WD 2 - 3000 - 124/19 (1. November 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. 1. Das Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) vom 7. Dezember 1944 mit seinen 19 Anhängen – von Deutschland ratifiziert am 9.Mai 19591 und in Kraft getreten am 8.Juni 19562 - dient grundsätzlich der Sicherstellung des internationalen Luftverkehrsbetriebs durch weitgehende Vereinheitlichung technisch-administrativ-organisatorischer Grundregeln. Damit wurde der Grundkonsens eines globalen Luftfahrtrechts auf völkerrechtlicher Basis geschaffen und die ICAO/International Civil Aviation Organization gegründet. Normen und technische Details sind aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Übersichtlichkeit in 19 Anhängen separat erfasst, aber integraler Bestandteil des Abkommens. 2. In der Präambel zum ICAO-Abkommen heißt es, „ … . haben die unterzeichneten Regierungen sich auf gewisse Grundsätze und Übereinkommen geeinigt, damit die internationale Zivilluftfahrt sich sicher und geordnet entwickeln kann, und damit internationale Luftverkehrsdienste auf der Grundlage gleicher Möglichkeiten eingerichtet und gesund und wirtschaftlich betrieben werden können.“ 3. Der Abkommenstext und seine Anlagen enthalten keinen Anknüpfungspunkt dafür, dass die von der Bundesregierung geplante Klimaabgabe auf Flugtickets gegen das Chicagoer-Abkommen verstoßen würde. Selbst wenn ein Preisaufschlag auf Flugtickets im Endeffekt zu einer spürbaren Verringerung internationaler Flüge führen würde, ist hierin kein Verstoß gegen die 1 BGBL. 1956 II, S. 411 2 BGBL. 1956 II, S. 934 Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Vereinbarkeit geplanter Erhöhung der Flugticketsteuer mit Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) Kurzinformation Vereinbarkeit geplanter Erhöhung der Flugticketsteuer mit Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (Chicagoer Abkommen) Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Ziel- und (technischen) Zweckbestimmungen des Chicagoer-Abkommens erkennbar, da die mit der Preiserhöhung eines Flugtickets intendierte Verbesserung des Klimaschutzes letztlich auch zur Sicherstellung des internationalen Luftverkehrsbetriebs beitragen würde. Ein Recht auf Beibehaltung einer günstigen Kostenstruktur einer internationalen Luftfahrtlinie trotz erheblicher Umweltschädigung lässt sich aus dem Chicagoer Abkommen nicht ableiten. Da die Erhebung der geplanten Klima-Abgabe zudem unterschiedslos für alle in Deutschland tätigen Luftverkehrslinien gelten würde, läge auch keine Diskriminierung vor. 4. Auch keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass die ICAO am 6. Oktober 2016 eine globale, marktbasierte Maßnahme zur Begrenzung der CO2-Emissionen des Internationalen Luftverkehrs verabschiedet hat: das Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA). Dieses sieht eine Kompensation von CO2-Emissionen durch Projektgutschriften (Offsets) und Emissionsberechtigungen aus Emissionshandelssystemen (Emissionsberechtigungen ) vor, um ein CO2-neutrales Wachstum des internationalen Luftverkehrs ab dem Jahr 2020 zu erreichen. CORSIA ist Teil eines Maßnahmenpakets, das die ICAO seit 2010 verfolgt, um die CO2-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr ab 2020 stabil zu halten. Als erstes Klimaschutzinstrument ist es ein wichtiger Baustein zum Klimaschutz im Luftverkehr. Bis 2050 soll die vollständige Dekarbonisierung des internationalen Luftverkehrs erreicht werden.3 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Einführung von CORSIA in mehreren Phasen erfolgt und erst ab Phase 2 (2027-2035) für die Teilnehmerstaaten verpflichtend ist. Alle EU-Staaten, somit auch Deutschland, haben eine freiwillige Teilnahme für 2021 bis 2026 zugesagt. Darauf hinzuweisen bleibt jedoch, dass der Luftverkehr nicht nur durch CO2-Emissionen zur Klimaveränderung beiträgt, sondern z. B. auch durch Emissionen von Wasserdampf, Stickstoff- und Schwefelverbindungen. Die geplante Erhöhung der Flugticketsteuer, die generell auf einen breiten Wirkungsbereich zum Klimaschutz abzielt, stellt somit eine im Hinblick auf CORSIA ergänzende Schutzmaßnahme dar und verstößt nicht gegen ICAO-Regeln. 5. Fazit: Der geplanten Erhöhung einer Flugticketsteuer seitens der Bundesregierung steht das Chicagoer Luftverkehrsabkommen nicht entgegen. *** 3 Vgl. https://www.dehst.de/DE/Als-Betreiber-teilnehmen/Luftfahrzeugbetreiber/Corsia/corsia_node.html