© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 094/16 Truppenbesuchsrechte im NATO-Gebiet Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. 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Einleitung Im Juni 2016 versagte die Türkei dem Parlamentarischen Staatssekretär bei der Bundesverteidigungsministerin , Ralf Brauksiepe, und anderen Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die beabsichtigten, auf der türkischen Luftwaffenbasis in Incirlik stationierte deutsche Soldaten zu besuchen, die hierfür erforderliche Erlaubnis. Soweit ersichtlich, handelt es sich dabei um einen beispiellosen Vorgang.1 Hintergrund der Erlaubnisversagung ist offenbar die am 2. Juni 2016 verabschiedete Armenien-Resolution des Deutschen Bundestages2, in der die Verfolgung der Armenier durch das Osmanische Reich im Jahr 1915 als Völkermord bezeichnet wurde.3 Weder die Gespräche der – ersatzweise nach Incirlik gereisten – Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen noch die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführten Gespräche mit der türkischen Seite haben bislang dazu geführt, dass den betreffenden Abgeordneten der geplante Truppenbesuch in Incirlik ermöglicht wird. Der vorliegende Sachstand befasst sich mit der Frage, inwiefern Regierungs- bzw. Parlamentsmitglieder eines NATO-Mitgliedstaates berechtigt sind, ihre in einem anderen NATO-Mitgliedstaat stationierten Truppen zu besuchen. Hierzu werden zunächst die insoweit in Betracht kommenden völkerrechtlichen Verträge untersucht (2.), bevor das Völkergewohnheitsrecht in den Blick genommen wird (3.). 2. Völkervertragliche Regelungen Besondere Bedeutung für das Stationierungsrecht im NATO-Gebiet haben das NATO-Truppenstatut (2.1.) und sein Zusatzabkommen (2.2.), der Aufenthaltsvertrag (2.3.) und die sogenannten status of forces agreements (2.4.). 1 Nach Auskünften des Auswärtigen Amts, der Sekretariate des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages sowie des Referats Wissenschaft und Außenbeziehungen der Bundestagsverwaltung (WI 3) liegen dort keine Erkenntnisse darüber vor, dass schon einmal ein geplanter Truppenbesuch – über eine Terminsverschiebung hinaus – versagt worden wäre. Allerdings verfügen zumindest die genannten Stellen des Deutschen Bundestages nicht über eine erschöpfende Dokumentation der Einzelheiten aller geplanten Truppenbesuche. 2 BT-Drs. 18/8613 vom 31. Mai 2016. 3 Süddeutsche Zeitung, Unerwünschte Parlamentarier, Ausgabe vom 11. Juli 2016, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 094/16 Seite 5 2.1. NATO-Truppenstatut Das NATO-Truppenstatut4 regelt das Recht des Aufenthalts der Truppe eines NATO-Mitgliedstaates in einem anderen NATO-Mitgliedstaat. Auf Grund eines weiteren, mit den übrigen Mitgliedstaaten der „Partnerschaft für den Frieden“ geschlossenen Abkommens5 findet das NATO- Truppenstatut auch auf diese Anwendung. Eine ausdrückliche Bestimmung dazu, inwiefern Mitglieder der Regierung oder des Parlaments des Entsendestaates die eigenen Truppen im Stationierungsstaat besuchen dürfen, enthält das NATO-Truppenstatut nicht. Auch eine Auslegung seiner Bestimmungen ist insoweit unergiebig. Zwar könnten bestimmte Regierungsmitglieder möglicherweise als Teil der „Truppe“ i.S.d. NATO-Truppenstatuts anzusehen sein. Dessen Art. 1 Abs. 1 (a) definiert diese als „das zu den Land-, See- und Luftstreitkräften gehörende Personal einer Vertragspartei, wenn es sich in Zusammenhang mit seinen Dienstobliegenheiten in dem Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei innerhalb des Gebietes des Nordatlantikvertrags befindet“. Bei einem weiten Verständnis dieser Definition könnten Regierungsmitglieder, die – wie die Bundesverteidigungsministerin (Art. 65a GG) bzw. im Verteidigungsfall die Bundeskanzlerin (Art. 115b GG) – die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte innehaben oder Disziplinarvorgesetzte der Streitkräfte sind, als Teil der „Truppe“ angesehen werden. Für Parlamentsmitglieder dürfte dies hingegen nicht gelten , selbst wenn die Entsendung von Streitkräften – wie nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz6 – dem Parlament vorbehalten ist. Jedoch ist die Frage, ob sich die Truppe eines NATO-Mitgliedstaates im Gebiet eines anderen NATO-Mitgliedstaats aufhalten darf, nicht Regelungsgegenstand des NATO-Truppenstatuts. Wie eingangs erwähnt, regelt dieses allein das Recht des Aufenthalts, das heißt, es statuiert die Rechte und Pflichten der sich rechtmäßig im Inland aufhaltenden ausländischen Truppe. Die vorgelagerte Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen sich die ausländische Truppe im Inland aufhalten darf (das Recht zum Aufenthalt) unterliegt dagegen nach der Präambel des NATO-Truppenstatuts „weiterhin Sondervereinbarungen zwischen den beteiligten Vertragsparteien“ (dazu s.u. 2.3. und 2.4.). 4 Abkommen vom 19. Juni 1951 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen, BGBl. II 1961, 1190. 5 Übereinkommen vom 19. Juni 1995 zwischen den Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen, BGBl. II 1998, 1338. 6 Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. März 2005, BGBl. I 2005, 775. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 094/16 Seite 6 2.2. Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut Wie sich aus Art. 1 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut7 (ZA-NTS) ergibt, enthält dieses ergänzende Regelungen betreffend die in Deutschland stationierten Truppen aus den sechs NATO-Mitgliedsstaaten Belgien, Frankreich, Kanada, Niederlande, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland und Vereinigte Staaten von Amerika.8 Auch das ZA-NTS enthält keine ausdrückliche Bestimmung zum Truppenbesuchsrecht von Regierungs - oder Parlamentsmitgliedern. Da das ZA-NTS – wie das NATO-Truppenstatut selbst – lediglich das Recht des Aufenthalts regelt, bleibt auch eine Auslegung seiner Bestimmungen unergiebig . Insbesondere kann Art. 3 Abs. 1 ZA-NTS, der auf die Verpflichtung zu gegenseitiger Unterstützung gemäß Art. 3 des Nordatlantikvertrages9 verweist, daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die danach zu gewährende Unterstützung die Einräumung eines Truppenbesuchsrechts umfasst. 2.3. Aufenthaltsvertrag Der Aufenthaltsvertrag10 (AufV) regelt das Recht zum Aufenthalt der Streitkräfte Belgiens, Dänemarks , Frankreichs, Kanadas, Luxemburgs, der Niederlande, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland sowie der Vereinigten Staaten von Amerika im (seinerzeitigen) Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.11 Artikel 1 Abs. 1 bis 3 AufV sieht vor, in welchem Umfang jene Streitkräfte in diesem Gebiet stationiert werden dürfen, während Art. 1 Abs. 4 AufV bestimmt , unter welchen Bedingungen sie dieses Gebiet auf dem Weg in einen anderen NATO-Staat betreten, durchqueren und verlassen dürfen. Eine ausdrückliche Regelung zum Truppenbesuchsrecht von Regierungs- bzw. Parlamentsmitgliedern enthält auch der AufV nicht. Ob sich ein solches Recht aus einer Auslegung seiner Bestimmungen gewinnen lässt, erscheint ebenfalls zweifelhaft. Zwar ist dergleichen nicht – wie beim NATO-Truppenstatut und ZA-NTS – schon angesichts des Regelungsgegenstandes ausgeschlossen, da sich der AufV gerade mit der 7 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959, BGBl. 1961 II S. 1218. 8 Zur historischen Entwicklung der völkerrechtlichen Grundlagen der Truppenstationierung in Deutschland siehe Berger, Die Verfahrensstandschaft für die Stationierungsstreitkräfte, 1995, S. 49 ff. 9 Nordatlantikvertrag vom 4. April 1949, BGBl. II 1955, S. 289. 10 Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Oktober 1954, BGBl. II 1955, S. 253. 11 Gemäß Anlage I Kapitel I Abschnitt I Ziffer 3 zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II, S. 889) gilt der Aufenthaltsvertrag grundsätzlich nicht in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern , Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Gemäß Art. 5 Abs. 3 des Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland vom 12. September 1990 (Zwei-plus-Vier-Vertrag; BGBl. 1990 II, S. 1318) dürfen ausländische Streitkräfte in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt werden. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 094/16 Seite 7 Frage des berechtigten Aufenthalts im Inland befasst. Anders als das NATO-Truppenstatut und das ZA-NTS bezieht sich der AufV aber nicht auf die „Truppe“, sondern auf die „Streitkräfte“ (in der englischen und französischen Fassung: „Forces“) der Vertragspartner Deutschlands. In der staatsrechtlichen Literatur wird davon ausgegangen, dass der an mehreren Stellen des Grundgesetzes verwendete Begriff „Streitkräfte“ die als Kombattanten uniformierten Verbänden, welche militärisch organisiert sind, durch das Funktionsprinzip „Befehl und Gehorsam“ geführt werden und bewaffnet der Befehls- und Kommandogewalt ihres Oberbefehlshabers unterstehen, meint.12 Zwar ist zu beachten, dass die Auslegung internationaler Verträge nicht denselben Regeln folgt wie die Auslegung nationaler Verfassungsbestimmungen. Gleichwohl sprechen der Umstand, dass die Vertragsparteien – anders als bei den beiden NATO-Verträgen aus derselben Zeit (s.o. 2.1. und 2.2.) – nicht den Begriff der „Truppe“ verwandt haben, und der Wortsinn des gewählten Begriffs „Streitkräfte“ (in allen drei Sprachfassungen) dafür, auch den AufV nur auf uniformierte, bewaffnete und dem Oberbefehlshaber zum Gehorsam verpflichtete Befehlsempfänger in einem militärischen Verband anzuwenden. Inwieweit dies auf Regierungsmitglieder aus den genannten acht Vertragspartnerstaaten zutrifft, könnte nur anhand einer umfangreichen rechtsvergleichenden Untersuchung beurteilt werden, die den Rahmen des vorliegenden Sachstandes sprengen würde. Dass Parlamentsmitglieder diese Voraussetzungen erfüllen, liegt fern. 2.4. Status of forces agreements In Bezug auf Streitkräfte aus anderen Staaten als den Partnern des Aufenthaltsvertrags kommt Art. 1 Abs. 1 des Streitkräfteaufenthaltsgesetzes13 (SkAufG) zum Tragen. Danach ist die Bundesregierung befugt, durch Rechtsverordnung Vereinbarungen über die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in Deutschland für Übungen, Durchreise auf dem Landwege und Ausbildung von Einheiten (sog. status of forces agreements) in Kraft zu setzen. Gemäß Art. 2 § 1 Abs. 2 SkAufG sind in den Vereinbarungen die Rahmenbedingungen für den Aufenthalt der ausländischen Streitkräfte nach Art, Umfang und Dauer festzulegen. Entsprechende Vereinbarungen bestehen auch in Bezug auf den Aufenthalt der deutschen Streitkräfte im Ausland. Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes enthalten die zwischen Deutschland und anderen Staaten geschlossenen status of forces agreements keine Bestimmungen zum Truppenbesuchsrecht von Regierungs- bzw. Parlamentsmitgliedern.14 3. Völkergewohnheitsrecht Obwohl das Völkerrecht heutzutage durch viele völkerrechtliche Verträge weitgehend kodifiziert ist, bleibt das Völkergewohnheitsrecht eine wichtige Quelle des Völkerrechts.15 12 Siehe Epping in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 76. Ergänzungslieferung Dezember 2015, Art. 65a Rn. 79 m.w.N. 13 BGBl. 1995 II, S. 554. 14 Schriftliche Auskunft des Auswärtigen Amts vom 15. Juli 2016. 15 Verdross, Völkerrecht, 5. Auflage 1964, S. 138; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Auflage 2012, Rn. 122; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/1, 2. Auflage 1989, S. 55. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 094/16 Seite 8 3.1. Definition Art. 38 Abs. 1 (b) des Statutes des Internationalen Gerichtshofes16 definiert das Völkergewohnheitsrecht als „Ausdruck einer allgemeinen, als Recht anerkannten Übung“. Objektive Voraussetzung ist danach eine erkennbar hervortretende, konstante und gleichförmige Übung der weit überwiegenden Mehrheit der Staatengemeinschaft (consuetudo, Staatenpraxis).17 Eine Übung in diesem Sinne kann sowohl in staatlichem Handeln als auch in staatlichem Unterlassen bestehen, soweit dieses eine Verbindung zu seinen internationalen Beziehungen aufweist .18 Herausgehobene Bedeutung kommt insoweit dem Verhalten der für die Außenbeziehungen verantwortlichen staatlichen Stellen zu.19 Der Abschluss völkerrechtlicher Verträge zählt zwar nicht zur völkergewohnheitsrechtlichen Übung, kann aber als Anhaltspunkt für eine bestimmte Staatenpraxis dienen.20 Subjektive Voraussetzung ist, dass die weit überwiegende Mehrheit der Staatengemeinschaft nach außen erkennbar davon ausgeht, die geübte Praxis sei rechtlich verpflichtend (opinio iuris, Rechtsüberzeugung).21 Ausdrückliche Bekundungen sind hierfür nicht erforderlich, vielmehr kann die Rechtsüberzeugung auch aus bestimmten Verhaltensweisen abgeleitet werden.22 3.2. Anwendung auf Truppenbesuche Wie eingangs erörtert wurde, scheint es ein Novum darzustellen, dass Mitgliedern des Deutschen Bundestages der Besuch ihrer im Ausland stationierten Truppe versagt wird. Der Umstand, dass 16 Online abrufbar unter: https://www.unric.org/de/voelkerrecht/86?start=2 (letzter Abruf am 13. Juli 2016). 17 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage 2014, S. 475; Herdegen, Völkerrecht, 15. Auflage 2016, S. 147; Stein/von Buttlar, 13. Auflage 2012, Rn. 134; Daillier/Pellet, Droit International Public, 7ième édition 2002, S. 323. 18 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage 2014, S. 474; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Auflage 2012, Rn. 126 ff.; Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 10. Auflage 2014, S. 210. 19 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage 2014, S. 473; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Band I/1, 2. Auflage 1989, S. 57. 20 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage 2014, S. 479; Herdegen, Völkerrecht, 15. Auflage 2016, S. 155; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Auflage 2012, Rn. 127. 21 Ipsen, Völkerrecht, 6. Auflage 2014, 473, 476; I.C.J. Reports 1969, S. 43 f. (Festlandsockel-Urteil); siehe auch: Bernhardt, ZaöRV, Vol. 36 1976, S. 50; Stein/von Buttlar, Völkerrecht, 13. Auflage 2012, Rn. 129 f.; Hobe, Einführung in das Völkerrecht, 10. Auflage 2014, S. 211; Crawford, Brownlie’s Principles of Public International Law, 8th ed. 2012, S. 25. 22 Bleckmann, Zur Feststellung und Auslegung von Völkerrecht, ZaöRV, Vol. 37, 1977, S. 505. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 094/16 Seite 9 deutsche Verteidigungsminister und Bundestagsabgeordnete in der Vergangenheit Truppenbesuche im Ausland durchführen durften,23 stellt ein Anzeichen für eine dahingehende Staatenpraxis dar, belegt eine solche aber nicht. Eine belastbare Bewertung würde umfangreiche Erhebungen über den Umgang mit Truppenbesuchswünschen innerhalb der Staatengemeinschaft voraussetzen , die im Rahmen des vorliegenden Sachstandes nicht erfolgen können. Ob eine – eventuelle – Staatenpraxis von einer entsprechenden Rechtsüberzeugung getragen wäre, kann im Rahmen des vorliegenden Sachstandes ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden . Anhaltspunkte dafür, ob die Staatengemeinschaft ganz überwiegend davon ausgeht, Regierungs - oder Parlamentsabgeordnete hätten ein tradiertes Recht auf Besuch ihrer im Ausland stationierten Truppen, sind nicht ohne Weiteres ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus der bloßen Tatsache, dass sich die türkische Regierung dem ersatzweisen Truppenbesuch der Bundesverteidigungsministerin nicht (erkennbar) widersetzt hat, nicht schließen, dass sie sich rechtlich zur Erteilung der erforderlichen Genehmigung verpflichtet sah. Auch insoweit bedürfte es daher umfangreicher Erhebungen. 4. Fazit Ein völkervertraglich begründetes Recht von Mitgliedern der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages, im NATO-Gebiet stationierte deutsche Truppen zu besuchen, ist nicht ersichtlich . Dass anderen NATO-Mitgliedstaaten ein entsprechendes Recht hinsichtlich ihrer in Deutschland stationierten Truppen zusteht, erscheint zweifelhaft. Ob ein völkergewohnheitsrechtlich begründeter Anspruch auf Truppenbesuche im Ausland besteht, kann im Rahmen des vorliegenden Sachstandes nicht abschließend beurteilt werden. Ende der Bearbeitung 23 Siehe etwa Bundesministerium der Verteidigung, Journal vom 30. August 2010, Minister zu Guttenberg zu Kurzbesuch in Afghanistan, online abrufbar unter: https://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYvBCsIw EET_aDe5RW8tInhRkIrWi6RNCAtNUtZte_HjTQ6dgQfDY_CNpcmuFKxQTnbCF_YjHYcNhrg- GiJToK55pieA8f_aNz3p0HsacvFSKT0KFga1khjmzTNUszMUAOeyVPrVKqz36Z0zXPO7mYC7X8w3nGJs_Iqr Gg!!/ (letzter Abruf am 18. Juli 2016); Journal vom 2. September 2011, Staatssekretär Kossendey besucht mit Abgeordneten Afghanistan-Einsatz, online abrufbar unter: https://www.bmvg.de/portal /a/bmvg/!ut/p/c4/NYvBDsIgEET_iIXEpI03sRcTT15qe6OU0FUKZLutFz9eODiTv MO8DIxQGs2B3jCmaAI8YbB4nj5iWg8vXmmnsooN7eJocchbTgEZ39DX6-yETdFxJbvIWOjJcCKRE3GoZicqRu- AMg1Sdlkr-o77tXV_bsWlO3U0_IK_r5Qf_7Of0/ (letzter Abruf am 18. Juli 2016).