6 2016 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 087/16 Die Bedeutung von Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und Konventionen des Europarats für die Gesetzgebung in Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 2 Die Bedeutung von Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und Konventionen des Europarates für die Gesetzgebung in Deutschland Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 087/16 Abschluss der Arbeit: 22. Juni 2016 (auch letzter Zugriff auf die Internetquellen) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Konventionen des Europarats 4 2.1. Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt 4 2.2. Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels 6 2.3. Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch 7 2.4. Übereinkommen gegen Doping 8 3. Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats 9 3.1. Entschließungen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung 10 3.2. Entstehung der Istanbulkonvention 11 4. Zusammenfassung 12 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 4 1. Einleitung Dieser Sachstand untersucht anhand einiger ausgewählter Beispiele die Bedeutung von Konventionen des Europarats und Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für die Gesetzgebung in Deutschland. 2. Konventionen des Europarats Gemäß Art. 1 a der Satzung des Europarates1 hat der Europarat die Aufgabe, einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu fördern und um ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu begünstigen. Dieses Ziel wird gemäß Art. 1 b der Satzung u.a. durch den Abschluss von Abkommen auf den Gebieten der Wirtschaft, des sozialen Lebens, der Kultur, der Wissenschaft, der Rechtspflege und der Verwaltung sowie durch Schutz und Weiterentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten verfolgt. Der Europarat hat inzwischen 220 Verträge mit den Mitgliedsstaaten geschlossen2. Damit die Bundesrepublik an die mit dem Europarat geschlossenen Verträge völkerrechtlich wirksam gebunden ist und ihre Vorgaben – auch im Rahmen der Gesetzgebung – zu beachten hat, müssen die Abkommen von der Bundesrepublik nach ihrer Unterzeichnung regelmäßig ratifiziert werden3. Dies hat die Bundesrepublik noch nicht für alle mit dem Europarat geschlossenen Abkommen getan. 2.1. Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt Ein aktuelles Beispiel für die Bedeutung der Europaratskonventionen für die deutsche Gesetzgebung ist die geplante Reformierung des Sexualstrafrechts. Die Bundesrepublik hat das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (sog. Istanbulkonvention)4 am 11. Mai 2011 unterzeichnet, bislang jedoch noch nicht ratifiziert5. 1 Europarat, Satzung vom 5. Mai 1949, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions /rms/0900001680306051. 2 Ein Gesamtverzeichnis über die Verträge des Europarates ist abrufbar unter http://www.coe.int/de/web/conventions /full-list/. 3 Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München, 13. Auflage 2014, § 15, Rn. 8 f.. 4 Europarat, Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, Vertrag Nr. 210, https://rm.coe.int/CoERMPublicCommonSearchServices/DisplayDCTMContent?document Id=0900001680462535. 5 Vgl. http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/210/signatures. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 5 Nach einem entsprechenden Antrag, den die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen bereits am 2. Juli 2014 eingebracht hatte6, hat die Bundesregierung am 25. April 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt , der eine Reform des Sexualstrafrechts vorsieht7. Die im Gesetzentwurf benannten Neuerungen dienen ausdrücklich einer verbesserten Umsetzung von Artikel 36 der Istanbulkonvention8, wonach jede nicht einverständliche sexuelle Handlung unter Strafe zu stellen ist9. Die Bundesregierung führte zu den Zielen des Gesetzentwurfes aus: Die Bundesrepublik Deutschland hat die Istanbul-Konvention gezeichnet und beabsichtigt, diese zu ratifizieren. Das deutsche Sexualstrafrecht sieht mit § 177 Absatz 1 Nummer 3 StGB bereits eine Strafbarkeit für Fälle nicht einvernehmlicher sexueller Handlungen vor, ohne dass die Strafbarkeit von einer Gegenwehr des Opfers abhängig gemacht würde. Um der Istanbul-Konvention jedoch noch besser gerecht zu werden, sollen die Fälle der nicht einverständlichen sexuellen Handlungen, bei denen sich Strafbarkeitslücken gezeigt haben, durch entsprechende Änderungen im Strafgesetzbuch erfasst werden10. Nach einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz beabsichtigen die Fraktionen wohl nunmehr übereinstimmend, sexuelle Handlungen gegen den erkennbaren Willen einer Person generell unter Strafe zu stellen11. Damit waren die Vorgaben der Istanbulkonvention ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfes zumindest auch wesentliche Gründe für die Reformbemühungen des deutschen Gesetzgebers im Bereich des Sexualstrafrechts12. 6 Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Antrag vom 2. Juli 2014, BTDrs. 18/1969, http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/019/1801969.pdf. 7 Bundesregierung, Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 25. April 2016, BTDrs. 18/8210, http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/18/082/1808210.pdf. Auch die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und die Fraktion Die Linke haben Gesetzentwürfe vorgelegt, vgl. die BTDrs. 18/5384 vom 1. Juli 2015, http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/053/1805384.pdf, und die BTDrs. 18/7719 vom 25. Februar 2016, http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/077/1807719.pdf. 8 Bundesregierung (Fn. 7), S. 2, 13. 9 Europarat (Fn. 4), S. 15. 10 Bundesregierung (Fn. 7), S. 1. 11 Bundestag, Mitteilung zu der Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz vom 1. Juni 2016, https://www.bundestag.de/presse/hib/201606/-/425628. 12 So konstatiert der Gesetzentwurf, dass die gegenwärtige Rechtslage unzureichend sei und „darüber hinaus“ Art. 36 der Istanbulkonvention vorsehe, dass jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt sein müsse, vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung (Fn. 7), S. 1. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 6 2.2. Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels Die Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels13 ist ein umfassendes Instrument, das auf den Schutz von Opfern des Menschenhandels und die Sicherung ihrer Rechte abzielt14. Die Bundesrepublik hat die Konvention am 17. November 2005 unterzeichnet und am 19. Dezember 2012 ratifiziert15. Das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung“ vom 27. Juli 201516 enthält eine Regelung, die der Umsetzung Vorgaben der Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels dient. Es handelt sich um den dritten Satz in § 25 Abs. 4a AufenthG, der lautet : Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Während aus der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfes noch nicht ausdrücklich hervorging , dass § 25 Abs. 4a S. 3 AufenthG der Umsetzung der Vorgaben der Anti-Menschenhandelskonvention dient17, äußerte der Innenausschuss in seiner Beschlussempfehlung: Mit der Neuregelung wird Artikel 14 Absatz 1 und 2 der Europaratskonvention gegen Menschenhandel , die am 1. Februar 2008 in Kraft getreten ist, umgesetzt. Danach sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Opfern einen verlängerbaren Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn der Aufenthalt aufgrund der persönlichen Situation des Opfers erforderlich ist oder das Kindeswohl es erfordert. Diesen Anforderungen genügt der bisherige § 25 Absatz 4a des Aufenthaltsgesetzes, der die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis allein von der Beteiligung im Strafverfahren abhängig macht, nicht18. 13 Europarat, Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels, Vertrag Nr. 197, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/rms/090000168008371d. 14 Europarat, Zusammenfassung zum Vertrag Nr. 197, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions /treaty/197. 15 Vgl. http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/197/signatures. 16 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2015, Teil I Nr. 32 vom 31. Juli 2015, S. 1386 f., http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*%5b@attr_id='bgbl115s1386.pdf'%5d#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl115s 1386.pdf%27%5D__1466090224276. 17 Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 29. Dezember 2014, BTDrs. 642/14, S. 46, http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2014/0642-14.pdf. 18 Innenausschuss des Deutschen Bundestages, Beschlussempfehlung und Bericht vom 1. Juli 2015, BTDrs. 18/5420, S. 22, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/054/1805420.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 7 Weiteren Handlungsbedarf sieht die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Diese brachte am 20. November 2014 den Entwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Situation von Opfern von Menschenhandel in Deutschland“ in den Bundestag ein. Der Gesetzentwurf bezieht sich ausdrücklich auf die Konvention zur Bekämpfung des Menschenhandels und hat zum Ziel, ihre Vorgaben durch gesetzliche Neuregelungen in den Bereichen des Aufenthaltsgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes , des Dritten Buches Sozialgesetzbuch, des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, der Gewerbeordnung sowie des Arbeitsgerichtsgesetzes umzusetzen19. Der Entwurf wurde nach der Ersten Lesung im Bundestag an den Innenausschuss des Bundestages überwiesen20. 2.3. Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch Am 30. Dezember 2015 wurde im Bundesgesetzblatt das „Gesetz über die Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren“ (3. Opferrechtsreformgesetz) verkündet21. Ausweislich des Gesetzentwurfes der Bundesregierung22 dient das 3. Opferrechtsreformgesetz zwar vorrangig der Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie23. Zudem soll mit dem Gesetz aber auch den Anforderungen aus Artikel 31 Buchstabe a des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (sog. Lanzarote-Konvention )24 nachgekommen werden25, das die Bundesrepublik am 25. Oktober 2007 unterzeichnet und am 18. November 2015 ratifiziert hat26. 19 Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Gesetzentwurf über ein Gesetz zur Verbesserung der Situation von Opfern von Menschenhandel in Deutschland vom 20. November 2014, BTDrs. 18/3256, S. 1, http://dipbt.bundestag .de/dip21/btd/18/032/1803256.pdf. 20 Vgl. http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/636/63650.html. 21 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2015 Teil I Nr. 55 vom 30. Dezember 2015, S. 2525 f., http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger _BGBl&start=//*%5b@attr_id='bgbl115s2525.pdf'%5d#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl115s 2525.pdf%27%5D__1466086200760. 22 Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 13. Februar 2015, BTDrs. 56/15, http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2015/0056-15.pdf. 23 Bundesregierung (Fn. 22), S. 1. 24 Europarat, Übereinkommen zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, Vertrag Nr. 201, http://conventions.coe.int/Treaty/EN/treaties/html/201.htm. 25 Bundesregierung (Fn. 22), S. 2. 26 Vgl. http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/201/signatures?p_auth=mTC1TjQT. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 8 Art. 31 Buchstabe a der Lanzarotekonvention lautet: Each Party shall take the necessary legislative or other measures to protect the rights and interests of victims, including their special needs as witnesses, at all stages of investigations and criminal proceedings, in particular by: informing them of their rights and the services at their disposal and, unless they do not wish to receive such information, the follow-up given to their complaint, the charges, the general progress of the investigation or proceedings , and their role therein as well as the outcome of their cases. Die in der Konvention vorgesehene bessere Information der Opfer über das Verfahren wurde bei der Formulierung der neuen Informationsrechte in der Strafprozessordnung berücksichtigt27. Insbesondere ist dem / der Verletzten nunmehr gemäß § 406d StPO auf Antrag Auskunft über den Stand des Verfahrens zu erteilen. 2.4. Übereinkommen gegen Doping Die Bundesrepublik hat das Übereinkommen gegen Doping (sog. Antidopingkonvention)28 am 27. Mai 1992 unterzeichnet und am 28. April 1994 ratifiziert29. Das Übereinkommen enthält verbindliche Normen im Hinblick auf eine Harmonisierung der Vorschriften gegen Doping30. Es handelt sich vor allem um die Einschränkung der Möglichkeit, sich Drogen wie anabole Steroide zu beschaffen und sie zu benutzen31. Am 13. Mai 2015 legte die Bundesregierung den Entwurf eines „Gesetzes zur Bekämpfung von Doping im Sport“ (sog. Antidopinggesetz, AntiDopG) vor32. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es: Die Maßnahmen des Sports allein sind […] angesichts der Dimension, die Doping im Sport angenommen hat, nicht ausreichend. Der Staat muss mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zur Dopingbekämpfung beitragen. 27 Bundesregierung (Fn. 22), S. 2. 28 Europarat, Übereinkommen gegen Doping, Vertrag Nr. 135, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/- /conventions/rms/090000168007b0e0. 29 Vgl. http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions/treaty/135/signatures?p_auth=bEjczSZV. 30 Europarat, Zusammenfassung zum Vertrag Nr. 135, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions /treaty/135. 31 Ebenda. 32 Bundesregierung, Entwurf über ein Gesetz zur Bekämpfung von Doping im Sport vom 13. Mai 2015, BTDrs. 18/4898, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/048/1804898.pdf. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 9 Die Bundesrepublik Deutschland hat sich auch völkervertraglich durch das Internationale Übereinkommen gegen Doping im Sport vom 19. Oktober 2005 (Internationales Übereinkommen gegen Doping) und das Europarats-Übereinkommen gegen Doping vom 16. November 1989 verpflichtet, Maßnahmen zur Dopingbekämpfung zu ergreifen und den Sport hierbei zu unterstützen. Das Antidopinggesetz in der Fassung vom 10. Dezember 2015 wurde am 17. Dezember 2015 im Bundesgesetzblatt verkündet33. Damit wurde die Antidopingkonvention im deutschen Gesetzgebungsverfahren nicht nur als Argument für den Kampf gegen das Doping auch mit rechtlichen Mitteln eingesetzt, sondern diente zudem konkret – gerade im Bereich des Selbstdopings – als Ausgangspunkt für gesetzliche Neuregelungen . So verbietet das AntiDopG nunmehr u.a. die Herstellung, den Handel und das Verschreiben von Dopingmitteln34. Unzulässig ist außerdem die Anwendung von Dopingmitteln im Sport bei anderen Personen oder bei sich selbst35. Ein Verstoß gegen diese Verbote ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bedroht36. 3. Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Die Parlamentarische Versammlung des Europarates ist gemäß Art. 10 der Satzung des Europarates 37 in Verbindung mit Art. 22 S. 1 der Satzung das beratende Organ des Europarates. Sie besteht gemäß Art. 25 a S. 1 der Satzung aus Vertretern jedes Mitgliedsstaates und hält gemäß Art. 32 der Satzung jährlich eine ordentliche Tagung ab. Die Geschäftsordnung der Parlamentarischen Versammlung regelt, dass die jährliche ordentliche „Sitzungsperiode“ in mehrere Teilsitzungen aufgeteilt ist. Dies sind regelmäßig vier Sitzungen pro Jahr38. 33 Gesetz zur Bekämpfung von Doping in Sport vom 10. Dezember 2015, Bundesgesetzblatt vom 17. Dezember 2015, Jahrgang 2015, Teil I Nr. 51, S. 2210 – 2217, http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzei - ger_BGBl&start=//*%5b@attr_id='bgbl115s2210.pdf'%5d#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl115s 2210.pdf%27%5D__1466408642452. 34 Vgl. § 2 AntiDopG. 35 Vgl. § 3 AntiDopG. 36 Vgl. § 4 AntiDopG. 37 Europarat, Satzung vom 5. Mai 1949, http://www.coe.int/de/web/conventions/full-list/-/conventions /rms/0900001680306051. Das Ministerkomitee beschloss im Februar 1994, künftig in allen Europaratsdokumenten die Bezeichnung „Parlamentarische Versammlung“ statt „Beratende Versammlung“ zu verwenden. 38 Vgl. https://www.bundestag.de/bundestag/europa_internationales/international/europarat/ziele_aufgaben /247372. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 10 3.1. Entschließungen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung Die Parlamentarische Versammlung erörtert in den Sitzungen gemäß Art. 22 der Satzung Fragen, die in ihre Zuständigkeit fallen, und übermittelt ihre Entschließungen („resolutions“) dem Ministerkomitee in Form von Empfehlungen („recommendations“). Eine Entschließung der Parlamentarischen Versammlung enthält regelmäßig einen Beschluss der Versammlung über eine Sachfrage, zu dessen Umsetzung sie ermächtigt wurde, oder einen Standpunkt , für den ausschließlich die Versammlung die Verantwortung trägt39. Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung sind demgegenüber Vorschläge der Versammlung an das Ministerkomitee , deren Umsetzung nicht in den Zuständigkeitsbereich der Versammlung, sondern in den der Regierungen fällt40. So kann die Parlamentarische Versammlung gemäß Art. 23 a der Satzung über alle Fragen, die der Aufgabe des Europarates entsprechen und in dessen Zuständigkeit fallen, beraten und Empfehlungen ausarbeiten; sie berät ferner über jede Frage, die ihr vom Ministerkomitee zur Stellungnahme unterbreitet wird, und kann dazu Empfehlungen ausarbeiten. Die Parlamentarische Versammlung kann gemäß Art. 24 der Satzung weiterhin Komitees oder Ausschüsse einsetzen, die beauftragt sind, alle Fragen zu prüfen, die zu ihrer Zuständigkeit gehören , Berichte vorzulegen, die auf ihre Tagesordnung gesetzten Angelegenheiten zu bearbeiten und Gutachten über jede Verfahrensfrage abzugeben. Da die Entschließungen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung grundsätzlich rechtlich nicht verbindlich sind41, ist das Ministerkomitee nicht verpflichtet ihnen nachzukommen . Politisch kommt den Entschließungen und Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung aber durchaus eine gewisse Bedeutung zu, da die Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung letztlich in den Mitgliedsstaaten eine politische Kontrollfunktion über ihre jeweilige Regierung haben und die vom Ministerkomitee ausgehandelten Konventionen ratifizieren müssen . Schließlich prüft das Ministerkomitee auf Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung (oder auf eigene Veranlassung) gemäß Art. 15 a S. 1 der Satzung die Maßnahmen, die geeignet sind, die Aufgaben des Europarats zu verwirklichen, einschließlich des Abschlusses von Abkommen und Vereinbarungen und der Annahme einer gemeinsamen Politik durch die Regierungen bei bestimmten Fragen. 39 Vgl. Art. 24 Abs. 1 b der Geschäftsordnung der Parlamentarischen Versammlung (Stand: 2012), S. 19, https://www.bundestag.de/blob/191848/9720cfde1448c4461d769f7b4d383d8d/europarat_go_dt_2012-data.pdf. Eine Entschließung kann sich ferner mit einer Form-, Überweisungs-, Umsetzungs- oder Verfahrensfrage befassen . 40 Art. 24 Abs. 1 a der Geschäftsordnung der Parlamentarischen Versammlung. 41 Vgl. http://website-pace.net/web/apce/in-brief. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 11 3.2. Entstehung der Istanbulkonvention Ein Beispiel für die Bedeutung der Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung ist die Entstehung der Istanbulkonvention. Schon in der Empfehlung vom 3. April 200042 verurteilte die Parlamentarische Versammlung Gewalt gegen Frauen43 und empfahl dem Ministerkomitee ein europäisches Programm zu entwerfen , mit dem Gewalt gegen Frauen bekämpft werde44. Mit der Empfehlung vom 27. September 200245 rief die Parlamentarische Versammlung sodann die Mitgliedsstaaten des Europarates dazu auf, Maßnahmen zu ergreifen, um häusliche Gewalt gegenüber Frauen zu verhindern46. In der Entschließung vom 3. Oktober 200847 über die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen begrüßte die Parlamentarische Versammlung die Kampagne des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen48. In diesem Zusammenhang verwies die Parlamentarische Versammlung auch auf ihre eigene Empfehlung vom selben Tag und betonte, dass die Bemühungen im Kampf gegen die Gewaltanwendung gegenüber Frauen intensiviert werden müssten49. Sie forderte daher die Mitgliedsstaaten dazu auf, die Vorbereitung einer Konvention des Europarates gegen die schlimmsten und weitverbreitetsten Formen der Gewalt gegen Frauen zu unterstützen50. Die Parlamentarische Versammlung erklärte sich außerdem damit einverstanden, die Kontaktabgeordneten im Jahr 2009 einzuberufen, um die gesetzgeberischen Fortschritte zu überprüfen und 42 Parlamentarische Versammlung des Europarates, Empfehlung vom 3. April 2000, Nr. 1450, http://semanticpace .net/tools/pdf.aspx?doc=aHR0cDovL2Fzc2VtYmx5LmNvZS5pbnQvbncveG1sL1hSZWYvWDJI- LURXLWV4dHIuYXNwP2ZpbGVpZD0xNjc4MyZsYW5nPUVO&xsl=aHR0cDovL3NlbWFud- GljcGFjZS5uZXQvWHNsdC9QZGYvWFJlZi1XRC1BVC1YTUwyUERGLnhzbA==&xsltparams=Zmls- ZWlkPTE2Nzgz. 43 Parlamentarische Versammlung (Fn. 42), Rn. 5. 44 Parlamentarische Versammlung (Fn. 42), Rn. 10.1. 45 Parlamentarische Versammlung des Europarates, Empfehlung vom 27. September 2002, Nr. 1582, http://semantic -pace.net/tools/pdf.aspx?doc=aHR0cDovL2Fzc2VtYmx5LmNvZS5pbnQvbncveG1sL1hSZWYv WDJILURXLWV4dHIuYXNwP2ZpbGVpZD0xNzA1NSZsYW5nPUVO&xsl=aHR0cDovL3NlbW- FudGljcGFjZS5uZXQvWHNsdC9QZGYvWFJlZi1XRC1BVC1YTUwyUERGLnhzbA==&xsltparams=Zmls ZWlkPTE3MDU1. 46 Parlamentarische Versammlung (Fn. 45), Rn. 7. 47 Parlamentarische Versammlung des Europarates, Entschließung vom 3. Oktober 2008, Nr. 1635, https://assembly .coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17682&lang=en. 48 Parlamentarische Versammlung (Fn. 47), Rn. 2. 49 Parlamentarische Versammlung (Fn. 47), Rn. 5. 50 Parlamentarische Versammlung (Fn. 47), Rn. 6.3. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 087/16 Seite 12 um den Beitrag der Parlamentarischen Versammlung zu dem Entwurf einer Konvention vorzubereiten 51. Schließlich betonte die Parlamentarische Versammlung nochmals mit der Empfehlung vom 3. Oktober 200852 die Notwendigkeit des Entwurfes einer Konvention des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, die Leitlinien und Vorkehrungen für das gesetzgeberische und politische Tätigwerden der Mitgliedsstaaten enthalte53. Dementsprechend lud die Parlamentarische Versammlung das Ministerkomitee dazu ein, eine solche Konvention unter Beteiligung der Parlamentarischen Versammlung und anderer Akteure zu erarbeiten54, was in der Folge auch geschah 55. Damit gingen die Empfehlungen und Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung der Fertigung eines Entwurfes der Istanbulkonvention voraus und gaben wichtige Impulse für deren Entstehung und Inhalt. Somit sind die Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung zumindest mittelbar geeignet, sich auf die Gesetzgebung in den Mitgliedsstaaten des Europarates auszuwirken. 4. Zusammenfassung Aus den vorangegangenen Betrachtungen ergibt sich, dass die Konventionen des Europarates eine gewisse Initiativwirkung auf die deutsche Gesetzgebung haben, obwohl sie in der Regel (nur) einen europäischen Mindeststandard abbilden, der in Deutschland – auch auf Grund entsprechender europarechtlicher Vorgaben – meistens schon erreicht ist. Vor allem im Menschenrechtsbereich bieten die Konventionen jedoch offensichtlich wichtige Anstöße für den deutschen Gesetzgeber, Neuregelungen in bestimmen Gebieten (z.B. Aufenthaltsrecht, Sexualstrafrecht) mindestens zu diskutieren, oft sogar zu beschließen. Für die Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung ist festzuhalten, dass sie als Initiative für die Erarbeitung einer Europaratskonvention wirken können. Folgt aus dieser Initiative die Fertigung einer Konvention des Europarates, deren Vorgaben die Bundesrepublik nach Unterzeichnung und Ratifikation zu beachten hat, und sie aus diesem Grund gegebenenfalls gesetzgeberische Maßnahmen ergreift, so folgt daraus ein zumindest mittelbarer Einfluss von Entschließungen der Parlamentarischen Versammlung auf die Gesetzgebung in Deutschland. 51 Parlamentarische Versammlung (Fn. 47), Rn. 7. 52 Parlamentarische Versammlung des Europarates, Empfehlung vom 3. Oktober 2008, Nr. 1847, https://assembly .coe.int/nw/xml/XRef/Xref-XML2HTML-en.asp?fileid=17683&lang=en. 53 Parlamentarische Versammlung (Fn. 52), Rn. 3. 54 Parlamentarische Versammlung (Fn. 52), Rn. 4. 55 Zum historischen Hintergrund der Istanbulkonvention vgl. http://www.coe.int/de/web/istanbul-convention/historical -background.