© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 156/15 Ansätze zur Kontrolle von Migration und Flucht aus Ländern der MENA-Region Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 2 Ansätze zur Kontrolle von Migration und Flucht aus Ländern der MENA-Region Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 156/15 Abschluss der Arbeit: 6. November 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Gesamtansatz für Migration und Mobilität 6 3. Europäische Beschlüsse für eine bessere Steuerung der Migration 7 3.1. Europäische Migrationsagenda 7 4. Bilaterale Abkommen, Prozesse, Instrumente und Maßnahmen zur Steuerung und Eindämmung von Migration und Sicherung der EU-Außengrenzen in Abstimmung mit der EU 8 4.1. Sichere Herkunftsstaaten 8 4.2. Mobilitätspartnerschaften 9 4.2.1. Beispiel Marokko 9 4.2.2. Beispiel Tunesien 9 4.3. Hot Spots 11 4.3.1. Zum Stand des Aufbaus von Hot Spots in Griechenland 11 4.3.2. Zum Stand des Aufbaus von Hot Spots in Italien 12 4.4. Grenzpolizeiliche Unterstützung innerhalb der Europäischen Union 12 4.5. Maßnahmen des Grenzmanagements im Rahmen bilateraler Grenzpolizeiprojekte mit Staaten der MENA-Region 14 4.6. Multifunktionszentren 15 4.7. Rückkehrpolitik 17 4.7.1. Rückkehrpolitik der Europäischen Union 17 4.7.2. Bilaterale Rückübernahmeabkommen 18 4.7.3. Bilaterale Absprachen 19 4.7.4. Umsetzung des integrierten Rückkehrmanagements 19 4.7.4.1. Kosovo Rückkehrprojekt URA 2 19 4.7.4.2. DIMAK Kosovo 20 4.8. Projektorientierte Sonderinitiative des BMZ „Stabilisierung Nordafrika und Nahost“ 20 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 4 1. Einleitung Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welche nationalen und europäischen Beschlüsse den aktuellen Rahmen bilden für eine verbesserte Kontrolle und Eindämmung von irregulärer und unerwünschter Migration und Flucht aus der Region des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA-Region), hin zu einer gesteuerten Migration, wie sie die Bundesregierung etwa mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien innerhalb ihres ersten und zweiten humanitären Aufnahmeprogrammes anstrebt. Vor dem Hintergrund einer dramatischen Entwicklung im Bürgerkriegsland Syrien und der Flucht von bislang 4,1 Millionen Menschen ins Ausland sowie 7,6 Millionen Binnenflüchtlingen bei einer Bevölkerungszahl von 22 Millionen Menschen1 (Stand: September 2015) hat die Bundesregierung im Mai 2013 ein erstes humanitäres Hilfsprogramm aufgelegt, dem im Dezember 2013 und im Juli 2014 zwei weitere Programme folgten.2 Sie bilden die Grundlage für eine – zunächst auf zwei Jahre befristete - Aufenthaltserlaubnis für insgesamt 20.000 syrische Flüchtlinge aus den Anrainerstaaten Syriens, dem Libanon, Jordanien, der Türkei und auch aus Ägypten, von denen laut Auskunft des Bundesministerium des Innern vom 4. November 2015 bisher 19.900 syrische Flüchtlinge in Deutschland sind. Gegenstand dieses Gutachtens ist die Darstellung bilateraler Abkommen, Prozesse, Instrumente und Maßnahmen, mithilfe derer das Ziel der Migrationskontrolle umgesetzt werden soll. Dabei beschränkt sich dieser Sachstand darauf, einen Überblick über die zivilen Maßnahmen und Instrumente zu geben, die vom Bundesministerium des Innern, des Auswärtigen Amtes oder des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Koordination mit der EU und der europäischen Flüchtlingspolitik auf den Weg gebracht wurden, um auf Migration in den afrikanischen Herkunfts- und Transitstaaten stärker einzuwirken. Mit Blick auf die militärischen Einsätze in Nordafrika sowie auf zivile Sicherheitskooperationen , etwa Sicherheitssektorreformen mit wichtigen Staaten der MENA-Region wie Ägypten, Tunesien oder Libyen, in die der deutsche Zoll, Geheimdienst oder die Bundespolizei einbezogen 1 United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (September 2015). Syrian Arab Republic. Abrufbar unter: http://www.unocha.org/syria, (letzter Zugriff: 7. Oktober 2015). 2 Bundesministerium des Innern (Mai 2013). Anordnung des Bundesministeriums des Innern gemäß §23, Absatz 2, Absatz 3 i.V. mit §24 Aufenthaltsgesetz zur vorübergehenden Aufnahme von Schutzbedürftigen aus Syrien und Anrainerstaaten Syriens. Abrufbar unter: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen /MigrationIntegration/AsylZuwanderung/aufnahmeanordnung.pdf?__blob=publicationFile, (letzter Zugriff: 2. Juli 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 5 sind, wird auf eine Expertise der Stiftung Wissenschaft und Politik3 sowie auf Antworten der Bundesregierung4 zu diesem Thema verwiesen. Die aktuelle innenpolitische Diskussion über die Flüchtlingspolitik fokussiert zunehmend auf Maßnahmen, Mechanismen und Instrumente zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs nach Deutschland, etwa mithilfe so genannter Transitzonen zur wirksameren Kontrolle nationaler Grenzen und rascheren Rückführung von Migranten oder Einreisezentren für die Weiterverteilung von Antragstellern. Auch über die nationale Ebene hinaus ist die Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten und die logistisch-organisatorische Unterstützung beim Aufbau von Erstaufnahmeeinrichtungen an den EU-Außengrenzen Gegenstand der Diskussion. Des Weiteren werden Fragen einer europäischen Lastenverteilung im Sinne eines permanenten Verteilungsmechanismus im Krisenfall debattiert, wie ihn die EU-Kommission vorschlägt. Vor diesem Hintergrund ist auch der Versuch der Umsiedlung von zunächst 40.000 in Italien und Griechenland angekommenen Flüchtlingen und Migranten innerhalb Europas zu sehen. Die Umverteilung von Flüchtlingen geht auf einen Beschluss des Europäischen Rates vom 14. September 2015 zurück, deren Zahl sich gegenwärtig auf 160.000 Menschen beläuft (Stand 27. Oktober 2015)5. Die Schwierigkeiten hierbei werden anhand den Zahlen deutlich: Von 160.000 Flüchtlingen sind bisher 86 zunächst in Italien untergebrachte Menschen innerhalb der EU verteilt worden.6 Nachfolgend wird auf der Grundlage von Sachständen verschiedener Bundesministerien dargestellt , auf welchem Stand sich die Umsetzung von Maßnahmen und Instrumenten zur effektiveren Steuerung und Begrenzung von Migration befindet und wie die einzelnen Schritte miteinander verzahnt sind. Als wichtige Informationsquelle für dieses Gutachten dienen auch Antworten der Bundesregierung im Rahmen des parlamentarischen Interpellationsrechts. Im Weiteren wird auf folgende Punkte eingegangen: Den europäischen Rahmen, in den die deutsche Migrations- und Flüchtlingspolitik eingebettet ist; Die Migrationsagenda der Europäischen Kommission vom 13. Mai 2015 zur effektiveren Steuerung von Migration; Mobilitätspartnerschaften; 3 Siehe etwa: Mölling Christian und Isabele Werenfels (Oktober 2014). Tunesien: Sicherheitsprobleme gefährden die Demokratisierung. SWP-Aktuell 62. Abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products /aktuell/2014A62_mlg_wrf.pdf, (letzter Zugriff: 28. Oktober 2015). 4 Bundesregierung (5. November 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten und Tunesien.“ Drucksachen 18/3054 und 18/2719. Und: Bundesregierung (19. Oktober 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Vorbereitungen zur Valletta Conference on Migration in Malta zur Kontrolle unerwünschter Migration.“ Drucksachen 18/6450 und 18/6014. 5 Rat der Europäischen Union (14. September 2015). Schlussfolgerungen des Vorsitzes im Anschluss an die Tagung des Rates „Justiz und Inneres“ vom 14. September 2015. Abrufbar unter: http://www.consilium.europa .eu/de/meetings/jha/2015/09/14/, (letzter Zugriff: 28. Oktober 2015). 6 Frankfurter Allgemeine Zeitung (4. November 2015). EU gibt Millionen für Syrienflüchtlinge. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 6 Nationale Maßnahmen zur Unterstützung der Mittelmeer-Anrainerstaaten bei der erkennungsdienstlichen Registrierung, Prüfung von Asylanträgen und möglichen Rückführung in Herkunftsländer; Prozesse, wie die Entsendung deutschen Personals zum Aufbau von Erstaufnahmeeinrichtungen und zur Sicherung der EU-Außengrenzen sowie der Stand der so genannten Hot Spots in Griechenland und Italien; Grenzpolizeiliche Unterstützung innerhalb der Europäischen Union; Maßnahmen des Grenzmanagements im Rahmen bilateraler Grenzpolizeiprojekte mit Staaten der MENA-Region; Pilotprojekte, wie der Aufbau eines multifunktionellen Zentrums in Niger, das afrikanische Transitmigranten besser über Risiken und Gefahren im Zuge der Migration informieren und Schutzmöglichkeiten bieten soll; Bilaterale Rückübernahmeabkommen und Arbeits- sowie Beschäftigungsprogramme der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zur Unterstützung der Rückansiedlung von Migranten . 2. Gesamtansatz für Migration und Mobilität Der Europäische Rat hat am 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere erstmals von einem „umfassenden Migrationskonzept“ gesprochen. Im Jahr 2005 beschloss der Rat der EU vor dem Hintergrund wachsender Schwierigkeiten mit irregulärer Migration den Gesamtansatz zur Migrationsfrage . Er beschäftigt sich mit den Flucht- und Migrationsbewegungen aus den im Umbruch befindlichen Ländern Nordafrikas und regt Maßnahmen zum Ko-Management von Migration, Mobilität , Integration und besserem Schutz von Flüchtlingen in Kooperation mit den Transit- oder Herkunftsländern an. Im ersten Halbjahr 2011 wurde dieser erste Gesamtansatz evaluiert und weiterentwickelt, da eine größere Kohärenz und engere Verzahnung mit relevanten EU-Politikfeldern sowie eine bessere thematische und geografische Ausgewogenheit als notwendig erachtet wurden. Als Ergebnis dieser Evaluierung hat die Kommission am 18. November 2011 den „Gesamtansatz für Migration und Mobilität" (GAMM) vorgelegt, der als Grundlage für eine neue und stärker strategisch ausgerichtete sowie effizientere Umsetzung des Gesamtansatzes für Migration dienen soll. Dieser verfolgt das Ziel, einerseits irreguläre Migration wirksamer zu bekämpfen, andererseits die Menschenrechte von Migranten in den Herkunfts-, Transit- und Zielländern zu stärken. Der neue, stärker vernetzte Gesamtansatz 2011 basiert auf vier Pfeilern, die gleiche Priorität genießen sollen: die Organisation und Erleichterung der regulären Migration; die Verhinderung und Eindämmung von irregulärer Migration und des Menschenhandels; die Förderung des internationalen Schutzes von Flüchtlingen und die Stärkung der außenpolitischen Dimension der Asylpolitik; bessere Verzahnung von Entwicklung und Migration. Der geografisch auf die Länder der EU-Nachbarschaftspolitik, der EU-Afrika-Partnerschaft sowie die Länder im Osten Europas konzentrierte Gesamtansatz soll den übergeordneten Rahmen für die externe Dimension der EU-Migrationspolitik bieten. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 7 3. Europäische Beschlüsse für eine bessere Steuerung der Migration 3.1. Europäische Migrationsagenda In Reaktion auf die aktuellen Herausforderungen hat die Europäische Kommission mit der Migrationsagenda vom 13. Mai 2015 vier Schwerpunkte für eine bessere Steuerung von Migration festgelegt :7 Anreize für die irreguläre Migration reduzieren, Rettung von Menschenleben und Sicherung der Außengrenzen, eine starke Asylpolitik, eine neue Politik der legalen Migration8. Darüber hinaus hat die EU-Kommission folgende Sofortmaßnahmen beschlossen: Verdreifachung der Kapazitäten und Ressourcen für die gemeinsamen Operationen Triton und Poseidon der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) in den Jahren 2015 und 2016; Aktivierung der Notfallklausel nach Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Hinblick auf eine bessere Verteilung der Asylsuchenden ; Neues Brennpunkt-Konzept: Unter Federführung der EU-Kommission entsenden die Asyl-Schutz Organisation der EU (EASO), FRONTEX und Europol sowie auch die Mitgliedstaaten Mitarbeiter in die Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen, um ankommende Migranten vor Ort schnell erkennungsdienstlich zu behandeln, zu registrieren, ihre Fingerabdrücke abzunehmen und Rückführungen zu koordinieren; Bereitstellung zusätzlicher 60 Millionen Euro als Soforthilfe für die Mitgliedstaaten an den EU-Außengrenzen; Bereitstellung von 50 Millionen Euro für ein Neuansiedlungsprogramm mithilfe dessen 20.000 Personen sicher und legal nach Europa gebracht werden sollen; Bereitstellung von 30 Millionen Euro für die regionalen Entwicklungs- und Schutzprogramme (RDPP), die 2015/2016 mit Nordafrika und dem Horn von Afrika beginnen; Zerschlagung von kriminellen Netzwerken durch Zusammenführen von Information unter der Verwaltung von Europol und unter Mitwirkung aller Agenturen der Europäischen Union; Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) im Mittelmeer, um Schleuserboote aufzubringen und zu zerstören; 7 Europäische Kommission (13. Mai 2015). Europäische Migrationsagenda 2015 – vier Schwerpunkte für eine bessere Steuerung der Migration. Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/european -agenda-migration/background-information/docs/summary_european_agenda_on_migration_de.pdf, (letzter Zugriff: 15. Oktober 2015). 8 Europäische Kommission (13. Mai 2015). Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Die Europäische Migrationsagenda , COM(2015) 240 final. Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2015/DE/1- 2015-240-DE-F1-1.PDF, (letzter Zugriff: 15. Oktober 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 8 Aufbau eines multifunktionalen Zentrums in Niger als Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der IOM und dem UNHCR; Entsendung europäischer Migrationsbeauftragter als Teil der EU-Delegationen in wichtigen Transitländern; 4. Bilaterale Abkommen, Prozesse, Instrumente und Maßnahmen zur Steuerung und Eindämmung von Migration und Sicherung der EU-Außengrenzen in Abstimmung mit der EU 4.1. Sichere Herkunftsstaaten Nach dem Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ist der Gesetzgeber ermächtigt, Staaten zu bestimmen , bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, dass ein Mensch aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die eine gegenteilige Annahme begründen.9 Die Frage der sicheren Herkunftsstaaten und einer gemeinsamen EU-Liste als „sicher“ ausgewiesener Länder wird innerhalb der Europäischen Union insbesondere mit Blick auf die Türkei kontrovers diskutiert. Befürworter wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker plädieren dafür, die Türkei zu einem sicheren Herkunftsland zu erklären und bieten dafür finanzielle Unterstützung , Visafreiheit und eine Beitrittsperspektive.10 Demgegenüber mahnen Kritiker wie der österreichische Außenminister Sebastian Kurz davor, der Türkei mit der Sicherung der EU-Außengrenze Aufgaben zu übertragen, welche die EU selbst erfüllen müsse, wenn sie nicht in die „totale Abhängigkeit“ der Türkei geraten wolle.11 Der Bundesrat hat am 16. Oktober einem umfangreichen Gesetzespaket zugestimmt, von dem wichtige Regelungen bereits am 24. Oktober in Kraft traten. Das Gesetz sieht neben Änderungen des Asylverfahrensgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes und des Asylbewerberleistungsgesetzes auch die Änderung der Beschäftigungsverordnung und der Integrationskursverordnung vor. Dem Gesetz zufolge sind über die bereits bestehenden sicheren Herkunftsstaaten Bosnien und Herzegowina , der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Serbien, Ghana und Senegal auch Albanien, Kosovo und Montenegro zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt worden, um die Asylverfahren der Staatsangehörigen dieser Länder weiter zu beschleunigen. Für Asylbewerber 9 Cremer, Hendrik (Juni 2013). Die Asyldebatte in Deutschland: 20 Jahre nach dem „Asylkompromiss“, Deutsches Institut für Menschenrechte. Essay Nr. 14. S. 8. 10 ZeitOnline (6. Oktober 2015). Juncker will Türkei auf Liste sicherer Herkunftsstaaten setzen. Abrufbar unter: http://www.zeit.de/news/2015-10/06/eu-juncker-will-tuerkei-auf-liste-sicherer-herkunftsstaaten-setzen- 06130402, (letzter Zugriff: 5. November 2015). 11 Frankfurter Allgemeine Zeitung (4. November 2015). „Wir sind am Ende unserer Kapazitäten angelangt.“ Interview mit dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 9 aus sicheren Herkunftsstaaten, die ab dem 1. September 2015 einen Asylantrag gestellt haben, wird ein Beschäftigungsverbot eingeführt.12 4.2. Mobilitätspartnerschaften Mobilitätspartnerschaften sind ein wichtiges politisches Instrument zur Umsetzung des EU-Gesamtansatzes für Migration und Mobilität. Sie bilden den Rahmen für die praktische Projektzusammenarbeit zwischen interessierten EU-Mitgliedstaaten und ausgewählten Drittstaaten im Bereich der Eindämmung und Rückführung irregulärer Migration, zur Bekämpfung von Menschenhandel und Schleusernetzwerken, für eine verbesserte Zusammenarbeit bei legaler Arbeitsmigration und Entwicklung auf der Basis einer Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Drittstaaten.13 Befürworter der Programme versprechen eine „Triple-Win-Situation“, bei der Migrantinnen und Migranten eine legale Wanderungsperspektive geboten wird, die Herkunftsländer entwicklungspolitisch Unterstützung erfahren und die EU-Staaten dringend benötigte Fachkräfte erhalten. Der umfassende politische Dialog von Mobilitätspartnerschaften bietet einen Kooperationsrahmen zwischen der Europäischen Union und einem Drittstaat auf operativer Ebene etwa zur Implementierung des EU-Visakodexes für einen bestimmten Personenkreis sowie für einen verbesserten Menschenrechtsschutz. Deutschland ist gegenwärtig an den Mobilitätspartnerschaften der EU mit folgenden Ländern beteiligt: Marokko, Tunesien, Jordanien, Moldau, Georgien und Armenien.14 4.2.1. Beispiel Marokko Marokko ist im Juni 2013 als erstes Land des Mittelmeerraums eine Mobilitätspartnerschaft mit der EU eingegangen. Die Gemeinsame Erklärung zur Gründung einer Mobilitätspartnerschaft zwischen dem Königreich Marokko und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten vom 3. Juni 2013 bietet in seinem Annex eine Übersicht aller neun teilnehmenden Mitgliedstaaten der EU und ihrer Projekte. Die von deutscher Seite angekündigten Projekte sehen eine bilaterale Zusammenarbeit im Hochschulbereich (BMBF), bei der Einführung von Unternehmensgründungen (BMZ) ebenso vor wie den Aufbau eines nationalen Asylsystems in Marokko nach internationalen Standards (BMI/BAMF). Marokko hat sich zunehmend zum Transitland für Migranten aus Westafrika entwickelt. 4.2.2. Beispiel Tunesien Deutschland ist mit Tunesien im März 2014 eine Mobilitätspartnerschaft eingegangen, im Rahmen derer ein Projekt zur Förderung der legalen Mobilität hochqualifizierter Fachkräfte zwischen 12 Die Bundesregierung (2015). Effektive Verfahren, frühe Integration. Abrufbar unter: https://www.bundesregierung .de/Content/DE/Artikel/2015/10/2015-10-15-asyl-fluechtlingspolitik.html, (letzter Zugriff: 28. Oktober 2015). 13 Europäische Kommission (2013). EU und Marokko unterzeichnen Partnerschaftsabkommen zur Steuerung von Migration und Mobilität. Pressemitteilung IP/13/513 vom 7. Juni 2013. 14 Auswärtiges Amt (16. Januar 2015). Migration. Abrufbar unter: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Europa /Migration_Inneres_Justiz/Migration-node.html, (letzter Zugriff: 28. Oktober 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 10 beiden Ländern aufgenommen wurde. Tunesien wie auch Jordanien unterstützt Deutschland beim Aufbau nationaler Asylsysteme. Folgende Maßnahmen im Bereich Asyl werden derzeit (Stand: April 2015) auf Ebene der Europäischen Union bzw. von Deutschland betrieben: Ein Projekt im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments, dessen Ziel es ist, die tunesischen Behörden mit dem Mandat, den Werkzeugen und Instrumenten von der Asyl-Schutz-Organisation der EU (EASO) und Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) sowohl im Bereich Asylsystem als auch des europäischen Grenzschutzes, vertraut zu machen. Dieses Projekt entstand auf Vorschlag von EASO und FRONTEX und wird bereits umgesetzt.15 Somit haben EASO und FRONTEX die Möglichkeit, den Bedarf an technischer Unterstützung im Bereich Asyl und Grenzschutz zu ermitteln und entsprechend die benötigte Expertise und Beratung den tunesischen Behörden bereitzustellen. Auf Vorschlag der EU-Kommission sollen die zuständigen tunesischen Behörden geschult werden , um ein nationales Schutzsystem aufzubauen mit dem Ziel ein tunesisches Asylgesetz auszuarbeiten . Die Schulung soll der UNHCR vornehmen. Dieses Projekt ist noch in der Vorbereitung. Die EU plant zudem die Entwicklung eines neuen Regionalen Schutz- und Entwicklungsprogramm (RDPP) für Nordafrika. Es soll in den Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten (mit möglichen Aktivitäten in anderen Ländern, wie Niger und Mauretanien) die Kapazitäten im Bereich Asyl stärken und den Aufbau von nachhaltigen Schutzsystemen unterstützen. Die Teilnahme Deutschlands wird derzeit geprüft. Deutschland erwägt eine Unterstützung des RDPP für Nordafrika mit Personal- und Sachmitteln. Das Auswärtige Amt hat bereits im November 2014 einen Studienaufenthalt für Verantwortliche für Asylrecht und -verfahren aus tunesischen Behörden in Deutschland, u. a. beim BAMF in Nürnberg, organisiert. Diese Initiative geht auf einen Projektvorschlag von Deutschland zur Stärkung der Kapazitäten im Bereich der Flüchtlingshilfe und in der Ausbildung von Fachkenntnissen im Bereich Asyl zurück.16 15 Bundesregierung (2. April 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Deutschlands Beitrag zur Unterstützung des Transformationsprozesses in Tunesien.“ Drucksachen 18/4550 und 18/4235. 16 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 11 4.3. Hot Spots Die Staats- und Regierungschefs haben sich beim Europäischen Rat am 23. September auf die Unterstützung der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen durch Einrichtung von Registrierungsstellen , so genannten Hot Spots, bis Ende November 2015 sowie der Gewährleistung der Umsiedlung und Rückkehr bzw. Rückführung von Flüchtlingen in den Erstaufnahmeeinrichtungen geeinigt.17 Die Europäische Union will mit der Einrichtung so genannter Hot Spots oder Registrierungszentren an den Außengrenzen der EU, die Schutzbedürftigkeit der Flüchtlinge unmittelbar überprüfen und Menschen ohne Asylgrund eine Einreise in die EU verweigern.18 Durch EU-Agenturen, die Mitgliedstaaten und den UNHCR sollen Staaten an den EU-Außengrenzen beim Screening, der Registrierung von Migranten und Flüchtlingen, der Identifizierung von Schutzbedürftigen und Nicht-Schutzbedürftigen, Fingerabdrucknahme, Information, Schleuserbekämpfung, Rückführung sowie Vorbereitung von Asylverfahren unterstützt werden. Zudem sollen Aufnahmezentren auch der geordneten Umverteilung von Flüchtlingen in alle europäischen Länder dienen19, allerdings läuft die Umverteilung bislang schleppend an. Nur Schweden und Finnland sollen bisher 86 Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen Italiens aufgenommen haben (siehe Seite 5). Aufnahmezusagen aus den meisten europäischen Mitgliedstaaten stehen noch aus.20 Zu klären ist, wie viele Flüchtlinge jeder einzelne Mitgliedstaat aufnehmen sollte bzw. könnte. Die bisherige Aufnahmepraxis basiert auf freiwilliger Zusage, solange nicht ein generell verbindlicher Verteilungsmechanismus beschlossen wird. 4.3.1. Zum Stand des Aufbaus von Hot Spots in Griechenland In Griechenland ist der Aufbau einer Koordinierungseinheit EU Regional Task Force in Piräus sowie operative Einheiten auf den fünf Inseln Lesbos, Kos, Leros, Samos und Chios geplant. Mit Stand 12. Oktober waren die Einheiten nach Angaben des Bundesministeriums des Innern noch nicht funktionsfähig.21 Schwierigkeiten bei der Umsetzung ergaben sich in folgenden Punkten: unzureichend einheitliche Registrierungsverfahren; fehlende Eurodac-Geräte; fehlendes Bedienungspersonal; 17 Europäischer Rat (23. September 2015). Informelle Tagung der Staats- und Regierungschefs. Abrufbar unter: http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/european-council/2015/09/23/, (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015). 18 FAZOnline (27. August 2015). Flüchtlingskommissar kritisiert zurückhaltende EU-Staaten. Abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/eu-aussengrenzen-fluechtlingskommissar-kritisiert-zurueckhaltende -eu-staaten-13770874.html, (letzter Zugriff: 15. Oktober 2015). 19 Stabenow, Michael (27. Oktober 2015). Mission Flankenschutz. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 20 Kirchner, Thomas (26. Oktober 2015). Zwischenstation Hot Spots. In: Süddeutsche Zeitung. Nuspliger Niklas (28. Oktober 2015). Oft sind uns die Hände gebunden. In: Neue Zürcher Zeitung. 21 Bundesministerium des Innern (12. Oktober 2015). Sachstände zu Hot Spots, Multifunktionszentrum in Niger sowie Rückkehrpolitik. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 12 unzureichende Internet-Breitband-Anbindung auf Inseln; keine adäquaten Aufnahmebedingungen für Gastbeamte unzureichende Beteiligung der zuständigen griechischen Behörden. Für die Erstaufnahme standen 4.384 Plätze zur Verfügung. Bis Dezember 2015 sind bis zu 2.200 weitere Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen geplant. Der deutsche Beitrag zur Unterstützung Griechenlands beim Aufbau von Hot Spots belief sich auf der Entsendung von 15 Grenzpolizisten, einem Verbindungsbeamten der Bundespolizei und einer Verbindungsbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Des Weiteren ist die Übergabe von 12 Fingerabdruckgeräten durch die Bundespolizei vorgesehen. 4.3.2. Zum Stand des Aufbaus von Hot Spots in Italien Seit September 2015 sind die vier Häfen in Pozzallo, Porto Empedocle, Trapani (alle Sizilien) und Lampedusa als „Hot Spots“ gekennzeichnet. In Lampedusa steht eine fertig ausgestattete Einrichtung zur Erstaufnahme mit einer Kapazität für etwa 1.500 Personen zur Verfügung für die Voridentifizierung, Registrierung und die Abnahme von Fingerabdrücken. Zwei weitere Hot Spots in Augusta und Taranto sollen bis Ende 2015 fertiggestellt werden. Insgesamt sollen die Erstaufnahmeeinrichtungen eine Gesamtkapazität von über 2.500 Plätze bis Ende 2015 bieten. Koordiniert wird die Einrichtung von Registrierungszentren in Italien von der EU Regional Task Force (EURTF) in Catania. In ihr arbeiten FRONTEX, EUROPOL, EASO, EUROJUST mit den italienischen Behörden und der EU-Operation EUNAVFOR MED zusammen.22 4.4. Grenzpolizeiliche Unterstützung innerhalb der Europäischen Union Der Bundesregierung zufolge entsendet die Bundespolizei nach gegenwärtigem Stand in 2015 etwa 300 Polizeivollzugsbeamte (an insgesamt rund 14.000 Einsatztagen) in bilaterale und FRONTEX-koordinierte Einsätze, primär entlang der Westbalkanroute (Ungarn, Kroatien, Griechenland , Serbien und Albanien). Darüber hinaus unterstützen etwa 20 grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte und 45 Dokumenten- und Visumsberater die Kooperation in prioritären Drittstaaten .23 Seit 1. November 2015 unterstützt die Bundesregierung FRONTEX mit 50 zusätzlichen Beamten des Bundes und der Länder (Anlage 1).24 Die ersten Beamten wurden nach Griechenland entsandt.25 In dem vom Präsidenten der Europäischen Kommission am 25. Oktober 2015 als Ergebnis der Westbalkan-Konferenz vorgestellten 17-Punkte-Plan ist u.a. der zusätzliche Einsatz von 400 Poli- 22 Bundesministerium des Innern (5. Oktober 2015). Sachstände zu Hot Spots, Multifunktionszentrum in Niger sowie Rückkehrpolitik. 23 Bundesministerium des Innern (4. November 2015). Sachstand zu FRONTEX/Bundespolizei. 24 Zu personellen Defiziten bei FRONTEX und EASO siehe Anlage 1. 25 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 13 zisten in Slowenien vorgesehen. Hierbei handelt es sich um eine bilaterale Unterstützungsmaßnahme der EU, die nicht von FRONTEX koordiniert wird. Die Bundesrepublik hat fünf Beamte der Bundespolizei nach Slowenien entsandt, um die konzeptionelle Vorbereitung des europäischen Polizeieinsatzes zu unterstützen.26 In ihrer Antwort vom 10. August 2015 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die LINKE informierte die Bundesregierung über grenzpolizeiliche Unterstützung innerhalb der EU.27 Zu diesem Zweck hat die Bundespolizei 38 Polizeivollzugsbeamte als Unterstützungskräfte oder Berater eingesetzt (Stand: 27. Juli 2015). 26 Eine ausführliche Darstellung des Engagements der Bundespolizei im Ausland in Bezug auf Grenzmanagement ist in: Bundesregierung (24. August 2015). Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2015).“ Drucksachen 18/5814 und 18/5721. 27 Bundesregierung (8. August 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Finanzierung von Sicherungsmaßnahmen an den Außengrenzen der Europäischen Union.“ Drucksache 18/5747. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 14 Grenzpolizeiliche Unterstützungskräfte im Ausland Land Innen-/Außengrenze Anzahl Grundlage Griechenland Innengrenze 6 Unterstützungsbeamte Bilaterale Vereinbarung Italien Innengrenze 2 Unterstützungsbeamte Bilaterale Vereinbarung Kroatien Innengrenze 1 Unterstützungsbeamter Bilaterale Vereinbarung Albanien Außengrenze zu Griechenland 12 Unterstützungsbeamte Bilaterale Vereinbarung Ungarn Außengrenze zu Serbien 9 Unterstützungsbeamte FRONTEX Bulgarien Außengrenze zu Serbien (1) und zur Türkei (1) 2 Unterstützungsbeamte FRONTEX Kroatien Außengrenze zu Serbien (2) und Montenegro (1) 3 Unterstützungsbeamte FRONTEX Griechenland Außengrenze zur Türkei 1 Unterstützungsbeamter FRONTEX Italien „Mittelmeer“ 2 Unterstützungsbeamte FRONTEX Quelle: Bundesregierung (8. August 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Finanzierung von Sicherungsmaßnahmen an den Außengrenzen der Europäischen Union.“ Drucksachen 18/5747 und 18/5647. Für die auf bilateraler Basis entsandten Beamten sind laut Bundesregierung im Juli 2015 Kosten in Höhe von 57.500 Euro entstanden. Im Gesamtjahr 2015 seien für den gleichen Personenkreis Kosten in Höhe von 384.000 Euro angefallen. Kosten für die von FRONTEX entsandten Beamten würden vollständig aus dem FRONTEX Haushalt refinanziert. 4.5. Maßnahmen des Grenzmanagements im Rahmen bilateraler Grenzpolizeiprojekte mit Staaten der MENA-Region Nach einem Beschluss des Europäischen Rates vom 23. April 2015 hat sich die EU auf ein umfassendes migrations- und flüchtlingspolitisches Maßnahmenpaket und als ein Element dieses Ansatzes auf die Unterstützung Tunesiens, Ägyptens, Sudans, Malis und Nigers bei der Überwa- Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 15 chung und Kontrolle ihrer Landgrenzen und der Landwege verständigt. Der Europäische Auswärtige Dienst ist mit der Umsetzung beauftragt. Dabei wird dieser sich auf bestehende Missionen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Region und auf die regionale Zusammenarbeit (Rabat- und Khartum-Prozess) stützen. Der Auftrag der zivilen Mission EUCAP Sahel Niger wurde deshalb bereits angepasst, um die Unterstützung beim Grenzschutz und der Bekämpfung krimineller Schleusungen zu ermöglichen.28 Eine Anpassung der zivilen Mission EUCAP Sahel Mali wird ebenfalls geprüft. Die Bundesregierung fokussiert auf die zivilen GSVP- Missionen EUCAP Sahel Mali und EUCAP Sahel Niger. Die Bundesregierung fördert Maßnahmen des Grenzmanagements an ausgewählten Grenzabschnitten im Rahmen bilateraler Grenzpolizeiprojekte etwa in Tunesien aus Mitteln der Transformationspartnerschaft .29 Im Bereich Rechtstaatlichkeit unterstützt sie auch überregionale Vorhaben im Grenz- und Polizeibereich in Subsahara-Afrika, u.a. im Sudan, in Mali und Niger. Die Kooperation im Grenzmanagement ist eigenen Angaben zufolge auch Gegenstand der Mobilitätspartnerschaften der EU mit Tunesien und wird von der EU-Kommission gefördert.30 Im Auftrag der Bundesregierung unterstützt die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf Ebene der Afrikanischen Union und auf nationaler Ebene die rechtliche und physische Festlegung von Grenzverläufen, die grenzüberschreitende Kooperation sowie die Stärkung von Institutionen. Dies betrifft die Länder Mali - durch seine Maßnahmen an den Grenzen zu Burkina Faso, Senegal und Guinea - und Niger durch Maßnahmen an den Grenzen zu Algerien, Burkina Faso und Benin.31 4.6. Multifunktionszentren Einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 13. Mai 2015 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zufolge plant die EU das Pilotprojekt eines multifunktionales Zentrum in Agadez/Niger in Zu- 28 Bundesregierung (1. September 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Unterstützung von sicherheitspolitischen EU-Projekten in der Sahel-Region.“ Drucksachen 18/5895 und 18/5671. 29 Bundesregierung (19. Oktober 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Vorbereitungen zur Valletta Conference on Migration in Malta zur Kontrolle unerwünschter Migration.“ Drucksachen 18/6450 und 18/6014. 30 Ebenda 31 Bundesregierung (19. Oktober 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Vorbereitungen zur Valletta Conference on Migration in Malta zur Kontrolle unerwünschter Migration.“ Drucksachen 18/6450 und 18/6014. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 16 sammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR).32 Dazu soll eine bereits bestehende Einrichtung der IOM unterstützt und ausgebaut werden. Diese soll den Angaben zufolge bis Ende des Jahres einsatzbereit sein, auf Vorarbeiten und Strukturen der IOM zurückgreifen und gemeinsam mit dem UNHCR die Zusammenarbeit mit den Behörden Nigers verbessern. Die EU verfolgt damit das Ziel, Transitmigranten in der Region Agadez zu helfen, diese über die Risiken aufzuklären, die mit einer Weiterreise über die west- und zentralafrikanischen Migrationsrouten verbunden sind.33 Daneben sollen lokale Schutzmöglichkeiten geschaffen werden und gegebenenfalls die freiwillige Rückkehr in die Herkunftsregion unterstützt werden. Wie dies konkret aussehen soll, ist bislang unklar. Im Zentrum steht das so genannte Non-Refoulement- Prinzip.34 Informationen der Bundesregierung zufolge sollen in Zusammenhang mit dem Zentrum in Agadez keine Asylverfahren aus der EU ausgelagert werden, wenngleich in der EU extraterritoriale Asylverfahren anfänglich bei der Konzeptionierung solcher Zentren zunächst diskutiert wurden. Vorgesehen ist, dass Asylanträge in Registrierungszentren in Griechenland, Italien und möglicherweise weiteren EU-Mitgliedstaaten eingeleitet, die Bearbeitung vereinheitlicht und beschleunigt werden.35 Die Bundesregierung hat ihre Unterstützung für das Multizweckzentrum Agadez zugesagt. Zudem vertritt sie die Auffassung, dass Multifunktionszentren auch in anderen Herkunfts- und Transitstaaten einen Beitrag zur Bekämpfung irregulärer Migration leisten können. Auf eine gemeinsame deutsch-französische Initiative geht der Vorschlag für ähnliche Projekte in wichtigen Transit- und Herkunftsländern wie Mauretanien, Mali und Äthiopien zurück.36 32 Europäische Kommission (13. Mai 2015). MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLA- MENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN DIE EUROPÄISCHE MIGRATIONSAGENDA COM(2015) 240 final. Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2015/DE/1-2015-240-DE-F1-1.PDF, (letzter Zugriff: 5. Oktober 2015). 33 Rat der Europäischen Union (11. September 2015). Migration: EU-Maßnahmen, aktueller Stand und nächste Schritte. Ratsdokument 11782/1/15. Seite 14. Abrufbar unter: http://data.consilium.europa .eu/doc/document/ST-11782-2015-REV-1/de/pdf, (letzter Zugriff: 15.Oktober 2015). 34 Das Non-Refoulement-Prinzip der Genfer Flüchtlingskonvention, Art. 33 wird weithin als Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts anerkannt. Das bedeutet, dass auch Staaten, die der Genfer Flüchtlingskonvention nicht beigetreten sind, den Grundsatz des Verbots der Ausweisung und Zurückweisung eines Flüchtlings in Staaten zu beachten haben, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde. 35 Die Bundesregierung (4. September 2015). One goal – accelerated processing of requests for asylum. Abrufbar unter: http://www.bundesregierung.de/Content/EN/Artikel/2015/09_en/2015-09-04-fluechtlinge-gesamt _en.html, (letzter Zugriff: 15. Oktober 2015). 36 Bundesregierung (19. Oktober 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Vorbereitungen zur Valletta Conference on Migration in Malta zur Kontrolle unerwünschter Migration.“ Drucksachen 18/6450 und 18/6014. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 17 Nach Auffassung des Auswärtigen Amtes könnten weitere so genannte Multizweckzentren (Beratungs -, Informations- und Notaufnahmezentren) mit Mitteln aus dem Europäischen Entwicklungsfonds und dem Instrument für Stabilität und Frieden im Umfang von 9 Millionen Euro aufgebaut werden. Bisher freigegeben wurden nach Information des Bundesministeriums des Innern 1,5 Millionen Euro aus dem Instrument für Stabilität und Frieden für das multifunktionelle Zentrum in Agadez (Niger).37 Darüber hinaus prüft die EU derzeit im Rahmen des Khartum-Prozesses die Errichtung bzw. Unterstützung von bestehenden Informations- und Beratungseinrichtungen für Flüchtlinge und Migranten entlang der Migrationsrouten am Horn von Afrika und inwieweit Multifunktionszentren auch in anderen Herkunfts- und Transitstaaten einen Beitrag zur Bekämpfung irregulärer Migration leisten können. 4.7. Rückkehrpolitik Die Rückkehrpolitik stellt nach Angaben der Bundesregierung einen integralen Bestandteil und wichtiges Steuerungsmittel der Migrationspolitik dar. Darunter fällt sowohl die freiwillige Rückkehr , die Rückführung durch Abschiebung oder Zurückweisung, die Rückübernahme ausreisepflichtiger Personen durch ihre Herkunftsstaaten, die Rückkehrförderung und die Reintegration im Herkunftsland. 4.7.1. Rückübernahmeabkommen der Europäischen Union Das Ziel von Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und Drittstaaten ist, dass diese Staaten jene Personen wieder aufnehmen, die aus ihrem Territorium irregulär in die EU eingereist sind. Bislang hat die Europäische Union 17 Rückübernahmeabkommen abgeschlossen, weitere werden verhandelt (Stand: Oktober 2015). Außerdem enthält auch das Cotonou-Abkommen aus dem Jahre 2000 zwischen der EU und 79 AKP-Staaten eine Rückübernahmeklausel.38 Im Jahr 2014 hat die EU 252.003 Drittstaatsangehörige ausgewiesen, davon wurden 161.309 Drittstaatsangehörige tatsächlich rückgeführt, 40 Prozent davon freiwillig.39 Auf seiner Tagung am 25./26. Juni 2015 hat der Europäische Rat eine Liste mit Maßnahmen festgelegt , um die Kapazitäten der Mitgliedstaaten zur Rückführung irregulärer Migranten zu verbessern . Der Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) wird die Rückkehrmaßnahmen der 37 Bundesministerium des Innern (5. Oktober 2015). Sachstände zu Hot Spots, Multifunktionszentrum in Niger sowie Rückkehrpolitik. Und: European Commission (14. Oktober 2015). Managing the refugee crisis: State of Play of the Implementation of the Priority Actions under the European Agenda on Migration. Kommissionsdokument COM(2015)510 final. Abrufbar unter: http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/what-we-do/policies/european-agenda-migration/proposal -implementation-package/index_en.htm, (letzter Zugriff: 15. Oktober 2015). 38 Europäischer Rat (2015). Migrationsgipfel 2015 in Valletta – Hintergrundinformationen über EU-Maßnahmen. Abrufbar unter: http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/international-summit/2015/11/11-valletta-summit -press-pack/, (letzter Zugriff: 3. November 2015). 39 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 18 Mitgliedstaaten finanziell unterstützen, für die diese selbst im Rahmen ihrer nationalen Programme im Zeitraum 2015-2020 mehr als 800 Millionen Euro bereitstellen. 40 In seinen Schlussfolgerungen zur Zukunft der Rückkehrpolitik vom 8. Oktober 2015 bekräftigt der Rat, dass eine kohärente, glaubwürdige und wirksame Politik im Hinblick auf die Rückkehr illegal sich aufhaltender Drittstaatsangehöriger, die die Menschenrechte und die Würde der Betroffenen sowie den Grundsatz der Nichtzurückweisung in vollem Umfang wahrt, ein wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Migrationspolitik der EU ist. Zudem werden höhere Rückkehrquoten angestrebt, um von irregulärer Migration abzuschrecken.41 Der Rat erwartet hierzu Kommissionsvorschläge. Fortschritte bei Rückführungen und Rückübernahme sind auch ein zentrales Handlungsfeld, mit dem sich der so genannte Valletta-Gipfel befassen wird (siehe Anlage 2).42 Den Anstoß für den Valletta-Gipfel hatte der Europäische Rat auf seiner außerordentlichen Tagung vom 23. April 2015 mit dem Beschluss gegeben, die politische Zusammenarbeit mit den afrikanischen Partnern auf allen Ebenen zu intensivieren, um die Ursachen irregulärer Migration anzugehen und Schleusung und Menschenhandel zu bekämpfen. Zudem stehen diese Themen mit der Afrikanischen Union auf einem Gipfeltreffen in Malta zur Erörterung an.43 Eingeladen sind neben den EU-Staats- und Regierungschefs die Mitgliedstaaten des Khartum – und Rabat -Prozesses, die Afrikanische Union sowie die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), der VN-Generalsekretär, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und die Internationale Organisation für Migration. 4.7.2. Bilaterale Rückübernahmeabkommen Mit dem Ziel der Rückführung hat die Bundesregierung eine Vielzahl bilateraler Rückübernahmeabkommen , Durchbeförderungsabkommen und Durchreiseabkommen zur Konkretisierung der völkerrechtlichen Verpflichtungen zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger mit den Herkunftsstaaten sowie mit Staaten abgeschlossen, über deren Außengrenze Migranten oder Flüchtlinge eingereist sind (siehe Anlage 3).44 Eine genaue Auflistung der Maßnahmen und Flüge sowie 40 Europäischer Rat (8. Oktober 2015). Schlussfolgerungen des Rates zur Zukunft der Rückkehrpolitik. Abrufbar unter: http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2015/10/08-jha-conclusions-return-policy/, (letzter Zugriff: 3. November 2015). 41 Ebenda. 42 Bundesregierung (19. Oktober 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE „Vorbereitungen zur Valletta Conference on Migration“ in Malta zur Kontrolle unerwünschter Migration .“ Drucksachen 18/6450 und 18/6014. 43 Ebenda. 44 Eine Liste der bilateralen Rückübernahmeabkommen Deutschlands, ist diesem Sachstand beigefügt (siehe Anlage 3). Sie entstammt dem Bundesministerium des Innern (April 2015). Abkommen zur Erleichterung der Rückkehr ausreisepflichtiger Ausländer. Abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads /DE/Themen/MigrationIntegration/AsylZuwanderung/RueckkehrFluechtlinge.pdf?__blob=publicationFile, (letzter Zugriff: 27.Oktober 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 19 Zielländer von Rückführungen im Rahmen von gemeinsamen Rückführungsoperationen innerhalb der Europäischen Union oder Joint Return Operations sind einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zu entnehmen (siehe Anlage 4).45 Die Bundesregierung tritt zudem für eine Beschleunigung der Verhandlungen über weitere EU-Rückübernahmeabkommen mit afrikanischen Staaten ein.46 4.7.3. Bilaterale Absprachen Zudem sind bilaterale Gespräche und Demarchen mit Botschaftern von Herkunftsstaaten Instrumente , um langwierige völkerrechtliche Vertragsverhandlungen zu vermeiden und verkürzte Ankündigungszeiten von Rückführungen bei den Behörden der Drittstaaten zu erreichen.47 4.7.4. Umsetzung des integrierten Rückkehrmanagements Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde am 17. Dezember 2014 auf Beschluss der Innenministerkonferenz eine Bund-Länder-Koordinierungsstelle Integriertes Rückkehrmanagement eingerichtet, der auch die Länder, Kommunen und Bundespolizei angehören. 48 Es ist Aufgabe der Koordinierungsstelle, für eine kohärente Rückkehrpolitik bei Rückführungen, freiwilliger Rückkehr und Überstellungen im Dublin-Verfahren sowie Reintegration zu sorgen. Die Koordinierungsstelle sollte dabei alle beteiligten Akteure (BAMF, Bundespolizei, den Bundesländern und Kommunen) einbeziehen. 4.7.4.1. Kosovo Rückkehrprojekt URA 2 Das Projekt Unterstützung bei der Reintegration von Kindern "URA 2" bietet kosovarischen Rückkehrerinnen und Rückkehrern umfassende Beratungsleistungen und Maßnahmen zur Reintegration und Unterstützung an. Sein Fokus liegt insbesondere auf der Unterstützung und Reintegration von Kindern ins Schulleben und auf der Zusammenarbeit mit Behörden, Ausbildungsstätten und Schulen. Ziel ist es, den Menschen eine nachhaltige Wiedereingliederung in ihrer alten Heimat zu ermöglichen und das Rückkehrmanagement insgesamt weiter zu verbessern.49 „URA 2“ ist das Folgeprojekt eines Rückkehrprojektes, das die Europäische Kommission von Januar 2006 bis Oktober 2008 förderte. Das Projekt „URA 2“ wird seit Januar 2009 vom BAMF umgesetzt und rein 45 Bundesregierung (8. August 2015). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Finanzierung von Sicherungsmaßnahmen an den Außengrenzen der Europäischen Union.“ Drucksachen 18/5747 und 18/5647. 46 Bundesministerium des Innern (5. Oktober 2015). Sachstände zu Hot Spots, Multifunktionszentrum in Niger sowie Rückkehrpolitik. 47 Ebenda. 48 Bundesministerium des Innern (2015). Rückkehrpolitik. Abrufbar unter: http://www.bmi.bund.de/DE/Themen /Migration-Integration/Aufenthaltsrecht/Rueckkehr/rueckkehr_node.html (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015). 49 BAMF (2015). Kosovo-Rückkehrprojekt URA 2, Unterstützung bei der Reintegration von Kindern. Abrufbar unter : http://www.bamf.de/DE/Rueckkehrfoerderung/ProjektKosovo/projektkosovo-node.html, (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 20 national gefördert. Dazu haben sich – aufbauend auf dem ersten Projekt – der Bund und die Bundesländer Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen verständigt. 4.7.4.2. DIMAK Kosovo Vor dem Hintergrund einer stark gestiegenen Zahl von Asylsuchenden aus dem Kosovo Anfang des Jahres 2015 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung den Deutschen Informationspunkt für Migration, Ausbildung und Karriere (DIMAK) in Pristina geschaffen.50 DIMAK wird bis 31. März 2015 mit bis zu 250.000 Euro aus Mitteln des Studien - und Fachkräftefonds gefördert. Betrieben wird DIMAK von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, dem Sprachlernzentrum sowie dem Deutschen Akademischen Austauschdienst , um zu Möglichkeiten und Voraussetzungen der legalen Migration nach Deutschland zu informieren. Neben Beratung bietet DIMAK auch Workshops zu Existenzgründungen, Beschäftigungsmöglichkeiten und Bewerbungen an. 4.8. Projektorientierte Sonderinitiative des BMZ „Stabilisierung Nordafrika und Nahost“ Im Bereich der Jugend- und Beschäftigungsförderung, wirtschaftlichen Stabilisierung, Demokratisierung und Stabilisierung von Nachbarländern in Krisensituationen setzt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eigenen Angaben zufolge Projekte um, mit denen die Kapazitäten in den Aufnahmeregionen und die Lebensgrundlagen der Flüchtlinge sowie der aufnehmenden Bevölkerung gestärkt werden sollen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) betreibt mit finanzieller Unterstützung durch die Sonderinitiative beispielsweise Bildungsprogramme für Flüchtlingskinder im Libanon und in Jordanien sowie den Aufbau sanitärer Einrichtungen. Im Rahmen der Sonderinitiative werden auch Hochschulstipendien an syrische Flüchtlinge in Jordanien vergeben.51 Im Fokus einer weiteren Maßnahme des BMZ steht die Unterstützung syrischer Flüchtlinge und zugleich der aufnehmenden Gemeinden in Jordanien bei der Trink- und Abwasserversorgung . Im Flüchtlingslager Za'atari etwa, das mehr als 80.000 Flüchtlingen Schutz bietet, wird mit Unterstützung der deutschen EZ der Bau eines Abwasserentsorgungssystems gefördert. Zusätzlich dazu werden im Rahmen der Sonderinitiative durch den Bau einer Wasserleitung bis 2017 rund 800.000 Flüchtlinge und Mitglieder der lokalen Bevölkerung einen verbesserten Zugang zu Trinkwasser haben.52 50 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Oktober 2015). Sachstand Migrationsdruck verringern. Und: Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2015). Auswandern oder bleiben? Die GIZ berät Kosovaren auf der Suche nach Arbeit. Abrufbar unter: https://www.giz.de/de/mediathek/34575.html, (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015). 51 BMZ (2015). Fluchtursachen bekämpfen. Stabilisierung der Aufnahmeregionen. Abrufbar unter: https://www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/Sonderinitiative-Fluchtursachen-bekaempfen-Fluechtlingereintegrieren /deutsche_politik/aktionsfeld_2/index.html, (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015). 52 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 156/15 Seite 21 Das BMZ fördert die Entwicklung einer marokkanischen Willkommenskultur für Migranten , Flüchtlinge und rückkehrende Marokkaner durch finanzielle Unterstützung für Sprachkurse, fachliche Weiterbildung oder rechtliche Beratung. Ziel ist es, die Fähigkeiten der kommunalen Akteure im Sinne interkultureller Zusammenarbeit und konfliktvorbeugender Integrationsarbeit sowie Maßnahmen gegen Rassismus zu verbessern.53 In Mali stehen im Rahmen der Sonderinitiative der Wiederaufbau von Schulen und Gesundheitszentren im Fokus, der die Rückkehrer bei der Reintegration in ihre Heimatregionen unterstützen soll. Ziel ist, das friedliche Zusammenleben zwischen Rückkehrern und lokaler Bevölkerung in Nord-Mali zu fördern. Dabei handelt es sich beispielsweise um Projekte, die Grundlagen und Strukturen für eine nachhaltig gewaltfreie Konfliktbearbeitung schaffen. Auch ehemalige Kindersoldaten werden durch Wiedereingliederung in das Bildungssystem bei der Reintegration in die Gesellschaft begleitet.54 Ende der Bearbeitung 53 BMZ (Oktober 2015). Sachstand Migrationsdruck verringern. 54 BMZ (2015). Integration und Reintegration von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen. Abrufbar unter: https://www.bmz.de/de/was_wir_machen/themen/Sonderinitiative-Fluchtursachen-bekaempfen-Fluechtlingereintegrieren /deutsche_politik/aktionsfeld_3/index.html, (letzter Zugriff: 27. Oktober 2015).