Der Zwei-plus-Vier-Vertrag Souveränität der Bundesrepublik Deutschland - Dokumentation - Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Zwei-plus-Vier-Vertrag Souveränität der Bundesrepublik Deutschland Dokumentation WD 2 - 3000 – 149/07 Abschluss der Arbeit: 04.10.2007 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: +49 Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Einleitung Der sogenannte Zwei-plus-Vier-Vertrag wurde am 12. September 1990 in Moskau unterschrieben und trägt den Titel „Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland.“1 Vertragsparteien waren das vereinte Deutschland, die Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und die USA. Der Vertrag trat am 15. März 1991 in Kraft. In Art. 7 Abs. 1 des Vertrages beenden die vier Siegermächte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Das vereinte Deutschland – so Abs. 2 – habe demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten. Im Folgenden werden Aufsätze und Gerichtsentscheidungen zusammengestellt, die sich mit der Frage beschäftigen, ob mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wiederhergestellt worden ist oder ob ein „Friedensvertrag “ im herkömmlichen Sinne dafür noch erforderlich wäre. 2. Zwei-plus-Vier-Vertrag kein Friedensvertrag Die Literatur ist – soweit ersichtlich – der Ansicht, es handele sich bei dem Zwei-plus- Vier-Vertrag zwar nicht um einen Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, er ersetze einen solchen jedoch. So ist nach Raap der Zwei-plus-Vier-Vertrag weder Friedensvertrag noch friedensvertragliche Regelung. Auch nach Auffassung von Blumenwitz (Anlage 1) unterscheidet sich der Vertrag maßgeblich von dem allgemeinen Muster der nach 1945 geschlossenen Friedensverträge . Gornig (Anlage 2) ist der Ansicht, es handele sich beim Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht um einen Friedensvertrag, obwohl er der Bezeichnung und der Präambel nach die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland darstellt. Der Vertrag unterscheide sich schon inhaltlich von einem Friedensvertrag, der in der Regel alle durch einen Krieg entstandenen Rechtsprobleme einer Regelung zuzuführen versucht. Stern (Anlage 4) merkt an, der Vertrag sei zwar nicht als Friedensvertrag konzipiert, enthalte aber zugleich Bestandteile eines Friedensvertrages und wolle eine „Friedensordnung in Europa“ sichern, wie die Präambel mehrfach betont. 1 Der Vertrag ist im Sartorius II, Nr. 610 abgedruckt. - 4 - Rauschning (Anlage 3) ist der Ansicht, der Vertrag werde dadurch, dass er klarstellt, dass keine weiteren rechtlichen Fragen aus Krieg und Besatzung noch vertraglich geregelt werden sollen, nicht zu einem „Friedensvertrag“ im herkömmlichen Sinne. Brand (S. 243 ff.) kommt, nachdem er den Begriff des Friedensvertrages definiert hat, dazu, dass sich aus der Entstehungsgeschichte des Vertrages deutlich ergebe, dass es sich bei dem Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht um einen Friedensvertrag handelt. Dazu fehlten klassische Merkmale eines Friedensvertrages, die bei Beginn des Prozesses bereits erledigt gewesen seien. Daher sei übereinstimmend in der Literatur festgestellt worden – so Brand –, dass es sich bei dem Vertrag nicht um einen Friedensvertrag handelt . Der Vertrag ersetze jedoch eine friedensvertragliche Regelung, wie sie der Bundesrepublik Deutschland in Art. 7 des Deutschlandvertrages von den West-Alliierten zugesagt worden war. Er sei jedoch 45 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation nicht als Friedensvertrag oder als friedensvertragliche Regelung zu verstehen. Auch nach Kilian ersetzt der Vertrag einen Friedensvertrag. Damit sei die Strategie der Bundesregierung, Verhandlungen über einen allgemeinen Friedensvertrag zu verhindern , erfolgreich gewesen. Das Landgericht Bonn hat sich in einer Entscheidung ebenfalls der Ansicht angeschlossen , der Vertrag sei von seiner Wirkung her als Ersatz-Friedensvertrag zu sehen.2 3. Souveränität der Bundesrepublik Deutschland Nach Ansicht der Literatur stellt der Zwei-plus-Vier-Vertrag als abschließende Regelung in bezug auf Deutschland die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wieder her. Soweit ersichtlich wird ein (zukünftiger) „Friedensvertrag“ dafür nicht für erforderlich gehalten. Nach Ansicht von Blumenwitz (Anlage 1), Brand (S. 254 ff.), Stern (Anlage 4) und Kilian spricht man zu Recht von einem Vertrag, der die volle Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wiederherstellt bzw. dies deklaratorisch feststellt. Auch nach Auffassung von Rauschning (Anlage 3) wird mit dem Vertrag klargestellt, dass es keinen Friedensvertrag herkömmlichen Typs mit Deutschland mehr geben wird. Nach Klausel 12 der Präambel sei der Vertrag die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland. Damit werde deutlich zum Ausdruck gebracht, dass keine weiteren rechtlichen Fragen noch vertraglich geregelt werden sollen. 2 LG Bonn, Urteil vom 5.11.1997, 1 O 134/92, abgedruckt in: Barwig, Klaus/Saathoff, Günter/Wyde, Nicole (Hrsg.), Entschädigung für NS-Zwangsarbeit, Baden-Baden 1998, S. 248, 262 f. - 5 - Das Landgericht Bonn, das den Vertrag als Ersatz-Friedensvertrag betrachtet, vertritt in einer Entscheidung die Auffassung, es werde keine andere Regelung, die Friedensvertrag genannt werden kann, mehr geben. Der Vertrag stelle die volle Souveränität Deutschlands wieder her.3 Der Bundesgerichtshof äußerte sich in einem Urteil aus dem Jahre 2003 wie folgt: „Der Zwei-plus-Vier-Vertrag mag zwar nicht als Friedensvertrag im herkömmlichen Sinne, der üblicherweise die Beendigung des Kriegszustandes, die Aufnahme friedlicher Beziehungen und eine umfassende Regelung der durch den Krieg entstandenen Rechtsfragen erfaßt, zu qualifizieren sein. Er hatte aber erklärtermaßen das Ziel, eine abschließende Regelung in bezug auf Deutschland herbeizuführen, und es wurde deutlich, daß es weitere (friedens-)vertragliche Regelungen über rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg nicht geben wird.“4 3 Id., S. 263. 4 BGH, Urteil vom 26.6.2003, III ZR 245/98, S. 15. - 6 - Anlagen Blumenwitz, Dieter, Der Vertrag vom 12.9.1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, in: NJW 43 (1990), S. 3041 ff. – Anlage 1 – Brand, Christoph-Matthias, Souveränität für Deutschland, Grundlagen, Entstehungsgeschichte und Bedeutung des Zwei-plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990, Köln 1993 – Signatur P 559542 – Gornig, Gilbert, Der Zwei-plus-vier-Vertrag unter besonderer Berücksichtigung grenzbezogener Regelungen, in: Recht in Ost und West 35 (1991), S. 97 ff. – Anlage 2 – Kilian, Michael, Der Vorgang der deutschen Wiedervereinigung, in: Isensee, Josef /Kirchhof, Paul, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Band I Historische Grundlagen, 3. Auflage, Heidelberg 2003, § 12, S. 597 ff. – Signatur JUR 2.04 DE 1 – Raap, Christian, Die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des militärischen Bereichs und der deutschen Einheit, Frankfurt am Main 1992 – Signatur P 4037680 – Rauschning, Dietrich, Beendigung der Nachkriegszeit mit dem Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland, in: DVBl. 105 (1990), S. 1275 ff. – Anlage 3 – - 7 - Stern, Klaus, Der Zwei-plus-Vier-Vertrag, Das völkerrechtliche Grundsatzdokument zur Wiederherstellung der Deutschen Einheit, in: BayVBl. 122 (1991), S. 523 ff. – Anlage 4 –