.11.2018).