© 2019 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 066/19 Griechische und polnische Reparationsforderungen gegen Deutschland Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 2 Griechische und polnische Reparationsforderungen gegen Deutschland Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 066/19 Abschluss der Arbeit: 14. Juni 2019 (zugleich letzter Zugriff auf Internetquellen) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Grundlagen und Formen der finanziellen Wiedergutmachung 4 2.1. Freiwillige Wiedergutmachung 4 2.2. Staatliche und individuelle Reparationsansprüche 5 2.3. „Zwangsanleihe“ und „Deutsche Restschuld“ 6 3. Entstehen zwischenstaatlicher Reparationsansprüche 7 3.1. Vertragliche Grundlagen 7 3.2. Zwischenergebnis 9 4. Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche 9 4.1. Verjährung 9 4.2. Verzicht 10 4.2.1. Ausdrücklicher Verzicht Polens 10 4.2.2. Stillschweigender Verzicht Griechenlands 11 4.3. Gegenüberstellung der Situation in Griechenland und Polen 13 5. Fazit 13 5.1. Rechtliche Bewertung griechischer und polnischer Ansprüche 13 5.2. Möglichkeit einer abschließenden gerichtlichen Klärung 14 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 4 1. Einleitung Spätestens seit der europäischen Finanzkrise werden in Griechenland immer wieder Reparations - und Rückzahlungsansprüche gegenüber Deutschland thematisiert. Im April dieses Jahres beschloss das Parlament in Athen, Reparationsforderungen gegenüber Deutschland geltend zu machen, die es auf bis zu 300 Milliarden Euro bezifferte. Eine entsprechende „Verbalnote“ mit der offiziellen Aufforderung zu Verhandlungen über Reparationen wurde der Bundesregierung nun übergeben.1 Auch in Polen wurden erneut entsprechende Forderungen laut.2 Die Bundesregierung hält gegenüber beiden Staaten an ihrer bereits mehrfach bekräftigten Aussage fest, die Frage der Reparationen sei juristisch wie politisch abschließend geregelt. Die Wissenschaftlichen Dienste haben in der Vergangenheit mehrere Gutachten zu Fragen der griechischen und polnischen Reparationsforderungen gegen Deutschland erstellt.3 Dieser Sachstand nimmt insoweit keine rechtliche Neubewertung dieser Fragen vor, sondern dient vor allem einer begrifflichen Klarstellung von Rechtsgrundlagen sowie einer Systematisierung juristischer Argumentationslinien. Gewählt wird dazu das „Format“ einer Gegenüberstellung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Sachen Reparationsforderungen im deutsch-griechischen bzw. deutsch-polnischen Verhältnis. 2. Grundlagen und Formen der finanziellen Wiedergutmachung 2.1. Freiwillige Wiedergutmachung Die Bundesrepublik Deutschland hat in den vergangenen Jahren aufgrund von innerstaatlichen Gesetzen sowie internationalen Verträgen finanzielle Wiedergutmachungsleistungen gegenüber Polen und Griechenland für das von Nazideutschland zugefügte Unrecht erbracht:4 Neben dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG), das zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts 1 „Athen fordert Reparationen“, SZ vom 6.6.2019, S.7; „Griechenland fordert bis zu 290 Milliarden Euro“, ZEIT ONLINE vom 18.4.2019. 2 „Polen prüft Reparationsforderungen an Deutschland“, ZEIT ONLINE vom 2.8.2017. 3 Eine Zusammenstellung der einschlägigen WD-Gutachten zu diesem Thema findet sich als Anhang zu dieser Arbeit. Zum Zwecke der besseren Lesbarkeit werden frühere WD-Gutachten im Folgenden nur mit einem Kürzel zitiert, welches im Anhang den entsprechenden Gutachten zugeordnet ist. G steht danach für Gutachten zu Griechenland, das Kürzel P für Gutachten zu Polen. 4 Umfangreiche Auflistung in: Brodesser/Fehn/Franosch/Wirth, Wiedergutmachung und Kriegsfolgenliquidation: Geschichte – Regelungen – Zahlungen, München 2000, S. 120 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 5 eine Geldentschädigung für Personen vorsieht, die während der NS-Zeit aus politischen, rassischen , religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden,5 wurden Stiftungen eingerichtet wie z.B. die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, die Stiftung Polnisch- Deutsche Aussöhnung oder die Stiftung zur Bewältigung der Wiedergutmachung für die durch NS-Zwangsarbeit erlittenen Schäden. Sowohl für polnische als auch griechische Opfer wurden in diesem Rahmen Zahlungen von Deutschland geleistet.6 2.2. Staatliche und individuelle Reparationsansprüche Zu unterscheiden ist zwischen individuellen Ansprüchen auf Schadensersatz, die von den Opfern von Kriegsverbrechen unmittelbar gegen einen anderen Staat erhoben werden und Ansprüchen, die der zwischenstaatlichen Regulierung von Kriegsfolgen im Sinne eines Reparationsverhältnisses dienen. Individuelle Ansprüche auf Schadensersatz für Kriegsfolgen oder Kriegsverbrechen können von einem Staat im Namen seiner Staatsangehörigen gegenüber dem verletzenden Staat selbst geltend gemacht werden.7 Auf diese Weise mediatisierte Individualansprüche werden im völkerrechtlichen Schrifttum zumeist ebenfalls dem Reparationsbegriff untergeordnet.8 Im Gegensatz zur deutschen Rechtsprechung wird in Teilen des völkerrechtlichen Schrifttums insbesondere im Hinblick auf deutsche Wehrmachtsverbrechen in Griechenland, es gebe sowohl 5 BEG in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 251-1 veröffentlichten, bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 81 des Gesetzes vom 29.3.2017 (BGBl. I S. 626). 6 Vgl. Gutachten P3, S.13, G1, S. 10 f. 7 Zu Ansprüchen von Einzelpersonen gegen Staaten vgl. P1, S. 23 ff., G1, S. 20 f.: Das Völkerrecht begründet trotz seiner Fortentwicklung weg von der Mediatisierung des Individuums durch den Staat zur Anerkennung der partiellen Völkerrechtssubjektivität des Individuums auch nach 1945 keinen Anspruch von Einzelpersonen gegen einen verletzenden Staat. Der BGH bestätigte sowohl für Schadensersatzansprüche griechischer Opfer bzw. deren Nachfahren im Zusammenhang mit Distomo (BGH, Urteil vom 26.6.2003, Az. III ZR 245/98) als auch für zivile Opfer von Auslandseinsätzen deutscher Streitkräfte im Kosovo (1999, Varvarin – BGH, Urteil vom 2.11.2006, Az. III ZR 190/05) und in Afghanistan (2016, Kunduz – BGH, Urteil vom 6.10.2016, Az. III ZR 140/15), dass das Völkerrecht bis dato keine rechtsgültige Norm kenne, nach welcher Individuen Ansprüche gegen Staaten selbst geltend machen könnten. Das BVerfG bestätigte diese Auffassung sowohl im Urteil vom 15.2.2006, 2 BvR 1476/03 als auch im Beschluss vom 13.8.2013, 2 BvR 2660/06. Griechische Zivilgerichte hatten den Klägern zu Distomo zwar Schadensersatz von der BRD zugesprochen, diese Urteile konnten aber nicht vollstreckt werden: Der EGMR bestätigte die Unzulässigkeit der Vollstreckung 2002 in Kalogeropoulou and others v. Greece and Germany (12. Dezember 2002, 59021/00) und wiederum in Sfountouris et autres c. Allemagne (31.5.2011, 24120/06), ebenso der IGH 2012 in Jurisdictional Immunities of the State (Germany v. Italy: Greece Intervening) (3.2.2012). Die Geltendmachung der Ansprüche wäre nur dann möglich, wenn die BRD freiwillig auf ihre Staatenimmunität verzichtete und sich der Vollstreckung unterwürfe, wofür es keine Anhaltspunkte gibt. 8 Vgl. Gutachten G1, S. 6. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 6 im deutschen Staats- und Amtshaftungsrecht als auch im Völkerrecht Rechtsgrundlagen für Schadensersatzforderungen der griechischen Opfer deutscher Kriegsverbrechen.9 Deutsche Gerichte lehnen diese individuellen Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung für Kriegsschäden allerdings regelmäßig bereits im Erkenntnisverfahren ab. Dieselbe rechtliche Argumentation greift auch bei polnischen Kriegsopfern.10 2.3. „Zwangsanleihe“ und „Deutsche Restschuld“ Nach der Besatzung Griechenlands durch die deutsche Wehrmacht und italienische Truppen im Jahre 1941 nötigte die deutsche Regierung Griechenland zunächst zur Übernahme der gesamten Besatzungskosten. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde diese Last 1942 auf einen Anteil der Kosten begrenzt und der darüber hinausgehende Betrag der deutschen und italienischen Regierung auf einem zinslosen Sonderkonto angelastet. Ab 1943 leistete das Deutsche Reich Rückzahlungen in monatlichen Raten; es verblieb indes eine „Reichsverschuldung gegenüber Griechenland “11 in Höhe von 476 Mio. Reichsmark. Der heutige Wert der sog. Deutschen Restschuld wird auf zwischen 3,5 Mrd. und 75 Mrd. US-Dollar geschätzt, die Wissenschaftliche Dienste gehen in Berechnungen von 201212 von einem Wert von 8,25 Mrd. US-Dollar aus.13 Ob diese „Deutsche Restschuld“ als Reparationsforderung nach Völkerrecht, als Kreditrückzahlungsforderung im zivilrechtlichen Sinne oder als deliktischer Anspruch verstanden werden muss, ist rechtlich bedeutsam, da die Einordnung unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich zieht.14 In Politik und Fachliteratur wird mehrheitlich davon ausgegangen, dass es sich um „Zwangsanleihen“ und damit Reparationsforderungen handle,15 für die die allgemeinen Erwägungen gelten.16 9 Vgl. Gutachten G1, S. 22. 10 Zur Argumentation deutscher Gerichte vgl. Gutachten P1 S.24 ff. 11 Detailliert hierzu Gutachten G5, S.5 ff. 12 Berechnungen zur sogenannten griechischen Zwangsanleihe von 1942, Kurzinformation der Wissenschaftlichen Dienste, 3.4.2012, WD 4 – 3000 – 093/12. 13 Vgl. Gutachten G5, S. 4 f. 14 Für den „kreditähnlichen Charakter“ der „Anlastungen“ sprechen einerseits Sprachgebrauch und Rückzahlungspraxis durch das Deutsche Reich. Andererseits setzt diese den Abschluss eines ordentlichen Vertrags zwischen souveränen Staaten voraus. Unter dem Aspekt der Besatzungssituation und dem vom Deutschen Reich ausgeübten Druck erscheint diese Bewertung zumindest fragwürdig (so G5, S. 10), eine Rechtmäßigkeit nach der Haager Landkriegsordnung kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden (zu dieser Frage sowie zur Einordnung als vertraglichen oder deliktischen Anspruch s. Gutachten G4). 15 Vgl. Gutachten G5, S. 10 16 Vgl. Gutachten G5, S. 9. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 7 In Polen existiert kein Pendant zu einer „Zwangsanleihe“; als Anspruchsgrundlage werden ausschließlich die Kriegsverbrechen der Wehrmacht angeführt. 3. Entstehen zwischenstaatlicher Reparationsansprüche Völkerrechtlich umstritten ist bereits der Zeitpunkt der Entstehung zwischenstaatlicher Reparationsansprüche . Während die Bundesregierung der Ansicht ist, dass Ansprüche rechtlich nur und erst durch vertragliche Regelung (Friedensvertrag usw.) entstünden, argumentieren die polnische und auch griechische Regierung, das Schadensereignis selbst wirke unmittelbar anspruchsbegründend, so dass Reparationsansprüche bereits während des Krieges unabhängig von einer späteren Feststellung durch völkerrechtliche Vereinbarung entstanden seien.17 Eine ausführliche Darstellung dieser Frage in den WD-Gutachten G1 und G218 kommt zu dem Schluss, dass in völkerrechtlich vertretbarer Weise davon ausgegangen werden kann, dass zum Zeitpunkt des Kriegsendes die rechtliche Existenz von Reparationsansprüchen von deren völkervertraglicher Konkretisierung abhing. 3.1. Vertragliche Grundlagen Da nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kein Friedensabkommen abgeschlossen wurde, sondern die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht die militärischen Feindseligkeiten beendete, wurde 1945 vorerst keine umfassende vertragliche Regelung der Reparationspflichten Deutschlands getroffen, die zur Entstehung von Ansprüchen geführt haben könnte.19 Im Pariser Reparationsabkommen von 1946 einigten sich die westlichen Alliierten über die Grundzüge deutscher Reparationszahlungen, legten allerdings keine absoluten Entschädigungssummen fest, sondern lediglich prozentuale Anteile eines Fonds, dessen Höhe noch unbestimmt blieb. In Folge des Abkommens erhielt Griechenland Entschädigungen in industriellen Gütern im Gegenwert von ca. 25 Mio. US-Dollar.20 Das Potsdamer Abkommen21 vom 2. August 1945 sprach u.a. der UdSSR das Recht zur Liquidierung von Kriegsfolgen durch Entnahmen (Industriedemontagen, Produktionsentnahmen) aus der von ihr besetzten Zone sowie einer Beteiligung in Höhe von 10 Prozent an den Entnahmen aus Westgebieten zu. Etwaige Ansprüche Polens sollten wiederum über den Anteil der UdSSR getilgt 17 Vgl. Gutachten G1, S. 7; P1, S. 8 und 26. 18 Vgl. Gutachten G1, S. 8 f. und G2, S. 6 f. 19 Vgl. Gutachten G1, S. 9. 20 Zugebilligt worden waren Griechenland 7,181 Mrd. US-Dollar der ursprünglich geforderten 14 Mr. US-Dollar, vgl. Gutachten G5, S. 7. 21 Mitteilung über die Dreimächtekonferenz von Berlin (Potsdamer Abkommen) vom 2.8.1945. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 8 werden. Insofern lag in diesem Abkommen eine vertragliche Anerkennung von Reparationsansprüchen , die in der Folge durch die Entnahmen über die UdSSR befriedigt wurden. 22 Im Londoner Abkommen über deutsche Auslandsschulden von 1953 vereinbarten die Vertragsstaaten , unter denen sich auch Griechenland befand, die Verhandlungen über Reparationsfragen bis zu einer „endgültigen allgemeinen Regelung dieser Angelegenheit“, also bis zum Abschluss eines Friedensvertrags, zurückzustellen und vorläufig keine Zahlungsansprüche zu erheben, sondern alle möglicherweise bestehenden Ansprüche auf unbestimmte Zeit zu stunden – ohne dass das Bestehen oder Nicht-Bestehen etwaiger Ansprüche hiervon berührt worden wäre. Die Reparationsfrage wurde ausdrücklich als regelungsbedürftig festgestellt und blieb deshalb offen.23 Im „Globalentschädigungsabkommen“ (Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über Leistungen zugunsten griechischer Staatsbürger, die von nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen betroffen sind“) verpflichtete sich Deutschland 1960 zur Zahlung von 115 Millionen DM an Griechenland. Dabei wurde bewusst differenziert zwischen den Opfergruppen auf der Grundlage der nationalsozialistischen Motivation der Verfolgung und den zwischenstaatlichen Ansprüchen aufgrund von allgemeinen Kriegsschäden. Eine abschließende Regelung sollte das Abkommen ausdrücklich nur für den Vertragsgegenstand darstellen, Griechenland behielt sich im ausdrücklichen Widerspruch zur deutschen Position und mit Verweis auf Art. 5 Abs. 2 Londoner Abkommen vor, zu einem späteren Zeitpunkt mit weiteren Ansprüchen, die aus individueller Verfolgung erwachsen seien, an Deutschland heranzutreten .24 In dem 1990 schließlich zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der DDR, den USA, der Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien geschlossenen „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ („Zwei-plus-Vier-Vertrag“), fanden Reparationszahlungen keine explizite Erwähnung.25 22 Vgl. Gutachten P3, S. 11. 23 Vgl. Gutachten G1, S. 9f.; G5, S. 7. 24 Vgl. Gutachten G1, S. 10f.; G5, S. 7f. 25 Vgl. Gutachten G5, S. 8. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 9 3.2. Zwischenergebnis Ein Anspruch Polens auf Reparationsleistungen wurde also im Potsdamer Abkommen begründet, über die UdSSR befriedigt und ist damit erloschen. Griechenland erhielt in Folge des Pariser Reparationsabkommens Entschädigungen in Form von industriellen Gütern. Weitergehende Ansprüche wurden hingegen vertraglich nie geregelt, sodass nach Ansicht der Bundesregierung weitere Reparationsforderungen gar nicht erst entstanden sind. 4. Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche Selbst unter der Prämisse, dass völkerrechtliche Reparationsansprüche unabhängig von einer friedensvertraglichen Feststellung bereits unmittelbar im Zweiten Weltkrieg entstanden und Griechenland oder Polen zugewachsen wären, stellt sich die Frage nach der Verjährung etwaiger Ansprüche: Wie ist also der Umstand rechtlich zu beurteilen, dass 70 Jahre nach Kriegsende und fast 30 Jahre nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags keines der beiden Länder Reparationsforderungen in einem förmlichen völkerrechtlichen Verfahren geltend gemacht hat? 4.1. Verjährung Die Bundesregierung argumentiert, dass etwaige Ansprüche – selbst wenn sie zu irgendeinem Zeitpunkt entstanden seien – heute verjährt und daher nicht mehr durchsetzbar wären. Die Verjährung sei im Völkerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz nach Art. 38 Abs. 1 lit. c) IGH- Statut anwendbar.26 Die polnische Regierung hingegen argumentiert, dass Entschädigungsansprüche für solche Kriegsverbrechen völkerrechtlich nicht verjährten – gleiches gelte im Übrigen auch für die Strafbarkeit von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.27 Sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der konkreten Voraussetzungen und Rechtsfolgen ist die Verjährung zwischenstaatlicher Zahlungsansprüche völkerrechtlich bis heute nicht eindeutig geregelt.28 Selbst unter der Prämisse, dass Verjährung grundsätzlich anzuerkennen ist, 26 P1, S. 22. 27 Ebd., S.1, S. 4. 28 Während ein solches Prinzip im 19. Jahrhundert noch mehrheitlich abgelehnt wurde, haben das Bedürfnis nach Rechtssicherheit in internationalen Beziehungen und der Gedanke der Friedenssicherung zu einem Wandel im 20. Jahrhundert geführt. Um „eine Konfrontation zur Unzeit in unfairer Weise“ zu verhindern, ist inzwischen trotz fehlender ausdrücklicher Regelung davon auszugehen, dass Verjährung als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im Völkerrecht Bedeutung findet. Greifen soll sie nur für solche Fälle, in denen „in unfairer Weise“ gehandelt wird, also nur, wenn das Zuwarten des Gläubigers unvernünftig, also fahrlässig ist oder nicht auf nachvollziehbaren Gründen beruht, vgl. Gutachten G4, S. 11 f. zur allgemeinen Verjährung im Völkerrecht. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 10 bleibt offen, welche Voraussetzungen und welche Fristen Anwendung erfahren sollten. Darüber hinaus ist hinsichtlich der griechischen Rückzahlungsforderung des „Zwangskredits“ unklar, wann die Verjährungsfrist überhaupt beginnen sollte, weil hierfür zunächst die Fälligkeit der Forderung als Voraussetzung für den Verjährungsbeginn bestimmt werden müsste. Das WD-Gutachten G4 kommt daher zu dem Schluss, dass „der Eintritt der Verjährung im Völkerrecht eine umfassende materiell-rechtliche Wertung auf der Grundlage allgemeiner Erwägungen der Fairness voraussetzt“ und deshalb „allenfalls im Rahmen eines gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Verfahrens erfolgen“ könne.29 4.2. Verzicht Nach Ansicht der Bundesregierung stünde etwaigen Forderungen außerdem der ausdrückliche Verzicht, bzw. die stillschweigenden Zustimmung beider Länder entgegen. 4.2.1. Ausdrücklicher Verzicht Polens Mögliche polnische Ansprüche sind der Bundesregierung zufolge mit der 1953 abgegebenen und 1970 bestätigten ausdrücklichen unilateralen Verzichtserklärung untergegangen. Tatsächlich hatte der polnische Ministerrat 1953 ebenso wie die UdSSR den Verzicht auf weitere deutsche Kriegsreparationen erklärt, der 1970 vom stellvertretenden polnischen Außenminister Winiewicz während der Vertragsverhandlungen zum Warschauer Vertrag nochmals bestätigt wurde.30 Von polnischer Seite wird dieser Verzicht hingegen als unwirksam angesehen.31 Die Erklärung sei auf Druck der sowjetischen Führung abgegeben worden und habe überdies die damals gültige Verfassung von 1952 verletzt, weil nicht der Ministerrat, sondern der Staatsrat für die Ratifizierung und Kündigung von völkerrechtlichen Verträgen zuständig gewesen sei. Dieses Vorbringen trägt allerdings völkerrechtlich nicht, da nach Art. 46 Abs. 1 Wiener Vertragsrechtskonvention die Berufung auf staatliche Interna bei der Vertragsratifikation grundsätzlich verwehrt ist, insbesondere wenn innerstaatliche Zuständigkeitsvorschriften betroffen sind und der Verstoß nicht offenkundig war.32 Da selbst in der polnischen Rechtswissenschaft teilweise von einer Wirksamkeit ausgegangen wird,33 stellt sich die Kritik jedenfalls nicht als hinreichend inhaltlich substantiiert dar. 29 Vgl. Gutachten G4, S. 12. 30 Vgl. Gutachten P1, S. 18. 31 Ebd., Gutachten S1, S. 1-5, S. 24 ff. 32 Vgl. Gutachten P1, S. 18 f. 33 Vgl. Gutachten P1, S. 18 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 11 Die Rechtsauffassung der Bundesregierung, wonach der damalige Verzicht Polens dem Grundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda) folgend auch die gegenwärtige polnische Regierung bindet, entspricht daher dem geltenden Völkerrecht.34 Insofern kommt es auf einen stillschweigenden Verzicht im Rahmen von Vertragsverhandlung und Abschluss des Zwei-Plus-Vier-Vertrags 1990 nicht an.35 Vielmehr kann aus völkerrechtlicher Sicht davon ausgegangen werden, dass die ausdrückliche Verzichtserklärung von 1953 der Geltendmachung von Reparationsforderungen und Entschädigungen durch die heutige polnische Regierung entgegensteht. 4.2.2. Stillschweigender Verzicht Griechenlands Anders als Polen hat Griechenland nie eine ausdrückliche Verzichtserklärung abgegeben. Für griechische Forderungen ist daher die Diskussion um eine Verwirkung durch stillschweigenden Verzicht von größerer Bedeutung. Während sich die griechische Seite darauf stützt, dass Reparationsansprüche zu keinem Zeitpunkt eine endgültige Regelung erfahren hätten und deshalb ihre Geltendmachung nie ausgeschlossen worden sei, ist die Bundesregierung der Ansicht, dass jedenfalls der Zwei-plus-Vier- Vertrag eine abschließende und umfassende Regelung darstelle, die nicht nur alle Rechtsfragen bezüglich der Kriegsfolgen, sondern implizit auch die Reparationspflichten geregelt habe.36 Im Mittelpunkt der Diskussion steht die völkerrechtliche Rechtsfigur der stillschweigenden Zustimmung. In verschiedener Form („tacit consent“ bzw. „acquiescence“)37 bewirkt diese die Verwirkung eines Rechts und dient damit übergeordneten Zielen des Völkerrechts wie Stabilität, Erhalt des Friedens und Herstellung von Rechtssicherheit in Abwägung mit dem völkerrechtlichen Grundprinzip der staatlichen Souveränität. Als Konkretisierung des Prinzips von Treu und Glauben wird die Rechtsfigur stark von Billigkeitserwägungen geprägt und eröffnet so weite Beurteilungsspielräume. 34 Vgl. Gutachten P1, S. 18. 35 Die deutsche Regierung argumentiert insofern, dass sich Deutschland aufgrund des Vertrauensschutzes auf ein weiteres Ausbleiben der Geltendmachung verlassen dürfe, s. dazu Gutachten P1, S. 21. Die polnische Regierung hingegen trägt vor, Polen habe mehrmals versucht, die deutschen Reparationen zu regeln, dies sei zwar aufgrund der zweipoligen Spaltung der Welt und Deutschlands nicht möglich gewesen, stünde aber der Annahme eines stillschweigenden Verzichts entgegen, vgl. S1, S. 35 ff. 36 Vgl. Gutachten G1, S.5. 37 Vgl. insgesamt Gutachten G1, S. 15 f., G4, S. 13. Der „tacit consent“, als Ersatz der ausdrücklichen Zustimmung durch Stillschweigen, greift nur, wenn er für den Anwendungsbereich einer bestimmten Vertrages zuvor ausdrücklich vorgesehen wurde. Eine solche Klausel ist im Zusammenhang mit deutsch-griechischen Reparationsleistungen keinem der Verträge zu entnehmen. Die Zustimmung durch bloße Duldung, der der Erklärungswert einer stillschweigenden Zustimmung beigemessen wird („acquiescence“) erfordert keine derartige Klausel, vielmehr muss aufgrund spezifischer Umstände eine ausdrückliche Reaktion erwartet werden dürfen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 12 Im Hinblick auf etwaige Reparationsforderungen hatten sich Griechenland und die anderen Vertragsstaaten im Londoner Abkommen zunächst darauf geeinigt, die Klärung der Reparationsfrage auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Die griechische Regierung machte bereits im Nachgang hierzu 1960 ihre Erwartungen deutlich, dass noch Regelungen getroffen würden, sodass jedenfalls bis zum Zwei-plus-Vier-Vertrag von einem die Verwirkung hemmenden Moratorium auszugehen ist.38 Vor und nach dem Inkrafttreten des Zwei-plus-Vier-Vertrags bekräftigten der griechische Ministerpräsident und Außenminister mehrfach, dass Griechenland auch im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands keinen Verzicht erkläre und die Reparationsfrage offen bleibe. Die Bundesregierung hingegen vertritt die Ansicht, der Vertrag habe auch hinsichtlich etwaiger Ansprüche aus dem Zweiten Weltkrieg abschließende Regelungswirkung. Da Reparationen im Vertrag überhaupt nicht erwähnt werden, wird diese Position in Teilen des völkerrechtlichen Schrifttums kritisch gesehen.39 Selbst unter Zugrundelegung der Position der Bundesregierung ist aus völkerrechtlicher Sicht fraglich, inwiefern sich die Regelung auf Nicht-Vertragsstaaten wie Griechenland auswirkt. Nach Art. 34 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) kann ein völkerrechtlicher Vertrag ohne ihre Zustimmung keine Pflichten und Rechte für Drittstaaten, d.h. solche, die nicht Vertragspartei sind, zur Folge haben.40 Der Umstand, dass die Parteien den Vertrag als „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“41 schlossen und insoweit stellvertretend für die (nicht förmlich widersprechenden ) übrigen ehemaligen Kriegsgegner handelten, ergibt aus völkerrechtlicher Perspektive nicht, dass die Staaten allein hierdurch ermächtigt worden wären, nachteilige Regelungen zu Lasten Dritter zu treffen. Dies gilt insbesondere, wenn diese wie die in Frage stehenden Reparationen nicht explizit benannt werden.42 38 Vgl. Gutachten G1, S. 17 – zur möglicherweise taktischen Erwägung Deutschlands (z.B. das Herauszögern der Geltendmachung „ad calendas graecas“ – auf den „St. Nimmerleinstag“) vgl. Gutachten G5, S. 12. 39 Vgl. Gutachten G1, S. 12. 40 Dieses Prinzip ist außerdem als gewohnheitsrechtlicher pacta tertiis-Grundsatz i.S.d. Art. 38 (1) (c) IGH-Statut anerkannt, der die souveräne Gleichheit der Staaten ausdrückt und gewährleistet. Als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Völkerrechts ist es somit gemäß Art. 25 GG Teil des deutschen Bundesrechts, vgl. Gutachten G1, S. 13. 41 So der offizielle Titel des Vertrags, vgl. Veröffentlichung im BGBl. 42 Vgl. Gutachten G1, S. 13 f. Vertreten wird auch, dass es sich bei dem Zwei-plus-Vier-Vertrag um einen Statusvertrag handle, auf den das Verbot von Verträgen zu Lasten Dritter nicht anwendbar sei. Status i.S. von Rechtsverhältnissen ist allerdings die territoriale Zugehörigkeit eines Gebiets zu einem Staat oder seine für alle Staaten verbindliche Qualifikation als entmilitarisierte Zone, die Reparationsfrage betrifft gerade keinen völkerrechtlichen Status in diesem Sinne sondern eine Zahlungspflicht, weshalb die Argumentation in Hinblick auf die Regelung deutscher Reparationspflichten nicht trägt. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 13 In der Charta von Paris für ein neues Europa hätte Griechenland als Vertragspartei mittels eines Vorbehalts deutlich machen können, dass es die Reparationsfrage für nicht erledigt halte. Die Formulierung, die Vertragsparteien hätten „mit großer Genugtuung Kenntnis […] über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ genommen, steht allerdings unter der Überschrift „Einheit“ und scheint sich dieser systematischen Stellung nach auch nur auf die deutsche Wiedervereinigung zu beziehen – in der ganzen Charta findet sich außerdem ebenso wie im Zwei-plus-Vier-Vertrag kein ausdrücklicher Hinweis auf Reparationsfragen. Es bestehen daher berechtigte Zweifel an einer extensiven Auslegung, dahingehend, dass hiermit konkludent auch ein Verzicht erklärt worden sei. Wenngleich die Ansprüche auch 70 Jahre nach Kriegsende und fast 30 Jahre nach dem Zweiplus -Vier-Vertrag nicht in einem förmlichen Verfahren geltend gemacht wurden, kann also zumindest nicht völkerrechtlich zwingend davon ausgegangen werden, Griechenland habe einen stillschweigenden oder konkludenten Verzicht auf Reparationsansprüche mit dem Effekt einer endgültigen Verwirkung erklärt, weil völkerrechtlich ungeklärt ist, wann von einer Situation auszugehen wäre, in der von Griechenland eine ausdrückliche Reaktion hätte erwartet werden dürfen. 4.3. Gegenüberstellung der Situation in Griechenland und Polen Während der im Jahre 1953 ausdrücklich erklärte Verzicht Polen auch heute noch völkerrechtlich bindet und der Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen – so sie denn überhaupt entstanden sind – entgegen steht, hat Griechenland nie ausdrücklich auf etwaige Ansprüche verzichtet. Eine Verwirkung etwaiger Ansprüche durch stillschweigenden Verzicht wäre denkbar. Da diese Rechtsfigur völkerrechtlich schon im Grundsatz umstritten und auch im Detail unklar ist, erscheint eine entsprechende Rechtsauffassung jedoch im Ergebnis nicht zwingend. 5. Fazit 5.1. Rechtliche Bewertung griechischer und polnischer Ansprüche Während für polnische Reparationsansprüche auch im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des polnischen Sejm selbst keine stichhaltigen juristischen Argumentationslinien zu erkennen sind,43 stellt sich die Situation in Bezug auf griechische Ansprüche weniger eindeutig dar. Die Position der Bundesregierung ist völkerrechtlich vertretbar, aber keineswegs zwingend. 43 Vgl. Gutachten P1, S. 26. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 14 5.2. Möglichkeit einer abschließenden gerichtlichen Klärung Rechtsklarheit ließe sich dadurch erreichen, dass der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag über eine entsprechende Klage entscheidet – zu einem solchen Verfahren könnte es aber nur dann kommen, wenn sich die Bundesregierung der IGH-Gerichtsbarkeit ad hoc freiwillig unterwerfen würde, weil der Sachverhalt vor der im Jahre 2008 getätigten generellen Unterwerfungserklärung Deutschlands liegt, die ausdrücklich erst ab dem Datum der Erklärung Wirkung entfaltet.44 Die Entscheidung, ob Griechenland Reparationsleistungen zustehen, fällt auch nicht in die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofes nach dem Londoner Abkommen über deutsche Auslandsschulden, weil dieses keine Anwendung auf Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg findet. Die Frage, welche Bedeutung die Festschreibung des Zustands „bis zu einer endgültigen Regelung“ hat, und ob im Zwei-plus-Vier-Vertrag eine abschließende Regelung in diesem Sinne getroffen wurde, könnte dagegen durchaus Gegenstand eines Streit- oder Gutachtenverfahrens vor dem Schiedsgerichtshof werden, weil dies die Auslegung von Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk betrifft.45 Vor nationalen Gerichten steht wegen der souveränen Gleichheit der Staaten die Staatenimmunität Deutschlands einer Geltendmachung möglicher völkerrechtlicher Ansprüche entgegen.46 Hinsichtlich der „Zwangsanleihe“ wäre eine Geltendmachung von Ansprüchen Griechenlands vor deutschen Gerichten dann völkerrechtlich zulässig, wenn diese darlehensvertraglich begründet werden könnten und damit als bürgerliche Rechtsstreitigkeit zu qualifizieren wären, die in die Zuständigkeit der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit fiele (s. § 13 Gerichtsverfassungsgesetz).47 44 Vgl. Gutachten G5, S. 14; G4, S. 14 f. 45 Vgl. hierzu im Detail Gutachten G6. 46 So schon oben unter 2.2, vgl. auch Gutachten G4, S. 15 f. 47 Vgl. Gutachten G4, S. 16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19 Seite 15 Anhang – Liste der Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste Zu Polen: P1: Sachstand: Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation, 071/17 (August 2017) P2: Kurzinformation: Zum Sachstand „Völkerrechtliche Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-polnischen Situation “, 090/17 (September 2017) P3: Dokumentation: Leistungen Deutschlands aufgrund des nationalsozialistischen Unrechts an Opfer in mittel- und osteuropäischen Staaten sowie an Opfer des SED-Regimes, 093/17 (Oktober 2017) Zu Griechenland: G1: Ausarbeitung: Zur Frage von Reparationsansprüchen Griechenlands gegen Deutschland aus dem Zweiten Weltkrieg, 037/12 (April 2012) G2: Ausarbeitung: Zu den völkerrechtlichen Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung des griechisch-deutschen Verhältnisses, 041/13 (Juni 2013) G3: Kurzinformation: Völkerrechtlicher Reparationsbegriff und Zwangsanleihe, 086/13 (November 2013) G4: Ausarbeitung: Zur griechischen Zwangsanleihe von 1942, 093/13 (Dezember 2013) G5: Sachstand: Die „Deutsche Restschuld“ gegenüber Griechenland, 063/15 (April 2015) G6: Sachstand: Zur Rolle des Schiedsgerichtshofs für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden im Hinblick auf die Reparationsforderungen Griechenlands, 051/16 (April 2016) Weitere Gutachten und Anfragen: S1: Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Sejm zu den Möglichkeiten einer Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen Polens gegenüber Deutschland für die durch den Zweiten Weltkrieg verursachten Schäden vor dem Hintergrund völkerrechtlicher Verträge, BAS-WAP – 1455/17 (September 2017) S2: Anfrage Polens und Antworten darauf im EZPWD-Netzwerk48 48 Europäisches Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation. Das EZPWD ist ein im Jahr 1977 durch Entscheidung der Konferenz der Präsidenten der Europäischen Parlamentarischen Versammlungen gegründetes parlamentarisches Netzwerk. Es soll den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit der beteiligten nationalen Parlamente und ihrer Verwaltungen (insgesamt 72 parlamentarische Kammern) in allen Bereichen der parlamentarischen Arbeit intensivieren. Die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten erfolgt insbesondere über Anfragen zu vergleichenden Studien.