SACHSTAND Thema: Der Konflikt um das iranische Atomprogramm Fachbereich II Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Tel.: Verfasser: Abschluss der Arbeit: 22. September 2005 Reg.-Nr.: 112/05 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Die Anfänge des iranischen Atomprogramms 3 2. Ursprünge des internationalen Konflikts 3 3. Die Atomfrage im Kontext der europäischen und amerikanischen Iranpolitik 4 4. Die Verhandlungen der Europäischen Union mit Iran 7 5. Aktuelle Entwicklungen 8 - 3 - 1. Die Anfänge des iranischen Atomprogramms Die Anfänge der iranischen Kernenergiepolitik reichen bis in die fünfziger Jahre zurück, als mit Unterstützung des Westens, insbesondere der USA, erste Schritte zu einem groß angelegten Programm zur nuklearen Energieerzeugung unternommen wurden (Thränert 2003: 7). Ein im Jahre 1974 begonnener Bau von Leichtwasserreaktoren in Bushehr konnte jedoch bis heute nicht fertig gestellt werden, weil der Westen nach der iranischen Revolution 1979 seine Unterstützung für das Atomprogramm einstellte und weil die Anlagen während des Krieges zwischen Irak und Iran 1987/88 stark beschädigt wurden (Riecke 2002: 180; Cordesman 2002: 28). Bis Anfang 2006 soll der Bau nun mit russischer Hilfe vollendet werden (Thränert 2005: 24). Von den Leichtwasserreaktoren geht keine militärische Gefahr aus, solange sie lediglich zur Stromerzeugung eingesetzt werden und unter Kontrolle der IAEO (Internationale Atomenergie- Organisation) stehen (Thränert 2003: 9). Im Jahre 1968 ist Iran dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) beigetreten, der das Land verpflichtet, die Herstellung, den Erwerb und die Verbreitung von Kernwaffen zu unterlassen und Kernenergie ausschließlich für friedliche Zwecke zu nutzen. Die Einhaltung dieses Vertrages wird von der IAEO durch die Kontrolle atomaren Materials und nuklearer Anlagen überwacht (Meier 2005: 57). Im Mai 1974 hat Iran mit der IAEO darüber hinaus ein Abkommen über umfassende Sicherungsmaßnahmen abgeschlossen, das ausschließen soll, dass nuklearer Brennstoff im Iran für militärische Zwecke genutzt werden kann (Meier 2004: 1). 2. Ursprünge des internationalen Konflikts Erste Hinweise auf ein militärisch orientiertes Nuklearprogramm Irans lieferte eine iranische Exiloppositionsgruppe, die im August 2002 auf einer Pressekonferenz in Washington erklärte, dass Iran neue Anlagen zur Urananreicherung in Betrieb genommen habe, ohne die IAEO zu informieren (Reissner 2003: 18). Diese Behauptung wurde noch im selben Jahr durch Satellitenaufnahmen von den bis dahin geheim gehaltenen iranischen Atomforschungszentren Natanz und Arak belegt (Albright/Hinderstein 2002: 1). In einer Erklärung vom 9. Februar 2003 gab dann der iranische Präsident Khatami öffentlich zu, dass Iran an einem Nuklearprogramm arbeite, bei dem auch hoch angerei- - 4 - chertes Uran produziert werden solle (Reissner 2003: 18). Bei einer Inspektion der Anlage Natanz durch die IAEO Ende Februar 2003 stellte sich heraus, dass Iran tatsächlich in der Lage ist, nukleare Vorprodukte für die Herstellung von Atomwaffensprengstoff zu erzeugen (Meier 2005: 54). Zudem wird in der Anlage in der Nähe der Stadt Arak bekanntermaßen Schwerwasser hergestellt, welches für die Herstellung von Waffenplutonium geeignet ist, aber nur einen geringen energiewirtschaftlichen Nutzen besitzt (Müller 2003: 7). Schließlich investierte die iranische Regierung über Jahre hinweg in ein aufwendiges Raketenprogramm, das nach Expertenansicht nur im Zusammenhang mit einem Atomwaffenprojekt militärisch effektiv ist (Thränert 2005: 25). In den USA, aber auch in Europa hegt man seit längerem den Verdacht, dass Iran heimlich Forschung zur Entwicklung der Atombombe betreiben und in den nicht gemeldeten Anlagen Atomwaffensprengstoff herstellen könnte (Eberle 2004: 8). Es sei denkbar, dass Iran, sobald es die Technologie zum Bau der Atombombe beherrsche, den Atomwaffensperrvertrag kündigen und die internationalen Inspektoren des Landes verweisen könnte (Sokolski 2005: 54; Thränert 2005: 25). Dagegen bestreitet Teheran bis heute vehement, Atomwaffen herstellen zu wollen (Meier 2004: 1). Mit der Schließung des nuklearen Brennstoffkreislaufes solle lediglich eine größere Unabhängigkeit vom Öl erreicht werden (Meier 2005: 55). Iran mache somit nur von seinem durch den Atomwaffensperrvertrag verbrieften Recht der friedlichen Nutzung der Kernenergie Gebrauch (Reissner 2005: 2). 3. Die Atomfrage im Kontext der europäischen und US-amerikanischen Iranpolitik Seit der iranischen Revolution im Jahre 1979 zeichnet sich das Verhältnis der westlichen Länder zu Iran durch Wechselhaftigkeit und durch mehr oder minder große Spannungen aus. Die Wahl Khatamis zum iranischen Präsidenten im Jahre 1997 leitete dann vorübergehend eine Phase des Tauwetters ein, in der sowohl von europäischer als auch von US-amerikanischer Seite Schritte zu einer Normalisierung der Beziehungen unternommen wurden. Die USA und Europa verfolgten dabei das gemeinsame Ziel, Iran in den zentralen Fragen der Herstellung von Massenvernichtungswaffen, der Anerkennung Israels, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der Menschenrechte zu Zugeständnissen zu bewegen. Strategisch setzen die USA allerdings weiterhin vor allem - 5 - auf die Anwendung von Druckmitteln, während man in Europa eher eine Politik des Dialoges verfolgt (Reissner 2003: 25). Diese Unterschiede kommen auch in der Frage des Umgangs mit der iranischen Atompolitik zum Tragen. Mit Beginn der Tauwetterperiode verbesserten sich die europäisch-iranischen Beziehungen sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf politischem Gebiet. Seit Ende der neunziger Jahre ist ein rascher, bis heute anhaltender Anstieg des Handelsvolumens zwischen EU und Iran zu verzeichnen, und im Frühjahr 1998 wurde ein politischer Dialog zwischen der EU, repräsentiert durch Großbritannien, Frankreich und Deutschland (EU-3), und Iran aufgenommen, der auch Menschenrechts- und sicherheitspolitische Fragen umfasste (Reissner 2003: 26). Getragen vom eigenen Interesse an Energiesicherheit und an regionaler Stabilität wollen die Europäer zur internationalen und regionalen Integration Irans auch auf sicherheitspolitischer Ebene beitragen (Reissner 2005: 1). Einen qualitativ neuen Schritt in der Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen beinhalteten dann die am 12. Dezember 2002 aufgenommenen europäischiranischen Verhandlungen über ein Handels- und Kooperationsabkommen. Die europäische Erwartung eines iranischen Entgegenkommens in den Bereichen Massenvernichtungswaffen , Anerkennung Israels und Menschenrechte führte aber in Iran bereits zu deutlich ablehnenden Reaktionen und letztlich zu einer Unterbrechung der Verhandlungen (Reissner 2003: 27; 2004: 7). Bezüglich der iranischen Atompolitik forderte der Rat der EU bereits im Jahre 2002 eine enge Kooperation Irans mit der IAEO und sprach sich im Falle nicht kooperativen Verhaltens letztlich auch für die Verhängung von Sanktionen durch die VN aus (Reissner 2003: 28). Konkret verlangt die Europäische Union seitdem eine „objektive Garantie “ Teherans, die den Gebrauch der Anlagen zur Atomwaffenproduktion definitiv ausschließt (Cirincione 2005: 66). Iran soll dazu bewegt werden, auf die Anreicherung von Uran und die Wiederaufbereitung von Plutonium dauerhaft zu verzichten (Rudolf 2005: 2). Zur Umsetzung dieser Vorstellungen hat die EU-3 gegenüber Iran bislang eine Politik der positiven, vor allem wirtschaftlichen Anreize verfolgt (Thränert 2004: 2). Zum einen wollen die Europäer im Gegenzug zu einem Verzicht Teherans auf die Urananreicherung Iran bei der zivilen Nutzung der Kernenergie unterstützen (Eberle 2004: 1). Zum anderen soll Iran durch Handels- und Kooperationsabkommen wirtschaftlich und politisch stärker in die internationale Gemeinschaft eingebunden werden - 6 - (Reissner 2003: 27). Darüber hinaus wurde Teheran Ende Mai 2005 die Tür zu Beitrittsverhandlungen mit der Welthandelsorganisation (WHO) geöffnet, nachdem die USA ihren Widerstand gegen die Aufnahme Irans aufgegeben hatten (SZ vom 27.05.2005). In den USA betrachtet man das iranische Regime vor allem als politischen Unsicherheitsfaktor , der die Region zu destabilisieren droht. Seit der iranischen Revolution von 1979 verfolgt die amerikanische Regierung daher gegenüber dem Land grundsätzlich eine Politik der Eindämmung. Mitte der neunziger Jahre wurde diese Politik sogar noch einmal durch eine Verschärfung von Sanktionen gegenüber Iran unterstrichen. Ebenso wie die Europäer vollzog die amerikanische Regierung nach der Wahl Khatamis zum Präsidenten dann einen politischen Schwenk. Mitte 1998 bekundete die Clinton- Regierung die Bereitschaft, sich auf einen Prozess paralleler vertrauensbildender Maßnahmen mit dem Ziel einzulassen, eine Road Map für die Normalisierung der Beziehungen zu entwickeln (Rudolf 2004: 2). Präsident Bush vollzog jedoch eine Abkehr von dieser Politik und rechnete bereits Anfang 2002 Iran der so genannten „Achse des Bösen “ zu (Reissner 2003:16). Im Gefolge der 2002 gewonnenen Erkenntnisse über das Ausmaß der iranischen Nuklearprogramme machten die USA deutlich, dass sie den Bau iranischer Nuklearwaffen nicht tolerieren würden. Als mögliche Gegenmaßnahmen wurde auch die Anwendung militärischer Gewalt nicht ausgeschlossen (Rudolf 2004: 3). Maßgebliche Kräfte in der US-Regierung befürworten eine schärfere Gangart gegenüber Iran, ihnen ist es aber bislang nicht gelungen, die Politik der Bush-Administration ausdrücklich auf das Ziel des Regimewandels festzulegen (Rudolf 2004: 4). Bislang konnten sich aber auch die Befürworter einer begrenzten Annäherung an Iran nicht mit ihrer Auffassung durchsetzen . Im Ergebnis blieb die Iranpolitik fast vollständig den Europäern überlassen (Rudolf 2005: 1). Deren Dialogstrategie gegenüber Iran wurde jedoch in den USA lange Zeit mit Skepsis verfolgt (FAZ vom 10.08.2005). Durch die Meldungen über das neue nukleare iranische Rüstungsprogramm sah man sich in den USA in seiner Haltung, das iranische Regime vor allem durch Druck zur Abkehr von seiner Atompolitik zu bewegen, bestärkt (Rudolf 2004: 3). Die europäische Forderungen nach einem aktiven Engagement der Amerikaner im iranischen Atomkonflikt und einer Unterstützung der europäischen Verhandlungen sowie die Führung eines politischen Dialoges mit dem Iran wurden - 7 - deshalb abgelehnt (Rudolf 2005: 1). Die US- Regierung befürchtete, dass die Verhandlungen mit Teheran eine trügerische Sicherheit vermitteln könnten, während Iran sein Atomprogramm weiterhin ungestört vorantreibe (Rudolf 2005: 2). Allerdings hat Präsident Bush die amerikanische Position dann während seiner Europareise im Februar 2005 modifiziert (NZZ vom 01.03.2005). Im Gegenzug erklärten sich die Europäer bereit, im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen mit Iran amerikanische Bemühungen um eine Überweisung des Konfliktes an den VN-Sicherheitsrat zu unterstützen (SZ vom 12.03.2005). 4. Die Verhandlungen der Europäischen Union mit Iran Die Bilanz der bisherigen Verhandlungen zwischen der EU und Iran über das Atomprogramm fällt wechselhaft aus. Im Oktober 2003 gelang es der EU, mit Iran das so genannte „Teheraner Abkommen“ zu schließen, in dem Iran einwilligte, seine als kritisch bewerteten Aktivitäten im Bereich der Atomforschung und der Urananreicherung zu unterlassen1. Außerdem unterzeichnete Iran am 18. Dezember 2003 ein Zusatzprotokoll zu seinem Sicherungsabkommen mit der IAEO, in welchem der IAEO ausdrücklich gestattet wird, auch die bisher geheim gehaltenen Anlagen zu inspizieren (Handelsblatt vom 19.12.2003). Im Juni 2004 nahm Teheran jedoch die Produktion von Gasultrazentrifugen und Uranhexaflorid wieder auf (Eberle 2004: 1). Daraufhin wurde im September 2004 der Generaldirektor der IAEO durch Beschluss des Gouverneursrates aufgefordert, bis November desselben Jahres einen umfassenden Bericht über die Zusammenarbeit mit Iran vorzulegen (FAZ vom 18.09.2004). Auf dessen Grundlage sollte über eine Überweisung des Falles an den VN-Sicherheitsrat entschieden werden (FAZ vom 18.09.2004). Durch einen erneuten Kompromiss zwischen Iran und der EU konnte die Entscheidung über eine Verweisung an den VN- Sicherheitsrat jedoch abgewendet werden (Thränert 2005: 27). Am 15. November 2004 wurde das so genannte „Pariser Abkommen“ zwischen der EU und Iran geschlossen, in dem Iran zusichert, seine entsprechenden Aktivitäten so lange auszusetzen, wie die politischen Gespräche mit den EU-3 über eine 1 Englischer Originaltext und deutsche Übersetzung unter: http://www.auswaertiges-amt.de (Stand: 05.09.2005). - 8 - langfristige Lösung andauern2. Verbunden war dies mit dem Angebot der EU, über nukleare, politische und sicherheitspolitische Fragen sowie über einen Ausbau der wirtschaftlichen und technologischen Kooperation zu verhandeln (FAZ vom 16.11.2004). Auf der Grundlage des Pariser Abkommens entwickelten die EU-3 konkrete Vorschläge, die der iranischen Seite am 5. August 2005 unterbreitet wurden. Sofern Iran der zentralen europäischen Forderung nachkommt, keine eigenständige Urananreicherung zu betreiben, sichert die EU zu, das Land bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie technologisch zu unterstützen (FAZ vom 10.08.2005). 5. Aktuelle Entwicklungen Am 8. August 2005 teilte die iranische Atomenergiebehörde in Teheran mit, dass man den umstrittenen Betrieb der Urankonversionsanlage in Isfahan wieder aufgenommen habe (Das Parlament vom 22./29.08.2005: 18). Zugleich lehnte die iranische Regierung das Verhandlungsangebot der EU-3 vom 5. August 2005 ab (FAZ vom 09.08.2005). Aus Teheran verlautete, die EU-3 Vorschläge seien inakzeptabel und verletzten das Recht Irans auf eine eigenständige Urananreicherung (SZ vom 08.08.2005). Daraufhin wurde auf Antrag der EU eine Sondersitzung des Gouverneursrates der IAEO in Wien einberufen, bei der es um das weitere Vorgehen in dem Konflikt ging (FAZ vom 10.08.2005.). In einem gemeinsamen Schreiben drohten die drei europäischen Verhandlungspartner Iran mit dem Abbruch der Gespräche und kündigten an, sich im Gouverneursrat der IAEO für eine Überweisung des Falles an den VN-Sicherheitsrat einzusetzen (Das Parlament vom 22./29.08.2005). Die am 11. August einstimmig verabschiedete Resolution des Gouverneursrats der IAEO enthielt allerdings noch keinen Beschluss über ein solches Vorgehen (SZ vom 12.08.2005). Stattdessen wurde Iran aufgefordert, die Urankonversion sowie jegliche Form der Urananreicherung einzustellen und die Anlage in Isfahan wieder durch die IAEO versiegeln zu lassen (FAZ vom 12.08.2005). Am 3. September hat der Präsident der IAEO, Mohammed El Baradei, einen Bericht darüber vorgelegt, inwieweit Iran diesen Vorgaben nachgekommen ist. Darin wird Iran zwar vorgeworfen, die Urankonversion in Isfahan wieder aufgenommen und in unzureichender Weise mit der IAEO 2 Der Originaltext der Erklärung ist auf der Internetseite des britischen Außenministeriums abrufbar: (http.//www.fco.gov.uk/Files/KFile/Cm6443.pdf) (pp. 154/55). - 9 - kooperiert zu haben. Zugleich wird aber auch festgestellt, dass eine Urananreicherung bisher nicht erfolgt sei und Spuren von hoch angereichertem Uran, welche die Inspektoren an iranischen Zentrifugen zur Urananreicherung entdeckt hatten, auf pakistanische Ursprünge zurückzuführen seien (SZ vom 12.08.2005; NZZ vom 05.09.2005). Gleichwohl besteht in den USA ebenso wie in Europa weiterhin die Sorge, dass Iran sein Atomwaffenprogramm fortsetzt (Handelsblatt vom 29.08.2005; SZ vom 05.09.2005). Nachdem Iran in jüngster Zeit mehrmals bekräftigt hatte, auf die Anreicherung von Uran nicht verzichten zu wollen, wurden die Verhandlungen zwischen der EU-3 und Teheran sowohl in den USA als auch in Europa vorläufig als gescheitert betrachtet (Süddeutsche Zeitung vom 07.09.2005 und vom 12.09.2005; Frankfurter Allgemeine vom 12.09.2005 und vom 19.09.2005). Die Regierungen in Europa und den USA haben seitdem ihre Bemühungen verstärkt, im Gouverneursrat der IAEO einen Beschluss zur Überweisung des Atomstreits mit Iran an den VN-Sicherheitsrat herbeizuführen (Frankfurter Allgemeine vom 02.09.2005). Ein entsprechender Resolutionsentwurf, der dem Sicherheitsrat vorschlägt, Iran dringend aufzufordern, die Anreicherung von Uran wieder auszusetzen und der IAEO Zugang zu iranischen Nukleareinrichtungen zu gewähren , sollte Teheran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegen (Reuters, 20.09.2005). Iran reagierte auf diese Initiativen mit der Drohung, bei einer weiteren Verschärfung des Atomstreits seine Mitgliedschaft im Nichtweiterverbreitungsvertrag auszusetzen (Frankfurter Allgemeine vom 12.09.2005 und vom 21.09.2005). Am 22. September 2005 hat die Europäische Union dann ihre Absicht, den Atomstreit mit Iran vor den VN-Sicherheitsrat zu bringen, vorerst aufgegeben. In den voraus gegangenen viertägigen Verhandlungen im Gouverneursrat der IAEO war deutlich geworden, dass der europäische Resolutionsentwurf insbesondere aufgrund des Widerstandes der drei einflussreichen Staaten Russland, China und Indien keine Mehrheit in dem Gremium finden würde. Da die Besorgnisse der Europäer über das iranische Atomprogramm grundsätzlich von einer großen Zahl von Mitgliedsländern der IAEO geteilt werden, sieht man in Europa jedoch durchaus Chancen, zu einem späteren Zeitpunkt eine Mehrheit für die Überweisung der Streitfrage an den VN-Sicherheitsrat erzielen zu können (Frankfurter Allgemeine vom 23.09.2005). - 10 - Dokumente: „Paris Agreement” between the Islamic Republic of Iran and France, Germany and the United Kingdom, with the support of the High Representative of the European Union (http://www.fco.gov.uk/Files/KFile/Cm6443.pdf). Teheraner Abkommen vom 21. Oktober 2003 (http://www.auswaertigesamt .de/www/de/infoservice/download/pdf/friedenspolitik/abkommen-iran-dt.pdf). Literatur: Albright, David /Hinderstein, Corey (2002). Iran Building Nuclear Fuel Cycle Facilities : International Transparency Needed, Institute for Science and International Security , ISIS Issue Brief, December, 12, Washington, D.C. Cirincione, Joseph (2005). Verhandeln, drohen, belohnen. Wie der Iran vom Atomwaffenkurs abgebracht werden kann, Internationale Politik, Februar, Berlin. Cordesman, Anthony H. (2002). Proliferation in the „Axis of Evil“: North Korea, Iran and Iraq, Center for Strategic and International Studies, Januar, Washington D.C. Das Parlament (2005). Es droht die offene Konfrontation, Nr. 34/35, 22./29. August, Berlin. Eberle, Sarah (2004). Iran zwischen Kooperation und Konfrontation. Der Atomstreit. Handlungsoptionen und Empfehlungen, Friedrich Ebert Stiftung, Berlin. Meier, Oliver (2004). Iran and the IAEA: International Controls as Confidence Building Measures, 2. Sitzung des „Dialogue Forum of German and Iranian Experts“, 26. September, Teheran. Meier, Oliver (2005). Teheran - auf dem heimlichen Weg zur Bombe? Das iranische Nuklearprogramm, Sozialwissenschaftliche Informationen, Februar. Müller, Harald (2003). Nukleare Krisen und transatlantischer Dissens. 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