WD 2 – 3000 - 098/19 (21. August 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Im Verteidigungsfall (vgl. Art. 115a Abs. 1 GG) geht die Befehls- und Kommandogewalt des Bundesverteidigungsministers / der Bundesverteidigungsministerin (Art. 65a GG) auf den Bundeskanzler / die Bundeskanzlerin über (Art. 115b GG).1 Dieser/diese wird Oberbefehlshaber/in der Streitkräfte und verdrängt den Minister / die Ministerin aus der militärischen Befehlshierarchie.2 Der Bundeskanzler / die Bundeskanzlerin bleibt aber auch im Verteidigungsfall (genauso wie der Verteidigungsminister / die Verteidigungsministerin in Friedenszeiten) Zivilist/-in. Er/sie wechselt statusrechtlich während des bewaffneten Konflikts (also im Verteidigungsfall) nicht in den Soldatenstatus.3 Die Befehls- und Kommandogewalt verbleibt vielmehr zu jeder Zeit in den Händen eines parlamentarisch verantwortlichen Regierungsmitglieds.4 Der/die Inhaber/-in der Befehls - und Kommandogewalt ist – anders als in vielen anderen Staaten – daher nicht selber Teil der Streitkräfte, welche nur die militärischen Angehörigen der Bundeswehr umfassen.5 Dies entspricht der Wertung des Art. 66 GG, wonach Bundeskanzler / Bundeskanzlerin und Verteidigungsminister / Verteidigungsministerin „kein anderes besoldetes Amt“ innehaben haben dürfen.6 1 Vgl. dazu den Beitrag von Reinhard Müller, „Wann kommandiert Frau Merkel?“, FAZ v. 30. Dezember 2009, https://www.faz.net/aktuell/politik/staat-und-recht/aus-der-wissenschaft-wann-kommandiert-frau-merkel- 1894361.html. 2 Jarass, in: Jarass/Pieroth, Grundgesetz. Kommentar, München, 15. Aufl. 2018, Art. 115b Rdnr. 1 m.w.N. 3 Schmidt-Radefeldt, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, München: Beck, 2. Aufl. 2013, Art. 115b Rdnr. 8. 4 Müller-Franken/Uhle, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 14. Aufl. 2018, Art. 65a Rdnr. 3. 5 Hernekamp, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Bd. 3, München, 5. Aufl. 2003, Art. 115b Rdnr. 7. 6 Vgl. für viele Müller-Franken/Uhle, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, 14. Aufl. 2018, Art. 65a Rdnr. 25 m.w.N. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Rechtsstatus des Bundeskanzlers / der Bundeskanzlerin im Verteidigungsfall Kurzinformation Rechtsstatus des Bundeskanzlers / der Bundeskanzlerin im Verteidigungsfall Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Im bewaffneten Konflikt werden Soldaten zu Kombattanten. Der kriegsvölkerrechtliche Kombattantenstatus 7 ist in Art. 43 des 1. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen (ZK I/GK)8 geregelt . Dieser lautet: „(1) Die Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei bestehen aus der Gesamtheit der organisierten bewaffneten Verbände, Gruppen und Einheiten, die einer Führung unterstehen , welche dieser Partei für das Verhalten ihrer Untergebenen verantwortlich ist; dies gilt auch dann, wenn diese Partei durch eine Regierung oder ein Organ vertreten ist, die von einer gegnerischen Partei nicht anerkannt werden. (…). (2) Die Angehörigen der Streitkräfte einer am Konflikt beteiligten Partei (…) sind Kombattanten , das heißt, sie sind berechtigt, unmittelbar an Feindseligkeiten teilzunehmen.“ Der Kombattantenstatus ist also an die Mitgliedschaft in den Streitkräften9 – und mithin an den Soldatenstatus – gebunden. Der/die Inhaber/-in der Befehls- und Kommandogewalt nach dem Grundgesetz (Art. 65a GG, Art. 115b GG) ist damit kein/e Kombattant/-in.10 *** 7 Art. 3 der Haager Landkriegsordnung (HLKO) v. 18. Oktober 1907 (online abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19070034/index.html) verwendet den Begriff des Kombattanten (und Nichtkombattanten), ohne ihn allerdings zu definieren. 8 Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte (Protokoll I) vom 8. Juni 1977, BGBl. 1990 II S. 1551, online abrufbar unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19770112/201407180000/0.518.521.pdf. 9 Die HLKO verwendet in Art. 1 den Begriff des „Heeres“ bzw. in Art. 3 den Begriff der „bewaffneten Macht“. 10 Schmidt-Radefeldt, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, München: Beck, 2. Aufl. 2013, Art. 65a Rdnr. 11.