Die Zusammenarbeit von Staaten mit privaten Sicherheitsund Militärfirmen - Ausarbeitung - © 2006 Deutscher Bundestag WD 2 - 140/06 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasser/in: Die Zusammenarbeit von Staaten mit privaten Sicherheits- und Militärfirmen Ausarbeitung WD 2 - 140/06 Abschluss der Arbeit: 1. September 2006 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Private Sicherheits- und Militärfirmen 5 2. Gründe für die Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen 5 3. Zweck privater Sicherheitsfirmen 6 3.1. Einsatzbereiche deutscher Sicherheitsfirmen 6 3.2. Einsatzbereiche amerikanischer Sicherheitsfirmen 7 4. Rechtliche Grundlagen 7 4.1. Das Gewaltmonopol und die Delegation staatlicher Sicherheitsaufgaben an Private 7 4.2. Die rechtlichen Grundlagen in der Bundesrepublik Deutschland und die Auffassung der Bundesregierung 8 4.2.1. „Militärische“ Tätigkeiten 8 4.2.2. Hoheitliche Sicherheitsaufgaben 9 4.2.3. Schlicht-hoheitliche Maßnahmen 10 4.3. Die rechtlichen Grundlagen in den USA 10 5. Völker- und (Völker-) strafrechtliche Grundlagen 10 5.1. Das Gewaltverbot der Vereinten Nationen und das Prinzip der Nichteinmischung 11 5.2. Humanitäres Völkerrecht 11 5.2.1. Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf private Sicherheitsfirmen 13 5.2.2. Regelungen des humanitären Völkerrechts 13 5.2.2.1. Kombattanten 14 5.2.2.2. Zivilisten 14 5.2.2.3. Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen 15 - 4 - 5.2.3. Staatliche Pflichten hinsichtlich privater Sicherheitsfirmen 16 5.3. Menschenrechte 16 5.4. Konsequenzen der Verletzung von Völkerrecht 17 5.4.1. Staatenverantwortlichkeit 17 5.4.2. Haftung nach Art. 91 ZP I 17 5.4.3. Individuelle (völker-) strafrechtliche Verantwortlichkeit 18 5.4.3.1. Nationales Strafrecht 18 5.4.3.2. Völkerstrafrecht 19 5.4.3.3. Internationale Strafgerichtsbarkeit 19 6. Literaturverzeichnis 21 7. Anlagen 22 - 5 - 1. Private Sicherheits- und Militärfirmen Die Begriffe „private Sicherheitsfirmen“ und „private Militärfirmen“ lassen sich nicht mittels einer universell gültigen Definition eingrenzen. Unter beide Begriffe können Unternehmen gefasst werden, die sich hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit grundlegend voneinander unterscheiden. Damit treten je nach Untersuchungsgegenstand und Blickwinkel politische, wirtschaftliche, rechtliche und militärisch-strategische Aspekte in den Vordergrund.1 Unternimmt man dennoch den Versuch einer Begriffsbestimmung sind „private Sicherheitsunternehmen“ Firmen, die mit dem Ziel Gewinne zu erwirtschaften, Güter und Dienstleistungen zum Schutz sowie zur Be- und Überwachung von Personen und Objekten anbieten. Unter „privaten Militärunternehmen“ versteht man dagegen in der Regel Firmen, die kommerziell militärische Leistungen im Bereich der Beratung, Logistik, Ausbildung und Kampfführung anbieten.2 Die Abgrenzung zwischen dem „Sicherheitsbereich“ und dem „militärischem Bereich“ ist jedoch rechtlich nicht festgelegt und bedarf daher einer Wertung im Einzelfall.3 Bei den meisten dieser Unternehmen handelt es sich um gesellschaftsrechtlich organisierte und eingetragene Firmen, die offen am Wirtschaftsverkehr teilnehmen und sich über die Beteiligung an Ausschreibungen um offizielle Staatsaufträge bewerben.4 Die Begriffe „private Sicherheits- und Militärfirmen“, „private Sicherheits- und Militärunternehmen“, „private Dienstleister“ sowie „Private“ werden in der vorhandenen Literatur aufgrund der fehlenden Trennschärfe nicht einheitlich verwendet. Im Folgenden werden diese Unternehmen durchgehend als „private Sicherheitsfirmen“ bezeichnet. 2. Gründe für die Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Stellen Weltweit beauftragen immer mehr Staaten private Sicherheitsfirmen mit der Unterstützung ihrer Streitkräfte. Dieses Phänomen der Auslagerung spezifischer Sicherheits- und Militäraufgaben an nichtstaatliche Unternehmen ist eine neuartige Konstellation in der Außen- und Sicherheitspolitik, die in der Folge des Endes des Kalten Krieges entstanden ist. Nach Ansicht der Bundesregierung ist eine der vielfältigen Ursachen, die in den letzten Jahrzehnten zur erhöhten Inanspruchnahme von Militärdienstleistungen beigetragen haben, die hohe Zahl gewaltsam ausgetragener innerstaatlicher und regionaler 1 Schaller, S. 7. 2 Bericht des Schweizerischen Bundesrats, S. 630 f. 3 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 9. 4 Schaller, S. 7. - 6 - Konflikte, insbesondere in den Ländern der so genannten Dritten Welt. Die in solche Auseinandersetzungen verwickelten Staaten seien häufig nicht in der Lage, innere und äußere Sicherheit sowie Stabilität zu gewährleisten. Aus entwicklungspolitischer Perspektive sei der Einsatz von privaten Sicherheitsfirmen fast immer auch ein sichtbares Zeichen für schwach ausgeprägte Staatsgewalt und ein Fehlen von physischem Schutz für die Bevölkerung einer Region. Zum anderen habe die fortschreitende Globalisierung und Technologisierung für eine stetige Weiterentwicklung und Spezialisierung der Techniken und Verfahrensabläufe im Militär- und Rüstungssektor gesorgt.5 3. Zweck privater Sicherheitsfirmen Private Sicherheitsfirmen sind heute in vielen Bereichen tätig. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten liegt im logistischen Bereich. Angesichts international begrenzter staatlicher Ressourcen und der fortschreitenden Technologisierung sowie Spezialisierung militärischer Aufgaben ist künftig mit einem weiteren Anstieg der Nachfrage privater Sicherheitsdienstleistungen zu rechnen. 3.1. Einsatzbereiche deutscher Sicherheitsfirmen Deutsche Firmen sind sowohl im Inland als auch im Ausland bislang ausschließlich im logistischen Bereich, zuweilen einschließlich der Übernahme von Wachfunktionen sowie im technischen Bereich tätig geworden.6 Hierzu zählen bspw.: - Bereitstellung von Verpflegungsmitteln, Zubereitung von Verpflegung, Wäscherei , Betrieb und Wartung von Stromerzeugern, - Betriebsstoffversorgung, - Marketenderwarenversorgung, - Transportdienstleistungen (Transport von Versorgungsgütern, Feldpost und Personen ), - Instandsetzungsdienstleistungen, 5 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 3. 6 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 4. - 7 - - Bauleistungen, - Reinigung von Bekleidung, Textilien und Kraftfahrzeugen, - gewerbliche Telekommunikationsleistungen, - Entsorgung von Hausmüll, Abwasser und besonders bewachungsbedürftiger Abfälle .7 3.2. Einsatzbereiche amerikanischer Sicherheitsfirmen Die USA setzen private Sicherheitsfirmen u.a. im Irak zur Unterstützung von „defensive services“ ein. Sie sind insbesondere damit beauftragt, logistische Aufgaben sowie Wachfunktionen wahrzunehmen.8 Zu dem Themenbereich der Einsätze privater Sicherheitsfirmen in der amerikanischen Praxis werden der Ausarbeitung zwei Anlagen beigefügt , die jedoch nur als exemplarisch zu betrachten sind.9 4. Rechtliche Grundlagen 4.1. Das Gewaltmonopol und die Delegation staatlicher Sicherheitsaufgaben an Private Das Gewaltmonopol ist eines der Kernelemente des modernen Staates. Demnach darf nur der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere zur Gewährleistung der Rechts- und Friedensordnung Gewalt einsetzen. Dabei sind jedoch die rechtsstaatlichen Bindungen und Formen zu beachten.10 Eine Privatisierung von Sicherheitsaufgaben tangiert in jedem Fall die Grundlagen oder doch zumindest die Legitimation des Staates. Sie kann daher nur für Randbereiche in Frage kommen. Auch einer Delegation staatlicher Sicherheitsaufgaben an Private sind enge Grenzen gesetzt, obwohl diese weniger weit geht als eine vollständige Privatisierung, weil die 7 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/1196 v. 26.4.2006, S. 11. 8 Vgl. The Secretary of Defense. Letter To the Honorable Ike Skelton. Im Internet unter: http://www.house.gov/skelton/5-4-04_Rumsfeld_letter_on_contractors.pdf (Anlage 2). Außerdem wird auf ein Papier zum Defense Outsourcing hingewiesen, welches sich mit der Übertragung von Aufgaben an Private in den USA befasst (vgl. Anlage 1). 9 Eine vollständige Übersicht über alle Einsatzbereiche und -möglichkeiten privater Sicherheitsfirmen in den USA ist aufgrund des Umfanges trotz Recherche nicht auffindbar (vgl. auch die Aussage über das Strafrecht in den USA, S. 19). 10 Maurer, Staatsrecht, S. 5 f. Rz. 14. - 8 - delegierten Aufgaben nach wie vor im staatlichen Verantwortungsbereich verbleiben.11 Aus diesem Grund wird einer sorgfältigen Auswahl von solchen Unternehmen eine erhebliche Bedeutung zukommen. Dies gilt zunächst für den Staat, wenn er sich bei der Auslagerung bzw. Privatisierung hoheitlicher Aufgaben der Unterstützung privater Firmen bedient, da er sich deren Handeln nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen zurechnen lassen muss. In der Praxis wird zudem die Auffassung vertreten, dass eine solche Sorgfaltspflicht auch Internationale Organisationen oder privatrechtlich organisierte Rechtseinheiten treffen muss, wenn sie auf die Dienste privater Sicherheitsunternehmen zurückgreifen.12 Die Einzelheiten zur Übertragung staatlicher Befugnisse auf Private richten sich regelmäßig nach der nationalen Rechtsordnung der jeweiligen Staaten . 4.2. Die rechtlichen Grundlagen in der Bundesrepublik Deutschland und die Auffassung der Bundesregierung Das staatliche Gewaltmonopol liegt auch der grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zugrunde. Die Aufrechterhaltung der inneren und äußeren Sicherheit – notfalls mit Mitteln physischer Gewalt – ist grundsätzlich Aufgabe des Staates und unterfällt dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG.13 Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Privatisierung staatlicher Kernaufgaben im Militär- und Sicherheitsbereich , die zu einer Erosion des staatlichen Gewaltmonopols führen würde, zu vermeiden .14 4.2.1. 4.2.1. „Militärische“ Tätigkeiten Die Bundesregierung steht der Übertragung von Aufgaben an private Sicherheitsfirmen im Rahmen von Auslandseinsätzen der Streitkräfte allgemein zurückhaltend gegenüber .15 11 Bericht des Schweizerischen Bundesrates, S. 624. 12 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/1196 v. 26.4.2006, S. 5. 13 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 5. 14 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/1196 v. 26.4.2006, S. 5. 15 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/1196 v. 26.4.2006, S. 5. - 9 - Der Begriff der „militärischen“ Tätigkeiten ist rechtlich nicht definiert. Die im Grundgesetz genannten Aufgaben der Streitkräfte (Landesverteidigung gemäß Art. 87a Abs. 1 und 2 GG; weitere durch das GG zulässige Einsätze nach Art. 35 Abs. 2 und 3 (Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle), Art. 87a Abs. 3 GG (äußerer Notstand ) und Art. 87a Abs. 4 (innerer Notstand)) sowie Auslandseinsätze der Bundeswehr im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 GG unterfallen nach Ansicht der Bundesregierung dem Gewaltmonopol des Staates. Einsätze, die hoheitlich -exekutivische Eingriffe mit Anordnungs- und Zwangsbefugnissen darstellen, inklusive „militärischer“ Tätigkeiten im In- und Ausland, könnten insofern nicht auf private Unternehmen übertragen werden. Daher betont die Bundesregierung auch ausdrücklich , dass sie nicht beabsichtigt, private Sicherheitsfirmen unmittelbar in die aktive Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt zu integrieren. Private Sicherheitsfirmen könnten nur mit Tätigkeiten beauftragt werden, die keine originären Streitkräfteaufgaben darstellen.16 4.2.2. Hoheitliche Sicherheitsaufgaben Auch hoheitliche Sicherheitsaufgaben können im Grundsatz nicht von Privaten wahrgenommen werden. Soweit jedoch eine Delegation an Private in Teilbereichen in Betracht kommt, erfolgt die Aufgabenwahrnehmung im staatlichen Beherrschungsverhältnis oder zumindest unter effektiven staatlichen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Hoheitliche Sicherheitsaufgaben können im Wege der Beleihung an Private übertragen werden. Dabei handelt es sich um enumerierte, spezielle Zuständigkeiten.17 Die Übertragung von Regelzuständigkeiten ist gemäß Art. 33 Abs. 4 GG ausgeschlossen. Beliehene sind natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die durch oder aufgrund eines Gesetzes mit der „Wahrnehmung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben“ in eigener Verantwortung betraut werden. Der Beliehene tritt nach außen als selbstständiger Hoheitsträger auf und ist Behörde i.S.v. § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Da er selbstständig tätig wird und im eigenen Namen handelt, ist er „Verwaltungsträger“, soweit sein hoheitlicher Kompetenzbereich reicht. Der Beliehene untersteht der Aufsicht derjenigen Person des öffentlichen Rechts, die ihn ermächtigt hat.18 16 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 16/1196 v. 26.4.2006, S. 5. 17 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 5 f. 18 Maurer, Verwaltungsrecht, S. 617 ff Rz. 56 ff. - 10 - 4.2.3. Schlicht-hoheitliche Maßnahmen Die rechtliche Beurteilung der schlicht-hoheitlichen Maßnahmen (Realakte) setzt die Klärung voraus, ob sie dem öffentlichen oder dem Privatrecht zuzuordnen sind. Bei Realakten handelt es sich jedenfalls dann um Staataufgaben, wenn sie der öffentlichen Verwaltung aufgrund von Rechtsnormen bzw. nach ihrem Zusammenhang oder ihrer Zielsetzung als Aufgabe zugewiesen sind.19 Dabei kommt regelmäßig die Einschaltung von Privatpersonen, etwa durch die Möglichkeit des „Outsourcing“ oder einer „Public- Private Partnership“ in Betracht, solange die Steuerungs- und Kontrollfunktion bei der entsprechenden Behörde verbleibt. 4.3. Die rechtlichen Grundlagen in den USA Die Rechtsordnung der USA geht ebenfalls von einem staatlichen Gewaltmonopol aus.20 Die USA haben mittels einer Lizenzvergabe21 ein System eingeführt, das die privaten Sicherheitsfirmen an staatliche Institutionen bindet und ihnen einen quasistaatlichen Status verleiht. Wie der US-Bundesrechnungshof hervorgehoben hat, existiere jedoch kein zentralisiertes System zur Überwachung der etlichen „Outsourcing“- Verträge der einzelnen US-Regierungsbehörden. Die Vermarktung entsprechender Dienstleistungen privater Sicherheitsfirmen in den USA unterliegt zwar der staatlichen Kontrolle, trotzdem werden die Bestimmungen, insbesondere in den Bereichen der Informationsbeschaffung und Sonderoperationen, grundsätzlich weit ausgelegt.22 5. Völker- und (Völker-) strafrechtliche Grundlagen In den Rechtsordnungen der meisten Staaten lassen sich keine speziellen Regelungen zum Einsatz privater Sicherheitsfirmen in ausländischen Konfliktregionen finden. Auch das allgemeine Völkerrecht enthält keine spezifisch auf private Sicherheitsfirmen zugeschnittenen Rechtsnormen oder „Soft Law“-Standards. Eine völkerrechtliche Bewertung von Aktivitäten privater Sicherheitsfirmen hängt daher von der Art der Tätigkeit im konkreten Einzelfall ab.23 19 Maurer, Verwaltungsrecht, S. 411 Rz. 4. 20 Knöbel. Im Internet unter: http://www.eurozine.com/articles/2006-02-20-knobl-de.html. 21 Die Lizenzierung unter der "International Traffic in Arms Regulation" erfolgt unter der Aufsicht des Office of Defense Trade Controls des State Departments. 22 Braig. Im Internet unter: http://www.forum-recht-online.de/2006/106/106braig.htm. 23 Bericht des Schweizerischen Bundesrates, S. 635. - 11 - Von praktischer Bedeutung können in diesem Zusammenhang neben den Regeln des zwischenstaatlichen Gewaltverbots (vgl. Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta) und der Verpflichtung zur Nichtintervention in fremde Angelegenheiten (vgl. Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta) insbesondere das Humanitäre Völkerrecht sowie die Menschenrechte sein. 5.1. Das Gewaltverbot der Vereinten Nationen und das Prinzip der Nichteinmischung Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führte die VN-Charta 1945 ein universelles Gewaltverbot in die internationalen Beziehungen ein. Dieses in Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta geregelte Gewaltverbot besagt: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt“. Als eng begrenzte Ausnahmen sind nur die individuelle oder kollektive Selbstverteidigung (Art. 51 VN-Charta) sowie eine Resolution des VN-Sicherheitrates auf der Grundlage von Kapitel VII der Charta (Art. 39 ff. VN-Charta) vorgesehen. Dieses Gewaltverbot zählt heute zu den Kernelementen des Völkerrechts. Nach herrschender Auffassung beansprucht es gewohnheitsrechtliche Geltung und wird darüber hinaus überwiegend als eine Norm des zwingenden Völkerrechts (ius cogens) anerkannt, von der die Staaten auch im Rahmen einer vertraglichen Einigung nicht abweichen können (vgl. Art. 53 der Wiener Vertragsrechtskonvention). Zudem haben die VN - mit Ausnahme der Zuständigkeit aufgrund von Kapitel VII VN- Charta - keine Befugnis, in „Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören“ einzugreifen (Art. 2 Ziff. 7 VN-Charta, Prinzip der Nichteinmischung).24 Das Gewaltverbot sowie das Interventionsverbot darf weder durch eigene Streitkräfte der Staaten noch durch den Gebrauch privater Sicherheitsfirmen verletzt werden. 5.2. Humanitäres Völkerrecht Das humanitäre Völkerrecht dient in bewaffneten Konflikten sowohl dem Schutz der beteiligten Soldaten als auch der Zivilbevölkerung, indem es das Verhalten der am Kon- 24 , S. 7 und S. 9 ff. - 12 - flikt beteiligten Staaten bestimmten Regelungen unterwirft.25 Die Rechtsgrundlagen dafür finden sich in einer Vielzahl völkerrechtlicher Verträge, insbesondere in - der Haager Landkriegsordnung von 1899/1907 (HLKO)26, - dem III. Genfer Abkommen (GA III) über die Behandlung von Kriegsgefangenen 27 und dem IV. Genfer Abkommen (GA IV) zum Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten28 von 1949 sowie in - den Zusatzprotokollen I und II von 1977 zu den Genfer Abkommen (ZP I und ZP II)29. Zu unterscheiden sind zwischenstaatliche und innerstaatliche Konflikte. Bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen souveränen Staaten wird die vorherige Ausrufung des Kriegszustandes heute nicht mehr als notwendige Voraussetzung angesehen, so dass grundsätzlich bei jedem Waffeneinsatz auf fremdem Gebiet das humanitäre Völkerrecht anzuwenden ist.30 Auch bei innerstaatlichen Konflikten, also bewaffneten Auseinandersetzungen innerhalb eines Staates (z.B. Bürgerkriegen), findet das humanitäre Völkerrecht Anwendung. Voraussetzung dafür ist ein gewisser Organisationsgrad der Parteien, der sie zu anhaltenden und koordinierten militärischen Operationen befähigt, sowie die Dauer und Intensität der Gewaltanwendung.31 Die meisten Bestimmungen des humanitären Völkerrechts, insbesondere die Regeln zum Schutz der Zivilbevölkerung vor den Auswirkungen des Krieges (GA IV), stellen heute unabhängig von der vertraglichen Bindung ein für alle Staaten geltendes Völkergewohnheitsrecht dar.32 25 , S. 4. 26 Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs (IV. Haager Abkommen) v. 18. Oktober 1907 (RGBl. 1910, S. 107). 27 III. Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen v. 12. August 1949 (BGBl. 1954 II, S. 838). 28 IV. Genfer Abkommen zum Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten v. 12. August 1949 (BGBl. 1954 II, S. 917 und 1956 II, S. 1586). 29 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte v. 8. Juni 1977 (BGBl. 1990 II, S. 1551); Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte v. 8. Juni 1977 (BGBl. 1990 II, S. 1637). 30 Werle, S. 317 f., Rz. 817. 31 Auswärtiges Amt (Humanitäres Völkerrecht) [Im Internet: http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/aussenpolitik/vn/voelkerrecht/hum_vr_html]. 32 , S. 18. Für die Entstehung und den Bestand von Völkergewohnheitsrecht sind zwei Merkmale konstitutiv: Eine allgemeine Übung (Staatenpraxis) und deren Anerkennung als Recht (opinio juris). - 13 - 5.2.1. Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts auf private Sicherheitsfirmen Das humanitäre Völkerrecht richtet sich nicht nur an Staaten. Es enthält vielmehr auch zahlreiche Bestimmungen, die von Individuen und sogar Zivilpersonen zu beachten sind. Ein Beispiel für eine solche Vorschrift ist der allen vier Genfer Konventionen gemeinsame Artikel 3, wonach Zivilisten, Angehörige bewaffneter Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben sowie Personen, die wegen Krankheit, Verwundung oder Gefangennahme nicht (mehr) kampffähig sind, menschlich zu behandeln sind und nicht Angriffen auf Leib und Leben, Verstümmelungen, Folter oder grausamer Behandlung ausgesetzt werden dürfen.33 Das Personal privater Sicherheitsfirmen hat regelmäßig zivilen Status, selbst wenn es im Auftrag staatlicher Streitkräfte tätig ist. Wie allen anderen Zivilpersonen fehlt ihnen damit die Berechtigung, sich unmittelbar an Feindseligkeiten zu beteiligen.34 Sofern Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen trotzdem unmittelbar an militärischen Handlungen in bewaffneten Konflikten bzw. in Situationen der militärischen Besatzung und Nachkonfliktsordnung beteiligt sind, müssen sie sich bei eventuell nötigen Kampfhandlungen auch an die Regelungen des humanitären Völkerrechts halten.35 Als direkte Teilnahme können generell solche Handlungen betrachtet werden, die ihrem Zweck oder ihrer Natur nach direkt auf die Verursachung von Schäden an Personal oder Material des Gegners gerichtet sind. Unzweifelhaft stellt dabei der Gebrauch einer Waffe im Rahmen eines bewaffneten Konflikts eine unmittelbare Teilnahmehandlung dar. Eine eindeutige Feststellung, ob eine direkte Teilnahme an einer Kampfhandlung vorliegt, ist nur aufgrund einer genauen Betrachtung des konkreten Einzelfalls möglich.36 5.2.2. Regelungen des humanitären Völkerrechts Das humanitäre Völkerrecht enthält jedoch keine ausdrücklichen Regelungen über die Aktivitäten privater Sicherheitsfirmen in Konfliktsituationen. Die völkerrechtliche Einordnung dieser Tätigkeiten richtet sich daher nach den Regelungen des humanitären Völkerrechts für Kombattanten und Zivilpersonen. 33 Bericht des Schweizerischen Bundesrates, S. 670. 34 Schaller, S. 6. 35 Vgl. die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 4. 36 Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 11. - 14 - 5.2.2.1. Kombattanten Zu den Kombattanten zählen in erster Linie alle Angehörigen der regulären Streitkräfte der am Konflikt beteiligten Staaten (vgl. Art. 43 ZP I). Die Streitkräfte setzen sich aus „der Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten zusammen , die einer Führung unterstehen, welche diesem Staat für das Verhalten ihrer Untergebenen verantwortlich ist“ (Art. 43 Abs. 1 ZP I). Die Streitkräfte unterliegen einem internen Disziplinarsystem (Art. 43 Abs. 1 ZP I). Eingegliedert werden können Milizen und Freiwilligenkorps (vgl. Art. 4 A Nr. 1 GA III). Voraussetzung für den Kombattanten-Status ist stets die Zugehörigkeit zu einer Konfliktpartei, deren Regierung aber nicht von den anderen Konfliktparteien anerkannt sein muss.37 Nur Kombattanten sind berechtigt, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen (Art. 43 Abs. 2 ZP I). Fallen Kombattanten in die Hand des Gegners, haben sie einen völkerrechtlichen Anspruch darauf, als Kriegsgefangene behandelt zu werden (vgl. Art. 44 Abs. 1 ZP I).38 Gemäß Art. 4 GA III besteht die Verpflichtung, die durch den Kriegsgefangenenstatus geschützten Personen „jederzeit mit Menschlichkeit“ zu behandeln.39 Kriegsgefangene unterstehen der Disziplinar- und Strafgewalt des Gewahrsamstaates, genießen jedoch bei der Durchsetzung dieser Gewalt bestimmte Verfahrensgarantien (Art. 82-88 GA III). Für die Teilnahme an Kampfhandlungen dürfen sie nicht bestraft werden, solange sich ihre Beteiligung im Rahmen des Kriegsrechts hielt.40 5.2.2.2. Zivilisten Art. 3 GA IV definiert Zivilisten als „Personen, die nicht direkt an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der bewaffneten Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die infolge Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeiner anderen Ursache außer Kampf gesetzt wurden“. Sie sollen „unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt“ werden. Zivilisten sind danach Per- 37 Stein/v. Buttlar, S. 484 Rz. 1249; Werle, S. 330 ff., Rz. 852 ff. 38 Stein/v. Buttlar, S. 486 Rz. 1259. 39 Nach Art. 13 Abs. 1 GA III ist „jede Handlung oder Unterlassung seitens des Gewahrsamstaates, die den Tod oder eine schwere Gefährdung der Gesundheit eines in ihrem Gewahrsam befindlichen Kriegsgefangenen zur Folge hat, verboten und als schwere Verletzung des vorliegenden Abkommens zu betrachten“. 40 Bothe, in: Vitzthum, S. 642 Rz. 80. - 15 - sonen, die während eines Krieges keiner Armee oder sonstigen Streitkräfteorganisation angehören. Sie dürfen zu ihrem eigenen Schutz nicht an Kampfhandlungen teilnehmen .41 Die Haager Landkriegsordnung, das IV. Genfer Abkommen sowie die Zusatzprotokolle zu den Genfer Abkommen enthalten detaillierte Vorschriften zum Schutz und zur Schonung von Zivilisten in Kriegszeiten.42 Zivilpersonen, die trotzdem zu den Waffen greifen, ohne sich den Streitkräften anzuschließen, besitzen keinen Kombattantenstatus .43 Vielmehr verlieren sie ihren Status als Zivilisten (Art. 51 Abs. 3 ZP I) und können als Partisanen (oder ungesetzliche Kämpfer) für die unzulässige Teilnahme an Kriegshandlungen nach nationalem Recht bestraft werden, wenn sie in den Gewahrsam des militärischen Gegners gelangen.44 Gleichzeitig ist jedoch allgemein anerkannt, dass sich Zivilisten insbesondere gegen rechtswidrige Übergriffe verteidigen dürfen.45 5.2.2.3. Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen Sofern Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen nicht Angehörige regulärer Streitkräfte i.S.d. Art. 43 Abs. 1 ZP I sind, genießen sie keinen völkerrechtlichen Kombattantenstatus . Vielmehr kommt ihnen, auch wenn sie militärische Aufgaben wahrnehmen, der im humanitären Völkerrecht vorgeschriebene Schutz der Zivilpersonen zu. Insbesondere sind dabei die „humanitären Mindeststandards“ gemäß Art. 75 ZP I hervorzuheben, die u.a. das Recht auf menschliche Behandlung und ein ordentliches Gerichtsverfahren umfassen .46 Nehmen sie unmittelbar an einem bewaffneten Konflikt teil, so tun sie das ohne Berechtigung und müssen mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen. Im Fall ihrer Gefangennahme haben sie, soweit weder die Vermutung des Kriegsgefangenenstatus gemäß Art. 45 Abs. 1 ZP I in Betracht kommt noch eine gerichtliche Vorabentscheidung ihren Kriegsgefangenenstatus festgestellt hat (Art. 45 Abs. 2 ZP I), keinen Anspruch auf Behandlung als Kriegsgefangene. Sie können sich jedoch ebenfalls auf die „menschenrechtlichen Mindestgarantien“ nach Art. 75 ZP I berufen.47 41 Doehring, S. 263 Rz. 600. 42 Doehring, S. 264 Rz. 601. 43 Stein/v. Buttlar, S. 485 Rz. 1254. 44 Doehring, S. 263 Rz. 600. 45 Heintschel von Heinegg, S. 356 Rz. 698. 46 In einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt ist insbesondere der gemeinsame Art. 3 der Genfer Konventionen für den Schutz der Zivilisten von Bedeutung. 47 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 11 f. - 16 - Der gelegentliche Vorwurf an private Sicherheitsfirmen, Söldner in bewaffneten Konflikten einzusetzen, erweist sich in den meisten Fällen als unbegründet, da der Tatbestand des Söldners in Art 47 ZP I so eng gefasst ist, dass er kaum praktische Bedeutung erlangt. Unter Art. 47 ZP I fallen nur Personen, die folgende sechs Merkmale kumulativ erfüllen: (1) im Inland oder Ausland zu dem besonderen Zweck angeworben, in einem bewaffneten Konflikt zu kämpfen; (2) tatsächliche unmittelbare Teilnahme an Feindseligkeiten ; (3) aus Streben nach persönlichem Gewinn und mit Zusage einer im Vergleich zu Streitkräftemitgliedern wesentlich höheren materiellen Vergütung; (4) kein Staatsangehöriger einer Konfliktpartei und nicht in einem von ihr kontrollierten Gebiet ansässig; (5) kein Angehöriger der Streitkräfte einer Konfliktpartei; und (6) nicht in amtlichen Auftrag einer unbeteiligten Partei entsandt.48 5.2.3. Staatliche Pflichten hinsichtlich privater Sicherheitsfirmen Der den vier Genfer Abkommen gemeinsame Art. 1 bestimmt, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, die Genfer Konventionen unter allen Umständen einzuhalten und deren Einhaltung durchzusetzen. Somit haben sie einerseits dafür zu sorgen, dass alle staatlichen Akteure das humanitäre Völkerrecht einhalten. Zugleich haben die Vertragsstaaten der Genfer Abkommen aber auch die Pflicht, darauf hinzuwirken, dass Drittstaaten oder Private das humanitäre Völkerrecht beachten. Staaten können sich ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht dadurch entziehen, dass sie bestimmte Aufgaben an private Unternehmen auslagern.49 5.3. Menschenrechte Ähnlich wie beim humanitären Völkerrecht gilt bezüglich der Menschenrechte ebenfalls , dass sich Staaten ihrer Menschenrechtspflichten nicht dadurch entledigen dürfen, dass sie gewisse Aufgaben an Private delegieren. Die horizontale Wirkung der Menschenrechte zwischen Privaten ist dagegen umstritten. Zumindest ist zu erwähnen, dass Private auch in Friedenszeiten unmittelbar aufgrund des Völkerrechts für grobe Verletzungen bestimmter Menschenrechte individuell strafrechtlich verfolgt werden können. Dies wird unter anderem auch durch das von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierte Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) von 199850 bestätigt: ge- 48 Schaller, S. 9. 49 Bericht des Schweizerischen Bundesrates, S. 670 f. 50 BGBl. 2000 II, S. 1393. Für Deutschland trat das Statut des IStGH am 1.7.2002 in Kraft. Die USA haben es bisher nicht ratifiziert. - 17 - mäß Art. 7 IStGH-Statut können auch Private für Verbrechen gegen die Menschlichkeit strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.51 5.4. Konsequenzen der Verletzung von Völkerrecht 5.4.1. Staatenverantwortlichkeit Die Feststellung der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit eines Staates erfordert eine staatliche bzw. dem Staat zurechenbare Handlung, die eine Verletzung der geltenden völkerrechtlichen Verpflichtungen dieses Staates gegenüber dem betroffenen Völkerrechtssubjekt darstellt, ohne dass sich der verletzende Staat auf einen seine Verantwortlichkeit ausschließenden Tatbestand berufen kann.52 Zunächst kann einem Staat das völkerrechtswidrige Verhalten seiner Organe zugerechnet werden.53 Dagegen liegen Rechtsverletzungen, die Privatpersonen begehen, grundsätzlich außerhalb der Staatenverantwortlichkeit . Für solche Handlungen haben Staaten nur dann einzustehen, wenn ihnen diesbezüglich eigenes Fehlverhalten vorgehalten werden kann.54 Schließlich kann ein völkerrechtswidriges Verhalten einer natürlichen Person bzw. einer Gruppe natürlicher oder juristischer Personen, die keine Staatsorgane sind, ebenfalls einem Staat zugerechnet werden, soweit die genannten Akteure aufgrund des Rechts dieses Staates unter der Kontrolle, Weisung oder Anleitung der staatlichen Organe handeln.55 Wird die völkerrechtliche Verantwortlichkeit eines Staates festgestellt, so ist dieser zur vollständigen Wiedergutmachung gegenüber anderen geschädigten Staaten oder auch gegenüber der internationalen Gemeinschaft verpflichtet.56 5.4.2. Haftung nach Art. 91 ZP I Nach Art. 91 S. 2 ZP I ist diejenige Konfliktpartei für alle Handlungen verantwortlich, die von den zu ihren Streitkräften gehörenden Personen begangen wurden. Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen, die durch Eintritt in die Streitkräfte einer der Konfliktparteien Soldat geworden sind, werden nach dem humanitären Völkerrecht als Streitkräfteangehörige angesehen. Ihre Rechte und Pflichten leiten sich 51 Bericht des Schweizerischen Bundesrates, S. 671. 52 Heintschel von Heinegg, S. 271 f. Rz. 534. 53 Heintschel von Heinegg, S. 275 Rn. 540. 54 Schröder, in: Graf Vitzthum, S. 561 Rn. 25. 55 Heintschel von Heinegg, S. 275 Rn. 540. 56 Heintschel von Heinegg, S. 298 Rn. 594. - 18 - ausschließlich auf der Grundlage ihrer Eigenschaft als Soldat bzw. Streitkräfteangehöriger ab. In Art. 43 Abs. 1 ZP I wird bestimmt, dass Streitkräfteangehörige einem internen Disziplinarsystem unterliegen, das unter anderem die Einhaltung der Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren Völkerrechts gewährleistet. Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen hingegen, die nicht durch Eintritt in die Streitkräfte einer der Konfliktparteien Soldat geworden sind, werden nach dem humanitären Völkerrecht auch nicht als Streitkräfteangehörige betrachtet.57 5.4.3. Individuelle (völker-) strafrechtliche Verantwortlichkeit 5.4.3.1. Nationales Strafrecht Grundlegende Voraussetzung für die innerstaatliche Verfolgung im Ausland begangener Straftaten ist die Anwendbarkeit des jeweiligen nationalen Strafrechts. Ob Straftaten, die von Mitarbeitern privater Sicherheitsfirmen im Ausland begangen wurden und die nicht unter das Völkerstrafgesetzbuch fallen, vom deutschen Strafrecht erfasst werden, richtet sich nach den §§ 5-7 des Strafgesetzbuches (StGB). Nach dem Universalitätsbzw . Weltrechtsprinzip kann die Bundesrepublik Deutschland (wie jeder Staat) einem Täter, den sie in Gewahrsam nehmen kann, ohne Rücksicht auf den Tatort oder die Nationalität den Prozess machen (vgl. die in § 6 StGB genannten Taten: z.B. Menschenhandel ; unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln). Gemäß § 5 StGB gilt das deutsche Strafrecht auch für bestimmte im Ausland begangene Taten gegen inländische Rechtsgüter . Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, findet das deutsche Strafrecht Anwendung, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Darüber hinaus gilt gemäß § 6 Nr. 9 StGB das deutsche Strafrecht für im Ausland begangene Taten, die aufgrund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden. 57 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 15. - 19 - Für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten gelten die biund multilateralen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen sowie das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG)58. Zusätzlich kommt die Zuständigkeit eines Internationalen Gerichtshofes in Betracht. Das nationale Strafrecht der USA enthält neben dem Strafrecht der 50 Bundesstaaten ein Strafrecht des Bundes sowie eine Fülle an Nebenstrafrecht auf allen administrativen Ebenen.59 Eine dem deutschen Strafrecht vergleichbare detaillierte Darstellung der einzelnen Bestimmungen ist aufgrund des Umfanges nicht möglich. 5.4.3.2. Völkerstrafrecht Im Jahr 2002 wurde das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) vom Deutschen Bundestag beschlossen.60 Es ist am 30. Juni 2002 in Kraft getreten und regelt in Deutschland die Folgen der Straftaten gegen das Völkerrecht (z.B. Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen). 61 § 1 VStGB verfügt die bislang nur für Völkermord und Kriegsverbrechen vorgesehene Geltung des Weltrechtspflegeprinzips für alle im Völkerstrafgesetzbuch bezeichneten Verbrechen, „auch wenn die Tat im Ausland begangen wurde und keinen Bezug zum Inland aufweist“. Bei Völkerrechtsverbrechen ist damit deutsches Strafrecht stets anwendbar , gleichgültig, wo von wem oder gegen wen die Taten begangen worden sind. Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ist allein das Verbrechen , das die internationale Gemeinschaft als Ganzes betrifft.62 5.4.3.3. Internationale Strafgerichtsbarkeit Der Internationale Strafgerichtshof ist mit Inkrafttreten des IStGH-Statuts am 1. Juli 2002 errichtet worden. Der Gerichtshof ist zuständig für die Aburteilung von Verbrechen des Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, 58 Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) (BGBl. I 1994, S. 1537). 59 Dubber, S. 3. 60 Art. 1 i.V.m. Art. 8 des Gesetzes v. 26. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2254). 61 Auswärtiges Amt. Im Internet unter: http://www.auswaertigesamt .de/diplo/de/Aussenpolitik/Menschenrechte/Download/Bericht3__Folter.pdf, S. 11. 62 Werle, S. 90 Rz. 230. - 20 - die seit dem 1. Juli 200263 auf dem Gebiet des Vertragsstaates oder durch einen Staatsangehörigen eines Vertragsstaates64 begangen worden sind. Unabhängig vom Tatort und der Staatsangehörigkeit des Täters ist der Gerichtshof für die Verfolgung der genannten Verbrechen zuständig, wenn der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dem Ankläger auf Grundlage des Kapitel VII VN-Charta eine Situation unterbreitet, in der „es den Anschein hat“, dass solche Verbrechen begangen worden sind (vgl. Art. 13 IStGH- Statut). Auch Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen, die sich in bewaffneten Konflikten der Begehung von Kriegsverbrechen schuldig machen, können dieser internationalen Strafgerichtsbarkeit unterfallen, sofern sie nicht durch ihren Heimatstaat oder den Tatortstaat strafrechtlich verfolgt werden.65 63 Bei Staaten, die erst nach Inkrafttreten des Statuts diesem beigetreten sind, ist der Zeitpunkt maßgeblich , zu dem das Statut für diesen Staat Geltung beansprucht. 64 Für den aktuellen Stand der Vertragsparteien siehe http://www.un.org/law/icc. Die USA haben inzwischen ihre vom damaligen US-Präsident Bill Clinton geleistete Unterschrift zurückgezogen. 65 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drs. 15/5824 v. 24. Juni 2005, S. 14. - 21 - 6. Literaturverzeichnis - Braig, Kathrin (2006): "Gedanken aus der Geschäftswelt zur Verschlankung der Regierung", Die Privatisierung von Sicherheit und Verteidigung durch das weltweite Auftreten von Private Military und Security Companies und ihre Ausmaße, in: Forum Recht Heft1/2006, S. 24-28. Im Internet unter: http://www.forum-recht-online.de/2006/106/106braig.htm. - Doehring, Karl (2005): Völkerrecht, 2. Aufl., Heidelberg. - Dubber, Markus (2005): Einführung in das US-amerikanische Strafrecht, JuS- Schriftenreihe, München. - Heintschel von Heinegg, Wolff (2005): Casebook Völkerrecht, München. - Knöbl, Wolfgang (2006): Zivilgesellschaft und staatliches Gewaltmonopol, Zur Verschränkung von Gewalt und Zivilität, in: Eurozine, Heft 1/2006. Im Internet unter: http://www.eurozine.com/articles/2006-02-20-knobl-de.html. - (2006): Völkerrechtliche Aspekte sog. „frozen conflicts" (wie Kosovo, Kaukasus, Transnistrien, Taiwan), Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung, WF II G 056/06 vom 6.4.2006, Berlin. - (2006): Menschenrechte und Kriegsrecht, Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung , WF II G 040/06 vom 3.3.2006, Berlin. - Maurer, Hartmut (2006): Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Aufl. München. - Maurer, Hartmut (2005): Staatsrecht I - Grundlagen, Verfassungsorgane, Staatsfunktionen , 4. Aufl. München. - Schaller, Christian (2005): Private Sicherheits- und Militärfirmen in bewaffneten Konflikten, Völkerrechtliche Einsatzbedingungen und Kontrollmöglichkeiten, SWP-Studie, S 24, September 2005, Berlin. - Schweizerischer Bundesrat (2005): Bericht des Bundesrats zu den privaten Sicherheits - und Militärfirmen (in Beantwortung des Postulats Stähelin 04.3267 v. 1. Juni 2004 „Private Sicherheitsfirmen“). Im Internet unter: http://www.admin. ch/ch/d/ff/2006/623.pdf#search=%22Bericht%20des%20Bundesrats%20zu%20 den%20privaten%20Sicherheits-%20und%20Milit%C3%A4rfirmen%22. - Stein, Torsten / Buttlar, Christian v. (2005): Völkerrecht, 11. Aufl., Köln. - Vitzthum, Wolfgang Graf (2004): Völkerrecht, 3. Aufl., Berlin. - Werle, Gerhard (2003): Völkerstrafrecht, Tübingen. - 22 - 7. Anlagen CRS Report for Congress (2005): Defense Outsourcing: The OMB Circular A-76 Policy , Updated June 30, 2005, Order Code: RL 30392. – Anlage 1 – US-Department of Defense (2004): Letter to the Honorable Ike Skelton, including: Attachment, Discussion Paper Private Security Companies operating in Iraq. – Anlage 2 –