Deutscher Bundestag Völkerrechtlicher Reparationsbegriff und Zwangsanleihe Kurzinformation Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 – 086/13 Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation WD 2 – 3000 – 086/13 Seite 2 Völkerrechtlicher Reparationsbegriff und Zwangsanleihe Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 – 086/13 Abschluss der Arbeit: 5. November 2013 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation WD 2 – 3000 – 086/13 Seite 3 Das Völkerrecht der Gegenwart bezeichnet als "Reparationen" alle Wiedergutmachungsleistungen für Völkerrechtsverletzungen. In diesem Sinne verwendet auch die von Ihnen zitierte Bundesregierung den Begriff. Soweit die völkerrechtliche Literatur den Reparationsbegriff auf die Wiedergutmachung von Kriegsfolgen bezieht, verwendet sie den Begriff nicht einheitlich: (a) Zum Teil werden alle Kompensationszahlungen des kriegsverlierenden bzw. reparationsverpflichteten Staates an den kriegsgewinnenden bzw. reparationsberechtigten Staat als Reparationen bezeichnet. Es wird also nicht danach differenziert, ob der reparationsverpflichtete Staat gegenüber dem reparationsberechtigten Staat das Völkerrecht verletzt hat. Dieses Verständnis des Reparationsbegriff scheint allerdings zunehmend außer Gebrauch zu fallen. (b) Zum Teil bezeichnet die völkerrechtliche Literatur auch im Kontext der Kriegsfolgen als Reparationen alle Zahlungen, die geleistet werden, um eine Völkerrechtsverletzung zu kompensieren sei es eine Verletzung in Gestalt eines rechtswidrigen Angriffs oder von Verbrechen im weiteren Kriegsverlauf. Ob es unter den Reparationsbegriff im eigentlichen Sinne fällt, wenn ein kriegsverlierender bzw. reparationsverpflichteter Staat eine während des Krieges in einem kriegsgewinnenden bzw. reparationsberechtigten Staat erhobene Zwangsanleihe zurückzahlt, kann dahingestellt bleiben. Denn die Frage, ob eine Rückzahlungspflicht entstanden ist und fortbesteht, ist unabhängig von der Frage, ob diese Rückzahlungspflicht begrifflich als Reparation zu klassifizieren ist. Nicht vom Reparationsbegriff erfasst sind individuelle Ansprüche auf Schadensersatz, die von individuellen Opfern von Kriegsverbrechen unmittelbar gegen einen anderen Staat gestellt werden . Diese Ansprüche können in der Regel erst nach Kriegsende und nur vor den inländischen Gerichten des verletzenden Staates erhoben werden. Derartige Ansprüche spielen in der aktuellen griechischen Diskussion um die Wiedergutmachung von Kriegsfolgen ebenfalls eine wichtige Rolle, sind aber völkerrechtsdogmatisch und begrifflich von dem rein zwischenstaatlich zu verstehenden Reparationsverhältnis zu trennen. Allerdings können individuelle Ansprüche auf Schadensersatz für Kriegsfolgen oder gar Kriegsverbrechen auch von einem Staat im Namen seiner Staatsangehörigen gegenüber einem verletzenden Staat geltend gemacht werden. Die in diesem Sinne mediatisierten Individualansprüche werden im völkerrechtlichen Schrifttum zumeist ebenfalls unter den Reparationsbegriff eingeordnet. Einen guten Überblick zur völkerrechtlichen Terminologie bietet Dinah Shelton, Reparations, in: Rüdiger Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law (online edition), http://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690- e392?rskey=f489EJ&result=1&q=reparations&prd=EPIL