© 2018 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 136/18 Zur Stärkung von menschenrechtlichen Verfahren und Einrichtungen in Deutschland Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 2 Zur Stärkung von menschenrechtlichen Verfahren und Einrichtungen Deutschland Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 136/18 Abschluss der Arbeit: 8. November 2018 (zugleich letzter Zugriff auf Internetquellen) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Stärken und Schwächen des Menschenrechtsschutzes in Deutschland 4 2. Deutsches Institut für Menschenrechte 8 2.1. Unabhängigkeit und Pluralismus 8 2.2. Mittelausstattung, Unterbau 9 2.3. Befugnisse des DIMR 10 2.4. DIMR als Monitoring-Stelle der VN-Behindertenrechtskonvention 12 2.5. DIMR als Monitoring-Stelle der VN-Kinderrechtskonvention 13 3. Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe 14 4. Menschenrechtsbeauftragte und -referate der Exekutive 15 4.1. Allgemeines 15 4.2. Nationale Stelle zur Verhütung von Folter 17 4.3. Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes 20 5. Ombudspersonen 22 5.1. Ombudspersonen für Kinder 22 5.2. Ombudspersonen für Migranten und Flüchtlinge 23 5.3. Beschwerdestellen im Zusammenhang mit transnationalen Unternehmen 24 5.4. Unabhängige Polizeibeschwerdestellen 24 6. Zusammenfassung 26 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 4 1. Stärken und Schwächen des Menschenrechtsschutzes in Deutschland Die vorliegende Fragestellung nach Möglichkeiten, die Struktur der Menschenrechtsarchitektur in Deutschland zu verbessern und zu stärken, erfordert zunächst eine kurze Analyse der Stärken und Schwächen der bestehenden Einrichtungen und Verfahren. Nach wie vor sind in der internationalen Ordnung in erster Linie die einzelnen Staaten dafür verantwortlich , die Menschenrechte innerstaatlich durchzusetzen.1 Die deutsche Rechtsordnung enthält in Artikel 1 des Grundgesetzes ein starkes Bekenntnis zu Menschenrechten2. Die damit verbundene Werteordnung ist auch dahingehend zu verstehen, dass das Grundgesetz die nationalen Grundrechte als Ausprägung der internationalen Menschenrechte interpretiert und schützt.3 In diesem Sinne ist Grundrechtsschutz Menschenrechtsschutz, und alle Verfahren und Einrichtungen zum Grundrechtsschutz im deutschen Rechtstaat dienen zugleich der Umsetzung korrespondierender Menschenrechte. Darüber hinaus ist an Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz zu erinnern: Nach dieser Norm steht In- und Ausländern in Deutschland der Rechtsweg offen, wenn sie durch die öffentliche Gewalt in einem subjektiven Recht verletzt werden. Schließlich bindet Art. 1 Abs. 2 Grundgesetz die deutsche Exekutive bei der weltweiten Ausübung öffentlicher Gewalt.4 Im internationalen Vergleich ist hervorzuheben, dass es in Deutschland eine funktionsfähige Justiz und ein starkes Parlament gibt, die zur Wahrung der Menschenrechte beitragen. So befasst sich zum Beispiel auch der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages immer wieder mit Eingaben , die die Achtung von Menschenrechten im Inland und Ausland zum Gegenstand haben.5 Ein weiteres Kernelement des Menschenrechtsschutzes in Deutschland ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die bei der Auslegung der Grundrechte heranzuziehen ist. Der Menschenrechts-Kommissar des Europarates und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sind wohl die weltweit effektivsten regionalen Einrichtungen. Ihre Berichte und Spruchpraxis prägen auch den Menschenrechtsschutz in Deutschland. Ferner wird der Menschenrechtsschutz in Deutschland durch Verfahren und Einrichtungen ergänzt, die sich aus der Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) ergeben, denn auch die EU sieht sich sowohl im Inneren 1 Gerald Staberock, Human Rights, Domestic Implementation, in: MPEPIL http://opil.ouplaw .com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690-e1734?rskey=STXKog&result =1&prd=EPIL (last updated February 2011). 2 Siehe Art. 1 GG: (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. 3 Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflg. 2014, Art 1 Rz. 26 ff m.w.N. 4 Jarass/Pieroth, GG Kommentar, 13. Auflg. 2014, Art 1 Rz. 27 m.w.N. 5 Vgl. den Jahresbericht des Petitionsausschusses 2018, https://www.bundestag .de/blob/532460/f7bcb8aadea89e5313712fc78910c044/ausgabe_2016-data.pdf , S. 28 und S. 124, sowie den Bericht von 2017, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/022/1902250.pdf , S. 14 und 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 5 als auch bei der Gestaltung ihrer Außenbeziehungen der Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten verpflichtet. Menschenrechtsbelange sind mithin erklärtes Ziel der EU in all ihren Politikbereichen und Programmen.6 Abgesehen von den bereits genannten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen gibt es in Deutschland zahlreiche staatlich finanzierte Institutionen, die spezifisch dem wirksamen Schutz der Menschenrechte dienen. Insbesondere sind dies: Das Deutsche Institut für Menschenrechte7, die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe8, die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes9 und die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter10. Daneben widmen sich Beauftragte der Bundesregierung (z.B. für Menschen mit Behinderungen, für Migration, gegen Antisemitismus, für Datenschutz)11 in vielen Fällen Aufgabenfeldern, die starke menschenrechtliche Bezüge aufweisen. Nicht zuletzt profitiert der Menschenrechtsschutz in Deutschland von einer vitalen Zivilgesellschaft , die menschenrechtliche Anliegen sachverständig artikuliert. Dies macht zum Beispiel das Netzwerk der über 50 deutschen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die im Forum Menschenrechte 12 organisiert sind, deutlich. Andererseits können auch die bestehenden Einrichtungen und Verfahren keinen lückenlosen Schutz der Menschenrechte in Deutschland garantieren. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in den vergangenen Jahren in Einzelfällen Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in Deutschland festgestellt. Urteile zu Sachverhalten in Deutschland betrafen u.a. Rechte bei Freiheitsentziehungen und Festnahmen, das Folterverbot und das Recht auf ein faires Verfahren.13 6 Siehe Übersicht der EU, https://europa.eu/european-union/topics/human-rights_de . Kritisch Clara Portela, Zähne zeigen! Die EU muss endlich auch im internationalen Handel die Menschen- und Arbeitnehmerrechte schützen, https://www.ipg-journal.de/regionen/europa/artikel/detail/zaehne-zeigen-3023/ . 7 Webseite des DIMR: https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/startseite/ . 8 Webseite der Beauftragten: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aamt/koordinatoren/menschenrechte-humanitaere -hilfe-node . 9 Webseite der Anti-Diskriminierungsstelle: http://www.Anti-Diskriminierungsstelle .de/DE/Home/home_node.html 10 Webseite der Nationalen Stelle: https://www.nationale-stelle.de/nationale-stelle.html 11 DGII1-12011/1#4, Liste der Beauftragten der Bundesregierung, der Bundesbeauftragten sowie der Koordinatoren / Koordinatorinnen der Bundesregierung nach § 21 Abs. 3 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO), Stand: 11.07.2018, https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/veroeffentlichungen/themen /ministerium/beauftragte-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=13 12 Forum Menschenrechte, https://www.forum-menschenrechte.de/ueber-uns/ 13 Vgl. die jährlichen Berichte des EGMR 2001 bis 2017, https://www.echr.coe.int/Pages/home.aspx?p=court/annualreports &c= . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 6 Aktuelle, von Deutschland angenommene Empfehlungen des Menschenrechtsrats (MRR) sowie der vertragsbasierten Menschenrechtsausschüsse der Vereinten Nationen (VN) sind nicht rein materiell-rechtlicher Natur, sondern betreffen – direkt oder indirekt – auch institutionelle und prozedurale Verbesserungen. So empfehlen der MRR und die VN-Menschenrechtsausschüsse Deutschland unter anderem: - auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene effektivere Strukturen zur Durchsetzung von Menschenrechten zu schaffen;14 - die Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen (z.B. Förderung sozialer Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen);15 - unverzügliche Schritte zur Verbesserung der Lage älterer Menschen in Pflegeheimen;16 - ein resoluteres Vorgehen gegen alle Formen von Rassismus und den verbesserten Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten vor Diskriminierung;17 - die volle Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Bereichen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens;18 - die Achtung der Rechte von Patienten und Insassen in Einrichtungen der Altenpflege, psychiatrischen Anstalten und Haftanstalten.19 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sehen weitere Unzulänglichkeiten des Menschenrechtsschutzes in Deutschland: - So wird von einigen NGOs eine Schwäche darin gesehen, dass die Bundesregierung bisher keine flächendeckendes Beratungs- und Unterstützungsangebot für Opfer von Gewaltverbrechen aufgebaut habe, was insbesondere zur Umsetzung des Übereinkommens des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt 14 DIMR, Aktuelle Empfehlungen an die Bundesrepublik Deutschland, Politikfeld: Menschenrechtsverträge, institutioneller Menschenrechtsschutz, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF- Dateien/ConObs/ConObs_1_Menschenrechtsvertraege.pdf . 15 DIMR, Aktuelle Empfehlungen an die Bundesrepublik Deutschland, Politikfeld: Arbeit und Soziales, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/ConObs/ConObs_2_Arbeit _und_Soziales.pdf . 16 DIMR, Aktuelle Empfehlungen an die Bundesrepublik Deutschland, Politikfeld: : Familie, Frauen, Kinder und Jugendliche, Ältere https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Con Obs/ConObs_4_Familie_et_al.pdf . 17 DIMR, Aktuelle Empfehlungen an die Bundesrepublik Deutschland, Politikfeld: Arbeit und Soziales, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/ConObs/ConObs_2_Arbeit _und_Soziales.pdf . 18 DIMR, Aktuelle Empfehlungen an die Bundesrepublik Deutschland, Politikfeld: Familie, Frauen, Kinder und Jugendliche, Ältere https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Con Obs/ConObs_4_Familie_et_al.pdf . 19 Siehe Berichte des MRR auf https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/Pages/Documents.aspx sowie der einzelnen Komitees, insbesondere des CERD auf https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CERD/Pages/CERDIndex .aspx , des CEDAW auf https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CEDAW/pages/cedawindex.aspx und des CRPD https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/CRPD/Pages/CRPDIndex.aspx . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 7 („Istanbul Konvention“)20 erforderlich sei. Eine verlässliche, dauerhafte Finanzierung von Frauenhäusern und -beratungsstellen sei nicht hinreichend gesichert.21 - Im Übrigen fordern NGOs im Hinblick auf alle staatlichen bzw. staatlich finanzierten Einrichtungen des Menschenrechtsschutzes in Deutschland eine verbesserte, den Aufgaben angemessene Ausstattung mit Sach- und Personalmitteln.22 Diese Forderungen betreffen vor allem das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter und die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes. Angesichts der Urteile des EGMR, der Empfehlungen der VN- Menschenrechtsausschüsse und des MRR und schließlich der Einschätzung nationaler Menschenrechts-NGOs zeigen sich Defizite im deutschen System zum Schutz der Menschenrechte. Der internationale Rahmen ist durch die Vorgaben „respect, protect, fulfil“23 definiert, denen Deutschland nicht vollumfänglich und lückenlos entspricht. Insbesondere bei der Pflicht der Erfüllung („fulfil“), die den Staaten auferlegt, positiv tätig zu werden, um den Genuss der Menschenrechte aller zu fördern24, identifizieren die genannten Institutionen Raum für weitere Fortschritte. Inländische Einrichtungen und Verfahren zum Schutz der Menschenrechte könnten daher möglicherweise von institutionellen und prozeduralen Weiterentwicklungen profitieren. 20 Council of Europe Treaty Series — № 210, Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt; Istanbul, 11.5.2011, https://rm.coe.int/1680462535 . 21 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 11. 22 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , passim. 23 Siehe OHCR: „International human rights law lays down obligations which States are bound to respect. By becoming parties to international treaties, States assume obligations and duties under international law to respect, to protect and to fulfil human rights. The obligation to respect means that States must refrain from interfering with or curtailing the enjoyment of human rights. The obligation to protect requires States to protect individuals and groups against human rights abuses. The obligation to fulfil means that States must take positive action to facilitate the enjoyment of basic human rights.“, https://www.ohchr.org/EN/ProfessionalInterest/Pages/International Law.aspx . 24 A.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 8 2. Deutsches Institut für Menschenrechte Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) erhielt 2015 nach langen Konsultationen eine gesetzliche Grundlage mit dem Gesetz über die Rechtsstellung und Aufgaben des Deutschen Instituts für Menschenrechte vom 16. Juli 201525. Das Gesetz stellt klar, das das DIMR in Deutschland die Aufgaben erfüllt, die die Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen den nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte übertragen.26 2.1. Unabhängigkeit und Pluralismus Gemäß den Pariser Prinzipien betreffend die nationalen Institutionen zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte ist darauf zu achten, dass die nationalen Menschenrechtsinstitute so zusammengesetzt sind, dass eine pluralistische Vertretung der (insbesondere zivilgesellschaftlichen ) Kräfte, die sich der Förderung und dem Schutz der Menschenrechte widmen, gewährleistet ist.27 Ferner ist die Unabhängigkeit der nationalen Menschenrechtsinstitute, insbesondere deren Unabhängigkeit von der Regierung, sicherzustellen.28 Der Akkreditierungsausschuss des Weltverbandes der Nationalen Menschenrechtsinstitute bestätigte in seiner letzten Überprüfung des DIMR dessen Unabhängigkeit und Pluralismus. Allerdings sieht der Akkreditierungs-Unterausschuss (SCA) des Weltverbandes nationaler Menschenrechtsinstitute (GANHRI) Möglichkeiten, Unabhängigkeit und Pluralismus des DIMR noch besser abzusichern. So empfiehlt das SCA zum Beispiel, zu besetzende Positionen im Kuratorium des DIMR öffentlich auszuschreiben; klare, einheitliche und transparente Kriterien zur Auswahl der Kuratoriumsmitglieder aufzustellen; Kuratoriumsmitglieder stärker aufgrund persönlicher Befähigung als wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Organisationen zu ernennen; und Kuratoriumsmitglieder auf der Grundlage partizipatorischer Verfahren und breiter Konsultationen auszuwählen.29 Der Menschenrechtskommissar des Europarates regt mit Verweis auf das SCA an, 25 BGBl. I S. 1194, siehe auch https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/ueber-uns/auftrag/dimr-gesetz/ . 26 Resolution der VN-Generalversammlung vom 4.3.1994, A/Res/48/134, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Pariser-Prinzipien.pdf . 27 Resolution der VN Generalversammlung vom 4.3.1994, A/Res/48/134, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Pariser-Prinzipien.pdf , S.5. 28 Resolution der VN Generalversammlung vom 4.3.1994, A/Res/48/134, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/Pariser-Prinzipien.pdf , S.5. 29 Global Alliance of National Human Rights Institutions, International Coordinating Committee of National Institutions for the Promotion and Protection of Human Rights, Report and Recommendations of the Session of the Sub-Committee on Accreditation (SCA) Geneva, 16-20 November 2015, https://nhri.ohchr.org/EN/AboutUs/GANHRIAccreditation/Documents/SCA%20FINAL%20REPORT%20- %20NOVEMBER%202015-English.pdf , S. 14 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 9 dass Mitglieder des Bundestages weder Mitglieder eines Entscheidungsgremiums des DIMR sein noch an dessen Entscheidungen mitwirken sollten.30 Um dem Erfordernis der Unabhängigkeit des DIMR gemäß den Pariser Prinzipien noch besser gerecht zu werden, ließe sich – alternativ zur bestehenden Praxis – eine Regelung in Betracht ziehen , wonach die beiden Mitglieder des Deutschen Bundestages aus dem Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, die derzeit als Mitglieder des DIMR-Kuratoriums fungieren31, in Zukunft zwingend keiner Regierungspartei angehören dürfen. Das Streben nach einheitlichen Standards und internationaler Vergleichbarkeit bei der Umsetzung der gemeinsamen Ziele der GANHRI mag in einem gewissen Spannungsverhältnis zu nationalen Regeln stehen, die auf eine ausgewogene Balance zwischen Unabhängigkeit und Funktionsfähigkeit des DIMR abzielen. Das SCA der GANHRI empfiehlt jedoch ausdrücklich und wiederholt32, Regierungsvertreter und Parlamentsabgeordnete der Regierungsfraktionen zumindest von DIMR-internen Entscheidungsprozessen auszuschließen. Ob eine entsprechende Regelung auch im deutschen Kontext zielführend wäre, ist politisch zu beurteilen und daher nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit. 2.2. Mittelausstattung, Unterbau Eine Stärkung der Menschenrechtsarchitektur in Deutschland hängt nicht zuletzt davon ab, dass die Mittelausstattung der einzelnen Einrichtungen ihrer jeweiligen Aufgabenzuweisung entspricht . Der VN-Menschenrechtsrat betonte unlängst die Bedeutung der finanziellen und administrativen Unabhängigkeit von nationalen Menschenrechtsinstitutionen für die Wirksamkeit des Schutzes und der Förderung von Menschenrechten.33 Was das DIMR anbetrifft, so wurden diesem seit seiner Gründung mehr und mehr Aufgaben übertragen, während die institutionelle Grundfinanzierung des Instituts mit dem Zuwachs an Kompetenzen nicht Schritt hielt. Der SCA der GANHRI bemängelt daher ausdrücklich Umfang und Planungssicherheit der gegenwärtigen staatlichen Zuwendungen an das DIMR.34 Die gegenwärtige Grundausstattung des Instituts hat zur Folge, dass die Kapazität für unabhängige Forschung, Monitoring und Analyse gering ist. 30 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 23 m.w.N. 31 Siehe § 6 Abs. 2 Nr. 3 DIMRG bzw. § 24 Abs. 1 (c) DIMR-Satzung, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/ueber-uns/auftrag/dimr-gesetz/ sowie https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/ueber-uns/auftrag /satzung/ . 32 Siehe die Berichte des Akkreditierungs-Unterausschusses zu Deutschland vom November 2013 und November 2015, https://nhri.ohchr.org/EN/AboutUs/GANHRIAccreditation/Pages/SCA-Reports.aspx . 33 UNGA A/HRC/39/L.19/Rev 1, http://undocs.org/A/HRC/39/L.19/Rev.1 , Follow-up and implementation of the Vienna Declaration and Programme of Action, S.3. 34 Global Alliance of National Human Rights Institutions, International Coordinating Committee of National Institutions for the Promotion and Protection of Human Rights, Report and Recommendations of the Session of the Sub-Committee on Accreditation (SCA) Geneva, 16-20 November 2015, https://nhri.ohchr.org/EN/AboutUs/GANHRIAccreditation/Documents/SCA%20FINAL%20REPORT%20- %20NOVEMBER%202015-English.pdf , S. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 10 Auch kann das DIMR nicht im gewünschten Umfang Informationen für staatliche Stellen, Unternehmen und entwicklungspolitische Akteure bereitstellen. Beratungsaufgaben, die das DIMR gegenwärtig erfüllt, werden zu einem großen Anteil durch Projektmittel finanziert. Im Hinblick auf die Haushaltsentwicklung 2019/2020 formuliert das DIMR daher zwei zentrale Anliegen35: Zum einen wird die Übernahme zentraler Verwaltungsfunktionen in die institutionelle Finanzierung gefordert. Dies entspräche unter anderem auch Anregungen des Bundesverwaltungsamtes . Es liegt nahe, dass eine gesteigerte institutionelle Grundfinanzierung die langfristige Planungssicherheit für das Institut und seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhöhen würde. Zu erwarten ist, dass dies auch die Effizienz des Mitteleinsatzes begünstigen würde. Zum zweiten formuliert das DIMR seinen Bedarf, die Forschungs-, Monitoring- und Analysekapazitäten des Instituts grundsätzlich und nachhaltig zu erhöhen und von der projektbezogenen Drittmittel unabhängiger zu machen.36 2.3. Befugnisse des DIMR Der VN-Menschenrechtsrat betonte unlängst die Bedeutung investigativer Kompetenzen nationaler Menschenrechtsinstitutionen für die Wirksamkeit des Schutzes und der Förderung von Menschenrechten .37 Auch der VN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte fragte Deutschland 2017 nach den konkreten Befugnissen des DIMR, Zugang zu allen offiziellen Dokumenten und Örtlichkeiten zu erhalten und – im Anwendungsbereich seines gesetzlichen Mandates – Auskunft von allen öffentlichen Stellen erlangen zu können.38 Im Hinblick auf die gesetzlich geregelten Befugnisse des DIMR regt das SCA der GANHRI an, die Kompetenzen des DIMR in den Bereichen Monitoring, Sachverhaltsermittlung und Berichtswesen zu stärken.39. Entspre- 35 Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf: Kurzvorstellung des DIMR und Erläuterungen zur finanziellen Ausstattung des Instituts (September 2018). 36 Entsprechend weitreichende Forderungen der Opposition zum Haushaltsentwurf/Einzelplan 02 für 2019 konnten sich bei den Beratungen im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe nicht durchsetzen. 37 UNGA A/HRC/39/L.19/Rev 1, http://undocs.org/A/HRC/39/L.19/Rev.1 , Follow-up and implementation of the Vienna Declaration and Programme of Action, S.3 f. 38 Committee on Economic, Social and Cultural Rights, List of issues in relation to the sixth periodic report of Germany , 13 October 2017, E/C.12/DEU/Q/6, https://documents-dds-ny.un.org/doc/UN- DOC/GEN/G17/323/11/PDF/G1732311.pdf?OpenElement , Unterpunkt I.1. 39 Global Alliance of National Human Rights Institutions, International Coordinating Committee of National Institutions for the Promotion and Protection of Human Rights, Report and Recommendations of the Session of the Sub-Committee on Accreditation (SCA) Geneva, 16-20 November 2015, https://nhri.ohchr.org/EN/AboutUs/GANHRIAccreditation/Documents/SCA%20FINAL%20REPORT%20- %20NOVEMBER%202015-English.pdf , S. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 11 chende Forderungen wurden verschiedentlich auch vom Menschenrechtskommissar des Europarates erhoben.40 Gegenwärtig unterfallen Auskunftsersuchen des DIMR dem Informationsfreiheitsgesetz und sind nach diesem gebührenpflichtig.41 Die GANHRI spricht sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich für eine Weiterentwicklung des DIMR-Gesetzes aus.42 Einen weiteren Vorschlag zur Erweiterung der Befugnisse des DIMR hat der Menschenrechtskommissar des Europarates unterbreitet. Dieser regt an, dem DIMR die Befugnis zur Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zu erteilen. Danach wäre das DIMR berechtigt, Verfahren zu initiieren, um die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen im Hinblick auf internationale Menschenrechtsverpflichtungen , die Deutschland akzeptiert hat, prüfen zu lassen.43 Die Einbeziehung der im DIMR verankerten menschenrechtliche Expertise in Gesetzgebungsverfahren wird durch die Einladung und Anhörung von dessen Menschenrechtsexperten in Fraktions - und Ausschusssitzungen weitgehend gewährleistet. Eine Stärkung der Praxis könnte in einer Einladung durch Ausschussvorsitzende von Amts wegen bestehen. Dadurch könnte die Neutralität und Unabhängigkeit des eingebrachten Sachverstandes stärker betont werden. Die entspräche im Übrigen auch Forderungen des Menschenrechtskommissars des Europarates, die beratende Rolle des Instituts beim Entwurf von Gesetzen zu stärken.44 In Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses werden Vertreter menschenrechtlicher Expertise, wie z.B. Mitarbeiter des DIMR, eher selten gehört. Ihre systematische Einbeziehung in die Erörterungen des Ausschusses könnte die menschenrechtliche Ausrichtung der auswärtigen Politik möglicherweise positiv beeinflussen. 40 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 19 mit Verweis auf weitere Berichte sowie Rz. 25. 41 Siehe § 10 des Informationsfreiheitsgesetz vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), das durch Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet .de/ifg/IFG.pdf . 42 Global Alliance of National Human Rights Institutions, International Coordinating Committee of National Institutions for the Promotion and Protection of Human Rights, Report and Recommendations of the Session of the Sub-Committee on Accreditation (SCA) Geneva, 16-20 November 2015, https://nhri.ohchr.org/EN/AboutUs/GANHRIAccreditation/Documents/SCA%20FINAL%20REPORT%20- %20NOVEMBER%202015-English.pdf , S. 15. 43 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 25. 44 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 12 Weitere Anregungen zur Erweiterung der Befugnisse des DIMR enthalten die Bemerkungen des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau aus dem Jahre 2017.45 Der Ausschuss empfiehlt, Deutschland solle dem Institut die Befugnis erteilen, die transparente, einheitliche und konsequente Umsetzung des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau46 im gesamten Bundesgebiet sicherzustellen.47 Eine institutionelle Verankerung dieser Aufgabe ließe sich jedoch auch im Rahmen der Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes vorstellen.48 2.4. DIMR als Monitoring-Stelle der VN-Behindertenrechtskonvention Gem § 1 Abs. 2 DIMR-Gesetz hat das Institut zugleich die Funktionen eines unabhängigen Mechanismus gemäß Artikel 33 Absatz 2 des VN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.49 Die elf Beschäftigten der Monitoring-Stelle der VN-Behindertenrechtskonvention erstellen Studien, Empfehlungen und Stellungnahmen, beraten öffentliche Einrichtungen , organisieren wissenschaftliche Veranstaltungen und leisten Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu Themen, die für die Rechte von Menschen mit Behinderungen relevant sind. Allerdings fungiert die Monitoring-Stelle der VN-Behindertenrechtskonvention nicht als Ombudsstelle, d.h. sie nimmt keine individuellen Beschwerden entgegen und leistet keine Rechtsberatung in Einzelfällen . Bemühungen, die Einrichtungen und Verfahren zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland zu verbessern, könnten sich an den Empfehlungen des VN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen orientieren. Der Ausschuss empfiehlt „(a) im Einklang mit Artikel 33 Absatz 1 [VN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen] die institutionellen Strukturen zu konsolidieren und die Bestimmung von Focal Points und ihren Partnerstellen in den verschiedenen Anwendungsbereichen des Übereinkommens in allen Bundesländern förmlich vorzunehmen; 45 CEDAW-Ausschuss, Abschließende Bemerkungen zum kombinierten siebten und achten periodischen Staatenbericht Deutschlands, 9 März 2017, CEDAW/C/DEU/CO/7-8, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CEDAW/CEDAW_state_report_7_8_abschliessende -bemerkungen_de.pdf . 46 Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, Bundesgesetzblatt (BGBl) 1985 II, S. 647, https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?start=//*%5B@attr_id=%27bgbl285s0647.pdf%27%5D#__bgbl__%2F %2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl285s0647.pdf%27%5D__1540279698526 . 47 A.a.O. , S. 4 (Abs. 12). 48 Siehe dazu unten, 4.3. 49 Siehe im Einzelnen DIMR, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/monitoring-stelle-un-brk/meldung/article /monitoring-stelle-un-brk-und-zivilgesellschaft-beraten-un-fachausschuss/ . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 13 (b) die notwendigen Mittel und Voraussetzungen für die unabhängige Tätigkeit der Focal Points zu stärken, einschließlich der Rechtsstellung aller Landesbeauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen; (c) die Kapazität des unabhängigen Überwachungsmechanismus nach Artikel 33 Absatz 2 [VN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen] zu stärken , um die Verfügbarkeit von Mitteln für eine umfassendere und wirksamere Überwachung auf Länder- und Kommunalebene sicherzustellen.“50 Auch im gegenwärtig laufenden Berichtszyklus fragt der Ausschuss Deutschland nach Maßnahmen, um die Kapazität unabhängiger nationaler Monitoring-Mechanismen durch langfristige Finanzierungszusagen auszubauen und zu unterstützen.51 2.5. DIMR als Monitoring-Stelle der VN-Kinderrechtskonvention Neben seinen gesetzlich geregelten Aufgaben erfüllt das DIMR auch die Funktion der Monitoring- Stelle der VN-Kinderrechtskonvention.52 Das Mandat wurde dem Institut vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im August 2015 erteilt, um wiederholten Empfehlungen des VN-Ausschusses für die Rechte des Kindes nachzukommen.53 Die Funktion als Monitoring -Stelle ist als zeitlich befristetes Projekt konzipiert. Das Personal beschränkt sich auf fünf Projektstellen. Zwar läuft das Projekt 2019 aus, doch hat das Bundesministerium für Familie, Senioren , Frauen und Jugend bereits eine Verlängerung in Aussicht gestellt. Eine Entfristung des Projekts würde eine verbesserte Planungsgrundlage für alle Beteiligten schaffen und die KRK-Monitoring -Stelle in den Stand setzen, ihren Aufgaben gemäß den Empfehlungen VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes auf Bundes-, Länder und kommunaler Ebene nachzukommen. Ein zweiter Gesichtspunkt möglicher Verbesserungen der Einrichtungen und Verfahren zum Menschenrechtsschutz in Deutschland betrifft wiederum die Befugnisse des DIMR: Auch als Monitoring -Stelle der VN-Kinderrechtskonvention erfüllt das DIMR nicht die Aufgabe, Beschwerden nachzugehen oder in Einzelfällen rechtlich zu beraten. Der VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes empfiehlt, dem DIMR genau diese Befugnis zu erteilen.54 Zudem solle das Institut mit den 50 Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Abschließende Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands, 13. Mai 2015, CRPD/C/DEU/CO/1, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/UN-Dokumente/CRPD_Abschliessende_Bemerkungen _ueber_den_ersten_Staatenbericht_Deutschlands.pdf , Abs. 62 [keine amtliche Übersetzung]. 51 Advanced Unedited Version, 21v September 2018, CRPD_C_DEU_QPR_2-3_29627_E.docx , https://www.institut -fuer-menschenrechte.de/monitoring-stelle-un-brk/staatenpruefung-2018-2020/ . 52 Siehe im Einzelnen DIMR, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/monitoring-stelle-un-krk/ 53 Siehe zuletzt das Committee on the Rights of the Child, Concluding observations on the combined third and fourth periodic reports of Germany, CRC/C/DEU/CO/3-4, 25 February 2014, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts /treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRC/C/DEU/CO/3-4&Lang=En , Par. 18. 54 A.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 14 personellen, technischen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden, die erforderlich sind, um individuelle Beschwerden zu bearbeiten.55 3. Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe Die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe ist institutionell dem Auswärtigen Amt eingegliedert.56 Die Beauftragte unterbreitet Vorschläge und pflegt die Kontakte u.a. zu öffentlichen Einrichtungen auf Bundes- und Landesebene, dem Parlament, dessen Fraktionen, internationalen Einrichtungen des Menschenrechtsschutzes der VN, der EU, der OSZE und des Europarates und zu deutschen und internationalen zivilgesellschaftlichen Einrichtungen des Menschenrechtsschutzes.57 Soweit aus öffentlich zugänglichen Quellen – einschließlich der Selbstdarstellung der Beauftragten – ersichtlich, sind deren Sach- und Personalmittel begrenzt. Ermittlungskompetenzen und Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Stellen der Exekutive sind aus diesen Quellen nicht erkennbar. Auch ist die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe nicht mandatiert, individuelle Beschwerden anzunehmen oder Rechtsberatung in Einzelfällen zu erteilen. Vor allem sollte mit der Schaffung dieses Amtes keine Ombudsstelle eingerichtet werden. Das Netzwerk der im Forum Menschenrechte organisierten NGOs erhebt Forderungen, das Amt der Beauftragten personell und budgetär aufzuwerten.58 Um der Menschenrechtspolitik als Querschnittsaufgabe größeres Gewicht zu verleihen, wird angeregt, das Amt der Beauftragten protokollarisch zur Staatsministerin aufzuwerten.59 Diesem Vorschlag liegt die Idee zugrunde, dass die 55 A.a.O. 56 Die nachfolgenden Angaben sind der Webseite der Beauftragten entnommen, siehe https://www.auswaertigesamt .de/en/aamt/koordinatoren/mr-koordinatorin . Siehe zur Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe auch Anlage, Sachstand des AA vom Oktober 2018, VS-NfD. 57 Zu weiteren Aktivitäten des bzw. der Menschenrechtsbeauftragten im Zeitraum 2014-2016, siehe den 12. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik, https://www.auswaertigesamt .de/blob/205200/c4f16b74de97b2e796e5a2c1305d3ff2/161221-mr-bericht-der-bundesregierung-12-data.pdf , S. 393 f. 58 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. Entsprechende Forderungen der Opposition zum Haushaltsentwurf für 2019 zum Einzelplan 05 (Auswärtiges Amt) konnten sich bei den Beratungen im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe nicht durchsetzen . 59 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 15 Beauftragte als Staatsministerin die Rolle übernehmen könnte, die in allen Ministerien anzusiedelnden ressort-spezifischen Menschenrechtsbeauftragten zu koordinieren.60 Alternativ wäre vorstellbar, die Beauftragte für Menschenrechte institutionell im Deutschen Bundestag zu verankern und eine dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vergleichbare Struktur mit entsprechendem personellen Unterbau und der erforderlichen Sachmittelausstattung zu schaffen.61 4. Menschenrechtsbeauftragte und -referate der Exekutive 4.1. Allgemeines Während Menschenrechte eine Querschnittsmaterie sind, die in alle Politikbereiche hineinwirkt, haben gegenwärtig noch nicht alle Ressorts einen Menschenrechtsbeauftragten bzw. ein Menschenrechtsreferat . Die Forderung nach Einrichtung entsprechender Strukturen erhebt z.B. das Forum Menschenrechte.62 Nicht alle Ministerien beziehen die Expertise des DIMR in sämtliche menschenrechtlich relevante Entscheidungsprozesse ein. Während die Zusammenarbeit zwischen dem DIMR und den Ministerien sowie deren nachgeordneten Behörden im Allgemeinen auf bewährten Kontakten auf der Arbeitsebene beruht und von den Beteiligten – soweit ersichtlich – als gut bewertet wird, ist jedoch eine systematische, frühzeitige Einbeziehung des DIMR in alle Referentenentwürfe und Entscheidungsprozesse nicht gesichert. Was das Auswärtige Amt (AA) betrifft, so weist dessen Organisationsplan – abgesehen von der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe – zahlreiche weitere Referate mit menschenrechtlicher Schwerpunktsetzung auf.63 Die Zentrale des AA bindet menschenrechtliche Gesichtspunkte somit in weitem Umfang institutionell ein. Strukturelle Entwicklungsmöglichkeiten könnten z.B. darin liegen, deutsche Botschaften mit Kontaktstellen für 60 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. 61 Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundetages verfügt im Haushaltsjahr 2018 über einen Gesamtetat von über 4 Mio Euro, aus dem ca. 50 Dienstposten finanziert werden. 62 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. 63 Siehe im Einzelnen in der Abteilung für internationale Ordnung, Vereinte Nationen und Rüstungskontrolle OR- B-3, OR-G, OR 02 - OR 04 und OR 06 sowie in der Abteilung für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung 4-B-2, Referate 401, 404, 410, AS-IA, https://www.auswaertigesamt .de/blob/215270/8eac3bedf32049af8188b6d3b29ac8a3/organisationsplan-data.pdf . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 16 Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die eine Verantwortung deutscher Unternehmen behaupten , auszustatten.64 Entsprechende Stellen werden von einigen deutschen NGOs gefordert.65 Zu prüfen wäre weiterhin, ob deutsche Konsulate hinreichend mit Personal- und Sachmitteln ausgestattet sind, um in menschenrechtlich relevanten Verwaltungsverfahren zeitnah menschenrechtskonforme Entscheidungen zu treffen. Im Rahmen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) ist im Hinblick auf bestehende Strukturen vor allem die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtsfragen im BMJV zu nennen.66 Die Mitarbeiter des Referats67 vertreten Deutschland vor dem EGMR, den vertragsbasierten VN-Menschenrechtsausschüssen und gegenüber zahlreichen weiteren internationalen Gremien, die mit der nationalen Umsetzung von Menschenrechten befasst sind.68 Darüber hinaus ist das Referat zuständig, die Vereinbarkeit von Gesetzgebungsvorhaben mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands zu prüfen.69 Ein dringender Bedarf, die bestehenden Einrichtungen und Verfahren innerhalb des BMJV zu verbessern, ist nicht ersichtlich . Entscheidungsprozesse im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Inneren (BMI) sind in der Regel von herausragender Bedeutung für die Verwirklichung von Menschenrechten. Einen eigenen Menschenrechtsbeauftragten hat das BMI gleichwohl bisher nicht. Aus dem parlamentarischen Raum wurden an das BMI Zweifel herangetragen, ob die im BMI verankerte Nationale Kontaktstelle Sinti und Roma mit ausreichenden Sach- und Personalmitteln ausgestattet sei.70 Die Frage wie sich im BMI und seinen nachgeordneten Behörden die institutionellen und prozeduralen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Menschenrechte verbessern ließen, führt zu weitreichenden Folgerungen, die den Rahmen der vorliegenden Ausarbeitung sprengen. Als Beispiel sei 64 Siehe dazu unten, 5.3. 65 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. 66 Zu den einzelnen Aktivitäten der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtsfragen im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Zeitraum 2014-2016, siehe den 12. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik, https://www.auswaertigesamt .de/blob/205200/c4f16b74de97b2e796e5a2c1305d3ff2/161221-mr-bericht-der-bundesregierung-12-data.pdf , S. 394 ff. 67 Referat IV C 1, siehe Organisationsplan des BMJV, https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Ministerium /Organisationsplan/Organisationsplan_DE.pdf;jsessionid =2F9C9C602A359F6E89CC405FC9CFB590.2_cid289?__blob=publicationFile&v=68 . 68 BMJV https://www.bmjv.de/DE/Ministerium/Abteilungen/OeffentlichesRecht/OeffentlichesRecht_node.html . 69 A.a.O. 70 Deutscher Bundestag Drucksache 18/4528, 31.03.2015, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Tom Koenigs, Volker Beck (Köln), Omid Nouripour, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4289: Arbeit der Nationalen Kontaktstelle Sinti und Roma im Bundesministerium des Innern https://kleineanfragen.de/bundestag/18/4528-arbeit-der-nationalen-kontaktstellesinti -und-roma-im-bundesminiterium-des-innern-drucksache-18-4289 . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 17 nur am Rande auf die Forderungen von NGOs im Hinblick auf die Tätigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge verwiesen.71 Im Ergebnis ist vor allem festzuhalten: Nicht alle Fachministerien haben bisher ressort-spezifische Menschenrechtsbeauftragte berufen. Wenn Deutschland diejenigen Empfehlungen des MRR und der VN-Menschenrechtsausschüsse, die es ausdrücklich angenommen hat, in der Tat umsetzen möchte, so könnten ressort-spezifische Menschenrechtsbeauftragte in den einzelnen Fachministerien und deren effektive Koordination wichtige Elemente nationaler Umsetzungsmechanismen bilden. 4.2. Nationale Stelle zur Verhütung von Folter Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter72 setzt sich, formell betrachtet, aus zwei unterschiedlichen Einrichtungen zusammen: Eine Bundesstelle, die durch einen Organisationserlass des Bundesministeriums der Justiz geschaffen wurde,73 sowie eine gemeinsame Kommission der Länder, die auf einem Staatsvertrag74 beruht. Bundesstelle und Länderkommission nutzen gemeinsam die Personal- und Sachmittel der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter.75 Insgesamt hat die Stelle zurzeit zehn ehrenamtliche Mitglieder sowie sieben wissenschaftliche und Sekretariats-Mitarbeiter.76 Im Haushaltsjahr 2018 standen der Stelle ca. 540.000 Euro zur Verfügung. Damit soll die Nationale Stelle in über 13.000 Einrichtungen, die der Freiheitsentziehung dienen, jede Art von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verhüten. Die Stelle ist damit verantwortlich für das Monitoring von Gewahrsams- und Hafteinrichtungen der Bundeswehr, der Bundespolizei, der Deutschen Zollverwaltung, sämtlicher Polizeigewahrsamseinrichtungen auf Landesebene, der Gerichte, in psychiatrischen Krankenhäusern , Pflegeheimen, Kinder- und Jugendheimen und Abschiebeeinrichtungen. 71 Das Forum Menschenrechte verweist z.B. auf die Notwendigkeit, faire Asylverfahren dadurch sicherzustellen, dass das BAMF mit ausreichendem und qualifiziertem Personal, das sachgerechte und menschenrechtskonforme Einzelfallentscheidungen treffen könne, ausgestattet werde. Dazu gehöre es auch, dass die Anhörung und Entscheidung eines Asylantrages durch denselben Mitarbeiter erfolge. Siehe Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads /2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S.12. 72 Webseite der Stelle: https://www.nationale-stelle.de/de/nationale-stelle.html . 73 Organisationserlass des Bundesministeriums der Justiz vom 20. November 2008, Bundesanzeiger Nr. 182, S. 4277, https://www.nationale-stelle.de/fileadmin/dateiablage/Dokumente/Rechtsgrundlagen/Organisationserlass _OPCAT.pdf . 74 GBl. BW vom 7. Dezember 2009, S. 681 , https://www.nationale-stelle.de/fileadmin/dateiablage/Dokumente /Rechtsgrundlagen/Staatsvertrag_Laenderkommission.pdf . 75 Siehe Art 8 des Staatsvertrages, https://www.nationale-stelle.de/fileadmin/dateiablage/Dokumente/Rechtsgrundlagen /Staatsvertrag_Laenderkommission.pdf . 76 Siehe https://www.nationale-stelle.de/de/nationale-stelle/mitglieder.html und https://www.nationalestelle .de/de/nationale-stelle/geschaeftsstelle.html . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 18 Seit Einrichtung der Nationalen Stelle sind deren Budget und Anzahl von Planstellen zwar gewachsen .77 Gleichwohl besteht in Anbetracht der hohen Zahl an Gewahrsams- und Hafteinrichtungen in Deutschland noch immer ein augenscheinliches Missverhältnis, das einer ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung im Sinne des SPT im Wege stehen könnte. So ist zum Beispiel zweifelhaft , ob mit den verfügbaren Sach- und Personalmitteln follow-up-Besuche einmal geprüfter Einrichtungen überhaupt stattfinden können, selbst im Falle etwaiger Beanstandungen beim Erstbesuch . Auch schlägt sich das gewachsene Bewusstsein in der Gesellschaft für Formen unangemessener , erniedrigender Behandlung in Pflege- und Sozialeinrichtungen nicht in einem der Aufgabe entsprechenden Personal- und Mittelaufwachs nieder. Bei Pflege- und Sozialeinrichtungen in privater Trägerschaft führen die begrenzten Befugnisse der Nationalen Stelle zu einer geringeren Kontrolldichte und Präventionswirkung, als dies im Interesse der betreuten Personen wünschenswert scheint. So wird die Frage der Fixierung von Patienten in Deutschland von internationalen Gremien immer wieder kritisch gesehen.78 Vor diesem Hintergrund gilt trotz des Mittel- und Personalzuwachses, den die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter seit ihrer Einrichtung erfahren hat, nach wie vor die Einschätzung des Menschenrechtskommissars des Europarates als auch des VN-Unterausschuss für die Verhütung von Folter (SPT). Beide bemängelten gleichermaßen die Unterausstattung der Nationalen Stelle.79 Der SPT führte hierzu 2013 aus: “Notwithstanding the willingness of the Federal and State authorities to ensure compliance with the Optional Protocol, the SPT notes that there are legal, structural and institutional problems that may jeopardize the efficiency and the institutional credibility of the NPM as a whole. The authorities will therefore be required to address, for instance, institutional factors such as the current size, selection and composition of the NPM and its limited role in terms of commenting on the draft legislation, and in particular, the issue of adequate budgetary and personnel resources.”80 Unbeschadet der positiven Entwicklung der Ausstattung der Nationalen Stelle seit ihrer Einrichtung ist nach wie vor auch die Einschätzung des VN-Sonderberichterstatters für Folter aus dem Jahre 2010 in die Überlegungen miteinzubeziehen. Danach sei der bestehende deutsche Präventionsmechanismus offensichtlich unzureichend und erweise sich sogar als kontraproduktiv, da er 77 So wuchs die Zahl der Angestellten von zwei auf gegenwärtig sieben. Siehe oben (Fn. 76). 78 Vgl. statt vieler: Committee against Torture: Consideration of reports submitted by States parties under article 19 of the Convention, Concluding observations Germany, CAT/C/DEU/CO/5, 12 Dec 2011, Abschn. C, Nr. 16, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CAT%2fC%2fDEU%2fCO%2f5&Lang=en 79 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 31 ff. sowie Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Report, CAT/OP/DEU/1, 16 December 2013, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CAT%2FOP%2FDEU%2F1&Lang=en . 80 Subcommittee on Prevention of Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Report , CAT/OP/DEU/1, 16 December 2013, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download .aspx?symbolno=CAT%2FOP%2FDEU%2F1&Lang=en , Par. 16. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 19 die Probleme erkennbar nicht ernst nehme und ein schlechtes Beispiel für andere Staaten darstelle .81 Im Einzelnen führte der VN-Sonderberichterstatter für Folter Manfred Nowak damals aus: “I am particularly concerned about the establishment of National Preventive Mechanisms (NPMs) that are most obviously not capable of fulfilling their task. In Germany for example, with the highest population in Europe, the federal NPM is comprised of only one unpaid part-time person and a Joint Commission of the federal States (Länder) consisting of four unpaid part-time members, whose combined annual budget is not to exceed 300,000 EUR. This mechanism is evidently unable to ensure complete geographic coverage of all places of detention. Such approach to the implementation of OPCAT is counter-productive since it does not take the problem of torture and ill-treatment in detention seriously and sets a bad example for other States“.82 Die monierte Unterausstattung der Nationalen Stelle trifft auf eine Situation, in der der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in den letzten Jahren mehrfach Menschenrechtsverletzungen bei Freiheitsentziehungen und Festnahmen in Deutschland festgestellt hat.83 Solange Deutschland die überaus anspruchsvolle und bedeutsame nationale Umsetzung des VN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Wesentlichen zehn ehrenamtlichen Mitgliedern überträgt, dürfte die Kritik der internationalen Gemeinschaft an einer angemessenen Implementierung bestehen bleiben. Ein Ausbau der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter scheint daher ein wichtiges Element zu sein, wenn Einrichtungen und Verfahren zum Schutz der Menschenrechte in Deutschland gestärkt werden sollen .84 81 Human Rights Council, Thirteenth session, Agenda item 3, Promotion and protection of all human rights, civil, political, economic, social and cultural rights, including the right to development, Report of the Special Rapporteur on torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, A/HRC/13/39/Add.5, 5 February 2010, https://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/13session/a.hrc.13.39.add.5_en.pdf . 82 A.a.O., Abs. 164. 83 EGMR, CASE OF STOLLENWERK v. GERMANY, (Application no. 8844/12), JUDGMENT, STRASBOURG, 7 September 2017, https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-176970%22]} ; EGMR, CASE OF WENNER v. GERMANY, (Application no. 62303/13), JUDGMENT, STRASBOURG, 1 September 2016, https://hudoc.echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-165758%22]} ; EGMR, CASE OF MARC BRAUER v. GERMANY, (Application no. 24062/13), JUDGMENT, STRASBOURG, 1 September 2016, https://hudoc .echr.coe.int/eng#{%22itemid%22:[%22001-165757%22]} . 84 Entsprechend weitreichende Forderungen der Opposition zum Haushaltsentwurf/Einzelplan 07 für 2019 konnten sich bei den Beratungen im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe nicht durchsetzen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 20 Ein weiterer Aspekt der verfahrenstechnischer Optimierung der Monitoring-Praxis der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter könnte darin liegen, in allen Bundesländern auf das Erfordernis der vorherigen Ankündigung und Genehmigung von Kotrollbesuchen zu verzichten. Damit käme Deutschland entsprechenden Anregungen des SPT nach.85 4.3. Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes Die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes86 ist im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelt. Sie ist in der Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.87 Die Stelle nimmt Beschwerden von Menschen entgegen, die behaupten, sie seien im Hinblick auf einen der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Gründe benachteiligt worden.88 Die Stelle nimmt Informations-, Beratungs- und Vermittlungsaufgaben wahr. Ihre Befugnisse sind begrenzt: Im Wesentlichen kann sie Beteiligte um Stellungnahmen ersuchen , und öffentliche Stellen des Bundes sind verpflichtet, ihr Auskünfte zu erteilen.89 Zwar ist die Ausstattung der Anti-Diskriminierungsstelle in den letzten Jahren gewachsen: So stehen ihr 4,49 Millionen Euro für das Jahr 2018 zur Verfügung, was das Budget für 29 Planstellen mitbeinhaltet . Gleichwohl erlaubt diese Ressourcenausstattung der Stelle keine flächendeckende Präsenz und Aufklärungsarbeit im Bereich der Diskriminierungsprävention. Zahlreiche internationale Menschenrechtseinrichtungen haben an Deutschland die Anregung ausgesprochen, die Einrichtungen zur Prävention von Diskriminierung auszubauen, so etwa: - der VN-Menschenrechtsrat (HRC);90 - der VN-Menschenrechtsausschuss (CCPR);91 85 Siehe oben Fn. 78, Par. 13. 86 Webseite der Anti-Diskriminierungsstelle: http://www.Anti-Diskriminierungsstelle .de/DE/Home/home_node.html . 87 Vgl. § 26 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet .de/agg/BJNR189710006.html . 88 Gem. § 1 AGG sind dies: Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität, siehe https://www.gesetze-im-internet.de/agg/BJNR189710006.html . 89 § 28 AGG , https://www.gesetze-im-internet.de/agg/BJNR189710006.html . 90 Siehe HRC UPR 2018, A/HRC/39/9, https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/RegularSessions/Session 39/Pages/ListReports.aspx ,Rz. 53, 61, 110. 91 Siehe CCPR/DEU/CO/6, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CCPR/C/DEU/CO/6&Lang=En , Ziff. 6 sowie zuletzt CCPR/C/DEU/QPR/7, https://undocs .org/CCPR/C/DEU/QPR/7 , Ziff. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 21 - der VN-Frauenrechtsausschuss (CEDAW);92 - der VN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD);93 - der VN-Sonderberichterstatter über zeitgenössische Formen von Rassismus;94 - die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI);95 - der Menschenrechtskommissar des Europarates.96 Die Empfehlungen zielen darauf ab - die Befugnisse der Anti-Diskriminierungsstelle zu stärken; - in Bund und Ländern ein flächendeckendes Präventionssystem zu errichten; - den nationalen Anti-Diskriminierungseinrichtungen ein weiteres Verständnis von Rassismus und Sexismus zu Grunde zu legen; und - eine stärkere Beteiligung der Anti-Diskriminierungsstelle bei Gesetzgebungsverfahren vorzusehen . Letztlich wird gefordert, wirksamere Strukturen zu schaffen, um die von Deutschland angenommenen materiell-rechtlichen Empfehlungen des MRR und der VN-Menschenrechtsausschüsse umzusetzen.97 Zu betonen ist, dass die internationalen Gremien bei nahezu allen völkerrechtlich unzulässigen Diskriminierungskriterien in Deutschland Umsetzungsdefizite sehen. Die Kompetenzen der Anti-Diskriminierungsstelle wären demnach umfassend zu stärken, also im Hinblick auf Diskriminierung wegen Geschlecht, Behinderung, Alter, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und Religion. Weitere Anregungen der Gremien beziehen sich auf die Koordination zwischen Bund und Ländern , um auf allen Ebenen wirksame Strukturen zu schaffen, die eine einheitliche Umsetzung der 92 Siehe CEDAW/C/DEU/CO/6, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CEDAW%2FC%2FDEU%2FCO%2F6&Lang=en , Abs. 24 und CEDAW/C/DEU/CO/7-8, https://tbinternet .ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CEDAW/C/DEU/CO/7-8&Lang=En , Ziff. 18. 93 Siehe CERD/C/DEU/CO/19-22, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CERD/C/DEU/CO/19-22&Lang=En , Ziff. 8, 94 UN GA, Report of the Special Rapporteur on contemporary forms of racism, racial discrimination, xenophobia and related intolerance, Githu Muigai , A/HRC/14/43, https://documents-dds-ny.un.org/doc/UN- DOC/GEN/G10/125/66/PDF/G1012566.pdf?OpenElement , Rz. 55 (vgl. a. Rz. 52-55). 95 Siehe ECRI-Bericht über Deutschland, CRI (2014)2, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user _upload/PDF-Dateien/Europarat_Dokumente/ECRI_Bericht_Deutschland_5_2014_de.pdf , Ziff. 22. 96 Siehe Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 26 ff. m.w.N. 97 Vgl. zu den Anfordernissen an effektive nationale Umsetzungsmechanismen im Allgemeinen: UN Human Rights, Office of the High Commissioner, National Mechanisms for Reporting and Follow-up: A Practical Guide to Effective State Engagement with International Human Rights Mechanisms, New York and Geneva 2016, https://www.ohchr.org/Documents/Publications/HR_PUB_16_1_NMRF_PracticalGuide.pdf . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 22 völkerrechtlichen Diskriminierungsverbote im gesamten Staatsgebiet sicherstellen sollen.98 Auch diese Aufgabe der Koordination zur Sicherung der einheitlichen Rechtsanwendung könnte in der zentralen Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes verankert werden. 5. Ombudspersonen Grundsätzlich sind Ombudspersonen vor allem in Staaten notwendig, in denen es keine unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit gibt oder diese nur sehr schwach ausgebildet ist. In Deutschland gibt es zahlreiche Verfahren, um individuellen Rechtsschutz gegen die meisten Formen von Verwaltungshandeln effektiv zu gewährleisten. Dies schließt sogar Unterlassungen der Verwaltung in bestimmten, rechtlich qualifizierten Fällen ein. Zusätzlich befassen sich die Petitionsausschüsse auf Bundes- und Länderebene mit Eingaben, die die Achtung von Menschenrechten zum Gegenstand haben.99 Die Einrichtung von Ombudspersonen mit einer allgemeinen Zuständigkeit würde daher ein Parallelsystem schaffen, das weder notwendig noch sinnvoll erscheint. Es besteht hier das Risiko, dass die Einrichtung einer Ombudsperson zusätzlich zum bestehenden Rechtsschutzsystem die Glaubwürdigkeit der Gerichtsbarkeit, insbesondere der Verwaltungsgerichtsbarkeit , unterminieren könnte. Parallelstrukturen könnten Verwirrung unter den betroffenen rechtlichen Laien schaffen und sie sogar dazu verleiten, Rechtsmittel nicht rechtzeitig einzulegen . Der formelle Rechtsschutz der Betroffenen könnte dadurch möglicherweise sogar geschwächt werden. Bestätigt wird diese Einschätzung durch Deutschlands Antwort auf die Empfehlung des VN-Menschenrechtsrates im Rahmen der Universellen Periodischen Überprüfung Deutschlands im Jahre 2018.100 Allerdings gibt es Personen, für die der Zugang zur Verwaltungsgerichtsbarkeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erschwert ist. Daher können bereichsspezifische Ombudspersonen mit beschränkten Zuständigkeiten im Einzelnen eine sinnvolle Ergänzung zu dem bestehenden Rechtsschutzsystem bilden. 5.1. Ombudspersonen für Kinder Flächendeckende, dezentrale Beschwerdestellen der Kinder- und Jugendhilfe könnten Minderjährigen bessere Möglichkeiten zum Schutz und zur Verwirklichung ihrer Menschenrechte eröffnen . Denn für Minderjährige ist der Zugang zur Verwaltungsgerichtsbarkeit insbesondere 98 CEDAW-Ausschuss, Abschließende Bemerkungen zum kombinierten siebten und achten periodischen Staatenbericht Deutschlands, 9 März 2017, CEDAW/C/DEU/CO/7-8, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/CEDAW/CEDAW_state_report_7_8_abschliessende -bemerkungen_de.pdf , Rz. 12. 99 Vgl. den Jahresbericht des Petitionsausschusses 2018, https://www.bundestag .de/blob/532460/f7bcb8aadea89e5313712fc78910c044/ausgabe_2016-data.pdf , S. 28 und S. 124, sowie den Bericht von 2017, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/022/1902250.pdf , S. 14 und 43. 100 The Federal Republic of Germany’s response to the recommendations set out by the UN Human Rights Council in the Universal Periodic Review on 8 May 2018, last updated 31 August 2018, Recommendation 155.28. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 23 dadurch erschwert, dass sie nicht prozessfähig sind.101 Überdies sind bei Realakten von Lehrkräften gegenüber Schülern die Rechtsschutzmöglichkeiten im Gegensatz zu Verwaltungsakten begrenzt .102 Es bestehen mithin Möglichkeiten, den Menschenrechtsschutz zum Wohle von Kindern zu verbessern. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bestehende Rechtsschutzlücken nicht notwendig die Errichtung neuer oder paralleler Strukturen erfordern, sondern sie auch durch eine behutsame Fortentwicklung des Verwaltungs(gerichts)verfahrensrechts zu schließen sein könnten . Das DIMR, das damit betraut wurde, die Umsetzung der VN-Kinderrechtskonvention in Deutschland kritisch zu begleiten und als Monitoring-Stelle zu fungieren, führt hierzu aus: „Der Kinderrechtsausschuss der Vereinten Nationen hat Deutschland bereits mehrmals aufgefordert eine Anlaufstelle für Beschwerden für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Die internationale Vergleichsstudie "Einsatz für Kinderrechte" von UNICEF zeigt Deutschland als einen "weißen Fleck" auf der Weltkarte, wenn es um Beschwerdestellen für Kinder und Jugendliche geht. Doch dies ist nicht ganz zutreffend: Es gibt Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Deutschland. Lediglich der direkte Zugang, ihre Arbeitsweisen und ihre Wirkungsmöglichkeiten sind sehr unterschiedlich.“103 In seinen Empfehlungen an Deutschland benennt der VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes das DIMR als die geeignete Einrichtung, um individuellen Beschwerden entgegenzunehmen, in kindgerechter Weise zu untersuchen und effektiv zu bearbeiten.104 Um Ombudstellen für Kinder auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene niedrigschwellig zugänglich zu machen, könnten jedoch auch andere institutionelle Verankerungen in Betracht kommen. Entscheidend dürfte letztlich sein, ob etwaige Ombudsstellen nachhaltig mit den personellen, technischen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden können, die erforderlich sind, um individuelle Beschwerden zu bearbeiten.105 5.2. Ombudspersonen für Migranten und Flüchtlinge Die Einrichtung einer Ombudsperson für Migranten und Flüchtlinge scheint nicht erstrebenswert . Zwar wäre es vorstellbar, auch Flüchtlinge und Migranten zu den Bevölkerungsgruppen zu zählen, deren Zugang zu Rechtsschutz aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erschwert ist 101 Siehe § 62 Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) geändert worden ist, https://www.gesetze-im-internet.de/vwgo/BJNR000170960.html . 102 Siehe Vortrag „Verwaltungsgerichtsbarkeit“ von Felix Wiesner vom 16.11.2016, https://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Vortraege/Vortrag_Felix_Wiesner_Konsultation_Beschwerden _ermoeglichen_16.11.16.pdf . 103 DIMR, Konsultation „Beschwerden ermöglichen!“, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuell/veranstaltungen /veranstaltungsdetail/article/konsultation-beschwerden-ermoeglichen/ . 104 Siehe zuletzt das Committee on the Rights of the Child, Concluding observations on the combined third and fourth periodic reports of Germany, CRC/C/DEU/CO/3-4, 25 February 2014, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts /treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRC/C/DEU/CO/3-4&Lang=En , Par. 18. 105 A.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 24 und die deshalb zusätzlich einer eigenständigen, unabhängigen Ombudsperson bedürfen. Es ist jedoch zu bedenken, dass die verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte in dem Bereich des Ausländer - und Asylrechts bereits sehr hoch ist. Zudem richten sich zahlreiche Beratungsangebote von NGOs an Migranten und Flüchtlinge, was ihren tatsächlichen Zugang zu formellen Rechtsschutzmöglichkeiten in vielen Fällen erleichtert. Zu berücksichtigen ist, dass es eine große Unterstützerszene gibt, weitreichende Beratungsangebote vorliegen und Informationen auch in den meisten Sprachen verfügbar sind, die von Flüchtlingen und Migranten in der Regel gesprochen werden. Die Risiken der Schaffung einer Ombudsperson dürften in diesem Bereich vorstellbare Vorteile überwiegen. 5.3. Beschwerdestellen im Zusammenhang mit transnationalen Unternehmen Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland, die von transnational tätigen deutschen Unternehmen und deren lokalen Partnern zu verantworten sind, finden in ihren Herkunftsländern nicht unbedingt funktionierende rechtsstaatliche Strukturen, in denen sie Rechtsschutz und Wiedergutmachung erlangen könnten. Eine Zuständigkeit deutscher Gerichte ist oft nicht gegeben . Der Zugang zur Justiz ist daher in Fällen, in denen Betroffene einen Menschenrechtsverstoß im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines deutschen Unternehmens im Ausland behaupten, oft erheblich erschwert.106 Das Forum Menschenrechte regt daher an, in allen deutschen Auslandsvertretungen menschenrechtliche Kontaktstellen zu schaffen bzw. auszubauen.107 5.4. Unabhängige Polizeibeschwerdestellen Immer wieder gibt es in Deutschland Berichte über Fälle, in denen Menschen behaupten, Opfer von Polizeigewalt geworden zu sein und keinen Rechtsschutz erlangt zu haben.108 Die Vorwürfe betreffen in diesen Fällen vor allem Umfang und Intensität der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Im Raum stehen oftmals Anschuldigungen, die Staatsanwaltschaft decke das Verhalten der Polizisten .109 106 Amnesty International Report 2017/2018, S. 23, https://www.amnesty.org/download/Documents /POL1067002018GERMAN.PDF . 107 Forum Menschenrechte, Forderungskatalog zur Wahl des Deutschen Bundestages, September 2017, https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2017/04/Forderungskatalog-FMR_2017_web.pdf , S. 15. 108 Vgl. statt vieler DLF, Fehlverhalten von Beamten: Wenn Polizisten das staatliche Gewaltmonopol missbrauchen, Sendung vom 10.10.2018, https://www.deutschlandfunk.de/fehlverhalten-von-beamten-wenn-polizisten-dasstaatliche .1773.de.html?dram%3Aarticle_id=430143 . 109 Unter Hinweis auf Interessenkonflikte vgl. CAT, Abschließende Bemerkungen 2011,UN-Document CAT/C/DEU/CO/5, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno =CAT/C/DEU/CO/5&Lang=En , Ziff. 19. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 25 Vor diesem Hintergrund wird an Deutschland seit mehreren Jahren herangetragen, unabhängige Beschwerdestellen einzurichten.110 Diese sollen zuständig sein, Vorwürfen der Folter, Diskriminierung und anderer Formen der Misshandlungen durch Polizisten und Strafvollzugsmitarbeiter zu untersuchen.111 Entsprechende Forderungen erheben: - der VN-Menschenrechtsrat (HRC);112 - der VN-Menschenrechtsausschuss (CCPR);113 - der VN-Ausschuss für die Beseitigung der Rassendiskriminierung (CERD);114 - der VN-Ausschuss gegen Folter (CAT);115 - die VN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen;116 - der Menschenrechtskommissars des Europarates;117 und nicht zuletzt - zahlreiche NGO.118 Während einige Bundesländer in den vergangenen Jahren unabhängige und weisungsfreie Beschwerdestellen geschaffen haben, z. B. durch Landespolizeibeauftragte, gibt es nach wie vor 110 Eric Töpfer/Tobias Peter, Unabhängige Polizeibeschwerdestellen: Was kann Deutschland von anderen europäischen Staaten lernen? DIMR 2017, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen /ANALYSE/Analyse_Unabhaengige_Polizeibeschwerdestellen.pdf , S. 8. 111 A.a.O. 112 VN-Menschenrechtsrat, UPR 2018, UN-Document A/HRC/39/9, https://documents-dds-ny.un.org/doc/UN- DOC/GEN/G18/210/76/PDF/G1821076.pdf?OpenElement , Rz. 155.80 und passim (155). 113 CCPR, Abschließende Beobachtung Nr. 6, 2012, UN-Document CCPR/DEU/CO/6, https://tbinternet.ohchr .org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CCPR/C/DEU/CO/6&Lang=En , Ziff. 10 c. Siehe auch UN-Dokument CCPR/C/DEU/QPR/7 vom 13. August 2018, https://undocs.org/CCPR/C/DEU/QPR/7 , Ziff. 15. 114 CERD, Abschließende Bemerkungen 2015, UN-Document CERD/C/DEU/CO/19-22, https://tbinternet.ohchr .org/_layouts/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CERD/C/DEU/CO/19-22&Lang=En , Ziff. 11 d. 115 CAT, Abschließende Bemerkungen 2011,UN-Document CAT/C/DEU/CO/5, https://tbinternet.ohchr.org/_layouts /treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CAT/C/DEU/CO/5&Lang=En , Ziff. 19. 116 VN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen, UN-Document A/HRC/19/57 Add. 3, https://www.ohchr .org/Documents/HRBodies/HRCouncil/RegularSession/Session19/A.HRC.19.57.Add%203_fr.pdf, Ziff. 68 (b). 117 Menschenrechtskommissars des Europarates, CommDH(2015)20, https://rm.coe.int/ref/CommDH(2015)20 , Rz. 38 ff. 118 Statt vieler: Amnesty International Report 2017/2018, S. 22, https://www.amnesty.org/download /Documents/POL1067002018GERMAN.PDF . Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 26 keine lückenlosen Strukturen auf Landesebene.119 Auch auf Bundesebene existiert bisher keine Polizeibeschwerdestelle. Nach Einschätzung der oben genannten internationalen Gremien zum Schutz der Menschenrechte liegen in der Schaffung unabhängiger Polizeibeschwerdestellen Möglichkeiten, die Menschenrechtsarchitektur in Deutschland zu verbessern. 6. Zusammenfassung Nationale Einrichtungen und Verfahren des Menschenrechtsschutzes sind Teil der deutschen Rechtsordnung, die in ihrer Gesamtheit der Wahrung und Achtung der Menschenrechte verpflichtet ist. Eine isolierte Betrachtung der spezifisch menschenrechtlichen Verfahren und Einrichtungen würde der Bedeutung dieses Kontextes nicht gerecht. Ein effektiver Menschenrechtsschutz fußt letztlich auf der allgemeinen Funktionsfähigkeit von Rechtssetzung, gerichtlicher Rechtsfindung und exekutiver Rechtsdurchsetzung, die ihrerseits von zahlreichen historischen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen abhängen. Vor dem Hintergrund vereinzelter, jedoch nach wie vor bestehender Unzulänglichkeiten der Umsetzung von Menschenrechten in Deutschland regen Menschenrechtsgremien der VN und des Europarates an, die nationalen Einrichtungen und Verfahren des Menschenrechtsschutzes weiterzuentwickeln . Auf der Grundlage der vorliegenden Fragestellung nach Möglichkeiten, die Einrichtungen und Verfahren des Menschenrechtsschutzes in Deutschland zu stärken, sind u.a. folgende Elemente einer verbesserten Menschenrechtsarchitektur in Deutschland vorstellbar: - Eine Verbesserung der Ausstattung des Deutschen Instituts für Menschenrechte mit Sachund Personalmitteln wäre zielführend. Dabei wäre eine weitgehende Überführung von Projektförderung in die institutionelle Grundausstattung in Erwägung zu ziehen, insbesondere im Hinblick auf Tätigkeiten, die gemäß Sachnatur auf Dauer angelegt sind. Gesetzliche Regelungen zur Erweiterung der Ermittlungs-, Kontroll- und Mitwirkungsbefugnisse des DIMR könnten dazu dienen, die Wirksamkeit des Menschenrechtsschutzes durch das Institut zu steigern. Sofern die nationale Umsetzung von Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien politisch gewollt ist, ließen sich die hierzu notwendigen Strukturen im DIMR verankern. - Die Rolle und Funktion der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe könnte institutionell aufgewertet werden, etwa durch Ernennung zu einer weisungsbefugten Staatsministerin. In Betracht käme auch die Ernennung einer 119 Siehe im Einzelnen Eric Töpfer/Tobias Peter, Unabhängige Polizeibeschwerdestellen: Was kann Deutschland von anderen europäischen Staaten lernen? DIMR 2017, https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin /user_upload/Publikationen/ANALYSE/Analyse_Unabhaengige_Polizeibeschwerdestellen.pdf , S. 29 f. (Zum Stand der Entwicklung in Deutschland). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 136/18 Seite 27 Beauftragten des Bundestages für Menschenrechte mit einem eigenen personellen Unterbau , vergleichbar dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages. Dadurch könnte die Beauftragte in den Stand gesetzt werden, die in allen Ministerien anzusiedelnden ressortspezifischen Menschenrechtsbeauftragten wirksam zu koordinieren und somit die Umsetzung internationaler Empfehlungen zu befördern. - Nach Einschätzung internationaler Menschenrechtsgremien ist die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter massiv auszubauen. Notwendig sei dies schon allein um dem Risiko vorzubeugen, dass Deutschland durch ein schlechtes nationales Beispiel internationale Standards senken könnte. Die Frage, welche Ausstattung der Nationale Stelle zur Verhütung von Folter mit Sachmitteln und hauptamtlichen Mitarbeitern als angemessen anzusehen ist, ist auch vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Deutschland in den letzten Jahren wiederholt wegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Freiheitsentziehungen und Festnahmen verurteilt hat. - Bei der Umsetzung des Verbots der Diskriminierung wegen Geschlecht, Behinderung, Alter , Rasse, ethnischer Zugehörigkeit und Religion gibt es in Deutschland noch Defizite. Die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes bedürfte daher eines massiven Ausbaus im Hinblick auf Ressourcen und Befugnisse, wenn den Empfehlungen zahlreicher internationaler Menschenrechtsgremien an Deutschland entsprochen werden soll. Sowohl Ahndung als auch Prävention von Diskriminierung könnte vom Ausbau der Anti-Diskriminierungsstelle profitieren. Zugleich ist in Betracht zu ziehen, dass eine verbesserten Koordination zwischen Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene der Beachtung der international-menschenrechtlichen Diskriminierungsverbote dienlich sein könnte. - Mit der Einrichtung von Ombudsstellen für Kinder und Jugendliche ließen sich Lücken im Rechtsschutz schließen, die sich aus der beschränkten Prozessfähigkeit von Kindern und Jugendlichen ergeben. - Die Schaffung unabhängige Polizeibeschwerdestellen würde dringenden Empfehlungen internationaler Menschenrechtsgremien an Deutschland entsprechen. Bereits vorhandene erfolgreiche Praxisbeispiele aus einzelnen Bundeländern ließen sich flächendeckend auf Bundes- und Landesebene übertragen. ***