Deutscher Bundestag Gesundheitliche Schädigungen bei leiblichen Kindern strahlenexponierter Soldaten aus europäischen Ländern und den USA Sachstand Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 – 091/13 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 2 Gesundheitliche Schädigungen bei leiblichen Kindern strahlenexponierter Soldaten aus europäischen Ländern und den USA Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 091/13 Abschluss der Arbeit: 10. Dezember 2013 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Entschädigung durch ionisierende und/oder Radarstrahlung geschädigter Soldaten 5 2.1. Entschädigungspraxis in Deutschland 5 2.2. Entschädigungspraxis in Mitgliedsländern der OECD 6 3. Zur Frage eines Kausalzusammenhangs zwischen Strahlenexposition von Soldaten und gesundheitlicher Schädigung ihrer leiblichen Kinder 6 4. Gesundheitliche Schädigungen bei leiblichen Kindern strahlenexponierter Soldaten in den USA und in europäischen Ländern 8 4.1. Recherche zu Fallhäufigkeit und Entschädigungspraxis 9 4.2. Rechercheergebnis 10 Anlage 11 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 4 1. Einführung Ende der 90er-Jahre verdichteten sich Hinweise, dass zwischen 1955 und 1990 Soldaten und zivile Angehörige der Bundeswehr und der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA), die beim Betrieb von Radargeräten unmittelbar an diesen Geräten tätig waren (sogenannte „Radarsoldaten “) oder Umgang mit radioaktiven Stoffen und Leuchtfarben hatten, gesundheitlich geschädigt worden sein könnten. Da in der Mehrzahl dieser Fälle Entschädigungsansprüche betroffener (ehemaliger) Soldaten nicht anerkannt wurden, gründeten am 22. Mai 2012 die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundeministerium der Verteidigung (BMVg), und das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V. die „Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA“1 mit dem Ziel, im Zusammenhang mit möglicherweise durch Strahlenexposition hervorgerufene Erkrankungen oder Dienstbeschädigungen in Härtefällen – auch außerhalb des geltenden Versorgungsrechts – unbürokratisch finanziell zu unterstützen. Heute stellt sich darüber hinaus auch verstärkt die Frage nach einer Entschädigung von geschädigten Kindern (ehemaliger) strahlenexponierter Soldaten, nachdem eine zunehmende Anzahl behinderter Soldatenkinder, deren Väter bei ihrer Dienstausübung in der Bundeswehr oder der NVA einer Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen waren, mit ihrer Problemlage in die Öffentlichkeit getreten ist.2 Eine Unterstützungsleistung betroffener Nachkommen durch die treuhänderische Stiftung schließt deren Satzung aktuell aus, denn gemäß dieser Satzung kann nur aktiven und ehemaligen Angehörigen der Bundeswehr sowie ehemaligen Angehörigen der NVA finanziell geholfen werden. 3 Aufgrund der Schwierigkeiten, die geschädigte Kinder strahlenexponierter Eltern in Deutschland bei der Durchsetzung von Entschädigungsforderungen haben, kann es für den zukünftigen Umgang mit diesem komplexen Problem von Interesse sein, wie in anderen Ländern dieser Problemstellung begegnet wird. 1 Stiftungs-Treuhandvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V. zur Errichtung einer "Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA" vom 22. Mai 2012, www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMw MzAzMDY4MzI2YjY2Mzc2YzcyNmIyMDIwMjAyMDIw/Treuhandvertrag.pdf (letzter Zugriff: 05.12.2013) 2 vgl. Internet-Präsenz des Bundes für die Unterstützung Radargeschädigter e.V., www.bzur.de (letzter Zugriff: 09.12.2013) 3 Satzung der Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA, § 2 www.bmvg.de/resource/resource/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzIzMDMwMzAzMDMw MzAzMDY4MzI2YjY2MzkzODM5MzcyMDIwMjAyMDIw/Satzung.pdf (letzter Zugriff: 05.12.2013) Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 5 2. Entschädigung durch ionisierende und/oder Radarstrahlung geschädigter Soldaten 2.1. Entschädigungspraxis in Deutschland Um einen Anspruch auf eine Entschädigung in Form einer Zusatzrente zu erwirken, mussten bzw. müssen die in Deutschland betroffenen (ehemaligen) Soldaten einen Antrag auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung stellen. Ansprüche auf Schadensersatz (z.B. für Behandlungskosten oder Verdienstausfall) und Schmerzensgeld mussten bzw. müssen sie als Zivilklage vor Gericht geltend machen. In beiden Fällen hatten bzw. haben die Geschädigten die Beweislast für einen Kausalzusammenhang zwischen ihrer Strahlenexposition und ihrer Schädigung selbst zu tragen, was sich aufgrund mangelnder oder lückenhafter Dokumentation als äußerst schwierig erwies bzw. erweist. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, dass die teilweise Jahrzehnte zurückliegenden Umstände, unter denen es möglicherweise zu einer Strahlenschädigung gekommen war, nicht mehr vollständig rekonstruiert werden können, hatte das Bundesministerium der Verteidigung auf Ersuchen des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages im Juni 2002 eine Expertise mit dem Ziel in Auftrag gegeben, von einer Expertenkommission eine unabhängige wissenschaftliche Empfehlung für die Entscheidung über Anträge auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung zu erhalten. In dem Bericht der sogenannten Radarkommission („Radarbericht“) vom 2. Juli 2003 wurde wissenschaftlich dargelegt, welche Krankheitsbilder („qualifizierende Erkrankung“) grundsätzlich auf Strahlenexposition zurückgeführt werden können und bei welchen dienstlichen Tätigkeiten („qualifizierende Tätigkeit“) eine derartige Strahlenexposition möglich war. 4 Auf Grundlage der Kriterien der „Radarkommission“ hatte die Bundeswehr bis zum Juni 2006 bei 679 von 3.500 Stellern eines Entschädigungsantrags den Zusammenhang einer Krebserkrankung mit ihrer dienstlichen Tätigkeit anerkannt.5 Für die zahlreichen (ehemaligen) deutschen Soldaten, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen ihrer dienstlichen Tätigkeit und ihrer Erkrankung bisher nicht nachweisen und daher Entschädigungsansprüche aus dem geltenden Versorgungsrecht nicht durchsetzen konnten , besteht heute ergänzend die Möglichkeit, finanzielle Hilfe aus dem Hilfsfonds der unter dem Dach des Soldatenhilfswerks gegründeten „Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA“ zu erhalten. Von 39 den Bereich der Radarstrahlengeschädigten betreffenden Anträgen hat der Vergabeausschuss der Stiftung 20 Anträge positiv entschieden und anschließend Unterstützungsleistungen in einer Gesamthöhe von ca. 250.000 Euro bewilligt.6 4 Radarkommission (2003): Bericht der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA, http://www.bfs.de/de/ion/papiere/radar_ abschlussbericht.pdf (letzter Zugriff: 08.11.2013). 5 Die Bundeswehr – Magazin des Deutschen BundeswehrVerbandes 6/2016, vgl. de.wikipedia.org/wiki/ Gesundheitssch%C3%A4den_durch_milit%C3%A4rische_Radaranlagen (letzter Zugriff: 05.12.2013). 6 Gertz, Bernhard (2013): Härtefallstiftung auf richtigem Weg. Die Bundeswehr – Magazin des Deutschen Bundeswehr Verbandes 5/2013, S. 9, www.dbwv.de/C125747A001FF94B/vwContentByKey/ W29789RQ892DBWNDE/$FILE/Magazin052013.pdf (letzter Zugriff: 05.12.2013). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 6 2.2. Entschädigungspraxis in Mitgliedsländern der OECD Die Entschädigungspraxis in den OECD-Ländern hat im Jahr 2000 die Kernenergie-Agentur (NEA) untersucht. In ihr wurden die Kompensationsregeln für Beschäftigte mit Strahlenexposition in den einzelnen Mitgliedsstaaten erfragt und zusammengestellt. Darüber hinaus führte die OECD im Frühjahr 2003 eine diesbezügliche Umfrage bei den Mitgliedern ihres NEA- Committee durch. Der „Radarbericht“ fasste die Ergebnisse der Studie und der Umfrage zusammen 7. Ein Ergebnis der Studie war, dass streitkräftespezifische Regelungen nur in der Marine der USA existierten. Die neueste Studie zum Zusammenhang zwischen der Strahlenexposition und einer möglichen Erkrankung von Soldatinnen und Soldaten der Marine der USA, die an bzw. in der Nähe von nuklearen Schiffsantrieben gearbeitet haben, führt dabei aus, dass Entschädigungsansprüche immer dann durch das Naval Nuclear Propulsion Program unterstützt würden, wenn „it could be technically and scientifically shown that the injury was more likely than not caused by the individual’s occupational radiation exposure.“ 8 Damit liegt auch in der US Navy die Beweislast weitgehend bei den Geschädigten. 3. Zur Frage eines Kausalzusammenhangs zwischen Strahlenexposition von Soldaten und gesundheitlicher Schädigung ihrer leiblichen Kinder Noch schwieriger als bei den „Radarsoldaten“ gestaltet sich das Erbringen des Nachweises eines Kausalzusammenhangs zwischen der damaligen Tätigkeit eines Soldaten an einem Radargerät oder seines Umgangs mit radioaktiven Stoffen und Leuchtfarben – insbesondere wenn er nicht selbst (nachweisbar) geschädigt wurde – und der Schädigung, den leibliche Kinder dieser Soldaten geltend machen. Erste Verdachtsfälle in Deutschland, dass Behinderungen von Kindern im Zusammenhang mit der Strahlenexposition ihrer Väter stehen könnten, traten bereits 1961 auf, als „dem Chefarzt des Kinderkrankenhauses Josefinum in Augsburg aufgefallen [war], dass drei Kinder ähnliche Fehlbildungsmuster aufwiesen, deren Väter alle an Radaranlagen der Bundeswehr gearbeitet hatten“.9 7 Vgl. Radarkommission (2003), Kap. 8.2. 8 Mueller, T. J.; Lentz, F. L.; Brann, J. A.; Waldrep, J.W. (2010): Occupational Radiation Exposure from U.S. Naval Nuclear Plants and their Support Facilities. Naval Nuclear Propulsion Program Report NT-2-11, S. 56, Hrsg.: Department of the Navy, May 2011, nnsa.energy.gov/sites/default/files/nnsa/02-12-multiplefiles/NT-11- 2%20FINAL.pdf (letzter Zugriff: 05.12.2013). 9 Das Leid der Kinder und Enkel. Allgäuer Zeitung vom 22. November 2011, vgl. www.bzur.de/Berichte/gen.pdf (letzter Zugriff: 04.12.2013). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 7 Die Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Strahlenexposition von Soldaten und einer Schädigung/Behinderung ihrer Kinder wurde in mehreren wissenschaftlichen Studien – allerdings mit unterschiedlichen Ergebnissen – untersucht. So konnte 1965 eine Studie des John Hopkins Hospital (Baltimore, USA) 10 einen Zusammenhang zwischen der Strahlenexposition von Vätern und der geistigen Behinderung ihrer Kindes zunächst belegen : Diese Studie stellte eine „higher incidence of Down's Syndrome in children whose fathers had prior occupational exposure to radar“fest. Eine 1977 am selben Krankenhaus durchgeführte Studie konnte allerdings diesbezüglich eine statistische Signifikanz nicht mehr bestätigen.11 Die Mehrzahl von Studien12, die sich mit angeborenen Anomalien bei Nachkommen beruflich strahlenexponierter Männer auseinander gesetzt haben, hat jedoch genetisch induzierte Fehlbildungen bei den Nachkommen von Männern nachgewiesen, die einer chronischen Niederdosisexposition der Keimdrüsen durch ionisierende Strahlung ausgesetzt waren. Nach Schmitz-Feuerhake lässt sich der Dosiswirkungszusammenhang derzeit nur sehr grob abschätzen . Die Verdopplungsdosis für Fehlbildungen liege etwa bei 100 Millisievert (mSv) Gonadendosis des Vaters und damit auf jeden Fall sehr viel niedriger als die etwa 2 Sievert (Sv) der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP). 13 Darüber hinaus konnte auch eine Studie mit norwegischen Marinesoldaten, die im direkten Umfeld von Radaranlagen gearbeitet haben, eindeutig Auswirkungen von Radarstrahlungen auf das Erbgut nachweisen: „In all age groups there were significant linear trends with higher prelevance of involuntary childlessness with higher self-reported exposure to radiofrequency fields.“14 Das BMVg vertritt den Standpunkt, dass „in den wenigen bisher anhängigen Verfahren ehemaliger Radartechniker und ihrer Angehörigen wegen Erbgutschädigungen [..] nur vergleichsweise niedrige, retrospektiv ermittelte Strahlenexpositionen für die Abschätzung des genetischen Risikos der Nachkommen bestätigt werden [konnten], die weit unter den Grenzen der Wahrscheinlichkeit eines entsprechenden Kausalzusammenhangs liegen“. 10 Sigler, A. T.; Lilienfeld, A. M.; Cohen, B. H.; Westlake. J. E. (1965): Radiation exposure of parents of children with mongolism (Downs Syndrome). John Hopkins Hosp. Bull. 117: 374, www.chronicexposure.org/ occupational.html (letzter Zugriff: 04.12.2013). 11 Cohen, B. H.; Lilienfeld, A. M.; Kramer, S.; Hyman, L. C. (1977): Parental factors in Down's syndrome-results of the second Baltimore case-control study. In Population cytogenetics-studies in humans, p. 301. New York: Academic , www.biotele.com/EL/EL10/Epidem.html (letzter Zugriff: 04.12.2013). 12 Eine Auswahl an Studien, die den Zusammenhang zwischen Strahlenexposition eines Elternteils und Schädigung des Kindes bestätigen, sind in der Anlage zusammengefasst. 13 Schmitz-Feuerhake, Inge (2013): Genetisch strahleninduzierte Fehlbildungen. Strahlentelex Nr. 644-645 / 27. Jahrgang, 7. November 2013, ISSN 0931-4288, S. 1 und 4 14 Baste, V.; Riise, T.; Moen, B. E. (2008): Radiofrequency electromagnetic fields; male infertility and sex ratio of offspring. European Journal of Epidemiology, 23(5), 369-77, www.chronicexposure.org/occupational.html (letzter Zugriff: 04.12.2013). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 8 Das BMVg begründet seinen Standpunkt mit einer gutachterlichen Stellungnahme des Instituts für Radiobiologie der Bundeswehr aus dem Jahr 2004. Dieses Institut kam im Falle eines sogenannten Conradi-Hühnemann-Syndroms (genetische Veränderung im Cholesterinstoffwechsel ) bei einem Nachkommen eines Radartechnikers zu dem Ergebnis, dass bei einer angenommenen maximal akkumulierten Strahlendosis von 83 Millisievert (mSv) des Vaters die Wahrscheinlichkeit, die beklagte Gesundheitsstörung beim Sohn ausgelöst zu haben, bei 0,05 % liege, wobei andere genetische Ursachen nicht ausgeschlossen werden könnten. Das heißt, so das BMVg, dass eine Strahlendosis von 83.000 Millisievert (83 Sv) erforderlich sei, damit eine Gesundheitsstörung mit 50 %-iger Wahrscheinlichkeit – diese ist für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung erforderlich – hervorgerufen werde. Eine solche Dosis entspreche aber dem 10-fachen einer tödlichen Dosis. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchungen des Instituts für Radiologie der Bundeswehr ist, dass die Wahrscheinlichkeit, dass in einem weitergegebenen Genom ein mutiertes Gen vorhanden ist, bei einer sehr hohen Strahlendosis von 1 Sievert bei 1:12.000 (0,008 %) liege. Dies sei eine Strahlendosis, die beim Betrieb der relevanten Radargeräte ausgeschlossen sei. 15 Zu vergleichbaren Ergebnissen kam 2007 nach Mitteilung des BMVg auch eine im Auftrag des norwegischen Verteidigungsministeriums eingesetzte Kommission des Norwegian Radium Hospital der Universität Oslo, die mögliche Schädigungen von Personen, die in den Streitkräften an stahlenden Geräten gearbeitet haben, untersucht hat. 4. Gesundheitliche Schädigungen bei leiblichen Kindern strahlenexponierter Soldaten in den USA und in europäischen Ländern Obwohl mehrere Studien einen Kausalzusammenhang zwischen Strahlenexposition eines Elternteils und Erbschäden eines leiblichen Kindes bestätigen konnten – die Radarkommission hatte sich ausdrücklich nicht mit strahleninduzierten Mutationen bei Nachkommen strahlenexponierter Soldaten beschäftigt –, haben bis heute geschädigte Kinder strahlenexponierter Elternteile in Deutschland dennoch Schwierigkeiten bei der Durchsetzung von Entschädigungsforderungen , da zum einen die Ergebnisse dieser Studien nur eingeschränkt anerkannt werden und es ihnen zum anderen schwer fällt, den Kausalzusammenhang zwischen der Strahlenexposition des Elternteils und der eigenen Schädigung darzulegen. Daher kann es für den zukünftigen Umgang mit diesem komplexen Problem von Interesse sein, wie in anderen Ländern dieser Problemstellung begegnet wird. 15 Bundesministerium der Verteidigung (2013): Stellungnahme des BMVg zum Jahresbericht 2012 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages, S. 86 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 9 4.1. Recherche zu Fallhäufigkeit und Entschädigungspraxis Zur Untersuchung der Frage, ob es auch in anderen europäischen Ländern und den USA Verdachtsfälle strahleninduzierter Mutationen bei Kindern als Folge einer im Zusammenhang mit dem Dienst in den Streitkräften stehenden Strahlenexposition eines Elternteils gegeben hat und wie dort die Entschädigungspraxis aussieht, wurde durch das BMVg bei den jeweiligen Streitkräften eine Recherche durchgeführt. Hierzu ist anzumerken, dass diese Recherche nicht die erste im Zusammenhang mit Schädigungen durch Strahlenexposition bei den Streitkräften der Partner durchgeführte Befragung gewesen ist, die von Deutschland aus initiiert wurde. Bereits im Jahr 2002 hatte das BMVg die damaligen NATO-Mitglieder um Auskunft zu gesundheitlich geschädigtem Personal in ihren Streitkräften infolge von Radarstrahlung gebeten. Damals allerdings hatten alle NATO-Mitglieder negiert, dass in ihren Streitkräften Krebsfälle im Zusammenhang mit Radarstrahlung aufgetreten seien.16 Bei der im Zeitraum vom 11. November bis 6. Dezember 2013 durchgeführten Recherche stand sowohl die Frage nach Existenz und Anzahl von Fällen in den jeweiligen Ländern, bei denen strahleninduzierte Mutationen bei Nachkommen von strahlenexponierten Soldaten aufgetreten sind, als auch die Entschädigungspraxis im Mittelpunkt, d.h. ob und wie Kinder entschädigt worden sind, die über das Erbgut ihrer strahlenbelasteten oder -geschädigten Elternteile geschädigt worden sind. Darüber hinaus sollte diese Recherche klären, ob bei etwaigen Entschädigungsverfahren in den jeweiligen Ländern der Geschädigte oder der Arbeitgeber die Beweislast bezüglich eines Kausalzusammenhangs zwischen Strahlenexposition am Arbeitsplatz eines Soldaten und körperlicher oder geistiger Behinderung seines leiblichen Kindes zu erbringen hatte. Die Recherche wurde durchgeführt in den NATO- und EU-Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Großbritannien, Griechenland, Spanien, Polen, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Kroatien, in den NATO-Mitgliedsstaaten Albanien, Island, Türkei und USA, sowie in den EU-Mitgliedsstaaten Finnland, Irland, Malta, Österreich, Schweden und Zypern. 16 Stafford, Jack (2002): Germany facing class action suit over radar-linked cancer claims. Reuters Health. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 10 4.2. Rechercheergebnis Eine Beantwortung der Fragen ist bisher durch 21 der angeschriebenen 32 Nationen erfolgt: Die eingegangenen Antworten beinhalten übereinstimmend, dass keine Fälle oder Klagen von Kindern bekannt sind, die eine genetische Schädigung aufgrund einer Strahlenexposition eines Elternteils geltend machen. Einige Länder haben darüber hinaus mitgeteilt, dass die Beweislast beim Geschädigten läge, wenn eine Entschädigung für eine solche Erkrankung geltend gemacht würde. In den USA haben schwer behinderte Kinder von ehemaligen Soldaten, unabhängig von der Ursache ihrer Behinderung, die Möglichkeit, eine Pension zu beantragen, sofern diese Behinderung vor dem 18. Lebensjahr festgestellt wurde. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 091/13 Seite 11 Anlage Angeborene Anomalien, insbesondere Fehlbildungen, bei Nachkommen (1. Generation) beruflich strahlenexponierter Männer17 17 Tabelle aus: Schmitz-Feuerhake (2013), S. 3