WD 2 – 3000 - 107/19 (1. Oktober 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Das BMWi stellt online ein Glossar zur Verfügung, das wichtige Begriffe aus dem Bereich der Rüstungsexportpolitik erläutert.1 Die Begriffe „(End-)Empfänger(-land), Endverbleibsland, (End-)Verwender, Bestimmungsland“ finden sich in der Terminologie der Rüstungsexportberichte der Bundesregierung, der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“2 sowie der Ausfuhrbestimmungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Begriffe werden z.B. in der Ausfüllungsanleitung zur Endverbleibserklärung erläutert.3 Die Reichweite des parlamentarischen Auskunftsrechts im Bereich der Rüstungsexporte ist weder verfassungsrechtlich noch einfachgesetzlich abschließend geregelt, sondern vielmehr weitgehend richterrechtlich ausgeprägt. Das Urteil des BVerfG vom 21. Oktober 2014 zum parlamentarischen Fragerecht im Bereich von Rüstungsexporten4 löst dabei das Spannungsfeld zwischen dem Auskunftsrecht der Abgeordneten auf der einen und dem Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung, dem Staatswohl und der Berufsfreiheit von Rüstungsunternehmen auf der anderen Seite in einer tendenziell exekutivfreundlichen Weise auf. In seiner Entscheidung konturiert und präzisiert das Gericht die Grenzen des parlamentarischen Auskunftsrechts . Dabei gesteht es der Regierung zu, dass bestimmte Abstimmungsprozesse innerhalb der Exekutive nicht „nach außen“ dringen sollen. Überdies schränkt das Gericht den parlamentarischen Informationsanspruch aufgrund von kollidierenden Grundrechten Dritter (Berufsfreiheit 1 BMWi, Glossar „Von Außenwirtschaftsgesetz bis Voranfrage“, https://www.bmwi.de/Navigation/DE/Service/Glossar/glossar.html. 2 Vgl. dazu Gutachten WD 2 - 3000 - 158/18 vom 21. November 2018, „Vergleich der Rüstungsexportgrundsätze der Bundesregierung mit dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zu Rüstungsexporten“, https://www.bundestag.de/resource/blob/586192/721738d3f205b2eba6986749bc818620/WD-2-158-18-pdfdata .pdf. 3 Vgl. Manual Completion of German End-Use Certificates (inkl. Glossar), https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aussenwirtschaft/afk_eve_ausfuellanleitung_eng_sonstige_gu eter.pdf?__blob=publicationFile&v=2. 4 BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 (2 BvE 5/11), http://www.bverfg.de/e/es20141021_2bve000511.html. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Zum parlamentarischen Fragerecht betreffend Rüstungsexporte Kurzinformation Zum parlamentarischen Fragerecht betreffend Rüstungsexporte Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 der Rüstungsexportunternehmer, Art. 12 GG) ein.5 Diese Einschränkung betrifft (rein) deutsche Rüstungsgüter ebenso wie Zulieferteile und Komponenten für multinationale Rüstungsprojekte (Gemeinschaftsprojekte). In seinem Urteil vom 21. Oktober 2014 hat das BVerfG bestimmte Angaben und Informationen zu Rüstungsexporten, soweit diese z.B. interne Beratungsvorgänge innerhalb der Exekutive betreffen oder aber schutzwürdige Interessen der Rüstungsunternehmen berühren, aus dem parlamentarischen Auskunftsanspruch gewissermaßen „herausdefiniert“, indem es feststellt, dass solche Angaben „verfassungsrechtlich nicht geboten“ seien. Das BVerfG wird an verschiedenen Stellen des Urteils recht konkret, um welche Art von Angaben und Informationen es sich dabei handelt.6 Die Feststellungen des BVerfG (Tenor und tragende Gründe) sind gem. § 31 Abs. 1 BVerfG- Gesetz für die Verfassungsorgane des Bundes bindend.7 Wenn es im Einzelfall darum geht, das konkrete Auskunftsbegehren der Abgeordneten unter die allgemeinen Feststellungen des BVerfG zu subsumieren und damit den parlamentarischen Auskunftsanspruch hinsichtlich einer „Detailinformation“ zu präzisieren, so genießt die Bundesregierung zudem einen gewissen Interpretationsspielraum. Die Bundesregierung macht zu den positiven Genehmigungsentscheidungen des Bundessicherheitsrats – negative Entscheidungen werden aus außenpolitischen Gründen nicht weiter kommentiert – in der Regel folgende Angaben: ad 1) zum Rüstungsgut als solchem, ad 2) zu seinem Wert, ad 3) zum Endempfängerland sowie ad 4) zum Unternehmen, welches die Ausfuhrgenehmigung erhalten hat. Der parlamentarische Auskunftsanspruch zu den genannten vier „Eckpunkten“ einer Genehmigungsentscheidung kann jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich weit ausfallen. Allgemeingültige Aussagen zur Reichweite des Auskunftsanspruchs lassen sich damit ex ante nur schwer treffen. 5 In Rdnr. 192 des BVerfG-Urteils heißt es: „Unverhältnismäßig wäre insbesondere die Offenlegung von Angaben, die Rückschlüsse auf die Preisgestaltung oder auf Spezifikationen des Rüstungsguts sowie auf handelnde Personen der an dem Geschäft beteiligten Unternehmen oder Staaten zuließen. An diesen Daten besteht auch kein berechtigtes Informationsinteresse, weil sie für die parlamentarische Kontrolle der Regierungstätigkeit nicht erforderlich sind.“ 6 In Rdnr. 182 des BVerfG-Urteils heißt es: „Zu derartigen Geheimnissen zählen etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher , Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können (BVerfGE 115, 205 <230 f.>; vgl. auch BVerfGE 128, 1 <56>). Als Betriebsgeheimnisse kommen vorliegend unter anderem die konkreten technischen Daten und Spezifikationen der einzelnen Kriegswaffen in Betracht, als Geschäftsgeheimnisse insbesondere die Details der vertraglichen Vereinbarungen wie etwa Lieferzeiten und -orte, Preise und Preisbestandteile , Zahlungsbedingungen und Angaben zu den beteiligten Zulieferunternehmen.“ 7 Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Kommentar, München: Beck, 8. Auflage 2019, § 31 Rdnr. 30 ff. Kurzinformation Zum parlamentarischen Fragerecht betreffend Rüstungsexporte Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 3 Vor dem Hintergrund des aufgezeigten Spannungsfeldes zwischen den widerstreitenden Interessen und den entsprechenden Feststellungen des BVerfG muss die Bundesregierung vielmehr von Fall zu Fall entscheiden, welche Informationen an die Abgeordneten weitergegeben werden dürfen . Sensibel erscheinen dabei insbesondere Informationen über Rüstungsgüter, die Rückschlüsse auf Betriebsgeheimnisse der exportierenden Unternehmen (Preisgestaltung etc.) zulassen. Das BVerfG stellt dabei explizit auf die schutzwürdigen Interessen Dritter ab. Will sich die Bundesregierung gegenüber Dritten nicht schadensersatzpflichtig machen, muss sie entsprechende Angaben zu Lieferkonstellationen gegenüber dem Parlament nachgerade verweigern. ***