© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 082/13 Zur Diskussion um eine Reform des völkerrechtlichen Status der IPU Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 2 Zur Diskussion um eine Reform des völkerrechtlichen Status der IPU Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 082/13 Abschluss der Arbeit: 3. Februar 2014 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 3 Abstract Die Interparlamentarische Union (IPU) hat im Jahr 1996 ein Kooperationsabkommen mit den Vereinten Nationen geschlossen. Die Generalversammlung hat im Jahr 2012 empfohlen, ein neues Kooperationsabkommen zu schließen, dass die Entwicklungen seit 1996 wiederspiegeln solle. Der Generalsekretär der IPU hat vor diesem Hintergrund im Mai 2013 bei Professor Francis M. Ssekandi von der Columbia Law School ein Gutachten in Auftrag gegeben, das hierzu Handlungsoptionen ausleuchten soll. Dieses diskutiert insbesondere, ob und wie bestimmte praktische Probleme, denen die IPU bei ihren Aktivitäten in der Vergangenheit begegnet ist, durch ein überarbeitetes Kooperationsabkommen gelöst werden können. Darüber hinaus schlägt das Gutachten vor, eine Umwandlung der IPU in eine internationale Organisation zu erwägen, indem die Statuten der IPU durch einen Vertrag zwischen ihren Mitgliedstaaten geändert werden. Eine Reihe der Ziele der IPU können im Wege einer Reform des Kooperationsabkommens bzw. durch entsprechende Zusatzabkommen erreicht werden. Dies betrifft insbesondere die Fragen der Immunitäten und Privilegien bei Missionen, die in Kooperation mit den Vereinten Nationen durchgeführt werden, und bei Veranstaltungen am Sitz der Vereinten Nationen in New York, sowie die Aushandlung von Vertragsbedingungen und die administrativen Fragen hinsichtlich des UNJSPF. Allerdings weist das Gutachten sehr überzeugend darauf hin, dass Fragen zum Status der IPU im Verhältnis zu Staaten und Organisationen außerhalb des VN-Systems nicht im Rahmen eines Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen rechtlich verbindlich gelöst werden können . Um die von der IPU angestrebten Immunitäten und Privilegien zu erhalten, werden in den Staaten jeweils Änderungen des innerstaatlichen Rechts notwendig sein. Vergleichbares dürfte für eine Stärkung der urheberrechtlichen Stellung der IPU gelten. Die Einschätzung des Gutachters, dass eine erfolgreiche Umwandlung der IPU in eine internationale Organisation eine effektive und umfassende Lösung der von Seiten der IPU aufgeführten Probleme darstellen würde, erscheint plausibel und gut nachvollziehbar. Weiterhin dürfte eine solche Umwandlung auch Rückwirkungen auf die Aushandlung des zu überarbeitenden Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen haben. Neben der Klärung des rechtlichen Status ist auch der Umstand von Bedeutung, dass eine solche Umwandlung erhebliche politische Unterstützung durch die Mitgliedstaaten signalisiert. Dies würde die Verhandlungsposition der IPU gegenüber den Vereinten Nationen stärken. Aus völkerrechtlicher Sicht bestehen gegen den Abschluss eines Umwandlungsvertrages zwischen den Mitgliedstaaten der IPU keine unüberwindbaren Bedenken. Insbesondere können die Präsidenten der Parlamente oder ihre Vertreter zur Verhandlung und Unterzeichnung eines solchen Vertrages bevollmächtigt werden, wenn dies politisch gewünscht ist. Eine Vertretung der Mitgliedstaaten in der IPU durch ihre Parlamente erscheint sachgerecht, insbesondere da die Aktivitäten der IPU ihre Grundlage weiterhin umfassend im Selbstorganisationsrecht der Parlamente finden. Mit Blick auf die konkreten Formulierungen des Umwandlungsvertrages sollten im Detail Klarstellungen bzw. Anpassungen angestrebt werden. Dies gilt insbesondere für die Übergangsphase zwischen alter und neuer Rechtsgrundlage der IPU. Welche der genannten Optionen verfolgt werden soll, ist eine politische Frage. Wenn das Gewicht der mit dem Status der IPU verknüpften Fragen politisch als bedeutsam eingeschätzt wird, wäre eine Umwandlung in eine internationale Organisation ernsthaft zu erwägen. Als vermittelnde Lösung könnte schließlich erwogen werden, die Frage der Immunitäten und Privilegien der IPU in einem eigenständigen Vertrag zu regeln, ohne die Statuten der IPU und deren völkerrechtliche Grundlage zu verändern. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 4 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 5 2. Inhalt des Gutachtens 5 2.1. Reformbedarf aus Sicht der IPU 5 2.2. Im Gutachten diskutierte Optionen 6 2.2.1. Umwandlung in ein Sonderprogramm der Vereinten Nationen 6 2.2.2. Reform des Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen 6 2.2.3. Umwandlung der IPU in eine auf Staatsvertrag basierende internationale Organisation 7 3. Zum derzeitigen Status der IPU 8 4. Völkerrechtliche Fragen mit Blick auf die diskutierten Optionen 8 4.1. Umwandlung der IPU in ein Programm der Vereinten Nationen 8 4.2. Im Wege einer Reform des Kooperationsabkommens erreichbare Lösungen 9 4.3. Vorteile und Voraussetzungen einer Umwandlung in eine internationale Organisation 10 4.4. Völkerrechtliche Fragen mit Blick auf eine mögliche Umwandlung der IPU 10 4.4.1. Abschluss eines Gründungsvertrages 10 4.4.2. Vertretung der Mitgliedstaaten durch ihre Parlamente 11 4.4.3. Förmlichkeiten der Umwandlung, insbesondere Inkrafttreten und Übergangsregelung 11 4.4.4. Mögliche Regelung zur Kündigung der Mitgliedschaft 14 4.5. Kleine Vertragslösung als weitere Variante 14 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 5 1. Einleitung Die Interparlamentarische Union (IPU) hat im Jahr 1996 ein Kooperationsabkommen mit den Vereinten Nationen geschlossen. In der Folge hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Reihe von Resolutionen angenommen, die diese Kooperation weiter ausgestaltet haben. Insbesondere wird die IPU seit 2002 als Beobachter der Vereinten Nationen geführt. Zuletzt hat die Generalversammlung im Jahr 2012 empfohlen, ein neues Kooperationsabkommen zu schließen , dass die Entwicklungen seit 1996 wiederspiegeln solle.1 Der Generalsekretär der IPU hat vor diesem Hintergrund im Mai 2013 bei Professor Francis M. Ssekandi von der Columbia Law School2 ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass zwei Fragen zum Gegenstand hat. Zum einen sollte untersucht werden, wie vor dem Hintergrund der bisherigen praktischen Erfahrungen ein reformiertes Kooperationsabkommen zwischen der IPU und den Vereinten Nationen aussehen solle. Zum anderen sollte erörtert werden, ob und inwiefern die Frage des rechtlichen Status der IPU im Rahmen dieses Kooperationsabkommens oder auf anderem Wege durch die Vereinten Nationen behandelt werden solle. Im Folgenden werden zunächst der Hintergrund des Gutachtens und die darin enthaltenen Reformvorschläge dargestellt. Im Anschluss werden der derzeitige völkerrechtliche Status der IPU erörtert und völkerrechtliche Fragen diskutiert, die sich im Zusammenhang mit den im Gutachten vorgestellten Lösungswegen stellen. 2. Inhalt des Gutachtens 2.1. Reformbedarf aus Sicht der IPU Hintergrund für die Überlegungen innerhalb der IPU und den genannten Gutachtenauftrag sind unter anderem praktische Probleme. Diese betreffen sowohl die unmittelbare Kooperation mit den Vereinten Nationen als auch Fragen, die sich mit Blick auf den völkerrechtlichen Status der IPU und der damit verbundenen Immunitäten und Privilegien stellen. Solche Statusfragen betreffen auch Aktivitäten, die außerhalb der Kooperation mit den Vereinten Nationen stattfinden. Nach Angaben der IPU wird diese von zahlreichen Stellen der Vereinten Nationen wie eine Nichtregierungsorganisation behandelt. Sie kann daher nicht von den besseren Vertragsbedingungen profitieren, die die Vereinten Nationen anerkannten internationalen Organisationen gewähren . Die IPU wendet die Grundsätze des Gehaltsystems der Vereinten Nationen an und ist seit 2005 Mitglied des United Nations Joint Staff Pension Funds (UNJSPF). Da die IPU aber nicht Teil des 1 Generalversammlung, Res. 66/261 v. 29.5.2012, Nr. 14. 2 Zuvor war Herr Ssekandi u.a. in führender Position in der Rechtsabteilung der Vereinten Nationen tätig. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 6 VN-Systems im engeren Sinne sei, wird sie nicht über Änderungen der Rahmenbedingungen für Beschäftigte der Vereinten Nationen informiert. Weiterhin weist die IPU darauf hin, dass bei Publikationen, die sie in Zusammenarbeit mit dem Generalsekretariat der VN herausgebe, die Vereinten Nationen das Urheberrecht exklusiv beanspruchten , da die IPU keinen mit den Immunitäten und Privilegien der Vereinten Nationen vergleichbaren Status besitze. Mit Blick auf die Statusfrage weist die IPU darauf hin, dass ihre Mitarbeiter oftmals in schwierige Situationen gekommen sind, wenn ihre Rechtsstellung im Rahmen von Missionen, die in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen durchgeführt werden, nicht geklärt ist. Insbesondere haben sie nicht an den Immunitäten und Privilegien teil, die die Mitarbeiter der Vereinten Nationen selbst genießen. Als problematisch werden auch Visafragen für Delegierte bei der Durchführung von IPU- Sitzungen in manchen ihrer Mitgliedstaaten gekennzeichnet. Diese Probleme treten unabhängig von einer Kooperation mit den Vereinten Nationen auf. Einen Bezug zu den Vereinten Nationen besteht hingegen bei Visaproblemen bei der Durchführung von Veranstaltungen am Sitz der Vereinten Nationen in New York. Weiterhin weist die IPU darauf hin, dass sie in Frankreich anders als in der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika nicht als internationale Organisation anerkannt werde. Dies habe insbesondere Steuernachteile für Beschäftigte der IPU, die ihren Wohnsitz nicht in Genf, sondern im benachbarten Frankreich hätten. 2.2. Im Gutachten diskutierte Optionen Das Gutachten diskutiert drei Optionen für eine Statusaufwertung der IPU, die im Folgenden kurz dargestellt werden.3 2.2.1. Umwandlung in ein Sonderprogramm der Vereinten Nationen Als eher theoretische Option weist das Gutachten darauf hin, dass die IPU an den Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen teilhaben könne, wenn sie in einen Fonds oder ein Programm der Vereinten Nationen umgewandelt würde. Angesichts der weiteren Konsequenzen eines solchen Schritts für die Autonomie der IPU empfiehlt der Gutachter diese Option nicht. 2.2.2. Reform des Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen Für den Fall, dass die IPU ihren derzeitigen Status erhalten möchte, erörtert das Gutachten, welche Reformmöglichkeiten mit Blick auf das Kooperationsabkommen mit den Vereinten Nationen bestehen. 3 S. 25 ff. des Gutachtens. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 7 Insbesondere empfiehlt das Gutachten, eine Reihe praktischer Fragen in einzelnen Zusatzabkommen zu regeln, die das Kooperationsabkommen ergänzen. Solche ergänzenden Abkommen zwischen dem Generalsekretariat der VN und dem Sekretariat der IPU werden bereits jetzt in Art. VII des Kooperationsabkommens als Möglichkeit erwähnt. Mit Blick auf die Status- und Immunitätsfragen bei gemeinsamen Aktivitäten von IPU und Vereinten Nationen schlägt das Gutachten die Aufnahme einer Bestimmung vor, mit der sich die Vereinten Nationen verpflichten, sich in Verhandlungen von Abkommen über den Status von VN-Missionen oder von vergleichbaren Abkommen darum zu bemühen, dass die IPU und ihre Beschäftigten als Teil der VN-Mission angesehen werden und dementsprechend gleiche Statusrechte genießen. Das Gutachten legt mit plausiblen und gut nachvollziehbaren Gründen dar, dass die Delegation der IPU aufgrund des Beobachterstatus der IPU in den Kreis von Personen fällt, die von den Visa- Regelungen des Sitzabkommens der Vereinten Nationen mit den USA profitieren. Zur Klarstellung wird vorgeschlagen, einen entsprechenden Hinweis auf das Sitzabkommen in eine Neufassung des Kooperationsabkommens aufzunehmen. Mit Blick auf die administrativen Probleme bei der praktischen Umsetzung der Regelungen des UNJSPF empfiehlt das Gutachten eine stärkere Anbindung an die Verwaltungsstrukturen der Vereinten Nationen. Insbesondere könne der Generalsekretär der VN ermächtigt und verpflichtet werden, die IPU zu den relevanten Sitzungen des „UN System Chief Executive Boards for Coordination “ (CEB) einzuladen. In diesem Rahmen werden u.a. Änderungen der Regelungen des UNJSPF beraten. Das Gutachten weist darauf hin, dass einige der im Gutachtenauftrag aufgeworfenen Fragen kaum im Wege der Überarbeitung des Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen gelöst werden könnten. Dies betreffe insbesondere Probleme, die im Kern an der Frage der Anerkennung der IPU als internationaler Organisation durch die jeweiligen Staaten anknüpften. 2.2.3. Umwandlung der IPU in eine auf Staatsvertrag basierende internationale Organisation Als die effektivste und daher wünschenswerte Option sieht das Gutachten die Umwandlung der IPU in eine internationale Organisation, die auf einem von den Mitgliedstaaten abgeschlossenen Gründungsvertrag beruht. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass dieser Schritt die Statusfrage rechtssicher klären und die Verhandlung des überarbeiteten Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen erleichtern würde. In der Gesamtschau könnten auf diesem Wege alle im Gutachtenauftrag angesprochenen praktischen Probleme einer Lösung zugeführt werden. Verfahrenstechnisch schlägt das Gutachten vor, nicht eine selbstständige Gründungskonferenz von Regierungsvertretern der IPU-Mitgliedstaaten einzuberufen, sondern punktuelle Änderungen an den derzeitigen Statuten der IPU in der Form eines völkerrechtlichen Vertrages vorzunehmen. Dieser solle von den dazu von den Staaten jeweils bevollmächtigten Parlamentsvertretern ausgehandelt und unterzeichnet werden. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 8 Der Vorschlag enthält drei Regelungskomplexe. Zunächst soll in einem neuformulierten Art. 1 der Status der IPU klargestellt werden. Zweitens soll bestimmt werden, dass die Mitgliedstaaten in den Organen der IPU durch ihre Parlamente vertreten werden. Der dritte Komplex betrifft Fragen des Inkrafttretens der Änderungen. 3. Zum derzeitigen Status der IPU In ihren Anfängen beruhte die IPU auf einem privatrechtlichen Vertrag zwischen Parlamentariern , die in ihr Mitglied sein konnten. In der Folgezeit hat sie sich nach der im jüngeren völkerrechtlichen Schrifttum wohl überwiegenden Auffassung zu einer internationalen Organisation eigener Art entwickelt.4 In dieser Perspektive findet sie ihre Grundlage im Selbstorganisationsrecht der Parlamente, die auch die Befugnis zu internationaler Kooperation und zur Bildung interparlamentarischer Gremien umfasst.5 In der Staatenpraxis hat die Einstufung der IPU als eigene Form einer internationalen Organisation bisher nicht dazu geführt, dass diese allgemein auf die gleiche Stufe mit klassischen internationalen Organisationen gestellt wird, die ihre Grundlage in einem Vertrag zwischen Staaten finden . Letztlich liegt die Frage der Anerkennung der IPU als internationale Organisation in den Händen der einzelnen Staaten. Eine rechtssichere Regelung ließe sich daher insbesondere durch einen völkerrechtlichen Vertrag erzielen, der diese Anerkennung zum Ausdruck bringt und eine breite Zustimmung erhält. 4. Völkerrechtliche Fragen mit Blick auf die diskutierten Optionen 4.1. Umwandlung der IPU in ein Programm der Vereinten Nationen Wie das Gutachten zutreffend ausführt, würde eine Umwandlung der IPU in ein Programm der Vereinten Nationen zwar die Frage der Immunitäten einer Lösung zuführen, aber im Gegenzug zu einer Reihe wohl unerwünschter Effekte führen. Da die Programme der Vereinten Nationen von der Generalversammlung eingerichtet werden, würde eine gewisse inhaltliche und organisatorische Einflussnahme und Kontrolle der Vereinten Nationen bedingen. Nicht zuletzt müsste der 4 Vgl. insbesondere die im Gutachten auf S. 13 zitierte Auffassung von Brownlie und Goodwin-Gill. Dem zustimmend Walter, Vereinte Nationen und Weltgesellschaft: Zur Forderung nach Einrichtung einer parlamentarischen Versammlung (UNPA), in: von Schorlemer (Hrsg.), Globale Probleme und Zukunftsaufgaben der Vereinten Nationen, 2006, S. 218; Arndt, Inter-Parliamentary Union, in Wolfrum (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law, online Version verfügbar unter http://www.mpepil.com, Rn. 1, 21. 5 Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu u.a. (Hrsg), Kommentar zum Grundgesetz, 11. Auflage 2008, Art. 45a, Rn. 13; Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, (Stand 40. EL 2009), Art. 189 EGV Rn. 40; Arndt, Völkerrechtsfreundlichkeit und Völkerrechtsskepsis in der politischen Praxis des Deutschen Bundestages , in: Giegerich (Hrsg.), Der „offene Verfassungsstaat“ des Grundgesetzes nach 60 Jahren, 2010, S. 99, 113. Ein weiteres Beispiel neben der IPU ist die NATO-PV. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 9 Generalsekretär der IPU dann zukünftig vom Generalsekretär der Vereinten Nationen ernannt werden. Weiterhin ließe sich einwenden, dass eine Umwandlung in ein Programm der Vereinten Nationen dem Charakter der IPU als einer Organisation parlamentarischer Kooperation nicht gerecht würde. Sie würde vielmehr Strukturen unterworfen, die letztlich auf die Zusammenarbeit auf Regierungsebene ausgerichtet sind. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen dieser Option auf die Eigenständigkeit der IPU erscheint diese weder realistisch umsetzbar noch empfehlenswert. 4.2. Im Wege einer Reform des Kooperationsabkommens erreichbare Lösungen Eine Reihe der Ziele der IPU können im Wege einer Reform des Kooperationsabkommens bzw. durch entsprechende Zusatzabkommen erreicht werden. Dies betrifft insbesondere die Fragen der Immunitäten und Privilegien bei Missionen, die in Kooperation mit den Vereinten Nationen durchgeführt werden, und bei Veranstaltungen am Sitz der Vereinten Nationen in New York, sowie die Aushandlung von Vertragsbedingungen und die administrativen Fragen hinsichtlich des UNJSPF. In diesen Bereichen können die Vereinten Nationen zum einen aufgrund eigener Zuständigkeiten Verbesserungen im Sinne der IPU bewirken. Zum anderen können die Vereinten Nationen ihren Einfluss gegenüber den Staaten im Sinne der IPU geltend machen. Im Wege ergänzender Vereinbarungen könnten hierbei insbesondere die administrativen Fragen sowie konkrete Regelungen zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen in den verschiedenen Politikbereichen ausgeführt werden. Zweifel lässt das Gutachten hingegen mit Blick auf die Frage erkennen, ob die Urheberrechtsfragen im Wege des Kooperationsabkommens beantwortet werden können. Hier weist es darauf hin, dass der eigentliche Grund für die aus Sicht der IPU unbefriedigende Situation in den Regelungen des Welturheberrechtsabkommens (Universal Copyright Convention) liege (S. 33 f.). Ausdrücklich und sehr überzeugend weist das Gutachten darauf hin, dass Fragen zum Status der IPU im Verhältnis zu Staaten und Organisationen außerhalb des VN-Systems nicht im Rahmen eines Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen einer rechtlich verbindlichen Lösung zugeführt werden können (S. 32). Um die von der IPU angestrebten Immunitäten und Privilegien zu erhalten, werden in den Staaten jeweils Änderungen des innerstaatlichen Rechts notwendig sein. Die VN können die Staaten nicht zu solchen Änderungen verpflichten. Allenfalls könnte politische Überzeugungsarbeit in diese Richtung geleistet werden. Allerdings dürfte der Einfluss der Vereinten Nationen auf die Staaten bei Aktivitäten, die die IPU unabhängig von den Vereinten Nationen ausübt, vergleichsweise gering sein. Anders als in Fällen, in denen eine Zusammenarbeit zwischen Vereinten Nationen und IPU erfolgt, können die Vereinten Nationen die IPU nicht an ihrer Verhandlungsmacht teilhaben lassen, indem sie sich die Interessen der IPU zu eigen macht. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 10 4.3. Vorteile und Voraussetzungen einer Umwandlung in eine internationale Organisation Eine erfolgreiche Umwandlung der IPU in eine internationale Organisation könnte die von der IPU als problematisch identifizierten Fragen umfassend einer Lösung zuführen bzw. diese ermöglichen . Zum einen können alle notwendigen Fragen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der IPU geregelt werden. Zum anderen dürfte eine solche Umwandlung auch Rückwirkungen auf die künftige Aushandlung eines überarbeiteten Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen haben. Die Annahme des Gutachters, ein geklärter Status ermögliche eine Verhandlung auf Augenhöhe (S. 35), erscheint plausibel. Neben der Klärung des rechtlichen Status6 ist auch der Umstand von Bedeutung, dass eine Umwandlung in eine internationale Organisation erhebliche politische Unterstützung durch die Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringt. Für den anspruchsvollen Prozess einer solchen Umwandlung bedarf es allerdings einen im Vergleich höheren politischen Aufwands. Hindernisse, die die Zielerreichung erschweren können, resultieren in dieser Perspektive nicht aus der rechtlichen Form, sondern möglicherweise aus ihrer politischen Umsetzbarkeit. 4.4. Völkerrechtliche Fragen mit Blick auf eine mögliche Umwandlung der IPU Aus völkerrechtlicher Sicht bestehen gegen den Abschluss eines Gründungsvertrages zwischen den Mitgliedstaaten der IPU keine unüberwindbaren Bedenken. Dabei bedürfen insbesondere mit Blick auf den konkreten Vorschlag des Gutachtens eine Reihe von Aspekten näherer Erörterung. 4.4.1. Abschluss eines Gründungsvertrages Um die Eigenart der IPU als internationale Organisation der Parlamente zu wahren, erscheint es angebracht, das ein Gründungsvertrag nicht durch Regierungsvertreter, sondern primär durch Vertreter der Parlamente ausgehandelt und unterzeichnet würde. Dies schließt eine beratende Unterstützung durch die Regierungen der beteiligten Staaten nicht aus. Sie kann sogar hilfreich sein, um eine zügige Akzeptanz der Bestimmungen zu den Immunitäten und Privilegien der IPU zu erreichen und die spätere Umsetzung zu erleichtern. Die Parlamentspräsidenten gehören zwar nicht zu den Personen, denen von der Wiener Vertragsrechtskonvention kraft ihres Amtes allgemein die Befugnis zur Unterzeichnung völkerrechtlicher Verträge eingeräumt ist. Dies sind lediglich die Staatsoberhäupter, Regierungschefs und Außenminister (Art. 7 Abs. 2 WVK). Allerdings kann anderen Amtsträgern ohne weiteres – einen entsprechenden politischen Willen vorausgesetzt – eine dahingehende Vollmacht durch den jeweiligen Staat eingeräumt werden (Art. 7 Abs. 1 lit. a WVK). 6 Die z.B. die Forderung nach einer Mitgliedschaft im CEB (s. S. 31 f. des Gutachtens) erleichtern würde. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 11 Nach deutschem Verfassungsrecht kann der nach Art. 59 Abs. 1 GG zur völkerrechtlichen Vertretung berufene Bundespräsident die Befugnis zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge im Einzelfall ausdrücklich oder stillschweigend delegieren.7 In diesem Sinne sieht auch § 18 Abs. 5 der Richtlinien zur Behandlung völkerrechtlicher Verträge (RvV) vor, dass Personen, die nicht kraft Amtes zur Unterzeichnung eines völkerrechtlichen Vertrages befugt sind, einer Präsidialvollmacht bedürfen. Innerstaatlich würde die Ratifikation eines solchen Gründungsvertrages ein Zustimmungsgesetz nach Art. 59 Abs. 2 GG erfordern, da die Einräumung von Immunitäten und Privilegien für die IPU Gegenstände der Bundesgesetzgebung berührt. Die Ratifikation des Vertrages würde dann im üblichen Verfahren durch den Bundespräsidenten erfolgen. 4.4.2. Vertretung der Mitgliedstaaten durch ihre Parlamente Die vorgeschlagene Regelung, dass die Staaten in der IPU (ausschließlich) durch ihre Parlamente vertreten werden, ist auf den ersten Blick für die bisherige Praxis internationaler Organisationen ungewöhnlich. Es lassen sich aber gute Gründe dafür anführen, dass dies im Falle der IPU eine funktionsgerechte Regelung ist. Insbesondere spricht für eine solche Vertretungsregelung, dass die Aktivitäten der IPU umfassend durch das Selbstorganisationsrecht der Parlamente gedeckt sind. Insofern knüpft die Regelung an die bisherige Praxis in der IPU an. Der einzige Bereich des Gründungsvertrages, der ersichtlich nicht in diesen Bereich fiele, sind die Regelungen zu den Immunitäten und Privilegien der IPU. Hier sind die normativen Gehalte aber bereits im Vertragstext selbst enthalten. Sie sind nicht Gegenstand der weiteren Beschlussfassung der Organe der IPU. Sie werden daher über die Vertretungsregelung nicht berührt. Die für Art. 1 Satz 1 des Gründungsvertrages vorgeschlagene Formulierung erscheint allerdings verbesserungsfähig. Hier könnte die Zielsetzung und Funktion der IPU deutlicher zum Ausdruck kommen etwa durch einen Hinweis auf den Aspekt der parlamentarischen Kooperation. 4.4.3. Förmlichkeiten der Umwandlung, insbesondere Inkrafttreten und Übergangsregelung Eine Umwandlung der IPU zu einer auf einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen Staaten beruhenden internationalen Organisation stünde zunächst vor der Frage, wann der neue Gründungsvertrag in Kraft treten soll. Zudem wäre zu regeln, wie der Übergang aus der alten in die neue Organisationsform in einer Übergangszeit erfolgen soll, in der neue IPU-Vertrag bereits in Kraft getreten ist, aber noch nicht alle Altmitglieder diesen ratifiziert haben. Bei der Regelung dieser Fragen dürften die Mitglieder der IPU aus völkerrechtlicher Perspektive einen erheblichen Spielraum besitzen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Neuregelung die Zustimmung von Zweidritteln der Mitglieder erhält und damit die Mehrheit für eine Änderung der 7 Pieper, in Epping/Hillgruber, BeckOK, Art. 59, Rn. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 12 bisherigen Statuten erreicht wird. Das Gutachten scheint von diesem Weg auszugehen, da ausdrücklich von einem Änderungsvorschlag des „General Council“8 der IPU gesprochen wird. Rechtsförmlich erscheint es sinnvoll, nach dem Verfahren des bisherigen IPU-Statuts einen Beschluss zur Änderung des Statuts herbeizuführen, in dem das Verfahren der Umwandlung der IPU in eine auf einem völkerrechtlichen Vertrag zwischen Staaten beruhende internationale Organisation geregelt wird. Die Versammlung der IPU kann dann zugleich als Gründungskonferenz für die Formulierung dieses Gründungsvertrages dienen, der am Ende der Konferenz von den Präsidenten der Parlamente unterzeichnet werden könnte. Das Gutachten schlägt vor, in Art. 29 des Statuts eine Regelung über das Inkrafttreten aufzunehmen . Üblicherweise enthalten völkerrechtliche Verträge nicht nur eine Regelung des Inkrafttretens , sondern bestimmen zunächst, auf welche Weise die Vertragsparteien ihre Zustimmung ausdrücken , an den Vertrag gebunden zu sein. Der Vorschlag des Gutachtens setzt stillschweigend voraus, dass dies durch Ratifikation, Annahme oder Genehmigung9 erfolgen soll. Empfehlenswert wäre jedoch die Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung.10 Keine rechtlichen Folgeprobleme gäbe es mit einer Regelung, nach der alle bisherigen Mitglieder der Umwandlung zustimmen und diese ratifizieren müssten, bevor sie in Kraft träte. Angesichts der großen Mitgliederzahl der IPU wäre ein solches Einstimmigkeitserfordernis allerdings kaum praktikabel bzw. würde die Umwandlung mit großer Sicherheit für längere Zeit oder sogar ganz verhindern. Insofern erscheint es plausibel, eine bestimmte Anzahl von Ratifikationen festzulegen , die für ein Inkrafttreten des Gründungsvertrages notwendig, aber auch ausreichend sind. Bei der Festlegung dieser Schwelle gilt es, einen praktikablen Kompromiss zwischen Schnelligkeit und Breite der Unterstützung zu finden. Einerseits spricht für eine niedrige Schwelle, dass dann der Gründungsvertrag voraussichtlich vergleichsweise zügig Inkrafttreten könnte. Andererseits können die angestrebten Verbesserungen für den Status der IPU in der Praxis wohl erst Wirkung entfalten, wenn eine kritische Masse an Staaten erreicht ist, die sich an diesen gebunden haben. Eine tendenziell höhere anfängliche Mitgliederzahl dürfte zudem den Bedarf für eine Übergangslösung zwischen alter und neuer Grundlage begrenzen. Die im Gutachten vorgeschlagene Zahl von 30 Staaten dürfte hier tendenziell am unteren Rand liegen. Für die Bestimmung eines sinnvollen Schwellenwertes dürfte nicht zuletzt von Bedeutung sein, wie viele Ratifikationen bei realistischer Betrachtung in welchem Zeitraum erwartet werden können. Der Vorschlag sieht vor, dass der Gründungsvertrag 30 Tage nach Erreichen der Schwelle von 30 Ratifikationen in Kraft treten soll. Diese Frist erscheint relativ kurz bemessen, insbesondere an- 8 S. 38, gemeint ist wohl der Governing Council. 9 Der Verweis auf einen möglichen Beitritt erscheint zunächst eigentümlich, da ein solcher üblicherweise erst nach Gründung einer internationalen Organisation erfolgen kann. Angesichts der besonderen Situation einer Umwandlung einer bestehenden Organisation mag es gute Gründe hierfür geben; um so mehr bedürfte dies einer ausdrücklichen Regelung, in welchem Verfahren ein solcher Beitritt möglich sein soll. 10 Andernfalls wäre wohl ein handschriftlicher Ratifikationsvorbehalt bei Unterzeichnung geboten, vgl. § 20 Abs. 1 RvV. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 13 gesichts der vorgeschlagenen niedrigen Schwelle. Die Funktion einer solchen Frist ist unter anderem , möglichst vielen Staaten noch vor Inkrafttreten eines Vertrages die Gelegenheit zu geben, ihrerseits zu ratifizieren und so eine möglichst große anfängliche Mitgliederzahl zu gewährleisten . Dieses Ziel könnte besser erreicht werden, wenn die Frist drei oder sogar sechs Monate betrüge . Nach Inkrafttreten des Gründungsvertrages sieht der Vorschlag vor, dass dieser im Grundsatz für alle anderen Mitglieder der IPU verbindlich wird, wenn diese auf der Gründungskonferenz für die Annahme des Vertrages gestimmt haben. Eine Bindung soll ausnahmsweise nicht eintreten, wenn ein Staat dies gegenüber dem Generalsekretär der IPU erklärt hat. Ob diese Regelung überhaupt konsensfähig wäre, kann derzeit nicht beurteilt werden. Deutschland wäre verfassungsrechtlich wohl verpflichtet, eine entsprechende Erklärung abzugeben, es sei denn, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens läge eine Zustimmung nach Art. 59 Abs. 2 GG bereits vor. Die angestrebte Neufassung des Gründungsvertrags beträfe mit der Verpflichtung, der IPU Immunitäten und Vorrechte einzuräumen, Gegenstände der Bundesgesetzgebung. Eine Bindung Deutschlands alleine aufgrund der Zustimmung des Präsidenten des Deutschen Bundestages wäre daher verfassungsrechtlich nicht zulässig. Mit Blick auf andere Staaten mit vergleichbaren verfassungsrechtlichen Anforderungen, stellt sich insofern neben der politischen Durchsetzbarkeit auch die Frage nach der praktischen Effektivität einer solchen Regelung. Nicht eindeutig geklärt wird durch den Vorschlag, was die Rechtsfolgen einer solchen Erklärung wären. Insbesondere wäre zu klären, ob für diese Staaten nur das neue Gründungsstatut nicht gilt oder ob sie zunächst gänzlich aus der IPU ausscheiden sollen. Noch deutlicher stellt sich diese Frage für Staaten, die nicht für die Annahme des Gründungsvertrages gestimmt haben und für die dieser schon deshalb nicht nach dem Erreichen der Schwelle der notwendigen Zahl von Ratifikationen automatisch in Kraft treten kann. Zwar lassen sich gute Gründe dafür anführen, dass die Mitgliedschaft dieser Staaten nicht mit dem Inkrafttreten des neuen Statuts endet. Zur Vermeidung von eventuellen Unsicherheiten böte sich aber eine ausdrückliche Regelung an. Alternativ könnte auch erwogen werden, über das Instrument der vorläufigen Anwendung der Änderungen eine zeitnahe praktische Wirkung zu erreichen. Diese käme insbesondere für Staaten in Betracht, die die IPU in ihrer Rechtsordnung schon nach dem derzeitigen Stand als internationale Organisation behandeln oder dies bereits vor der förmlichen Ratifikation innerstaatlich bewirken können. Soweit bisherige Mitglieder den neuen Gründungsvertrag bei dessen Inkrafttreten noch nicht ratifiziert haben, stellt sich die Frage nach der Dauer eines Übergangszeitraums, in dem die alte und die neue Rechtsgrundlage für die Arbeit der IPU parallel existieren können. Diese Dauer ist politisch festzulegen. Aus völkerrechtlicher Sicht dürften keine unüberwindbaren Bedenken gegen einen solchen Übergangszeitraum bestehen. Dieser führt allerdings faktisch zu zwei Gruppen von Mitgliedstaaten der IPU, die mit Blick auf die Immunitäten und Privilegien der IPU unterschiedlichen Verpflichtungen unterliegen. Eine solche Zweiteilung dürfte längerfristig bzw. als potentieller Dauerzustand politisch schwer vermittelbar sein. Wie die Übergangsfrist bemessen wird, dürfte auch von der Anzahl der Ratifikationen abhängen, die für ein Inkrafttreten notwendig ist. Je höher diese Schwelle liegt, desto kürzer könnte wohl ein Übergangszeitraum sein, ohne den universellen Anspruch der IPU in Frage zu stellen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 082/13 Seite 14 4.4.4. Mögliche Regelung zur Kündigung der Mitgliedschaft Erwägenswert wäre, ob eine ausdrückliche Regelung zur Kündigung der Mitgliedschaft aufgenommen werden soll. In der bisherigen Praxis der IPU ist die Kündigung der Mitgliedschaft durch den Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahr 2000 akzeptiert worden. 4.5. Kleine Vertragslösung als weitere Variante Soweit politische Bedenken einer formellen Umwandlung der IPU in eine internationale Organisation auf der Grundlage eines Vertrages zwischen Staaten entgegenstehen, könnten die praktischen Ziele hinsichtlich einer Verbesserung der Immunitäten und Privilegien der IPU rechtlich gesehen auch auf einem Weg erreicht werden, der sich als kleine Vertragslösung bezeichnen ließe . Diese Lösung wäre geeignet, um einem möglichen Hinweis von Befürwortern einer Umwandlung aufzunehmen, dass die Frage der Immunitäten und Privilegien aus ihrer Sicht von hoher praktischer Bedeutung sei. Wie bereits ausgeführt wurde, kann eine Regelung zu den Immunitäten und Privilegien der IPU weder auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechts der Parlamente noch über ein Kooperationsabkommen mit den Vereinten Nationen erreicht werden. Dieser Aspekt muss aber nicht zwingend Bestandteil eines Gründungsvertrags sein, sondern könnte auch in einem eigenständigen, auf diese Frage begrenzten Vertrag geregelt werden.11 Da die rechtliche Grundlage der IPU an sich nicht unmittelbar berührt wäre, würden sich die angesprochenen Probleme hinsichtlich des Inkrafttretens des Gründungsvertrages und des Übergangs von der einen zur anderen Rechtsgrundlage nicht in gleicher Weise stellen. Bei geschickter Formulierung ließe sich möglicherweise auch eine implizite Klarstellung des Status der IPU erreichen . Eine solche kleine Vertragslösung würde sich schließlich als Ergänzung zu der genannten Reform des Kooperationsabkommens mit den Vereinten Nationen eignen. 11 Nach dem Vorbild anderer Organisationen, vgl. nur das Beispiel der Vereinten Nationen und die Konvention über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13.2.1946, an die sich bisher 160 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen gebunden haben.