© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 074/14 Zur Lage der syrischen Flüchtlinge in Jordanien Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 2 Zur Lage der syrischen Flüchtlinge in Jordanien Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 074/14 Abschluss der Arbeit: 13. Mai 2014 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Zur Situation der Flüchtlinge aus Syrien in Jordanien 4 2.1. Allgemeine Aspekte 4 2.2. Die Situation in den jordanischen Flüchtlingslagern 5 2.3. Internationale Unterstützung der syrischen Flüchtlinge in Jordanien 7 2.4. Engagement von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus Deutschland 8 3. Zur Situation der Kinder und Jugendlichen aus Syrien in Jordanien 8 3.1. Sicherheit 8 3.2. Bildung 9 3.3. Nahrung und Gesundheit 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 4 1. Einführung Bereits seit dem Frühjahr 2011 dauern die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Verbänden , die zu dem Lager um den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zählen, und Milizen verschiedener Oppositionsgruppen an. Seit dem Ausbruch der bewaffneten Konflikte kamen etwa 150.000 Menschen durch militärische Auseinandersetzung ums Leben. Genauere Angaben zu den Todesopfern des syrischen Bürgerkriegs sind zur Zeit nicht verfügbar. Die Vereinten Nationen (VN) haben die Erfassung der Opferzahlen aufgrund der Sicherheitslage in Syrien eingestellt. Nach Angaben des VN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in Syrien mittlerweile 9,3 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen, 6,5 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht, wobei es sich hierbei größtenteils um Binnenvertriebene innerhalb Syriens handelt. Bis Anfang 2014 ließen sich 2,7 Millionen Flüchtlinge aus Syrien in dessen Nachbarländern und Ägypten registrieren.1 Das UNHCR geht in seinen Planungen davon aus, dass diese Zahl bis Ende 2014 infolge der andauernden Kämpfe, Gewalt, Verfolgung und des wirtschaftlichen Niedergangs in Syrien auf 4,1 Millionen ansteigen wird. Die internationale Gemeinschaft begreift den Schutz der Flüchtlinge als Kernaufgabe und ist bestrebt, diese mit den zum Überleben notwendigen Gütern und Diensten zu versorgen.2 Unter den Flüchtlingen aus Syrien sind über 1,2 Millionen – oft schwer traumatisierte – Kinder, davon mehr als 425.000 unter fünf Jahren. Nahezu 8.000 Kinder wurden durch die Flucht von ihren Eltern getrennt. Die Kinder sind infolge von Flucht und Vertreibung besonders gefährdet, Opfer von Vernachlässigung, Ausbeutung, sexuellem und anderem Missbrauch und Gewalt zu werden. In den Flüchtlingslagern und Kommunen der Empfangsstaaten besteht daher ein erhöhter Bedarf an Schulen und psychosozialen Betreuungseinrichtungen. Ziel der VN ist es, zu verhindern , dass diese Kinder zu einer „verlorenen Generation“ werden. Aktuell rufen die VN - unter der gemeinsamen Federführung des VN-Kinderhilfswerks (UNICEF) und des UNHCR - sowie verschiedene Nichtregierungsorganisationen (NGOs) die internationale Gemeinschaft dringend dazu auf, sich an einem Programm im Umfang von 1 Milliarde US Dollar zu beteiligen, um den Schutz der Kinder zu verbessern.3 2. Zur Situation der Flüchtlinge aus Syrien in Jordanien 2.1. Allgemeine Aspekte Zwischen 2011 und April 2014 hat Jordanien bei einer Einwohnerzahl von etwa 6 Millionen 600.000 Flüchtlinge aufgenommen. Die meisten kamen 2012 und 2013 in Jordanien an. Allein im Jahr 2013 nahm Jordanien 250.000 Flüchtlinge aus Syrien auf. Die Gesamtzahl der vom UNHCR 1 UNHCR: http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php (letzter Zugriff 8.5.2014). 2 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/ (letzter Zugriff 8.5.2014). 3 UNICEF, http://childrenofsyria.info/wp-content/uploads/2014/01/No-Lost-Generation-Strategic-Overview- January-2014-RV.pdf und http://championthechildrenofsyria.org/ (letzter Zugriff 8.5.2014); UN, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=46882&Cr=Syria&Cr1=#.Us0V7KyFckQ (letzter Zugriff 8.5.2014); UNHCR, http://www.unhcr.org/52c3e69c9.html (letzter Zugriff 8.5.2014). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 5 registrierten Flüchtlinge aus Syrien in Jordanien beläuft sich zur Zeit auf etwa 540.000.4 Etwa 20 Prozent der Flüchtlinge leben in Lagern, 80 Prozent in städtischen und ländlichen Gebieten der nördlichen und zentralen Provinzen Jordaniens. Die logistisch-organisatorischen Probleme bei der Versorgung der Flüchtlinge nehmen zu, die Verfügbarkeit ohnehin knapper Ressourcen, insbesondere von Trink-und Nutzwasser, nimmt weiter ab.5 Gleichwohl hält die jordanische Regierung an ihrer Politik der offenen Grenzen („open border policy“) fest. Flüchtlinge aus Syrien, die in städtischen Gebieten leben, haben Zugang zum regulären jordanischen Gesundheits- und Schulwesen.6 Die größte Altersgruppe unter den Flüchtlingen stellen mit über 50 Prozent bzw. mit einer Zahl von über 300.000 Personen die unter 18-jährigen dar.7 Die Flüchtlinge sind zu 51,2 Prozent Frauen und zu 48,8 Prozent Männer. Die wirtschaftliche Lage der Flüchtlinge ist relativ angespannt. Nur 10 Prozent der Flüchtlingsfamilien in den urbanen Regionen Jordaniens haben ein arbeitendes Familienmitglied. In der Regel reicht die humanitäre Hilfe der Hilfsorganisationen vor Ort nicht aus, um den Bedarf der Familien an Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu decken. Angesichts der finanziellen Not kommt es verbreitet zu Kinderarbeit, „survival sex“ und sog. Frühverheiratungen .8 In den Flüchtlingslagern herrscht ein permanenter Mangel an Hygieneartikeln und sauberen Sanitäranlagen. Die Lage der Flüchtlinge in den Kommunen außerhalb der Flüchtlingslager ist etwas besser, jedoch gibt es hier zunehmend Konflikte mit der jordanischen Bevölkerung , insbesondere um die knappen Wasserressourcen.9 2.2. Die Situation in den jordanischen Flüchtlingslagern In Jordanien existieren zur Zeit drei große Flüchtlingslager, die gemeinsam vom UNHCR und der Jordan Hashemite Charity Organization (JHCO Jordan)10 betrieben werden. Für die Sicherheit in den jordanischen Flüchtlingslagern sind ausschließlich die jordanischen Behörden zuständig. 4 UNHCR,http://data.unhcr.org/syrianrefugees/country.php?id=107 (letzter Zugriff 8.5.2014). 5 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 5. 6 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 5 7 UNHCR, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/country.php?id=107 (letzter Zugriff 8.5.2014). 8 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A, (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 7. 9 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf, (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 4. 10 Nach Angaben auf der Webseite der JHCO, ist diese „[…] a non-governmental, non-profit organization registered with the Ministry of Social Development of Jordan with the mandate to coordinate humanitarian response efforts , manage funds from national and international donors and establish appropriate logistical support for transporting humanitarian aid to affected areas all over the world.”, siehe http://www.jhco.org.jo/?q=node/13 (letzter Zugriff 9.5.2014). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 6 Camp Za’tari: Das Flüchtlingslager von Za`atari in der Provinz Mafraq ist die fünftgrößte Siedlung Jordaniens mit durchschnittlich 100.000 bis 120.000 Bewohnern und zur Zeit das größte Flüchtlingslager in Jordanien.11 Trotz extremer klimatischer Bedingungen (im Sommer und Winter) leben dort Tausende von Familien noch immer in Zelten; der Zugang zu Wasser, Sanitäranlagen, Schulen und Krankenhäusern ist beschränkt.12 Eine flächendeckende Versorgung insbesondere von Schwangeren , älteren Menschen sowie körperlich und psychisch besonders hilfsbedürftigen Menschen war anfangs durch die große Anzahl an Flüchtlingen nicht möglich.13 Weiterhin war die Sicherheitslage innerhalb des Camps zeitweise stark angespannt, sodass die Gewalt und Bedrohung gegen Frauen und Kinder zunahm. Seit April 2014 geht die Anzahl der Bewohner des Lagers kontinuierlich zurück und beläuft sich zur Zeit auf etwa 100.000 Personen. Dies hängt mit der teilweisen Rückkehr der Flüchtlinge nach Syrien und zahlreichen Umzügen in die umliegenden Kommunen zusammen. Im Zuge des Rückgangs der Einwohnerzahlen des Flüchtlingslagers hat sich die Sicherheitslage entspannt und die Versorgung der Flüchtlinge innerhalb des Lagers verbessert. Camp Azraq Im April 2014 eröffnete das UNHCR zusammen mit den jordanischen Behörden ein weiteres Flüchtlingslager mit einer potentiellen Kapazität von bis zu 100.000 Flüchtlingen in Azraq. Dieses Flüchtlingslager bietet im Vergleich zum Flüchtlingslager in Za’atari die Möglichkeit der Unterbringung in Hütten statt in Zelten und wird derzeit von den ersten aus Syrien geflüchteten Familien bezogen. Emirates Jordanian Camp Neben den beiden hauptsächlich vom UNHCR organisierten Flüchtlingslagern existiert ein wesentlich kleineres Lager mit ca. 4.000 Bewohnern, welches durch die Vereinigten Arabischen Emirate in Zusammenarbeit mit der jordanischen Regierung betrieben wird und eine maximale Kapazität von 5.000 Bewohnern hat. Die Wohn- und Lebensbedingungen in diesem Flüchtlingslager sind im Vergleich zu den UNHCR-Lagern relativ gut. King Abdullah Park; Cyber City; Tiba Im Norden an der jordanisch-syrischen Grenze existieren zur Zeit drei Transitlager für ankommende Flüchtlinge aus Syrien. 11 UNHCR, http://www.unhcr.org/52c3e69c9.html (letzter Zugriff 6.5.2014); Das THW beteiligte sich am Bau der Flüchtlingslager Za’atrai und Azraq, http://www.thw.de/DE/Aktion/Einsaetze/Ausland/ausland_node.html (letzter Zugriff 8.5.2014). 12 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 7. 13 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 7. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 7 2.3. Internationale Unterstützung der syrischen Flüchtlinge in Jordanien Laut dem „Syria Regional Response Plan“ des UNHCR sind im Jahr 2014 für die humanitäre Unterstützung der syrischen Flüchtlinge in Jordanien Ausgaben der jordanischen Regierung und der Internationalen Organisationen in Höhe von über 1,2 Milliarden US Dollar veranschlagt.14 Das UNHCR trägt zu den Gesamtausgaben über 300 Millionen US Dollar bei, UNICEF über 170 Millionen US Dollar. Die jordanische Regierung benötigt im laufenden Jahr zur humanitären Unterstützung der Flüchtlinge über 400 Millionen US Dollar, wovon knapp 200 Millionen US Dollar für den Bereich „Unterkunft und Infrastruktur“ vorgesehen sind. Nach VN-Angaben sind bisher weniger als 20 Prozent der prognostizierten Kosten durch Spenden finanziert.15 Nach VN-Angaben hat sich Deutschland 2014 - jenseits seiner regulären Beiträge zum Haushalt der VN, des UNHCR und des UNICEF - noch nicht durch freiwillige Zusatzbeiträge an die genannten Organisationen an der humanitären Unterstützung der syrischen Flüchtlinge in Jordanien beteiligt. Im Libanon leistete Deutschland bisher direkte zusätzliche Zahlungen in Höhe von über 3 Millionen US Dollar.16 Über die deutschen Beiträge zum Haushalt der Europäische Union, die sich im laufenden Jahr in Jordanien bisher mit über 25 Millionen US Dollar beteiligt hat, leistet Deutschland mittelbar einen weiteren finanziellen Beitrag.17 Ein Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD, der am 8. Mai 2014 auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums stand, dringt darauf, dass sich Deutschland in größerem Umfang an Hilfsmaßnahmen für Flüchtlinge aus Syrien beteiligen solle.18 2013 unterstützte die internationale Gemeinschaft die syrischen Flüchtlinge laut UNHCR mit knapp 800 Millionen US Dollar. Der direkte deutsche Beitrag belief sich auf über 40 Millionen US Dollar, zusätzlich erbrachte Deutschland Leistungen durch seinen Anteil am Beitrag der Europäischen Union in Höhe von über 70 Millionen US Dollar. Die Beiträge privater Geber zu den Ausgaben des UNHCR in Höhe von über 30 Millionen US Dollar sind vom UNHCR nicht nach nationaler Herkunft der Spender ausgewiesen, wurden aber zum Teil auch von Deutschen aufgebracht .19 14 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014) , S. 116. 15 UNHCR, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/country.php?id=107 (letzter Zugriff 8.5.2014). 16 UNHCR, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/country.php?id=107 (letzter Zugriff 8.5.2014). 17 UNHCR, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/country.php?id=107 (letzter Zugriff 8.5.2014). 18 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Hilfe für die Flüchtlinge aus Syrien – Unterstützung für die Nachbarstaaten, BT-Drucksache 18/1333 vom 07.05.2014, http://sysinfo.bundestag.btg:8888/infonutzer/faces/kk?Adf-Window- Id=w0&kurzname=pd1&drs=18%2F1333&_afrWindowMode=0&_afrLoop=29765143799168&_adf.ctrlstate =ic1cjdg4_3&_afrRedirect=29765189708168 (letzter Zugriff 9.5.2014). 19 UNHCR, http://data.unhcr.org/syrianrefugees/regional.php (letzter Zugriff 8.5.2014). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 8 2.4. Engagement von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen aus Deutschland Zu den staatlichen Einrichtungen Deutschlands, die sich an humanitären Hilfsaktionen für Flüchtlinge aus Syrien beteiligen, zählt das Technische Hilfswerk (THW), das beim Aufbau und Betrieb von Flüchtlingslagern in Jordanien mitwirkt.20 Daneben ist u.a. die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu nennen, die sich an der Förderung von Projekten zur Trinkwasserversorgung beteiligt.21 Zivilgesellschaftliche Einrichtungen aus Deutschland (d.h. deutsche NGOs bzw. deutsche Zweige internationaler NGOs) beteiligen sich an einer unübersehbaren Vielzahl von Hilfsprojekten. Unterstützung des Auswärtigen Amtes erhielten in den Jahren 2012/2013 hierfür u.a.: Adventist Development and Relief Agency Deutschland, Ärzte der Welt, Arbeiter-Samariter-Bund, Arche Nova, Care, Caritas, Diakonie, Deutsches Rotes Kreuz, Help, Humedica, Islamic Relief Deutschland , Johanniter, Luftfahrt ohne Grenzen, Malteser, Medico International, Save the Children, Welthungerhilfe, World Vision.22 3. Zur Situation der Kinder und Jugendlichen aus Syrien in Jordanien Die über 300.000 Kinder und Jugendlichen bilden mit über 50 Prozent die größte Altersgruppe unter den Flüchtlingen aus Syrien.23 Sie benötigen einen besonderen Schutz in den Flüchtlingslagern , aber auch in den jordanischen Kommunen in den nördlichen und zentralen Provinzen. Der Großteil der syrischen Kinder und Jugendlichen in Jordanien lebt in den Flüchtlingslagern Za’atari Camp und dem Emirates Jordanian Camp (ca. 70.000) sowie in den Regionen Amman, Irbid, Mafraq und Zarqa.24 3.1. Sicherheit In den Flüchtlingslagern werden unbegleitete Kinder häufiger Opfer krimineller Gewalt und erhalten oft nur schwer Zugang zur medizinischen Versorgung.25 Zudem leiden viele Kinder unter traumatischen Erfahrungen des Bürgerkriegs. 20 THW, http://www.thw.de/SharedDocs/Meldungen/DE/Einsaetze/international/2013/09/meldung_001_irak.html (letzter Zugriff 8.5.2014). 21 KfW, https://www.kfw-entwicklungsbank.de/Internationale-Finanzierung/KfW- Entwicklungsbank/%C3%9Cber-uns/News/News-Details_12766.html (letzter Zugriff 8.5.2014). 22 BT-Drs., http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/145/1714561.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014). 23 UNHCR, http://unhcr.org/media-futureofsyria/ (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 6. 24 Eine ausführliche statistische Aufschlüsselung der Situation der syrischen Kinder und Jugendlichen in Jordanien findet sich im Bericht von UNICEF, Syrian refugee children in Jordan, http://issuu.com/unicef.mena/docs/syrian_refugee_children_in_jordan_d/3 (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 4 ff. 25 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 14. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 9 Während die Mehrzahl der Flüchtlingskinder mit ihren Familien von Syrien nach Jordanien kam, registrierten UNHCR und UNICEF seit Januar 2013 auch 1.687 unbegleitete Kinder.26 Die Identifikation und Unterstützung der unbegleiteten und von ihren Familien getrennten Kinder ist innerhalb der Flüchtlingslager angelaufen. Bei Familienzusammenführungen gab es bereits einige Erfolge. Allerdings ist eine Registrierung und Unterstützung der unbegleiteten Kinder außerhalb der Lager in den jordanischen Kommunen sehr viel schwieriger. Weiterhin organisieren bewaffnete Gruppen syrischer Oppositioneller innerhalb der Flüchtlingslager Zwangsrekrutierungen von Jugendlichen, und es gibt Anhaltspunkte, dass diese zurück in den Bürgerkrieg nach Syrien geschickt werden.27 Zwangsehen zwischen minderjährigen Mädchen und älteren, zumeist jordanischen und saudischen Männern stellen ein weitere Bedrohung dar. Die frühen Verheiratungen von Mädchen im Alter von oft erst 13 Jahren nimmt mit der zunehmenden Verschlechterung der ökonomischen Situation der Flüchtlingsfamilien zu. Viele Mädchen werden nur zeitweise verheiratet und werden nach einiger Zeit von ihren Ehemännern wieder zurück in die Flüchtlingslager geschickt, da dies eine Möglichkeit ist, im Einklang mit islamischen Sexualregeln mit den Mädchen Geschlechtsverkehr zu haben.28 Daneben grassiert unter den Flüchtlingskindern die Kinderarbeit. Bis zu 30.000 syrische Kinder, d.h. ca. 16 Prozent der syrischen Flüchtlingskinder, leisten Kinderarbeit. Dabei sind Kinder aus Familien ohne Väter öfter von Kinderarbeit betroffen, da die ökonomische Situation dieser Familien meist besonders prekär ist. In den ländlichen Regionen Jordaniens ist Kinderarbeit häufiger anzutreffen als in den Flüchtlingslagern, aber auch von den urbanen Regionen wird von arbeitenden Kindern in Cafés, Geschäften und Hotels berichtet.29 3.2. Bildung Die Situation der Bildung der syrischen Kinder und Jugendlichen kann als dramatisch beschrieben werden. Etwa 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen in den Flüchtlingslagern besuchen keine Schule.30 Das Flüchtlingslager Za’atari besitzt zwei Schul- und Bildungseinrichtungen, die jeweils eine Kapazität für bis zu 5.000 Schülern haben. Der Unterricht in den Schulen der Flüchtlingslager erreicht nicht die Qualität der jordanischen Schulen außerhalb der Lager, da viele Kin- 26 UNICEF, http://issuu.com/unicef.mena/docs/syrian_refugee_children_in_jordan_d/3 (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 6; sowie UNHCR, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 12 f. 27 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 13. 28 UN-Women, http://resourcecentre.savethechildren.se/library/gender-based-violence-and-child-protectionagainst -syrian-refugees-jordan-focus-early (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 34. 29 UNICEF, http://issuu.com/unicef.mena/docs/syrian_refugee_children_in_jordan_d/3 (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 19. 30 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S.18. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 10 der infolge von Hunger und Traumatisierung unter Konzentrationsschwächen leiden und der Unterricht durch häufige Besucher und Medienvertreter unterbrochen wird.31 Aufgrund der angespannten Sicherheitslage in den Flüchtlingslagern und des umständlichen Transports aus dem Umland in die Flüchtlingslager ist es schwierig, ausreichend Lehrer für den Unterricht der syrischen Kinder zu organisieren. Viele Lehrer wurden eigens für den Unterricht in den Flüchtlingslagern angeworben und besitzen noch wenig Berufserfahrung, sodass sie bisweilen mit der psychologischen Betreuung der Kinder und den hohen Schülerzahlen in den Klassen überfordert sind.32 Die Lage in den jordanischen Kommunen ist weniger gut dokumentiert, jedoch gehen auch hier Berichte von UNICEF davon aus, dass die Mehrheit der syrischen Kinder außerhalb der Flüchtlingslager keine Schule besucht.33 Etwa 60.000 Kinder im schulfähigen Alter außerhalb der Flüchtlingslager sind noch nicht in öffentlichen Schulen angemeldet.34 Dies liegt zum Teil daran, dass den jordanischen Schulen Kapazitäten und Ressourcen fehlen, um die ankommenden syrischen Kinder und Jugendliche aufnehmen zu können. Syrische Kinder und Jugendliche mit körperlichen Beeinträchtigungen haben sowohl in den Flüchtlingslagern als auch in den jordanischen Kommunen aufgrund fehlender Infrastruktur kaum Möglichkeiten an den wenigen Bildungsangeboten teilzunehmen. Eine Reihe von internationalen Hilfswerken bietet neben der formalen Schulbildung Programme und Initiativen im Bereich der informalen Bildung an; die Angebote umfassen zum Beispiel die Vermittlung von einfachen Grundfertigkeiten, berufliche Ausbildung und gemeinsame Freizeitaktivitäten .35 3.3. Nahrung und Gesundheit Ein relativ geringer Teil der unter fünf Jahre alten syrischen Kinder leidet sowohl in den Flüchtlingslagern als auch in den jordanischen Provinzen an akuter Unterernährung; ein Ernährungsprogramm für die Flüchtlinge ist gleichwohl nicht geplant, da die Raten der Unternährung noch 31 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 19. 32 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 20. 33 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 20 f. 34 UNICEF, http://issuu.com/unicef.mena/docs/syrian_refugee_children_in_jordan_d/3 (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 37. 35 UNHCR, http://www.unhcr.org/syriarrp6/docs/syria-rrp6-jordan-response-plan.pdf#A (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 51. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 074/14 Seite 11 verhältnismäßig gering sind und eine ausreichende Versorgung mit Lebensmittel innerhalb und außerhalb der Flüchtlingslager grundsätzlich gewährleistet ist.36 Mehr als 90 Prozent der syrischen Familien haben in den Flüchtlingslagern Zugang zu kostenloser medizinischer Versorgung, etwa 76 Prozent der in den jordanischen Kommunen lebenden syrischen Flüchtlinge haben Zugang zu den öffentlichen medizinischen Einrichtung, oder aber zur medizinischer Versorgung durch internationale und nationale Nichtregierungsorganisationen . Aufgrund der breiten medizinischen Versorgung ist der Gesundheitszustand der syrischen Flüchtlinge insgesamt relativ robust. Die unter 18-jährgen syrischen Flüchtlingen leiden am häufigsten an einer Infektion der oberen Atemwege (ca. 30 Prozent) und Durchfallerkrankungen (10 Prozent).37 Kinder und Jugendliche aus Syrien erhalten in Jordanien Zugang zu Impfprogrammen, insbesondere gegen Polio und Masern. Die Säuglingssterberate im Flüchtlingslager Za’atari liegt allerdings bei 41/1000 Lebendgeburten und ist damit doppel so wie der landesweite Durchschnitt in Jordanien von etwa 21/1000 und in Syrien von etwa 15/1000.38 36 UNICEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 30. 37 UINCEF, http://www.unicef.org/infobycountry/files/Shattered_Lives_June10.pdf (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 30 mwN zu häufig auftretenden Infektionen von syrischen Flüchtlingskindern. 38 UNICEF, http://issuu.com/unicef.mena/docs/syrian_refugee_children_in_jordan_d (letzter Zugriff 8.5.2014), S. 47.