Zu den Bestimmungen des Versailler Vertrages und der Schlussakte des Wiener Kongresses hinsichtlich der Wasserstraße Elbe - Ausarbeitung - © 2007 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000-064/07 Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Verfasserin: Zu den Bestimmungen des Versailler Vertrages und der Schlussakte des Wiener Kongresses hinsichtlich der Wasserstraße Elbe Ausarbeitung WD 2 – 3000-064/07 Abschluss der Arbeit: 21. August 2007 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste sind dazu bestimmt, Mitglieder des Deutschen Bundestages bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. Inhalt 1. Einleitung 3 2. Der Versailler Vertrag und die Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 4 2.1. Die Bestimmungen des Versailler Vertrages zur Wasserstraße Elbe 4 2.1.1. Allgemeine Bestimmungen für Wasserstraßen 4 2.1.2. Bestimmungen für einzelne Wasserstraßen 5 2.2. Die Bestimmungen der Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 6 2.3. Gültigkeit der Bestimmungen 8 3. Die Schlussakte des Wiener Kongresses und die darauf beruhenden Akten 10 3.1.1. Die Grundsätze der Wiener Kongressakte 10 3.1.2. Die Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1821 und die Additionalakte aus dem Jahre 1844 11 3.2. Gültigkeit der Bestimmungen 13 4. Fazit 14 - 3 - 1. Einleitung Die Elbe entspringt auf tschechischem Staatsgebiet im südlichen Riesengebirge, fließt durch die Tschechische Republik und weiter durch die deutschen Bundesländer Sachsen , Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Hamburg. Mit einer Länge von 1.094 km ist sie einer der Hauptströme Mitteleuropas. Sie ist nach dem Rhein der längste und verkehrsreichste Fluss Deutschlands und hat eine jahrhundertealte Schifffahrtstradition.1 Im Jahre 2006 unterzeichneten das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland und das Ministerium für Verkehr der Tschechischen Republik eine „Gemeinsame Absichtserklärung über die Zusammenarbeit und die verkehrlichen Ziele und Maßnahmen für die Elbe-Wasserstraße bis zu Staustufe Geesthacht bei Hamburg“, der jedoch nach ihrem Abschnitt VI keine völkerrechtliche Bindungswirkung zukommt.2 In dieser Absichtserklärung stellen beide Seiten fest, dass „… die Entwicklung, Modernisierung und Unterhaltung der Wasserstraßeninfrastruktur in Übereinstimmung mit den jeweiligen nationalen Plänen erfolgen sollte mit dem Ziel der Entwicklung der Güterschifffahrt inkl. Containertransporte und der Personenschifffahrt“.3 Darüber hinaus hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in dieser Absichtserklärung erklärt: „In der Bundesrepublik Deutschland soll durch Unterhaltungsmaßnahmen an den Engstellen der Elbe für die Schifffahrt zwischen Geesthacht und Dresden eine durchgängige Fahrrinnentiefe von 1,60 m und zwischen Dresden und Schönau von 1,50 m unter dem GLW 89* … gewährleistet werden. Die ehemals durchgängig vorgesehene Fahrrinnenbreite von 50 m wird partiell bis auf 35 m … eingeschränkt. Dieses Unterhaltungsziel soll bis zum Jahr 2010 wieder erreicht und danach erhalten werden.“4 Die folgende Ausarbeitung stellt zunächst die Bestimmungen des Versailler Vertrages zur Wasserstraße Elbe einschließlich der darauf beruhenden Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 mit einem Schwerpunkt auf den Bestimmungen zum Unterhalt der Schifffahrtsstraße Elbe dar. Im Anschluss daran folgt eine Erörterung der Frage, ob diese 1 Vgl. IKSE, Einzugsgebiet der Elbe, abrufbar unter: http://www.ikse-mkol.org/index.php?id=132005 (Stand: 14.08.2007), Brockhaus Enzyklopädie Online, Elbe, abrufbar unter: http://www.brockhausenzyklopaedie .de/be21_article.php?document_id=0x03c72be3@be (Stand: 08.08.2007). 2 Abrufbar unter: http://www.bmvbs.de/-,1466.972990/Absichtserklaerung-des-BMVBS-u.htm (Stand: 16.08.2007). 3 Vgl. Abschnitt II Nr. 3. 4 Vgl. Abschnitt IV Nr. 3. - 4 - Bestimmungen heute noch gültig sind. Abschließend werden die Bestimmungen der Schlussakte des Wiener Kongresses zur Wasserstraße Elbe skizziert und im Hinblick auf ihre Gültigkeit untersucht. 2. Der Versailler Vertrag und die Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 2.1. Die Bestimmungen des Versailler Vertrages zur Wasserstraße Elbe Der Friedensvertrag von Versailles (Versailler Vertrag) vom 28. Juni 19195 enthält vor allem in Teil XII (Häfen, Wasserstraßen und Eisenbahnen) Bestimmungen zur Schifffahrt .6 Diese gliedern sich in allgemeine Bestimmungen7 sowie in Bestimmungen zu (u.a.) einzelnen Wasserstraßen. 2.1.1. Allgemeine Bestimmungen für Wasserstraßen Die allgemeinen Bestimmungen verpflichten Deutschland zur Gewährung freien Personen -, Güter-, Schiffs- und Bootsverkehrs von oder nach den Gebieten der alliierten und assoziierten Mächte auf seinen schiffbaren Wasserläufen oder Kanälen sowie zu diesem Zweck auch durch seine Hoheitsgewässer.8 Staatsangehörige dieser Mächte einschließlich ihrer Güter, Schiffe und Boote in den deutschen Häfen und auf den deutschen Binnenschifffahrtsstraßen sind ebenso zu behandeln wie - deutsche Reichsangehörige, Güter, Schiffe und Boote und - Angehörige der alliierten und assoziierten Mächte, denen Deutschland eine Vorzugsbehandlung gewährt hat.9 Ferner enthalten die allgemeinen Bestimmungen Zoll- und andere Regelungen über die Ein- und Ausfuhr sowie Durchfuhr und zu Freizonen in den Häfen.10 Die Alliierten und Assoziierten können die in den allgemeinen Bestimmungen enthaltenen Rechte nach Ablauf einer fünfjährigen Frist, welche durch den Rat des Völkerbundes verlängert werden kann, jedoch nur dann geltend machen, wenn sie diese Rechte ihrerseits Deutschland gewähren.11 5 Friedensvertrag von Versailles, RGBl. 1919, S. 687 ff., in Kraft getreten am 10. Januar 1920; dazu vgl. die Schlussformel des Versailler Vertrages sowie Huber, Band VII, S. 17. 6 Daneben enthalten die Art. 271 - 273 sowie Art. 280 des Teiles X (Wirtschaftliche Bestimmungen) Bestimmungen für die Behandlung von Schiffen und Booten der alliierten und assoziierten Mächte. 7 Vgl. Abschnitt I (Art. 321 – 326) und Abschnitt II, Kapitel 1 (Art. 327) und 2 (Art. 328 – 330). 8 Vgl. Art. 321. 9 Vgl. Art. 327. 10 Vgl. Art. 328, 329, 330. 11 Vgl. Art. 378. - 5 - 2.1.2. Bestimmungen für einzelne Wasserstraßen Die Bestimmungen des Versailler Vertrages zu den einzelnen Wasserstraßen erklären (u.a.) - die Elbe von der Mündung der Moldau und - jeden schiffbaren Teil des Flussgebietes der Elbe, der mehr als einem Staat den natürlichen Zugang zum Meer vermittelt, sowie - die Seitenkanäle und Fahrtrinnen der Elbe, die zur Verdoppelung oder Verbesserung der von Natur aus schiffbaren Abschnitte des genannten Flussgebietes oder zur Verbindung zweier von Natur aus schiffbarer Abschnitte des gleichen Wasserlaufes gebaut werden, für international.12 Darüber hinaus stellt der Versailler Vertrag Grundsätze für die Elbe und andere für international erklärte Wasserstraßen auf13: Diese enthalten (u.a.14) ein grundsätzliches Gleichbehandlungsgebot für „die Staatsangehörigen, das Gut und die Flagge aller Mächte“.15 Ferner stellen sie fest, dass mangels besonderer Vorschriften „für die Ausführung der Unterhalts- und Verbesserungsarbeiten auf dem internationalen Abschnitt eines schiffbaren Wasserstraßengebietes … jeder Uferstaat verpflichtet [ist], in angemessenem Umfang zur Beseitigung aller Schiffahrtshindernisse und –gefahren und zur Erhaltung guter Schiffahrtsverhältnisse die nötigen Vorkehrungen zu treffen“.16 Kommt ein Staat dieser Verpflichtung nicht nach, so kann jeder Uferstaat oder jeder in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuss vertretene Staat den Gerichtshof anrufen, den der Völkerbund zu diesem Zwecke eingesetzt hat.17 Das gleiche Recht steht einem Uferstaat auch dann zu, wenn ein anderer Uferstaat Arbeiten unternimmt, die geeignet sind, die Schifffahrt in dem internationalen Teil zu verhindern.18 Der Gerichtshof kann in einem solchen Falle die Aussetzung oder Beseitigung der Arbeiten anordnen. Bei 12 Vgl. Art. 331. 13 Vgl. Art. 338. Diese sollten nur bis zum Abschluss eines allgemeinen Übereinkommens über Wasserstraßen gelten, welches von den alliierten und assoziierten Mächten entworfen sowie vom Völkerbund genehmigt werden sollte; vgl. Art. 338. Deutschland wurde im Versailler Vertrag dazu verpflichtet , diesem Übereinkommen beizutreten; vgl. Art. 379. Das allgemeine Übereinkommen sollte als Grundlage für die Ausarbeitung eines Entwurfs zur Neufassung der geltenden internationalen Abmachungen und Bestimmungen hinsichtlich der Elbe dienen; vgl. Art. 343. Dieses Übereinkommen wurde zwar durch das Übereinkommen über die schiffbaren Wasserstraßen von internationalem Interesse im Jahre 1921 in Barcelona geschlossen, ist aber für Deutschland nicht verbindlich geworden ; dazu vgl. Böhme, S. 24 ff.; Lagoni, AVR 26 (1988), S. 261 ff., S. 360. 14 Weitere Grundsätze betreffen abgaben-, zoll- und gebührenrechtliche Fragen; vgl. Art. 343 i.V.m. Art. 333, 334 und 335. Abgaben sollen nach Art. 333 ausschließlich zur angemessenen Deckung der Kosten für die Schiffbarerhaltung oder Verbesserung des Flusses und seiner Zugänge oder zur Bestreitung von Ausgaben im Interesse der Schifffahrt dienen. 15 Vgl. Art. 332. 16 Vgl. Art. 336. 17 Ibid. 18 Vgl. Art. 337. - 6 - seinen Entscheidungen hat er den Landesinteressen Rechnung zu tragen. Landesinteressen gehen den Bedürfnissen der Schifffahrt nur unter der Voraussetzung vor, dass alle Uferstaaten oder alle in dem etwa bestehenden internationalen Ausschuss vertretenen Staaten damit einverstanden sind.19 Darüber hinaus stellte der Versailler Vertrag die Elbe unter die Verwaltung eines internationalen Ausschusses.20 Der internationale Ausschuss sollte einen Entwurf zur Neufassung der internationalen Abmachungen und Bestimmungen hinsichtlich der Elbe in Übereinstimmung mit den o.g. Grundsätzen des Versailler Vertrages21 ausarbeiten und dabei insbesondere den Umfang seiner Zuständigkeit hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten zur Instandhaltung, zum Ausbau und zur Verbesserung des Flussgebietes festlegen .22 Bis zur Ratifikation dieses Entwurfs sollten die internationalen Abmachungen und Vorschriften, die bis zum Abschluss des Versailler Vertrages für die Schifffahrt auf der Elbe galten, in Kraft bleiben, sofern sie nicht in Widerspruch zu den Bestimmungen des Versailler Vertrages standen.23 2.2. Die Bestimmungen der Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 In Durchführung der Art. 331 ff. des Versailler Vertrages unterzeichneten die Vertreter Belgiens, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und der Tschechoslowakei am 22. Februar 1922 die Elbschiffahrtsakte mit dem dazugehörigen Schlussprotokoll .24 Die Elbschiffahrtsakte regelt (u.a.) die Befugnisse und Organisation der Internationalen Elbekommission25, stellt eine Rechtsordnung für die Schifffahrt auf26 und enthält Bestimmungen über die Beilegung von Streitfällen27. 19 Vgl. Art. 337. 20 Vgl. Art. 340. 21 Sobald ein allgemeines Übereinkommen über Wasserstraßen geschlossen worden war (dazu s.o. Fn. 13), sollten dessen Grundsätze an die Stelle der Grundsätze des Versailler Vertrages treten; vgl. Art. 343. Dieses Übereinkommen trat jedoch erst nach der Unterzeichnung der Elbschiffahrtsakte in Kraft; vgl. Böhme, S. 26. 22 Vgl. Art. 340 und 343 f. 23 Auch hier wäre das zu schließende allgemeine Übereinkommen über Wasserstraßen an die Stelle des Versailler Vertrages getreten (dazu s.o. Fn. 13 und 21); vgl. Art. 345. 24 Die Elbschifffahrtsakte und das dazugehörige Schlussprotokoll, welche durch das „Gesetz, betreffend die Elbschifffahrtsakte“ vom Deutschen Reich umgesetzt wurden (vgl. RGBl. 1923 II S. 183), traten am 1. Oktober 1923 in Kraft; vgl. RGBl. 1923 II, S. 349. Am 27. Januar 1923 wurde darüber hinaus ein Zusatzabkommen zur Elbschiffahrtsakte beschlossen, welches am 1. April 1924 in Kraft trat (vgl. RGBl. 1924 II, S. 37). Dazu vgl. Böhme, S. 28. 25 Vgl. Kapitel 2. Dazu vgl. Böhme, S. 37 ff. 26 Vgl. Kapitel 3, welches die Freiheit der Schifffahrt und Gleichbehandlung, Abgaben und Gebühren, den Durchgangsverkehr, Zollförmlichkeiten, die Rechtsordnung der Häfen, den Öffentlichen Dienst und Vorbedingungen für die Ausübung der Schifffahrt regelt sowie Bestimmungen zu Polizeiverordnungen enthält. 27 Vgl. Art. 52. - 7 - Im Hinblick auf die Unterhaltung der Elbe verpflichtet Art. 39 der Elbschiffahrtsakte jeden Uferstaat grundsätzlich28, - „auf seine Kosten die Arbeiten auszuführen, die zur Unterhaltung der Fahrrinne … und der Anlagen dienen, … - den Betrieb dieser Anlagen sowie der Beleuchtung und die Fahrwasserbezeichnung sicherzustellen, … - die zur Beseitigung aller Hindernisse und Gefahren für die Schiffahrt erforderlichen Maßnahmen zu treffen, sowie - ganz allgemein günstige Bedingungen für diese Schiffahrt aufrecht zu erhalten“.29 Das Schlussprotokoll zu Art. 39 der Elbschiffahrtsakte stellt hierzu fest, dass der Stand der Schiffbarkeit der Elbe, der durch diese Arbeiten aufrechtzuerhalten ist, nicht ungünstiger sein darf als der Stand des Jahres 1914. Die Art der Ausführung dieser Arbeiten sowie die Verteilung der Ausgaben im Hinblick auf den Abschnitt der Elbe, der die Grenze zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei bildet, sind im gegenseitigen Einverständnis dieser beiden Staaten zu regeln.30 Kommt eine solche Einigung nicht zustande, steht die Entscheidung der Internationalen Elbekommission zu.31 Die Uferstaaten haben der Internationalen Elbekommission eine allgemeine Beschreibung aller – auch anderen als der Schifffahrt dienenden – Arbeiten zu liefern, die sie außer den in Art. 39 genannten32 Arbeiten auf der Elbe auszuführen oder zu genehmigen beabsichtigen .33 Soweit solche Arbeiten schädigende Folgen für die Schifffahrt haben würden, kann die Kommission ihre Ausführung untersagen.34 Für Verbesserungsarbeiten, deren Ausführung von überragender Bedeutung sein sollte, kann die Kommission auf Vorschlag eines Uferstaates ein Bauprogramm aufstellen, zu dessen Ausführung ein Uferstaat grundsätzlich verpflichtet ist, sofern er nicht unmittelbar zu den Kosten beitragen muss.35 Nach der Elbschiffahrtsakte bleiben ihre Vorschriften in Kriegszeiten in Geltung, „soweit dies mit den Rechten und Pflichten der Kriegführenden und Neutralen irgendwie 28 Ausnahmsweise können bei großen Verbesserungsarbeiten die Herstellungs- und ggf. vermehrte Unterhaltungs- oder Betriebskosten auf Beschluss der Kommission durch Abgaben gedeckt werden; vgl. Art. 42 sowie das dazu gehörige Schlussprotokoll. 29 Vgl. Art. 39 Abs. 1. Auch Arbeiten im Zusammenhang mit Stromverbesserungen, die ein Uferstaat in Erfüllung der ihm nach Art. 39 Abs. 1 obliegenden Unterhaltungspflicht erzielt, sind auf seine Kosten zu übernehmen; vgl. Art. 39 Abs. 2. 30 Vgl. Art. 40 S. 1. 31 Vgl. Art. 40 S. 2. 32 Dazu s.o. Fn. 29 und dazu gehöriger Text. 33 Vgl. Art. 41 Abs. 1. Dazu vgl. Böhme, S. 39 f. 34 Vgl. Art. 41 Abs. 2, nach dem die Kommission bei ihren Entschließungen allen Interessen des Uferstaates Rechnung zu tragen hat, der die Arbeiten auszuführen oder zu genehmigen beabsichtigt. Das weitere Verfahren ist in Art. 41 Abs. 3 festgelegt. 35 Vgl. Art. 43. - 8 - vereinbar ist“.36 Frühere Übereinkommen, die sich auf die Elbe beziehen, bleiben insoweit in Kraft, als ihre Bestimmungen den Vorschriften der Elbschiffahrtsakte nicht zuwiderlaufen .37 2.3. Gültigkeit der Bestimmungen Soweit ersichtlich, geht das völkerrechtliche Schrifttum ganz überwiegend davon aus, dass den Bestimmungen des Versailler Vertrages hinsichtlich der Wasserstraße Elbe und der Elbschiffahrtsakte keine Gültigkeit mehr zukommt.38 Auch das OLG Schleswig stellte im sog. Ari-Fall fest, dass dem Versailler Vertrag keine Geltung mehr zukomme .39 Als möglicher Grund für eine Beendigung des durch den Versailler Vertrag begründeten Elbschifffahrtsregimes kommt zunächst die Note der Deutschen Reichsregierung vom 14. November 1936 an die Regierungen 16 europäischer Staaten40 in Betracht. Darin erklärte die Deutsche Reichsregierung, dass sie „die im Versailler Vertrag enthaltenen Bestimmungen über die auf deutschem Gebiet befindlichen Wasserstraßen und die auf diesen Bestimmungen beruhenden Stromakten nicht mehr als für sich verbindlich“ anerkenne .41 Zwar stellt diese Erklärung nach allgemeiner Ansicht einen rechtswidrigen Vertragsbruch dar.42 Der weitaus größte Teil des Schrifttums scheint hieraus aber nicht zu folgern, dass die Erklärung auch rechtlich unwirksam gewesen wäre, sondern kommt zu dem Schluss, dass die Note mangels hinreichenden Protests durch die notifizierten Staaten trotz ihrer Rechtswidrigkeit gegenüber allen Signatarstaaten des Versailler Vertrages wirksam gewesen sei.43 Neuere Veröffentlichungen weisen allerdings darauf hin, dass von einer Beendigung des durch den Versailler Vertrag begründeten Flussschifffahrtregimes durch die deutsche Erklärung nur unter der Voraussetzung ausgegangen werden könne, dass die Reaktion 36 Vgl. Art. 49 Abs. 1. 37 Vgl. Art. 51. 38 Vgl. Rasched, S. 20 m.w.N. aus dem nationalen und internationalen Schrifttum; Hoog, 25 (1987), S. 202 ff., S. 220 f.; Lampe, S. 79 und 115; Schweitzer/Weber, Rn. 514 f. und 524; Bullinger, in: HANSA 1979, S. 1192 ff., S. 1193 f.; Krüger, S. 45; Jaenicke, S. 69. 39 OLG Schleswig, Beschluss vom 24.11.1954, JIR 7 (1957), 405 f. 40 Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Jugoslawien, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Schweiz, Tschechoslowakei, Schweden und Ungarn. 41 Dazu vgl. Lampe, S. 60 f.; Lagoni, S. 225 ff., S. 244 f. Die Note wurde im Reichsgesetzblatt (RGBl. 1936 II, S. 361) veröffentlicht, um das entgegenstehende transformierte Recht des Versailler Vertrages und der Übereinkommen über die Ströme innerstaatlich außer Kraft zu setzen; vgl. Lagoni, S. 225 ff., S. 245. 42 Vgl. Rasched, S. 20; Lagoni, S. 225 ff., S. 248; Böhmer, S. 325 ff., S. 335; Lampe, S. 64 ff.; Bullinger , in: HANSA 1979, S. 1192 ff., S. 1194. 43 Vgl. Rasched, S. 20 m.w.N. aus dem nationalen und internationalen Schrifttum; Böhmer, S. 325 ff., S. 335. - 9 - der anderen Staaten als Zustimmung zur Vertragsbeendigung gewertet werden kann.44 Ein Schweigen könne dabei nur dann als Zustimmung gewertet werden, wenn den Umständen nach mit einem Protest hätte gerechnet werden müssen (sog. qualifiziertes Stillschweigen ).45 Angesichts der Tatsache, dass durch die deutsche Erklärung wichtige Interessen der Signatarstaaten des Versailler Vertrages betroffen und diese hierüber förmlich informiert worden waren, seien die betroffenen Staaten jedoch zur ausdrücklichen Wahrung ihrer Rechte verpflichtet gewesen.46 Bei denjenigen Staaten, die keine Reaktion auf die Notifizierung zeigten, sowie denjenigen Staaten47, welche lediglich ihr Bedauern über das einseitige deutsche Vorgehen zum Ausdruck brachten, sei deshalb von einer stillschweigenden Zustimmung auszugehen mit der Folge, dass ihnen gegenüber das durch den Versailler Vertrag begründete Flussschifffahrtregime bereits vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erloschen sei.48 Gegenüber Frankreich und der Tschechoslowakei, welche gegen die Erklärung förmlich protestiert hatten, sowie gegenüber Großbritannien und Belgien, welche Rechtsverwahrung erklärt hatten, seien diese Bestimmungen dagegen zunächst wirksam geblieben.49 Selbst wenn man davon ausgeht, dass die deutsche Note das auf dem Versailler Vertrag beruhende Elbschiffahrtsregime nicht50, nicht gegenüber allen Signatarstaaten51 oder nur vorläufig52 außer Kraft setzte, spricht einiges dafür, dass diesen Bestimmungen heute keine Geltung mehr zukommt. Zwar dürfte die (völkerrechtswidrige) Annexion der Tschechoslowakei und die damit verbundene faktische Aufhebung des grenzüberschreitenden Laufs der Elbe keine rechtliche Bedeutung für das durch den Versailler Vertrag und die Elbschiffahrtsakte von 1922 geschaffene Elbschifffahrtsregime gehabt haben.53 Auch dürfte der Kriegsausbruch nur zur Suspendierung – und nicht zum Erlöschen – der Verträge geführt haben.54 Ein automatisches Wiederaufleben der Verträge lehnt das 44 Vgl. Böhmer, S. 325 ff., S. 335; Rasched, S. 20 f.; ähnlich auch Lagoni, S. 225 ff., S. 248; Bullinger, in: HANSA 1979, S. 1192 ff., S. 1194. 45 Vgl. Lampe, S. 70. 46 So Rasched, S. 21 ff.; Lagoni, S. 225 ff., S. 248; Lampe, S. 70 f. Zweifelnd allerdings Böhmer, S. 325 ff., S. 337. 47 Jugoslawien, Polen und Rumänien. 48 So Rasched, S. 21 ff. Zur parallelen Situation am Nord-Ostsee-Kanal vgl. Lagoni, S. 225 ff., S. 248 ff.; Lampe, S. 70 ff. 49 Vgl. Rasched, S. 21 ff. Siehe auch Lagoni, S. 225 ff., S. 249. A.A. Lampe, S. 70 ff.; Schweitzer /Weber, Rn. 211 unter Verweis auf OLG Schleswig, JIR 7 (1957), 405 f., die aus der mangelnden Wiederholung der Proteste oder fehlender praktischer Konsequenzen eine Zustimmung auch dieser Staaten herleiten. Ob die Proteste wiederholt werden mussten, um rechtlich wirksam zu sein, erscheint allerdings zweifelhaft; vgl. dazu Rasched, S. 23 und Böhmer, S. 325 ff., S. 336. 50 So Böhme, S. 87. 51 So Rasched, S. 23 f. 52 Vgl. Lampe, S. 81. 53 Dazu ausführlich Rasched, S. 24 ff. m.w.N. A.A. Bullinger, in: HANSA 1979, S. 1192 ff., S. 1194. 54 Dazu ausführlich Rasched, S. 27 ff.; Lampe, S. 81 ff. Siehe auch Böhmer, S. 325 ff., S. 339 zur parallelen Situation des Nord-Ostsee-Kanals. A.A. Böhme S. 94 ff., Krüger, S. 44, Bullinger, in: - 10 - Schrifttum jedoch, soweit es nicht ohnehin bereits davon ausgeht, dass die Verträge spätestens mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges vollständig erloschen waren, aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände ab.55 So weist Rasched darauf hin, dass nach dem Zweiten Weltkrieg mit Deutschland der größte Teil des Elbterritoriums unter der Verwaltung der Besatzungsmächte gestanden habe. Ein automatisches Wiederaufleben der Verträge könne deshalb aufgrund der maßgeblich veränderten politischen und rechtlichen Situation nicht angenommen werden. Eine ausdrückliche Belebung der Bestimmungen des Versailler Vertrages über die Flussschifffahrt und der darauf beruhenden Elbschiffahrtsakte sei jedoch nicht erfolgt.56 Darüber hinaus kommt schließlich ein Erlöschen des Versailler Vertrages aufgrund einer durch den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit hervorgerufenen grundlegenden Änderung der Umstände (clausula rebus sic stantibus)57 oder hierdurch hervorgerufenen Unmöglichkeit seiner Erfüllung in Betracht.58 3. Die Schlussakte des Wiener Kongresses und die darauf beruhenden Akten Die Schlussakte des Wiener Kongresses (Wiener Kongressakte, WKA)59 vom 9. Juni 1815 enthält in ihrem Kapitel VII (Art. 108-117) Bestimmungen, welche die Flussschifffahrt betreffen und Grundsätze für eine später zu schließende Übereinkunft der Anrainerstaaten festlegen.60 Nach heute allgemeiner Ansicht verpflichtete die Wiener Kongressakte die Vertragsparteien lediglich zum Abschluss der Übereinkunft unter Zugrundelegung dieser Grundsätze; die Grundsätze galten somit nicht unmittelbar.61 3.1.1. Die Grundsätze der Wiener Kongressakte Der Anwendungsbereich dieser Grundsätze erstreckt sich nach der Wiener Kongressakte auf den gesamten Lauf eines Flusses, der - mehrere Staaten durchfließt oder trennt und - schiffbar ist, HANSA 1979, S. 1192 ff., S. 1193 f., nach denen das Elberegime durch den Kriegsausbruch gänzlich aufgehoben wurde. 55 Dazu ausführlich Lampe, S. 97 ff. 56 Vgl. Rasched, S. 30 f. 57 So Lampe, S. 102 ff. A.A. Böhmer, S. 325 ff., S. 339. 58 So Lampe, S. 112 ff. 59 Acte final du Congrès de Vienne du 9 juin 1815, Text der französischen Fassung abrufbar unter: http://www.histoire-empire.org/articles/congres_de_vienne/acte_du_congres_de_vienne_02.htm (Stand: 15. August 2007). 60 Vgl. Art. 108 und 116 WKA. Ausführlich zur Entwicklung vgl. Böhme, S. 3 ff. 61 Vgl. Rasched, S. 11 Fn. 34; Böhme, S. 5. - 11 - einschließlich – soweit nicht besondere Umstände entgegenstehen – seiner Nebenflüsse und Abzweigungen, soweit diese - mehrere Staaten durchfließen oder trennen und - schiffbar sind.62 Nach der Wiener Kongressakte soll die Schifffahrt von der Stelle, ab der ein Fluss schiffbar ist, bis zu seiner Mündung vollkommen frei sein und mit Hinsicht auf den Handel nicht eingeschränkt werden können.63 Jeder Anrainerstaat ist für die Unterhaltung der Leinpfade auf seinem Staatsgebiet und die notwendigen Arbeiten im seinem Staatsgebiet angehörigen Flussbett verantwortlich, um keine Hindernisse für die Schifffahrt aufzustellen.64 Für den Fall, dass die beiden Ufer des Flusses unterschiedlichen Staaten angehören, soll der Beitrag der beiden Anrainerstaaten zu den Arbeiten im Flussbett festgelegt werden.65 Weitere Regelungen betreffen Gebühren und Abgaben66, Zölle67, Umschlag-, Stapel- und Stationenrechte68 sowie besondere Regelungen für die Schifffahrt auf anderen Flüssen als der Elbe69. 3.1.2. Die Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1821 und die Additionalakte aus dem Jahre 1844 In Ausführung der Wiener Kongressakte einigten sich die damaligen Elbuferstaaten auf die am 23. Juni 1821 unterzeichnete sog. Elbschifffahrtsakte70, welche (u.a.) Regeln über ausschließliche Berechtigungen, Stapel-, Zwangs- und Umschlagsrechte, die Ausübung der Schifffahrt, Frachtpreise, Zölle und andere Abgaben sowie das Verhalten bei Schiffsunglücken enthält und durch die Additionalakte71 vom 13. April 1844 teilweise ersetzt oder ergänzt wurde.72 Nach Art. 1 der Elbschiffahrtsakte soll die Schifffahrt auf dem Elbstrome „von da an, wo dieser Fluß schiffbar wird, bis in die offene See, und umgekehrt aus der offenen See … in Bezug auf den Handel völlig frei sein …“.73 62 Vgl. Art. 108 und 110 WKA. 63 Vgl. Art. 109 WKA. 64 Vgl. Art. 113 WKA. 65 Vgl. Art. 113 WKA. 66 Vgl. Art. 111 WKA. 67 Vgl. Art. 115 WKA. 68 Vgl. Art. 114 WKA. 69 Rhein, Neckar, Main, Mosel, Maas und Schelde; vgl. Art. 114 WKA. 70 Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1822, S. 9 ff., in Kraft getreten am 1. März 1822; vgl. Huber, Band 1, S. 807. 71 Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten 1844, S. 457 ff., in Kraft getreten am 1. Januar 1845. 72 Vgl. Rasched, S. 13. 73 Dazu ausführlich Rasched, S. 12 ff.; Lagoni, AVR 26 (1988), S. 261 ff., S. 359; Böhme, S. 7. - 12 - In Bezug auf die Unterhaltung der Wasserstraße Elbe bestimmt Art. 28 der Elbschiffahrtsakte : „Alle Staaten, welche eine Hoheit über das Strombette der Elbe ausüben, machen sich anheischig, eine besondere Sorgfalt darauf zu verwenden, dass auf ihrem Gebiete der Leinpfad überall in guten Stand gesetzt, darin erhalten und, so oft es nöthig seyn wird … wieder hergestellt werde, … Sie verbinden sich ebenfalls, jeder in den Grenzen seines Gebiets, alle im Fahrwasser sich findende Hindernisse der Schiffahrt ohne allen Verzug auf ihre Kosten wegräumen zu lassen, und keine die Sicherheit der Schiffahrt gefährdende Strom- oder Uferbauten zu gestatten. Für die Fälle, wo die gegenüberliegenden Ufer verschiedenen Landesherren gehören, sind die contrahirenden Staaten übereingekommen, es bei der bisherigen Observanz zu lassen, vorkommende Beschwerden aber bei der Revisionskommission zur Sprache zu bringen.“ Die Additionalakte enthält hierzu in §§ 52 f. folgende Regelungen: „Sämmtliche Elbuferstaaten werden auch künftig, jeder in den Grenzen seines Gebiets, alle im Fahrwasser sich findenden Hindernisse der Schiffahrt unverzüglich hinwegräumen … In Übereinstimmung mit den von Wasserbauverständigen sämmtlicher Uferstaaten angestellten Untersuchungen des Elbstroms und ihrem darauf begründeten Gutachten vom 15. Dezember 1842 werden die Uferstaaten, jeder für sein Gebiet, die geeigneten Maaßregeln treffen, um dem Fahrwasser der Elbe zwischen Hamburg und Tetschen eine Tiefe von wenigstens drei Fuß Rheinländisch bei einem Wasserstande, welcher um 6 Zoll höher ist, als der im Jahre 1842 beobachtete niedrigste, zu verschaffen und zu erhalten. Von den zur Erreichung dieses Zwecks in jenem Gutachten empfohlenen Mitteln , nämlich 1) Befestigung der im Abbruche befindlichen und Erhaltung der noch nicht im Angriffe liegenden Ufer, 2) Einschränkung zu breiter Stromstrecken und, erforderlichen Falls, unmittelbarer Aufräumung seichter Stellen, - 13 - 3) Anschließung oder Wegschaffung von Inseln, soweit deren Beibehaltung der Herstellung und Erhaltung eines geregelten Fahrwassers hinderlich ist und nicht durch andere wichtige Rücksichten erfordert wird, 4) Anzucht und Erhaltung von Buschwerk auf denjenigen Sandfeldern und Anlandungen, welche ohne Nachtheil für das Fahrwasser bestehen können, wird jeder Uferstaat, innerhalb seines Gebiets und in den Grenzen seiner Berechtigungen , diejenigen in Anwendung bringen, welche er den jedesmaligen örtlichen und sonstigen Verhältnissen entsprechend findet. …“ 3.2. Gültigkeit der Bestimmungen Wie bereits festgestellt, sollten nach dem Versailler Vertrag die internationalen Abmachungen und Vorschriften, die bis zum Abschluss des Versailler Vertrages für die Schifffahrt auf der Elbe galten, bis zur Ratifikation des – in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des Versailler Vertrages ausgearbeiteten – Entwurfs zur Neufassung der internationalen Abmachungen und Bestimmungen hinsichtlich der Elbe in Kraft bleiben , sofern sie nicht in Widerspruch zu den Bestimmungen des Versailler Vertrages standen.74 Ein Teil der Bestimmungen der Elbschiffahrtsakte von 1821 und der Additionalakte von 1844 überlebte somit zunächst den Versailler Vertrag, sollte allerdings nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages mit der Ratifikation der Elbschiffahrtsakte von 1922 außer Kraft treten. Die Elbschiffahrtsakte von 1922 stellte dann jedoch fest, dass „die Verträge, Übereinkommen, Akte und Abmachungen, die sich auf die Elbe beziehen, … insoweit aufrechterhalten [werden], als ihre Bestimmungen den Vorschriften dieses Übereinkommens nicht zuwiderlaufen“.75 Entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrages überlebte somit ein Teil der Bestimmungen der früheren Übereinkommen das Inkrafttreten der Elbschiffahrtsakte von 1922. Soweit ersichtlich, verneint das neuere völkerrechtliche Schrifttum die Frage, ob einzelne Bestimmungen der Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1821 und der Additionalakte noch wirksam sind.76 Nur wenige Autoren beziehen dazu allerdings Stellung: So stellt Rasched fest, dass diesen Abkommen heute keine vertragsrechtliche Gültigkeit mehr zukomme mit der Folge, dass ihre materiellen Vorschriften in der heutigen Elbschiffahrt keine direkte Anwendung mehr fänden.77 74 Dazu s.o. 2.1.2, S. 6. 75 Vgl. Art. 51. Dazu vgl. auch Rasched, S. 17. 76 Die Bestimmungen der Wiener Kongressakte waren ohnehin nicht unmittelbar anwendbar; dazu s.o. 61 und dazu gehöriger Text. 77 Vgl. Rasched, S. 10 und 32. - 14 - Lagoni weist darauf hin, dass die Note der Reichsregierung von 193678 die Elbschifffahrtsakte von 1821 und die Additionalakte von 1844 zwar nicht erwähne; diese Verträge aber ebenfalls infolge der von den betroffenen Vertragsparteien und der Staatengemeinschaft insgesamt akzeptierten einseitigen deutschen Praxis außer Gebrauch gekommen seien.79 Auch Krüger kommt nach der Feststellung, dass die Elbschiffahrtsakte von 1821 den Ersten Weltkrieg überlebt habe, zu dem Ergebnis, dass völkerrechtliche Bindungen der nationalen Souveränitäten, denen das Flusssystem der Elbe unterfällt, im Jahre 1974 nicht bestünden.80 Böhme stellt fest, dass die Frage, inwieweit nicht in Widerspruch zur Elbschiffahrtsakte von 1922 in Kraft gebliebene frühere Bestimmungen für die Elbe anwendbar seien, keine Bedeutung zukomme. Diese Vorschriften seien nämlich, soweit sie über das Jahr 1922 hinaus noch bestanden haben sollten, durch die Rechtsetzungstätigkeit der Elbekommission sowie der Uferstaaten ausnahmslos durch neue ersetzt worden und damit erloschen. Auch für den Fall ihres Bestehens aber hätten sie den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt.81 4. Fazit Die Frage, ob die Bestimmungen des Versailler Vertrages und der darauf beruhenden Elbschiffahrtsakte aus dem Jahre 1922 heute noch gültig sind, wird – soweit ersichtlich – im deutschen und internationalen völkerrechtlichen Schrifttum ganz überwiegend verneint . Auch den auf der Wiener Kongressakte beruhenden Bestimmungen der Elbschifffahrtsakte aus dem Jahre 1821 und der Additionalakte aus dem Jahre 1844 scheint nach allgemeiner Ansicht keine rechtliche Bedeutung mehr zuzukommen. 78 Dazu s.o. 2.3, S. 8 f. 79 Vgl. Lagoni, AVR 26 (1988), S. 261 ff., S. 361 unter Hinweis auf die a.A. von Vitány, The Regime of Navigation on International Waterways, Part I: The Beneficiaries of the Right of Navigation, Netherlands Yearbook of International Law, Vol. V (1974), S. 111, S. 166, der im Ergebnis ein europäisches Gewohnheitsrecht der Schifffahrtsfreiheit auf internationalen Wasserstraßen annehme. 80 Vgl. Krüger, S. 45. 81 Vgl. Böhme, S. 96. - 15 - Literaturverzeichnis: Böhme, Hans, Die völkerrechtliche Stellung der Elbe unter besonderer Berücksichtigung der Situation nach dem zweiten Weltkrieg, Erlangen 1959 Böhmer, Alexander, One Hundred Years: The Kiel Canal in International Law, GYIL 38 (1995), S. 325 ff. Bullinger, Manfred Georg, Zum Schicksal der Elbschiffahrtsakte, HANSA 1979, S. 1192 ff. Hoog, Günter, Flüsse und Kanäle der Bundesrepublik Deutschland, in: AVR 25 (1987), S. 202 ff. Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band I, Reform und Restauration 1789 bis 1830, 2. Auflage, Stuttgart 1960 Huber, Ernst Rudolf, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band VII, Ausbau, Schutz und Untergang der Weimarer Republik, Stuttgart 1984 Jaenicke, Günther, Die neue Großschiffahrtsstraße Rhein-Main-Donau, Frankfurt a.M. 1973 Krüger, Herbert, Die Rechtslage der Elbe, Hamburg 1974 Lagoni, Rainer, Der Hamburger Hafen, die internationale Handelsschiffahrt und das Völkerrecht, in: AVR 26 (1988), S. 261 ff. Lagoni, Rainer, Der Nord-Ostsee-Kanal im Staats- und Völkerrecht, in: Lagoni, Rainer /Seidenfus, Hellmut St./Teuteberg, Hans-Jürgen, Nord-Ostsee-Kanal 1895 – 1995, Festschrift im Auftrag des Bundesministers für Verkehr, Neumünster 1995, S. 225 ff. Lampe, W. Otto, Die völkerrechtliche Situation des Kieler Kanals gestern und heute, Baden-Baden 1985 Rasched, Miriam, Die Elbe im Völker- und Gemeinschaftsrecht, Münster 2003 Schweitzer, Michael/Weber, Albrecht, Handbuch der Völkerrechtspraxis der Bundesrepublik Deutschland, Baden-Baden 2004