© 2019 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 119/19 Rüstungsexportkontrolle bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 2 Rüstungsexportkontrolle bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 119/19 Abschluss der Arbeit: 12. November 2019 (zugleich letzter Zugriff auf Internetquellen) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Nationale Rechtsräume und extraterritoriale Anwendung nationaler Vorschriften 5 3. Kontrolle des grenzüberschreitenden Technologietransfers 6 4. Auslandsgeschäfte unter Genehmigungsvorbehalt 7 5. Kontrolle der technisch-personellen Unterstützung ausländischer Rüstungsproduktion 7 6. Rüstungsexportpraxis der Bundesregierung 8 7. Parlamentarisches Fragerecht hinsichtlich multinationaler Rüstungsprojekte 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 4 1. Einführung Die „Internationalisierung“ der Rüstungsproduktion – d.h. vor allem die internationale Kooperation im Rüstungsbereich – stellt das nationale Export-Kontrollregime vor neue Herausforderungen . Die Frage, ob und inwieweit nationale Kontrollvorschriften hinsichtlich des Exports von Rüstungsgütern „umgangen“ werden könnten, wenn Rüstungsgüter nicht von deutschen Firmen im Inland, sondern mit deutscher Hilfe – also mit technischer und/oder personeller Unterstützung – von Tochterfirmen bzw. joint ventures im Ausland produziert und von dort in Drittländer weiter exportiert werden, ist in den Medien und im parlamentarischen Raum immer wieder diskutiert worden.1 In Frage stehen etwaige rechtliche bzw. faktische Kontrolldefizite sowie die – extraterritorial erweiterte – Anwendung nationaler Kontrollvorschriften bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Bereich der Rüstungsproduktion. Im Folgenden soll die Rechtslage bei grenzüberschreitenden Sachverhalten im Bereich der internationalen Rüstungskooperation überblicksartig dargestellt werden. Ausgangspunkt der Analyse ist die Abgrenzung nationaler Rechtsräume sowie die begrenzte Möglichkeit einer extraterritorialen Anwendung nationaler Vorschriften (dazu 2.). Das deutsche Rüstungsexportkontrollrecht gilt nicht für ausländische Rüstungsunternehmen und vermag den Aufbau einer Produktionsstätte im Ausland auch nicht zu verhindern. Dies wäre mit Blick auf die grundrechtlich geschützte Investitions- und Außenwirtschaftsfreiheit (vgl. Art. 12 GG und Art. 14 GG) bzw. die EU-Freizügigkeit verfassungs- und europarechtlich auch gar nicht möglich. Gleichwohl vermag das deutsche Rüstungsexportregime den möglichen Aufbau von Rüstungsproduktionsstätten im Ausland im Ergebnis rechtlich wirksam einzuhegen: So bestehen etwa Vorschriften zur Reglementierung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Technologietransfers (dazu 3.). Überdies kennt das deutsche Rüstungsexportrecht Regelungen für Auslandsgeschäfte (dazu 4.). Zudem existieren Kontrollvorschriften betreffend die technisch-personelle Unterstützung von ausländischer Rüstungsproduktion (dazu 5.). Erweitert wurden schließlich die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ (dazu 6.). Abschließend soll kurz beleuchtet werden, ob und inwieweit das parlamentarische Fragerecht im Hinblick auf multinationale Rüstungsprojekte beschränkt ist (dazu 7.). 1 DW vom 5. Dezember 2018, „Waffen für die Welt – wie funktionieren deutsche Rüstungsexporte?“, https://www.dw.com/de/waffen-f%C3%BCr-die-welt-wie-funktionieren-deutsche-r%C3%BCstungsexporte/a- 46579187. Interview mit dem Abgeordneten Stefan Liebich, https://www.stefanliebich .de/de/article/5148.regierungsversagen-bei-r%C3%BCstungsexporten.html. In diese Richtung auch die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, „Die Internationalisierung der Rüstungsproduktion , Rheinmetall und der Jemenkrieg“, BT-Drs. 19/13424 vom 18. Oktober 2019, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/134/1913424.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 5 2. Nationale Rechtsräume und extraterritoriale Anwendung nationaler Vorschriften Der völkerrechtliche Souveränitätsgrundsatz setzt der (nationalen) Rüstungsexportkontrolle im Bereich der internationalen Rüstungsproduktion gewisse Grenzen. In den einzelnen Staaten herrschen unterschiedliche Exportkontrollregime,2 denen sich ein Unternehmen durch Verlagerung seines Sitzes ins Ausland entziehen kann. Die wissenschaftlichen Dienste haben die Möglichkeit der Verschärfung nationaler Regelungen für den Fall einer etwaigen Gründung von Unternehmenseinheiten im Ausland untersucht.3 Tochterunternehmen von deutschen Rüstungskonzernen, die im Ausland ansässig sind und deutschem Recht unterliegen, existieren jedoch in der Praxis – soweit ersichtlich – nicht. Unternehmensrechtlich ist nämlich stets zu prüfen, nach welchem Recht sich ein Tochterunternehmen im Ausland tatsächlich niedergelassen hat. Regelmäßig handelt es sich um das Recht des Auslandes. So ist etwa das Unternehmen Rheinmetall Italia S.p.A.4 als Teil der Rheinmetall Defence Gruppe – ungeachtet der Namensgleichheit mit dem deutschen Konzern Rheinmetall AG – ein eigenständiges Unternehmen nach italienischem Recht, deren Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte in Drittländer allein den entsprechenden italienischen Rüstungsexportvorschriften unterliegt. Die Auslandserstreckung nationaler Exportkontrollvorschriften über den räumlichen Geltungsbereich des Staates hinaus – also deren extraterritoriale Anwendung – ist nur in engen Grenzen völkerrechtlich zulässig. Dazu bedarf es seit der sog. Lotus-Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs5 eines nationalen Anknüpfungspunktes (sog. genuine link, also eines Inlandsbezuges).6 2 Dabei orientiert sich die Exportkontrollgesetzgebung in den EU-Mitgliedstaaten an den gemeinsamen EU-Regeln (insb. Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern; Dual-Use-Verordnung (EG) Nr. 428/2009) – vgl. dazu Gutachten WD 2 - 3000 - 158/18 vom 21. November 2018, „Vergleich der Rüstungsexportgrundsätze der Bundesregierung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten“, https://www.bundestag.de/resource/blob/586192/721738d3f205b2eba6986749bc818620/WD-2-158-18-pdfdata .pdf. Für viele andere Staaten sind gemeinsame Exportstandards durch das sog. Wassenaar-Arrangement von 1995 (ehem. COCOM-Liste für militärisch sensible Güter) begründet worden. 3 Gutachten WD 3 - 3000 - 183/17 und WD 2 - 3000 - 082/17 vom 27. September 2017, „Zu einer künftigen Genehmigungspflicht für die Gründung ausländischer Unternehmenseinheiten im Bereich der Rüstung“, https://www.bundestag.de/resource/blob/531968/6e5cf75c7a041909359a7de8ec73f9dd/wd-3-183-17-pdfdata .pdf. 4 Vgl. die Homepage des Unternehmens, https://www.rheinmetalldefence .com/de/rheinmetall_defence/company/divisions_and_subsidiaries/rheinmetall_italia/index.php. 5 PCIJ, Serie A, No. 10 (1927), S. 18 f. Vgl. dazu näher Epping, in: Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, München: Beck, 7. Aufl. 2018, § 7 Rdnr. 71. 6 Vgl. näher Fink, in: Huber/Voßkuhle (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar (begründet von v.Mangoldt/Klein/ Starck), Band 2, München: Beck, 7. Aufl. 2018, Art. 26 Rdnr. 70. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 6 Das universelle Schutzgut von Art. 26 Abs. 1 GG – das friedliche Zusammenleben der Völker – vermag bestimmte Handlungen von deutschen Staatsbürgern im Ausland dem deutschen Kriegswaffenkontrollrecht zu unterwerfen.7 Anknüpfungspunkt ist dabei die Personalhoheit der Bundesrepublik Deutschland.8 Darüber hinaus ist aber eine generelle Erstreckung des Genehmigungsvorbehaltes für Rüstungsexporte nach Art. 26 Abs. 2 GG9 auf ganz im Ausland verwirklichte Sachverhalte nicht möglich10 – der räumliche Geltungsbereich des Grundgesetzes erstreckt sich allein auf das Bundesgebiet.11 Entsprechende nationale Gesetze, welche reine Auslandssachverhalte regeln wollten, wären völkerrechtswidrig. 3. Kontrolle des grenzüberschreitenden Technologietransfers Das auf Art. 26 Abs. 2 GG beruhende Rüstungsexportkontrollregime ist nicht allein objektbezogen , bezieht sich also nicht nur auf Kriegswaffen.12 Von der Exportkontrolle umfasst ist auch die Rüstungstechnologie,13 soweit sich diese in Form von Bauplänen, Datensätzen, Herstelleranleitungen , Handbüchern, USB-Sticks u.a.m. „verkörpert“ hat. § 8 Abs. 3 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) bestimmt:14 „Die Ausfuhr von Software und Technologie ist (…) stets genehmigungspflichtig .“ Nähere Informationen finden sich in dem Leitfaden zum „Technologietransfer und Non- Proliferation, herausgegeben vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).15 7 Wollenschläger, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Bd. II, Tübingen: Mohr, 3. Aufl. 2015, Art. 26 Rdnr. 44. 8 Streinz, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, München: Beck, 8. Aufl. 2018, Art. 26 Rdnr. 44. 9 Art. 26 Abs. 2 GG lautet: „Zur Kriegführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ 10 Herdegen, in: Maunz/Dürig/Herzog (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, München: Beck, Losebl., 81. Lfg. (Sept. 2017), Art. 26 Rdnr. 72. Epping, Volker, Grundgesetz und Kriegswaffenkontrolle, 1993, S. 140 ff. Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz, Kommentar, Köln, 2. Aufl. 1994, § 2 KWKG, Rdnr. 38 f. m.w.N. 11 Jarass/Pieroth, Grundgesetz. Kommentar, München: Beck, 15. Aufl. 2018, Präambel, Rdnr. 8. 12 Streinz, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, München: Beck, 8. Aufl. 2018, Art. 26 Rdnr. 44. 13 Technologie ist Teil der Ausfuhrliste im Annex zur AWV. 14 Außenwirtschaftsverordnung vom 2. August 2013 (BGBl. I, S. 2865). 15 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), „Technologietransfer und Non-Proliferation. Leitfaden für Industrie und Wissenschaft“ (Stand: Juni 2016), file://na07-jkh-fs01/u_daten$/wd2- 3/Dokumente/afk_merkblatt_technologietransfer.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 7 4. Auslandsgeschäfte unter Genehmigungsvorbehalt Das Rüstungsexportkontrollrecht sieht zudem Regelungen vor, welche Auslandsgeschäfte deutscher Unternehmen mit Kriegswaffen, die sich bereits im Ausland befinden, unter Genehmigungsvorbehalt stellen. So regelt § 47 AWV die Genehmigungserfordernisse für Handels- und Vermittlungsgeschäfte in einem Drittland. § 4a des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KrWaffKontrG)16 regelt die sog. Auslandsgeschäfte: „(1) Wer einen Vertrag über den Erwerb oder das Überlassen von Kriegswaffen, die sich außerhalb des Bundesgebietes befinden, vermitteln oder die Gelegenheit zum Abschluss eines solchen Vertrags nachweisen will, bedarf der Genehmigung. (2) Einer Genehmigung bedarf auch, wer einen Vertrag über das Überlassen von Kriegswaffen, die sich außerhalb des Bundesgebietes befinden, abschließen will. Will ein deutsches Unternehmen zusammen mit einem ausländischen Partner eine gemeinsam entwickelte Kriegswaffe vermarkten, so liegt eine Vermittlung i.S.d. § 4a KrWaffKontrG bereits dann vor, wenn sich das deutsche Unternehmen aktiv in die Vertragsverhandlungen mit dem potentiellen ausländischen Kunden einschaltet.17 5. Kontrolle der technisch-personellen Unterstützung ausländischer Rüstungsproduktion Neben der Kontrolle des Technologietransfers ins Ausland und der Genehmigung von Auslandsgeschäften regelt das deutsche Rüstungsexportrecht die Kontrolle der technischen Unterstützung ausländischer Rüstungsproduktion. § 50 AWV sieht vor: „(1) Technische Unterstützung in Drittländern durch einen Deutschen oder einen Inländer, (…), bedarf der Genehmigung, wenn der Deutsche oder der Inländer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) darüber unterrichtet worden ist, dass die technische Unterstützung im Zusammenhang mit einer militärischen Endverwendung steht (…). „(2) Ist einem Deutschen oder einem Inländer bekannt, dass technische Unterstützung, die er in einem Drittland erbringen will, für einen in Absatz 1 genannten Zweck bestimmt ist, so hat er das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu unterrichten. Dieses entscheidet, ob die technische Unterstützung genehmigungspflichtig ist. Die technische Unterstützung darf erst erbracht werden, wenn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die technische Unterstützung genehmigt hat oder entschieden hat, dass sie keiner Genehmigung bedarf.“ 16 Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I, S. 2506), Ausführungsgesetz zu Artikel 26 Abs. 2 des Grundgesetzes, https://www.gesetze-iminternet .de/krwaffkontrg/index.html#BJNR004440961BJNE001002377. 17 Pottmeyer, Klaus, Kriegswaffenkontrollgesetz, Kommentar, Köln, 2. Aufl. 1994, § 4a Rdnr. 27b. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 8 Die personelle Unterstützung der ausländischen Rüstungsproduktion durch deutsche Fachkräfte/ Rüstungsexporteure und der damit verbundene Wissenstransfer ins Ausland lassen sich letztlich nicht lückenlos kontrollieren. Eine solche Kontrolle wäre indes rechtlich auch nicht gewollt. Dem entgegenstehen insbesondere die Grundrechte bzw. die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU-Mitgliedstaaten. Der Wechsel deutscher Fachkräfte in die ausländische Rüstungsproduktion und der damit verbundene Wissenstransfer ins Ausland lassen sich aber ggf. durch Vertrauensschutz - bzw. Geheimschutzklauseln in den Arbeitsverträgen arbeitsrechtlich abfedern. 6. Rüstungsexportpraxis der Bundesregierung Die Bundesregierung hat im Juni 2019 die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“18 erweitert.19 Die Grundsätze sind im parlamentarischen Raum eingehend diskutiert worden20 Dort heißt es unter Nr. 6: „Vor der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für Technologie ist zu prüfen, ob hierdurch der Aufbau von ausländischer Rüstungsproduktion ermöglicht wird, die nicht im Einklang mit der in diesen Grundsätzen niedergelegten restriktiven Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung steht. Dabei behält sich die Bundesregierung vor, einen Re-Exportvorbehalt für Ausfuhren von mit Hilfe exportierter Technologie hergestellten Gütern festzulegen.“ Kommt die Bundesregierung zu der Einschätzung, dass diese Gefahr besteht, kann sie einen Re-Exportvorbehalt für die mit deutscher Technologie hergestellten Rüstungsgüter geltend machen. Die Politischen Grundsätze sind jedoch insgesamt weich formuliert („grundsätzlich“, „kann“, „behält sich vor“), so dass sich die Bundesregierung letztendlich zu nichts wirklich Konkretem rechtlich verpflichtet. Hier werden erst Umsetzung und Anwendungspraxis zeigen, wie die Bundesregierung die erweiterten Politischen Grundsätze auslegt.21 18 „Politische Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“, neue Fassung vom 26. Juni 2019, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/P-R/politische-grundsaetzefuer -den-export-von-kriegswaffen-und-sonstigen-ruestungsguetern.pdf?__blob=publicationFile&v=4. 19 DW vom 26. Juni 2019, „Regierung verschärft Grundsätze für Rüstungsexporte“, https://www.dw.com/de/regierung-versch%C3%A4rft-grunds%C3%A4tze-f%C3%BCrr %C3%BCstungsexporte/a-49361676. Bei Lichte betrachtet handelt es sich eher um eine Klarstellung dessen, was auch vorher schon verordnungsrechtlich galt. 20 Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drs. 19/12473 vom 16.8.2019, „Die neuen Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung“, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/124/1912473.pdf. 21 So Simone Wisotzki / Max Mutschler, „Sind die überarbeiteten Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern tatsächlich ´restriktiver`?“, Peace Research Institut Frankfurt / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, PRIF blog 4. Juli 2019, https://blog.prif.org/2019/07/04/sind-die-ueberarbeiteten-politischen-grundsaetze-der-bundesregierung-fuerden -export-von-kriegswaffen-und-sonstigen-ruestungsguetern-tatsaechlich-restriktiver/. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 119/19 Seite 9 7. Parlamentarisches Fragerecht hinsichtlich multinationaler Rüstungsprojekte Anhaltspunkte dafür, dass die Reichweite des parlamentarischen Fragerechts, das durch die Rechtsprechung des BVerfG vom 21. Oktober 2014 konkretisiert und konturiert worden ist,22 grundsätzlich anders zu beurteilen ist, wenn das deutsche Rüstungsgut darüber hinaus Teil eines multinationalen Rüstungsprojekts (joint venture) ist, bestehen nicht. Im Einzelfall kommt es für die Reichweite des parlamentarischen Fragerechts allerdings auf eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Abgeordneten einerseits und dem Geheimhaltungsinteressen zum Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung, des Staatswohls bzw. der Grundrechte Dritter andererseits an. Hiernach erscheint es nicht ausgeschlossen , dass beim Export von Rüstungsgütern für multinationale Rüstungsprojekte im Einzelfall besondere Geheimhaltungsinteressen bestehen, die eine weitere Einschränkung des parlamentarischen Fragerechts rechtfertigen. Die Bundesregierung unterliegt aber einer Begründungspflicht , wenn sie Informationen über die „Generalia des Exportgeschäfts“ verweigern will.23 *** 22 BVerfGE 137, 185. Urteil des Zweiten Senats vom 21. Oktober 2014, - 2 BvE 5/11 - https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/10/es20141021_2bve000511.h tml. 23 BVerfGE 137, 185 (267).