© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 150/16 Rechtliche Voraussetzungen für die Zulassung von Ausländerinnen und Ausländern zum Dienst in der Bundeswehr Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 2 Rechtliche Voraussetzungen für die Zulassung von Ausländerinnen und Ausländern zum Dienst in der Bundeswehr Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 150/16 Abschluss der Arbeit: 16. Dezember 2016 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Rechtliche Ausgangslage 4 2.1. Soldatinnen und Soldaten 4 2.2. Beamtinnen und Beamte 5 2.3. Angestellte 6 3. Rechtliche Voraussetzungen für die Beschäftigung von EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern in der Bundeswehr 6 3.1. Soldatinnen und Soldaten 6 3.2. Beamtinnen und Beamte 8 4. Zusammenfassung 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 4 1. Einleitung Am 13. Juli 2016 veröffentlichte die Bundesregierung ihr „Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr.“ Hier heißt es im Kapitel 8.6 Moderne, nachhaltige und demographiefeste Personalpolitik, dass „[...] die Öffnung der Bundeswehr für Bürgerinnen und Bürger der EU [...] ein weitreichendes Integrations- und Regenerationspotenzial für die personelle Robustheit der Bundeswehr [böte].“ 1 Vor diesem Hintergrund befasst sich dieser Sachstand mit den rechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung von Ausländerinnen und Ausländern zum Dienst als Soldatin bzw. Soldat, als Beamtin bzw. Beamter sowie als Angestellte bzw. Angestellter in der Bundeswehr. 2. Rechtliche Ausgangslage 2.1. Soldatinnen und Soldaten Die Bundeswehr weist hinsichtlich einer Öffnung des Soldatendienstverhältnisses für Ausländerinnen und Ausländer keine rechtshistorische Kontinuität zu früheren deutschen Streitkräften auf. Zwar kämpften bspw. zur Kaiserzeit und im 2. Weltkrieg ausländische Verbände (kaiserliche Schutztruppen, Hilfswillige der Deutschen Wehrmacht) gemeinsam mit regulärer deutschen Streitkräften, sie waren jedoch nicht deren formaler Bestandteil. Die derzeitigen rechtlichen Voraussetzungen für eine Berufung als Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind in § 37 Soldatengesetz (SG) 2 festgeschrieben. Bisher durfte nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 SG „in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit der Bundeswehr grundsätzlich […] nur berufen werden, wer Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes (GG) 3 ist.“ Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) konnte jedoch auch schon in der Vergangenheit nach § 37 Abs. 2 SG in Einzelfällen Ausnahmen von Absatz 1 Nr. 1 zulassen, wenn dafür ein dienstliches Bedürfnis bestand. Hierbei beschränkt sich § 37 Abs. 2 nicht nur auf Bürgerinnen und Bürger mit Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU). Im Jahr 2014 hat das BMVg nach eigener Auskunft die bisher einzige Ausnahmeentscheidung zur Rekrutierung eines Bürgers ohne deutsche Staatsangehörigkeit getroffen. Bei ihm handelt es sich 1 Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr, herausgegeben von der Bundesregierung am 13. Juli 2016, S. 120. Abrufbar unter: https://www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUz MTM1MzMyZTM2MzIzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY5NzE3MzM0Nzc2YzYyMzcyMDIwMjAyMDIw/Weissbuch 2016_barrierefrei.pdf (letzter Zugriff: 9. Dezember 2016). 2 Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz – SG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I S. 1482), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2163). Abrufbar unter: http://www.gesetze-im-internet.de/sg/__37.html (letzter Zugriff: 13. September 2016). 3 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl. S. 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2438) m.W.v. 1. Januar 2015. Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/GG (letzter Zugriff: 12. Dezember 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 5 um einen promovierten Mediziner rumänischer Staatsangehörigkeit, der als Soldat auf Zeit in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes der Bundeswehr eingestellt worden ist und dort bis heute Dienst leistet. 2.2. Beamtinnen und Beamte Laut Beamtenrecht ist die persönliche Ernennungsvoraussetzung der Staatsangehörigkeit erfüllt, wenn die Bewerberin bzw. der Bewerber aus einem Mitgliedstaat der EU stammt. Dies gilt sowohl für Bundesbeamte 4 (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a BBG 5) als auch für Landesbeamte (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe a BeamtStG 6). Daneben können auch Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 7 deutsche Beamte werden (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe b BeamtStG für Landesbeamte und § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe b BBG für Bundesbeamte). Das Beamtenrecht eröffnet die Möglichkeit der Ernennung auch für Mitglieder eines Drittstaates, dem Deutschland und die EU vertraglich einen entsprechenden Anspruch auf Anerkennung von Berufsqualifikationen eingeräumt haben (§ 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe c BeamStG für Landesbeamte und § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe c BBG für Bundesbeamte). Diese Bestimmung zielt unmittelbar auf Staatsangehörige der Schweiz ab. Es gibt jedoch bestimmte Funktionen, die kraft Gesetz ausschließlich deutschen Staatsangehörigen vorbehalten sind. So bestimmen § 7 Abs. 2 BeamtStG und § 7 Abs. 2 BBG übereinstimmend: „Wenn die Aufgaben es erfordern, darf nur eine Deutsche oder ein Deutscher im Sinne des Artikels 116 GG in ein Beamtenverhältnis berufen werden.“ Unter den Stellenvorbehalt für deutsche Staatsangehörige fallen die klassischen Laufbahnen der Hoheitsverwaltung wie der Polizeivollzugsdienst, die Steuerverwaltung oder die Tätigkeiten als Rechtspfleger. In den Laufbahnen der Allgemeinen Verwaltung (Gemeinden, Landkreise, etc.) und der Sozialverwaltung wird man danach unterscheiden müssen, ob die konkrete Funktion (überwiegend) eingreifender Natur ist (dann gilt der Stellenvorbehalt) oder rein verwaltende Tätigkeiten umfasst. 8 Dagegen fallen die Lehrerlaufbahnen, der überwiegende Teil der technischen Laufbahnen und der Gesundheitsdienst nicht unter den Stellenvorbehalt. 4 Dies schließt Beamtinnen und Beamte der Bundeswehr ein. 5 Bundesbeamtengesetz (BBG). Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160), in Kraft getreten am 12. Februar 2009, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2362) m.W.v. 28. Oktober 2016. Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/BBG (letzter Zugriff: 8. Dezember 2016). 6 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz - Beamt StG) vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), in Kraft getreten am 20. Juni 2008, 12. Februar 2009 bzw. 1. April 2009, geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) m.W.v. 12. Februar 2009. Abrufbar unter: https://dejure.org/gesetze/BeamtStG (letzter Zugriff: 8. Dezember 2016). 7 Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) umfasst die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ferner Island, Liechtenstein und Norwegen. 8 Siehe dazu u.a.: Zängl, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 7 BeamtStG, Rn. 72. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 6 Es bestehen allerdings kraft Gesetz Ausnahmen von dem Erfordernis der Staatsangehörigkeit u.a. nach Ziffer 1, wenn für die Gewinnung der Beamtin oder des Beamten ein dringendes dienstliches Interesse besteht. 2.3. Angestellte Für die Beschäftigung ausländischer Angestellter in der Bundeswehr bestehen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit keine Einschränkungen. Bei entsprechenden Fähigkeiten und Sprachkenntnissen sowie bei Erfüllung der sicherheitsrelevanten Kriterien kann mit Bewerberinnen und Bewerbern aller Nationalitäten ein Angestelltenverhältnis begründet werden. 9 3. Rechtliche Voraussetzungen für die Beschäftigung von EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern in der Bundeswehr Dieser Abschnitt befasst sich mit den Gesetzesänderungen, die erfolgen müssten, damit EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen und Bürger in der Bundeswehr als Soldatinnen und Soldaten sowie als Beamtinnen und Beamte beschäftigt werden können. Die Zulassung von Ausländern als Tarifbeschäftigte zur Bundeswehr wird hierbei nicht betrachtet, weil die Bundeswehr in dieser Beschäftigtengruppe – wie bereits unter Ziff. 2.3 dargestellt – allen Nationalitäten offen steht. 3.1. Soldatinnen und Soldaten Für die Zulassung von EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern zum Militärdienst in der Bundeswehr ist wegen der Einzelfallbezogenheit des § 37 Abs. 2 SG eine Änderung des Soldatengesetzes in Erwägung zu ziehen. Die bereits vorhandene Ausnahmeregelung in § 37 Abs. 2 SG eignet sich nicht für eine generelle Einstellungspraxis. Vielmehr zeigt die Regelung, dass nach dem Willen des Gesetzgebers von Ausnahmen nur sehr begrenzt Gebrauch gemacht werden soll. Die allgemeine Anwerbung von Ausländern für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften scheidet damit aus. 10 Um eine generelle Einstellungspraxis von Ausländerinnen und Ausländern in die Bundeswehr zu ermöglichen, müsste die Formulierung in § 37 Abs. 1 SG, wonach in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten (BS) oder eines Soldaten auf Zeit (SaZ) der Bundeswehr grundsätzlich nur berufen werden kann, „wer Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes“ ist, vielmehr explizit auf EU-Bürgerinnen und Bürger (wenn nicht sogar auf Nicht-EU-Staatsangehörige) ausgeweitet werden. 9 Bewerben ohne deutschen Pass? Als Ausländer in den öffentlichen Dienst? Das geht doch gar nicht! – Geht doch! wir sind bund. Hrsg.: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2016. Abrufbar unter: http://www.wir-sindbund .de/WSB/DE/Jugendliche/ohneDtPass/ohnedtpass-node.html (letzter Zugriff: 9. Dezember 2016). 10 Sohm, Stefan, in: Walz, Dieter (†); Eichen, Klaus; Sohm, Stefan (Hrsg.) (2016): Soldatengesetz - Heidelberger Kommentar , 3. Aufl., § 37, Rdnr. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 7 Fraglich ist jedoch, ob eine solche generelle Öffnung der Streitkräfte für Ausländerinnen und Ausländer mit dem Grundgesetz in Einklang stünde. Art. 33 Abs. 4 GG verlangt, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen ist, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. 11 Dazu gehören neben den Beamten und Berufsrichtern auch die Soldaten der Bundeswehr, nicht aber Angestellte im öffentlichen Dienst. 12 Über das Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes trifft das Grundgesetz allerdings keine Aussage. Fraglich ist also, welche verfassungsrechtliche Bedeutung der deutschen Staatsangehörigkeit im Rahmen von öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen zukommt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die deutsche Staatsangehörigkeit kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG ist. Ob dieser Gedanke auch auf das vom Beamtenrechtsverhältnis zu unterscheidende Soldatendienstverhältnis übertragbar ist, ist höchstrichterlich bislang noch nicht geklärt. Bei vergleichbarer Sachlage ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ein Rückgriff auf Art. 33 Abs. 5 GG auch bei Berufssoldatinnen und -soldaten grundsätzlich möglich. 13 Zu berücksichtigen ist überdies die Weiterentwicklung und Europäisierung des öffentlichen Dienstrechts im Zuge der europäischen Integration. Letzteres zeugt von der abnehmenden Bedeutung einer vornehmlich über das Kriterium der Staatsangehörigkeit vermittelten Treuebeziehung zum Dienstherrn. Allerdings bestehen gerade mit Blick auf die Europäisierung deutliche Unterschiede zwischen dem Beamten- und dem Soldatenrecht: Im deutschen Beamtenrecht wurde die Unionsbürgerschaft der EU 14 am 24. Dezember 1993 als gleichwertige Alternative eingeführt (BGBl. I, S. 2136), um die beamtenrechtlichen Bestimmungen mit dem europarechtlichen Grundsatz der Arbeitnehmerfreizügigkeit in Übereinstimmung zu bringen. Eine vergleichbare (gesetzgeberische) Entwicklung hat es für die Streitkräfte und das Soldatenrecht in der Vergangenheit nicht gegeben; 15 die Freizügigkeitsregeln der EU werden folglich auf die Streitkräfte nicht angewandt. 16 Im Soldatenrecht vermag daher die EU-Unionsbürgerschaft die Deutscheneigenschaft nicht im gleichen Maße zu kompensieren wie im Beamtenrecht. 11 Dazu Günther, Hellmuth (2012): Das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis i. S. v. Art. 33 Abs. 4 GG, in: DÖV 2012, S. 678-685. 12 Art. 33 Abs. 4 GG enthält insoweit ein Wahrnehmungsmonopol bezügl. hoheitlicher Aufgaben für die genannten Berufsgruppen. Vgl. Hense, Ansgar (2014), in: Epping, Volker; Hillgruber, Christian (Hrsg.): Grundgesetz: GG – Kommentar, 2. Aufl., Art. 33, Rdnr. 29. 13 BVerwGE 83, 345 (348) – betreffend die Verfassungstreuepflicht. Kritisch gegenüber einer Heranziehung des Beamtenrechts zur Schließung von Regelungslücken im Soldatenrecht. Vgl. Sohm, a.a.O., § 37, Rdnr. 17. 14 Die EU-Unionsbürgerschaft hat inne, wer die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaates der EU besitzt (Art. 20 Abs. 1 AEUV). 15 Sohm, a.a.O., § 37, Rdnr. 15. 16 Brechmann, Winfried (2011), in: Calliess, Christian; Ruffert, Matthias (Hrsg.): EUV/AEUV – Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta – Kommentar, 4. Aufl., Art. 45 AEUV, Rdnr. 108. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 8 Berufs- und Zeitsoldatinnen und -soldaten stehen zudem in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis , das im Vergleich zu allen anderen Dienstverhältnissen die umfassendste und intensivste Pflichtenbindung an den Dienstherrn, d.h. den Staat, aufweist. 17 Konsequenterweise bestimmen die §§ 46 Abs. 1, 55 Abs. 1 SG, dass Berufs- und Zeitsoldatinnen und -soldaten kraft Gesetz als entlassen gelten, wenn sie ihre Eigenschaft als Deutsche i.S.d. Art. 116 GG verlieren. Dagegen sahen alte Fassungen des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) 18 im § 2 die – wenn auch nur theoretische – Möglichkeit vor, Ausländer und Staatenlose der Wehrpflicht zu unterwerfen. Im Ergebnis gilt es zu differenzieren: Eine pauschale Aufgabe des Staatsangehörigkeitserfordernisses – und damit die generelle Öffnung der Bundeswehr für Ausländerinnen und Ausländer – wird mit dem Gedanken eines staatsangehörigkeitsrechtlich vermittelten soldatischen Treueverhältnisses nicht zu vereinbaren sein. Dies gilt vor allem für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben , die auf einem Verhältnis besonderer Verbundenheit zum Staat gründen und die Gegenseitigkeit von Rechten und Pflichten voraussetzen, welche ihre Wurzeln im Staatsangehörigkeitsband haben. Zu denken wäre z.B. an Funktionen und Dienstposten mit besonderen Geheimhaltungs - und Sicherheitsinteressen oder an politisch „sensible“ Positionen mit internationaler „Außenwirkung“ wie etwa in der Generalität oder in international besetzten Stäben. Zumindest im Hinblick auf die zahlreichen sicherheitsempfindlichen Aufgaben in der Bundeswehr wäre demnach eine Gesetzesänderung von § 37 SG nur dann verfassungskonform, wenn bestimmte , im Gesetz näher zu konkretisierende militärische Funktionen mit einem Stellenvorbehalt für deutsche Staatsangehörige versehen werden. 3.2. Beamtinnen und Beamte Bereits heute bestehen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit im Beamtenrecht die rechtlichen Voraussetzungen dafür, nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus der EU, sondern aus dem gesamten EWR und der Schweiz, als Beamtinnen bzw. Beamten in die Bundeswehr einstellen zu können. Die rechtlichen Voraussetzungen, Bürgerinnen und -Bürger als Beamtinnen und Beamte in der Bundeswehr zu beschäftigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Staates des EWR und der Schweiz besitzen, müssten allerdings erst geschaffen werden, soweit Deutschland und die EU nach § 7 Abs. 1 Ziff. 1 Buchstabe c BBG einem entsprechenden Drittstaat bis dato vertraglich keinen entsprechenden Anspruch auf Anerkennung von Berufsqualifikationen eingeräumt haben. Um Bürgerinnen und Bürgern, die nicht die Nationalität eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraums und nicht die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzen, in der Bundeswehr als Beamtinnen und Beamte beschäftigen zu können, müsste § 7 Abs. 1 Ziff. 1 BBG entsprechend angepasst und auf Nicht-EU-Bürgerinnen und Bürger erweitert werden. 17 Sohm, a.a.O., § 37, Rdnr. 11. 18 Bspw. die erste Fassung des Wehrpflichtgesetzes vom 24. Juli 1956 (BGBl. I, S. 651). Abrufbar unter: https://www. bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl156s0651.pdf%27%5D#__bgbl__%2F%2 F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl156s0651.pdf%27%5D__1481612915781 (letzter Zugriff: 13. Dezember 2016). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 150/16 Seite 9 4. Zusammenfassung Eine generelle Öffnung der Bundeswehr für Staatsangehörige aus (EU-)Drittstaaten erfordert insbesondere hinsichtlich ihrer Beschäftigung als Soldatinnen bzw. Soldaten eine gesetzliche Grundlage. Die bereits vorhandene Ausnahmeregelung in § 37 Abs. 2 SG vermag eine generelle Einstellungspraxis nicht zu legitimieren. Eine Gesetzesänderung von § 37 SG wäre nur dann grundgesetzkonform, wenn bestimmte, näher zu konkretisierende militärische Tätigkeiten mit einem Stellenvorbehalt für deutsche Staatsangehörige versehen werden. Dies betrifft vor allem sicherheitsempfindliche Bereiche aber auch politisch sensible Funktionen innerhalb der Bundeswehr, bei denen das soldatische Treueverhältnis zum Staat über die deutsche Staatsbürgerschaft vermittelt und mit Blick auf die konkrete Funktion für unerlässlich angesehen wird. ***