Deutscher Bundestag Rahmenbedingungen türkischer Außenpolitik Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 – 141/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 2 Rahmenbedingungen türkischer Außenpolitik Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 – 141/12 Abschluss der Arbeit: 30. Januar 2013 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Zusammenfassung 4 2. Historische Rahmenbedingungen 4 3. Geographische Aspekte 7 4. Ethnische und religiöse Gruppierungen 10 4.1. Ethnische Aspekte der Außenpolitik 10 4.2. Die „kurdische Frage“ 12 4.3. Das Verhältnis zu den Armeniern 13 5. Demographische und wirtschaftliche Faktoren 15 6. (Außen)politisches Selbstverständnis der Türkei 17 6.1. Das Konzept der „strategischen Tiefe“ 17 6.2. Selbstbeschreibung der Rolle der Türkei als Teil der internationalen Gemeinschaft 19 6.3. Einzelne identitätsstiftende auswärtige Beziehungen 20 7. Literatur 22 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 4 1. Zusammenfassung Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich der Bezugsrahmen der türkischen Außenpolitik grundlegend gewandelt. Gleichwohl gibt es Faktoren, die Handlungsmöglichkeiten und -präferenzen über aktuelle Entwicklungen hinaus mittelfristig bestimmen. Hierzu zählen historische Aspekte wie das Erbe des Osmanischen Reiches sowie kemalistische Denktraditionen. Besondere Bedeutung kommt auch geographischen Gegebenheiten zu, wie etwa der türkischen Kontrolle des Übergangs vom Mittelmeer zum Schwarzen Meer und der Transportwege von Europa in Richtung Zentralasien. Aus ethnischer Sicht sind für die türkische Außenpolitik vor allem das Verhältnis zu Kurden und Armeniern von Gewicht. Zudem sind die nationalen Interessen der Türkei vor dem Hintergrund ihres starken Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums der letzten Jahrzehnte und des damit verbundenen Energiebedarfs zu sehen. Schließlich spielen das Selbstverständnis und die theoretische Verankerung der politischen Akteure eine entscheidende Rolle für die Gestaltung der türkischen Außenpolitik. 2. Historische Rahmenbedingungen Das Erbe des Osmanischen Reiches zählt wohl zu den wesentlichen geschichtlichen Rahmenbedingungen, die das öffentliche Bewusstsein in der Türkei und die Gestaltung der türkischen Außenpolitik bis heute prägen.1 Bis ins 19. Jahrhundert war das Osmanische Reich eine Großmacht, die durch ihre militärische und zum Teil zivilisatorische Überlegenheit weite Teile Südosteuropas, Kleinasiens, des Nahen Ostens (bis an den Persischen Golf) und Nordafrikas (bis ans Horn von Afrika) beherrschen konnte. Hieraus resultieren nach wohl einhelliger Auffassung der Literatur noch heute in vielen Fällen besondere Beziehungen zu den ehemals abhängigen Gebieten:2 Im Falle von Ägypten, das 500 Jahre lang Teil des Osmanischen Reichs war, führte die gemeinsame Kolonialgeschichte zu einer engen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit.3 Gegenüber Bevölkerungsgruppen, die sich selbst als türkisch-stämmig bzw. als Türken im ethnischen Sinne definieren und bis heute in den ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reichs (z. B. in Bulgarien4) leben, sieht sich die Türkei oftmals in einer besonderen 1 Efe Çaman, Türkei quo vadis? Determinanten türkischer Außenpolitik in Europa und Asien, in: Zeitschrift für Politik, Vol. 53 (2006) No. 4, S. 411 ff., S. 415. Vgl. a. Hasan Kösebalaban, Turkish Foreign Policy: Islam, Nationalism, and Globalization, Chippenham and Eastbourne 2011, S. 25 ff. 2 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager, Außenpolitik: Zwischen Geopolitik und Geoökonomie, in: Wolfgang Gieler (Hrsg.), Politik und Gesellschaft der Türken im Spannungsverhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wiesbaden 2010, S. 69 ff. 3 Außenministerium der Türkei, Relations between Turkey and Egypt, http://www.mfa.gov.tr/relationsbetween -turkey-egypt.en.mfa, sowie Turkey-Egypt Economic and Trade Relations, http://www.mfa.gov.tr/turkey_s-commercial-and-economic-relations-with-egypt.en.mfa (jew. letzter Zugriff 14.01.2013). 4 Das CIA World Factbook geht im Falle Bulgariens von einem im ethnischen Sinne türkischen Bevölkerungsanteil von 8 % aus, siehe https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/bu.html (letzter Zugriff 24.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 5 Schutzverantwortung.5 Traditionelle kulturelle und religiöse Bindungen zu Bevölkerungsgruppen auf dem Westbalkan, die aus der Eingliederung in das Osmanische Reich resultieren, bestehen zu den Bosniaken.6 Der Niedergang des Osmanischen Reichs im 19. Jahrhundert, der mit Aufständen auf dem Balkan und dem Verlust Ägyptens und Griechenlands verbunden war, führte zum Abstieg der Türkei von einer Großmacht zum Zielland europäischer Kolonialpolitik. Als Tiefpunkt dieser Entwicklung kann aus türkischer Sicht der Friedensvertrag von Sèvres gelten , der 1920 die Kriegsfolgen des 1. Weltkrieges regeln sollte. Der Vertrag sah vor, das Osmanische Reich zu zersplittern und bis dahin türkische Territorien als Mandatsgebiete des Völkerbundes an europäische Mächte zu verteilen. U. a. gingen Mesopotamien und Palästina an das Vereinigte Königreich, Syrien und Libanon an Frankreich, Thrakien und Izmir an Griechenland. Auch heute noch wird zum Teil die Einschätzung vertreten, die Türken seien durch den Untergang des Osmanischen Reiches und insbesondere den „Sèvres -Komplex“ nachhaltig traumatisiert worden.7 Der Friedensvertrag von Sèvres trat allerdings nie in Kraft. 1923 wurde er zum Vorteil der Türkei durch den tatsächlich in Kraft getretenen Friedensvertrag von Lausanne erheblich modifiziert: Dieser Vertrag war die Grundlage für die Ausrufung der Republik Türkei. Die in ihm definierten territorialen Grenzen der Türkei stimmen mit ihrer heutigen Ausdehnung nahezu überein.8 Eine prägende Rolle für die Entwicklung der Republik Türkei spielte Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938). An seine militärischen Erfolge im türkischen Befreiungskrieg (1919- 1923) anknüpfend, konnte Atatürk sich eine starke politische Machtstellung aufbauen. Als erster Präsident der Republik Türkei (1923-1938) trieb er die Modernisierung der Türkei voran. Leitprinzipien seines politischen Denkens (des nach ihm benannten Kemalismus ) waren u. a. das Republikprinzip, Nationalismus, Volkssouveränität, Laizismus und eine aktive staatliche Wirtschaftspolitik. Dass sich die türkische Gesellschaft (insbesondere ihre intellektuellen, politischen und militärischen Eliten) im 20. Jahrhundert über Jahr- 5 Siehe Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 78. Vgl. in diesem Zusammenhang die außenpolitische Agenda der AKP: „Contributions to political stability and social peace in the Balkans will be among the top priorities of AK Party government. We will boost our relations with Balkan people and countries.“, http://www.akparti.org.tr/english/hedef/8867/balkanlarda-daha-etkin-bir-turkiye (letzter Zugriff 14.01.2013). 6 Dusan Reljic, Die Türkei weckt alte Lieben und Feindschaften im Westbalkan, in: SWP Aktuell 69 (September 2010), S. 1 ff., http://www.swpberlin .org/fileadmin/contents/products/aktuell/2010A69_rlc_ks.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Nach Reljic, sei das Verhältnis der serbischen Teilrepublik in Bosnien zur Türkei entsprechend gespannt, S. 4. 7 Nils Kadritzke, Europa, Sèvres und der Kemalismus, in: Le monde diplomatique vom 10.12.2004, http://www.monde-diplomatique.de/pm/.dossier/tuerkei_artikel.id,20041210a0015 (letzter Zugriff 14.01.2013). 8 Ein Überblick der einzelnen Regelungen findet sich bei Dominik Zimmermann, Lausanne Peace Treaty (1923), (Stand: Oktober 2009), in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://mpepil.com/subscriber_article?script=yes&id=/epil/entries/law-9780199231690- e323&recno=2&searchType=Quick&query=s%C3%A8vres (letzter Zugriff 14.01.2013). Zu den Nachwirkungen des Friedensvertrages von Lausanne in der auswärtigen Politik der Türkei vgl. a. Efe Çaman (Anm. 1), S. 412. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 6 zehnte nach Westeuropa hin orientierte, ist maßgeblich Mustafa Kemal Atatürks Einfluss zuzuschreiben.9 Nach weit verbreiteter Auffassung politischer Beobachter beeinflusst kemalistisches Denken auch heute noch die außenpolitische Agenda der Türkei und ihr Verhältnis zur internationalen Gemeinschaft.10. Dies zeigt sich nicht zuletzt in dem engen Verhältnis zwischen der Türkei und der Europäischen Union11 sowie der Türkei und den USA.12 Teil der kemalistischen Programmatik war darüber hinaus, dass die Armee als Hüterin der kemalistischen Ideen eine starke Kontrollfunktion ausübte. In der Außenpolitik der Republik Türkei führte dies dazu, dass der „Nationale Sicherheitsrat“ - ein beratendes Forum, dessen militärische Mitglieder das Gremium für politische Interventionen nutzten - lange Jahre die grundlegenden Entscheidungen traf, die vom Außenministerium nur noch nachvollzogen wurden.13 Auch wenn die islamisch orientierten Parteien in der Türkei in den letzten Jahren dazu tendierten, sich vom Kemalismus (vor allem auf innenpolitischer Ebene) abzugrenzen, so beruht doch zumindest die türkische Außenpolitik nach wie vor auf kemalistischen Leitbildern : „Frieden im Land, Frieden in der Welt“; grundsätzliche Ablehnung einer pantürkisch -imperialistischen Expansionspolitik; Laizismus.14 Insbesondere das kemalistische Festhalten an einem laizistischen Staatsverständnis brachte eine gewisse Entfremdung von stärker religiös fundierten Staaten des Mittleren Ostens mit sich.15 Die politischen und sozio-kulturellen Unterscheide mögen sich jedoch relativiert haben, als die Türkei 9 Piotr Zalewski, The Self-Appointed Superpower: Turkey Goes it Alone, in: World Policy Journal, Winter 2010/2011, S. 97 ff, S. 98. Siehe auch Efe Çamann (Anm. 1), S. 414. 10 Differenzierend zur Bedeutung der unterschiedlichen kemalistischen Strömungen im heutigen politischen Denken der Türkei siehe Efe Çaman (Anm. 1), S. 415 f. Grundlegend zur heutigen Bedeutung des Kemalismus vgl. Bill Park, Modern Turkey: People, state and foreign policy in a globalized world, Abingdon /New York 2012, S. 11 ff. Vgl. a. Hasan Kösebalaban (Anm. 1), S. 47 ff. 11 Fragen der EU-Mitgliedschaft werden im Rahmen der vorliegenden Dokumentation nicht erörtert. Allgemein zu den Beziehungen der Türkei zur Europäischen Union siehe statt vieler Efe Çaman (Anm. 1), S. 420 ff. sowie Carter V. Findley, Turkey, Islam, Nationalism, and Modernity: A History, 1789-2007, New Haven 2010, S. 371 ff. 12 Grundlegend zum Verhältnis zwischen den USA und der Türkei einschließlich seiner aktuellen Herausforderungen siehe Morton Abramowitz, The Turkish Portfolio, in: The American Interest Vol. 4 (2009) No. 3, S. 63 ff. S. a. Turkey’s New Foreign Policy Direction: Implications for U.S.-Turkish Relations , Hearing before the Committee on Foreign Affairs House of Representatives, 111th Congress, July 28 2010, Serial No. 111-113, Washington 2010 [BT Bibliothek P 790098]. Vgl. zum Verhältnis Türkei- USA auch die kurzen Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/sid_F38738031CDB1DAD5A26F33521026FD5/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerke i/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyText5 (letzter Zugriff 14.01.2013). 13 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 81 f. 14 Außenministerium der Türkei, Synopsis der türkischen Außenpolitik, http://www.mfa.gov.tr/german.en.mfa (letzter Zugriff 14.12..2012). 15 Siehe auch Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 72. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 7 von Juni 1996 bis Juni 1997 erstmals von einer demokratisch gewählten islamistischen Partei regiert wurde, der 1998 verbotenen Refah Partisi (RP).16 Seit November 2002 hat die Adalet ve Kalkinma Partisi (AKP) die Regierungsverantwortung übernommen.17 Einige politische Kommentatoren sehen in der AKP eine treibende Kraft zur Re-Islamisierung der Türkei.18 Die Umgestaltung der Politik durch Wohlfahrtspartei und AKP hat das Misstrauen in Teilen der islamischen Welt gegenüber einer „verwestlichten Türkei“ wohl weitgehend aufgelöst und Perspektiven einer engeren Zusammenarbeit eröffnet.19 Zu den historischen Rahmenbedingungen, die die Außenpolitik der Türkei prägen, zählt deren intensive Auseinandersetzung mit Europa.20 In den deutschen Medien werden diese Themen (mittlerweile seit Jahrzehnten) zumeist im Zusammenhang mit einem möglichen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union erörtert.21 Aber auch im öffentlichen Diskurs der Türkei sind die Fragen, wie stark die Türkei in Europa verankert und wie groß die Schnittmenge gemeinsamer Werte ist, ständig gegenwärtig. Die Thematik der Bindung an Europa ist ein Leitmotiv der türkischen Außenpolitik, das wohl auf absehbare Zeit ein Gegenstand der politischen Auseinandersetzung und ein Ankerpunkt für die Bestimmung des eigenen Standpunktes bleiben wird. 3. Geographische Aspekte Geographische Aspekte zählen auch im Falle der Türkei zu den wesentlichen Rahmenbedingungen der Außenpolitik. Die geographische Lage und Ausdehnung der Türkei macht sie zur Schnittstelle zwischen Europa und Asien, Mittelmeer und Schwarzem Meer, Nahem und Mittlerem Osten.22 Einerseits wird in dieser geographischen Lage die Grundlage dafür gesehen, dass sich die Türkei zum „Katalysator für die Förderung des Dialogs und 16 Im Deutschen: Wohlfahrtspartei. Das Parteiverbot wurde in letzter Instanz vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt, http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-60936 (letzter Zugriff 14.01.2013). Die Außenpolitik der RP war nach Angaben von Efe Çaman (Anm. 1), S. 416 f., im Gegensatz zu derjenigen der gegenwärtig regierenden AKP islamistisch fundamentalistisch geprägt. 17 Im Deutschen: Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; die offizielle Webseite der AKP enthält auch Informationen zur außenpolitischen Agenda der AKP auf Englisch, http://www.akparti.org.tr/english (letzter Zugriff 14.01.2013). 18 Differenzierend hierzu vgl. Charlotte Joppien, die türkische Adalet ve Kalkinma Partisi (AKP), Berlin 2011, S. 109 ff. 19 Vgl. Hakan Köni, Saudi Influence on Islamic Institutions in Turkey Beginning in the 1979s, in: Middle East Journal Vol. 66 No. 1, Winter 2012, S. 97 ff., S. 110. Vgl. a. Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 101. 20 Vgl. bereits oben (Anm. 11). 21 Vgl. bereits oben (Anm. 11). 22 Vgl. zu den geostrategischen Grunddaten Lothar Rühl, Der Westen und die Türkei in den Konflikten des Nahen und Mittleren Ostens, in: Zeitschrift für Außen-und Sicherheitspolitik (2009) 2, S. 3 ff., S. 4 f., S. 7. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 8 der Interaktion zwischen den Kulturen“ entwickelt hat.23 Andererseits gibt es Stimmen, die in der Komplexität der geographischen Gegebenheiten vor allem Zielkonflikte der türkischen Außenpolitik begründet sehen. So mache „[d]ie spezielle Verortung der Türkei, deren Territorium sich von Europa bis Asien erstreckt und zwischen drei konfliktreichen Regionen – Balkan, Kaukasus und Nahost – liegt,[…] Außenpolitik zu einem Albtraum von 360 Grad.“24 Die geographische Lage hat zunächst erhebliche militärische Implikationen. Die Türkei ist der südöstliche Außenposten der NATO und Standort für US-amerikanische Militärbasen .25 Die Rolle der Türkei im Rahmen der NATO ist insofern von herausragender Bedeutung , was auch von türkischer Seite so eingeschätzt wird.26 Politische Beobachter beschreiben die Türkei als „Eckpfeiler der europäischen Sicherheit zwischen Russland und dem Orient“, als „tragenden Pfeiler einer Eindämmungspolitik gegenüber Russland im Südkaukasus“ und als „Festlandsflugzeugträger und Brücke über das Schwarze Meer zum Kaukasus und in den Mittleren Osten, von der Golfregion bis zur Kaspischen Region“.27 Die militärische Relevanz der geographischen Lage der Türkei zeigte sich in den letzten Jahren z. B. in der Diskussion über Durchzugs- bzw. Überflugrechte für militärische Einsätze in der Golfregion.28 Aus der geographischen Lage der Türkei resultiert auch ihre besondere Bedeutung für den Zugang zu bzw. die Durchleitung von natürlichen Ressourcen, einschließlich Energierohstoffen :29 Im Zusammenhang der Transportrouten für (Energie)Rohstoffe ist es von besonderer Bedeutung, dass die Türkei die Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer kontrolliert und sie zudem ein Transitland ist für Erdöl- und Erdgasausfuhren aus Zentralasien in Richtung von Absatzmärkten, die westlich der Türkei liegen.30 In geographischer Hinsicht spielen neben den Energierohstoffen auch Trinkwasservorkommen bzw. -quellen eine herausragende Rolle: Die Türkei kontrolliert über 60 % des Zuflusses von Euphrat und Tigris, Syrien deckt 90% seines Trinkwasserbedarfs durch 23 Außenministerium der Türkei, Synopsis der türkischen Außenpolitik, http://www.mfa.gov.tr/german.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 24 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 77. 25 Vgl. Eugene Kogan, Turkey’s Place and Role in Changing NATO, in ders./Vahap Polat, Zur Außen- und Innenpolitik der Türkei, Wien 2010, S. 3 ff. Vgl. a. Lothar Rühl (Anm. 22). 26 Außenministerium der Türkei, Synopsis der türkischen Außenpolitik, http://www.mfa.gov.tr/german.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 27 Lothar Rühl (Anm. 22), S. 7, S. 12 f. 28 Lothar Rühl (Anm. 22), S. 9. 29 Zur türkischen Energiepolitik siehe ausführlich , WD2-3000-151/12. 30 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 77. Lothar Rühl (Anm. 22), S. 7 und 10, weist in diesem Zusammenhang u. a. auf die Pipeline Baku-Tiflis-Ceyhan hin (zum damaligen Zeitpunkt noch im Planungsstadium). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 9 den Euphrat, der Irak 98% durch Euphrat und Tigris ab.31 Damit besitzt die Türkei „den Schlüssel zur Bewässerung nicht nur Mesopotamiens und Syriens, sondern über den Golan auch Israels und Palästinas“.32 Wasserkonflikte zwischen den genannten Staaten konnten bisher nicht durch ein multilaterales Abkommen über die Nutzungsrechte ausgeräumt werden und scheinen sich durch aktuelle Projektplanungen der Türkei eher zu verschärfen .33 So protestierten sowohl Irak als auch Syrien gegen türkische Vorhaben, die die Bewirtschaftung der Wasservorkommen betreffen.34 Ein weiterer außenpolitisch relevanter Aspekt der geographischen Lage der Türkei ist die Tatsache, dass sie an einige Nachbarstaaten grenzt, die keine verfestigten und menschenrechtskonformen Demokratien sind (Iran, Irak, Syrien) oder deren politische Ordnung relativ instabil ist (Georgien).35 Darüberhinaus kann es als eine besondere Herausforderung für die türkische Außenpolitik angesehen werden, dass einer dieser Nachbarstaaten, der Iran, die Türkei mit der Problematik der nuklearen Aufrüstung konfrontiert.36 Nachbarschaftskonflikte, die im Kontext der jahrhundertelangen Rivalität zwischen der Türkei und Russland um Einflusssphären im Kaukasus und in Zentralasien standen, scheinen in den türkischen Beziehungen zu den Nachfolgestaaten der Sowjetrepubliken weitgehend ausgeräumt.37 Von besonderer Bedeutung für die auswärtigen Beziehungen der Türkei ist das Verhältnis zu Zypern: Die Türkei erkennt die nationale Souveränität der Republik Zypern nach wie vor nicht an.38 Zugleich ist die Türkei der einzige Staat, der die Türkische Republik 31 Ergin Günes, Wasser als Machtinstrument: Das GAP, in: Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V. Heft 64, Winter 2010, S. 56 ff., S. 58. 32 Lothar Rühl (Anm. 22), S. 5. 33 George Pring/B. Salman Banaei, Tigris and Euphrates Rivers (Stand Januar 2008), in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://mpepil.com/subscriber_article?script=yes&id=/epil/entries/law-9780199231690- e1994&recno=1&searchType=Quick&query=Euphrates (letzter Zugriff 14.01.2013). Vgl. a. Ergin Günes (Anm. 31). 34 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 35 Zur Instabilität von Nachbarstaaten infolge der Desintegration der Sowjetunion vgl. Efe Çaman (Anm. 1), S. 412 f. 36 Lothar Rühl (Anm. 22), S. 12. Grds. zur Rolle der Türkei bei der Eindämmung einer potentiellen atomaren Aufrüstung Irans siehe Ayline Gürzel, Turkey’s Role in Defusing the Iranian Nuclear Issue, in: The Washington Quarterly Vol. 35 (2012) No. 3, S. 141 ff. 37 Michael Thumann, Von Freunden umzingelt: Atom-Deal mit dem Iran, Versöhnung mit Griechenland – wie die Türkei zur regionalen Großmacht aufsteigt, in: Die Zeit vom 20.05.2010, http://www.zeit.de/2010/21/Tuerkei-global (letzter Zugriff 14.01.2013). 38 Vgl. die Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 10 Nordzypern als unabhängigen Staat anerkennt. Der Status von Zypern bleibt für die Türkei eine ungelöste Frage, die die auswärtigen Beziehungen, insbesondere zu Griechenland sowie der Europäischen Union, beeinträchtigt.39 Weitere territoriale Konflikte zwischen Griechenland und der Türkei beziehen sich auf einzelne Inseln im Ägäischen Meer. Die Streitigkeiten sind oft komplex und werden im öffentlichen Diskurs bisweilen dahingehend konstruiert, dass sie bis ins Mittelalter zurückreichten .40 Die Konflikte in der Ägäis scheinen sich jedoch zusehends zu entspannen. Die geographischen Aspekte sind relevant für Politikfelder, in denen Interessen der internationalen Gemeinschaft, einschließlich Deutschlands, aktuell betroffen sind: So ist die Türkei Durchgangsstaat für – zumeist illegale – Migration in die Europäische Union und zugleich Transitland, Umschlagsplatz und Stätte der Weiterverarbeitung für Heroin, das aus Südwestasien nach Europa exportiert wird.41 4. Ethnische und religiöse Gruppierungen 4.1. Ethnische Aspekte der Außenpolitik Ethnische Aspekte beeinflussen die Außenpolitik der Türkei in vielfacher Hinsicht: Ein entscheidender Gesichtspunkt ist das Verhältnis der Türkei zu türkisch-stämmigen Minderheiten und Turkvölkern, die außerhalb der heutigen Grenzen der Türkei siedeln.42 Aufgrund der ethnischen Verbundenheit setzt sich die Türkei zum Beispiel in besonderer Weise für die Rechte und Interessen der uigurischen Minderheit in China gegenüber der chinesischen Staatsführung ein.43 Andererseits gibt es eine besondere Verbundenheit zu den außerhalb der Türkei liegenden Herkunftsorten heutiger türkischer Staatsbürger: Dies trifft zum Beispiel für den 39 Vgl. Außenministerium der Türkei, Cyprus (Historical Overview), http://www.mfa.gov.tr/cyprus- _historical-overview_.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). Vgl. a. CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). Siehe auch Lothar Rühl (Anm. 22), S. 6. Kritisch zur türkischen Position siehe Heinz-Jürgen Axt, “Null Probleme” – Fehlanzeige: Die aktuelle Zypernpolitik der Türkei, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik , München 2012, S. 47 ff. 40 Grundlegend hierzu Alexis Heraclides, The Greek-Turkish Conflict in the Aegean: Imagined Enemies, Chippenham and Eastbourne 2010. Vgl. a. Michael Thumann (Anm. 37). S. a. CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 41 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 42 Vgl. Lothar Rühl (Anm. 22)), S. 10. Zu Turkismus und Panturkismus als außenpolitisch relevanten Positionen vgl. Efe Çaman (Anm. 1), S. 417 f. 43 Eleni Fotiou/Dimitrios Triantaphyllou, Assessing Turkey’s „Soft Power“ Role: Rhetoric versus Practice, in: The International Spectator, Vol. 45 No. 1 (March 2010), S. 99 ff., S. 99. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 11 Westbalkan zu, da über neun Millionen Staatsangehörige der Türkei – also über 10 % der Gesamtbevölkerung – Nachkommen von Einwanderern aus dem Westbalkan sind.44 Ein weiterer, die türkische Außenpolitik prägender ethnischer Faktor ist der Umgang mit nicht-türkischen ethnischen Gruppen, die im Staatsgebiet der Türkei ansässig sind. Zu den in der Türkei ansässigen nicht-türkischen ethnischen Gruppen zählen Kurden45, Zaza, Lasen, Tscherkessen, Araber46, Tschetschenen, Aramäer, Armenier47, Griechen und Roma .48 Dabei stellen die Kurden mit 18% am Bevölkerungsanteil die größte ethnische Minderheit innerhalb der Türkei dar, während alle übrigen Minderheiten zusammen etwa 7 bis 12 % der Bevölkerung ausmachen.49 Die seit 2002 regierende AKP betont bei der Darstellung ihrer außenpolitischen Agenda ethnische Gesichtspunkte: So strebe man enge Beziehungen zu anderen Turkvölkern an.50 Dies äußert sich in der gegenseitigen Abschaffung von Visaerfordernissen, der Vertiefung politischer Dialoge, der Anregung des Handels und der Unterstützung von Zusammenarbeit auf Nicht-Regierungsebene.51 Die gleiche, bisweilen mit pan-türkischen Motivationen verwobene außenpolitische Agenda verfolgten bereits einige liberal-konservative politischen Vorgänger der AKP.52 44 Dusan Reljic (Anm. 6), S. 1. Vgl. auch die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). 45 Ausführlich hierzu siehe unter 4.2. 46 Ausführlich zum Verhältnis zwischen der Türkei und den arabischen Staaten siehe , WD2-3000-161/12. 47 Ausführlich hierzu siehe unter 4.3. 48 Peter A. Andrews (Hrsg.), Ethnic Groups in the Republic of Turkey, Wiesbaden 2002, S.7 f., listet 47 in der Türkei ansässige ethnische bzw. religiöse Gruppen auf. Allg. zu ethnographischen Fragen in der Türkei vgl. a. Günter Seufert, Ethnien und Ethnizität: Die Kurden und andere Minderheiten, in: Udo Steinbach (Hrsg.), Länderbericht Türkei, Bonn 2012, S. 232 ff. 49 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 50 So auch die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). Zu den Turkvölkern zählen u.a. Aserbaidschaner, Kasachen, Kirgisen, Uiguren und Usbeken. 51 http://www.akparti.org.tr/english/hedef/8890/we-will-unite-with-Turkic-countries (letzter Zugriff 14.01.2013). 52 Zu nennen ist insbesondere Turgut Özal, 1983 bis 1989 Ministerpräsident und zugleich Parteivorsitzender der liberal-konservativen Anavatan Partisi (ANAP, im Deutschen: Mutterlandspartei). Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 77. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 12 Neben der ethnischen Identität spielt auch die Zuordnung zu religiösen Gruppierungen in der türkischen Politik eine wesentliche Rolle.53 Soweit damit Interessengegensätze oder -konvergenzen begründet werden, schlagen sich die religiösen Identitäten der türkischen Bevölkerung auch in den auswärtigen Beziehungen der Türkei nieder. Nach aktuellen Angaben sind mehr als 99 % der türkischen Staatsbürger Muslime, die zumeist der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehören.54 Die größte nichtsunnitische islamische Minderheit innerhalb der Türkei bildet die Gruppe der Alewiten, die sich aus dem schiitischen Islam entwickelt haben.55 Der verbleibende Bevölkerungsrest von weniger als 1 % gehört zumeist dem Christentum oder dem Judentum an.56 Dabei ist anzumerken, dass der Anteil nicht-muslimischer Türken seit der Gründung der Republik sehr zurückgegangen ist.57 Im Hinblick auf die jüdische Minderheit sollte nicht unerwähnt bleiben, dass antisemitische Einstellungen in der Türkei traditionell weniger verbreitet sind als in den meisten europäischen Ländern. Aus der Geschichte des Osmanischen Reichs sind keine antisemitischen Pogrome bekannt.58 Das Osmanische Reich gewährte den infolge der Reconquista aus Spanien vertriebenen Juden vergleichsweise großzügig Zuflucht.59 Auch während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft in Deutschland öffnete die türkische Regierung frühzeitig ihre Grenzen für verfolgte europäische Juden.60 4.2. Die „kurdische Frage“61 Die „kurdische Frage“ wird in der Literatur als eine der einflussreichsten Konstanten der türkischen Außenpolitik gesehen.62 Die Ambivalenz der türkischen Beziehungen zu den 53 Zur gesellschaftlichen Stellung religiöser Minderheiten vom Osmanischen Reich bis in die Gegenwart vgl. Günter Seufert, Religiöse Minderheiten in der Türkei, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 26/2008, S. 20 ff., http://www.bpb.de/apuz/31145/religioese-minderheiten-in-der-tuerkei (letzter Zugriff 14.01.2013). 54 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 55 Allgemein zur Geschichte und Rolle der Alewiten in der Türkei siehe Burak Gümüs, Türkische Alewiten vom Osmanischen Reich bis zur heutigen Türkei, Konstanz 2001. 56 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 57 Nach Angaben von Günter Seufert (Anm. 53), S. 25, sank dieser von 1927 bis 1991 von 2,5 % auf 0,2 %, also um 92 %. 58 Günter Seufert (Anm. 53), S. 22. 59 Dirk Rochtus, Ankara auf Ostkurs? Zu den aktuellen Spannungen zwischen der Türkei und Israel, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2010, S. 65 ff., S. 67. 60 Dirk Rochtus (Anm. 59). 61 Siehe ausführlich , WD2-3000-150/12. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 13 Kurden im Iran, im Irak und in Syrien ist in erster Linie vor dem Hintergrund der kurdischen Minderheitenproblematik im eigenen Land zu verstehen:63 Befürchtungen, dass die Anerkennung eines kurdischen Selbstbestimmungsrechts im Ausland separatistischen Tendenzen im eigenen Land Vorschub leisten könnte, beeinflussen das außenpolitische Handeln der Türkei in diesem Zusammenhang.64 Allerdings kooperiert die Türkei mittlerweile mit Regierungseinrichtungen der Irakischen Autonomen Region Kurdistan, u. a. zur Bekämpfung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und anderer gewaltbereiter Gruppen, die im kurdischen Teil Iraks ihre Basis haben sollen .65 Zugleich arbeitet sie am weiteren Ausbau der diplomatischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen. Als symptomatisch für die verbesserten Beziehungen zur Autonomen Region Kurdistan mag gelten, dass diese im offiziellen Sprachgebrauch der Türkei nicht mehr als „Nordirakische Regionalregierung“ sondern als „Irakische Region Kurdistan “ bezeichnet wird.66 Dass sich das Verhältnis zur Autonomen Region Kurdistan in letzter Zeit verbessert hat, zeigt sich auch darin, dass türkische Diplomaten sich besorgt hinsichtlich des Status der Kurden im Irak äußerten.67 4.3. Das Verhältnis zu den Armeniern Die armenische Präsenz innerhalb der Türkei ist seit der Gründung der Republik Türkei erheblich gesunken; gegenwärtig bildet die armenische Bevölkerungsgruppe wohl weniger als ein Prozent der türkischen Gesamtbevölkerung.68 Dennoch beeinflusst die Gegenwart von ethnischen Armeniern in der Türkei nicht nur das Verhältnis der Türkei zur 62 Lothar Rühl (Anm. 22), S. 7. Vgl. a. Gülistan Gürbey, Außenpolitische Implikationen des türkischkurdischen Verhältnisses, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 41 ff. 63 Vgl. a. Michael M. Gunter, Prospects fort he Kurdish future in Iraq and Turkey, in: Robert Lowe/Gareth Stansfield, The Kurdish Policy Imperative, London 2010, S. 192 ff. Zur Rolle des Kurdenkonflikts in der Außenpolitik der Türkei und seinem Einfluss auf die atlantische Allianz und die EU siehe Lothar Rühl (Anm. 22), S. 5. 64 Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 100. 65 F. Stephen Larrabee, Turkey’s New Geopolitics, in: Survival: Global Policies and Strategy, Vol. 52 No. 2 (April-May 2010), S. 157 ff., S. 158. 66 Vgl. Joint Press Statement Regarding the Meeting Between Mr. Ahmet Davutoğlu, Minister of Foreign Affairs of the Republic of Turkey and Mr. Masoud Barzani, IKR President , 1 August 2012, Erbil, http://www.mfa.gov.tr/joint-press-statement-regarding-the-meeting-between-mr_-ahmetdavuto %C4%9Flu_-the-minister-of-foreign-affairs-of-the-republic-of-turkey_-and-mr_-masoudbarzani _-the-president-of-the-iraqi-kurdistan-region.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 67 F. Stephen Larrabee (Anm. 65), S. 161 f. CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 68 Günter Seufert (Anm. 53), S. 25. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 14 Republik Armenien, sondern prägt auch die außenpolitischen Beziehungen der Türkei zu anderen Staaten.69 Erkennbar wird der Einfluss der „armenischen Frage“ auf die auswärtigen Beziehungen der Türkei z. B. darin, dass die Türkei in ihrer Bündnispolitik zu einer stärkeren Unterstützung der Interessen Aserbaidschans und einer deutlicheren Abgrenzung von Armenien neigt.70 Das türkisch-armenische Verhältnis und dessen Implikationen für die türkische Außenpolitik sind nicht zuletzt im Lichte des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich zu sehen.71 Nach dem aktuellen Stand der Forschung, der sich auf zeitgenössische Quellen beruft, sollen in den Jahren 1915 und 1916 bis zu 1,5 Millionen Armenier umgekommen sein.72 Die Türkei erkennt die Ereignisse nach wie vor nicht als Völkermord an.73 Dies wird in den internationalen Beziehungen der Türkei – nicht nur gegenüber den Armenien – immer wieder zum Thema.74 So kam es zum Beispiel in den letzten Jahren mehrfach zu Verstimmungen zwischen der Türkei und Frankreich aufgrund dieser Problematik , etwa 2001, als die französische Nationalversammlung die historischen Verbrechen an den Armeniern per Gesetz als Völkermord deklarierte,75 und 2011, als sie die 69 Zur der Rolle der Armenischen Minderheit innerhalb der Türkei siehe auch Nareg Seferian, Genocide Politics: Players, Moves and an Endgame, in: Turkish Policy Quarterly, Vol. 9 (2010) No. 3, S. 131 ff. 70 Siehe auch Nareg Seferian (Anm. 69), S. 133. 71 Ebenso die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). Ausführlicher vgl. das Kapitel „The Armenian genocide: a foreign policy problem in a globalized world, in: Bill Park (Anm. 10), S. 1. S.a. Hans-Lukas Kieser, Eine genug innovative Außenpolitik? Die Türkei und Armenien in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 65 ff. Vgl. auch Michael M. Gunter, Armenian History and the Question of Genocide, Chippenham and Eastbourne 2011, S. 119 ff. 72 Siehe insbesondere den sog. Whitaker-Bericht, United Nations Economic and Social Council Commission on Human Rights Sub-Commission on Prevention of Discrimination and Protection of Minorities Thirty-eighth session, Item 4 of the provisional agenda, E/CN.4/Sub.2/1985/6 — 2 July 1985, http://www.preventgenocide.org/prevent/UNdocs/whitaker/section5.htm#n13 (letzter Zugriff 24.01.2013) mit zahlreichen Nachweisen der aktuellen Forschungsliteratur in Fn. 13. Siehe auch den Bericht des Geschäftsträgers der Botschaft Konstantinopel (Radowitz) an den Reichskanzler (Bethmann Hollweg) vom 4. Oktober 1916, http://www.armenocide.net/armenocide/armgende.nsf/$$AllDocs/1916-10-04-DE-002 (letzter Zugriff 20.11.2012). 73 Außenministerium der Türkei, Controversy between Turkey and Armenia about the Events of 1915, http://www.mfa.gov.tr/sub.en.mfa?c4aa6758-dde9-477c-98c6-335c94c2fe18 (letzter Zugriff 14.01.2013) mit weiterführenden Links. 74 Vgl. hierzu Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 78. Zur Bedeutung des Völkermords an den Armeniern für die türkisch-U.S. amerikanischen Beziehungen siehe Morton Abramowitz (Anm. 12), S. 70. 75 Loi du 29 janvier 2001 relative à la reconnaissance du génocide arménien de 1915, http://www.assemblee-nationale.fr/11/dossiers/genocide.asp (letzter Zugriff 14.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 15 Strafandrohung für die Banalisierung oder Leugnung von Völkermorden zu erhöhen suchte .76 Das Verhältnis der Türkei sowohl zur armenischen Minderheit im eigenen Land als auch zur Regierung des Nachbarstaates wird durch territoriale Ansprüche Armeniens auf türkisches Staatsgebiet erschwert. Ein von Schweizer Diplomaten 2009 vermittelter bilateraler Vertrag, der die Beziehungen zwischen beiden Staaten auf eine verbesserte Basis hätte stellen sollen, konnte bisher nicht ratifiziert werden.77 Trotz aller Vorbehalte gegen die jeweils andere Seite soll sich das Verhältnis zwischen der Türkei und Armenien in den letzten Jahren jedoch grundsätzlich entspannt haben.78 5. Demographische und wirtschaftliche Faktoren Zu den Faktoren, die die Außenpolitik der Türkei mittelfristig prägen, zählen nicht zuletzt demographische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen.79 Mit einer – nach wie vor wachsenden – Bevölkerung von fast 80 Millionen Staatsbürgern (Stand: Juli 2012) steht die Türkei hinsichtlich ihrer Bevölkerungszahl weltweit an 17. Stelle aller Staaten. Über die Hälfte der Türken ist jünger als 29 Jahre.80 Die Jugendarbeitslosigkeit der 15 bis 24-Jährigen beträgt 25,3 %.81 Ein aus Sicht der türkischen Außenpolitik relevanter demographischer Faktor ist ferner die Tatsache, dass es mit etwa 5 Millionen Menschen eine beträchtliche Gruppe von türkischen Staatsbürgern gibt, die ihren ständigen Aufenthaltsort nicht auf türkischem Staatsgebiet haben.82 Davon leben etwa 4 Millionen in Mitgliedstaaten der Europäischen 76 Assemblée nationale, XIIIe législature, Session ordinaire de 2011-2012, Compte rendu intégral, Séance du jeudi 22 décembre 2011, http://www.assemblee-nationale.fr/13/cri/2011-2012/20120094.asp (letzter Zugriff 14.01.2013). 77 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 78 Zur grundsätzlich positiven Enwicklung des Verhältnisses zwischen der Türkei und Armenien siehe Nareg Seferian (Anm. 69). Siehe auch Yonca Poyraz Dogan, Turkey-Armenia Rapprochement at Risk: Time for Vision and Courage, in: Turkish Policy Quarterly, Vol. 8 (2009) No. 4, S. 129 ff. Vgl. auch Jan Senkyr, Türkei und Armenien streben Normalisierung der Beziehungen an, Länderbericht Konrad Adenauer Stiftung 14. Oktober 2009, http://www.kas.de/wf/doc/kas_17836-1522-1-30.pdf?091014093128 (letzter Zugriff 14.01.2013). 79 Vgl. Carter V. Findley (Anm. 11), S. 374 ff., S. 379 ff. 80 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Median bei 45,3 Jahren, siehe CIA, The World Fact Book, Germany, https://www.cia.gov/library/publications/theworld -factbook/geos/gm.html (letzter Zugriff 14.01. 2013). 81 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 82 Außenministerium der Türkei, The Expatriate Turkish Citizens, http://www.mfa.gov.tr/the-expatriateturkish -citizens.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 16 Union, 300.000 in Nordamerika, 150.000 in Australien und 200.000 im Nahen und Mittleren Osten.83 Vor diesem Hintergrund erklären sich die Ziele, die die Türkei in der Migrationspolitik auch auf internationaler Ebene verfolgt:84 Nach eigenen Angaben der AKP zählt es zu den Prioritäten türkischer Außenpolitik, Visumserfordernisse weiter zu reduzieren und in das gemeinsame Visa-System der Schengen-Staaten aufgenommen zu werden .85 Auch die wirtschaftlichen Transformationsprozesse, die in den letzten Jahrzehnten innerhalb der Türkei vorangetrieben wurden – insbesondere die marktwirtschaftliche Öffnung, Industrialisierung, Exportorientierung, Wachstumsorientierung, Stärkung des Dienstleistungssektors – sind entscheidend für den (Wieder)Aufstieg der Türkei zur regionalen Mittelmacht .86 Einige statistische Angaben zur Wirtschaftsentwicklung in der Türkei von 2002 bis 2012 mögen die außenpolitische Relevanz dieser Entwicklung verdeutlichen: Innerhalb des genannten Zeitraums kletterte die Türkei von Platz 26 auf Platz 17 der weltweit größten Volkswirtschaften; das Bruttonationalprodukt stieg von 230 auf 780 Milliarden US Dollar, das Bruttonationalprodukt pro Kopf von 3.500 auf 10.363 (2011) US Dollar; gleichzeitig ging die jährliche Inflationsrate von 65% auf 4,9% (2010) zurück; die Exporte stiegen von 36 auf 114 Milliarden US Dollar.87 Andererseits ist die Staatsverschuldung mit etwa 300 Milliarden US Dollar noch immer hoch und die Türkei somit abhängig von internationalen Kreditmärkten.88 Auch 2011 betrug das Defizit des staatlichen Haushalts über 10 Milliarden US Dollar und das Handelsbilanzdefizit fast 90 Milliarden US Dollar.89 Die Stellung der Türkei als Exportnation schlägt sich in intensiven Handels- und Investitionsbeziehungen innerhalb der Region nieder. Der Anteil der Ein-und Ausfuhren in Nachbarländer und Anrainerstaaten des Schwarzen Meeres bzw. aus diesen Staaten hat 83 Außenministerium der Türkei, The Expatriate Turkish Citizens, http://www.mfa.gov.tr/the-expatriateturkish -citizens.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 84 Grundlegend zur Bedeutung von Migrationsfragen für die türkische Politik vgl. Bill Park (Anm. 10), S. 172 ff. 85 http://www.akparti.org.tr/english/hedef/8861/vize-muafiyetleri-artacak (letzter Zugriff 14.01.2013). Vgl. auch Suat Kiniklioglu (zur Zeit stellvertretender außenpolitischer Sprecher der AKP), Turkey’s Neighbourhood and beyond: Tectonic Transformation at Work?, in: The International Spectator, Vol. 45, No.4, December 2010, S. 93 ff. Ausnahmen von der Visumspflicht wurden in denn letzten Jahren u.a. mit Syrien, Libyen, Russland und Jordanien vereinbart, vgl. Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 98. 86 Vgl. a. Carter V. Findley (Anm. 11), S. 374 ff. 87 Die Darstellung folgt den offiziellen Angaben der AKP, vgl. http://www.akparti.org.tr/english/hedefler/ekonomi-2/C253 (letzter Zugriff 14.01.2013). 88 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 89 CIA, The World Fact Book, Turkey, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook /geos/tu.html (letzter Zugriff 14.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 17 sich 2002 bis 2009 deutlich erhöht.90 Bilaterale Freihandelsabkommen, z.B. mit Ägypten (2005), fördern diese Entwicklung. Intensive Handels- und Investitionsbeziehungen bestehen u.a. auch in die Irakische Autonome Region Kurdistan.91 Die wirtschaftlichen Beziehungen zum Iran sind im wesentlichen charakterisiert durch türkische Industriegüterexporte in den Iran und türkische Direktinvestitionen im Iran einerseits und Erdgasimporte aus dem Iran andererseits.92 Angesichts des im Vergleich zu anderen Staaten der Region hohen Bildungsstandards in der Türkei gibt es Planungen, den regionalen Dienstleistungsexport im Bildungsbereich zu verstärken.93 Wie überall auf der Welt sind Fragen der nationalen Versorgung mit Bodenschätzen, Rohstoffen und Energieträgern auch in der türkischen Außenpolitik ein fundamentales Thema .94 Der steigende Energiebedarf der Türkei wird in der Literatur als eine entscheidende Triebfeder türkischer Außenpolitik gesehen.95 Nach Darstellung des türkischen Außenministeriums verfolgt die Türkei im Bereich der Energiepolitik zur Zeit in erster Linie die Ziele, Herkunftsländer und Transitrouten der Energierohstoffimporte zu diversifizieren.96 6. (Außen)politisches Selbstverständnis der Türkei Zu den Rahmenbedingungen türkischer Außenpolitik zählen neben den bisher genannten Daten, Fakten und Zahlen auch die theoretischen Grundannahmen und identitätsstiftenden Einstellungen, auf die sich die politisch handelnden Akteure beziehen. 6.1. Das Konzept der „strategischen Tiefe“ Ein für das außenpolitische Selbstverständnis der Türkei97 maßgeblicher und zur Zeit wohl vorherrschender realpolitischer Leitgedanke ist das Konzept der „strategischen Tie- 90 Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 99. 91 Vgl. die Angaben bei Michael M. Gunter (Anm. 63), S. 192. Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 100. 92 Außenministerium der Türkei, Turkey-Iran Economic and Trade Relations, http://www.mfa.gov.tr/turkey_s-commercial-and-economic-relations-with-iran.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 93 Vgl. hierzu die außenpolitische Agenda der AKP: „Leading Turkish universities will be encouraged to found campuses abroad. Turkish universities will have been founded in many other countries by 2023.“ http://www.akparti.org.tr/english/hedef/8812/hedef-yurtdisinda-turk-universiteleri (letzter Zugriff 14.01.2013). 94 Zu den energiepolitischen Aspekten der türkischen Außenpolitik siehe ausführlich , WD2- 3000-151/12. 95 Suat Kiniklioglu (Anm. 85), S. 95. 96 Außenministerium der Türkei, Turkey’s Energy Strategy, http://www.mfa.gov.tr/turkeys-energystrategy .en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 97 Grundlegend hierzu Günter Seufert, Außenpolitik und Selbstverständnis: Die gesellschaftliche Fundierung von Strategiewechseln in der Türkei, SWP Studie, Berlin 2012, http://www.swpberlin .org/fileadmin/contents/products/studien/2012_S11_srt.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Zu den „Grundlinien der Außenpolitik“ der Türkei vgl. auch die Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 18 fe“.98 Entwickelt wurde das Konzept von dem türkischen Politikwissenschaftler und gegenwärtigen Außenminister der Türkei Ahmet Davutoglu.99 Danach habe die Türkei eine „multiple regionale Identität und somit die Fähigkeit und die Verantwortung, eine integrierte und multidimensionale Außenpolitik zu verfolgen“; die Türkei sei eine „Ordnungsmacht, die die Verhältnisse der Region forme“; sie müsse „ein ausgewogenes Verhältnis zu allen globalen und regionalen Akteuren anstreben und sich für Frieden, Stabilität, Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung in der Nachbarschaft einsetzen“; die Türkei solle „gute Beziehungen mit allen Staaten der Region anstreben “; während die neue außenpolitische Ausrichtung keine Abkehr vom Westen darstelle , müsse die Türkei doch eigene, bisweilen abweichende Prioritäten setzen.100 Inwiefern dem Konzept der „strategischen Tiefe“ ein ideologischer Gehalt zukommt, wird von politischen Kommentatoren unterschiedlich bewertet. Teile der Literatur sehen in der neuen theoretischen Kursbestimmung in der Außenpolitik in erster Linie ein Wiedererstarken nationalistischer Kräfte.101 Kontrovers erörtert wird auch die Frage, ob sich hinter dem Kurswechsel nicht letztlich starke Tendenzen zur Islamisierung der türkischen Außenpolitik verbergen.102 Kritische Stimmen merken an, die Türkei sei der auf der Grundlage der „strategischen Tiefe“ beanspruchten Rolle innerhalb der internationalen Gemeinschaft institutionell nicht gewachsen.103 Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). 98 Gülistan Gürbey, Davutoglus Plan: Das Konzept der strategischen Tiefe, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 7 ff., S. 10. 99 Nimet Seker, Neuorientierung der türkischen Außenpolitik: Strategische Tiefe und maximale Kooperation , 05.08.2009, http://de.qantara.de/wcsite.php?wc_c=2687 (letzter Zugriff 14.01.2013). Semih Idiz, Strategische Tiefe – die internationale Stellung der Türkei – Gibt es eine neue türkische Außenpolitik? http://www.konrad.org.tr/23.%20Journalisten%20dt/023-034.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Vgl. a. F. Stephen Larrabee (Anm. 65). 100 Die Darstellung folgt in diesem Absatz im Wortlaut Jan Senkyr, Die Türkei auf dem Weg zur regionalen Mittelmacht, Auslandsinformationen der Konrad Adenauer Stiftung, 27. April 2010, http://www.kas.de/wf/doc/kas_19452-544-1-30.pdf?100427150927 (letzter Zugriff 14.01.2013), S. 94 f. 101 Eleni Fotiou/Dimitrios Triantaphyllou (Anm. 43), S. 104 f. 102 So etwa Gottfried Hutter, Religiöse Konnotationen der neuen türkischen Außenpolitik, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 21 ff., S. 29. Anderer Auffassung Emiliano Alessandri , The New Turkish Foreign Policy and the Future of Turkey-EU Relations, in: Documenti IAI 10/03 (Februar 2010), http://www.iai.it/pdf/DocIAI/iai1003.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013), S. 4. 103 Kritisch zum tatsächlichen Beitrag Svante E. Cornell, Changes in Turkey: What Drives Turkish Foreign Policy?, in: Middle East Quarterly Vol. 19 (2012) No. 1, S. 13 ff., S. 24: “Turkey’s state apparatus […] is hardly equipped to handle the load of initiatives […] many Turkish initiatives have been less then well prepared […]”. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 19 Die bewusste Betonung realpolitischer Elemente sowie die Forderung nach größtmöglicher Flexibilität im Rahmen des Konzepts der „strategischen Tiefe“ führen zu einer besonderen Dynamik außenpolitischer Positionen, so dass jederzeit mit Kurswechseln zu rechnen ist.104 Zum Teil wird die höhere Bereitschaft zu tiefgreifenden Änderungen auch darauf zurückgeführt, dass in der Türkei aktuell eine im internationalen Vergleich stärker ausgeprägte Tendenz bestehe, die Außenpolitik in den Dienst der Innenpolitik zu stellen .105 6.2. Selbstbeschreibung der Rolle der Türkei als Teil der internationalen Gemeinschaft Rückschlüsse darauf, was von der türkischen Außenpolitik in absehbarer Zeit zu erwarten ist, lassen sich auch aus der Selbstbeschreibung der Rolle der Türkei als Teil der internationalen Gemeinschaft ziehen. Die Türkei bekennt sich zur gewaltfreien, völkerrechtskonformen und multilateralen Lösung internationaler Probleme.106 Die Bereitschaft der Türkei zu einer starken Einbindung in den institutionellen Rahmen der internationalen Gemeinschaft zeigt sich in ihren zahlreichen Mitgliedschaften: Sie ist Mitglied der Vereinten Nationen, des Europarates, der Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO), der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Welthandelsorganisation (WTO), der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), der Organisation der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (BSEC), der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO), der Developing 8 (D- 8) und der Konferenz für Zusammenarbeit und Vertrauensbildende Maßnahmen in Asien (CICA).107 In seinem öffentlichen Auftritt betont das türkische Außenministerium den Beitrag der Türkei zu internationalen Verhandlungen, humanitären Hilfseinsätzen, friedenserhalten- 104 Zum Wandel der Konstanten türkischer Außenpolitik nach dem Ende des Kalten Krieges vgl. Efe Çaman (Anm. 1). Vgl. zur ebenso schnellen wie grundlegenden Änderung der Politik gegenüber der Irakischen Autonomen Region Kurdistan Piotr Zalewski (Anm. 9) S. 100. Svante E. Cornell (Anm. 103), S. 24. stellt einen Rückgang in der Vorhersehbarkeit türkischer Außenpolitik fest. 105 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 81 f. Allgemein zur Rolle des innenpolitischen Erbes in der türkischen Außenpolitik siehe Efe Çaman (Anm. 1), S. 418 ff. Vgl. a. Suat Kiniklioglu (Anm. 85), S. 95. Zur Bedeutung türkischer Innenpolitik für das Verhältnis zu Iran und Syrien Siehe auch Bülent Aras/Rabia Karakaya Polat, From Conflict to Cooperation: Desecurization of Turkey’s Relations with Syria and Iran, in: Security Dialogue, Vol. 39 (2008), S. 495 ff. 106 Verdeutlich wird dies durch die Ausführungen auf der Webseite des türkischen Außenministeriums: „In unserem heutigen fragilen internationalen Umfeld gewinnen Leitbilder wie Demokratisierung, Pluralismus , nachhaltige Entwicklung, menschliche Entwicklung, interkulturelles Verständnis und die Schaffung von Harmonie und Toleranz zwischen den Kulturen an Bedeutung und erlangen Priorität. Die Notwendigkeit, die Probleme auf der Grundlage des Völkerrechts und eines effektiven Multilateralismus zu lösen, wird deutlicher denn je.“ Außenministerium der Türkei, Synopsis der türkischen Außenpolitik , http://www.mfa.gov.tr/german.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 107 Außenministerium der Türkei, Synopsis der türkischen Außenpolitik, http://www.mfa.gov.tr/german.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). Siehe auch Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 71 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 20 den Einsätzen sowie internationalen Maßnahmen der Konfliktbewältigung und -prävention.108 Zur Zeit beteiligt sich die Türkei mit polizeilichen und militärischen Truppen u. a. in Bosnien-Herzegowina (EUFOR, EUPM) und im Kosovo (KFOR).109 Zusammenfassend lässt sich feststellen: Die Türkei pflegt in ihrer Selbstdarstellung gegenüber der Weltöffentlichkeit das Bild einer Regionalmacht, die Wert auf gute nachbarschaftliche Beziehungen legt und dabei vor allem auf eine Vertiefung der politischen Dialoge , eine Intensivierung der Handels- und Energiebeziehungen und direkte Begegnungen zwischen den Völkern setzt.110 Das Augenmerk ist dabei in den letzten Jahren weniger auf die transatlantischen und westeuropäischen Beziehungen und zunehmend auf die eigene Region gerichtet.111 6.3. Einzelne identitätsstiftende auswärtige Beziehungen Zu den Rahmenbedingungen türkischer Außenpolitik zählen auch die Besonderheiten, die die Beziehungen der Türkei zu bestimmten, einzelnen Staaten (bzw. Staatengruppen) aufweisen und die zuweilen als identitätsstiftend für die türkische Außenpolitik angesehen werden können. In erster Linie betrifft dies das Verhältnis zur Europäischen Union. Einige Beobachter meinen Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die türkische Staatsführung einer Mitgliedschaft der Türkei in der EU in den letzten Jahren nicht mehr den gleichen Vorrang einräume, wie dies unter den Vorgängerregierungen, die von anderen Parteien geführt wurden, der Fall gewesen sei; vielmehr hätten sich Tendenzen verstärkt, die EU- Mitgliedschaft der Türkei als eine Option neben anderen außenpolitischen Handlungsmöglichkeiten zu sehen.112 Eine für das türkische Selbstverständnis ebenso grundlegende bilaterale Beziehung ist das Verhältnis zu Israel.113 Die Türkei war der erste Staat der Region, der Israel am 28. März 1949 offiziell anerkannte, die türkisch-israelischen Beziehungen sind traditionell gut.114 Allerdings war die Qualität der Beziehungen in den letzten Jahren erheblichen Schwankungen unterworfen. Phasen der engen politische und militärische Zusammenarbeit wechselten sich mit stärker antagonistischen Perioden ab, in denen die türkische Regie- 108 Außenministerium der Türkei, Humanitarian Assistance by Turkley, http://www.mfa.gov.tr/humanitarian-assistance-by-turkey.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 109 Dusan Reljic (Anm. 6), S. 2. 110 Suat Kiniklioglu (Anm. 85), S. 93 ff. 111 Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 98. 112 Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 98. Zur Geschichte der türkisch-europäischen Beziehungen seit dem Assoziierungsabkommen mit der EWG von 1963 siehe auch Jan Senkyr (Anm. 100), S. 98 f. Vgl. bereits oben (Anm. 11). 113 Ausführlich zum Verhältnis zwischen der Türkei und Israel siehe , WD2-3000-141/12. 114 Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager (Anm. 2), S. 71. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 21 rung auch nicht vor massiver öffentlicher Kritik an Israel zurückscheute.115 In letzter Zeit scheint sich jedoch wieder eine Verbesserung der Beziehungen abzuzeichnen. Dem Verhältnis zur arabisch-islamischen Welt räumt die türkische Außenpolitik grundlegende Bedeutung ein.116 Während die frühere türkische Führung sich stark nach Westeuropa hin ausrichtete, tritt die türkische Außenpolitik seit 2002 den arabisch-islamischen Staaten mit größerer Offenheit und Verbundenheit gegenüber.117 Im Rahmen ihrer Konfliktvermeidungs-Orientierung unterhielt die Türkei bis zuletzt von Pragmatismus geprägte gute nachbarschaftliche Beziehungen auch zu dem Regime von Mahmud Achmadinedschad in der Islamischen Republik Iran.118 Durch die aktuelle politische Krise in Syrien ist jedoch auch das türkische Verhältnis zum Iran in Fluss geraten, nicht zuletzt wegen Meinungsverschiedenheiten der beiden Regierungen hinsichtlich der Stationierung des geplanten NATO-Raketenschilds in der Türkei.119 Die aktuelle Entwicklung im Zusammenhang mit der Krise in Syrien ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Ausarbeitung, die die mittel- und langfristigen Rahmenbedingungen der türkischen Außenpolitik betrachtet. Ebenso pragmatisch wie gegenüber dem Iran verhält sich die türkische Staatsführung gegenüber dem Regime des sudanesischen Präsidenten Umar al-Baschir, der (wegen der im 115 Nach Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013) „[befinden sich] die politischen Beziehungen zu Israel […] auf einem Tiefpunkt.“ Siehe auch Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 100. Zu den militärisch-strategischen Hintergründen der türkisch-israelischen Partnerschaft, a.a.O., S. 66 f. Anderer Auffassung Boris Kálnoky, Erdogans Bruch mit Israel war lange geplant – Geheime Mails beleuchten die Gaza-Affäre, in: Die Welt 01.03.2012, http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13896640/Erdogans-Bruch-mit-Israelwar -lange-geplant.html (letzter Zugriff 14.01.2013). 116 Ausführlich zum Verhältnis zwischen der Türkei und den arabischen Staaten siehe , WD2-3000-161/12. 117 Dirk Rochtus (Anm. 59), S. 66. Zum Verhältnis zwischen der Türkei und dem „Arabischen Raum“ vgl. auch die Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013). S. a. Außenministerium der Türkei, Turkey’s Relations with the Arab Countries, http://www.mfa.gov.tr/turkey_s-relations-with-the-middle-east.en.mfa (letzter Zugriff 14.01.2013). 118 Allg. hierzu Andreas Breitegger, Turkish-Iranian Relations: A Reality Check, in: Turkish Policy Quarterly Vol. 8 (2009) No. 3, S. 109 ff., http://www.turkishpolicy.com/images/stories/2009-03- tpq/ANDREAS_BREITEGGER.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Nach Angaben auf der Webseite des Auswärtigen Amtes, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik_node.html#doc338410bodyTe xt2 (letzter Zugriff 14.01.2013) hat die Türkei ein ambivalentes Verhältnis zum Iran. 119 Vgl. die Angaben des Auswärtigen Amts auf http://www.auswaertigesamt .de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tuerkei/Aussenpolitik.html, Stand Januar 2013 (letzter Zugriff 21.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 22 Darfur verübten Verbrechen) vom Internationalen Strafgerichtshof zur Fahndung ausgeschrieben wurde.120 Die pragmatische, nach vielen Seiten hin orientierte Außenpolitik der Türkei verdeutlicht ihr Potential, als Brücke zwischen der westlichen Wertegemeinschaft und den Staaten der arabisch-islamischen Welt zu dienen. Nicht zuletzt bei der Bewältigung internationaler Krisen und Konflikte könnte sich die Türkei somit als Moderator zwischen gegensätzlichen ideologischen Positionen erweisen. 7. Literatur Morton Abramowitz, The Turkish Portfolio, in: The American Interest Vol. 4 (2009) No. 3, S. 63 ff. Emiliano Alessandri, The New Turkish Foreign Policy and the Future of Turkey-EU Relations , in: Documenti IAI 10/03 (Februar 2010), http://www.iai.it/pdf/DocIAI/iai1003.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Peter A. Andrews (Hrsg.), Ethnic Groups in the Republic of Turkey, Wiesbaden 2002 [BT Bibliothek KUL 4.1.TR 1]. Bülent Aras/Rabia Karakaya Polat, From Conflict to Cooperation: Desecurization of Turkey ’s Relations with Syria and Iran, in: Security Dialogue, Vol. 39 (2008), S. 495 ff. Heinz-Jürgen Axt, “Null Probleme” – Fehlanzeige: Die aktuelle Zypernpolitik der Türkei, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 47 ff. Jürgen Bellers/Markus A. Kirchschlager, Außenpolitik: Zwischen Geopolitik und Geoökonomie , in: Wolfgang Gieler/Christian Johannes Henrich (Hrsg.), Politik und Gesellschaft der Türken im Spannungsverhältnis zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wiesbaden 2010, S. 69 ff. Andreas Breitegger, Turkish-Iranian Relations: A Reality Check, in: Turkish Policy Quarterly Vol. 8 (2009) No. 3, S. 109 ff., http://www.turkishpolicy.com/images/stories/2009- 03-tpq/ANDREAS_BREITEGGER.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). 120 Piotr Zalewski (Anm. 9), S. 102. Vgl. UN News Centre, ICC indictees remain at large and Darfur crimes continue, Security Council told, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=43764&Cr=darfur&Cr1=criminal+court#.UMrkvvKw Ue8 (letzter Zugriff 14.01.2013). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 23 Efe Çaman, Türkei quo vadis? Determinanten türkischer Außenpolitik in Europa und Asien , in: Zeitschrift für Politik, Vol. 53 (2006) No. 4, S. 411 ff. Svante E. Cornell, Changes in Turkey: What Drives Turkish Foreign Policy?, in: Middle East Quarterly Vol. 19 (2012) No. 1, S. 13 ff. Yonca Poyraz Dogan, Turkey-Armenia Rapprochement at Risk: Time for Vision and Courage , in: Turkish Policy Quarterly, Vol. 8 (2009) No. 4, S. 129 ff. Carter Vaughn Findley, Turkey, Islam, Nationalism, and Modernity: A History, 1789-2007, New Haven 2010. Eleni Fotiou/Dimitrios Triantaphyllou, Assessing Turkey’s „Soft Power“ Role: Rhetoric versus Practice, in: The International Spectator, Vol. 45 No. 1 (March 2010), S. 99 ff. Burak Gümüs, Türkische Alewiten vom Osmanischen Reich bis zur heutigen Türkei, Konstanz 2001. Ergin Günes, Wasser als Machtinstrument: Das GAP, in: Informationsprojekt Naher und Mittlerer Osten e.V. Heft 64, Winter 2010, S. 56 ff. Gülistan Gürbey, Außenpolitische Implikationen des türkisch-kurdischen Verhältnisses, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 41 ff. Gülistan Gürbey, Davutoglus Plan: Das Konzept der strategischen Tiefe, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 7 ff. Ayline Gürzel, Turkey’s Role in Defusing the Iranian Nuclear Issue, in: The Washington Quarterly Vol. 35 (2012) No. 3, S. 141 ff. Michael M. Gunter, Armenian History and the Question of Genocide, Chippenham and Eastbourne 2011 [BT Bibliothek M 592904]. Ders., Prospects for the Kurdish future in Iraq and Turkey, in: Robert Lowe/Gareth Stansfield , The Kurdish Policy Imperative, London 2010, S. 192 ff. Alexis Heraclides, The Greek-Turkish Conflict in the Aegean: Imagined Enemies, Chippenham and Eastbourne 2010 [BT Bibliothek M 590971]. Gottfried Hutter, Religiöse Konnotationen der neuen türkischen Außenpolitik, in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 21 ff. Semih Idiz, Strategische Tiefe – die internationale Stellung der Türkei – Gibt es eine neue türkische Außenpolitik? http://www.konrad.org.tr/23.%20Journalisten%20dt/023-034.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Charlotte Joppien, die türkische Adalet ve Kalkinma Partisi (AKP), Berlin 2011 [BT Bibliothek P 5133255]. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 24 Nils Kadritzke, Europa, Sèvres und der Kemalismus, in: Le monde diplomatique vom 10.12.2004, http://www.mondediplomatique .de/pm/.dossier/tuerkei_artikel.id,20041210a0015 (letzter Zugriff 14.01.2013). Boris Kálnoky, Erdogans Bruch mit Israel war lange geplant – Geheime Mails beleuchten die Gaza-Affäre, in: Die Welt 01.03.2012, http://www.welt.de/print/die_welt/politik/article13896640/Erdogans-Bruch-mit-Israelwar -lange-geplant.html (letzter Zugriff 14.01.2013). Hans-Lukas Kieser, Eine genug innovative Außenpolitik? Die Türkei und Armenien in: Bernd Rill (Hrsg.), Türkische Außenpolitik, München 2012, S. 65 ff. Suat Kiniklioglu, Turkey’s Neighbourhood and Beyond: Tectonic Transformation at Work?, in: The International Spectator, Vol. 45, No.4, December 2010, S. 93 ff. Hakan Köni, Saudi Influence on Islamic Institutions in Turkey Beginning in the 1979s, in: Middle East Journal Vol. 66 No. 1, Winter 2012, S. 97 ff. Hasan Kösebalaban, Turkish Foreign Policy: Islam, Nationalism, and Globalization, Chippenham and Eastbourne 2011 [BT Bibliothek M 593822]. Eugene Kogan, Turkey’s Place and Role in Changing NATO, in: Ders./Vahap Polat, Zur Außen- und Innenpolitik der Türkei, Wien 2010 [BT Bibliothek P 790874]. F. Stephen Larrabee, Turkey’s New Geopolitics, in: Survival: Global Policies and Strategy, Vol. 52 No.2 (April-May 2010), S. 157 ff. Bill Park, Modern Turkey: People, state and foreign policy in a globalized world, Abingdon /New York 2012 [BT Bibliothek P 5136776]. George Pring/B. Salman Banaei, Tigris and Euphrates Rivers (Stand Januar 2008), in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://mpepil.com/subscriber_article?script=yes&id=/epil/entries/law-9780199231690- e1994&recno=1&searchType=Quick&query=Euphrates (letzter Zugriff 14.01.2013). Dusan Reljic, Die Türkei weckt alte Lieben und Feindschaften im Westbalkan, in: SWP Akuell 69 (September 2010), S. 1 ff., http://www.swpberlin .org/fileadmin/contents/products/aktuell/2010A69_rlc_ks.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Dirk Rochtus, Ankara auf Ostkurs? Zu den aktuellen Spannungen zwischen der Türkei und Israel, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 8/2010, S. 65 ff. Lothar Rühl, Der Westen und die Türkei in den Konflikten des Nahen und Mittleren Ostens , in: Zeitschrift für Außen-und Sicherheitspolitik (2009) 2, S. 3 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 141/12 Seite 25 Nareg Seferian, Genocide Politics: Players, Moves and an Endgame, in: Turkish Policy Quarterly, Vol. 9 (2010) No. 3, S. 131 ff. Nimet Seker, Neuorientierung der türkischen Außenpolitik: Strategische Tiefe und maximale Kooperation, 05.08.2009, http://de.qantara.de/wcsite.php?wc_c=2687 (letzter Zugriff 14.01.2013). Jan Senkyr, Die Türkei auf dem Weg zur regionalen Mittelmacht, Auslandsinformationen der Konrad Adenauer Stiftung, 27. April 2010, http://www.kas.de/wf/doc/kas_19452-544- 1-30.pdf?100427150927 (letzter Zugriff 14.01.2013). Ders., Türkei und Armenien streben Normalisierung der Beziehungen an, Länderbericht Konrad Adenauer Stiftung, 14. Oktober 2009, http://www.kas.de/wf/doc/kas_17836-1522- 1-30.pdf?091014093128 (letzter Zugriff 14.01.2013). Günter Seufert, Außenpolitik und Selbstverständnis: Die gesellschaftliche Fundierung von Strategiewechseln in der Türkei, SWP Studie, Berlin 2012, http://www.swpberlin .org/fileadmin/contents/products/studien/2012_S11_srt.pdf (letzter Zugriff 14.01.2013). Ders., Ethnien und Ethnizität: Die Kurden und andere Minderheiten, in: Udo Steinbach (Hrsg.), Länderbericht Türkei, Bonn 2012, S. 232 ff. [BT Bibliothek POL 2.4. TR 2]. Ders., Religiöse Minderheiten in der Türkei, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 26/2008, S. 20 ff., http://www.bpb.de/apuz/31145/religioese-minderheiten-in-der-tuerkei (letzter Zugriff 14.01.2013). Michael Thumann, Von Freunden umzingelt: Atom-Deal mit dem Iran, Versöhnung mit Griechenland – wie die Türkei zur regionalen Großmacht aufsteigt, in: Die Zeit vom 20.05.2010, http://www.zeit.de/2010/21/Tuerkei-global (letzter Zugriff 14.01.2013). Piotr Zalewski, The Self-Appointed Superpower: Turkey Goes it Alone, in: World Policy Journal, Winter 2010/2011, S. 97 ff. Dominik Zimmermann, Lausanne Peace Treaty (1923), (Stand: Oktober 2009), in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://mpepil.com/subscriber_article?script=yes&id=/epil/entries/law-9780199231690- e323&recno=2&searchType=Quick&query=s%C3%A8vres (letzter Zugriff 14.01.2013).