© 2017 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 - 064/17 Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Ostsee-Anrainerstaaten seit der russischen Annexion der Krim und dem Ausbruch des Konflikts in der Ost-Ukraine Bedrohungsperzeptionen – sicherheitspolitische Ausrichtung – verteidigungspolitischer Fokus Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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Einführung 4 2. Sicherheitspolitische Ausrichtung und verteidigungspolitischer Fokus der Ostsee-Anrainerstaaten 5 2.1. Bundesrepublik Deutschland 5 2.1.1. Bedrohungsperzeption 5 2.1.2. Multi- und bilaterale Kooperation 5 2.1.3. Streitkräfte 8 2.2. Dänemark 10 2.2.1. Bedrohungsperzeption 10 2.2.2. Multi- und bilaterale Kooperation 11 2.2.3. Streitkräfte 12 2.3. Estland 13 2.3.1. Bedrohungsperzeption 13 2.3.2. Multi- und bilaterale Kooperation 14 2.3.3. Streitkräfte 16 2.4. Finnland 17 2.4.1. Bedrohungsperzeption 17 2.4.2. Multi- und bilaterale Kooperation 18 2.4.3. Streitkräfte 20 2.5. Lettland 21 2.5.1. Bedrohungsperzeption 21 2.5.2. Multi- und bilaterale Kooperation 22 2.5.3. Streitkräfte 23 2.6. Litauen 24 2.6.1. Bedrohungsperzeption 24 2.6.2. Multi- und bilaterale Kooperation 26 2.6.3. Streitkräfte 28 2.7. Polen 30 2.7.1. Bedrohungsperzeption 30 2.7.2. Multi- und bilaterale Kooperation 32 2.7.3. Streitkräfte 33 2.8. Schweden 35 2.8.1. Bedrohungsperzeption 35 2.8.2. Multi- und bilaterale Kooperation 36 2.8.3. Streitkräfte 39 3. Resümee 41 4. Literaturverzeichnis 42 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 4 1. Einführung Die strategische Bedeutung des Ostseeraums 1 für Sicherheit und Stabilität in Europa ist in den letzten Jahren klar gewachsen und auch in Westmitteleuropa stärker in den politischen Fokus gerückt . Zentraler Faktor ist dabei das angespannte Verhältnis zu Russland, das mit fünf der anderen acht Ostsee-Anrainerstaaten eine direkte Grenze teilt und seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, aber spätestens seit dem Ausbruch des Konflikts in der Ost-Ukraine, von vielen seiner Nachbarn als Bedrohung wahrgenommen wird. Bündnispolitisch stellt sich der Ostseeraum als ein vielfältiges Geflecht institutioneller Mitgliedschaften und Zugehörigkeiten 2 dar, die Geschichte, Ausrichtung und politische Präferenzen der Anrainerstaaten widerspiegeln. Die vorliegende Ausarbeitung analysiert, aufbauend auf die jeweilige Bedrohungsperzeption der Ostsee-Anrainerstaaten, deren eigene sicherheitspolitische Präferenzen und Kooperationsvorstellungen . Sie untersucht in diesem Zusammenhang, welche Rolle NATO und Europäische Union (EU) nach Auffassung der betreffenden Staaten künftig im Ostseeraum verteidigungspolitisch spielen sollen und welche anderen Konzepte bestehen, den gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen zu begegnen. Darüber hinaus analysiert diese Arbeit die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Streitkräfte und zeigt auf, mit welchen militärischen Fähigkeiten sie sich heute in die verschiedenen Kooperationsformate einbringen können und künftig einzubringen beabsichtigen. 1 Mit militärischen Übungen wie dem Großmanöver „Joint Sea 2017“, an dem im Juli 2017 neben russischen auch drei chinesische Kriegsschiffe teilnahmen, unterstreichen Russland und China ihr militärisches und ökonomisches Interesse an diesem geostrategisch bedeutenden Raum. Sie sorgten und sorgen damit für Missmut sowohl bei der NATO als auch den westlich orientierten Anrainerstaaten. Im Zusammenhang mit der chinesischen Manöverteilnahme bezeichnet die Stockholmer Tageszeitung „Kvällsposten“ die Ostsee sogar als Nordchinesisches Meer und „weckt damit hässliche Assoziationen. Gilt doch das Südchinesische Meer mit der massiven Präsenz von US- Kriegsschiffen bei chinesischen Hegemonialansprüchen in dieser Region als gefährlichstes Pulverfass auf den Weltmeeren .“ Vgl. Borchert, Thomas (2017): Nautische Provokation in der Ostsee: Die Volksrepublik China schickt einen Marineverband zum gemeinsamen Manöver mit den Russen um die halbe Welt. Frankfurter Rundschau vom 26. Juli 2017, S. 7. 2 Lambert, Michael E. (2015): Nordic defence cooperation and the Russian threat. In: Estonian World (Security) vom 26. Oktober 2015. Abrufbar unter: http://estonianworld.com/security/nordic-defence-cooperation-and-the-russianthreat / (letzter Zugriff: 11. Juli 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 5 2. Sicherheitspolitische Ausrichtung und verteidigungspolitischer Fokus der Ostsee- Anrainerstaaten 2.1. Bundesrepublik Deutschland 2.1.1. Bedrohungsperzeption „Deutschlands sicherheitspolitisches Umfeld ist noch komplexer, volatiler, dynamischer und damit immer schwieriger vorhersehbar geworden.“ 3 Eine besondere Herausforderung stellt aus deutscher Sicht die sich im Umbruch befindliche internationale Ordnung dar. Zur Bedrohung durch den transnationalen Terrorismus gesellen sich – wie das Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr ausführt – in immer stärkerem Ausmaß die Gefährdungen für die sichere und gesicherte sowie freie Nutzung des Cyber- und Informationsraums sowie insbesondere eine Machtpolitik, die auch den Einsatz militärischer Mittel zur Verfolgung nationaler Interessen vorsieht und mit erheblichen Rüstungsanstrengungen einhergeht . Eine solche Politik erhöht nach Auffassung der Bundesregierung „die Gefahr zwischenstaatlicher Konflikte – auch in Europa und seiner Nachbarschaft, wie das Beispiel des russischen Vorgehens in der Ukraine zeigt“ 4, und stellt sich insbesondere dann für offene pluralistische und demokratische Gesellschaften mit ihren vielfachen Angriffsflächen als Bedrohung dar, wenn sie mit hybrider Einflussnahme 5 einhergeht. Als Konsequenz daraus, dass Russland ohne eine grundlegende Kursänderung auf absehbare Zeit eine Herausforderung für die Sicherheit Europas darstellen wird, gewinnen, so das Weißbuch, kollektive Verteidigungsfähigkeit und der Aufbau von Resilienz an Bedeutung. 6 2.1.2. Multi- und bilaterale Kooperation Deutschlands Sicherheit ist nach Auffassung der Bundesregierung untrennbar mit der seiner Verbündeten in NATO und EU verbunden. Auf der einen Seite bleibt die transatlantische Allianz als Bündnis kollektiver Verteidigung angesichts der Rückkehr von Gewalt und Gewaltandrohung in die europäische Politik sowie der Instabilitäten in der Nachbarschaft des Bündnisgebietes für die Sicherheit Europas weiterhin unverzichtbar. Nur gemeinsam mit den USA kann sich Europa wirkungsvoll gegen die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts verteidigen und glaubwürdige Abschreckung gewährleisten. 3 Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, hgg. von der Bundesregierung am 13. Juli 2016, S. 29. Abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BMVg/Weissbuch _zur_Sicherheitspolitik_2016.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (letzter Zugriff: 12. Juli 2017). 4 Ebd., S. 38. 5 Hybride Einflussnahme durch Einsatz einer Kombination nachrichtendienstlicher, informationeller, politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen in unterschiedlicher zeitlicher Abfolge und Intensität zielt auf die Schwächung politischer Einigkeit und Verteidigungsbereitschaft, die Verzögerung der Reaktionsfähigkeit, die Polarisierung von Gesellschaften sowie die Manipulation der öffentlichen Meinung ab. Quelle: Bundeswehr. 6 Weißbuch 2016 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr, a.a.O., S. 32 und S. 49. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 6 Angesichts der zentralen Verantwortung der NATO für die Sicherheit in Europa sowie der weitgehend übereinstimmenden Mitgliederstruktur kommt ihrer Beziehung zur EU eine besondere Bedeutung zu. Die NATO mit ihrem einzigartigen, aber primär militärischen Instrumentarium ist hierbei in besonderem Maße auf ein Zusammenwirken mit der EU und ihrer gesamten Bandbreite an nicht nur außen- und sicherheitspolitischen, sondern auch wirtschaftlichen, handels-, energie- sowie entwicklungspolitischen Instrumentarien angewiesen. Die Festigung des Zusammenhalts und die Stärkung der Handlungsfähigkeit von NATO und EU sind für Deutschland von herausragender Bedeutung. Vor dem Hintergrund der begrenzten Spielräume für notwendige Erhöhungen der nationalen Wehretats kommt es aus deutscher Sicht daher darauf an, durch Arbeitsteilung, Spezialisierung und Verzahnung der Streitkräfte, rüstungsindustrielle Standardisierungen, Harmonisierung der Beschaffungszyklen, gemeinsame Zertifizierungen für militärische Ausrüstung sowie die Entwicklung und Beschaffung gemeinsamer Fähigkeiten mehr Synergien und mehr Effektivität über komplementäre Ansätze zu erreichen und damit Wege zu einer gesamteuropäischen transatlantisch abgestimmten Fähigkeitsplanung zu suchen. Um gemeinsames Handeln zu ermöglichen, setzt sich die Bundesrepublik aktiv für den Ausgleich gegensätzlicher Interessen ein und ist bereit, Verantwortung und Führung zu übernehmen. Die kontinuierliche Anpassung an das sich wandelnde Sicherheitsumfeld, die enge Verzahnung und fortschreitende Integration europäischer Streitkräfte, die Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO sowie das kohärentere Zusammenwirken zwischen NATO und EU sind dabei vorrangig . Darüber hinaus verfolgt Deutschland weiterhin das Ziel einer Sicherheitsordnung, die sämtliche Staaten des europäischen Kontinents einbezieht. Wie die Bundesregierung in ihrem Weißbuch ausführt, 7 setzt sie sich u.a. ein für die langfristige Annäherung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ressourcen an das Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben sowie gleichzeitig für eine Rüstungsinvestitionsquote von 20 Prozent im Verteidigungsbereich, wie auf den NATO-Gipfeln in Wales und Warschau zugesichert; für substanzielle Beiträge zur Stärkung der Allianz im Bereich Abschreckung und kollektive Verteidigung. Hierzu zählen die zyklische Übernahme der Verantwortung als Führungsnation bei den mobilen und schnell einsatzbereiten Kräften (unter anderem im Rahmen der Very High Readiness Joint Task Force, VJTF), Engagement im Rahmen von Rückversicherungsmaßnahmen sowie der verstärkten Vornepräsenz (enhanced Forward Presence), der deutsche Beitrag zur NATO-Raketenabwehr, die nukleare Teilhabe sowie durchhaltefähige Fähigkeitsbeiträge entlang der NATO-Planungsziele; für eine stärkere europäische Fähigkeitsentwicklung und Verzahnung unter den europäischen Streitkräften durch das Rahmennationenkonzept (Framework Nations Concept), um den europäischen Pfeiler in der NATO zu stärken; für eine Unterstützung der östlichen Partner bei Fähigkeitsaufbau und Steigerung der Interoperabilität; 7 Ebd., S. 64 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 7 für eine Harmonisierung der Streitkräfteplanungsprozesse von NATO und EU sowie für eine Intensivierung ihrer gemeinsame Übungstätigkeit und ihrer Kooperation bei der Abwehr von Cyber- oder hybriden Bedrohungen und im Bereich der strategischen Kommunikation; für eine Nutzung aller durch den Lissaboner Vertrag eröffneten Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (PESCO); für ein bi- und multilaterales verteidigungs- und militärpolitische Beziehungsgeflecht der EU-Mitgliedstaaten; sowie für Initiativen zum Ausbau militärischer und ziviler Fähigkeiten der Europäer in der NATO („Europäischer Pfeiler). Als Fernziel strebt Deutschland eine gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion an. Das große deutsche Interesse an multi- und bilateraler Militärkooperation der EU-Mitgliedstaaten, bspw. im Rahmen des Framework Nations Concept oder im PESCO-Rahmen, sowie die verstärkten deutschen Verteidigungsanstrengungen sind nicht nur eine Reaktion auf die Forderungen, die der amerikanische Präsident Trump in jüngster Zeit gegenüber dem Bündnis und insbesondere gegenüber den Europäern erhoben hat. Aber die Gründe für die finanzielle, materielle und personelle Ertüchtigung der Bundeswehr, für die stärkere Übernahme militärischer Verantwortung Deutschlands im multinationalen Kontext sowie für die jüngsten auf deutsche Initiative zurückgehenden und durch den bevorstehenden Brexit begünstigten Fortschritte in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) liegen vor allem in der Aggressionspolitik Russlands. 8 In diesem Zusammenhang hat Deutschland auch die multi- und bilateralen Kooperationen mit Partnern des baltischen Raums deutlich intensiviert. Neben der Beteiligung der deutschen Luftwaffe an einer verstärkten Überwachung des Luftraums über den baltischen Staaten („Verstärktes Air Policing Baltikum“) von Januar bis Ende April 2017 und der Übernahme der Führung eines in Litauen stationierten multinationalen Gefechtsverbandes, einer der insgesamt vier im Baltikum und in Polen aufgestellten Battlegroups, ist die Bundesrepublik auch an einem Ausbau der bilateralen Kooperation zu den Streitkräften der Ostseeanrainer interessiert. Hierbei pflegt Deutschland im militärpolitischen Bereich insbesondere mit Polen intensive partnerschaftliche Beziehungen. Besonders im Bereich der Zusammenarbeit der Teilstreitkräfte hat die militärpolitische Zusammenarbeit in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen. 9 So umfasst 8 Vgl. Leithäuser, Johannes (2017): Verteidigungsbündnis – Warum Deutschland für die Nato so wichtig ist. Frankfurter Allgemeine (Politik) vom 17. Februar 2017. Abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/natowarum -deutschland-fuer-das-militaerbuendnis-wichtig-ist-14881243.html (letzter Zugriff: 13. Juli 2017). 9 Vgl. u.a. Major, Claudia; Mölling, Christian (2017): Deutschland. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel , Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 130. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 8 die Kooperation zwischen polnischer und deutscher Marine nach Informationen aus dem Verteidigungsministerium insgesamt 28 Einzelvorhaben, u.a. Projekte im Bereich der Ausbildung, gemeinsame Manöver sowie eine vertiefte Zusammenarbeit zwischen der polnischen Küstenschutzflottille und der deutschen Einsatzflottille. Auch für das deutsche Heer wurde in dieser Region Polen zu einem der engsten Partner. Zentrale Kooperationsprojekte werden hier im Rahmen der sogenannten Army Cooperation Group umgesetzt; Leuchtturmprojekt ist das sogenannte „Cross- Attachment“, die wechselseitige Anbindung von je einem Kampftruppenbataillon an eine Brigade des jeweils anderen Partners. Die Kooperation der Luftwaffen beider Länder soll insbesondere in den Bereichen „Air Policing“ (Luftraumüberwachung), Ausbildung- und Übungskooperation sowie bodenbasierte Luftverteidigung intensiviert werden. Letzteres Projekt stellt hierbei derzeit den Leuchtturm der Zusammenarbeit beider Luftwaffen dar. Darüber hinaus sind konkrete Schritte zur Nutzung gemeinsamer Lufträume und Übungsplätze vereinbart. Zwischen Schweden und Deutschland wurde am 29. Juni 2017 am Rande des NATO-Verteidigungsministertreffen ein Letter of Intent zur Vertiefung der bilateralen Kooperation der Militärbehörden und der Streitkräfte beider Länder unterzeichnet. 10 2.1.3. Streitkräfte In den zurückliegenden Jahren wurde die Entwicklung der deutschen Streitkräfte insbesondere von der 2010 in die Wege geleiteten sogenannten „Neuausrichtung der Bundeswehr“, von den langfristigen Auswirkungen der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise sowie seit 2014 nicht zuletzt von dem grundlegenden Wandel des Sicherheitsumfelds bestimmt. 11 Während am Anfang dieser Dekade der verteidigungspolitische Fokus noch auf finanzielle Einsparungen im Verteidigungshaushalt in Höhe von 8,3 Mrd. Euro zwischen den Jahren 2011 und 2014, auf einer personellen Reduzierung der Bundeswehr von auf 185.000 Soldatinnen und Soldaten 12 sowie auf einer stärkeren Ausrichtung der Streitkräfte auf Stabilisierungseinsätze lag, 13 kündigte das BMVg jüngst die sogenannte Trendwende in den Bereichen Finanzen, Personal und Material an: 10 Vgl. Government Offices of Sweden (2017): Sweden and Germany sign Letter of Intent in area of defence. Abrufbar unter: http://www.government.se/press-releases/2017/06/sweden-and-germany-sign-letter-of-intent-in-area-of-defence / (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). 11 Vgl. Major; Mölling (2017), a.a.O., S. 129. 12 Müller-Seedorf, Wolfgang (2013): Die Neuausrichtung der Bundeswehr, Aktueller Begriff 25/13, Hrsg.: Deutscher Bundestag, 8. August 2013. Abrufbar unter: http://www.bundestag.de/blob/194640/cc8e53ee96803bf7e14e85524 d4c59af/die_neuausrichtung_der_bundeswehr-data.pdf (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). 13 „Die wahrscheinlicheren Aufgaben der internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung bestimmen die Grundzüge der neuen Struktur der Bundeswehr.“ Verteidigungspolitische Richtlinien: Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten, hgg. vom Bundesministerium der Verteidigung (Stand: 1. Juli 2011), S. 27. Abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BMVg/Verteidigungspolitische_Richtlinien .html?view=trackDownload (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 9 Finanzen: Nachdem der Verteidigungshaushalt bereits zwischen 2013 und 2017 um rund vier Mrd. Euro auf 37 Mrd. Euro gestiegen war, soll nun – nach aktuellem Finanzplan der Bundesregierung 14 – der Verteidigungshaushalt bis 2021 auf rund 42,4 Mrd. erhöht werden. 15 Personal: Am 21. Februar 2017 hat das BMVg darüber informiert, den Zielumfang der Bundeswehr bis 2024 auf insgesamt 198.000 Soldaten und Soldatinnen zu erhöhen. 16 Material: Der steigende Verteidigungshaushalt ermöglicht eine Erhöhung der Investitionen, für die derzeit 6 Mrd. Euro zur Verfügung stehen und die bis zum Jahr 2020 auf 8 Mrd. Euro anwachsen sollen. 17 Hiermit soll eine aufgabenorientierte Vollausstattung der Bundeswehr, mit der künftig auch wieder Aufgaben der Bündnis- und Landesverteidigung erfüllt werden können, sichergestellt werden (Verbände waren bis dato teilweise nur mit 70 Prozent ihres Solls ausgestattet ). Die Trendwende Material hat gleichzeitig zum Ziel, das Beschaffungswesen effizienter zu gestalten und die materielle Einsatzbereitschaft eingeführter Waffensysteme zu erhöhen. Dass für Deutschland angesichts des veränderten Sicherheitsumfeldes Aufgaben der Bündnisund Landesverteidigung und hierbei auch der Ostseeraum wieder deutlich an Bedeutung gewonnen haben, wird nicht nur an dem gewachsenen Engagement in Osteuropa (siehe Ziff. 2.1.2), sondern u.a. an folgenden Beschaffungs- und organisatorischen Maßnahmen sichtbar: Aufstellung eines zusätzlichen Panzerbataillons, Erhöhung der Anzahl der Kampfpanzer „Leopard 2“ von 225 auf 320, Beschaffungsplanung für etwa 190 zusätzliche Schützenpanzer, Beschaffung von 130 gepanzerten Transportfahrzeugen des Typs „GTK Boxer“, Steigerung der Anzahl der „Panzerhaubitzen 2000“ von 89 auf 101, 14 Eckwertebeschluss der Bundesregierung zum Regierungsentwurf des Bundeshaushalts 2018 und zum Finanzplan 2017 bis 2021, hgg. vom Bundesministerium der Finanzen, März 2017. Abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium .de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2017/03/2017-03-15-eckwertebeschluss-kabinettvorlage .pdf?__blob=publicationFile&v=2 (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). 15 Neue Wege im Rüstungswesen, hgg. vom Bundesministerium der Verteidigung, 26. Juni 2017. Abrufbar unter: https://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/start/journal/ministerium/!ut/p/z1/hY_RC4IwEMb_I2-blfbokkAwsZRqe4mh wxa2yVjSQ398k8A36R4-uO-7-x0HHK7AtRhVJ5wyWvS-Z3xzo3Fe52RLSF3uUpQdQkrxkWQxJnCGy78R7mO0UA mCqpXAPCNaYpAqhAo48FYGjdHSTeqkdsprZ4UzNhiMdf2UvKz1SaBaYAinFOH5FP4kRZlGJFyFaUZPE_AhRv Ged0UzPQ3sLnTby9I0yc8Ynvu4KNbdF6Hnhq8!/dz/d5/L2dBISEvZ0FBIS9nQSEh/#Z7_B8LTL2922TPCD0IM3 BB1Q2I2S3 (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). 16 Bundeswehr wächst weiter mit den Aufgaben. Pressemitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 21. Februar 2017. Abrufbar unter: https://www.bmvg.de/resource/resource/Mk9EQ2grRi8yTHUwYTdHZFVBN3h XL2hvbGRMNzBPakNDN0pEaEZUcE0rZWdPcFF1QndJQmhPZW9vUVQweUdkWTNzdG1VcUV6ZlRBVjh4cWZ EL2o2TlZ3MFd4N05FdXdNWHljSEY2UW51QXM9/PM01-Personalboard-2017.pdf (letzter Zugriff: 14. Juli 2017). 17 Neue Wege im Rüstungswesen, a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 10 Erhöhung der Anzahl der Panzerspähwagen des Typs „Fennek“ um 31 auf 248, 18 sowie Verdopplung der Zahl der fünf Korvetten der Klasse K 130 bis zum Jahr 2022 auf zehn Einheiten , um die Fähigkeiten für Operationen in küstennahen Gewässern zu erhöhen. 19 2.2. Dänemark 2.2.1. Bedrohungsperzeption Für Dänemarks Sicherheit sind Frieden und Stabilität im Ostseeraum und in den Ostsee-Anrainer -Staaten von entscheidender Bedeutung. Vor diesem Hintergrund stellt mit Blick auf die europäische Nachbarschaft insbesondere Russland eine wachsende Herausforderung für das Dänische Königreich dar. Die Verschlechterung der Sicherheitslage im baltischen Raum aufgrund des zunehmend aggressiven Verhaltens Russlands wurde und wird von dänischer Seite mit Besorgnis beobachtet. In Dänemark herrschen insbesondere große Befürchtungen vor russischen Raketen- und Cyberangriffen . So äußerte sich Anfang 2017 der dänische Verteidigungsminister Claus Hjort Frederiksen , dass das Land von Missiles und Hackern bedroht würde. Er machte darauf aufmerksam, dass dänische Krankenhäuser und die Energieversorgung des Landes Ziel von Hackerangriffen werden könnten und Kopenhagen nach der Stationierung von „Iskander“-Raketen in Kaliningrad direkt bedroht sei. 20 Damit sei „the threat against Denmark and Europe [..] significantly different and more serious than at any other time following the fall of the Berlin Wall. Russia’s illegal annexation of Crimea and destabilizing behaviour in Ukraine, the Baltic Sea Region and the Caucasus illustrate the need for European and transatlantic solidarity and unity. […] Russian hostile information influencing directed toward decision makers and the public in western countries constitute an increasing challenge. The government will direct attention to these measures, which can potentially threaten open democracies and divide the international cooperation.“ 21 18 Von der Leyen will mehr Panzer für die Bundeswehr. faz.net vom 27. Januar 2016. Abrufbar unter: http://www. faz.net/agenturmeldungen/dpa/von-der-leyen-will-mehr-panzer-fuer-die-bundeswehr-14036402.html (letzter Zugriff : 17. Juli 2017). 19 Grübel, Markus (2017): Ergänzungsbeschaffung K130: Verfügbarkeit erhöhen – Fähigkeiten verbessern. In: Europäische Sicherheit & Technik 7/2017, S. 80–82. 20 Flood, Rebecca (2017): Denmark prepares for Russian attack after minister warns of hacking plans and missiles. EXPRESS vom 13. Januar 2017. Abrufbar unter: http://www.express.co.uk/news/world/754053/Russia-hack-missile -Denmark-launch-defence-warn (letzter Zugriff: 4. September 2017). 21 Foreign and Security Policy Strategy 2017–2018, hgg. von der dänischen Regierung (Regeringen) im Juni 2017. Abrufbar unter: https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=1&cad=rja&uact=8&ved=0ahU- KEwi1x6zho4vWAhUGChoKHdu9AagQFggpMAA&url=http%3A%2F%2Fum.dk%2F~%2Fmedia%2FUM%2FEnglish -site%2FDocuments%2FNews%2FPublikation_Udenrigsministeriet_UK_01%2520(002).pdf%3Fla%3Den&usg= AFQjCNFiAloxEclch1okUPp5XQoFmetUjg (letzter Zugriff: 4. September 2017), S. 14 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 11 2.2.2. Multi- und bilaterale Kooperation Im Jahr 1992 wies die dänische Bevölkerung in einem Referendum den Maastricht-Vertrag über die Europäische Union zurück. Nach diesem Volksentscheid wurden für Dänemark vier Ausnahmeregelungen zu Kernaspekten europäischer Zusammenarbeit geschaffen, u.a. im Bereich der Verteidigungspolitik. Ein wesentlicher Grund für diesen sogenannten „opt-out“ war die damals von Anti-EU-Politikern und der dänischen Öffentlichkeit geteilte Befürchtung, dass sich die EU schrittweise zu einem überstaatlichen Sicherheitsakteur mit einer entsprechenden EU-Armee entwickeln würde und so die NATO und die transatlantischen Beziehungen untergraben könnte. Seit 1993 wurde die „opt-out“-Klausel im Bereich der Verteidigungspolitik 24 Mal ausgelöst und hat eine Teilnahme dänischer Streitkräfte an zehn EU-Militärmissionen verhindert. 22 Dennoch dient die EU seit Langem als wesentliches, wenn nicht sogar als wichtigstes Rahmenwerk der außen- und sicherheitspolitischen Beziehungen Dänemarks. 23 Um in Europa in sicherheits - und verteidigungspolitischen Belangen auch künftig als zuverlässiger Akteur wahrgenommen zu werden, gibt es inzwischen sogar politische Bestrebungen, die dänische Ausnahmeregelung bei der Verteidigungskooperation abzuschaffen. 24 Zumindest solange diese „opt-out“-Regel jedoch weiter Bestand hat, bleiben die Zusammenarbeit im Rahmen der NATO und die transatlantischen Beziehungen aus dänischer Sicht der primäre Sicherheitsgarant: „NATO cooperation and transatlantic ties represent the primary guarantor of Denmark’s security. NATO solidarity and alliance cohesion consequently is a vital Danish interest. This is highlighted by Denmark’s decision to contribute firmly to NATO’s Enhanced Forward Presence in the Baltic States and Poland as well as Denmark’s contributions to Baltic Air Policing, NATO’s Maritime Groups and NATO’s Response Force, including the Very High Readiness Joint Task Force.“ 25 Die dänische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik fokussiert jedoch nicht ausschließlich auf NATO und EU. Seit mehreren Jahren wird in stärkerem Maße ein multilateral orientierter Ansatz verfolgt. Hierbei spielt insbesondere die Zusammenarbeit mit den nordischen Staaten eine wichtige Rolle. So ist Dänemark Mitglied der am 4. November 2009 in Helsinki gegründeten Nordischen Verteidigungskooperation (NORDEFCO), deren Ziel es ist, die nationale Verteidigungsfähigkeit seiner Mitgliedstaaten 26 effizient zu stärken. 22 Nissen, Christine (2017): Dänemark. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 104 ff. 23 Ebd., S. 105. 24 Ebd., S. 106. 25 Foreign and Security Policy Strategy 2017–2018, a.a.O., S. 14. 26 Mitgliedstaaten der NORDEFCO sind Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Assoziierte Staaten sind Polen und die baltischen Republiken. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 12 Darüber hinaus unterzeichneten Dänemark und Schweden Anfang 2015 ein bilaterales Abkommen über eine vertiefte Kooperation bei Einsätzen der Luftwaffe und Marine in der Ostseeregion . 27 Das Abkommen umfasst eine stärkere Zusammenarbeit beim Informationsaustausch und im Ausbildungs- und Übungsbereich sowie beim freien Zugang zum gegenseitigen Hoheitsgebiet zu Friedenszeiten. Außerdem sieht es vor, Möglichkeiten einer konkreten operativen Kooperation zu überprüfen. Ein breiter angelegtes Verteidigungsabkommen, das im Wesentlichen auf die Abschreckung Russlands in der nordischen Region abzielte, unterzeichneten Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden im April 2015. 28 Die Vereinbarung sieht eine stärkere Manöveraktivität in der Region, eine stärkere Zusammenarbeit bei der Rüstungsproduktion sowie einen umfangreicheren nachrichtendienstlichen Informationsaustausch der Unterzeichnerstaaten vor. 2.2.3. Streitkräfte Die vielversprechende Sicherheitssituation nach dem Ende des Kalten Krieges ermöglichte die Transformation der Dänischen Streitkräfte – weg von der Territorialverteidigung hin zu schlankeren und spezialisierten Krisenreaktionskräften. Im Rahmen dieses Prozesses wurden einige militärische Fähigkeiten wie bspw. die Fähigkeit zur Unterwasserseekriegführung mit Unterseebooten und zur bodengestützten Luftverteidigung aufgegeben sowie einige Fähigkeiten geschwächt , bspw. durch die Reduzierung der Anzahl an Kampfpanzern, Kampfflugzeugen oder Artilleriesystemen. 29 Im Lichte der jüngsten Sicherheitsentwicklungen im Osten Europas wird es, so Stimmen aus dem dänischen Parlament, erforderlich sein, Dänemark wieder in stärkerem Maße zu befähigen, zu den kollektiven Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten der NATO (einschließlich der Fähigkeit zur Cyberkriegführung) beizutragen. Hierzu sei es notwendig, die dänischen Streitkräfte so auszustatten und auszubilden, dass sie über das ganze Spektrum militärischer Fähigkeiten verfügen und gemeinsam mit Alliierten und Partnern einem ebenbürtigen Gegner militärisch trotzen können. Den hierfür erforderlichen, substantiellen Anstieg des Verteidigungshaushalts hat die dänische Regierung laut Informationen aus dem dänischen Parlament ab 2018 avisiert, Vgl. Major, Claudia; von Voß, Alicia (2016): Nordic-Baltic Security, Germany and NATO – The Baltic Sea Region Is a Test Case for European Security. SWP Comments 2016/C 13, S. 4, hgg. von der Stiftung Wissenschaft und Politik / Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, März 2016. Abrufbar unter: https://www.swp-berlin .org/fileadmin/contents/products/comments/2016C13_mjr_vos.pdf (letzter Zugriff: 10. Juli 2017). 27 International Institute for Strategic Studies (Hg.) (2016): The Military Balance 2016 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics. Taylor & Francis Ltd, 2016, S. 89. 28 Ebd. 29 „This led to a substantial ‘peace dividend’ of reduction in defence budgets and military capabilities – particularly in Denmark, Norway and Sweden. […] The outcome was that defence thinking and military capabilities in most Nordic countries, with the exception of Finland, shifted away from a focus on territorial defence to the development of expeditionary forces capable of tackling security threats in developing countries.“ Vgl. International Institute for Strategic Studies (Hg.) (2017): The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics. Taylor & Francis Ltd, 2017, S. 75. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 13 nachdem die Verteidigungsausgaben in den zurückliegenden Jahren bis 2015 schrittweise bis auf 1,19 Prozent des Bruttoinlandproduktes reduziert worden und erst ab 2016 wieder geringfügig angestiegen waren. Ob allerdings mit der für 2018 angekündigten deutlichen Aufstockung des dänischen Verteidigungshaushaltes die für kollektive Verteidigungsaufgaben benötigten militärischen Fähigkeiten tatsächlich wieder zu erlangen sind, ist zweifelhaft. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass diese zusätzlichen Finanzmittel für die Beschaffung und den Betrieb der bestellten 27 Kampfflugzeuge des Typs „F-35A Joint Strike Fighter“ benötigt werden, die die bestehende, kaum noch einsatzbereite Flotte von F-16-Kampfjets ablösen sollen. 30 Über die Höhe der künftigen dänischen Verteidigungshaushalte und die Verwendung der Finanzmittel soll nach Informationen aus dem dänischen Parlament in den kommenden Monaten mit allen relevanten, im Parlament vertretenen Parteien ein neues Verteidigungsabkommen für die Jahre ab 2018 ausgehandelt werden. Hierbei könnte der Fokus „auf der Befähigung der Streitkräfte [liegen], das im »Lov om Forsvaret« (Gesetz über die Verteidigung) von 2001 genannte Spektrum an Fähigkeiten erfüllen zu können – insbesondere mit Blick auf zukünftig wachsende neue Herausforderungen.“ 31 Unabhängig von künftigen Festlegungen zur Struktur, Personalstärke und Ausrüstung der dänischen Streitkräfte haben zwei Entscheidungen der dänischen Regierung gezeigt, dass sie die veränderte Sicherheitslage im Osten Europas sehr ernst nimmt und bereit ist, die auf den NATO- Gipfeln in Cardiff und Wales beschlossenen Abschreckungs- und Rückversicherungsmaßnahmen des Bündnisses nachdrücklich zu unterstützen. Zum Einen werden im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ ab 2018 200 dänische Soldaten und Soldatinnen für den britisch geführten multinationalen Gefechtsverband in Estland abgestellt; zum Anderen beabsichtigt Dänemark, sich künftig auch an einem landbasierten Raketenabwehrsystem (Ballistic Missile Defence, BMD) in Europa zu beteiligen. 32 2.3. Estland 2.3.1. Bedrohungsperzeption Debatten in Estland über seine künftige Sicherheits- und Verteidigungspolitik werden gegenwärtig „hauptsächlich von Bedenken bezüglich einer potenziellen russischen Aggression angetrieben […]. Offenkundig resultieren die estnischen Bedenken direkt aus den Entwicklungen in der Ukraine und auf dem militärischen Konflikt in Georgien vor knapp zehn Jahren.“ 33 30 Nissen; a.a.O., S. 114 f. 31 Ebd., S. 115. 32 Vgl. Reuters Staff (2017): Denmark to raise military spending, citing Russian threat. Reuters vom 13. Januar 2017. Abrufbar unter: https://uk.reuters.com/article/uk-denmark-security-russia/denmark-to-raise-military-spending-citing -russian-threat-idUKKBN14X1XC?il=0 (letzter Zugriff: 4. September 2017). 33 Veebel, Viljar (2017): Estland. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 139. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 14 Bereits im Jahr 2010 charakterisierte das nationale Sicherheitskonzept Estlands Russland als einen Staat, dessen Interesse es ist, seinen Status als Weltmacht wiederherzustellen, und der dabei auch die Auseinandersetzung mit anderen Ländern nicht scheut. Zusätzlich zu politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen sei Russland hierbei auch bereit, militärische Gewalt einzusetzen , um seine Ziele zu erreichen. 34 Darüber hinaus sieht Estland in der Verwundbarkeit des Cyberspace ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko . 35 Die Bewertung Estlands, dass Cyber-Angriffe eine besondere Bedrohung für seine nationale Sicherheit darstellen können, geht auf eigene Erfahrungen aus dem Jahr 2007 zurück. Damals erfolgten über mehrere Wochen Internetangriffe auf estnische Websites von Regierung und Parlament sowie von diversen Medien und Banken. Sie führten damals zum zeitweisen Ausfall vieler nationaler Internetdienste sowie zu Beeinträchtigungen des Geschäftsverkehrs, insbesondere im Bereich Online-Banking. Nachdem zunächst Russland als Auftraggeber der Angriffe vermutet worden war, relativierte die estnische Regierung später ihre Vorwürfe.36 Im Jahr 2008 wurde im Zusammenhang mit den Internetangriffen ein russischstämmiger estnischer Staatsbürger angeklagt und verurteilt. Im März 2009 bekannte sich Konstantin Goloskokow, ein Funktionär der regierungsnahen russischen Jugendorganisation Naschi, als Drahtzieher zu den Angriffen. 37 Die russische Regierung wies in der Folge jedoch alle Vorwürfe zurück. 2.3.2. Multi- und bilaterale Kooperation Ziel estnischer Sicherheitspolitik war seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1991 die Einbindung sowohl in die transatlantische als auch in die europäische Sicherheitsarchitektur. Dieses Ziel wurde mit dem NATO-Beitritt 2004 und dem EU-Beitritt 2010 erreicht. Heute jedoch wird mit Blick auf die Sicherheitslage in Osteuropa der Gemeinsamen Sicherheitsund Verteidigungspolitik der Europäischen Union nur eine nachrangige Bedeutung beigemessen und stattdessen der Schlüssel zur Sicherheit Estlands nahezu ausschließlich in der NATO 34 Vgl. National Security Concept of Estonia, verabschiedet vom estnischen Parlament (Riigikogu) am 12. Mai 2010. Inoffizielle Übersetzung aus der estnischen in die englische Sprache. Abrufbar unter: http://www.kmin.ee/sites /default/files/elfinder/article_files/national_security_concept_of_estonia.pdf (letzter Zugriff: 5. September 2017), S. 7/21. 35 Vgl. Estonian Security Policy, hgg. vom Außenministerium der Republik Estland und zuletzt aktualisiert am 22. März 2016. Abrufbar unter: http://vm.ee/en/estonian-security-policy (letzter Zugriff: 5. September 2017). 36 Lischka, Konrad (2007): Cyber-Angriffe – Estland schwächt Vorwürfe gegen Russland ab. SPIEGEL ONLINE vom 18. Mai 2007. Abrufbar unter: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/cyber-angriffe-estland-schwaecht-vorwuerfegegen -russland-ab-a-483583.html (letzter Zugriff: 5. September 2017). 37 Kreml-Jugend bekennt sich zu Attacke auf Estland. Welt N24 vom 11. März 2009. Abrufbar unter: https://www. welt.de/wirtschaft/webwelt/article3355416/Kreml-Jugend-bekennt-sich-zu-Attacke-auf-Estland.html (letzter Zugriff : 5. September 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 15 gesehen. Diese Auffassung spiegelt sich sowohl in im Land durchgeführten Umfragen 38 als auch in folgenden Kernaussagen des 2010 verabschiedeten und heute noch gültigen Nationalen Sicherheitskonzepts Estlands wider: „NATO, with its transatlantic nature and the principle of collective defence, serves as the cornerstone of European security and defence. […] Estonia ensures credible deterrence and military defence through NATO’s collective defence. […] Estonia develops national military defence capabilities , which form a part of NATO’s collective defence.“ 39 Seinen Willen, insbesondere im NATO-Rahmen zu kooperieren und auf diesem Wege seine und die Sicherheit der Partnerländer zu erhöhen, hat Estland mit seiner Bereitschaft unterstrichen, sich seit 1995 aktiv an NATO-, aber auch an EU-Einsätzen, zu beteiligen, wobei sich die estnischen Streitkräfte auf die Weiterentwicklung der Cyber-Verteidigungsfähigkeiten des Bündnisse konzentrieren, in Tallinn das NATO-Kompetenzzentrum zur Abwehr von Cyberangriffen aufzubauen, das im Jahr 2008 seine Tätigkeit aufnahm, 40 einen zusätzlichen Luftwaffenstützpunkt (Ämari) für das „Air Policing Baltikum“ bereit zu stellen 41, eine NATO Force Integration Unit 42 in Tallinn aufzubauen sowie im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ des Bündnisses einen multinationalen Gefechtsverband im Land aufzunehmen. 43 Angesichts der angespannten Sicherheitssituation in Osteuropa stellen auch regionale Verteidigungskooperationsformate für Estland einen wichtigen Aspekt zur Erhöhung seiner Sicherheit dar. Neben der Mitgliedschaft in der NORDEFCO kommt hierbei insbesondere der Zusammenarbeit der drei baltischen Staaten eine besondere Bedeutung zu. 38 2016 betrachteten 59 Prozent der Befragten (und 75 Prozent der Befragten mit estnischer Staatsangehörigkeit) die NATO als Estlands wichtigsten Sicherheitsgaranten. Vgl. Veebel, a.a.O., S. 137 f. 39 Vgl. National Security Concept of Estonia, a.a.O., S. 4/21.. 40 CCDCOE - NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence. Abrufbar unter: https://ccdcoe.org/ (letzter Zugriff: 6. September 2017). 41 The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics, a.a.O., S. 106. 42 Eine NATO Force Integration Unit (NFIU) ist ein Hauptquartier der NATO im ost- und zentraleuropäischen Raum. Sie ist Bindeglied zwischen dem NATO-Bündnis und den Streitkräften der NATO-Verbündeten auf der einen und dem Mitgliedsstaat, in dem sich die NFIU befindet, auf der anderen Seite. Seit September 2016 werden die NATO Force Integration Units aufgebaut und umfassen jeweils mindestens rund 42 Soldaten. 43 Vgl. u.a Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.) (2017): NATO “Enhanced Forward Presence” im Baltikum und Polen. Abrufbar unter: http://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/243279/nato-einsatz (letzter Zugriff: 6. September 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 16 Diese trilaterale Kooperation gestaltet sich sehr dynamisch und verändert sich gemäß den Zielen und Herausforderungen, die sich aus der NATO-Mitgliedschaft ergeben. 44 Mehrere bereits vor längerer Zeit eingeleitete trilaterale Projekte haben bis heute Bestand, einige wurden nach Erreichen der gesetzten Ziele beendet, wie zum Beispiel BALTBAT 45 und BALTSEA 46. Zu den drei wichtigsten andauernden Kooperationsprojekten der drei baltischen Staaten zählen heute BALTRON, BALTNET und BALTDEFCOL: Der baltische Minenabwehrverband BALTRON, stellt nach estnischer Auffassung ein Beispiel erfolgreicher Marinezusammenarbeit dar. Das baltische Luftraumüberwachungsnetzwerk BALTNET wurde 1998 eingerichtet, um die Beschaffung, Koordinierung, Verteilung und Darstellung von Luftraumüberwachungsdaten der drei baltischen Staaten zu verbessern. Im gleichen Jahr wurde auch die Baltische Verteidigungsakademie BALT- DEFCOL (Baltic Defence College) mit dem Ziel eröffnet, Offizieren der baltischen Staaten und deren Partnernationen eine hochwertige militärische Ausbildung angedeihen zu lassen. Inzwischen studieren Offiziere und Beamte aus nahezu 20 Nationen am BALTDEFCOL; die Qualität wird durch aktive Einbindung ausländischer Dozenten sichergestellt. 47 Darüber hinaus hat Estland zur weiteren Konsolidierung von Stabilität und Sicherheit sowie zur Weiterentwicklung zivil-militärischer Beziehungen mit über 20 Staaten Protokolle und Abkommen über eine bilaterale Kooperation unterzeichnet. Auf der Basis dieser Abkommen werden u.a. „in Estland jedes Jahr gemeinsame Manöver abgehalten, am häufigsten in Kooperation mit amerikanischen, britischen, finnischen und deutschen Truppen.“ 48 2.3.3. Streitkräfte In der jüngeren Vergangenheit hat sich, nicht zuletzt wegen der Annexion der Krim durch Russland und seiner Rolle im Konflikt in der Ost-Ukraine, der Fokus der estnischen Streitkräfte auf den Aufbau von für die Territorialverteidigung notwendigen Fähigkeiten gerichtet. Die hierfür bereitgestellten finanziellen Mittel sind zwar in absoluten Zahlen relativ gering (bspw. 430 Mio. 44 Botschaft von Estland in Berlin (Hg.) (o.J.): Sicherheitspolitik Estlands. Abrufbar unter: http://www.estemb.de/aussenpolitik /aid-198 (letzter Zugriff: 6. September 2017). 45 BALTBAT: gemeinsame Friedenstruppe der baltischen Staaten in Stärke eines motorisierten Infanteriebataillons zur Teilnahme an Friedensoperationen. Das Bataillon wurde 2003 aufgelöst. Im Jahr 2004 wurde ein neues Projekt zur Koordinierung der baltischen Landstreitkräfte unterzeichnet. Vgl. Hayes, Adrienne (2006): Baltic Security Following NATO and EU Accession. Abrufbar unter: http://courses .washington.edu/balt/SCAND455/hayes_final_security.htm (letzter Zugriff: 5. September 2017). 46 BALTSEA: Baltic Security Assistance Forum,, unter deutscher Federführung stehende Koordinierungsstelle für die verschiedenen Hilfsleistungen der westlichen Ostseeanrainerstaaten für die Streitkräfte der baltischen Staaten. Vgl. Schürmann, Bernd (2002): Kompensatorische Sicherheitsfragen – Kontinuität und Wandel in der Außenpolitik von Estland, Finnland und Taiwan. Dissertation an der FU Berlin. Abrufbar unter: http://www.diss.fu-berlin .de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000000656 (letzter Zugriff: 5. September 2017), S. 83. 47 Vgl. Estonian Security Policy, a.a.O. 48 Veebel, a.a.O., S. 142 f. Vgl. ebenso Estonian Security Policy, a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 17 Euro im Jahr 2016), Estland gehört hiermit aber zu den wenigen Ländern, die das NATO-Ziel erfüllen, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf ihre Verteidigungsausgaben zu verwenden. 49 Mit diesen Mitteln sollen gemäß dem „Nationalen Verteidigungsentwicklungsplan für die Jahre 2013–2022“ 50 die Kampffähigkeit der estnischen Streitkräfte gesteigert, die Feuerkraft verbessert und ihre Reaktionsfähigkeit erhöht werden. Ziel ist es, bis zum Jahr 2022 über zwei personell und materiell voll ausgestattete, reaktionsfähige Infanteriebrigaden zu verfügen. Diese beiden Einheiten sollen u.a. mit 44 Kampffahrzeugen (basierend auf dem Kampfpanzer „Leopard 1“), Panzerabwehrwaffen und selbstfahrender Artillerie ausgestattet werden. Darüber hinaus soll bis zum Jahr 2022 die Anzahl der Reservisten auf 21.000 erhöht werden, im Jahr 2013 verfügten die estnischen Streitkräfte nur über 18.000 Reservisten. 51 Der estnischen Luftwaffe geht es insbesondere darum, ihre Fähigkeiten im Bereich der Überwachung des estnischen Luftraums weiter zu verbessern. Sie soll in den kommenden Jahren zusätzliche Luftraumüberwachungsradare mittlerer Reichweite erhalten, die bereits vorhandenen Systeme sollen modernisiert werden. 52 Die estnische Marine beabsichtigt, mit drei modernen Minenabwehrfahrzeugen, mit dem Aufbau einer Minentauchergruppe und mit einem Hilfsschiff ihre Fähigkeiten in der Minenkriegführung auszubauen und durch die Entsendung von Einheiten zur „Standing NATO Mine Countermeasures Group“ zu erhalten. Mit der Beteiligung an diesem NATO-Verband soll gleichzeitig sichergestellt werden, dass dieser Verband regelmäßig in der Ostsee Präsenz zeigt. 53 2.4. Finnland 2.4.1. Bedrohungsperzeption Nach Auffassung der Regierung Finnlands, das eine gemeinsame Grenze von 1.340 km mit Russland hat, hat dieses in den zurückliegenden zehn Jahren durch verschiedene Aktionen (u.a. die Annexion der Krim und die Unterstützung von Separatisten im Ostukraine-Konflikt) und durch die Art und Weise, sein Vorgehen politisch und juristisch zu rechtfertigen, die bestehende europäische Sicherheitsordnung in Frage gestellt und Europa destabilisiert. 54 49 Vgl. Veebel, a.a.O., S. 140 f. 50 National Defence Development Plan 2013–2022, hgg. von der Republik Estland/Verteidigungskräfte im Januar 2015. Abrufbar unter: http://www.kmin.ee/sites/default/files/elfinder/article_files/national_defence_development _plan.pdf (letzter Zugriff: 6. September 2017). 51 Vgl. ebd. 52 Vgl. ebd. 53 Vgl. ebd. 54 Government Report on Finnish Foreign and Security Policy, hgg. 2016 vom Büro des finnischen Ministerpräsidenten , Prime Minister’s Office Publications 9/2016, S. 11. Abrufbar unter: http://formin.finland.fi/public/download .aspx?ID=159273&GUID=%7bBE1F0734-B715-4C7F-94AA-CBFD3AF7EA5A%7d (letzter Zugriff: 10. Juli 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 18 Für Finnland, das bis zum Beitritt 1990 in den Europarat strikt neutral und nach Ende des Ost- West-Konflikt stets um die Entwicklung guter Beziehungen zu Russland bemüht war, zeugen nicht nur die Ereignisse auf der Krim und in der Ostukraine von einer zunehmenden Aggressivität Russlands. Wie der Government’s Defence Report 55 der finnischen Regierung ausführt, stellen insbesondere auch die von Moskau formulierten Ziele, Russlands Großmachtstatus zu stärken und eine auf Einflusssphären basierende Sicherheitsordnung aufzubauen, sowie die Aufrüstung an Russlands Westgrenze und die Modernisierung der dort stationierten russischen Streitkräfte aus finnischer Sicht eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Die Wahrnehmung des östlichen Nachbarn als Bedrohung wird zudem durch die Kenntnis verstärkt, dass Russland Mittel der „Informationskriegführung auch gegen Finnland verwendet [hat], um auf diese Weise Verwirrung zu stiften und Zweifel bezüglich des finnischen und europäischen Zusammenhalts zu säen.“ 56 2.4.2. Multi- und bilaterale Kooperation Für Finnland, das kein NATO-Mitglied ist, hat dieser europäische Zusammenhalt eine zentrale Bedeutung, denn die EU stellt für dieses Land „nicht nur eine natürliche politische Gemeinde dar, sondern auch das wichtigste Forum für internationale Kooperation und globalen Ein fluss.“ 57 Für Finnland gab vor allem die seit Beginn der 1990er Jahre an Bedeutung zunehmende außen- und sicherheitspolitische Rolle der Europäischen Union (Einführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik GASP im Jahr 1993) den Ausschlag für seinen Beitritt in die EU. „Für Finnland galt [damals] die EU als ein »weicher« Weg, um sich westlichen Sicherheitssystemen anzuschließen, und weniger konfrontativ gegenüber Russland als ein NATO-Beitritt.“ 58 Heute wird angesichts der veränderten Sicherheitslage ein Beitritt zur nordatlantischen Allianz in der Öffentlichkeit zwar wieder verstärkt diskutiert und in Regierungsdokumenten die Möglichkeit eines solchen auch explizit genannt 59; doch noch haben in Finnland diejenigen die Mehrheit, die die Auffassung vertreten, mit einem NATO-Beitritt würde man Russland irritieren oder provozieren. Sollte sich Finnland in Zukunft dennoch für eine NATO-Mitgliedschaft entscheiden , sollte der Beitritt nach finnischer Auffassung nicht im Alleingang erfolgen, sondern, 55 Government’s Defence Report, hgg. 2017 vom Büro des finnischen Ministerpräsidenten, Prime Minister’s Office Publications 7/2017, S. 8 f. Abrufbar unter: http://www.defmin.fi/files/3688/J07_2017_Governments_Defence_Report _Eng_PLM_160217.pdf (letzter Zugriff: 10. Juli 2017). 56 Hopia, Henna (2017): Finnland. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 155. 57 Ebd., S. 161. 58 Ebd., S. 152 f., 161. 59 „Finland […] continues to maintain the option to seek NATO membership.“ Vgl. Government’s Defence Report, a.a.O., S. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 19 wie der Bericht „The Effects of Finland’s Possible NATO Membership“ 60 empfiehlt, gemeinsam mit Schweden, um der Isolierung eines dieser beiden Staaten entgegen zu wirken. Obwohl Finnland bisher keine NATO-Mitgliedschaft angestrengt hat, engagiert es sich sicherheits - und verteidigungspolitisch nicht nur im EU-, sondern auch im NATO-Rahmen. Schon 1994 trat das Land dem NATO-Programm „Partnership for Peace“ bei. Es nimmt ferner an den während des NATO-Gipfels 2014 in Wales etablierten Partnerschaftsformaten „Partnership Interoperability Initiative“ und „enhanced Opportunity Programme“ teil. Darüber hinaus war und ist Finnland ein bedeutender Truppensteller für die NATO-geführten Operationen auf dem Balkan sowie in Afghanistan und beteiligt sich an der NATO Response Force. Auf dem NATO Gipfel in Wales 2014 unterzeichnete es darüber hinaus eine Vereinbarung, die es NATO-Truppen erlaubt, finnisches Territorium zu nutzen, und ratifizierte diese im Jahr 2015. 61 Seine Unterstützung für die GSVP und die NATO hat die finnische Regierung erst jüngst gezeigt, als sie am 11. April 2017 in Helsinki das „Europäische Zentrum zur Bewältigung hybrider Bedrohungen “ einrichtete, das den strategischen Dialog zwischen NATO und EU zu diesem Thema fördern sowie Forschungsarbeiten und Analysen durchführen soll. Neun Staaten haben das Memorandum of Understanding zum Aufbau dieses Zentrum unterzeichnet (u.a. Deutschland, Finnland , Lettland, Litauen, Polen und Schweden); Estland gab im Juli 2017 bekannt, sich ebenfalls zu beteiligen. Neben der EU, in der sich Finnland u.a. aktiv an der Verteidigungskooperation im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur (EVA), an der gemeinsamen Beschaffung kommerzieller Satellitenkommunikation , am Hubschrauberübungsprogramm und an Maßnahmen zur Cyber-Abwehr beteiligt, engagiert sich das Land auch in der Nordischen Verteidigungskooperation (NOR- DEFCO). Die nordische Kooperation erfährt in Finnland eine wachsende Zustimmung, weil sie zum einen nicht als militärische Allianz und daher im Hinblick auf Russland weniger konfrontativ als die NATO wahrgenommen wird und da sie zum anderen nach Auffassung vieler Finnen leichter umzusetzen ist als die Verteidigungszusammenarbeit auf EU-Ebene. Innerhalb der NORDEFCO hat die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Schweden und Finnland einen besonderen Stellenwert. 62 Erst kürzlich unterzeichneten beide Staaten eine Reihe an Vereinbarungen zur gemeinsamen Ausbildung und zur Aufstellung gemeinsamer Einheiten. 63 60 The Effects of Finland’s Possible NATO Membership – an Assessment, hgg. 2017 vom finnischen Außenministerium , S. 57. Abrufbar unter: http://formin.finland.fi/public/download.aspx?ID=157408&GUID=%7B71D08E6C- 3168-439F-9C31-0326D1014C26 (letzter Zugriff: 10. Juli 2017). 61 NATO (2017): Relations with Finland. Abrufbar unter: http://www.nato.int/cps/cn/natohq/topics_49594.htm (letzte Aktualisierung: 30. März 2017, letzter Zugriff: 10. Juli 2017). 62 „Sweden enjoys a special status in Finland’s bilateral cooperation.“ Vgl. Government’s Defence Report, a.a.O., S. 18. 63 „Sweden and Finland recently signed a series of agreements to further deepen cooperation in areas such as training and the setting-up of joint units.“ Vgl. Major; von Voß (2016), a.a.O., S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 20 Offiziell ist die finnisch-schwedische Verteidigungskooperation zwar auf Friedenszeiten und internationale Krisenmanagementeinsätze beschränkt, dennoch hat sie natürlich Implikationen für die militärische Fähigkeit zur nationalen Territorialverteidigung. 64 An einer von vielen Finnen befürworteten Verteidigungsunion mit Schweden dürfte dieses allerdings nur wenig interessiert sein, weil sich dadurch die schwedische Verteidigungspolitik weiter in Richtung Osten und damit gen Russland ausweiten würde. 65 2.4.3. Streitkräfte Im Zusammenhang mit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise in der ersten Dekade dieses Jahrhunderts erkannte Finnland die Notwendigkeit einer höheren Kosteneffizienz seiner Streitkräfte . Um dieses Ziel zu erreichen, ohne die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu gefährden, wurden die finnischen Streitkräfte in den Jahren 2012 bis 2015 einer Reform unterzogen. 66 Im Rahmen dieser Reform wurden Streitkräftestrukturen verschlankt und der Personalkörper von 350.000 in Kriegszeiten unter Waffen stehenden Soldaten und Soldatinnen auf heute 230.000 reduziert. Durch diese Maßnahme erhoffte sich die politische Leitung, den notwendigen finanziellen Handlungsspielraum für Beschaffungsprogramme – insbesondere für die finnische Marine und Luftwaffe, deren Waffensysteme am Ende ihrer Nutzungsdauer stehen – zu gewinnen. Doch auch nach Abschluss der Reform stellten die politisch Verantwortlichen fest, dass mit dem investiven Anteil des Verteidigungshaushalts, der gegenwärtig 2,18 Mrd. Euro (entspricht 1,3 Prozent des BIP) umfasst, 67 die notwendigen Beschaffungsvorhaben zur Ablösung der F/A-18 Hornet-Mehrzweckkampfflugzeuge und zum Ersatz der derzeitigen Flotte immer noch nicht zu realisieren sind. So formulierte der aktuelle Government’s Defence Report: „There lies an imbalance between the requirements for defence development and the present level of resources. Without any corrective action Finland’s defence would degrade.“ 68 Dieses Ungleichgewicht soll nun, wie das finnische Finanzministerium im Juni 2017 ankündigte, durch die Aufnahme neuer Schulden in den Jahren 2018 und 2019 reduziert werden, damit zumindest die erste Tranche des neuen Kampfflugzeugs, deren Kosten auf 3,6 Mrd. Euro geschätzt werden, finanziert werden kann. 69 64 Hopia (2017), a.a.O., S. 160 f. 65 Ebd., S. 161. 66 Ebd., S. 158 f. 67 Verteidigungsausgaben als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP), hgg. 2017 vom finnischen Verteidigungsministerium (2017): Abrufbar unter: http://www.defmin.fi/tehtavat_ja_toiminta/puolustushallinnon_voimavarat/talous /puolustusbudjetin_osuus_bruttokansantuotteesta (letzter Zugriff: 11. Juli 2017). 68 Government’s Defence Report, a.a.O., S. 13. 69 O’Dwyer, Gerard (2017): Competitors jockey for Finland fighter deal. In: Defence News, 19. Juni 2017, S. 10. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 21 Auf die veränderte Sicherheitslage im Osten Europas hat Finnland also bis dato noch nicht mit umfassenden Beschaffungsprogrammen reagiert. Stattdessen fokussiert das Land auf einen höheren Bereitschaftszustand und eine größere Reaktionsfähigkeit seiner Streitkräfte. Hierzu wurden beispielsweise im Jahr 2015 alle etwa 900.000 Reservisten zu ihrem Einsatz im Kriegsfall informiert , und es „bestehen Pläne, die Gesetzgebung zur Wehrpflicht dahingehend zu ändern, dass sie eine sofortige Einberufung mancher Reservetruppen und längere Reservistenübungen ermöglicht .“ 70 2.5. Lettland 2.5.1. Bedrohungsperzeption Die lettische Regierung teilt die Auffassung vieler anderer europäischer Staaten, dass Europa sowohl im Süden als auch im Osten gegenwärtig ernsthaften Sicherheitsherausforderungen gegenübersteht . Die russische Aggression in der Ukraine und die fortdauernden Aktivitäten des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS, auch Daesh) im Nahen Osten seien, so das lettische Außenministerium , Bedrohungen ähnlicher Größenordnung. 71 Vor Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine sei Russland, so das aktuelle Jahrbuch zu Lettlands Außen- und Sicherheitspolitik, von den NATO-Mitgliedstaaten noch als strategischer Partner betrachtet worden. Heute jedoch sei Russland für jeden ein strategisches Problem. Insbesondere Russlands fortwährende Völkerrechtsbrüche, verbunden mit seinem rücksichtslosen militärischen Vorgehen in der Ukraine und in Syrien, haben nach lettischer Auffassung zu einer globalen Unsicherheit hinsichtlich künftiger russischer Aktionen geführt. Die Anwendung militärischer Gewalt durch Russland zur Erreichung politischer Ziele bedroht, so das oben erwähnte Jahrbuch, insbesondere die unmittelbaren Nachbarstaaten, hat aber letztendlich die Sicherheitslage in Europa insgesamt verschlechtert. 72 Aus lettischer Sicht senden Russlands Rolle in der Ost-Ukraine, seine Außenpolitik und sein Fokus auf militärische Stärke das unverkennbare Signal, dass Moskau es bevorzugt, aus einer Position des Stärkeren heraus zu agieren. Insbesondere stellt für Lettland – neben der von Russland bspw. in der Ost-Ukraine unter Beweis gestellten Fähigkeit zur hybriden Einflussnahme – die militärische Stärke, die Russland entlang der Grenzen zu den baltischen Staaten, zu Finnland und zu Norwegen kontinuierlich demonstriert, eine sehr reale Bedrohung dar. Seine potentiellen Absichten zeigt Russland nach lettischer Auffassung erstens in seinen grenznahen Militärmanövern 70 Hopia (2017), a.a.O., S. 159. 71 Vgl. Latvia’s Security Policy, veröffentlicht vom Außenministerium der Republik Lettland am 20. Mai 2016. Abrufbar unter: http://www.mfa.gov.lv/en/policy/security-policy/latvia-s-security-policy (letzter Zugriff: 6. September 2017). 72 Vgl. Latvian Institute of International Affairs (Hg.) (2017). Latvian Foreign and Security Policy – Yearbook 2017. Abrufbar unter: http://www.lai.lv/publikacijas/latvijas-areja-un-drosibas-politika-gadagramata-2017-577?get_file=2 (letzter Zugriff: 6. September 2017), S. 11. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 22 (bspw. ZAPAD 73), bei denen Angriffs-, Invasions- und Besatzungsszenarios durchgespielt und Pseudoangriffe auf strategische Gebäude und Objekte jenseits der russischen Grenze ausgeführt werden. Zweitens wird auch das im internationalen Luftraum von den russischen Luftstreitkräften an den Tag gelegte Verhalten, das in zahlreichen Fällen Luftsicherheitsstandards verletzte, in Lettland als Drohgebärde empfunden. Drittens und vor allem wird die Bedrohungsperzeption Lettlands jedoch von der umfassenden Modernisierung sowie materiellen und personellen Aufrüstung der russischen Streitkräfte in ihrem Militärbezirk West bestimmt. 74 2.5.2. Multi- und bilaterale Kooperation Die kollektive Verteidigung im Rahmen der NATO und die militärische Präsenz der Vereinigten Staaten im Land werden von lettischen Sicherheitskreisen in Anbetracht der aktuellen Sicherheitsherausforderungen als die wichtigsten Elemente für die Sicherheit Lettlands angesehen. 75 Als Sicherheitsakteur wird die EU unter offiziellen Vertretern Lettlands im Vergleich zur NATO klar als zweitrangig wahrgenommen. Dies hat seine wesentliche Ursache darin, dass die Union „eher mit Krisenprävention und -bewältigung sowie mit weit entfernten Out-of-area-Einsätzen in Verbindung gebracht [wird], und nicht mit Territorialverteidigung, derzeit Lettlands hauptsächliches Sicherheitsanliegen.“ 76 Dass die nordatlantische Allianz für Lettland das wichtigste multilaterale militärische Kooperationsformat darstellt, hat Lettland mit seiner Bereitschaft unterstrichen, eine NATO Force Integration Unit in Riga aufzubauen sowie im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ des Bündnisses einen multinationalen Gefechtsverband im Land aufzunehmen. 77 Vor diesem Hintergrund findet der Großteil von Lettlands militärischem Engagement in Zusammenarbeit mit anderen NATO-Staaten statt. Wichtigster strategischer Partner Lettlands sind die USA; sie haben seit 2014 kontinuierlich eine Einheit in Kompaniestärke und zugehörige Unterstützungselemente im Land stationiert. Zu bedeutenden Kooperationspartnern zählen gleichfalls die anderen beiden baltischen Staaten (vgl. Ziff.n 2.3.2 und 2.6.2). 78 73 Siehe hierzu u.a. den Sachstand Umfang und Bedeutung von Zapad Manövern der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 28. August 2017. 74 Vgl. Latvian Institute of International Affairs (Hg.) (2017), a.a.O., S. 12 f. 75 Andžāns, Māris (2017): Lettland. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 235. 76 Ebd., S. 234. 77 Vgl. u.a. Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.) (2017), a.a.O. 78 Vgl. ebd., S. 239. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 23 „Weitere nennenswerte Partner in der Verteidigungskooperation sind Polen, die nordischen Staaten und das Vereinigte Königreich (Letzteres lieferte […] Panzerspähwagen (CVR (T)), während Schweden nach der Wiederherstellung der lettischen Unabhängigkeit als informeller Mentor in militärischen Angelegenheiten fungierte).“ 79 Darüber hinaus hat in jüngster Zeit Kanada als Partner an Bedeutung gewonnen, das im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ der NATO als Führungsnation des Anfang dieses Jahres in Lettland stationierten multinationalen Gefechtsverbands agiert. 2.5.3. Streitkräfte Die veränderte Sicherheitslage in Osteuropa hat die lettische Regierung zu der Entscheidung bewogen , ihren Verteidigungshaushalt schrittweise zu erhöhen. Während er Mitte dieser Dekade noch bei etwa 290 Mio. US-Dollar lag, was etwa ein Prozent des lettischen BIP entsprach, stiegen die Verteidigungsausgaben 2016 um 45,2 Prozent 80; der Anteil am BIP erreichte einen Wert von geschätzten 1,45 Prozent 81. Im selben Jahr hat das lettische Parlament (Saeima) als Reaktion auf die Gipfelbeschlüsse vom NATO-Gipfel in Warschau entschieden, seine Verteidigungsausgaben 2017 auf 1,7 Prozent seines BIP zu erhöhen und 2018 die NATO-Zielvorgabe von zwei Prozent des BIP zu erreichen. 82 Mit diesem Mehr an Finanzmitteln sollen insbesondere die Fähigkeiten der lettischen Streitkräfte (NAF) 83 verbessert werden, zur kollektiven Verteidigung im Bündnisrahmen beizutragen. 84 Zur Steigerung seiner Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten hat Lettland u.a. 2014 mit dem Vereinigten Königreich einen Vertrag über den Ankauf von 123 gebrauchten leichten Kettenspähpanzern 85 geschlossen, die – nach technischer Überholung und Modernisierung – seit 2015 schrittweise zulaufen. Des Weiteren sollen Panzerabwehrwaffen und Transportfahrzeuge sowie weitreichende Luftraumüberwachungsradare und – gemeinsam mit Litauen – ein Flugabwehrsystem beschafft werden, um die Luftverteidigungsfähigkeit des Landes zu erhöhen. 86 79 Ebd., S. 239. 80 The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics, a.a.O., S. 73. 81 Māris (2017), a.a.O., S. 237. 82 The National Defence Concept, am 24. Mai 2016 gebilligt vom Kabinett der Regierung Lettlands und am 16. Juni 2016 vom lettischen Parlament (Saeima) verabschiedet. Abrufbar unter: http://mepoforum.sk/wp-content/uploads /2017/01/Latvia-national-defence-concept-2016-en.pdf (letzter Zugriff: 7. September 2017), S. 13. 83 NAF: National Armed Forces. 84 The National Defence Concept, a.a.O., S. 12 f. 85 Kettenspähpanzer, engl. Combat Vehicle Reconnaissance (Tracked) – CVR (T). 86 The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics, a.a.O., S. 131. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 24 Zur Sicherstellung der personellen Aufwuchsfähigkeit der lettischen Streitkräfte wurde in Lettland in jüngster Vergangenheit die Rückkehr zur 2006 abgeschafften Wehrpflicht wieder verstärkt diskutiert; 87 bisher fand sich hierfür aber keine parlamentarische Mehrheit. 88 Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist daher im Nationalen Verteidigungskonzept auch nicht thematisiert worden. Adressiert wurde hier jedoch die Notwendigkeit, die Personalstärke der regulären Streitkräfte zu erhöhen: „.In order to perform the defined national defence tasks, it is necessary to increase the number of NAF personnel by primarily focusing on enhancing the operational capabilities of the NAF.” 89 Die vom Nationalen Verteidigungskonzept 2016 vorgegebene Soll-Stärke der lettischen Streitkräfte beträgt 17.500 Soldaten und Soldatinnen, 90 Anfang 2017 verfügten die NAF über eine Personalstärke von 17.155 Soldaten und Soldatinnen (9.155 aktive Soldaten und Soldatinnen, 8.000 Angehörige der Nationalgarde und Reservisten). 91 Zu Beginn des Ausbruchs des Konflikts in der Ost-Ukraine im Jahr 2014 dienten in den Streitkräften Lettlands nur 5.000 aktive Soldaten und Soldatinnen (die kleinste Anzahl im Baltikum). 92 2.6. Litauen 2.6.1. Bedrohungsperzeption Gegenwärtig stellen solche aggressiven Aktionen Russlands, mit denen es die bestehende, auf universelle Regeln und Grundsätze des Völkerrechts sowie auf friedliche Koexistenz aufgebaute europäische Sicherheitsordnung erodiert, für die Sicherheit der Republik Litauen die Hauptbedrohung dar. Russlands aggressive Politik gegenüber seinen Nachbarstaaten, die Annexion der Krim, seine Anstrengungen zur Modernisierung seiner Streitkräfte sowie deren umfassende Offensivfähigkeiten und Manöver in unmittelbarer Nähe zur litauischen Grenze, insbesondere im Raum Kaliningrad, verursachen nach litauischer Auffassung internationale Spannungen und gefährden den Weltfrieden. Die Fähigkeit Russlands, auf seine Nachbarstaaten eine hybride Einflussnahme 93 auszuüben, seine Möglichkeiten, innere Probleme der osteuropäischen Staaten politisch zu nutzen oder solche gar zu kreieren, sowie seine Bereitschaft, Nuklearwaffen gegen 87 Ebd., S. 73. 88 Rötzer, Florian (2017): Soldatenmangel: Schweden führt die Wehrpflicht wieder ein. TELEPOLIS vom 7. März 2017. Abrufbar unter: https://www.heise.de/tp/features/Soldatenmangel-Schweden-fuehrt-die-Wehrpflicht-wieder-ein- 3646209.html (letzter Zugriff: 7. September 2017). 89 The National Defence Concept, a.a.O., S. 14. 90 Ebd., S. 14. 91 Global Fire Power (Hg.) (2017): 2017 Latvia Military Strength – Current military capabilities and available firepower for the nation of Latvia. Abrufbar unter: https://www.globalfirepower.com/country-military-strength-detail .asp?country_id=latvia (letzter Zugriff: 8. September 2017). 92 Māris (2017), a.a.O., S. 237. 93 Vgl. Fn. 5. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 25 Staaten einzusetzen, die selber keine besitzen, stellt gemäß der „Nationalen Sicherheitsstrategie“ Litauens sowohl für die Sicherheit des Landes selbst als auch für die gesamte europäische Staatengemeinschaft eine ernste Herausforderung dar. 94 Diese Faktoren beträfen, so die Strategie, die nationale Sicherheit Litauens nicht nur kurzfristig, sondern auch in der absehbaren Zukunft. Denn die grundsätzlichen Ziele russischer Außenpolitik 95 werden laut jüngster „Analyse zur Bedrohung der Nationalen Sicherheit“ Litauens auch langfristig Bestand haben. 96 Zu ihnen zählen laut diesem Dokument die Wiedererlangung des Großmachtstatus, die Erringung einer Führungsrolle in der internationalen Politik sowie Dominanz des post-sowjetischen Raums. Diese litauische Bewertung fußt u.a. auf Aussagen der jüngsten „Russischen Nationalen Sicherheitsstrategie “ 97 vom Dezember 2015. Statt gemäß der Vorgänger-Strategie eine Kooperation mit internationalen Institutionen und eine Integration in die Weltwirtschaft anzustreben, fokussiere die aktuelle Strategie – mit dem Ziel eines noch stärkeren Russlands – auf eine unabhängigere russische Politik und eine Steigerung internationalen Einflusses. Insbesondere aus einer Textpassage der neuen Strategie, in der dargelegt wird, dass Russland sich das Recht vorbehalte, militärische Gewalt nicht nur zur Gewährleistung der eigenen Sicherheit, sondern auch zum Schutz nationaler Interessen einzusetzen, 98 wird in Litauen – insbesondere angesichts seiner geographischen Lage 99 – eine Bedrohung abgeleitet. 94 National Security Strategy in der durch Resolution No XIII-202 des Seimas der Republik Litauen am 17. Januar 2017 verabschiedeten Version. Abrufbar unter: https://e-seimas.lrs.lt/rs/legalact/TAD/dc61fcd0fe8a11e6ae41f2dbc 54c44ce/format/ISO_PDF (letzter Zugriff: 8. September 2017), S. 3. 95 Die Ziele russischer Außenpolitik analysiert Renatas Norkus umfassend in seinem Artikel „Is This the Right Time for NATO to Resume Dialogue with Russia?“ Vgl. Norkus, Renatas (2015): Is This the Right Time for NATO to Resume Dialogue with Russia? In: Lithuanian Foreign Policy Review vol. 34 (2015), S. 135–139. Abrufbar unter: https://www.degruyter.com/downloadpdf/j/ lfpr.2015.34.issue-1/lfpr-2016-0006/lfpr-2016-0006.pdf (letzter Zugriff: 8. September 2017). 96 Grėsmių Nacionaliniam Saugumui Vertinimas (Analyse zur Bedrohung der Nationalen Sicherheit, Übersetzung des Verfassers), freigegeben 2016 und hgg. 2017 vom Ministerium für Nationale Verteidigung der Republik Litauen. Abrufbar nur in litauischer Sprache unter: http://kam.lt/download/58658/assessment%20of%20threats %20to%20national%20security%202017.pdf (letzter Zugriff: 8. September 2017). 97 Russian National Security Strategy, erlassen am 31. Dezember durch Präsidialerlass Nr. 683. Abrufbar unter: http://www.ieee.es/Galerias/fichero/OtrasPublicaciones/Internacional/2016/Russian-National-Security-Strategy- 31Dec2015.pdf (letzter Zugriff: 8. September 2017). 98 Vgl. ebd., Ziff. 7 i.V.m. Ziff. 29. 99 Die geostrategische Besonderheit Litauens besteht darin, dass der kürzeste Weg von Russland in die Enklave Kaliningrad durch litauisches Gebiet führt (Suwalki-Korridor). Daher besteht in Litauen die Befürchtung, dass russische Streitkräfte schnelle raumgreifende Operationen zum Herstellen einer Landverbindung von Russland nach Kaliningrad bzw. zur Ostsee durchführen könnten. Angesichts der unkalkulierbaren russischen Außen- und Sicherheitspolitik wird in Litauen diese Möglichkeit weitaus stärker als Bedrohung empfunden als die Russen und Weißrussen im eigenen Land, die einen Anteil von 6,5 Prozent der litauischen Bevölkerung ausmachen. Vgl. Jeschonnek, Friedrich K. (2017): Sicherheitspolitik und Streitkräfte Litauens – Ein bedeutender deutscher Partner im Baltikum. In: Hardthöhenkurier 3/2017, S. 34. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 26 2.6.2. Multi- und bilaterale Kooperation Nach litauischer Auffassung ist und bleibt die NATO mit Blick auf die kollektive Verteidigung des Landes und Europas der wichtigste und leistungsfähigste Sicherheitsakteur; nur das transatlantische Bündnis sei in der Lage, die nationale Sicherheit Litauens zu garantieren und potentielle Aggressionen effektiv abzuschrecken. Aus diesem Grund sei es essentielles Interesse der litauischen Regierung, mit allen Möglichkeiten die transatlantische Bindung zu stärken und zu einer starken Beziehung zwischen Europa und den USA beizutragen. 100 Seinen Willen hierzu hat Litauen dadurch unterstrichen, dass es durchweg an militärischen Übungen der NATO sowie seit 2008 an der Rotation im Rahmen der NATO Response Force (NRF) teilnimmt, 101 seit 2004 für das „Air Policing Baltikum“ einen Luftwaffenstützpunkt (Šiauliai) bereitstellt, 102 sich zwischen 2008 und 2014 mit über 3.000 Soldaten und Soldatinnen am NATO-Einsatz in Afghanistan (ISAF) beteiligt hat, 103 in Vilnius das NATO-Kompetenzzentrum zur Energiesicherheit (NATO ENSEC COE) aufgebaut hat, das im Jahr 2012 seine Tätigkeit aufgenommen hat, 104 seit 2004 für das „Air Policing Baltikum“ einen Luftwaffenstützpunkt (Šiauliai) bereitstellt, 105 eine NATO Force Integration Unit in Vilnius aufgenommen hat sowie sogenannten Host Nation Support für den im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ des Bündnisses im Land stationierten, unter deutscher Führung stehenden NATO-Gefechtsverband leistet. 106 Dass Litauen die NATO und die USA als die wesentlichen Akteure für die Gewährleistung seiner Sicherheit ansieht, liegt insbesondere darin begründet, dass „Sicherheitspolitik an erster Stelle stets als militärische Verteidigung gegen äußere militärische Bedrohungen [der] territorialen 100 Vgl. Šešelgytė, Margarita (2017): Litauen. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 245. 101 Vgl. ebd., S. 254. 102 NATO (Hg.) (2017): NATO-Topic: Air policing: securing NATO airspace. Abrufbar unter: www.nato.int/cps/en/ natohq/topics_132685.htm letzter Zugriff: 11. September 2017). 103 Vgl. Šešelgytė (2017), a.a.O., S. 254. 104 Vgl. NATO Energy Security Center of Excellence. Abrufbar unter: https://www.enseccoe.org/en/ (letzter Zugriff: 11. September 2017). 105 NATO (Hg.) (2017): NATO-Topic: Air policing: securing NATO airspace. Abrufbar unter: www.nato.int/cps/en/ natohq/topics_132685.htm (letzter Zugriff: 11. September 2017). 106 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.) (2017), a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 27 Integrität und Souveränität“ 107 verstanden wird. Die Fähigkeit zur Abwehr solcher Bedrohungen ist nach litauischer Auffassung deutlich stärker im transatlantischen Bündnis und bei den amerikanischen Streitkräften als in der Europäischen Union ausgeprägt. Dennoch hat aus litauischer Sicht auch die EU bei der Gewährleistung der nationalen Sicherheit Litauens von jeher eine wichtige Rolle inne gehabt, und zwar insbesondere bei der Beantwortung solcher nicht-militärischer Bedrohungen, die Sicherheit und Wohlstand des Landes gefährden. Im Umgang mit solchen Herausforderungen wird die EU insbesondere im Bereich der Energiesicherheit als wichtiger Partner anerkannt. 108 Mit dem wachsenden Bewusstsein, dass die GSVP nicht in Konkurrenz zur NATO steht, wird in Litauen nun auch die GSVP positiver wahrgenommen . In der Vergangenheit beteiligte sich Litauen oft eher nur symbolisch an zivilen und militärischen EU-Missionen. 109 Neben der Einbindung in die multinationalen Sicherheitsstrukturen von NATO und EU ist für Litauen gemäß seiner Nationalen Sicherheitsstrategie insbesondere die strategische Partnerschaft mit den USA ein bedeutendes Instrument zum Erhalt eines akzeptablen Sicherheitsumfelds. 110 Weitere wichtige Partner in der Verteidigungskooperation sind darüber hinaus die nordischen Länder 111, die beiden anderen baltischen Staaten 112, Deutschland und besonders Polen. 113 „Laut dem litauischen Verteidigungsministerium ist die »Kooperation mit Polen im Verteidigungsbereich eines der wichtigsten Ziele in der Verstärkung der litauischen Verteidigungsstrukturen «. Die Litauisch-Polnische-Ukrainische Brigade (LITPOLUKRBRIG), die 2016 erstmalig zum Einsatz kam, gilt in Litauen als eines seiner erfolgreichsten trilateralen Projekte.“ 114 Diese multinationale Brigade setzt sich aus litauischen, polnischen und ukrainischen Truppenteilen zusammen; Litauen kann zu diesem Verband im Kern ein motorisiertes Infanteriebataillon entsenden . 115 107 Šešelgytė, (2017), a.a.O., S. 245. 108 „Der sicherheitspolitische Diskurs in Litauen [sieht] eine klare Arbeitsteilung zwischen der NATO und der EU vor, in welcher Erstere als Sicherheitsmacht und Letztere als Quelle wirtschaftlichen Wohlstands fungiert.“ Vgl. ebd., S. 242 und S. 243. 109 Vgl. ebd., S. 254. 110 National Security Strategy vom 17. Januar 2017, a.a.O., S. 11. 111 U.a. im Rahmen der NORDEFCO, vgl. Ziff. 2.2.2. 112 Vgl. Ziff.n 2.3.2 und 2.5.2. 113 Vgl. Šešelgytė (2017), a.a.O., S. 252. 114 Ebd., S. 252. 115 Vgl. Jeschonnek (2017), a.a.O., S. 36. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 28 Die deutsch-litauische Verteidigungszusammenarbeit umfasst u.a. eine Partnerschaft zwischen den Heeresoffiziersschulen, die Ausbildung von 300 litauischen Lehrgangsteilnehmern und -teilnehmerinnen an Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr sowie die Lieferung deutscher Waffensysteme an die litauischen Streitkräfte. 116 2.6.3. Streitkräfte Bereits im Jahr 2001, also drei Jahre vor seinem NATO-Beitritt, beschlossen die im litauischen Parlament (Seimas) vertretenen Parteien, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Verteidigung zu verwenden. Mit identischer Zielsetzung folgten dieser Vereinbarung 2004, 2008 und 2012 drei weitere Übereinkünfte, ohne dass die Zielmarke von zwei Prozent je erreicht wurde. Vielmehr bewegten sich die Verteidigungsausgaben nach dem NATO-Beitritt zunächst nur geringfügig über einem Prozent des BIP und zu Beginn dieser Dekade gar darunter Erst seit 2015 erfolgt nun tatsächlich schrittweise eine Aufstockung des litauischen Verteidigungshaushalts , nachdem die litauischen Parlamentsparteien im März 2014 erneut beschlossen hatten, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des nationalen BIP zu erhöhen und diese Zielvorgabe der NATO spätestens bis zum Jahr 2020 zu erreichen. Dies verdeutlicht, dass die Krim-Annexion und der Konflikt in der Ost-Ukraine „tiefgreifende Auswirkungen auf Litauens Verteidigungsplanung“ 117 gehabt haben: Nach einer Aufstockung der litauischen Verteidigungsausgaben um 32 Prozent auf 1,14 Prozent des BIP (424,9 Mio. Euro) im Jahr 2015 stiegen diese im Jahr 2016 bereits um weitere 35 Prozent auf 1,5 Prozent des BIP (574,6 Mio. Euro). 2017 wird nach derzeitiger Planung der Verteidigungshaushalt um weitere 150 Mio. Euro auf etwa 1,8 Prozent des BIP anwachsen. Schon im Jahr 2018 sollen die litauischen Verteidigungsausgaben das gesetzte Ziel von zwei Prozent des BIP überschreiten. 118 Angesichts der angespannten Sicherheitslage hat Litauen darüber hinaus auf Vorschlag des staatlichen Verteidigungsrats 119 und unter Zustimmung des Seimas und des Präsidenten zur Verstärkung seiner Streitkräfte im Jahr 2015 die 2008 abgeschaffte Wehrpflicht zunächst vorübergehend für fünf Jahre wieder eingeführt, 120 bevor 2016 sogar die dauerhafte Rückkehr zur Wehrpflicht 116 Vgl. ebd., S. 36. Zu den Waffenlieferungen siehe Ziff. 2.6.3. 117 Šešelgytė (2017), a.a.O., S. 249. 118 Lithuanian Defence System – Facts and Trends, hgg. am 23. März 2017 vom Ministerium für Nationale Verteidigung der Republik Litauen, S. 3. Abrufbar unter https://kam.lt/download/56982/national%20defence%20system %20in%20numbers%20elektroninis.pdf (letzter Zugriff: 8. September 2017). 119 Dem litauischen Verteidigungsrat gehören der Parlamentsvorsitzende, der Ministerpräsident, der Verteidigungsminister und der Armeechef an. Vorsitzender ist der Präsident. Stellung und Zusammensetzung des Verteidigungsrats sind in Artikel 140 der litauischen Verfassung geregelt. Vgl. Schmidt, Thomas (2013): Die Außenpolitik der baltischen Staaten: Im Spannungsfeld zwischen Ost und West. Springer-Verlag, S. 104. 120 The Military Balance 2016 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics, a.a.O., S. 116. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 29 entschieden wurde. 121 Seit 2015 sind bis heute jährlich bis zu 3.500 Litauer für einen Zeitraum von neun Monaten zum Wehrdienst eingezogen. U.a. mit diesen Wehrpflichtigen konnte der Personalumfang der litauischen Streitkräfte von 2014 bis 2016 um 24 Prozent auf 16.500 Soldaten und Soldatinnen vergrößert werden; ein weiterer Personalaufwuchs auf 19.740 Soldaten und Soldatinnen ist bis 2018 geplant. 122 Neben der Erhöhung des Streitkräfteumfangs fokussieren die litauischen Anstrengungen auf die Unterstützung der Truppen von NATO-Partnern, die im Rahmen der auf den NATO-Gipfeln in Cardiff und Warschau beschlossenen Rückversicherungsmaßnahmen (NFIU, „enhanced Forward Presence“) im Land stationiert worden sind, sowie auf einen Ausbau der militärischen Fähigkeit zur Territorialverteidigung. 123 Für die Stärkung seiner Verteidigungsfähigkeit hat Litauen bereits 2014 aus Infanteriekräften, Elementen der Luftwaffe, Spezialkräften und Logistikeinheiten einen schnellen Eingreifverband aufgestellt, der u.a. zur Bekämpfung hybrider Bedrohungen eingesetzt werden kann – dies sogar (auf Weisung des Präsidenten) in Friedenszeiten. 124 Insgesamt sollen die litauischen Landstreitkräfte im Frieden künftig über zwei Infanteriebrigaden verfügen; im Verteidigungsfall soll das Heer auf drei Brigaden aufwachsen können. 125 Umfangreiche Beschaffungsprogramme, die mit dem stetig wachsenden Verteidigungshaushalt jetzt finanziert werden können, sollen darüber hinaus die militärischen Fähigkeiten Litauens zur Territorialverteidigung verbessern. Ein wichtiger Partner hierbei ist die deutsche Industrie, die für 58,3 Mio. Euro 21 selbstfahrende Panzerhaubitzen des Typs „PzH 2000“ sowie zur Ausstattung der Infanterie bis zum Jahr 2021 für 386 Mio. Euro 88 gepanzerte Transportfahrzeuge des Typs „GTK Boxer“ an Litauen liefert. 126 Ferner beschafft Litauen in Polen Ein-Mann-Boden-Luft-Raketen, sogenannte MANPADS. Die Modernisierung der litauischen Streitkräfte umfasst zudem die Beschaffung von Panzerabwehrraketen , Drohnen und Patrouillenbooten, eines weitreichenden Luftraumüberwachungsradars sowie des norwegischen Flugabwehrsystems NASAMS. 127 Insgesamt sind im Zeitraum von 2017 bis 2022 Beschaffungen mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Mrd. Euro vorgesehen. 128 121 The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics, a.a.O., S. 133. 122 Lithuanian Defence System – Facts and Trends, a.a.O., S. 2 und S. 8. 123 Vgl. Šešelgytė (2017), a.a.O., S. 251. 124 Lithuanian Defence System – Facts and Trends, a.a.O., S. 6. 125 Vgl. Jeschonnek (2017), a.a.O., S. 36. 126 Vgl. Šešelgytė (2017), a.a.O., S. 251. 127 Ebd., S. 251. 128 Lithuanian Defence System – Facts and Trends, a.a.O., S. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 30 2.7. Polen 2.7.1. Bedrohungsperzeption Sicherheit und Verteidigung stehen in Polen heute viel stärker im Mittelpunkt politischer Diskussionen als vor der Krim-Annexion 2014 durch Russland und dem darauf folgenden militärischen Konflikt in der Ost-Ukraine. Diese beiden Ereignisse haben die Bedrohungswahrnehmung sichtbar verändert und dazu geführt, dass das Thema Sicherheit bei der seit November 2015 regierenden nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) eine hohe Aufmerksamkeit erfährt. 129 Nicht zuletzt deshalb hat sie im Jahr 2016 einen „Strategic Defence Review“ initiiert. Dessen Ergebnisse sind im Mai 2017 in dem sicherheitspolitische Grundsatzdokument „The Concept of Defence of the Republic of Poland“ 130 zusammengefasst worden. Einige Abschnitte dieses Konzeptes, aber auch „Poland’s Strategic Concept for Maritime Security “ 131, das einen Monat später veröffentlicht wurde und die Ostsee mit ihren dänischen Meerengen als ein Gebiet von vitaler Bedeutung für Polen bezeichnet 132, verdeutlichen die veränderte Bedrohungsperzeption. In dem Kapitel „Hauptbedrohungen und Herausforderungen“ des Verteidigungskonzeptes wird die aggressive Politik Russlands und das Ungleichgewicht an der NATO-Ostflanke zwischen den militärischen Fähigkeiten der russischen Streitkräfte einerseits und der NATO-Mitgliedstaaten der Region andererseits als der wichtigste Bedrohungsfaktor herausgestellt. So heißt es hier zur russischen Aggressionspolitik, die nach polnischer Auffassung zumindest die kommenden 15 Jahre fortgeführt werden dürfte, sowie zur militärischen Asymmetrie: „The Russian Federation aims at enhancing her position in the global balance of power by using various means. They include breaches of international law, the regular use of force and coercion in relations with other states and various attempts to destabilize Western integrated structures. It poses a threat mainly for Poland and other countries in the region, […]. […]. Taking into account the asymmetry of military capabilities between Russia and NATO’s eastern flank members, such a situation creates a direct threat for Poland and the region. […]. […]. Russia is ready to destabilize the internal order of other states and to question their territorial integrity by openly violating international law. Russia’s actions are often camouflaged and conducted below the threshold of an armed conflict. It is not unrealistic that Russia could 129 Vgl. Bil, Ireneusz (2017): Polen. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 315 und S. 319. 130 Koncepcja Obronna Rzeczypospolitej Polskiej – The Concept of Defence of the Republic of Poland. Hrsg.: Ministry of National Defence, Mai 2017. Abrufbar unter: http://www.mon.gov.pl/d/pliki/rozne/2017/05/KORP_DRUK_v03_ mn2.pdf (letzter Zugriff: 26. Juli 2017). 131 Poland’s Strategic Concept for Maritime Security. Hrsg.: National Security Bureau, Juni 2017. Abrufbar unter: http://en.bbn.gov.pl/ftp/dok/SKBMRPENG.pdf (letzter Zugriff: 26. Juli 2017). 132 Ebd. S. 14. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 31 incite a regional conflict and dragging into it one or several NATO countries. Russia is also likely to provoke proxy wars in various parts of the world in order to exert pressure on the Western countries. At the same time, Russia conducts a vast programme of technical modernisation of her armed forces, pursues an intensive schedule of military exercises, and continues to militarise its society. Russia’s defence expenditures are treated as a priority and will be sustained at the current high level even during periods of long-term economic stagnation. This policy is highly coordinated with the operations of Russia’s special services, including the employment of such instruments as disinformation campaigns against other countries. Moscow uses instruments allowing her to decrease NATO’s advantage of forces by conducting cyber-attacks, or threatening the use of force against individual states, including the use of tactical nuclear weapons against non-nuclear countries .“ 133 Aber nicht nur die militärische Aufrüstung und Modernisierung der russischen Streitkräfte destabilisiert nach polnischer Auffassung die Lage in der Region, sondern auch die Art und Weise, wie Moskau auf die ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion Einfluss zu nehmen versucht: „The Russian Federation remains the main source of instability in NATO’s eastern neighbourhood . Moscow influences the situation in the states of the former USSR by employing various methods, such as stimulating political conflicts, corrupting the elites of those states, and striving to gain control over weak state governance. This notwithstanding, there are other worrying trends in the region which are not linked to Russian activities […].“ 134 Obwohl der Situation in Osteuropa das sicherheitspolitische Hauptinteresse der polnische Regierung gilt, die in diesen Kontext auch die zunehmende Abhängigkeit Weißrusslands von Russland und die immer engere militärpolitische Zusammenarbeit dieser beiden Staaten als weitere Bedrohung für die Stabilität der Region einschließt, werden auch die komplexen und facettenreichen Krisen an der Südflanke der NATO mit Sorge betrachtet sowie die Gefahr durch islamistischen Terrorismus als weiterhin hoch eingeschätzt. 135 133 The Concept of Defence of the Republic of Poland, a.a.O., S. 21 f. Zur Aufrüstung und Modernisierung der russischen Streitkräfte und zu ihren Übungsaktivitäten siehe auch das Interview von Defense News mit Tomasz Szatkowski, Staatssekretär im Ministerium für Nationale Verteidigung, in dem er erläutert: „We see a buildup that was initiated in 2000, when Vladimir Putin came to power. Since that time, you see only increase in Russian spending; you see ambitious modernization programs that were initiated 10 years ago and have broad effects, even if there were some delays. So the readiness and capacity of Russian troops has increased significantly , and we need to draw conclusions out of that. Zapad is one of a series of exercises, the biggest exercises this year and the biggest on [Russia’s] western flank since [a] couple of years, and such exercises create sometimes conditions for aggressive action. Naturally, we are concerned; we are trying to monitor the situation with our allies.“ Vgl.: Poland’s deputy defense chief on ‘the enduring dynamic’ with Russia. Defense News vom 10. Juli 2017, S. 11. 134 The Concept of Defence of the Republic of Poland, a.a.O., S. 23. 135 Ebd., S. 24 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 32 2.7.2. Multi- und bilaterale Kooperation Das Concept of Defence of the Republic of Poland legt dar, dass Polen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Bedrohungssituation seine Sicherheitsgarantien in großem Maße in der NATO und der Präsenz der USA in Europa sieht: „NATO remains the world’s most powerful military alliance, and Poland will make every effort to ensure that it remains a guarantor of peace and prosperity in Europe. […]. An important element […] will be the continuation of the military and political engagement of the United States. We see very positive prospects for further development of our military cooperation with Washington.“ 136 Die Zusammenarbeit mit der NATO wird, so die Auffassung des polnischen Politikwissenschaftlers Ireneusz Bil, nicht nur aus politischen Gründen einer EU-Verteidigungskooperation vorgezogen, sondern insbesondere auch aufgrund der militärischen Fähigkeiten der USA und ihres NATO-Mehrwerts. 137 Dennoch – trotz ihrer euroskeptischen Haltung – betrachtet die polnische Regierung auch die Europäische Union als einen relevanten sicherheitspolitischen Akteur, dessen „actions in the security domain should complement and enrich NATO operations in a non-competitive manner .“ 138 So lehnt die Regierung in Warschau zumindest eine verstärkte Kooperation im Rahmen der GSVP nicht ab, wie bspw. das Abstimmverhalten von polnischen Abgeordneten der PiS zeigte, als sie sich am 22. November 2016 bei einem Votum im Europäischen Parlament zur europäischen Verteidigungsunion der Stimme enthielten. 139 Inner- und außerhalb von NATO und EU ist Polens Außenpolitik darauf fokussiert, in Mittelund Osteuropa regionale politische Allianzen auf- und auszubauen, da diese regionalen Kooperationsformate eine regionale Interessenvertretung und größere Mitsprache in den größeren Foren ermöglichen. Mit einem solchen Vorgehen wähnt Warschau, seinen politischen Einfluss in Europa wiedererlangen zu können, den es glaubt, unter den europäischen Großmächten verloren zu haben. 140 Neben der NORDEFCO 141 stellt die Visegrád-Gruppe 142 aus polnischer Sicht ein solches, für die Sicherheit des baltischen Raums bedeutendes Kooperationsformat dar. Am 14. März 2014 legten 136 Ebd., S. 42. 137 Vgl. Bil, a.a.O., S. 325. 138 The Concept of Defence of the Republic of Poland, a.a.O., S. 30. 139 Vgl. Bil, a.a.O., S. 324. 140 Als ein Beispiel, dass Polen nur noch eingeschränkt Einfluss auf Entscheidungsprozesse innerhalb der EU nehmen könne, wurde von der polnischen Regierung ein von den Verteidigungsministern der vier größten EU-Staaten im Oktober 2016 verfasster Brief zur Zukunft der europäischen Verteidigungspolitik angeführt. Der polnische Verteidigungsminister war an diesem Brief nicht beteiligt, obwohl dies angesichts von Polens Größe und Beitrag im Rahmen der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik nach ihrer Auffassung selbstverständlich gewesen wäre. Vgl. Bil, a.a.O., S. 332 und S. 333 f. 141 Siehe hierzu Ziff. 2.3.2. 142 Die Visegrád-Gruppe (auch: V4) besteht aus Polen, der Slowakei, Tschechien und Ungarn. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 33 die Verteidigungsminister der V4 als Reaktion auf das veränderte sicherheitspolitische Umfeld ihre Vorstellungen zur künftigen militärischen Kooperation in der gemeinsamen Erklärung „Long-term Vision of the Visegrád Countries on Deepening Their Defence Cooperation“ 143 dar. Hiernach beabsichtigen die vier Staaten, gemeinsam ihre militärischen Fähigkeiten auszubauen, die ursprünglich im Rahmen ihrer EU-Verpflichtungen nur temporär für die erste Hälfte des Jahres 2016 aufgestellte Battlegroup dauerhaft zu etablieren und hierfür ein permanentes regionales Hauptquartier in Krakau einzurichten, die gemeinsamen Übungstätigkeiten zu intensivieren sowie Rüstungsgüter verstärkt gemeinsam zu produzieren, einzuführen und zu verkaufen. 144 Neben der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit im Rahmen der Visegrád-Gruppe stellt die Litauisch-Polnisch-Ukrainische Brigade 145 ein weiteres militärisches Kooperationsformat dar, an dessen Schaffung Polen maßgeblich beteiligt war. Diese am 25. Januar 2016 offiziell in Dienst gestellte multinationale Truppe kommt nur zu gemeinsamen Übungen zusammen. Künftig soll die Einheit, deren Hauptquartier im polnischen Lublin beheimatet ist, auch für Aufgaben im Rahmen der NATO, EU und VN genutzt werden. 146 Auf bilateraler Ebene ist mit Blick auf die Sicherheit und Stabilität im baltischen Raum die Zusammenarbeit mit Deutschland hervorzuheben. 147 Aber die polnische Regierung schaut im Zusammenhang mit der kritischen Sicherheitslage im Ostseeraum auch nach Großbritannien und erhofft sich vom Vereinigten Königreich ein stärkeres Engagement in der Region. 148 2.7.3. Streitkräfte Das bereits erwähnte „Concept of Defence of the Republic of Poland“ erläutert vor dem Hintergrund der russischen Aggressionspolitik und der Modernisierung und Aufrüstung der russischen Streitkräfte im Westen Russlands die für die polnischen Streitkräfte technologisch und strukturell erforderlichen Veränderungen. 143 Long-term Vision of the Visegrád Countries on Deepening Their Defence Cooperation. Erklärung der Visegrád- Group vom 14. März 2014. Abrufbar unter: http://www.visegradgroup.eu/calendar/2014-03-14-ltv (letzter Zugriff: 31. Juli 2017). 144 Vgl. hierzu auch: The Concept of Defence of the Republic of Poland, a.a.O., S. 43. 145 Vgl. Ziff. 2.6.2. 146 Vgl. Bil, a.a.O., S. 333. 147 Siehe hierzu Ziffer 2.1.2. 148 „We look forward to increasing involvement by Great Britain in the region.“ Vgl. The Concept of Defence of the Republic of Poland, a.a.O., S. 43. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 34 Im Einzelnen sollen bis 2032 u.a. 149 für die Landkriegführung eine (neue) vierte Division operativer Kräfte aufgestellt, die Spezialkräfte und die neu aufgestellten „Territorial Defence Forces“ (53.000 Soldaten und Soldatinnen in 17 leichten Infanteriebrigaden) gestärkt und letztere zur Neutralisierung feindlicher Aktivitäten unterhalb der Schwelle eines bewaffneten Konflikts befähigt, neue Luftverteidigungs- und Raketenabwehrsysteme eingeführt, die Marine mit drei Kriegsschiffen zur Küstenverteidigung, zwei modernen Minenabwehreinheiten und mit U-Booten ausgestattet, 150 die Zahl der Kampfflugzeuge der 5. Generation erhöht und 14 Mehrzweckhubschrauber beschafft , die Streitkräfte mit weitreichenden Präzisionswaffen ausgestattet sowie unbemannte Systeme mit der Befähigung zum Kampf (1.000 St.) und zur Aufklärung (200 St.) eingeführt werden. Zur Finanzierung dieses ein Gesamtvolumen von 14,5 Mrd. US-Dollar 151 umfassenden Programms , das bis zum Jahr 2032 umgesetzt werden soll, soll der polnische Verteidigungshaushalt kontinuierlich anwachsen. Während Polen im Jahr 2018 noch zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung aufzuwenden plant, soll dieser Wert 2019 bereits 2,1 Prozent, im Zeitraum 2020–2023 2,2 Prozent, in den Jahren 2024 und 2025 2,3 Prozent, im Zeitraum 2026– 2029 2,4 Prozent und ab 2030 2,5 Prozent betragen. 152 Insgesamt soll der polnische Verteidigungshaushalt in der kommenden Dekade um 27,6 Mrd. Euro anwachsen. 153 Mit den dem Verteidigungshaushalt in den kommenden Jahren zusätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln sollen über das sogenannte „Regional Security Assistance Programme“ Nachbarstaaten zur Modernisierung ihrer Streitkräfte Kredite zur Verfügung gestellt werden. Mit diesem 149 Vgl. hierzu u.a. Adamowski, Jaroslaw (2016): Polish Defence Ministry Unveils $14.5 B Modernization Program. DefenseNews vom 5. Dezember 2016. Abrufbar unter: https://www.defensenews.com/congress/budget/2016/ 12/05/polish-defence-ministry-unveils-14-5b-modernization-program/ (letzter Zugriff: 1. August 2017) sowie. Ders. (2017): Poland eyes procurements, military partnerships to boost ‚deterrence capabilities‘. DefenseNews vom 24. Mai 2017. Abrufbar unter: https://www.defensenews.com/global/europe/2017/05/24/poland-eyes-procurements -military-partnerships-to-boost-deterrence-capabilities/ (letzter Zugriff: 1. August 2017). 150 Polen plant zudem die Beschaffung von Cruise Missiles für seine neuen U-Boote, die bis 2023 angekauft werden sollen; zudem sollen auch norwegische Seeraketen angeschafft werden. Vgl. Csitkovits, Erich (2017): Die Krise in der Ukraine – Auswirkungen auf die europäische Sicherheitspolitik. In: Staack, Michael (Hrsg.): Der Ukraine-Konflikt, Russland und die europäische Sicherheitsordnung, Schriftenreihe des Wissenschaftlichen Forums für Internationale Sicherheit e.V. (WIFIS), Band 33, S. 16, Verlag Barbara Budrich, Opladen, Berlin & Toronto. 151 Vgl. Adamowski (2016), a.a.O. 152 Poland to increase defence spending. Radio Poland vom 25. April 2017. Abrufbar unter: http://www.thenews.pl/ 1/9/Artykul/304138,Poland-to-increase-defence-spending (letzter Zugriff: 1. August 2017). 153 Ebd. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 35 Programm, das sowohl den Staaten der Visegrád-Gruppe als auch Bulgarien, Rumänien und den baltischen Staaten offensteht, beabsichtigt Polen auch seine eigene Rüstungsindustrie zu stärken.154 Neben den Reaktionen der offiziellen polnischen Streitkräfte auf das veränderte sicherheitspolitische Umfeld verzeichnen in Polen auch sogenannte Bürgermilizen und paramilitärische Verbände , die befürchten, „das nächste Opfer einer russischen Aggression zu werden“ 155, regen Zulauf . „Laut Schätzungen sollen über eine halbe Million Vaterlandsschützer in mehr als 100 Verbänden und Gruppen für den Ernstfall trainieren, darunter auch viele Frauen.“ 156 Feindbild dieser Milizen seien, so Dieter Bednarz in Der Spiegel, jene Soldaten, die von russischer Seite ohne Hoheitsabzeichen von russischer Seite auf die Krim eingedrungen waren (sogenannte „Grüne Männer“). 2.8. Schweden 2.8.1. Bedrohungsperzeption In den zur künftigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Schwedens geführten Debatten spielt Russlands Aggressionspolitik einen entscheidenden Faktor. Im Frühjahr 2013 flogen russische Flugzeuge bspw. Übungsangriffe auf das Land; ähnliche russische Aktionen und Störmanöver folgten, so u.a. eine gegen den schwedischen Verteidigungsminister Peter Hultquist gerichtete Desinformationskampagne zu angeblichen schwedischen Waffenlieferungen in die Ukraine 157. Laut der am 5. Januar 2017 veröffentlichten Studie „Russia’s strategy for influence through public diplomacy and active measures: the Swedish case“ 158 versucht Russland seit 2014, in Schweden vor allem in zwei Bereichen die Entscheidungsprozesse im eigenen Interesse zu lenken: bei der Zusammenarbeit Schwedens mit der NATO und der schwedischen Unterstützung für die Ukraine. Dieses Vorgehen Russlands mit vergleichbaren Mustern im gesamten Ostseeraum wird nach Informationen aus dem schwedischen Reichstag mit großer Besorgnis betrachtet. 154 International Institute for Strategic Studies (Hg.) (2017): The Military Balance 2017 – The Annual Assessment of Global Military Capabilities and Defence Economics. Taylor & Francis Ltd, 2017, S. 144. 155 Bednarz, Dieter (2015): Milizen gegen grüne Männchen. DER SPIEGEL 13/2015 vom 21. März 2015, S. 88. Abrufbar unter: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-132696536.html (letzter Zugriff: 28. Juli 2017). 156 Csitkovits, a.a.O., S. 16. 157 von Salzen, Claudia (2017): Studie zu Einflussnahme Russlands in Schweden – Drohungen und gefälschte Briefe. In: Der Tagesspiegel vom 10. Januar 2017. Abrufbar unter: http://www.tagesspiegel.de/politik/studie-zu-einflussnahme -russlands-in-schweden-drohungen-und-gefaelschte-briefe/19234948.html (letzter Zugriff: 17. Juli 2017). 158 Kragh, Martin; Åsberg, Sebastian (2017): Russia’s strategy for influence through public diplomacy and active measures: the Swedish case. Hrsg.: Journal of Strategic Studies. Abrufbar unter: http://www.tandfonline.com/ doi/abs/10.1080/01402390.2016.1273830?needAccess=true#aHR0cDovL3d3dy50YW5kZm9ubGluZS5jb20vZG 9pL3BkZi8xMC4xMDgwLzAxNDAyMzkwLjIwMTYuMTI3MzgzMD9uZWVkQWNjZXNzPXRydWVAQEAw (letzter Zugriff: 17. Juli 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 36 Als Reaktion auf diese Entwicklungen, die nach Auffassung des schwedischen Reichstags nicht nur Schwedens Sicherheit, sondern auch die Meinungsfreiheit, die Unabhängigkeit der Medien und die Cyber-Sicherheit betreffen und deren Risiken nur im engen Zusammenwirken mit der Zivilgesellschaft minimiert werden können, kündigte die schwedische Regierung im April 2016 an, die Anstrengungen in den genannten Bereichen zu erhöhen. Darüber hinaus stellte sie zusätzliche Gelder in Höhe von 10 Mio. Schwedischen Kronen (SEK) für die Zusammenarbeit im Ostseeraum bereit. 2.8.2. Multi- und bilaterale Kooperation Aus verteidigungspolitischer Perspektive hat die veränderte Sicherheitslage in der Ostseeregion die schwedische Regierung veranlasst, ihre internationale Zusammenarbeit zu verstärken. Auch die, wie es der Politikwissenschaftler Ulf Bjereld formuliert, tief verwurzelte Unabhängigkeit von militärischen Bündnissen 159 schließt eine Beteiligung Schwedens an internationalen Formaten verteidigungspolitischer Kooperation nicht aus. Angesichts fortwährender russischer Aggressionen unterstrich Schwedens Außenministerin Margot Wallström am 24. Februar 2016 während ihrer Erklärung zur Regierungspolitik in der Debatte des schwedischen Parlaments zur Außenpolitik die Bedeutung internationaler Solidarität und Zusammenarbeit im sicherheits- und verteidigungspolitischen Kontext: „Sweden’s foreign and security policy builds on cohesion in the EU, and on increased cooperation on a broad front: in the Nordic region and the Baltic Sea region, together with Finland; in the UN and the OSCE; with NATO; and via a strengthened transatlantic link. […]. Sweden will not remain passive if another EU Member State or Nordic country suffers a disaster or an attack. We expect these countries to act in the same way if Sweden is affected.“ 160, 161 159 Vgl. Häussler, Randi (2014): Finnland, Schweden und die NATO – Keine Mitgliedschaft, aber Partnerschaft. Deutschlandfunk vom 4. September 2014. Abrufbar unter: http://www.deutschlandfunk.de/finnland-schwedenund -die-nato-keine-mitgliedschaft-aber.795.de.html?dram:article_id=296525 (letzter Zugriff: 16. Juli 2017). 160 Mrs Margot Wallström, Minister for Foreign Affairs (2016): Statement of Government Policy in the Parliamentary Debate on Foreign Affairs, 24. Februar 2016. Abrufbar unter: http://www.government.se/4927e4/contentassets /6d43e67099e24441967be7c38b8888cc/statement-of-government-policy-in-the-parliamentary-debate-on-foreignaffairs -2016 (letzter Zugriff: 18. Juli 2017). 161 Der zweite Absatz zitiert die sogenannte „unilaterale Solidaritätserklärung“ aus dem Regierungsvorschlag 2008/ 2009, die keine gegenseitige Beistandspflicht beinhaltet. Vgl. Ett användbart försvar, Regeringens proposition 2008/09. Regierungsvorschlag 2008/09 der schwedischen Regierung vom 19. März 2009, vom Parlament am 16. Juni 2009 angenommen. Vertreter aller sieben Parteien erklärten später, dass sie die Erklärung unterstützen. Siehe auch Sten Tolgfors: A functional defence – with a substantially strengthened defence capability, Presseerklärung des Verteidigungsministers, 19. März 2009. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 37 Die EU stellt nach schwedischer Auffassung – und dies unterstreicht Schweden durch seine Teilnahme an allen Friedenssicherungsmissonen der EU und durch die Gestellung des größten Personalanteils an der zuletzt 2015 aktiven Nordic Battlegroup der EU – nicht zuletzt wegen ihrer multidimensionalen Kapazitäten gegenwärtig neben den VN die wichtigste außen- und sicherheitspolitische Organisation dar. Daher unterstützt Schweden die Umsetzung der „EU Global Strategy for Foreign and Security Policy“ und die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Insbesondere setzt es sich zudem für ein Fortschreiten in der so genannten „Dauerhaften Strukturierten Zusammenarbeit“ (PESCO) ein. Inzwischen befürwortet Schweden auch den Aufbau der sogenannten „Military Planning and Conduct Capability“ (MPCC) als Planungsinstrument und zum Führen sogenannter nicht-exekutiver militärischer Einsätze, nachdem die Idee eines militärischen EU-Hauptquartiers in Stockholm zunächst lange Zeit auf Ablehnung gestoßen war. 162 Bei der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit mit der EU gilt Schwedens Interesse insbesondere der Frage, „was die EU in ihrer angespannten Nachbarschaft erreichen kann.“ 163 Trotz der Auffassung, dass die EU grundsätzlich eine bedeutende Rolle für Frieden und Sicherheit spiele, dass eine einheitliche europäische Antwort auf krisenhafte Entwicklungen unerlässlich sei und dass die Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik aktuell signifikante Fortschritte mache, vertritt die schwedische Regierung, so im Mai 2016 der schwedische Verteidigungsminister Peter Hultquist, die Ansicht, dass Schweden die NATO brauche, um größeren Bedrohungen begegnen zu können. Dies träfe „insbesondere auf den Ostseeraum zu, in welchem die Barrierewirkung der amerikanischen Präsenz von kritischer Bedeutung“ 164 sei. Das PfP-Programm sowie der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat (EAPC) stellen die Fundamente der schwedischen Zusammenarbeit mit der NATO dar. Darüber hinaus beteiligt sich Schweden an zwei Partnerschaftsformaten, die während des NATO-Gipfels 2014 in Wales etabliert worden sind, die „Partnership Interoperability Initiative“ und das „Enhanced Opportunity Programme“. Seit Juli 2015 stellen die schwedischen Streitkräfte auch Personal für das NATO Cooperative Cyber Defence Centre of Excellence in Tallinn, um damit zur Erhöhung der Cyber Sicherheit insbesondere auch im Ostseeraum beizutragen. Darüber hinaus hat sich Schweden – wie Finnland – an NATO-geführten Militäreinsätzen beteiligt, etwa auf dem Balkan, in Afghanistan sowie im Kosovo , und hat im Jahr 2016 das zunächst stark kritisierte, dann aber im schwedischen Reichstag mit großer Mehrheit angenommene Host Nation Support Agreement ratifiziert, das NATO-Truppen militärische Übungen und Krisenreaktionsoperationen auf seinem Territorium ermöglicht. 162 Herolf, Gunilla (2017): Schweden. In: Bartels, Hans-Peter; Kellner, Anna Maria; Optenhögel, Uwe (Hg.) (2017): Strategische Autonomie und die Verteidigung Europas – Auf dem Weg zur Europäischen Armee? Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH, Bonn, Teil B: Länderstudien, S. 370. 163 Ebd., S. 367. 164 Die Bedeutung der Zusammenarbeit Schwedens mit den USA wurde auch an einer gemeinsamen Absichtserklärung deutlich, die beide Staaten am 8. Juni 2016 unterzeichneten „mit dem Ziel , zusammen Verteidigungsfähigkeiten weiterzuentwickeln sowie Interoperabilität und die Fähigkeit zum gemeinsamen Einsatz zu verbessern.“ Ebd., S. 377. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 38 Diese Aktivitäten zeugen von einer intensiven Zusammenarbeit mit der NATO. Dennoch strengt die gegenwärtige Regierung in Stockholm einen NATO-Beitritt weiterhin nicht an und will stattdessen Schwedens Neutralität aufrechterhalten. Um den NATO-Beitritt hatte es im Zusammenhang mit Russlands aggressiver Politik gegenüber dem eigenen Land und anderen Staaten im Ostseeraum eine intensive sicherheitspolitische Debatte gegeben: Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2015 sprachen sich damals mehr Schweden für als gegen einen NATO-Beitritt aus; ebenso befürworten die bis September 2014 an der Regierung beteiligten Parteien zur Zeit eine Aufnahme in die Allianz. 165 Mit ihrem Ziel, „to strengthen the participating nations‘ national defence, to explore common synergies and facilitate efficient common solutions“ 166, spielt aus schwedischer Sicht ferner die NORDEFCO eine wichtige Rolle für die Sicherheit im baltischen Raum. Die Zusammenarbeit beschränkt sich hierbei nicht nur auf die Kooperation bei Entwicklung und Beschaffung von Wehrmaterial . 167 Vielmehr können beispielsweise multinationale Einheiten der nordischen Länder auch an von internationalen Organisationen geführten Militäreinsätzen teilnehmen. Dennoch herrscht Einigkeit bei den Teilnehmerstaaten über den Vorrang ihrer jeweiligen Mitgliedschaft in der NATO und/oder EU. 168 Mit dem ebenfalls bündnisfreien Finnland pflegt Schweden eine spezielle und langwährende Beziehung (vgl. Ziff. 2.4.2.). Im Herbst 2013 gaben die beiden Länder bekannt, ihre Kooperation noch vertiefen zu wollen. Ein im Mai 2014 vorgestellter Aktionsplan sah eine verstärkte Zusammenarbeit bei Ausbildung und Übungen, in der Luft- und Seeraumüberwachung sowie eine mögliche gemeinsame Nutzung grundlegender Infrastruktur vor. Der im Januar 2015 vorgeschlagene gemeinsame Marineverband befindet sich inzwischen im Aufbau. Er ist zur Nutzung in Zeiten von Konflikt und Krise vorgesehen und soll insbesondere die Fähigkeiten zur Bekämpfung von U-Booten im Ostseeraum erweitern. 169 Vor dem Hintergrund, dass Sicherheit heute nicht mehr teilbar ist, unterhält Schweden enge Beziehungen zu den drei baltischen Staaten. Mit dem Host Nation Support Agreement, das der NATO den für die Verteidigung der baltischen Staaten notwendigen Zugang zu den schwedischen Schären gewährt, hat es deutlich seine Solidarität mit diesen Staaten unterstrichen. 165 Ebd., S. 372. 166 Memorandum of Understanding on Nordic Defence Cooperation, S. 3, Abschnitt 1, Ziff. 1. Abrufbar unter: http://www.nordefco.org/files/Design/ARMA/NORDEFCO%20MoU.pdf (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 167 Das hierzu zwischen Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden ausgehandelte Agreement concerning Cooperation in the Defence Materiel Area trat am 30. März 2017 in Kraft. Vgl. Nordic Defence Materiel Agreement enters into force. Pressemitteilung des finnischen Verteidigungsministeriums vom 30. März 2017. Abrufbar unter: https://www.defmin.fi/en/topical/press_releases/nordic_defence_materiel _agreement_enters_into_force.8327.news (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 168 Herolf (2017), a.a.O., S. 376 f. 169 Ebd.,S. 377. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 39 2.8.3. Streitkräfte Aufbauend auf die Ergebnisse und Empfehlungen der von der schwedischen Verteidigungskommission 170 erarbeiteten Analysen „Choices in a globalised world“ (2013) und „The Defence of Sweden – a stronger defence for an uncertain time“ (2014) 171 hat die schwedische Regierung am 23. April 2015 dem Reichstag den Gesetzentwurf „The Swedish Defence Bill 2016-2020“ vorgelegt . Diese Gesetzesinitiative zur Verbesserung der Kriegsführungsfähigkeiten der Streitkräfte und zur Sicherstellung der Gesamtverteidigung, die zuvor bereits eine breite Zustimmung in der Verteidigungskommission gefunden hatte, wurde am 1. Juni 2015 vom Parlament verabschiedet und als „Sweden’s Defence Policy 2016 to 2020“ 172 veröffentlicht. Als Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage sollen nun laut diesem sicherheitspolitischen Grundsatzdokument die schwedischen Verteidigungsausgaben für den betreffenden Zeitraum 2016 bis 2020“ schrittweise deutlich erhöht 173 und den schwedischen Streitkräften insgesamt etwa 10,2 Mrd. SEK (etwa 1,2 Mrd. US-Dollar) zusätzlich zur Verfügung gestellt werden 174, u.a. für 175 170 Die schwedische Verteidigungskommission ist ein Gremium für Beratungen zwischen der Regierung und Vertretern der im Reichstag vertretenen Parteien. Die Aufgabe dieses Forums ist es, einen möglichst breiten Konsens über die Formulierung der schwedischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu erzielen. Auf der Grundlage dieser Konsultationen formuliert die Regierung ihre Vorschläge an den Reichstag. Neben den Vertretern der Regierung und den Parteien im Reichstag umfasst die Kommission Berater und Sachverständige u.a. des Verteidigungs-, des Außen- und des Finanzministeriums sowie der Streitkräfte. Vgl. Defence Commission Presents Its Defence Policy Report., veröffentlicht vom schwedischen Verteidigungsministerium am 15. Mai 2014. Abrufbar unter: http://www.defense-aerospace.com/article-view/release/153951/ swedish-mps-call-for-10-defense-budget-hike,-more-gripens.html (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 171 Die beiden Analysen sind nach Auskunft des schwedischen Reichstags nicht in deutscher oder englischer Sprache verfügbar. Vgl. Defence Commission Presents Its Defence Policy Report, veröffentlicht vom schwedischen Verteidigungsministerium am 15. Mai 2014. Abrufbar unter: http://www.defense-aerospace.com/article-view/release/153951/ swedish-mps-call-for-10-defense-budget-hike,-more-gripens.html (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 172 Sweden’s Defence Policy 2016 to 2020. Hg.: Government Offices of Sweden. Abrufbar unter: http://www.government .se/49c007/globalassets/government/dokument/forsvarsdepartementet/sweden_defence_policy_2016_to_2020 (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 173 Der schwedische Verteidigungsetat betrug laut Stockholm International Peace Research Institute im Jahr 2015 nur etwa 1,1 Prozent des BIP. Die Neubewertung des sicherheitspolitischen Umfeldes führte zu einem schrittweisen Anwachsen des Verteidigungshaushalts So stiegen laut International Institute for Strategic Studies die Verteidigungsausgaben von 2015 bis 2016 bereits um 1,8 Prozent. Vgl. Stockholm International Peace Research Institute (Hg.) (2017): SIPRI Military Expenditure Database. Abrufbar unter: https://www.sipri.org/databases/milex (letzter Zugriff: 19. Juli 2017) sowie International Institute for Strategic Studies (Hg.) (2017), a.a.O., S. 73. 174 Sweden’s Defence Policy 2016 to 2020, a.a.O., S. 3 f. 175 Ebd., S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 40 Ausbildung und Übungen 176; Investitionen u.a. in die persönliche Ausstattung der Soldaten und Soldatinnen, in die IT- und Kommunikationsausstattung, in Radarsysteme und Transportfahrzeuge sowie in die Logistik der Streitkräfte; ein zusätzliches Motorisiertes Infanteriebataillon; die erneute dauerhafte Stationierung von Heereskräften auf Gotland, nachdem die schwedische Regierung erst vor zwölf Jahren die im Zentrum der Ostsee an strategisch bedeutender Position gelegene Insel entmilitarisiert hatte; 177 die Modernisierung von Kampf- und Schützenpanzern sowie die Beschaffung selbstfahrender Granatwerfer für die mechanisierten Bataillone; die Beschaffung zusätzlicher Brückenleger und neuer Panzerabwehrwaffen; die Aufstellung von vier neuen Mörser-Züge der schwedischen Home Guard; die Modernisierung und Ausbau von zwei Korvetten der „Gävle“-Klasse zu Fregatten; den Ausbau der Luftverteidigungsfähigkeiten, einschließlich weiterer Investitionen sowohl in die Ausstattung des Mehrzweckkampfflugzeugs „SAAB JAS 39 Gripen“ mit der Luft-Luft-Rakete „Meteor“ als auch in neue Boden-Luft-Raketen kurzer und mittlerer Reichweite; einen weiteren Ausbau der Fähigkeiten zur U-Boot-Bekämpfung; Investitionen in die Personalgewinnung und -bindung; die Erneuerung der Zivilverteidigung; sowie für die Fähigkeit zur aktiven Durchführung von Cyber-Operationen. Mit „Sweden’s Defence Policy 2016 to 2020“ wurde darüber hinaus die Grundlage dafür geschaffen , dass die Streitkräfte auch ehemalige Wehrdienstleistende zu Übungszwecken wieder einberufen können: Nachdem erkannt wurde, dass mit dem 2010 eingeführten Freiwilligensystem nicht genügend Personal für die Streitkräfte gewonnen werden konnte, hat Schweden vor dem Hintergrund des sich verschlechternden Sicherheitsumfelds die inaktive Gesetzgebung zur Wehrpflicht wieder reaktiviert: Am 1. Juli 2017 hat in Schweden die Registrierung des Geburtsjahrgangs 1999 für die Wehrpflicht begonnen, ab 1. Januar 2018 sollen wieder Wehrpflichtige zum Dienst in den Streitkräften eingezogen werden. 178 176 So richtet Schweden gegenwärtig (11.–29. September 2017) das nationale Manöver „Aurora 2017“ aus. Mit etwa 20.000 Soldaten und Soldatinnen ist diese Übung, an der auch Einheiten aus den USA und anderen europäischen Ländern teilnehmen, das größte schwedische Manöver seit über 20 Jahren. Vgl. Aurora 17 – Stronger Defence Together. Hrsg.: Swedish Armed Forces. Abrufbar unter: http://www.forsvarsmakten .se/en/activities/exercises/aurora-17/ (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). 177 Vgl. Heidbüchel, Liv (2015): Hintergrund: Konfrontation mit Russland – Gotland als „Flugzeugträger". Beitrag bei Radio Schweden, 16. Juli 2015. Abrufbar unter: http://sverigesradio.se/sida/artikel.aspx?programid=2108&artikel =6213266 (letzter Zugriff: 18. Juli 2017). 178 Vgl. Oltermann, Philip (2017): Sweden to reintroduce conscription amid rising Baltic tensions. The Guardian vom 2. März 2017. Abrufbar unter: https://www.theguardian.com/world/2017/mar/02/sweden-reintroduce-conscriptionamid -rising-baltic-tensions (letzter Zugriff: 19. Juli 2017). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 41 Zusammenfassend gilt es festzuhalten, dass sich Schweden – wie die oben aufgeführten materiellen , organisatorischen und personellen Maßnahmen zur Anpassung seiner Streitkräfte an die neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen verdeutlichen –verstärkt auf die Entwicklung und den Erhalt von militärischen und zivilen Fähigkeiten zur Landes- und Zivilverteidigung rückbesinnt. 3. Resümee Die Annexion der Krim durch die Russische Föderation und die russische Rolle im Konflikt in der Ost-Ukraine haben in allen Ostsee-Anrainerstaaten zu einem Umdenken in der Sicherheitsund Verteidigungspolitik geführt. Um die zur Territorialverteidigung erforderlichen militärischen Fähigkeiten, die in den ersten beiden Dekaden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aufgegeben worden waren, wiederzuerlangen, werden gegenwärtig in allen an der Ostsee gelegenen westlichen Staaten die Verteidigungsausgaben erhöht und die Verteidigungskooperation ausgebaut . Nahezu alle Ostsee-Anrainerstaaten sehen mit Blick auf die veränderte Sicherheitslage in Ost-europa ihren primären Sicherheitsgaranten in der NATO und fokussieren daher auf eine noch stärkere Zusammenarbeit im Bündnisrahmen. Die Bundesrepublik Deutschland sieht jedoch auch Chancen, in einem bi- und multilateralen verteidigungs- und militärpolitischen Beziehungsgeflecht der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der GSVP, Sicherheit und Stabilität in Osteuropa zu erhöhen. Sie fördert daher diese Idee, ohne dabei ein kohärentes Zusammenwirken beider Sicherheitsarchitekturen aus dem Auge zu verlieren. Eine besondere Verantwortung für die künftige Sicherheit Europas messen Finnland und Schweden als Nicht-NATO-Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei; denn sie sehen – trotz diesbezüglicher Erwägungen – in einer NATO-Mitgliedschaft bzw. in einer zu engen Zusammenarbeit im Bündnisrahmen die Gefahr, Russland zu irritieren oder gar zu provozieren. Als regionale Alternativen zu den großen Sicherheitsarchitekturen NATO und EU unternehmen alle Ostsee-Anrainerstaaten zusätzlich auch multi- und bilaterale Anstrengungen, um auf regionaler Ebene ihre Verteidigungsfähigkeit zu verbessern. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Nordic Defence Cooperation (NORDEFCO), die schwedisch-finnische Verteidigungskooperation sowie die Zusammenarbeit der baltischen Staaten. Diese drei sich von Russland besonders bedroht fühlenden Staaten mit ihren – in absoluten Zahlen – relativ kleinen Verteidigungshaushalten sind in besonderem Maße auf die militärische Unterstützung und Solidarität befreundeter Nationen angewiesen; militärische Defizite gleichen sie durch ihre Bereitschaft aus, NATO-Truppen im Rahmen der „enhanced Forward Presence“ der NATO aufzunehmen, militärische Übungen auf ihrem Territorium auszurichten sowie Nischenfähigkeiten der Allianz (bspw. Estland im Bereich der Abwehr von Cyberangriffen) zu besetzen. *** Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 064/17 Seite 42 4. Literaturverzeichnis Adamowski, Jaroslaw (2016): Polish Defence Ministry Unveils $14.5 B Modernization Program. DefenseNews vom 5. Dezember 2016. Abrufbar unter: https://www.defensenews.com/congress /budget/2016/12/05/polish-defence-ministry-unveils-14-5b-modernization-program/ (letzter Zugriff: 1. August 2017). 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