Rechtliche Fragen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr Zum Einsatz deutscher bewaffneter Streitkräfte im Rahmen von ISAF und OEF – Teil 1 - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000-108/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasserinnen: Rechtliche Fragen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr Zum Einsatz deutscher bewaffneter Streitkräfte im Rahmen von ISAF und OEF –Teil 1 Ausarbeitung WD 2 – 3000-108/07 Abschluss der Arbeit: 7. September 2007 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - Zusammenfassung - Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten grundsätzlich für das Handeln der deutschen Staatsgewalt im Rahmen von Auslandeinsätzen der Bundeswehr, wie ISAF und OEF. Der Umfang der Grundrechtsgeltung ist allerdings nach der herrschenden Ansicht zu modifizieren und insbesondere in Bezug auf Schutzverpflichtungen abgeschwächt. Ob die Europäische Menschenrechtskonvention für das Handeln der deutschen Staatsgewalt in Afghanistan gilt, kann hingegen vor dem Hintergrund der Bankovic- Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht abschließend geklärt werden. Zweifel bleiben auch darüber, ob und falls ja in welchem Umfang andere Menschenrechtsverträge, wie zum Beispiel der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zur Anwendung gelangen. Das humanitäre Völkerrecht ist nur dann anwendbar, wenn ein bewaffneter Konflikt vorliegt. Ob ein solcher derzeit in ganz Afghanistan oder in Teilen des Landes existiert, hängt von den tatsächlichen Umständen vor Ort ab und kann deshalb nicht abschließend beantwortet werden. Kommt das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung, so kann mit der herrschenden Meinung davon ausgegangen werden, dass die Bindung an die Grundund Menschenrechte daneben fortbesteht. Inhalt 1. Einleitung 5 2. Grundrechtsgeltung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr 6 2.1. Grundsatz der Grundrechtsgeltung 6 2.2. Modifikationen der Grundrechtsgeltung 7 2.2.1. Notwendigkeit einer Modifikation der Grundrechtsgeltung 7 2.2.2. Grundlage der Modifikation der Grundrechtsgeltung 8 2.2.3. Modifikation der Grundrechtsgeltung im Einzelfall 9 2.2.3.1. Grundrechte als Abwehrrechte 10 2.2.3.2. Grundrechtliche Schutzpflichten 11 2.3. Fazit 12 3. Geltung internationaler Menschenrechtsverträge bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr 13 3.1. Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) 14 3.1.1. Bindung Deutschlands an die EMRK und deren Zusatzprotokolle 14 3.1.2. Anwendbarkeit der EMRK-Bestimmungen 14 3.1.3. Derogation oder Modifizierung der EMRK-Bestimmungen 22 3.2. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) 24 3.2.1. Bindung Deutschlands an den IPBPR und seine Fakultativprotokolle 25 3.2.2. Anwendbarkeit der IPBPR-Bestimmungen 25 3.2.2.1. Ansicht des Ausschusses für Menschenrechte unter dem Pakt 25 3.2.2.2. Position der Vertragsstaaten 26 3.2.2.3. Auffassungen in der völkerrechtlichen Literatur 27 3.2.2.4. Auffassung des Internationalen Gerichtshofes 28 3.2.2.5. Fazit 29 3.2.3. Derogation oder Modifizierung der IPBPR-Bestimmungen 29 4. Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts 29 4.1. Internationaler bewaffneter Konflikt 32 4.2. Nicht-internationaler bewaffneter Konflikt 34 4.3. Fazit 37 5. Verhältnis zwischen den Grund- und Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht 37 5.1. Verhältnis der Menschenrechte zum humanitären Völkerrecht 38 5.1.1. Alternative Geltung der Rechtsbereiche 38 5.1.2. Parallele Geltung der Rechtsbereiche 39 5.2. Verhältnis der Grundrechte zum humanitären Völkerrecht 41 5.3. Fazit 42 - 5 - 1. Einleitung Deutsche bewaffnete Streitkräfte werden sowohl im Rahmen der „International Security Assistance Force“ (ISAF) als auch im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) eingesetzt. An dem unter der Führung der NATO stehenden ISAF-Einsatz beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland mit zwei Mandaten:1 Zum einen werden bis zu 3.000 Soldaten und Soldatinnen in den ISAF-Regionen Kabul und Nord mit dem Ziel eingesetzt, Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Lande zu unterstützen. Die Streitkräfte können auch in der ISAF-Region West sowie im Zuge der ISAF- Ausdehnung in anderen Regionen für zeitlich begrenzte Unterstützungsmaßnahmen eingesetzt werden, sofern diese zur Erfüllung des Gesamtauftrages unabweisbar sind.2 Zum anderen beteiligen sich zusätzlich bis zu 500 Soldaten und Soldatinnen unter Einsatz von Aufklärungsflugzeugen vom Typ TORNADO RECCE an der Aufklärung und Überwachung aus der Luft.3 Beide Mandate sind bis zum 13. Oktober 2007 befristet.4 An der OEF-Mission beteiligt sich Deutschland derzeit mit einem Marineeinsatz am Horn von Afrika. Der Einsatz ist darauf gerichtet, Terroristen den Zugang zu Rückzugsgebieten zu verwehren, potentielle Verbindungswege abzuschneiden und die Seepassage vor terroristischen Anschlägen zu schützen.5 Im Jahre 2007 befinden sich nach Angaben der Bundesregierung keine Bundeswehrangehörigen unter dem OEF-Mandat in 1 Allgemein zu ISAF vgl. von , WD 2 – 240/06 und WD 2 – 014/07. 2 Anträge der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan […] vom 13.9.2006, BT-Drs. 16/2573, S. 1 und vom 21.9.2005, BT-Drs. 15/5996, S. 3 sowie die jeweilige Annahme durch Bundestagsbeschlüsse vom 28.9.2005, BT-Plenarprotokoll 15/187, S. 17585 und vom 28.9.2006, BT-Plenarprotokoll 16/54, S. 5226. 3 Antrag der Bundesregierung zur Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan […] vom 8.2.2007, BT-Drs. 16/4298, sowie die Annahme durch Bundestagsbeschluss vom 9.3.2007, BT-Plenarprotokoll 16/86, S. 8711 ff. 4 Antrag der Bundesregierung vom 8.2.2007 (s.o. Fn. 3), S. 2; Antrag der Bundesregierung vom 13.9.2006 (s.o. Fn. 2), S. 1. 5 Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte […] vom 25.10.2006, BT-Drs. 16/3150 sowie die Annahme durch Bundestagsbeschluss vom 10.11.2006, BT-Plenarprotokoll 16/64, S. 6330 f. - 6 - Afghanistan.6 Das Mandat, das den Einsatz von maximal 1.800 Soldaten umfasst, läuft am 15. November 2007 aus.7 Gegenstand der folgenden Ausarbeitung ist die Frage, in welchem Umfang die Grundrechte des Grundgesetzes sowie internationale Normen zum Schutz der Menschenrechte für das Handeln deutscher Streitkräfte im Ausland gelten. Darüber hinaus werden die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts sowie die Frage einer möglicherweise daneben bestehenden Bindung an die Grund- und Menschenrechte behandelt. 2. Grundrechtsgeltung bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr Die Grundrechtsverpflichtung der Bundeswehr folgt aus Art. 1 Abs. 3 GG, welcher lautet : „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“ Um eben jene Grundrechtsverpflichtung der Bundeswehr klarzustellen, wurde im Zuge der Wehrrechtsnovellierung des Grundgesetzes im Jahre 1956 der ursprünglich verwendete Begriff der „Verwaltung“ durch den der „vollziehenden Gewalt“ ersetzt, unter den auch die Bundeswehr fällt.8 An die Feststellung der Grundrechtsverpflichtung der Bundeswehr schließt sich im Weiteren die Untersuchung der Frage an, ob mit dieser Grundrechtsverpflichtung eine grundsätzliche Geltung der Grundrechte beim Handeln deutscher Staatsgewalt im Ausland einhergeht. Ist dies der Fall, so ist zu klären, ob die Grundrechte in diesem Fall vollumfänglich oder modifiziert gelten. 2.1. Grundsatz der Grundrechtsgeltung Aus der Bindung der Streitkräfte an die Grundrechte des Grundgesetzes folgt nicht zwangsläufig, dass die Grundrechte auch bei hoheitlichem Handeln der Bundeswehr im Ausland grundsätzlich Geltung beanspruchen können. Denn die Bindung der Bundeswehr an die Grundrechte reicht nur so weit, wie die Grundrechte selbst räumlich gelten.9 Die räumliche Geltung der Grundrechte wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert . Ältere vereinzelte Stimmen vertraten die Ansicht, der räumliche Geltungsbereich 6 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Norman Paech, Monika Knoche, Katrin Kunert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE vom 8.11.2006, BT- Drs. 16/3272, S. 4 zum Stand 10.10.2006. Siehe auch Afghanistan Mandate, in: Süddeutsche Zeitung , München, vom 14.7.2007: Die Soldaten des Kommandos Spezialkräfte wurden seit 2005 nicht mehr abgerufen. 7 Siehe die Abstimmung im Bundestag am 10.11.2006, BT-Plenarprotokoll 16/64, S. 6330 f. 8 Siehe Kempen, in: HGR II, § 54, Rn. 37; Baldus, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87a Abs. 1, Rn. 6; siehe auch Kunig, in: von Münch/Kunig, Art. 1, Rn. 60; Robbers, in: Umbach/Clemens, Art. 1, Rn. 83; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3, Rn. 94; Höfling, in: Sachs, GG, Art. 1, Rn. 99. 9 Zu der Unterscheidung zwischen Grundrechtsverpflichtung/-geltung siehe Kempen, in: HGR II, § 54, Rn. 3; Quaritsch, in: HdS, § 120, Rn. 75 f. - 7 - der Grundrechte sei auf den Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkt.10 Dies hätte zur Folge, dass eine Geltung der Grundrechte bei Einsätzen deutscher Staatsgewalt im Ausland zu verneinen wäre. Soweit ersichtlich gehen das Schrifttum und die Rechtsprechung inzwischen jedoch davon aus, dass sich der räumliche Geltungsbereich der Grundrechte grundsätzlich auch auf das Ausland erstreckt.11 So vertritt Stern die Auffassung, dass die Grundrechtsbindung nach Art. 1 Abs. 3 GG absolut und umfassend sei; Freiräume solle es nicht geben und die Bindung auch räumlich effektiv sein.12 Badura macht die Anwendbarkeit der Grundrechte auf Sachverhalte im Ausland zwar von einem Bezug zur deutschen Staatsordnung und Rechtsgemeinschaft, aber nicht allein oder notwendig von einem territorialen Bezug abhängig.13 Starck schließlich knüpft die räumliche Geltung der Grundrechte an die Voraussetzung, dass die deutsche Staatsgewalt alleinverantwortlich außerhalb Deutschlands ausgeübt wird.14 2.2. Modifikationen der Grundrechtsgeltung In welchem Umfang im Ausland handelnde deutsche Streitkräfte an die Grundrechte gebunden sind, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Umstritten ist dabei zunächst die Frage, ob es notwendig ist, die Geltung der Grundrechte zu modifizieren . Ferner besteht auch über die sich daran gegebenenfalls anschließende Frage, auf welcher Grundlage diese Modifikationen erfolgen und welcher Art sie sich im Einzelnen darstellen, Uneinigkeit. 2.2.1. Notwendigkeit einer Modifikation der Grundrechtsgeltung Während Literatur und Rechtsprechung allgemein eine Modifikation der Geltung der Grundrechte bei grenzüberschreitenden Sachverhalten fordern,15 hält es Sachs für problematisch , dass die Intensität der Grundrechtsbindung bei Regelungen in einem von der deutschen Rechtsordnung nicht mit alleinigem Geltungsanspruch beherrschten Rechtsraum als reduziert angesehen wird.16 10 So OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.11.1981, - 17 A 1797/81 -, in: DVBl. 98 (1983), S. 37 f.; v. Olshausen, in: DVBl. 89 (1974), S. 652, 654. 11 So BVerfGE 31, 58, Rn. 46; 100, 313, Rn. 176; Elbing, S. 220 f.; Dreier, in: Dreier, Art. 1 III, Rn. 44; Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3, Rn. 71; Hofmann, S. 10 ff.; Robbers, in: Umbach /Clemens, Art. 1, Rn. 85; Sachs, in: Sachs, vor Art. 1, Rn. 19; Quaritsch, in: HdS, § 120, Rn. 72 ff. Vgl. auch die Darstellung von Rechtsprechung und Literatur bei Lorenz, S. 128 ff. 12 Siehe Stern, S. 1230. 13 Siehe Badura, in: HGR, § 47, Rn. 4. 14 Siehe Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 1 Abs. 3, Rn. 212. 15 Vgl. Hofmann, S. 68 f. und Lorenz, S. 181 f., 196 ff. 16 Siehe Sachs, in: Sachs, vor Art. 1, Rn. 19. - 8 - Die herrschende Ansicht stellt die Notwendigkeit einer Modifikation der Geltung der Grundrechte überwiegend in den Zusammenhang der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes, welche insbesondere in der Präambel, Art. 1 Abs. 2 und 25 GG zum Ausdruck kommt.17 Vor dem Hintergrund des Völkerrechts stellt sich die Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt außerhalb des eigenen Territoriums nur in bestimmten Fällen als zulässig dar.18 Die Modifikationen der Geltung der Grundrechte sollen dieser Tatsache Rechnung tragen. So kommt beispielweise Hofmann zu dem Ergebnis, dass aus der vom Grundgesetz selbst angeordneten grundsätzlichen Rücksichtnahme auf grundlegende Wertvorstellungen fremder Rechtsordnungen die Möglichkeit oder gar Notwendigkeit einer Einschränkung der Wirkkraft der Grundrechte folge.19 Röben stellt demgegenüber darauf ab, dass die Grundrechtsbindung mit der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und seiner Offenheit für zwischenstaatliche Zusammenarbeit zum Ausgleich gebracht werden müsse.20 Herdegen fügt dem hinzu, dass auch die beschränkten Einwirkungsmöglichkeiten auf Sachverhaltskomponenten unter fremder Hoheitsgewalt zu Abstufungen zwängen.21 Kempen sieht in letzterem Aspekt gar die ausschlaggebende Begründung der in seinen Worten „ungeschriebenen Schranken“ der Grundrechtsgeltung.22 Dreier führt schließlich die Notwendigkeit außenpolitischer Flexibilität und das politische Gesamtinteresse gegenüber der Völkergemeinschaft zur Begründung der geringeren Wirkkraft der Grundrechte auf.23 2.2.2. Grundlage der Modifikation der Grundrechtsgeltung Auf welcher Grundlage eine Modifikation der Grundrechtsgeltung für Einsätze deutscher Staatsgewalt im Ausland erfolgt, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes lässt sich nicht allgemein bestimmen, ob ein Grundrecht bei auslandsbezogenen Sachverhalten uneingeschränkt zur Geltung kommen soll. Vielmehr sei „jeweils durch Auslegung der entsprechenden Verfassungsnorm festzustellen, ob sie nach Wortlaut, Sinn und Zweck für jede denkbare Anwendung hoheitlicher Gewalt innerhalb der Bundesrepublik gelten will oder ob sie bei Sachverhalten mit mehr oder weniger intensiver Auslandbeziehung eine Differenzierung zulässt oder verlangt.“24 Dieser fallbezogene Ansatz unter Heranziehung der ein- 17 Siehe BVerfE 100, 313, Rn. 176; Badura, in: HGR II, § 47, Rn. 13 f.; Dreier, in: Dreier, Art. 1 III, Rn. 45; Stern, S. 1229 ff.; vgl. Lorenz, S. 177 ff. 18 Siehe dazu Epping/Gloria, in: Ipsen, S. 318 ff.; Herdegen, S. 175 ff. 19 Siehe Hofmann, S. 30 ff., 71. 20 Siehe Röben, in: Grote/Marauhn, Kap. 5, Rn. 110. 21 Siehe Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3, Rn. 72. 22 Siehe Kempen, in: HGR II, § 54, Rn. 9. 23 Siehe Dreier, in: Dreier, Art. 1 III, Rn. 45. 24 Siehe BVerfGE 31, 58, Rn. 46. Siehe auch BVerfGE 100, 313, Rn. 176 aus dem Jahre 1999. - 9 - zelnen Grundrechtsnorm wird von einem Großteil der Literatur geteilt.25 Röben schlägt zusätzlich vor, sich bei der Auslegung des jeweiligen Grundrechts an dem menschenrechtlichen Mindeststandard zu orientieren.26 Hofmann fügt hinzu, der Wesensgehalt eines jeden Grundrechts (Art. 19 Abs. 2 GG) sei ebenfalls zu berücksichtigen.27 Stern mahnt an, die internationale Entwicklung der Menschen- und Grundrechte nicht außer Acht zu lassen.28 Nach diesem Ansatz bedarf es also jeweils der Prüfung, inwiefern der „territoriale Schutzbereich“29 des konkret betroffenen Grundrechts in einem Fall mit Auslandsbezug eröffnet ist oder vor dem Hintergrund insbesondere der Einbindung Deutschlands in die Völkerrechtsordnung eingeschränkt wird. Elbing schlägt dagegen in einem umfassenderen Ansatz als grundrechtliche Kollisionsregel vor, dass eine Grundrechtsbindung immer dann zu bejahen sei, wenn der von dem deutschen hoheitlichen Handeln Betroffene bereits in der deutschen Rechtsordnung integriert sei oder wenn Rechtspositionen des Betroffenen vermindert werden sollten. Die Einschränkung von Grundrechten finde jedoch – so Elbing – ihre Grenze jedenfalls in Art. 19 Abs. 2 GG.30 2.2.3. Modifikation der Grundrechtsgeltung im Einzelfall Die nahezu einhellig angenommene Modifikation der Grundrechtsgeltung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten wirkt sich auf die Geltung der Grundrechte für die deutsche Staatsgewalt bei Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte (wie im Rahmen von ISAF oder OEF) unterschiedlich aus. So ist danach zu differenzieren, ob die Geltung der Grundrechte als negatorische Abwehrrechte oder als Leistungs-, Förderungsund Schutzpflichten in Rede steht.31 In beiden Fällen kommt eine Geltung der Grundrechte bei Ausländern ohne weitere Beziehungen zu Deutschland im Ausland allerdings überhaupt nur insofern in Betracht, als sich auch ein Ausländer auf die Grundrechte berufen kann. Damit beschränkt sich die Geltung der Grundrechte auf die sogenannten 25 So von Badura, in: HGR II, § 47, Rn. 14; Baldus, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87a Abs. 2, Rn. 68; Dreier, in: Dreier, Art. 1 III, Rn. 45; Röben, in: Grote/Marauhn, Kap. 5, Rn. 110; Stern, S. 1234. 26 Siehe Röben, in: Grote/Marauhn, Kap. 5, Rn. 110. 27 Siehe Hofmann, S. 71. 28 Siehe Stern, S. 1234. 29 So Baldus, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87a Abs. 2, Rn. 68. 30 Siehe Elbing, insbesondere S. 168 ff., 317 f. 31 Eine nur eingeschränkte Geltung der Grundrechte für den Einsatz deutscher Streitkräfte ergibt sich auch im Verteidigungsfall. Nach Art. 115c Abs. 2 GG können im Verteidigungsfall Enteignungen vorläufig geregelt werden und für Freiheitsentziehungen eine längere Frist festgesetzt werden. Weitere Einschränkungen der grundrechtlichen Freiheiten im Verteidigungsfall trifft Art. 10 Abs. 3 bis 6 GG. Ein Verteidigungsfall liegt gemäß Art. 115a Abs. 1 S. 1 GG vor, wenn der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates die Feststellung trifft, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht. - 10 - Jedermann-Grundrechte und klammert die Grundrechte aus, die nur für Deutsche gelten .32 Lorenz weist darauf hin, dass eine Geltung der Grundrechte, die – wie z.B. die Freizügigkeit (Art. 11 GG) – bereits von ihrem Wortlaut her nur Personen erfassen, die sich auf dem Staatsgebiet befinden, nicht in Betracht komme.33 2.2.3.1. Grundrechte als Abwehrrechte Die Grundrechte richten sich in ihrer Funktion als negatorische Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe in grundrechtlich verbürgte Bereiche (sogenannter status negativus ).34 In diesem Bereich wird in der Literatur – soweit ersichtlich – auf eine Modifikation der Grundrechte nicht näher eingegangen. Beispielsweise geht Badura zwar auf die Modifikationen der grundrechtlichen Schutzpflicht des Staates bei Auslandssachverhalten ein, bestätigt jedoch lediglich, dass sich der negatorische Schutz auch gegen die im Ausland auftretende Staatsgewalt richtet.35 Auch bei Quaritsch verbleibt es bei der Feststellung, ein Grundrecht könne dann gelten, wenn deutsche Staatsgewalt im Ausland in das Grundrecht eingreife. In diesem Fall trete die deutsche Staatsgewalt dem Ausländer im Ausland ebenso entgegen wie im Inland. Hierdurch entstehe eine sachlich -persönliche Rechtsstellung, die dem Ausländer dieselbe grundrechtliche Rechtstellung einräume, die er in der Bundesrepublik gegenüber dem eingreifenden Staat hätte.36 Isensee bejaht eine Grundrechtsbindung nur für den Fall, dass der deutsche Staat final im Ausland in Grundrechte eingreift und nennt als Beispiel eine Festnahme.37 Im Zusammenhang mit der Geltung der Grundrechte als Abwehrrechte diskutiert die Literatur beim Handeln der deutschen Staatsgewalt im Ausland jedoch die Bedeutung des Gesetzesvorbehaltes, welcher auf Art. 20 Abs. 3 GG sowie das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip gestützt wird und aussagt, dass staatliche Eingriffe in Grundrechte grundsätzlich nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen dürfen.38 Gegenstand der Diskussion ist die Frage, ob und falls ja, in welchem Umfang der Gesetzesvorbehalt auch für das Handeln deutscher Staatsgewalt im Ausland gilt. Voss ist der Ansicht, dass ein Wertungswiderspruch vorläge, wenn bei militärischen Auslandseinsätzen an die Stelle des Gesetzesvorbehaltes lediglich der konstitutive Parlamentsbeschluss träte, da dieser eine gesetzliche Regelung des Handlungsrahmens der Streitkräfte nicht ersetze.39 32 Siehe Stern, S. 1232. 33 Siehe Lorenz, S. 194 34 Siehe Pieroth/Schlink, Rn. 57 f. 35 Siehe Badura, in: HGR II, § 47, Rn. 18 ff. 36 So Quaritsch, in: HdS, § 120, Rn. 80 f. 37 Siehe Isensee, in: HdS, § 115, Rn. 90. 38 Siehe Hufen, S. 114; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20, Rn. 44 f. 39 Siehe Voss, in: ZRP 40 (2007), S. 78, 79 ff. - 11 - Baldus wirft die Frage auf, in welchem Umfang die Anforderungen des jeweiligen grundrechtlichen Gesetzesvorbehaltes bei den einzelnen Einsatzarten der Streitkräfte zu beachten seien: Bei Eingriffen in Grundrechte im Rahmen von Einsätzen zur Verteidigung sei – so Baldus – eine gesetzliche Eingriffsrechtfertigung, wie z.B. Normen des Kriegsvölkerrechts, nachzuweisen. Diese Eingriffsrechtfertigung unterläge ausnahmsweise nur eingeschränkt dem Bestimmtheitsgebot und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz . Bei den ausdrücklich vom Grundgesetz zugelassenen Einsätzen – z.B. Einsätzen der Streitkräfte bei Naturkatastrophen oder Unglücksfällen, im Verteidigungs- oder Spannungsfall oder im Falle eines inneren Notstandes – könnten entweder polizeirechtliche Normen oder Art. 87a Abs. 3 GG selbst herangezogen werden. Bei Einsätzen im Rahmen eines Systems der kollektiven Sicherheit, wie der ISAF-Mission, sei die Frage nach Eingriffsermächtigungen dagegen weitgehend ungeklärt.40 Die Bedeutung des Gesetzesvorbehaltes erörtert die Literatur beispielhaft an gezielten Tötungen mutmaßlicher oder erkannter Terroristen im Ausland. Kutscha führt dazu aus, dass die Literatur – soweit sie in diesem Fall überhaupt auf das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung eingehe – eine implizite Ermächtigung zum Töten auf die Gesamtheit der verfassungsrechtlichen Bestimmungen über Bundeswehreinsätze (Art. 12a, 65a, 73 Nr. 1, 87a, b, 115a ff. GG) stütze. Aus diesen Bestimmungen leite sich die Befugnis ab, Tötungshandlungen vorzunehmen. Kutscha selbst dringt jedoch darauf, den Gesetzesvorbehalt angesichts der fundamentalen Bedeutung eines Eingriffes in das Grundrecht auf Leben strikt einzuhalten.41 Auch nach Busback sind gezielte Tötungen in einem Drittstaat außerhalb eines militärischen Konfliktes als Bestandteil der Terrorismusabwehr im Lichte von Art. 2 Abs. 2 GG nur zulässig, wenn eine gesetzliche Regelung dies als letztes Mittel zur Abwendung einer konkreten Lebens- oder Leibesgefahr erlaubt. Nach dem geltenden nationalen Recht bestehe eine solche Möglichkeit derzeit jedoch – so Busback – nicht.42 2.2.3.2. Grundrechtliche Schutzpflichten Die grundrechtlichen Leistungs-, Förderungs- und Schutzpflichten erlangen Bedeutung, wenn der Einzelne zur Schaffung und Erhaltung seiner freien Existenz auf staatliche Vorkehrungen angewiesen ist (sogenannter status positivus).43 In der Literatur dreht sich die Diskussion vornehmlich um die Frage, ob und inwiefern die deutsche Staats- 40 Siehe Baldus, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 87a Abs. 2, Rn. 68 ff. Eine Antwort auf das aufgeworfene Problem entwickelt Baldus nicht. 41 Siehe Kutscha, in: NVwZ 23 (2004), S. 801, 803 f., mit der Schlussfolgerung, dass eine Lösung der Problematik durch den Gesetzgeber verfassungsrechtlich geboten sei. 42 Siehe Busback, in: NVwZ 24 (2005), S. 418, 419 f. 43 Siehe Pieroth/Schlink, Rn. 60 ff. - 12 - gewalt im Ausland gegenüber Ausländern Leistungs-, Förderungs- und Schutzpflichten nachzukommen hat. Ein Teil der Literatur verneint die grundsätzliche Geltung der Grundrechte in ihrem status positivus für die deutsche Staatsgewalt im Ausland. So ist es nach Ansicht von Sachs infolge des Territorialitätsprinzips regelmäßig ausgeschlossen, Ansprüche auf unmittelbar einwirkendes Handeln der deutschen Staatsgewalt im Ausland abzuleiten.44 Auch nach Stern kann die deutsche Staatsgewalt keinesfalls verpflichtet sein, die Grundrechte im Ausland gewaltsam durchzusetzen.45 Andere Stimmen fordern eine Abschwächung der grundrechtlichen Schutzpflichten für die deutsche Staatsgewalt im Ausland. So reduziert sich die Grundrechtsverantwortung deutscher Staatsgewalt nach Herdegen beim notwendigen Zusammenwirken mit fremden Hoheitsträgern auf die Erfüllung von Schutzpflichten im Rahmen bestehender Einflussmöglichkeiten .46 Auch Badura ist der Ansicht, der Schutzauftrag der Grundrechte müsse sich abschwächen, wenn es um den Schutz von Grundrechten in einem Raum gehe, der von der deutschen Rechtsordnung nicht mit alleinigem Gültigkeitsanspruch beherrscht wird.47 Quaritsch macht die Berufung auf grundrechtliche Leistungs-, Förderungs- und Schutzpflichten davon abhängig, dass über den abstrakten Tatbestand hinaus eine konkrete Inlandsbeziehung vorliegt. Dieser Grundsatz ergebe sich aus der andernfalls fehlenden Zuständigkeit, im Übrigen aus der sonst ungemessenen und in ihren Folgen unübersehbaren Last unbegrenzter Pflichten.48 Als Beispiel hierfür führt er an, dass Ausländern der aus Art. 2 GG folgende Anspruch auf Gewährung des Existenzminimums nur auf deutschem Staatsgebiet zustehe. Damit gelte ein Jedermann-Grundrecht im Ausland nur für Deutsche.49 2.3. Fazit Die Grundrechte des Grundgesetzes gelten nach der herrschenden Ansicht in der Literatur für die deutschen Streitkräfte als Teil der vollziehenden Gewalt grundsätzlich auch dann, wenn diese im Ausland hoheitlich handeln. Allerdings gehen die herrschende Ansicht und die Rechtsprechung davon aus, dass diese Geltung im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung unter Zugrundelegung der jeweiligen Grundrechtsnorm zu modifizieren 44 Siehe Sachs, in: Sachs, vor Art. 1, Rn. 20. 45 Siehe Stern, S. 1232. 46 Siehe Herdegen, in: Maunz/Dürig, Art. 1 Abs. 3, Rn. 75. 47 Siehe Badura, in: HGR II, § 47, Rn. 20. 48 Siehe Quaritsch, in: HdS, § 120, Rn. 82. 49 So Quaritsch, in: HdS, § 120, Rn. 77. - 13 - ist. Im Bereich der Abwehrfunktion der Grundrechte, das heißt z.B. bei gezielten Tötungen oder Festnahmen durch deutsche Soldaten, ist jedoch weitgehend ungeklärt, wie sich diese Modifikationen darstellen. In jüngster Zeit werden daneben Forderungen laut, spezifische Gesetzesgrundlagen für Grundrechtseingriffe zu schaffen. 3. Geltung internationaler Menschenrechtsverträge bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr Die Geltung internationaler Normen zum Schutz der Menschenrechte für das Handeln deutscher Staatsgewalt im Rahmen von ISAF und OEF setzt zunächst voraus, dass die Bundesrepublik Deutschland vertraglich oder völkergewohnheitsrechtlich50 zur Beachtung dieser Normen verpflichtet ist. Im Folgenden werden von den Menschenrechtsverträgen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK)51 und der Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR)52 näher behandelt.53 Weitere Voraussetzung für die Geltung dieser Menschenrechtsverträge bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist, dass die deutsche Staatsgewalt auch beim Handeln im Ausland zur Beachtung dieser Normen verpflichtet ist und diese nicht suspendiert sind. Dabei bleiben die Konsequenzen, die sich aus der Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts für die Bindung an die Menschenrechte und den Umfang dieser Bindung ergeben, späteren Ausführungen vorbehalten.54 Ebenso soll nicht auf die Frage eingegangen werden , unter welchen Voraussetzungen menschenrechtsrelevantes Handeln im Rahmen der ISAF- und OEF-Mission der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden kann. 50 Siehe zu den Menschenrechten im Völkergewohnheitsrecht Klein (Hrsg.); sowie Künzli, S. 48 ff. auch mit Beispielen. Klein, in: MRM 9 (2004), S. 5, 12 f. nennt das Folterverbot sowie das Verbot rassischer Diskriminierung und völliger Rechtschutzverweigerung als Beispiele. 51 Vom 4. November 1950, BGBl. 2002 II, S. 1054. 52 Vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1534. 53 Daneben könnten die folgenden Menschenrechtsverträge eine Rolle spielen: der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1973 II, S. 1570 (siehe zu dessen extraterritorialer Geltung: Internationaler Gerichtshof (IGH), Legal Consequences of the Construction of a Wall in the Occupied Palestinian Territory, Advisory Opinion [Mauergutachten ] vom 9. Juli 2004, ICJ Reports 2004, S. 136, Abs. 112; sowie kritischer Dennis, in: AJIL 99 (2005), S. 119, 127 f.); das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989, BGBl. 1992 II, S. 122 (siehe zu diesem Dennis, in: AJIL 99 (2005), S. 119, 129); das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (VN-Antifolterkonvention) vom 10. Dezember 1984, BGBl. 1990 II, S. 246; sowie das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979, BGBl. 1985 II, S. 648. 54 Siehe zu dieser Frage unten, Teil 5. - 14 - 3.1. Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) Die EMRK wurde unter der Ägide des Europarates ausgehandelt und trat am 3. September 1953 in Kraft. In materieller und verfahrenstechnischer Hinsicht wird sie durch nunmehr insgesamt vierzehn Zusatzprotokolle ergänzt, von denen zwölf bereits in Kraft getreten sind.55 Die Einhaltung der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle wird durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg überwacht. 3.1.1. Bindung Deutschlands an die EMRK und deren Zusatzprotokolle Die Bundesrepublik Deutschland hat die EMRK am 5. Dezember 1952 ratifiziert. Die Zusatzprotokolle, die in Kraft sind, gelten mit Ausnahme des siebten sowie des zwölften Zusatzprotokolls auch für die Bundesrepublik Deutschland. Damit ist Deutschland an die Bestimmungen der EMRK vertraglich gebunden und der Rechtsprechung des EGMR unterworfen. 3.1.2. Anwendbarkeit der EMRK-Bestimmungen Des Weiteren müssten die Bestimmungen der EMRK und ihrer Zusatzprotokolle auch für das Handeln deutscher Staatsgewalt im Rahmen von ISAF und OEF in Afghanistan gelten. Relevante Bestimmungen finden sich unter anderem in Art. 2 (Recht auf Leben), Art. 3 (Verbot der Folter und unmenschlicher Behandlung), Art. 5 (Recht auf Freiheit) und Art. 6 (Recht auf ein faires Verfahren) EMRK. Art. 1 EMRK stellt im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Konvention fest: „Die Hohen Vertragsparteien sichern allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I bestimmten Rechte und Freiheiten zu.“ Grundsätzlich unproblematisch erfasst der Anwendungsbereich der EMRK das Handeln deutscher Staatsgewalt auf deutschem Staatsgebiet. Handelt deutsche Staatsgewalt dagegen im Ausland, das heißt extraterritorial, so ist umstritten, ob, in welchen Fällen und bei welchen konkreten Maßnahmen auch dieses Handeln an Personen gerichtet ist, die der deutschen „Hoheitsgewalt“ (englisch: „jurisdiction“) unterstehen mit der Folge, dass der Anwendungsbereich der EMRK eröffnet ist. Der Streit dreht sich damit um die Frage , was unter „jurisdiction“ im Sinne von Art. 1 EMRK zu verstehen ist. 3.1.2.1. Ansicht der Rechtsprechungsorgane der EMRK 55 Siehe zu den Zusatzprotokollen zur EMRK die Liste der Verträge unter der Ägide des Europarates, abrufbar unter: http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeTraites.asp?CM=8&CL=ENG (Stand: 6.9.2007). - 15 - Die Rechtsprechungsorgane der EMRK56 haben der extraterritorialen Geltung der EMRK wiederholt Beachtung geschenkt.57 So stellte der Gerichtshof im Jahre 1995 im Fall Loizidou, der sich auf die Besetzung Nordzyperns durch die Türkei bezog, fest: „In this respect the court recalls that, although Article 1 sets limits on the reach of the Convention, the concept of ‘jurisdiction’ under this provision is not restricted to the national territory of the High Contracting Parties. […] Bearing in mind the object and purpose of the Convention, the responsibility of a Contracting Party may also arise where as a consequence of military action – whether lawful or unlawful – it exercises effective control of an area outside its national territory.”58 Entscheidend ist nach dieser Entscheidung für die Anwendbarkeit der EMRK also die Ausübung effektiver Kontrolle, die das Gericht im vorliegenden Fall bejahte. Im Jahre 2001 hingegen verneinte die Große Kammer des Gerichtshofes in der Bankovic -Entscheidung die Anwendbarkeit der Konvention in einem Fall, in dem Angehörige der Opfer eines NATO-Bombenangriffes auf eine Rundfunkstation in Belgrad eine Verletzung der EMRK gerügt hatten.59 Der Gerichtshof schloss sich damit im Ergebnis den Vertretern der beklagten Vertragsstaaten60 an, die argumentiert hatten, die verstorbenen Personen hätten der Herrschaftsgewalt der beklagten Staaten zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt nicht unterstanden. Zur Herrschaftsgewalt führten die Vertreter der beklagten Staaten weiter an: „Die Wahrnehmung der staatlichen „Herrschaftsgewalt“ würde demnach die Geltendmachung oder Ausübung einer gegenwärtigen oder beabsichtigten Rechtsautorität gegenüber Personen bedeuten, die bezüglich dieses Staates eine bestimmte Form der Zugehörigkeit aufweisen würden oder seiner Kontrolle 56 Diese waren zunächst die im Jahre 1954 errichtete Europäische Kommission für Menschenrechte und der 1954 errichtete EGMR. Mit dem 11. Zusatzprotokoll vom 11.5.1994, das am 1.11.1998 in Kraft trat, wurde der EGMR das einzige Rechtsprechungsorgan der EMRK. 57 Einen Überblick über die Rechtsprechung verschaffen: Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 70 ff.; Heintze, HuV-I. 18 (2005), S. 177, 179 ff.; Lawson, in: Coomans/Kamminga (Hrsg.), S. 83, 90 ff.; Lorenz, S. 8 ff; Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 54 ff.; Ress, in: ZEuS 6 (2003), S. 73, 75 f., 80 ff.; Schäfer, S. 22 ff.; Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 107 ff. 58 Loizidou gegen die Türkei, Preliminary objections, Antragsnr. 15318/89, Urteil vom 23.3.1995, Abs. 62, abrufbar unter: http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/search.asp?skin=hudoc-en (Stand: 6.9.2007). 59 Vlastimir und Borka Bankovic u.a. gegen Belgien und 16 andere NATO-Staaten, Entscheidung vom 12.12.2001, in: EuGRZ 2002, S. 133, Abs. 61 (in einer Übersetzung des Bundesministeriums der Justiz, überarbeitet von der EuGRZ). 60 Diese waren Belgien, die Tschechische Republik, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland , Ungarn, Island, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Spanien, die Türkei und das Vereinigte Königreich. - 16 - unterstellt worden seien. Sie erachten ebenfalls, dass der Begriff „Herrschaftsgewalt “ allgemein eine Form von strukturierter Beziehung beinhalte, die gewöhnlich über einen gewissen Zeitraum Bestand habe.“61 Der Gerichtshof kam mittels einer Auslegung von Art. 1 EMRK nach Art. 31 der Wiener Vertragsrechtskonvention zu dem Ergebnis: „Der Gerichtshof ist deshalb der Ansicht, dass Artikel 1 der Konvention derart zu verstehen ist, dass er diese übliche und grundsätzlich territoriale Auffassung von Herrschaftsgewalt verkörpert, wobei andere Grundlagen von Herrschaftsgewalt eher Ausnahmeerscheinungen sind und einer besonderen Rechtfertigung angesichts der Umstände des Einzelfalls bedürfen.“62 „Zusammenfassend geht aus seiner Rechtsprechung [des EGMR] hervor, dass der Gerichtshof nur ausnahmsweise die Ausübung extraterritorialer Herrschaftsgewalt durch einen Vertragsstaat anerkannt hat. Bisher ist das nur dann der Fall gewesen, wenn ein beklagter Staat im Wege einer tatsächlichen Kontrolle , ausgeübt über ein außerhalb seiner Grenzen befindliches Gebiet und über dessen Bewohner aufgrund einer militärischen Besetzung oder nach Zustimmung , Aufforderung oder Einwilligung der Regierung dieses Gebiets, […] alle oder einige Gewalten übernimmt, die gewöhnlich in die Prärogativen dieser Regierungen fallen.“63 „Der Gerichtshof merkt im übrigen an, dass andere Fälle der extraterritorialen Ausübung von Herrschaftsgewalt eines Staates im Ausland vorgenommene Handlungen betreffen, die von diplomatischen oder konsularischen Vertretern oder an Bord von Flugzeugen oder Schiffen vorgenommen werden, die in diesem Staat eingetragen sind oder unter seiner Flagge verkehren.“64 Unterschiedlich bewertet65 wird die sich an diese Ausführungen anschließende Aussage des EGMR: 61 Bankovic-Enscheidung (s.o. Fn. 60), Abs. 36. 62 Id., Abs. 61. 63 Id., Abs. 71. 64 Id., Abs. 73. 65 So ist Rensman der Ansicht, dass der Gerichtshof lediglich zum Ausdruck habe bringen wollen, dass das Bestreben, Lücken im System des Menschenrechtsschutzes zu verhindern, aus sich heraus allenfalls dann zu einer territorialen Geltungserstreckung der EMRK führen könne, wenn das betreffende Territorium bereits zuvor in den Anwendungsbereich der Konvention gefallen sei. Es sei hingegen nicht – wie vielfach angenommen – als weitere territoriale Begrenzung der bereits eng umgrenzten Ausnahmen vom postulierten Grundsatz der Territorialität der EMRK-Verpflichtungen zu verstehen (so Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 59). Von Seiten Loucaides wird die Aussage dagegen im Sinne einer solchen weiteren Begrenzung verstanden (so Loucaides, in: EHRLR 11 (2006), - 17 - „Zusammenfassend gilt, dass es sich bei der Konvention um eine multilaterale Übereinkunft handelt, die vorbehaltlich ihres Artikels 56 in einem grundsätzlich regionalen Rahmen greift und zwar in dem Rechtsraum der Vertragsstaaten […]. Die Konvention ist demnach nicht dafür gedacht, um weltweit Anwendung zu finden, auch nicht in Bezug auf das Verhalten von Vertragsstaaten . Demzufolge hat der Gerichtshof bisher ein Interesse daran bekundet, beim Schutz der Menschenrechte Lücken oder Hohlräume zu vermeiden und die Herrschaftsgewalt einer Vertragspartei nur in den Fällen zu begründen, in denen das jeweilige Gebiet – aber hier nur in Bezug auf die gegebenen Umstände – gewöhnlich unter die Konvention fallen würde.“66 Die Große Kammer des Gerichtshofes kam zu dem Ergebnis, dass es im Falle eines Luftangriffes an einer Beziehung zwischen den Opfern des Luftangriffes und den NATO-Staaten fehle, die die Anwendbarkeit der EMRK begründen könne.67 In der im Jahre 2004 verkündeten Kammer-Entscheidung im Fall Issa ging es um eine türkische Militäraktion in den kurdischen Gebieten im Nordirak. Die Beantwortung der Frage, ob die Türkei „jurisdiction“ ausübte und der Anwendungsbereich der Konvention damit eröffnet sei, machte die Kammer davon abhängig, ob die Opfer unter der Kontrolle und Gewalt („control and authority“) der türkischen Streitkräfte standen.68 Voraussetzung dafür sei entweder eine „effective overall control“ der türkischen Streitkräfte über das fragliche Gebiet oder der Nachweis, dass die Truppen zum fraglichen Zeitpunkt Operationen in der Gegend durchführten, in der es zu den gerügten Tötungen kam. Da sich jedoch beides nicht nachweisen ließ, wies die Kammer die Beschwerde zurück.69 3.1.2.2. Auffassungen in der völkerrechtlichen Literatur Die herrschende Meinung in der Literatur vertrat vor der Bankovic-Entscheidung im Jahre 2001 den Ansatz, dass „jurisdiction“ im Sinne von Art. 1 EMRK dann ausgeübt werde und der Anwendungsbereich der EMRK damit eröffnet sei, wenn das Handeln im S. 391, 398 f., welcher an der in dieser Weise verstandenen Erklärung Kritik übt). Bothe weist darauf hin, dass die Aussage als obiter dictum nicht überbewertet werden sollte und in der nachfolgenden Issa-Entscheidung völlig außer Acht gelassen wurde (so Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 71; siehe auch Lorenz, S. 119 f.). 66 Bankovic-Enscheidung (s.o. Fn. 60), Abs. 80. 67 Id., Abs. 82. 68 Issa u.a. gegen die Türkei, Antragsnr. 31821/96, Urteil vom 16.11.2004, Abs. 55, abrufbar unter: http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/search.asp?skin=hudoc-en (Stand: 6.9.2007). Siehe zu dem Urteil auch Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 60 f. 69 Issa u.a. gegen die Türkei (s.o. Fn. 69), Abs. 74, 76 ff. - 18 - Ausland dem Konventionsstaat nach den Regeln der Staatenverantwortlichkeit70 zuzurechnen sei.71 Durch die Bankovic-Entscheidung des EGMR entbrannte in der Literatur erneut die Diskussion um die extraterritoriale Anwendung der Konvention.72 Ein Teil der Literatur stimmt dem aus der Bankovic-Entscheidung entnommenen engeren Verständnis des Anwendungsbereiches der Konvention zu.73 Der Begriff der „Hoheitsgewalt “ in Art. 1 EMRK sei vorrangig territorial zu verstehen. Ausnahmsweise fände die Konvention auch auf extraterritoriales Handeln Anwendung – so, wenn Streitkräfte die tatsächliche Kontrolle über ein extraterritoriales Gebiet als Folge einer militärischen Besetzung oder mit Zustimmung der betroffenen Regierung ausübten74 oder wenn schwerwiegende internationale Straftaten vorliegen.75 Nach der Ansicht von Ress kann nach der Bankovic-Entscheidung nicht mehr vertreten werden, dass „jurisdiction “ im Sinne von Art. 1 EMRK automatisch aus der Existenz zurechenbaren Staatshandelns folge. Vielmehr müsse ein qualifiziertes Konzept der „jurisdiction“ zur Anwendung kommen, wie es der Gerichtshof in der Bankovic-Entscheidung entwickelt habe.76 Weingärtner führt im Zusammenhang mit der Bankovic-Entscheidung an, dass Art. 56 Abs. 1 EMRK für eine enge Auslegung des territorialen Geltungsbereiches der Konvention spreche, da die Bestimmung überflüssig wäre, wenn der Konvention ein globales Anwendungsverständnis zugrunde läge.77 Einige Stimmen in der Literatur schließen sich der Bankovic-Entscheidung zwar auch grundsätzlich an, erkennen jedoch einige zusätzliche rechtfertigungsbedürftige Ausnahmen an. Als weitere Ausnahmen, die in der Bankovic-Entscheidung nicht genannt sind, werden der Freiheitsentzug und die Ingewahrsamnahme aufgeführt. So begründet nach Bothe – neben dem Fall der effektiven Kontrolle über ein Gebiet im Rahmen einer Besetzung – insbesondere auch ein Freiheitsentzug für sich allein genommen eine effektive Kontrolle.78 Nach Ansicht von Krieger bezeichnet „jurisdiction“ die von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Organisation gekennzeichnete regelmäßige Ausübung von Hoheitsgewalt. Eine solche übe die Bundeswehr im Rahmen von ISAF in Afghanistan 70 Siehe zur Staatenverantwortlichkeit allgemein insbesondere den ILC-Entwurf zur Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen vom 12.12.2001, Anlage zur Resolution der VN-Generalversammlung Nr. 56/83 vom 12.12.2001; sowie Ipsen, in: Ipsen, S. 635 ff. 71 Vgl. Lorenz, S. 62. So z.B. Künzli, S. 116 f. 72 Vgl. Lorenz, S. 62 ff. 73 Vgl. Lorenz, S. 64 f., 69. 74 So Röben, in: Grote/Marauhn, Kap. 5, Rn. 91. 75 So Meyer-Ladewig, Art. 1, Rn. 5. 76 Siehe Ress, in: ZEuS 6 (2003), S. 73, 86. 77 Siehe Weingärtner, in: Weiß (Hrsg.), S. 9, 10. 78 Siehe Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 73. - 19 - nicht aus; vielmehr unterstütze die Bundeswehr lediglich den afghanischen Staat bei der Herstellung von Sicherheit. Damit sei der Anwendungsbereich der EMRK für deutsches Handeln in Afghanistan im Rahmen von ISAF grundsätzlich nicht eröffnet.79 Allerdings unterstünden – so Krieger – Taliban- und Al Quaida-Kämpfer, die von der Bundeswehr gefangen genommen werden, der deutschen Hoheitsgewalt und damit dem Schutz der EMRK. Die Ingewahrsamnahme von Kriegsgefangenen stelle einen völkervertraglich und völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Fall dar, in dem Personen der regelmäßigen Herrschaftsgewalt eines Staates unterliegen.80 Die Bankovic-Entscheidung ist jedoch auch auf Kritik in der Literatur gestoßen. So kritisierte Heintze die seiner Ansicht nach restriktive Bankovic-Entscheidung als politisch verständlich, juristisch aber problematisch. Zur Frage der Anwendbarkeit der EMRK auf britisches Handeln im Irak führt er aus, der EGMR habe dieser vorgebeugt, indem er in Bankovic auf den regionalen Charakter der EMRK hingewiesen habe.81 Auch Rensmann ist der Ansicht, die Bankovic-Entscheidung lasse die Anwendbarkeit der EMRK auf Auslandseinsätze der Streitkräfte zweifelhaft erscheinen.82 Die mit der Entscheidung erfolgte Einschränkung des Anwendungsbereiches der EMRK stelle einen radikalen Bruch mit der überkommenden Judikatur dar und führe im Ergebnis dazu, dass die völkerrechtswidrige Anmaßung von Hoheitsgewalt durch die Befreiung des Konventionsstaates aus seiner menschenrechtlichen Bindung prämiert werde.83 Ein anderer Teil der Literatur verbindet seine Kritik an der Bankovic-Entscheidung mit der Befürwortung einer erweiterten Anwendung der Konvention auf extraterritoriales Handeln.84 EGMR-Richter Loucaides kritisiert die in der Bankovic-Entscheidung vorgenommene Auslegung des Art. 1 EMRK und kommt seinerseits zu dem Ergebnis, dass die Ausübung von Staatsgewalt, de facto oder de jure, entscheidend sei.85 Seiner Ansicht nach weicht der Gerichtshof in der Bankovic-Entscheidung von seinen Auffassungen in den zuvor entschiedenen Fällen ab; auch sei die Entscheidung schwer mit einigen nachfolgenden Entscheidungen in Einklang zu bringen.86 Schäfer stellt die These auf, dass die Ausübung von Hoheitsgewalt und damit die Anwendbarkeit der EMRK grundsätzlich auch bei Kampfeinsätzen im Ausland vorliegen 79 Siehe Krieger, in: ZaöRV 62 (2002), S. 669, 670 ff., 677. 80 Siehe Krieger, in: ZaöRV 62 (2002), S. 669, 688. 81 Siehe Heintze, in: HuV-I. 18 (2005), S. 177, 181 f. 82 Siehe Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 50. 83 Siehe Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 64 f. 84 Vgl. Lorenz, S. 63 ff. und Ress, in: ZEuS 6 (2003), S. 73, 82. 85 Siehe Loucaides, in: EHRLR 11 (2006), S. 391 ff., 399. 86 Siehe Loucaides, in: EHRLR 11 (2006), S. 391, 401. - 20 - könne, ohne dass eine gefestigte Gebietskontrolle existiert.87 Seiner Ansicht nach muss zwischen negativen und positiven Verpflichtungen aus der EMRK unterschieden werden . Hinsichtlich der negativen Verpflichtungen, das heißt der Verpflichtung, nicht aktiv in Konventionsrechte einzugreifen, sollte die EMRK auf alle Fälle eines Eingriffes durch physische Gewalt zur Anwendung gelangen. Die positiven Verpflichtungen aus der EMRK hingegen fänden nur in dem Maße Anwendung, in dem eine effektive Gebietskontrolle vorliegt. Mit Zunahme der ausgeübten Gebietskontrolle würden – so Schäfer – auch die positiven Verpflichtungen aus den Menschenrechten graduell zunehmen .88 Lawson vertritt einen ähnlichen situationsspezifischen Ansatz. Seiner Ansicht nach ist die Konvention in den Fällen anwendbar, in denen das extraterritoriale Handeln des Staates mittels eines „direct and immediate link“ mit dem gerügten Eingriff in die Konventionsrechte verbunden ist.89 Nach Ansicht von Schmidt-Radefeldt ist für die extraterritoriale Anwendung der EMRK entscheidend, dass der Beschwerdeführer der Hoheitsgewalt eines Konventionsstaates im Sinne eines Subordinationsverhältnisses unterworfen ist.90 Seiner Ansicht nach fallen die extraterritorialen polizeiähnlichen Zugriffe auf Terroristen(verstecke) in Afghanistan in den Anwendungsbereich der EMRK. Der Autor zieht insofern eine Parallele zu der EGMR-Rechtsprechung, in der die Konvention in Fällen Anwendung fand, in denen Personen von den Sicherheitskräften eines Konventionsstaates in Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden festgenommen und in ihren Heimatstaat verbracht worden waren .91 An anderer Stelle differenziert Schmidt-Radefeldt zwischen Festnahmen und Inhaftierungen einerseits, die mittels eines direkten Kontaktes ein Subordinationsverhältnis begründen, und gezielten Erschießungen andererseits, die nur ausnahmsweise in den Anwendungsbereich der Konvention fallen sollen. Schließlich unterscheidet er finales Staatshandeln gegen Individuen (wie z.B. Festnahmen) und Kampfhandlungen gegen einen ausländischen Staat als solchen, bei denen es zu Tötungen von Zivilisten kommt. In letzterem Fall sei die EMRK nicht anwendbar.92 87 Siehe Schäfer, in: Weiß (Hrsg.), S. 5, 5 f. 88 Siehe Schäfer, S. 31 f. 89 Siehe Lawson, in: Coomans/Kamminga (Hrsg.), S. 83, 103 ff., unter Hinweis auf die anderslautende Rechtsprechung des EGMR, S. 120. 90 Siehe Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 177; vgl. auch ders., in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 109. 91 Siehe Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 177; vgl. auch ders., in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 110. 92 Siehe Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 110 f. - 21 - Nach Lorenz ist zwar die Zuständigkeitsklausel (Art. 1 EMRK) im Sinne von Staatenverantwortlichkeit weit auszulegen. Somit sei der Anwendungsbereich der Konvention auch bei faktischen Eingriffen durch die deutsche Hoheitsgewalt in die Rechte von Ausländern im Ausland grundsätzlich eröffnet. Diesen weiten Anwendungsbereich schränkt Lorenz jedoch sodann ein. Es komme – so Lorenz – in diesem Fall eine regionale Beschränkung auf das Gebiet aller Vertragsstaaten zum Tragen, wie sie in der Bankovic- Entscheidung entwickelt worden sei.93 3.1.2.3. Auffassungen nationaler Gerichte Eine Auseinandersetzung mit der Bankovic-Rechtsprechung des EGMR erfolgte durch englische Gerichte, die sich in den Jahren 2004 bis 2007 mit Entschädigungsforderungen von Irakern beschäftigten. In einem Fall war der Angehörige eines Klägers in einem britischen Militärgefängnis gestorben, in den fünf anderen Fällen trugen die Kläger vor, ihre Angehörigen seien von britischen Truppen erschossen worden. Der Divisional Court hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit die EMRK im vorliegenden Fall zu Anwendung gelange und kam zu dem Ergebnis, dass dies nur im Hinblick auf den im Gefängnis verstorbenen Iraker der Fall sei.94 Das House of Lords wies die Berufung (appeal) der Kläger sowie die Gegenberufung (cross-appeal) des Secretary of State for Defence zurück; der Fall des in Haft gestorbenen Irakers wurde zurückverwiesen.95 3.1.2.4. Fazit zur extraterritorialen Geltung der EMRK Die Frage, ob die EMRK nach Art. 1 EMRK auf Handlungen der deutschen Staatsgewalt in Afghanistan im Rahmen von ISAF und/oder OEF anwendbar ist, ist bislang – soweit ersichtlich – unmittelbar nur von Krieger und Schmidt-Radefeldt einer Antwort zugeführt und nur im Hinblick auf Festnahmen übereinstimmend bejaht worden. Aus den allgemeinen Aussagen von Teilen der Literatur lässt sich schlussfolgern, dass diese die Anwendbarkeit der EMRK im Falle von Festnahmen durch deutsche Truppen in Afghanistan ebenfalls unterstützen. Darunter finden sich auch Aussagen, welche eine weitergehende Anwendbarkeit der EMRK auf deutsches Handeln in Afghanistan befürworten könnten, z.B. im Falle schwerwiegender internationaler Straftaten oder im Hinblick auf ein Verhalten, das aktiv in Konventionsrechte eingreift. 93 Siehe Lorenz, S. 115 ff., 118 ff. 94 High Court of Justice, Queen’s Bench Division, Divisional Court, Urteil vom 14. Dezember 2004, [2004] EWHC 2911 (Admin), Abs. 287 f.; siehe auch Court of Appeal, Urteil vom 21. Dezember 2005, [2005] EWCA Civ 1609. Siehe dazu auch: Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 61 ff. 95 House of Lords, Lords of Appeal, Al-Skeini and others v. Secretary of State for Defence, Urteil vom 13. Juni 2007, [2007] UKHL 26. - 22 - Nach der Rechtsprechung des EGMR und der ganz überwiegenden Literatur gelangt die EMRK im Fall einer Besetzung und in Fällen, in denen ein Staat auf dem Gebiet eines anderen Staates mit dessen Zustimmung alle oder einige Gewalt übernimmt, zur Anwendung . Inwiefern die Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan mit Zustimmung der afghanischen Regierung „einige Gewalt“ ausübt, hängt von den tatsächlichen Umständen vor Ort ab. Krieger verneint diese Frage, da Deutschland eine ausschließlich unterstützende Funktion und keine eigene vorrangige Verantwortlichkeit habe.96 Allerdings steht auch dieser gesicherte Anwendungsbereich der EMRK auf extraterritoriales Handeln unter dem Vorbehalt der Bedeutung der Aussage der Großen Kammer des EGMR im Fall Bankovic, die Konvention sei nicht dafür gedacht, weltweite Anwendung zu finden, sondern sei grundsätzlich nur regional anwendbar.97 Über die Frage, ob diese Aussage per se den Anwendungsbereich der EMRK regional auf das Gebiet aller Vertragsstaaten begrenzt mit der Folge, dass damit extraterritoriales Handeln in Afghanistan unter keinen Umständen in den Anwendungsbereich der EMRK fiele, herrscht Uneinigkeit. 3.1.3. Derogation oder Modifizierung der EMRK-Bestimmungen Können die Bestimmungen der EMRK – jedenfalls unter bestimmten Umständen – grundsätzlich Anwendung auf deutsches Handeln im Ausland finden, so stellt sich im Anschluss die Frage, inwiefern dennoch die Pflicht zur Beachtung einzelner Normen im Einzelfall derogiert, das heißt teilweise außer Kraft gesetzt, oder auch nur modifiziert ist. Die Konvention selbst sieht eine Derogation in Art. 15 EMRK vor. Dieser lautet: „(1) Wird das Leben der Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht, so kann jede Hohe Vertragspartei Maßnahmen treffen, die von den in dieser Konvention vorgesehenen Verpflichtungen abweichen, jedoch nur, soweit es die Lage unbedingt erfordert und wenn die Maßnahmen nicht im Widerspruch zu den sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragspartei stehen. (2) Aufgrund des Absatzes 1 darf von Artikel 2 nur bei Todesfällen infolge rechtmäßiger Kriegshandlungen und von Artikel 3, Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 7 in keinem Fall abgewichen werden. 96 Siehe Krieger, in: ZaöRV 62 (2002), S. 669, 677. Im Jahre 2005 wurde Deutschland zwar die Koordinierungsverantwortung im Nordbereich Afghanistans zugewiesen, allerdings ohne dass neben der Ausweitung eine weitere Änderung des Mandates des VN-Sicherheitsrates erfolgte. 97 Siehe zu dieser Aussage bereits oben S. 16 f. und Fn. 66. - 23 - (3) Jede Hohe Vertragspartei, die dieses Recht auf Abweichung ausübt, unterrichtet den Generalsekretär des Europarats umfassend über die getroffenen Maßnahmen und deren Gründe. Sie unterrichtet den Generalsekretär des Europarats auch über den Zeitpunkt, zu dem diese Maßnahmen außer Kraft getreten sind und die Konvention wieder volle Anwendung findet.“ Eine Unterrichtung nach Art. 15 Abs. 3 EMRK seitens der Bundesrepublik Deutschland liegt nicht vor.98 Möglicherweise schließt eine fehlende Notifikation die Berufung auf die Statthaftigkeit der Derogation jedoch nicht aus.99 Ob „das Leben der Nation durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand bedroht“ wird im Sinne von Art. 15 Abs. 1 EMRK und damit die materiell-rechtliche Voraussetzung einer Derogation gegeben ist, erscheint allerdings zweifelhaft.100 Im Übrigen wäre Deutschland auch im Falle einer erfolgten Derogation an die notstandsfesten Rechte101 gebunden und dürfte sich nur insoweit auf eine Derogation berufen, als die Lage dies unbedingt erfordert. Nach der Ansicht von Weingärtner könnte sich eine Freistellung der unter einem VN- Mandat tätigen Truppen von menschenrechtlichen Verpflichtungen auch daraus ableiten lassen, dass die Erfüllung des Mandates Vorrang vor anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen genießt. Art. 103 VN-Charta in Verbindung mit Art. 25 VN-Charta führe bei Vorliegen eines Widerspruches zwischen dem in der Sicherheitsratsresolution nach Kapitel VII enthaltenen VN-Mandat und menschenrechtlichen Verpflichtungen zu einem Vorrang des VN-Mandates.102 Seibert-Fohr macht hingegen darauf aufmerksam, dass Sicherheitsratsresolutionen nicht in einer Weise interpretiert werden sollten, die sie in Widerspruch zu Menschenrechtsverträgen treten lässt, wenn sie keine explizite Außerkraftsetzung enthalten.103 Die dem ISAF-Mandat ursprünglich zugrundeliegende Sicherheitsratsresolution 1368 vom 20. Dezember 2001 ermächtigt die Mitgliedstaaten zwar, alle notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung ihres Mandates zu ergreifen, hebt jedoch in der Präambel die Bindung an die Menschenrechte in Bezug auf die afghanischen Truppen gerade hervor. Unter diesen Umständen erscheint die Annahme, der Sicherheitsrat habe die Staaten, die sich an ISAF beteiligen, für die Mission von der Beachtung der Menschenrechte freigestellt, eher fernliegend. 98 Siehe dazu die Liste der Erklärungen zur EMRK auf der Internetseite des Europarates, abrufbar unter : http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeDeclarations.asp?NT=005&CM=8&DF= 8/30/2007&CL=GER&VL=1 (Stand: 6.9.2007). 99 So Schmahl, in: Fleck (Hrsg.), S. 125, 143. 100 Siehe zu diesen materiell-rechtlichen Anforderungen: Schmahl, in: Fleck (Hrsg.), S. 125, 126 ff.; Seibert-Fohr, in: Walter (Hrsg.), S. 125, 154 ff.; Oeter, in: AdV 40 (2002), S. 422, 435 ff. 101 Zu diesen siehe: Schmahl, in: Fleck (Hrsg.), S. 125, 131 ff. 102 Siehe Weingärtner, in: Weiß (Hrsg.), S. 9, 11 im Zusammenhang mit dem KFOR-Mandat. 103 Siehe Seibert-Fohr, in: Walter (Hrsg.), S. 125, 159 f. mit Bezug auf die SC Res. 1368 und 1373 aus dem Jahre 2001. - 24 - Schließlich könnte der Umfang der Geltung der einzelnen Bestimmungen im jeweiligen Fall Modifikationen erfahren, sobald sie auf Sachverhalte mit Terrorismusbezug zur Anwendung gelangen. Insbesondere könnten die Schrankenregelungen der nicht absolut gewährten Rechte in einem solchen Fall einer großzügigeren Anwendung zugänglich sein. So haben die Rechtsprechungsorgane der EMRK wiederholt den besonderen Erfordernissen der Terrorismusbekämpfung Rechnung gezollt und infolgedessen das Vorliegen einer Konventionsverletzung nur unter engeren Voraussetzungen angenommen .104 Insbesondere im Hinblick auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 5 EMRK) macht die Rechtsprechung Abstriche von den geltenden Standards. So wurde z.B. das Vorliegen eines Tatverdachts unter erleichterten Umständen bejaht oder eine etwas längere Polizeihaft ohne richterliche Vorführung hingenommen.105 Diese modifizierten Standards könnten auch auf Maßnahmen deutscher Streitkräfte im Rahmen von ISAF und OEF Anwendung finden, soweit ein Bezug zur Terrorismusbekämpfung oder eine vergleichbare Situation vorliegt. 3.2. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) Der IPBPR entstand unter dem Dach der Vereinten Nationen und trat am 23. März 1976 in Kraft. Derzeit zählt er 160 Vertragsstaaten.106 Er enthält überwiegend die klassischen Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat, wie das Recht auf Leben (Art. 6), das Verbot der Folter (Art. 7), das Recht auf Freiheit (Art. 9) und das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 14). Teil IV des IPBPR errichtet ein Staatenberichtsverfahren über die erzielten Fortschritte bei der Verwirklichung der im Pakt anerkannten Rechte; diese Berichte werden dem VN-Generalsekretär übermittelt, welcher sie an den durch den Pakt errichteten Ausschuss für Menschenrechte weiterleitet. Schließlich etablieren Art. 41 ff. IPBPR ein Staatenbeschwerdeverfahren und das Erste Fakultativprotokoll zum IPBPR107 ein Individualbeschwerdeverfahren. Das Zweite Fakultativprotokoll zu dem IPBPR108 dient der Abschaffung der Todesstrafe. 104 Vgl. Arnold, in: ZaöRV 66 (2006), S. 297, 316 f. 105 Vgl. Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 111 ff., insbesondere S. 118 ff. mit weiteren Beispielen . Siehe auch Oeter, in: AdV 40 (2002), S. 422, 434 ff. Siehe zu der Rechtsprechung des EGMR bei antiterroristischen Maßnahmen auch Klugmann. 106 Der aktuelle Ratifikationsstand ist abrufbar unter: http://www.ohchr.org/english/countries/ratification/4.htm (Stand: 6.9.2007). 107 Vom 19. Dezember 1966, BGBl. 1992 II, S. 1247, in Kraft getreten am 23.3.1976, für die Bundesrepublik Deutschland am 25.11.1993. 108 Vom 15. Dezember 1989, BGBl. 1992 II, S. 391, in Kraft getreten am 18.11.1992 auch für die Bundesrepublik Deutschland. - 25 - 3.2.1. Bindung Deutschlands an den IPBPR und seine Fakultativprotokolle Der IPBPR trat am 23. März 1976 auch für die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei in Kraft. Diese hat sich am 27. Dezember 2001 für eine unbefristete Zeit dem Staatenbeschwerdeverfahren nach Art. 41 ff. IPBPR unterworfen. Ebenso hat sie das Individualbeschwerdeverfahren des Ersten Fakultativprotokolls – versehen mit einem Vorbehalt – sowie das Zweite Fakultativprotokoll ratifiziert.109 3.2.2. Anwendbarkeit der IPBPR-Bestimmungen Ob die Bestimmungen des IPBPR für das Handeln der deutschen Staatsgewalt in Afghanistan gelten, hängt vom Anwendungsbereich des Paktes ab. Dieser wird in Art. 2 Abs. 1 IPBPR wie folgt festgelegt: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen […] zu gewährleisten.“ Wie diese Bestimmung insbesondere in Bezug auf extraterritoriales Handeln zu verstehen ist, ist umstritten. 3.2.2.1. Ansicht des Ausschusses für Menschenrechte unter dem Pakt Der Ausschuss für Menschenrechte, der im Teil IV des IPBPR errichtet wurde, hat sich im Zuge der ihm zugewiesenen Überwachung der Umsetzung des Paktes wiederholt in seinen allgemeinen Bemerkungen (General Comments), Auffassungen (Views) und abschließenden Berichten (Concluding Remarks) über die Anwendbarkeit des Paktes in Fällen mit extraterritorialen Bezügen geäußert.110 Diese Äußerungen sind allerdings nicht bindend.111 So hat der Ausschuss die Anwendbarkeit der IPBPR-Bestimmungen im Fall López Burgos v. Uruguay im Jahre 1981 angenommen, welcher die Entführung eines uruguayischen Staatsangehörigen im Ausland durch uruguayische Einheiten zum Gegenstand hatte.112 Für den Fall der von Israel besetzten palästinensischen Gebiete hat der Ausschuss ebenfalls bestätigt, dass Israel in Bezug auf diese Gebiete an den IPBPR gebunden ist.113 109 BGBl. 1994 II, S. 311 und BGBl. 1993 II, S. 880. 110 Vgl. dazu allgemein Dennis, in: AJIL 99 (2005), S. 119, 122 f.; Lorenz, S. 36 ff.; McGoldrick, in: Coomans/Kamminga (Hrsg.), S. 41, 49 ff.; Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 105 f. 111 Siehe zur Bedeutung als „authentische Interpretation“ Lorenz, S. 35. 112 López Burgos v. Uruguay, Communication No. 52/1979, VN Doc. CCPR/C/13/D/52/1979 (1981). 113 Concluding Observations, Israel, vom 5.8.2003, VN Doc. CCPR/CO/78/ISR, Rz. 11. Vgl. auch Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 72; Lorenz, S. 43 f. - 26 - Der Ausschuss für Menschenrechte veröffentlichte im Jahre 2004 einen General Comment ,114 in dem er seine Auffassung hinsichtlich der allgemeinen rechtlichen Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus Art. 2 IPBPR darlegte. Absatz 10 des General Comments lautet: „States Parties are required by article 2, paragraph 1, to respect and to ensure the Covenant rights to all persons who may be within their territory and to all persons who are subject to their jurisdiction. This means that a State party must respect and ensure the rights laid down in the Covenant to anyone within the power or effective control of that State Party, even if not situated within the territory of that State Party. […] [T]he enjoyment of Covenant rights is not limited to citizens of States Parties but must also be available to all individuals, regardless of nationality or statelessness […], who may find themselves in the territory or subject to the jurisdiction of the State Party. This principle also applies to those within the power or effective control of the forces of a State Party acting outside its territory […].” In den Concluding Observations des Ausschusses für Menschenrechte zu dem Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland unter Art. 40 IPBPR kommt die Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass Deutschland bislang noch keine Position zur Anwendbarkeit des Paktes auf solche Situationen eingenommen hat, in denen deutsche Truppen im Ausland operieren.115 3.2.2.2. Position der Vertragsstaaten Die Bundesrepublik Deutschland erklärte seine Position auf die obige Aufforderung des Ausschusses für Menschenrechte in den Concluding Observations wie folgt: „Wherever its police or armed forces are deployed abroad, in particular when participating in peace missions, Germany ensures to all persons that they will be granted the rights recognized in the Covenant, insofar as they are subject to its jurisdiction. Germany’s international duties and obligations, in particular those assumed in fulfilment of obligations stemming from the Charter of the United Nations, remain unaffected.”116 114 Ausschuss für Menschenrechte, General Comment Nr. 31, Nature of the General Legal Obligation Imposed on State Parties to the Covenant, vom 26.5.2004, VN Doc. CCPR/C/21/Rev.1/Add.13. 115 Zitiert als Abs. 11 der Concluding Observations in: Comments by the Government of Germany to the concluding observations of the Human Rights Committee, vom 11.4.2005, VN Doc. CCPR/CO/80/DEU/Add.1. 116 Id. Weitere Informationen zu dieser Erklärung finden sich bei Weingärtner, in: Weiß (Hrsg.), S. 9, 12. - 27 - Andere Vertragsstaaten vertreten unterschiedliche Standpunkte im Hinblick auf die extraterritoriale Anwendung des Paktes: So erkannte Polen die grundsätzliche extraterritoriale Anwendbarkeit des IPBPR an; Großbritannien, die Niederlande117 und die USA118 lehnten diese dagegen ausdrücklich ab.119 3.2.2.3. Auffassungen in der völkerrechtlichen Literatur Die Diskussion in der Literatur dreht sich zum einen um die Frage, ob das personale und das territoriale Kriterium kumulativ oder alternativ vorliegen müssen, das heißt, ob eine Person nur dann den Schutz des Paktes genießt, wenn sie sich auf dessen Territorium befindet (territoriales Kriterium) und gleichzeitig der staatlichen Herrschaftsgewalt unterliegt (personales Kriterium) oder ob dies auch dann der Fall ist, wenn sie sich entweder auf dem Gebiet des Staates befindet oder auch nur ausschließlich der Herrschaftsgewalt des Staates unterworfen ist. Zum anderen ist umstritten, in welchen Fällen eine Person der staatlichen Herrschaftsgewalt unterliegt („subject to its jurisdiction“). Während Literatur, Rechtsprechung und der Ausschuss für Menschenrechte übereinstimmend der Ansicht sind, dass eine Person im Falle einer kriegerischen Besetzung der staatlichen Herrschaftsgewalt des Besatzungsstaates unterliegt,120 wird darüber diskutiert , ob auch einzelne extraterritoriale Maßnahmen, wie Festnahmen oder (Todes-) Schüsse bei Kampfeinsätzen, eine staatliche Herrschaftsgewalt begründen. In letzterem Aspekt gleicht die Diskussion derjenigen, welche in Bezug auf die EMRK geführt wird. Insoweit kann größtenteils auf die obige Darstellung verwiesen werden.121 Was die erstgenannte Frage angeht, so befürwortet Dennis eine kumulative Anwendung des territorialen und personalen Kriteriums. Das heißt, eine Person genießt nur dann den Schutz des Paktes, wenn sie sich auf dem Territorium des Staates befindet und gleichzeitig der Herrschaftsgewalt dieses Staates unterliegt. Damit verneint Dennis eine extraterritoriale Anwendbarkeit des IPBPR. Ihm zufolge findet der Pakt somit auf deutsches Handeln im Ausland gleich welcher Art keine Anwendung. Er begründet die kumulative Heranziehung beider Kriterien mit der gewöhnlichen Bedeutung des Wortlautes von Art. 2 Abs. 1 IPBPR und stellt heraus, dass die Position des Ausschusses für Menschen- 117 Replies of the Government of the Netherlands to the concerns expressed by the Human Rights Committee, vom 29.4.2003, VN Doc. CCPR/CO/72/NET/Add.1, Abs. 19 in Bezug auf Screbrenica. 118 Consideration of reports submitted by States Parties under article 40 of the covenant, Third periodic report, USA, vom 28.11.2005, VN Doc. CCPR/C/USA/3, Abs. 130 und Annex I mit ausführlicher Begründung der amerikanischen Position. 119 Vgl. Weingärtner, in: Weiß (Hrsg.), S. 9, 12; Dennis, in: AJIL 99 (2005), S. 119, 125; Schäfer, S. 23 f. 120 Siehe in Bezug auf die EMRK schon oben, Teil 3.1.2.2., S. 17 ff. Anders jedoch die Ansicht einiger Vertragsstaaten, siehe oben Teil 3.2.2.2., S. 26 f. 121 Siehe oben Teil 3.1.2.2., S. 17 ff. - 28 - rechte in seinem General Comment Nr. 31 im Widerspruch zur Staatenpraxis und der ursprünglichen Absicht der vertragsschließenden Parteien stehe.122 Nach Schäfer ist dagegen Art. 2 Abs. 1 IPBPR dahingehend auszulegen, dass der Anwendungsbereich des Paktes bereits eröffnet ist, wenn die Person nur der Hoheitsgewalt des Vertragsstaates unterliegt und sich nicht auch auf seinem Gebiet befindet. „Jurisdiction “ werde – so Schäfer – im Falle einer kriegerischen Besetzung sowie dann ausgeübt, wenn ein Staat mittels physischer Gewalt aktiv in Rechte eingreife.123 Nowak ist der Ansicht, dass eine Auslegung, welche dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 IPBPR über Gebühr Beachtung schenkt, oft zu absurden Ergebnisses führen würde. Deshalb habe eine systematische und teleologische Interpretation unter Berücksichtigung des geschichtlichen Hintergrundes der Norm zu erfolgen. Letzterer lege zwar offen , dass durch die Formulierung den Staaten gerade keine Pflicht zum Schutz solcher Personen auferlegt werden sollte, die lediglich seiner „jurisdictional authority“ unterstehen , sich aber nicht auf dem Staatsgebiet aufhielten. Es widerspreche aber – so Nowak – Ziel und Zweck des Paktes, wenn Staaten den IPBPR-Verpflichtungen nicht unterlägen, soweit sie durch Maßnahmen im Ausland in die Rechte von Personen eingreifen, die ihrer „sovereign authority“ unterstehen.124 3.2.2.4. Auffassung des Internationalen Gerichtshofes Der Internationale Gerichtshof (IGH) äußerte sich in seinem Gutachten betreffend die rechtlichen Konsequenzen der Errichtung einer Sperranlage in den besetzten palästinensischen Gebieten aus dem Jahre 2004 auch zur Frage der extraterritorialen Anwendbarkeit des Paktes. Im Rahmen einer Auslegung von Art. 2 Abs. 1 IPBPR stellte er fest, dass der Wortlaut dieser Bestimmung sowohl eine kumulative als auch eine alternative Leseart des territorialen und personalen Kriteriums zuließe. Nach Ziel und Zweck des Vertrages erscheine es – so der IGH – jedoch nur natürlich („natural“), dass die Vertragsstaaten auch im Falle extraterritorialen Handelns an den Pakt gebunden seien. Dieses Ergebnis werde sowohl von einer konstanten Praxis des Ausschusses für Menschenrechte als auch durch die vorbereitenden Arbeiten (travaux préparatoires) des Paktes gestützt. Infolgedessen sei der IPBPR auch auf Maßnahmen eines Staates, die sich als Ausübung seiner „jurisdiction“ darstellen, jedoch außerhalb seines Territoriums erfolgen , anwendbar.125 122 So Dennis, in: AJIL 99 (2005), S. 119, 122, 127. 123 Siehe Schäfer, S. 20, 22 ff. Siehe auch schon zu den Ausführungen Schäfers, oben S. 19 f. Diese gelten auch in Bezug zum IPBPR. 124 Siehe Nowak, Art. 2, Rn. 27 ff. 125 IGH, Mauergutachten (s.o. Fn. 53), Abs. 107 ff., 111. - 29 - 3.2.2.5. Fazit Festzuhalten bleibt, dass auch die extraterritoriale Geltung des Paktes umstritten ist. Während der Ausschuss für Menschenrechte und der IGH eine Anwendung befürworten , lehnen ein Teil der Staaten und der Literatur die extraterritoriale Anwendbarkeit des Paktes ab. 3.2.3. Derogation oder Modifizierung der IPBPR-Bestimmungen Im Falle eines Notstandes sieht Art. 4 Abs. 1 IPBPR die Außerkraftsetzung einiger IPBPR-Bestimmungen vor. Diese Bestimmung lautet: „Im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht und der amtlich verkündet ist, können die Vertragsstaaten Maßnahmen ergreifen, die ihre Verpflichtungen aus diesem Pakt in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, außer Kraft setzen, vorausgesetzt, dass diese Maßnahmen ihren sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht zuwiderlaufen und keine Diskriminierung allein wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion oder der sozialen Herkunft enthalten.“ Art. 4 Abs. 2 IPBPR zählt die notstandsfesten Rechte auf; Abs. 3 enthält eine Mitteilungspflicht . Im Hinblick auf die Derogation der IPBPR-Verpflichtungen durch ein Mandat des Sicherheitsrates unter Kapitel VII sowie eine im Einzelfall möglicherweise vorzunehmende Berücksichtigung der besonderen Umstände der Terrorismusbekämpfung bei der Bestimmung des Umfanges der jeweiligen Verpflichtung kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.126 4. Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts Das humanitäre Völkerrecht regelt das ius in bello und damit die Gesamtheit der Völkerrechtsregeln , die während eines bewaffneten Konfliktes für die im Konfliktgebiet befindlichen Personen und die völkerrechtliche Beurteilung der Kampfhandlungen gelten .127 Es gilt unbeeinflusst von der Frage des ius ad bellum, das heißt der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Krieges vor dem Hintergrund des völkerrechtlichen Gewaltverbotes .128 Die wesentlichen Kodifikationen des ius in bello erfolgten im sogenannten Haager Recht, insbesondere im IV. Haager Abkommen betreffend die Gesetze und Ge- 126 Siehe oben, Teil 3.1.3., S. 22 ff. 127 Siehe Hobe/Kimminich, S. 498. Ausführlicher zum Begriff des humanitären Völkerrechts siehe Gasser, S. 22 f. 128 Siehe Gasser, S. 25 f.; Hobe/Kimminich, S. 495; Klein, in: MRM 9 (2004), S. 5, 7. - 30 - bräuche des Landkrieges mit der Haager Landkriegsordnung als Anlage,129 und im sogenannten Genfer Recht. Das Haager Recht regelt im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich die Mittel und Methoden der Kriegsführung. Das Genfer Recht regelt den Schutz der Wehrlosen130 und besteht im Wesentlichen aus den vier Genfer Konventionen von 1949131 sowie den zwei Zusatzprotokollen aus dem Jahre 1977 (ZP I und ZP II).132 Es gliedert sich im Groben in die Bestimmungen, die den internationalen bewaffneten Konflikt betreffen, und solche, die den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt betreffen. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich vertraglich zur Beachtung der Haager Landkriegsordnung sowie der vier Genfer Konventionen mit ihren zwei Zusatzprotokollen verpflichtet.133 Die in den vier Genfer Konventionen enthaltenen Bestimmungen des humanitären Völkerrechts finden nach dem gleichlautenden Art. 2 Abs. 1 aller vier Genfer Konventionen Anwendung „in allen Fällen eines erklärten Krieges oder eines anderen bewaffneten Konflikts, der zwischen zwei oder mehreren der Hohen Vertragsparteien entsteht.“ In Abs. 2 wird hinzugefügt, dass die Abkommen auch in allen Fällen vollständiger oder teilweiser Besetzung des Gebietes einer Hohen Vertragspartei Anwendung finden. Es müsste daher in Afghanistan derzeit ein internationaler bewaffneter Konflikt oder eine Besetzung vorliegen, damit die vier Genfer Konventionen in Gänze zur Anwendung gelangen. Das Erste Zusatzprotokoll findet nach seinem Art. 1 Abs. 3 in den Situationen Anwendung , die in dem den vier Genfer Konventionen gemeinsamen Art. 2 bezeichnet sind. Art. 1 Abs. 4 ZP I erweitert diesen Anwendungsbereich auf „bewaffnete Konflikte, in denen Völker gegen Kolonialherrschaft und fremde Besetzung sowie gegen rassistische Regime in Ausübung ihres Rechts auf Selbstbestimmung kämpfen […].“ Die Bestimmungen des ZP I kämen somit auch dann zur Anwendung, wenn zwar kein internationa- 129 Abkommen, betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18.10.1907, RBGl. 1910, S. 107. 130 Vgl. Hess, S. 2 f. 131 I. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde vom 12.8.1949, BGBl. 1954 II, S. 783; II. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, Kranken und Schiffbrüchigen der Streitkräfte zur See vom 12.8.1949, BGBl. 1954 II, S. 813; III. Genfer Abkommen über die Behandlung der Kriegsgefangenen vom 12.8.1949, BGBl. 1954 II, S. 838; IV. Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12.8.1949, BGBl. 1954 II, S. 917, ber. 1956 II, S. 1586. 132 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I) vom 8.6.1977, BGBl. 1990 II, S. 1551; Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll II) vom 8.6.1977, BGBl. 1990 II, S. 1637. 133 Siehe zum Ratifikationsstand: http://www.icrc.org/ihl.nsf/Pays?ReadForm (Stand: 7.9.2007). Die USA hat die zwei Zusatzprotokolle zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. - 31 - ler bewaffneter Konflikt in Afghanistan vorläge, jedoch ein „Befreiungskampf“ im Sinne von Art. 1 Abs. 4 ZP I stattfände. In einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt kommen lediglich die rudimentären Regeln des allen vier Genfer Konventionen gemeinsamen Art. 3 als Mindeststandard beim Schutz der Wehrlosen zur Anwendung; die übrigen Regelungen der vier Genfer Konventionen sowie des Ersten Zusatzprotokolls sind nicht anwendbar. Ergänzt werden die Bestimmungen des gemeinsamen Art. 3 durch das Zweite Zusatzprotokoll, welches auf alle nicht-internationalen bewaffneten Konflikte Anwendung findet, „die im Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei zwischen deren Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaffneten Gruppen stattfinden, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebiets der Hohen Vertragspartei ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchzuführen und dieses Protokoll anzuwenden vermögen.“134 Art. 1 Abs. 2 ZP II fügt hinzu: „Dieses Protokoll findet nicht auf Fälle innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen Anwendung, die nicht als bewaffnete Konflikte gelten.“ In Afghanistan käme der gemeinsame Art. 3 folglich zur Anwendung, wenn vor Ort gegenwärtig ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt vorläge. Die Regeln des Zweiten Zusatzprotokolls wären nur dann anwendbar, wenn dieser nicht-internationale bewaffnete Konflikt auch den Anforderungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 ZP II entspräche. Neben der vertraglichen Pflicht zur Achtung des Haager und des Genfer Rechts spielt die völkergewohnheitsrechtliche Geltung einzelner Bestimmungen des humanitären Völkerrechts eine große Rolle.135 So beanspruchen der gemeinsame Art. 3 der vier Genfer Konventionen und die wesentlichen Bestimmungen der Genfer Konventionen betreffend den internationalen bewaffneten Konflikt auch völkergewohnheitsrechtliche Geltung .136 Umstritten ist hingegen, welche weiteren Bestimmungen, insbesondere des Zweiten Zusatzprotokolls, im Einzelnen völkergewohnheitsrechtlich im Rahmen eines nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes gelten.137 134 Art. 1 Abs. 1 ZP II. 135 So Gasser, S. 51 f. 136 Allgemeiner der IGH, Gutachten über die Legalität der Nuklearwaffen vom 8.7.1996, ICJ Reports 1996, S. 226, Abs. 82. Vgl. auch Heintschel v. Heinegg, in: AdV 41 (2003), S. 272, 275; Hess, S. 40 ff. Ipsen, in: Ipsen, S. 1217 bezeichnet die Einzelregelungen des gemeinsamen Art. 3 als allgemeine Grundsätze des Völkerrechts und untersucht auf S. 1227 die gewohnheitsrechtliche Geltung von Art. 1 Abs. 4 ZP II. Zu der Frage, ob der gemeinsame Art. 3 der Genfer Konventionen auch auf internationale bewaffnete Konflikte Anwendung findet, vgl. Künzli, S. 139 f. 137 Vgl. dazu Internationaler Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien, Berufungskammer, Prosecutor v. Dusko Tadic, Jurisdiktions-Entscheidung vom 2.10.1995, abrufbar unter: http://www.un.org/icty/tadic/appeal/decision-e/51002.htm (Stand: 6.9.2007), Abs. 71 ff.; Herdegen, S. 365 f.; Künzli, S. 144 ff. - 32 - Ob in Afghanistan oder in Teilen des Landes derzeit ein internationaler oder ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt vorliegt, der unter Umständen auch die weiteren Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 ZP II erfüllt, kann nur anhand des tatsächlichen Geschehens vor Ort beurteilt werden. So ist beispielsweise entscheidend, in welchen Regionen, mit welcher Intensität und zwischen welchen Akteuren gegenwärtig Kampfhandlungen stattfinden.138 Da diese Informationen nur in begrenztem Maße zugänglich sind, wird hier hauptsächlich in allgemeiner Form dargestellt, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen das humanitäre Völkerrecht Anwendung fände und nur soweit möglich ein Bezug zur derzeitigen Situation in Afghanistan hergestellt. 4.1. Internationaler bewaffneter Konflikt Die Existenz eines erklärten Krieges oder eines internationalen bewaffneten Konfliktes in Afghanistan ist Voraussetzung dafür, dass die Bestimmungen der vier Genfer Konventionen und des Ersten Zusatzprotokolls sowie diejenigen völkergewohnheitsrechtlichen Regeln, die internationale bewaffnete Konflikte betreffen, für die Konfliktparteien zur Anwendung gelangen. Eine Besetzung nach Art. 2 Abs. 2 der vier Genfer Konventionen liegt nicht vor. Ebenso stellt der „Krieg gegen den Terrorismus/War on Terrorism “ keinen „erklärten Krieg“ im Sinne des humanitären Völkerrechts (Art. 2 Abs. 1 der vier Genfer Konventionen) dar.139 Entscheidend ist daher, unter welchen Voraussetzungen ein internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt. Ein solcher setzt voraus, dass ein Staat als Konfliktpartei Waffengewalt gegen den völkerrechtlich geschützten Bereich des gegnerischen Staates einsetzt und dieser Waffeneinsatz dem Staat als Völkerrechtssubjekt zurechenbar ist.140 In der Staatenpraxis wird jede durch den Einsatz von militärischer Gewalt charakterisierte Konfrontation zwischen zwei oder mehreren Staaten als internationaler bewaffneter Konflikt angesehen.141 Die NATO-Staaten – unter ihnen die Bundesrepublik Deutschland – wenden im Rahmen der ISAF-Mission zur Erfüllung ihres Mandats zwar militä- 138 Die Ausarbeitung beschäftigt sich mit der Anwendung des humanitären Völkerrechts in der Gegenwart . Auf die Frage der möglichen Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts in der Vergangenheit , insbesondere im Jahre 2001, wird nicht eingegangen. Diese Frage hat auf die derzeitige Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts keine Auswirkungen. Zur Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts in der Vergangenheit, insbesondere Ende des Jahres 2001, in Afghanistan im Kampf gegen das Taliban-Regime, siehe: Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 65 ff.; Bruha, in: AdV 40 (2002), S. 383, 414; Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 174; Stahn, in: ZaöRV 62 (2002), S. 183, 193. 139 So weist die Literatur darauf hin, dass der Begriff des „Krieges gegen den Terrorismus“ im Hinblick auf die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts nur rhetorische Bedeutung hat, siehe Gaitanides , in: KritV 87 (2004), S. 129, 131; Stahn, in: ZaöRV 62 (2002), S. 183, 191; Wieczorek, S. 165 ff., insbesondere S. 174 f. Vgl. auch Thürer, in: ZSR 125 (2006), S. 157, 158 ff. und Vöneky, in: Fleck (Hrsg.), S. 147, 157, Fn. 51. 140 So Ipsen, in: Ipsen, S. 1223 ff. 141 Vgl. Gasser, S. 60. - 33 - rische Gewalt an, diese richtet sich allerdings nicht gegen den afghanischen Staat, sondern wird vielmehr mit dessen Einverständnis ausgeübt.142 Infolgedessen dürfte davon auszugehen sein, dass der Einsatz von Waffengewalt im Rahmen von ISAF nicht dazu führt, dass ein internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt. Auch der Einsatz militärischer Gewalt im Rahmen der OEF-Mission begründet keinen internationalen bewaffneten Konflikt, soweit er mit Zustimmung der afghanischen Regierung erfolgt. Eine solche Zustimmung der afghanischen Regierung dürfte vorliegen .143 Unter diesen Voraussetzungen dürfte davon auszugehen sein, dass jedenfalls das humanitäre Völkerrecht des internationalen bewaffneten Konfliktes grundsätzlich weder auf die ISAF- noch auf die OEF-Mission Anwendung findet,144 so dass zu untersuchen bleibt, ob das weniger ausgebildete humanitäre Völkerrecht des nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes anwendbar ist. Nach Art. 1 Abs. 4 ZP I gelten ausnahmsweise auch „Befreiungskämpfe“ im Rahmen des Ersten Zusatzprotokolls als internationale bewaffnete Konflikte. Ob der Kampf der Taliban-Anhänger gegen die afghanische (Übergangs-) Regierung und seine Verbündeten als ein solcher „Befreiungskampf“ des afghanischen Volkes gegen eine fremde Besetzung verstanden werden kann,145 erscheint jedoch zweifelhaft, da die Übergangsregierung von Karzai als rechtmäßige Vertretung des afghanischen Volkes anerkannt146 und seit der Wahl im Jahre 2005 auch demokratisch legitimiert ist. In Afghanistan liegt des Weiteren die Besonderheit vor, dass die an der ISAF- und der OEF-Mission teilnehmenden Staaten – unter ihnen auch die Bundesrepublik Deutschland – den afghanischen Staat mit dessen Zustimmung in seinem Kampf gegen Talibanund Al Quaida-Angehörige unterstützen. Ein solcher Konflikt, in dem ein Drittstaat auf Seiten der Regierung (oder auf Seiten einer nicht-staatlichen Konfliktpartei) interveniert , wird als internationalisierter oder gemischter Konflikt bezeichnet. Das humanitäre Völkerrecht weist für diesen internationalisierten Konflikt kein eigenes Regime anwendbarer Regeln auf, wie dies für den internationalen und den nicht-internationalen 142 Siehe dazu die Erklärung der NATO und Afghanistans vom 6.9.2006, abrufbar unter: http://www.hq.nato.int/docu/basictxt/b060906e.htm (Stand: 6.9.2007). 143 Siehe dazu die Abschlusserklärung der Internationalen Afghanistan-Konferenz 2004 in Berlin, Operativer Teil Nr. 1: Afghanistan habe OEF gewünscht und begrüßt (abrufbar unter: http://www.unikassel .de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/berlin-erklaerung.html (Stand: 6.9.2007)); sowie Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 174; Thürer, in: ZSR 125 (2006), S. 157, 163; Vöneky , in: Fleck (Hrsg.), S. 147, 157. 144 So im Ergebnis auch Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 69 ff., 74; Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 174 ff.; Thürer, in: ZSR 125 (2006), S. 157, 163. 145 Diskutiert von Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 71 f. Ablehnend Bruha, AdV 40 (2002), S. 383, 412. 146 So Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 72; siehe auch Wieczorek, S. 188. - 34 - Konflikt der Fall ist. Es herrscht vielmehr Uneinigkeit darüber, wie der internationalisierte Konflikt im humanitären Völkerrecht mit seinen Kategorien vom internationalen und nicht-internationalen Konflikt, die jeweils eigene Rechtsregime aufweisen, zu behandeln ist. Nach der herrschenden Ansicht findet im Verhältnis der staatlichen Konfliktparteien das humanitäre Recht des internationalen Konfliktes Anwendung; zwischen den staatlichen Konfliktparteien und den nicht-staatlichen Konfliktparteien sowie zwischen den nicht-staatlichen Konfliktparteien unter sich ist hingegen das Recht des nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes anwendbar.147 Für den Fall der Unterstützung des afghanischen Staates durch die an ISAF und OEF beteiligten Staaten kommt nach dieser Ansicht somit im Verhältnis der möglichen Konfliktparteien – das heißt auf der einen Seite Afghanistans und den es unterstützenden Staaten, auf der anderen Seite den Taliban- und Al Quaida-Kämpfern als nicht-staatliche Konfliktparteien – allenfalls das humanitäre Völkerrecht des nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes, nicht jedoch das des internationalen bewaffneten Konfliktes zur Anwendung. Es dürfte zusammenfassend davon auszugehen sein, dass in Afghanistan derzeit weder ein internationaler bewaffneter Konflikt noch ein „Befreiungskampf“ stattfindet. Selbst wenn ein internationalisierter bewaffneter Konflikt vorläge, dürfte dies nach ganz überwiegender Ansicht in der Literatur jedoch nicht dazu führen, dass das humanitäre Völkerrecht des internationalen bewaffneten Konfliktes in Bezug auf das Handeln deutscher Streitkräfte im Kampf gegen Taliban- und Al Quaida-Kämpfer zur Anwendung gelangt. 4.2. Nicht-internationaler bewaffneter Konflikt Die Bestimmungen des gemeinsamen Art. 3 der Genfer Konventionen kämen dann zur Anwendung, wenn in Afghanistan ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt . Über die Voraussetzungen, unter denen ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt, herrscht Uneinigkeit.148 Ursächlich hierfür ist, dass der gemeinsame Art. 3 der Genfer Konventionen keine Aussage darüber trifft, unter welchen Voraussetzungen ein nicht-internationaler bewaffneter 147 So bezeichnet Hess, S. 285 diese Ansicht, die sogenannte „Komponententheorie“, als allein geltendes Recht. Vgl. auch Hess, S. 150 ff. zu den weiteren Ansichten, die in der Literatur vertreten werden . Siehe zur herrschenden Meinung auch Gasser, S. 64 f.; Künzli, S. 133 ff. und Frostad, S. 54 ff. Frostad schlägt dabei vor, den gesamten Konflikt – de lege ferenda – den Regeln des internationalen bewaffneten Konfliktes zu unterstellen. Nach Oeter, in: AdV 40 (2002), S. 422, 439 ist es dagegen sinnvoller, im Verhältnis von intervenierender Drittmacht und nicht-staatlichen Akteuren die Regeln des internationalen bewaffneten Konfliktes und im Verhältnis der internen Konfliktparteien das Recht des nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes anzuwenden. Wieczorek, S. 182 wiederum schlägt vor, die Anwendbarkeit des humanitären Völkerrechts des internationalen bewaffneten Konfliktes davon abhängig zu machen, dass die nicht-staatliche Konfliktpartei eine Erklärung abgibt, ihrerseits die Bestimmungen der Genfer Abkommen einzuhalten. Die Abgabe einer solchen Erklärung von Seiten Al Quaidas erscheine jedoch – so Wieczorek – abwegig. 148 So Ipsen, in: Ipsen, S. 1217. - 35 - Konflikt vorliegt. Art. 1 Abs. 1 und 2 ZP II hingegen enthält nähere und eng umrissene Voraussetzungen, unter denen das Protokoll anwendbar ist. Da das Zweite Zusatzprotokoll auch Regelungen für den nicht-internationalen Konflikt trifft, könnte auch im Rahmen des gemeinsamen Art. 3 auf die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 und 2 ZP II abgestellt werden, wenn sich im Rahmen des gemeinsamen Art. 3 der Genfer Konventionen die Frage der Existenz eines nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes stellt. Wäre dieser Rückgriff auf Art. 1 Abs. 1 und 2 ZP II geboten, so käme der Mindeststandard des Art. 3 nur zur Anwendung, wenn die nicht-staatliche Konfliktpartei gemäß Art. 1 Abs. 1 ZP II eine effektive Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes einer Vertragspartei ausübte und zur Anwendung des humanitären Völkerrechts in der Lage wäre149 sowie wenn es sich nicht um bloße Fälle innerer Unruhen und Spannungen handelte .150 Wäre der Anwendungsbereich des gemeinsamen Art. 3 dagegen unabhängig vom Zweiten Zusatzprotokoll zu bestimmen, so könnte ein bewaffneter Konflikt im Rahmen des gemeinsamen Art. 3 auch unter weniger strengen Voraussetzungen vorliegen .151 Die herrschende Ansicht vertritt zwar, dass der gemeinsame Art. 3 einen gegenüber dem Zweiten Zusatzprotokoll eigenen, erweiterten Anwendungsbereich hat; sie schränkt diesen Anwendungsbereich jedoch ein, um nicht jeden innerstaatlichen Konflikt zu erfassen .152 In diesem Zusammenhang diskutiert die Literatur darüber, welche Intensität und welches Ausmaß die Waffengewalt erreichen muss und welche Bedingungen die nichtstaatliche Konfliktpartei in Bezug auf Organisationsgrad und das Maß der Kontrolle über ein Territorium erfüllen muss, damit von einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt gesprochen werden kann. In der Literatur und auch in der Praxis herrscht dabei weitgehend Einigkeit darüber, dass der gemeinsame Art. 3 nur in kollektiv unter Einsatz von Waffengewalt geführten Auseinandersetzungen angewendet werden kann, in denen ein gewisses qualifiziertes Maß an Gewalt und an Koordination der Handlungen der nichtstaatlichen Akteure zu beobachten ist.153 Die Berufungskammer des Internationalen Strafgerichtshofes für das frühere Jugoslawien stellte für das Vorliegen eines nicht- 149 So Herdegen, S. 364 unter Heranziehung von Art. 1 Abs. 1 ZP II. 150 So Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 70; Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, 175. 151 So Bruha, in: AdV 40 (2002), S. 383, 418; Ipsen, in: Ipsen, S. 1217 f.; Gaitanides, in: KritV 87 (2004), S. 129, 133; Greenwood, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch, S. 42; Künzli, S. 142, der von einem weiteren Geltungsbereich spricht. Siehe auch Commentary des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Art. 1 ZP II, abrufbar unter: http://www.icrc.org/ihl.nsf/COM/475-760004?OpenDocument (Stand: 6.9.2007). 152 Vgl. Hess, S. 96 ff. 153 Vgl. Künzli, S. 142 f.; Vöneky, in: Fleck (Hrsg.), S. 147, 149 f.; Gaitanides, in: KritV 87 (2004), S. 129, 133 f. Vgl. auch Greenwood, in: Fleck (Hrsg.), Handbuch, S. 41, die darauf abstellt, dass die Auseinandersetzung die Größenordnung eines bewaffneten Aufruhrs oder eines Bürgerkrieges erreicht . Siehe die Darstellung der herrschenden Lehre bei Hess, S. 97 ff. - 36 - internationalen bewaffneten Konfliktes darauf ab, dass andauernde Waffengewalt („protracted armed violence“) zwischen der staatlichen Hoheitsgewalt und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen innerhalb eines Staates vorliegt .154 Ob und falls ja, in welchen Gebieten diese Voraussetzungen gegenwärtig in Afghanistan erfüllt sind, hängt von den tatsächlichen Umständen ab. Keiner Antwort zugeführt werden kann dabei die Frage, ob eine Differenzierung zwischen dem OEF- und dem ISAF-Einsatz aufgrund der unterschiedlichen Mandate erfolgen muss oder ob eine solche Differenzierung nicht möglich ist, da es auf die tatsächlichen Umstände vor Ort ankommt und sich die Einsatzgebiete von OEF und ISAF räumlich überschneiden. In der Literatur kommt Arai-Takahashi zu dem Schluss, die Kämpfe zwischen den Taliban - und Al Quaida-Angehörigen gegen die an der OEF-Mission teilnehmenden Staaten können im Jahre 2003 als nicht-internationaler bewaffneter Konflikt klassifiziert werden .155 Nach Thürer liegt im Jahre 2006 in gewissen Teilen Afghanistans ein nichtinternationaler bewaffneter Konflikt vor, der zwischen der von den alliierten Staaten unterstützten afghanischen Regierung und verschiedenen bewaffneten Gruppen, unter anderem den Taliban und Al Quaida, ausgetragen werde.156 Schmidt-Radefeldt äußert dagegen Zweifel daran, ob ein bewaffneter Konflikt im Jahre 2005 in Afghanistan existiert. Er ist der Ansicht, dass es sich aufgrund der lückenhaften Informationslage nicht mit letzter Sicherheit sagen lasse, ob der Kampf gegen den Terrorismus in Afghanistan das Ausmaß eines bewaffneten Konfliktes angenommen habe. Die Intensitätsschwelle zum bewaffneten Konflikt wäre erreicht – so Schmidt-Radefeldt –, wenn die terroristische Bedrohung Dimensionen eines bewaffneten Angriffes annehme , der über sporadische Attentate und Anschläge hinausgehe. Die terroristischen Gewaltakte müssten Bestandteil eines umfassenden und zentral gesteuerten Planes sein. Seiner Ansicht nach wiesen allenfalls die in der paschtunischen Bevölkerung verwurzelten Taliban- und Hekmatyar-Milizen rechtliche Elemente einer Guerillapartei auf, auf die der Anwendungsbereich des humanitären Völkerrechts im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt zugeschnitten sei. Des Weiteren müssten auch die antiterroristischen Maßnahmen der Regierung oder deren ausländischer Helfer in kriegsähnlicher Form erfolgen. Gezielte, punktuelle Zugriffe auf Terroristenlager, sogenannte „snatch operations “, die eher polizeilichen als militärischen Charakters seien, blieben unterhalb der 154 ICTY, Berufungskammer, Prosecutor v. Dusko Tadic, Entscheidung vom 2.10.1995 (s.o. Fn. 144), Abs. 70. 155 Siehe Arai-Takahashi, in: YIHL 5 (2002), S. 61, 70, siehe auch S. 72 ff. zu ISAF. 156 Siehe Thürer, in: ZSR 125 (2006), S. 157, 163. - 37 - Anwendungsschwelle des humanitären Völkerrechts, jedenfalls solange sie nicht auf nennenswerte militärische Gegenwehr stießen.157 Auch Wieczorek vertritt die Ansicht, dass die Schwelle zum bewaffneten Konflikt nicht übertreten sei, wenn die afghanische Regierung mit der Unterstützung militärischer Einheiten der verbündeten Staaten mit polizeilichen Mitteln verbliebene Al Quaida- Kämpfer aufspürt, um sie strafrechtlich zu verfolgen. Erst wenn die Verfolgung in erhöhtem Maße mit militärischen Mitteln erfolge, werde die Schwelle zum bewaffneten Konflikt überschritten.158 Nach Bruha müssten die Auseinandersetzungen einen „kollektiven Charakter“ aufweisen , um einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt im Sinne des gemeinsamen Art. 3 darzustellen. Auseinandersetzungen mit terroristischen Gruppierungen erfüllten diese Voraussetzung nicht.159 Die Frage, ob ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt derzeit in Afghanistan vorliegt , stellt sich verschärft im Hinblick auf die erhöhten Anwendungsvoraussetzungen des Zweiten Zusatzprotokolls (Art. 1 ZP II).160 Insbesondere erscheint es zweifelhaft, ob die Taliban- und Al Quaida-Anhänger eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitsgebietes einer Vertragspartei ausüben, dass sie das Zweite Zusatzprotokoll anzuwenden vermögen. 4.3. Fazit Nach herrschender Ansicht dürfte davon auszugehen sein, dass in Afghanistan derzeit kein internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt. Ob dagegen ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt gegeben ist, hängt von den tatsächlichen Umständen vor Ort ab und kann daher nicht abschließend beurteilt werden. 5. Verhältnis zwischen den Grund- und Menschenrechten und dem humanitären Völkerrecht Für das Handeln der deutschen Staatsgewalt in Afghanistan gelten im bereits erörterten Umfang die Grundrechte des Grundgesetzes sowie menschenrechtliche Bestimmungen. 157 Schmidt-Radefeldt, in: Pradetto (Hrsg.), S. 165, S. 174 ff., vgl. auch Gaitanides, in: KritV 87 (2004), S. 129, 133 und Oeter, AdV 40 (2002), S. 422, 451. Die Frage, ob ein nicht-internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt, wenn die Zugriffe auf nennenswerte militärische Gegenwehr stoßen, wird von den Autoren offen gelassen. 158 Wieczorek, S. 188 f. 159 Bruha, in: AdV 40 (2002), S. 383, 418 unter Hinweis auf eine in der Zukunft mögliche veränderte Interpretation, die es erlaubt, das humanitäre Völkerrecht auf diese neue Konfliktsituation zur Anwendung zu bringen 160 Siehe zu dessen Voraussetzungen bereits oben, S. 31. - 38 - Unter der Voraussetzung, dass Deutschland in Afghanistan Konfliktpartei eines bewaffneten Konfliktes ist, käme auch das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung. Der Anwendungsbereich dieser drei Regelungsbereiche – der nationalen Grundrechte, völkerrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte (insbesondere der EMRK und dem IPBPR) und des humanitären Völkerrechts (insbesondere des gemeinsamen Art. 3 der vier Genfer Konventionen) – würde sich somit überschneiden. Dies führt zu der Frage, in welchem Verhältnis diese drei Rechtsregime zueinander stehen und welchen Einfluss sie wechselseitig aufeinander ausüben. In Literatur, Rechtsprechung und in der Staatenpraxis herrscht diesbezüglich Uneinigkeit. 5.1. Verhältnis der Menschenrechte zum humanitären Völkerrecht Insbesondere das Verhältnis zwischen menschenrechtlichen Bestimmungen und dem humanitärem Völkerrecht ist Gegenstand einer Diskussion, in welcher sich im Wesentlichen zwei Grundpositionen gegenüber stehen. 5.1.1. Alternative Geltung der Rechtsbereiche Auf der einen Seite vertreten Stimmen insbesondere in der älteren Literatur, dass Menschenrechtsverträge mit Vorliegen eines bewaffneten Konfliktes ipso facto beendet oder suspendiert seien. Dies würde dazu führen, dass lediglich eine alternative, nicht jedoch eine kumulative Geltung der beiden Rechtsregime in Betracht käme. In einem bewaffneten Konflikt gälten folglich keine menschenrechtlichen Garantien (Geltungsvorrang des humanitären Völkerrechts).161 Diese Auffassung stützt sich darauf, dass die beiden Rechtsbereiche unterschiedliche Regelungsgehalte aufweisen: Während die Menschenrechte primär das Verhältnis der Staaten zu ihren Staatsangehörigen bzw. Einwohnern in Friedenszeiten regelten, sei das humanitäre Völkerrecht auf den Schutz der feindlichen Staatsangehörigen in Zeiten des bewaffneten Konfliktes ausgerichtet.162 Diese Ansicht scheint sich auch in Äußerungen der USA und Israels wiederzufinden.163 So berief sich die USA gegenüber der Inter-Amerikanischen Kommission für Menschenrechte im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Terrorverdächtigen in Guantanamo Bay darauf: „[I]nternational human rights law is not applicable to the conduct of hostilities or the capture and detention of enemy combatants, which are governed by the more specific laws of armed conflict.”164 Israel begründete seine Position, 161 So insbesondere Meyrowitz, in: Revue du droit public 88 (1972), S. 1059, 1104 f.; ähnlich Dennis, AJIL 99 (2005), S. 119, 132 ff. Vgl. auch die Darstellung bei Lorenz, S. 200 ff.; Künzli, S. 105 f.; Schäfer, S. 10 ff. 162 Siehe Meyrowitz, in: Revue du droit public 88 (1972), S. 1059, 1104 f. Vgl. Kimminich, S. 32 f. zu der Ansicht von Meyrowitz sowie Schäfer, S. 11. 163 Vgl. Lorenz, S. 211 f. 164 Zitiert bei Stahn, in: ZaöRV 62 (2002), S. 183, 207. - 39 - der IPBPR finde im Gazastreifen und in der West Bank keine Anwendung, gegenüber dem Ausschuss für Menschenrechte wie folgt: „Israel has consistently maintained that the Covenant does not apply to areas that are not subject to its sovereign territory and jurisdiction. This position is based on the well-established distinction between human rights and humanitarian law under international law.”165 5.1.2. Parallele Geltung der Rechtsbereiche Die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur, der Ausschuss für Menschenrechte und die Mehrzahl der Staaten gehen hingegen davon aus, dass das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte parallel anwendbar sind.166 Als Begründung wird aufgeführt, dass viele der Menschenrechtsverträge in ihren Notstandsklauseln gerade Regelungen für den Fall eines bewaffneten Konfliktes treffen und diese entbehrlich wären, wenn der Vertrag bereits grundsätzlich in einer solchen Situation nicht gelte.167 Auch wiesen die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts selbst ausdrücklich auf die Fortgeltung menschenrechtlicher Regeln hin – so in Art. 72 ZP I und in Absatz 2 der Präambel ZP II. Der IGH hat den Grundsatz der parallelen Geltung in seinem Gutachten betreffend die rechtlichen Konsequenzen der Errichtung einer Sperranlage in den besetzten palästinensischen Gebieten aus dem Jahre 2004 folgendermaßen ausgedrückt: „More generally, the Court considers that the protection offered by human rights conventions does not cease in case of armed conflict, save through the effect of provisions for derogation of the kind to be found in Article 4 of the International Covenant on Civil and Political Rights. As regards the relationship between international humanitarian law and human rights law, there are thus three possible situations: some rights may be exclusively matters of international humanitarian law; others may be exclusively matters of human rights law; yet others may be matters of both these branches of international law. In order to answer the question put to it, the Court will have to take into consider- 165 Siehe Israels zweiter Bericht vom 4.12.2001, VN Doc. CCPR/C/ISR/2001/2, Abs. 8. 166 Vgl. Ausschuss für Menschenrechte, General Comment Nr. 31 (s.o. Fn. 116), Abs. 11. Nach Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 67 dürfte an der grundsätzlich parallelen Anwendbarkeit kein Zweifel bestehen . Siehe auch Gasser, in: GYIL 45 (2002), S. 149, 161 f.; ders., S. 28 ff.; Gillard, in: Coomans /Kamminga (Hrsg.), S. 25, 35; Heintze, in: IRRC 86 (2004), S. 789, 795; Herdegen, S. 368 f.; Klein, in: MRM 9 (2004), S. 5, 14 f.; Kimminich, S. 29 ff.; Krieger, in: ZaöRV 62 (2002), S. 669, 691 unter Hinweis auf die Staatenpraxis und Akte des Sicherheitsrates und der Generalversammlung der Vereinten Nationen; Künzli, S. 100 ff.; Lorenz, S. 203 ff.; Rensmann, in: Weingärtner (Hrsg.), S. 49, 51; Röben, in: Grote/Marauhn, Kap. 5, Rn. 91; Schäfer, in: Weiß (Hrsg.), S. 5 spricht von einer fast allgemeinen Rechtsauffassung; Stahn, in: ZaöR 62 (2002), S. 183, 206. 167 So Klein, in: MRM 9 (2004), S. 5, 14; Schäfer, S. 13 f.; vgl. auch Lorenz, S. 203 f. zu weiteren Argumenten . - 40 - ation both these branches of international law, namely human rights law and, as lex specialis, international humanitarian law.”168 Wie die beiden Rechtsbereiche – das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte – dogmatisch zueinander stehen, ist in der Literatur umstritten.169 Die herrschende Meinung geht von einem Komplementaritätsverhältnis aus, in welchem sich die Regime grundsätzlich unabhängig voneinander gegenüberstehen.170 Ohne praktische Konsequenzen und relevant wohl nur de lege ferenda wird von anderer Seite ein integrativer Ansatz vertreten, welcher das Regime des humanitären Völkerrechts und das der Menschenrechte unter einem Oberbegriff zusammenführen will.171 Von praktischer Bedeutung ist dagegen, wie das Problem des konkurrierenden Geltungsanspruches der beiden Regime vor dem Hintergrund der parallelen Anwendung beider Rechtsbereiche zu lösen ist. Sachverhalten, die jeweils nur von einem der Rechtsbereiche erfasst und einer Regelung zugeführt werden, stehen Fälle gegenüber, in denen sowohl das humanitäre Völkerrecht als auch menschenrechtliche Bestimmungen einen bestimmten Sachverhalt regeln und diesbezüglich zu eigenen, unter Umständen widersprüchlichen Anordnungen kommen.172 Die Lösung dieser möglichen Konflikte ist nicht abschließend geklärt;173 im Folgenden können deshalb nur Grundsätze für eine mögliche Auflösung der Konfliktsituationen genannt werden. So kann eine Konfliktsituation durch Auslegung behoben werden. Menschenrechtliche Bestimmungen sind im Lichte des humanitären Völkerrechts auszulegen und umgekehrt die Regelungen des humanitären Völkerrechts im Lichte der Menschenrechte.174 Beispielsweise kann einerseits bei der Auslegung des Begriffes der Willkür in Art. 9 IPBPR, welcher nur willkürliche Inhaftierungen verbietet, auf Art. 42 IV. Genfer Konvention abgestellt werden; Inhaftierungen, die nach den Regeln des anwendbaren humanitären Völkerrechts erlaubt sind, wären dann nicht willkürlich.175 Andererseits kann 168 IGH, Mauergutachten (s.o. Fn. 53), Abs. 106. Vgl. auch IGH, Gutachten zu Nuklearwaffen (s.o. Fn. 143), Abs. 25. 169 Siehe zu diesem Streit allgemein Künzli, S. 105 ff.; Schäfer, S. 35 ff. 170 So Arnold, ZaöRV 66 (2006), S. 297, 302; Gasser, S. 28, 31 f.; Gillard, in: Coomans/Kamminga (Hrsg.), S. 25, 35; Schäfer, S. 39 f. 171 Auf die Relevanz nur de lege ferenda weist Lorenz, S. 205 hin. 172 Zu den möglichen Konfliktsituationen siehe Schäfer, S. 43 ff. 173 So auch Schäfer, S. 51. 174 Siehe Schäfer, in: Weiß (Hrsg.), S. 5, 6 f.; Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 77 ff. 175 Zu diesem Beispiel siehe Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 84. - 41 - beispielsweise die Definition der Folter aus der VN-Antifolterkonvention zur Inhaltsbestimmung des gleichen Begriffs im humanitären Völkerrecht herangezogen werden.176 Des Weiteren können Rechte, von denen in menschenrechtlichen Instrumenten eine Derogation zulässigerweise erfolgt ist, dennoch zur Anwendung kommen, soweit das humanitäre Völkerrecht diesbezüglich Regelungen trifft. Die parallelen Gewährleistungen des humanitären Völkerrechts wirken in diesen Fällen wie eine Art Auffangordnung .177 In anderen Fällen ist das humanitäre Völkerrecht gegenüber menschenrechtlichen Bestimmungen als lex specialis vorrangig anwendbar. Wann dies der Fall ist, ist jeweils im Einzelfall zu bestimmen, wobei die Regelungsdichte im jeweiligen Rechtsbereich als entscheidendes Kriterium angesehen wird.178 Die Regeln des humanitären Völkerrechts, die im internationalen bewaffneten Konflikt anwendbar sind, seien – so Stimmen in der Literatur – daher grundsätzlich vorrangig gegenüber menschenrechtlichen Bestimmungen anzuwenden, da sie umfassende Regelungen gerade für diese Situation enthielten. Die Regeln des humanitären Völkerrechts für den nicht-internationalen bewaffneten Konflikt hingegen seien nicht als spezielleres Recht vorrangig anzuwenden, da sie allenfalls rudimentäre Schutzgewährleistungen aufstellten.179 5.2. Verhältnis der Grundrechte zum humanitären Völkerrecht Für das Verhältnis der Grundrechte des Grundgesetzes zum humanitären Völkerrecht ist das zwischen diesen Rechtsbereichen innerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland existierende Rangverhältnis entscheidend. Innerstaatlich nehmen die Grundrechte als Verfassungsrecht in der deutschen Rechtsordnung einen Rang oberhalb der Regeln des allgemeinen Völkerrechts gemäß Art. 25 GG und des vertraglichen Völkerrechts gemäß Art. 59 GG ein.180 Damit gehen die Grundrechte als höherrangiges Recht in der deutschen Rechtsordnung dem humanitären Völkerrecht, so wie dieses 176 Zu diesem Beispiel und weiteren siehe Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 77 ff.; Gillard, in: Coomans /Kamminga (Hrsg.), S. 25, 36; Heintze, in: IRRC 86 (2004), S. 789, 795 ff.; Lorenz, S. 214 ff.; Schäfer, in: Weiß (Hrsg.), S. 5, 7; ders., S. 46 ff. 177 So Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 102 f.; Oeter, in: AdV 40 (2002), S. 422, 448 f.; siehe auch Schäfer, S. 50. 178 Siehe Schäfer, 50 f. Vgl. auch Krieger, in: ZaöRV 62 (2002), S. 669, 695, die auf den Regelungszweck und den sachlichen Zusammenhang abstellt. 179 So Gasser, S. 29 f.; Oeter, in: AdV 40 (2002), S. 422, 449 f. Siehe auch Schmidt-Radefeldt, in: Fleck (Hrsg.), S. 101, 103. Ähnlich Bothe, in: FS Tomuschat, S. 63, 89 unter Bezugnahme auf den Kriegsgefangenenstatus. 180 Siehe zu dieser Frage , WD 3 037/07, S. 16. - 42 - innerstaatlich gilt, vor.181 Allerdings gelten die Grundrechte im Falle eines bewaffneten Konfliktes – wie erörtert – unter Umständen nur innerhalb der Grenzen zulässiger Derogation und Modifikation.182 5.3. Fazit Festzuhalten bleibt, dass nach herrschender Meinung die Grund- und Menschenrechte neben dem humanitären Völkerrecht anwendbar bleiben. 181 Dabei bleibt die Bundesrepublik Deutschland auf der völkerrechtlichen Ebene grundsätzlich unabhängig von möglicherweise anderslautenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Beachtung des humanitären Völkerrechts verpflichtet. 182 Siehe dazu oben, Teil 2.2., S. 7 ff. - 43 - Literaturverzeichnis Arai-Takahashi, Yutaka, Disentangling legal quagmires: the legal characterisation of the armed conflict in Afghanistan since 6/7 October 2001 and the question of prisoners of war status, in: Yearbook of International Humanitarian Law 5 (2002), S. 61 ff. Arnold, Roberta, Human Rights in Times of Terrorism, in: ZaöRV 66 (2006), S. 297 ff. 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September 2007 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 3 - 1. Einleitung Im Rahmen der ISAF- und der OEF-Mission kooperieren die deutschen Streitkräfte mit anderen Staaten, mit Afghanistan sowie der NATO und den Vereinten Nationen. Diese Dokumentation behandelt die Frage, unter welchen Voraussetzungen möglicherweise auftretendes grund- und menschenrechtsrelevantes Verhalten im Zusammenhang mit der ISAF- und OEF-Mission der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden kann. In Bezug auf ISAF wirft dabei der Umstand, dass die NATO und die Vereinten Nationen an der Mission beteiligt sind, die Frage auf, ob und falls ja, unter welchen Voraussetzungen der NATO oder den Vereinten Nationen ein bestimmtes Verhalten der an den Missionen beteiligten Streitkräfte zuzurechnen ist und ob in diesem Fall eine Zurechnung an die Bundesrepublik Deutschland ausscheiden würde. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob der Bundesrepublik Deutschland grund- und menschenrechtsrelevantes Verhalten der Streitkräfte anderer an der ISAF- und/oder OEF-Mission beteiligter Staaten auch dann zuzurechnen ist, wenn die deutschen Streitkräfte dieses Verhalten lediglich mittelbar oder gar nicht unterstützen. 2. Zurechnung menschenrechtsrelevanten Verhaltens Die Zurechung eines Verhaltens an die Bundesrepublik Deutschland richtet sich, soweit es in Bezug auf menschenrechtliche Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen und im Gewohnheitsrecht relevant ist, nach dem Völkerrecht. Das Recht der Staatenverantwortlichkeit stellt Bestimmungen für die Zurechnung völkerrechtswidrigen Verhaltens auf. Es enthält die Regeln, die im Falle einer Verletzung von Primärnormen – in diesem Fall also der menschenrechtlichen Bestimmungen – eingreifen . Neben Fragen der Zurechnung regelt es, in welchen Fällen ein zurechenbares rechtswidriges Verhalten gerechtfertigt ist und welche Rechtsfolgen ein zurechenbares rechtswidriges Verhalten nach sich zieht. Umfassende vertragliche Regelungen des Rechts der Staatenverantwortlichkeit bestehen nicht, so dass vorwiegend völkergewohnheitsrechtliche Regeln heranzuziehen sind. Die völkergewohnheitsrechtlichen Regelungen des Rechts der Staatenverantwortlichkeit sind – jedenfalls in Teilen – in dem Entwurf1 der Völkerrechtskommission (International Law Commission) der Vereinten Nationen, einem Nebenorgan der Generalversammlung , zur Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen nie- 1 Vom 12.12.2001, Anlage der Resolution der VN-Generalversammlung Nr. 56/83 vom 12.12.2001, abgedruckt im Sartorius II, Nr. 6. - 4 - dergelegt. Der Entwurf regelt in Kapitel II die Zurechnung eines Verhaltens an einen Staat und in Kapitel IV die Verantwortlichkeit eines Staates im Zusammenhang mit Handlungen eines anderen Staates, insbesondere den Fall der Beihilfe. Nach Art. 4 des Entwurfes dürfte dem Sendestaat grundsätzlich das Handeln seiner Streitkräfte zuzurechnen sein, da diese Staatsorgane darstellen. Art. 16 des Entwurfes sieht die Verantwortlichkeit eines Staates, der einem anderen Staat bei der Begehung einer völkerrechtswidrigen Handlung Beihilfe oder Unterstützung leistet, unter der Voraussetzung vor, dass ersterer in Kenntnis der Umstände der völkerrechtswidrigen Handlung handelt und dass die Handlung völkerrechtswidrig wäre, wenn er sie selbst beginge. Crawford kommentiert diesen Entwurf der Völkerrechtskommission. Eine Zusammenstellung von Literatur zur Staatenverantwortlichkeit nimmt Provost vor. In der völkerrechtlichen Literatur behandelt zum Beispiel auch Ipsen das Recht der Staatenverantwortlichkeit und das Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit internationaler Organisationen. Mit dem Recht der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit internationaler Organisationen beschäftigt sich zur Zeit die Völkerrechtskommission und erarbeitet den Entwurf einer Regelung in Form von Artikeln zu diesem Thema.2 Bei der Zurechnung menschenrechtsrelevanten Verhaltens im Rahmen von ISAF und OEF ergeben sich aus dem Zusammenwirken Afghanistans als Aufenthaltsstaat und der an den beiden Missionen jeweils mit Truppen vor Ort beteiligten Staaten, den sogenannten Sendestaaten, sowie bei der ISAF-Mission zusätzlich aus der Beteiligung der Vereinten Nationen und der NATO besondere Probleme. Literatur und Rechtsprechung beschäftigen sich mit diesen Problemen der Zurechnung im Allgemeinen im Zusammenhang mit VN-Peacekeeping-Missionen und/oder VN-mandatierten Einsätzen. VNmandatierte oder autorisierte Einsätze sind zwar mit einem Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ausgestattet, werden aber unter der Führung einer anderen internationalen Organisation, zum Beispiel der NATO, oder einzelner Staaten vorgenommen .3 Die ISAF-Mission stellt einen solchen VN-mandatierten Einsatz unter Führung der NATO dar. Im Hinblick auf OEF gibt es – soweit ersichtlich – bisher keine Stellungnahmen in der Literatur. Da für die OEF-Mission keine ausdrückliche Ermächtigung des Sicherheitsrates vorliegt, dürfte sie wohl nicht als VN-mandatierter Einsatz zu bezeichnen sein. Ob hingegen eine implizite Ermächtigung des Sicherheitsrates vorliegt, scheint umstritten zu sein. Aussagen, die für VN-mandatierte Einsätze getroffen werden , können daher wohl nicht im Hinblick auf OEF herangezogen werden. Möglicherweise könnte aber für die Frage der Zurechnung in Bezug auf die OEF-Mission auf die 2 Siehe dazu unter http://www.un.org/law/ilc/ sowie insbesondere: Second report on responsibility of international organizations, vom 2. April 2004, VN Doc. A/CN.4/541 und Third report on responsibility of international organizations, vom 13. Mai 2005, VN Doc. A/CB.4/553. 3 So Lorenz, S. 251. - 5 - NATO-Luftoperation im Rahmen des Kosovo-Konfliktes abgestellt werden, hinsichtlich derer Zurechnungsfragen vereinzelt behandelt werden. In Bezug auf VN-mandatierte Einsätze (wie ISAF) ist umstritten, wie die Zurechung von Verhalten der Streitkräfte vor Ort zu erfolgen hat. Dabei beziehen sich die Aussagen in erster Linie auf die IFOR-Mission und deren Nachfolgemission SFOR sowie die KFOR-Mission im ehemaligen Jugoslawien, die ebenfalls VN-mandatierte Einsätze unter Führung der NATO darstellen. Neben einer Zurechnung nur an den jeweiligen Sendestaat wird diskutiert, das Verhalten ausschließlich, primär oder subsidiär den Vereinten Nationen, der NATO und/oder den anderen Sendestaaten zuzurechnen. Die herrschende Ansicht in der Literatur scheint das Verhalten der Truppen dem jeweiligen Sendestaat zuzurechnen. Lüders (Anlage 5) behandelt die Frage der Zurechnung im Zusammenhang mit dem deutschen SFOR-Kontingent im ehemaligen Jugoslawien. Er vertritt die Auffassung, mögliches völkerrechtswidriges Handeln könne ausschließlich der Bundesrepublik Deutschland als Sendestaat zugerechnet werden. Eine Zurechnung an die NATO oder die Vereinten Nationen scheitere daran, dass diese keine effektiven Steuerungs- und Weisungsmöglichkeiten hätten; die Übertragung von „operational control“ an die NATO sei hierfür nicht ausreichend. Donner (Anlage 2) kommt im Zusammenhang mit der IFOR-Mission im ehemaligen Jugoslawien ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Handeln nationaler Streitkräfte ihrem jeweiligen Sendestaat zuzurechnen ist. Die nationalen Kontingente seien keine Organe der NATO, da diese keine ausreichende Kontrolle über sie ausübe. Damit sei ihr Verhalten nicht der NATO zuzurechnen. Auch Krieger (Anlage 4) rechnet das Verhalten der Streitkräfte in Bezug auf die IFOR/SFOR- und KFOR-Missionen dem Sendestaat zu. Eine Zurechnung an die Vereinten Nationen und die NATO scheidet ihrer Ansicht nach hingegen aus. Es existiere zwar keine völkerrechtliche Regelung, die bestimmt, wann das Verhalten nationaler Streitkräfte einer internationalen Organisation im Wege der Organleihe zuzurechnen sei; entscheidend für diese Zurechnung sei jedoch nach der Rechtslogik – so Krieger – der Umfang der Kontrolle der Organisation über die nationalen Kontingente. Weder die Vereinten Nationen noch die NATO übten eine solche Kontrolle aus, die eine Zurechnung zur Folge hätte. Die bloße Ermächtigung durch den Sicherheitsrat und die Übertragung von „operational control“ an die NATO seien hierfür nicht ausreichend. Stein (Anlage 8) beschäftigt sich mit der Verantwortlichkeit der NATO-Mitgliedstaaten auf der einen Seite und der NATO selbst auf der anderen Seite für möglicherweise völ- - 6 - kerrechtswidriges Handeln im Rahmen des NATO-Luftwaffeneinsatzes im Kosovo im Jahre 1999. Eine Zurechnung an die NATO setze die effektive Kontrolle der Organisation über das konkrete Verhalten voraus; da die Entscheidung über die Luftangriffe auf der NATO-Ebene getroffen worden sei, sei diese Voraussetzung erfüllt. Allerdings habe die NATO gegenüber Jugoslawien mangels Anerkennung keine Rechtspersönlichkeit und damit scheide eine Haftung der Organisation aus. Selbst wenn die NATO verantwortlich sei, treffe die NATO-Mitgliedstaaten – so Stein – allerdings eine subsidiäre Haftung, sowohl gemeinsam als auch einzeln („jointly and severally“). Lorenz (S. 281 ff.) vertritt die Ansicht, den Sendestaaten, das heißt auch der Bundesrepublik Deutschland, sei das Verhalten ihrer nationalen Streitkräfte im Rahmen der ISAF-Mission zuzurechnen. Entscheidendes Kriterium sei die Kontrolle über den fraglichen Akt; diese verbleibe bei den nationalen Kommandeuren und gehe gerade nicht auf die NATO über. Das Verhalten der für die NATO vor Ort Befehle erteilenden Kommandeure sei ebenfalls ihrem Heimatstaat zuzurechnen, da auch diese nicht dem „full command“ des „Supreme Allied Commander Europe“ unterlägen. In Bezug auf Luftangriffe im Rahmen der NATO sei die ausgeübte oder ausübbare Kontrolle über die einstimmig zu treffende Entscheidung, welche Ziele getroffen werden sollen, ausschlaggebend . Angesichts des Einstimmigkeitsprinzips träfe jeden Staat eine aktive Einwirkungs-, Mitwirkung- und ggf. auch Verhinderungspflicht. Dementsprechend seien – so Lorenz – die einzelnen Staaten individuell und auch kollektiv verantwortlich, wenn sie dieser Pflicht nicht nachkommen. Eine Haftung der NATO tritt nach Ansicht von Lorenz nicht ein. Die Vereinten Nationen treffe hingegen eine subsidiäre Haftung, da sich die Einsätze letztlich auf sie zurückführen ließen und sie daher eine Einwirkungspflicht auf die Staaten haben, welche die Operationen durchführen. Auch der Ausschuss für Menschenrechte, das Überwachungsorgan des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, dürfte zu einer Zurechnung an den Sendestaat kommen. Er erklärte, dass die Rechte des Paktes auch für diejenigen gelten, die sich in der Gewalt oder unter der effektiven Kontrolle der Streitkräfte einer Vertragspartei befinden, die außerhalb des Staatsgebietes handelt. Dies sei auch dann der Fall, wenn die Truppen als nationales Kontingent Teil einer Peacekeeping- oder Peace- Enforcement-Operation seien.4 Eine andere Ansicht vertritt Sarooshi (S. 163 ff.). Nicht die Sendestaaten, sondern der Sicherheitsrat, und damit letztlich die Vereinten Nationen, trage – so Sarooshi – die primäre Verantwortlichkeit für das Verhalten der Streitkräfte im Rahmen eines VN- 4 Ausschuss für Menschenrechte, General Comment Nr. 31, Nature of the General Legal Obligation Imposed on State Parties to the Covenant, vom 26.5.2004, VN Doc. CCPR/C/21/Rev.1/Add.13, Abs. 10. - 7 - mandatierten Einsatzes. Eine Zurechnung erfolge zum einen unter der Voraussetzung, dass der Sicherheitsrat die „overall authority and control“ über den Einsatz habe; dabei sei nicht entscheidend, wer das „operational command“ ausübe. Zum anderen müssten die Truppen stellenden Staaten innerhalb der Mandatsgrenzen und gerade nicht ultra vires gehandelt haben. Die VN-Mitgliedstaaten, die unter dem VN-Mandat agierten, treffe eine sekundäre Verantwortlichkeit. Auch Weingärtner (Anlage 9) diskutiert, dass die Zurechnung des Verhaltens der Streitkräfte im Rahmen des KFOR-Einsatzes nicht an die Bundesrepublik Deutschland als Sendestaat, sondern an die Vereinten Nationen erfolge. Die nationalen Kontingente seien integrale Bestandteile eines VN-Mechanismus. Eine dritte Auffassung vertritt schließlich Pellet (Anlage 6). Er rechnet der NATO im Zusammenhang mit dem KFOR-Einsatz das Verhalten der nationalen Kontingente zu und tritt damit für eine ausschließliche Verantwortlichkeit der NATO ein. Die NATO habe internationale Rechtspersönlichkeit und die Staaten befolgten die Entscheidungen der NATO im Rahmen des Einsatzes. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg konnte die Frage, inwiefern die Mitgliedstaaten einer Internationalen Organisation für deren Verhalten verantwortlich sind, in der Bankovic-Entscheidung5 offen lassen. In dem Fall ging es um NATO-Lufteinsätze gegen einen Rundfunksender in Belgrad und die Verantwortlichkeit der NATO-Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien der Europäischen Menschenrechtskonvention sind, nach eben dieser Konvention. Auf den Vortrag der französischen Regierung, welche sich darauf berufen hatte, dass die Handlungen der NATO – die eine internationale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit sei – nicht aber deren Mitgliedstaaten zuzurechnen sei, ging der EGMR nicht ein. In der Behrami-Entscheidung6 aus dem Jahre 2007 stellte der EGMR Zurechnungsfragen in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Im Fall Behrami hatten der Vater eines beim Spielen mit einer Mine im Kosovo im Jahre 2000 verunglückten Jungen und dessen verletzter Bruder gegen Frankreich geklagt, welches die multinationale Truppe in diesem Sektor zur fraglichen Zeit leitete. Der Fall warf die Frage auf, ob das möglicherweise konventionswidrige Verhalten dem beklagten Konventionsstaat oder den Vereinten Nationen zuzurechnen sei. Der EGMR rechnete das fragliche Verhalten im Er- 5 Vlastimir und Borka Bankovic u.a. gegen Belgien und 16 andere NATO-Staaten, Entscheidung vom 12.12.2001, in: EuGRZ 2002, S. 133, Abs. 61 (in einer Übersetzung des Bundesministeriums der Justiz, überarbeitet von der EuGRZ). 6 Agim und Bekir Behrami gegen Frankreich, Entscheidung zur Zulässigkeit vom 2.5.2007, Antragsnr . 71412/01, abrufbar unter: http://cmiskp.echr.coe.int/tkp197/search.asp?sessionid=2103139&skin=hudoc-en (Stand: 11.9.2007). - 8 - gebnis den Vereinten Nationen zu. Dabei machte der EGMR eine Zurechnung des in Rede stehenden Verhaltens an KFOR und damit die Vereinten Nationen davon abhängig , dass die Übertragung der Kompetenzen des VN-Sicherheitsrates auf KFOR ausreichend umgrenzt ist. Dies sei der Fall, wenn der Sicherheitsrat die „ultimate authority and control“ behalte und er der NATO nur die militärische Operationsführung übertragen habe. Die KFOR-Mission erfülle diese Voraussetzungen, da die Sicherheitsratsresolution 1244 das Mandat hinreichend umgrenzt habe, indem sie das Ziel der Mission vorgegeben, die Verantwortlichkeiten zugewiesen sowie die anzuwendenden Mittel bestimmt habe. Schmidt-Radefeldt (Anlage 7) beschäftigt sich mit einem weiteren Problem, welches sich aus dem Zusammenwirken verschiedener Staaten im Rahmen einer Kooperation und Unterstützung im Antiterrorkampf ergibt. Problematisch sei die menschenrechtliche Verantwortlichkeit bei Beihilfehandlungen, wie zum Beispiel bei der Überstellung von Personen sowie bei der Ausspähung von Terroristenverstecken und der Weitergabe von entsprechenden Informationen an Drittstaaten. Das Völkerrecht verfüge zwar über keine dem deutschen Recht vergleichbare Teilnahmedogmatik – so Schmidt-Radefeldt –, immerhin führe der Entwurf der Völkerrechtskommission mit Art. 16 aber einen Beihilfetatbestand ein. Voraussetzung für die Zurechnung einer bestimmten Deliktsbegehung eines anderen Staates sei jedenfalls, dass die Unterstützung mit der Deliktsbegehung bewusst-kausal verknüpft sei. Überdies müsse der Hilfe leistende Staat Jurisdiktion ausüben ; dies sei bei einer Überstellung, nicht aber beim bloßen Ausspähen und der Weitergabe der Fall. Nur in ersterem Fall sei die Deliktsbegehung dem Hilfe leistenden Staat daher zurechenbar und er damit verantwortlich. 3. Zurechnung grundrechtsrelevanten Verhaltens Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur findet sich – soweit ersichtlich – keine unmittelbar einschlägige Auseinandersetzung mit der Problematik der Zurechung von grundrechtsrelevantem Verhalten an die deutsche öffentliche Gewalt im Rahmen von ISAF und/oder OEF. Allerdings behandelt Lorenz die Frage der Zurechnung von Verhalten bei internationaler Kooperation, ohne eine Unterscheidung zwischen grundund menschenrechtsrelevantem Verhalten zu machen.7 Der Bundesgerichtshof beschäftigte sich im Jahre 2007 mit Schadensersatzklagen, die von den Opfern – bzw. deren Angehörigen – eines NATO-Luftangriffes auf die Brücke der Kleinstadt Vavarin im ehemaligen Jugoslawien im Jahre 1999 angestrengt worden war. Im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach deutschem Staatshaftungsrecht äußerte sich der Bundesgerichtshof auch zu der Frage, wann der Bundesrepublik Deutsch- 7 Siehe Lorenz, S. 281 ff. - 9 - land die eigentlichen Luftangriffe, an denen deutsche Soldaten nicht beteiligt waren, zuzurechnen seien. Er kam zu dem Ergebnis, dass dies allenfalls dann der Fall sei, wenn Angehörige der deutschen Streitkräfte über Einzelheiten des konkreten Einsatzes informierte gewesen wären.8 Baufeld (Anlage 1) schlägt dagegen vor, es könne nicht allein auf die Unkenntnis vom konkreten Einsatz abgestellt werden, wenn diese daraus resultiere, dass die NATO- Staaten ihre Operationen einstimmig nach dem Grundsatz „need to know“ organisiert haben. Nach diesem Grundsatz werde jedem Einsatzteilnehmer nur so viel an Informationen über den Einsatz gegeben, wie zur Erfüllung seiner Aufgaben beim Einsatz erforderlich sei. Nach Baufeld greift ein sogenanntes Organisationsverschulden, nach dem eine Zurechnung nur dann ausscheidet, wenn Geheimhaltungsinteressen die Unkenntnis deutscher Stellen über das Ziel des Luftangriffes rechtfertigten. Dreist (Anlage 3) wirft im Zusammenhang mit dem KFOR-Einsatz die Frage auf, ob ein deutscher COMFOR oder ein deutscher Chef des Stabes beim NATO-HQ SHAPE angesichts seiner Funktion in der NATO noch an deutsches Verfassungsrecht gebunden ist. Einer Antwort führt Dreist diese Frage nicht zu. 8 3. Zivilsenat, Urteil vom 2.11.2006, - III ZR 190/05 -, BGHZ 169, 348 ff. - 10 - 4. 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