WD 2 - 3000 - 141/19 (9. Dezember 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Die meisten Mitgliedstaaten des Ausschusses für Entwicklungshilfe (Development Assistance Committee, DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (OECD) rechnen die Ausgaben für von ihnen aufgenommene Flüchtlinge auf die von ihnen geleistete Official Development Assistance (ODA) an. Grundgedanke ist, dass hierdurch Entwicklungsstaaten, die weltweit immer noch die weitaus meisten Flüchtlinge aufnehmen, durch die Aufnahme entlastet werden, was ihrer wirtschaftlichen Entwicklung (die ja Zweck der ODA ist) indirekt zugute komme. Da das OECD-DAC zuvor keine eindeutigen Aussagen hierzu getroffen hatte, vereinbarten die Mitgliedstaaten im Jahre 2017 Grundregeln (bzw. „Klarstellungen“), denen eine solche Anrechnung zu folgen hat.1 Dies sind: 1. Eine Anrechnung ist grundsätzlich möglich, wenn es sich um Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen aus ODA-Empfängerländern handelt. 2. Als Flüchtling im Sinne der Regelung gelten nach den Gesetzen des Aufnahmelandes bereits anerkannte Flüchtlinge, subsidiär Schutzberechtigte, im Rahmen eines Resettlementprogramms Schutzberechtigte sowie Asylbewerber. Letztere können nicht mehr als Flüchtlinge gelten, wenn ihr Asylgesuch abgelehnt wurde. Reguläre und irreguläre Migranten, die kein Asylgesuch gestellt haben, gelten nicht als Flüchtlinge im Sinne der Regelungen. 3. Die Anrechenbarkeit ist auf einen Zeitraum von 12 Monaten nach Ankunft im Aufnahmeland im Rahmen eines Resettlementprogramms oder als subsidiär Schutzberechtigter (z.B. als Familienmitglied eines anerkannten Flüchtlings) oder ab dem Zeitpunkt der Stellung des Asylgesuches beschränkt. Danach gelten die betreffenden 1 Alle Informationen dieses Abschnittes aus: OECD, DAC HIGH LEVEL COMMUNIQUÉ: 31 OCTOBER 2017, S. 11 - 20, https://www.oecd.org/dac/DAC-HLM-2017-Communique.pdf (zulewtzt abgerufen am 5. Dezember 2019). Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Anrechenbarkeit von Ausgaben für die Aufnahme von Flüchtlingen auf die Official Development Assistance (ODA) in OECD-DAC-Staaten Kurzinformation Anrechenbarkeit von Ausgaben für die Aufnahme von Flüchtlingen auf die Official Development Assistance (ODA) in OECD-DAC- Staaten Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Personen als im Lande ansässig und die vom Aufnahmeland geleisteten finanziellen Aufwendungen als nicht mehr ODA-anrechenfähig. Hintergrund ist, dass Sinn und Zweck von ODA eigentlich die Förderung von Entwicklungsstaaten, d.h. deren innerer wirtschaftlicher, sozialer und politischer Fortschritt ist. Die rein finanzielle Entlastung durch Aufnahme von Flüchtlingen ist damit erkennbar schwer vereinbar, zumal sie keinem spezifischen ODA-Empfängerland zuzuordnen ist. Auch sollen die Statistiken zur ODA internationale Finanzströme abbilden. Finanzströme innerhalb eines Geberlandes sollen daher nur in Ausnahmefällen angerechnet werden. Überdies sind die anfallenden Kosten in jedem Aufnahmeland unterschiedlich und ein Vergleich nur eingeschränkt sinnvoll.2 4. Anrechenbare Kosten sind die für Nahrung, Unterkunft, Grundbildung und „sonstiges“, z.B. gesundheitliche Grundversorgung, „Taschengeld“ oder Dolmetscherdienstleistungen. 5. Die Berechnung der angerechneten Kosten soll nach einer OECD-DAC-weit einheitlichen, transparenten Methodik erfolgen und nach Möglichkeit auf der Aggregierung individuell zuordbarer Kosten beruhen. Speziell in Deutschland hat sich der Anteil der Ausgaben für die Flüchtlingsaufnahme an der gesamten deutschen ODA von 2014 bis 2016 (letzte verfügbare, offizielle Zahlen der OECD) drastisch erhöht.3 Die auf die ODA angerechneten Kosten betrugen im Jahre - 2014 ca. 132 Mio. EUR (entsprach einem Anteil von 1 Prozent der Gesamt-ODA) - 2015 ca. 2,72 Mrd. EUR (17 Prozent der Gesamt-ODA), und - 2016 ca. 5,54 Mrd. EUR (25 Prozent der Gesamt-ODA). *** 2 Siehe OECD-DAC, In-donor refugee costs reported as ODA by OECD-DAC members, Infografik, 2019, https://www.oecd.org/dac/financing-sustainable-development/In-donor-refugee-costs-in-ODA.pdf (zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2019). 3 OECD QWids, Tabelle für In-donor costs 2012 – 2016, Suchparameter: Germany, https://stats.oecd.org/qwids/#?x=1&y=6&f=4:36,2:1,3:51,5:3,7:2&q=4:1,36+2:1+3:51+5:3+7:1,2+1:10+6:2010,201 1,2012,2013,2014,2015,2016 (zuletzt abgerufen am 5. Dezember 2019). Summen umgerechnet von USD Constant Prices 2017 auf EUR (jahresspezifisch).