WD 2 - 3000 - 139/19 (2. Dezember 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Der Auftraggeber fragt nach der Vereinbarkeit von Dienstpflichten mit dem völkerrechtlichen Verbot der Zwangsarbeit, wie es die Staatengemeinschaft im Rahmen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vereinbart hat. Nach dem Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit1 erstreckt sich die Pflicht der Staaten , den Gebrauch der Zwangs- oder Pflichtarbeit in allen ihren Formen möglichst bald zu beseitigen , nicht auf folgende Bereiche: „a) jede Arbeit oder Dienstleistung auf Grund der Gesetze über die Militärdienstpflicht , soweit diese Arbeit oder Dienstleistung rein militärischen Zwecken dient, b) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten der Bürger eines Landes mit voller Selbstregierung gehört, c) jede Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person auf Grund einer gerichtlichen Verurteilung verlangt wird, jedoch unter der Bedingung, daß diese Arbeit oder Dienstleistung unter Überwachung und Aufsicht der öffentlichen Behörden ausgeführt wird und daß der Verurteilte nicht an Einzelpersonen oder privaten Gesellschaften und Vereinigungen verdingt oder ihnen sonst zur Verfügung gestellt wird, d) jede Arbeit oder Dienstleistung in Fällen höherer Gewalt, nämlich im Falle von Krieg oder wenn Unglücksfälle eingetreten sind oder drohen, wie Feuersbrunst, Überschwemmung, Hungersnot, Erdbeben, verheerende Menschen- und Viehseuchen , plötzliches Auftreten von wilden Tieren, Insekten- oder Pflanzenplagen, und überhaupt in allen Fällen, in denen das Leben oder die Wohlfahrt der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung bedroht ist, 1 Art. 2 Abs. 2 IAO-Übereinkommen Nr. 29 über Zwangs- oder Pflichtarbeit (1930), https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---normes/documents/normativeinstrument /wcms_c029_de.htm (Hervorhebung vom Bearbeiter). Von Deutschland ratifiziert am 13. Juni 1956, https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=1000:11200:0::NO:11200:P11200_COUNTRY_ID:102643. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Nationale Dienstpflichten und Standards der IAO Kurzinformation Nationale Dienstpflichten und Standards der IAO Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 e) kleinere Gemeindearbeiten, die unmittelbar dem Wohle der Gemeinschaft dienen , durch ihre Mitglieder ausgeführt werden und daher zu den üblichen Bürgerpflichten der Mitglieder der Gemeinschaft gerechnet werden können, unter der Voraussetzung , daß die Bevölkerung oder ihre unmittelbaren Vertreter berechtigt sind, sich über die Notwendigkeit der Arbeiten zu äußern.“ Auch das Übereinkommen über die Abschaffung der Zwangsarbeit2 verbietet Zwangsarbeit nicht umfassend sondern nur in den abschließend aufgelisteten Fällen: „a) als Mittel politischen Zwanges oder politischer Erziehung oder als Strafe gegenüber Personen, die gewisse politische Ansichten haben oder äußern oder die ihre ideologische Gegnerschaft gegen die bestehende politische, soziale oder wirtschaftliche Ordnung bekunden; b) als Methode der Rekrutierung und Verwendung von Arbeitskräften für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung; c) als Maßnahme der Arbeitsdisziplin; d) als Strafe für die Teilnahme an Streiks; e) als Maßnahme rassischer, sozialer, nationaler oder religiöser Diskriminierung.“ Auch das zuletzt vereinbarte Protokoll von 2014 zum Übereinkommen über Zwangsarbeit3 wird, sobald es in Kraft getreten ist, die Ausnahme grundsätzlich zulässiger nationaler Dienstpflichten von den völkerrechtlichen Verboten der Zwangsarbeit unberührt lassen. Daher können Dienstpflichten zweifelsfrei mit den IAO-Standards zur Zwangsarbeit vereinbar sein. Darüber hinaus wäre vor Abschluss eines möglicherweise geplanten innerstaatlichen Gesetzgebungsverfahrens eine wissenschaftliche Bewertung inhaltlicher Einzelheiten eines zukünftigen Gesetzentwurfs spekulativ. *** 2 IAO-Übereinkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit (1957), https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---normes/documents/normativeinstrument /wcms_c105_de.htm. Von Deutschland ratifiziert am 22. Juni 1959, https://www.ilo.org/dyn/normlex /en/f?p=1000:11200:0::NO:11200:P11200_COUNTRY_ID:102643. 3 IAO-Protokoll zum Übereinkommen über Zwangsarbeit, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/--- ed_norm/---normes/documents/normativeinstrument/wcms_319064.pdf. Ratifiziert von Deutschland am 19. Juni 2019, jedoch noch nicht in Kraft getreten, https://www.ilo.org/dyn/normlex /en/f?p=1000:11200:0::NO:11200:P11200_COUNTRY_ID:102643.