WD 2 – 3000 - 147/19 (7. Januar 2020) © 2020 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Einer atomaren Bewaffnung Deutschlands stehen völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (auch: „Atomwaffensperrvertrag“) von 1968 sowie aus dem sog. „Zwei-Plus-Vier“-Vertrag von 1990 entgegen. 1. Nichtverbreitungsvertrag Der Nichtverbreitungsvertrag (NVV)1 regelt die Proliferation, also die Weitergabe und Verbreitung von Kernwaffen sowie des zu ihrer Herstellung benötigten Materials. Der Vertrag verpflichtet die Nichtkernwaffenstaaten zum Verzicht auf Nuklearwaffen. Art. II des NVV lautet: „Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonstwie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu suchen oder anzunehmen.“ Der NVV steht jedoch einer „nuklearen Teilhabe“ nicht entgegen – darunter versteht man „Zwei- Schlüssel-Vereinbarungen“, die festlegen, dass der Kernwaffenstaat und der Staat, in dessen Hoheitsgebiet Kernwaffen stationiert sind, nur gemeinsam über deren Einsatz entscheiden können.2 Eine durch den NVV verbotene Weitergabe von Kernwaffen an einen Nichtkernwaffenstaat bzw. die Erlangung der alleinigen Verfügungsgewalt über Kernwaffen durch einen Nichtkernwaffenstaat erfolgt weder im Rahmen der „nuklearen Teilhabe“ noch im Rahmen einer bloßen Stationierung von Kernwaffen auf dem Territorium eines Nichtkernwaffenstaates. 1 Deutschland ist dem Vertrag am 2. Mai 1975 beigetreten, BGBl. 1974 II S. 786. 2 Zur “nuklearen Teilhabe” vgl. Shaker, Mohammed I., The Nuclear Non-Proliferation Treaty. Origin and Implementation 1959-1979. Band 1. London/Rom/New York: Oceana, 1980, S. 239-249 (248 f.) sowie Gutachten WD 2 - 3000 - 089/08 „Nukleare Teilhabe und Völkerrecht“ vom 28. August 2008. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Rechtsfragen zur atomaren Bewaffnung Deutschlands Kurzinformation Rechtsfragen zur atomaren Bewaffnung Deutschlands Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 2. „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ Deutschland hat im „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990 (sog. „Zwei-plus-Vier-Vertrag“)3 völkerrechtsverbindlich auf den Besitz von Atomwaffen verzichtet. In Art. 3 dieses Vertrages heißt es: „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihren Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare, biologische und chemische Waffen. Sie erklären, daß auch das vereinte Deutschland sich an diese Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort.“ 3. Nuklearer Verbotsvertrag Der nukleare Verbotsvertrag,4 den die VN-Generalversammlung am 20. September 2017 zur Unterzeichnung ausgelegt hat, ist bis heute nicht in Kraft getreten. Deutschland hat sich politisch dahingehend positioniert, den Vertrag nicht zu unterzeichnen.5 Zur Diskussion um einen möglichen Schutz Deutschlands durch den französischen Nuklearschirm vgl. Konrad Schuller, „Die zögernde Atommacht“6 sowie das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste „Völkerrechtliche Verpflichtungen Deutschlands beim Umgang mit Kernwaffen“.7 *** 3 BGBl. 1990 II, S. 1317. 4 Treaty on the prohibition of nuclear weapons. Text in den Amtssprachen der VN abrufbar unter: https://treaties.un.org/doc/Treaties/2017/07/20170707%2003-42%20PM/Ch_XXVI_9.pdf. 5 https://www.boell.de/de/2018/07/09/bundesregierung-verweigert-unterstuetzung-des-atomwaffenverbots. 6 Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 1. Dezember 2019, S. 9, https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/frankreich-in-der-eu-die-zoegernde-atommacht- 16512226.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2. 7 WD 2 - 3000 - 013/17 vom 23. Mai 2017, https://www.bundestag.de/resource/blob/513080/c9a903735d5ea334181c2f946d2cf8a2/wd-2-013-17-pdfdata .pdf.