Deutscher Bundestag Verteidigungspolitische Aspekte zum Thema Migration Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste © 2010 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 062/12 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 2 Verteidigungspolitische Aspekte zum Thema Migration Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 – 062/12 Abschluss der Arbeit: 2. Mai 2012 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 3 Seite Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung 4 1. Strategisches Konzept der NATO 5 2. Presse zu Migration als Risikofaktor 6 3. Deutsche Position 8 Literaturverzeichnis 10 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 4 Zusammenfassung Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben bereits zwei Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer das Thema Migration in das Strategische Konzept der Allianz aufgenommen . War dies in der Fassung von 1991 noch vorrangig in Richtung Osten gerichtet, so hat die Thematik spätestens seit 1999 eine Neuausrichtung nach Süden erfahren. Äußerungen von Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verdeutlichen dies, als er Anfang November 2011 feststellte, dass der Einsatz der Allianz in Libyen1 „auch dem Ziel diente, einer Destabilisierung vorzubeugen, die sich von Nordafrika an die Grenzen Europas hätte ausbreiten können“2 und jüngst am 26. April 2012, dass das Ziel der NATO-Einsätze im Kosovo 1999 und in Libyen 2011 „in erster Linie immer noch die Sicherheit unserer Bevölkerungen und die Stabilität der nordatlantischen Region (war).“ Rasmussen erläuterte weiter, „wenn wir über den Balkan der neunziger Jahre sprechen, so ging es um die Instabilität dort, die sich schnell auf den Rest Europas hätte ausbreiten können.“ Ausdrücklich ergänzt der Generalsekretär, dass er damit „auch Migrationsdruck (meine).“ Mit Blick auf Libyen sei die „Situation gleich: Das Land liegt fast an der Schwelle zu Europa , und eine Instabilität Nordafrikas könnte die gesamte Situation in Europa beeinflussen .“3 Der Migrationsexperte Steffen Angenendt empfiehlt, „die sicherheitspolitische Debatte nicht nur auf die Risiken (zu) beschränken, sondern auch die Chancen von Wanderungsbewegungen (zu) berücksichtigen. […] Darüber hinaus wäre eine einseitige Betonung der Risiken auch gar nicht im Sinne einer Risikoabschätzung, die ein erweitertes Sicherheitsverständnis für sich beansprucht.“ 4 1 „NATO and Lybia“, 28. März 2012, Internetportal der NATO, URL: http://www.nato.int/cps/en/natolive/topics_71652.htm [02.05.2012]. 2 „Schon ein Erfolg”, 3. November 2011, Die Zeit, URL: http://www.zeit.de/2011/45/Interview- Rasmussen/seite-2 [02.05.2012]. 3 „Wir haben nicht die Absicht, im Iran einzugreifen“, 26. April 2012, Cicero, S. 58. 4 „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, Stiftung Wissenschaft und Politik, in: Reader Sicherheitspolitik Transformation im 21. Jahrhundert, 12/2010, Internetportal Bundesministerium der Verteidigung , 1. Juni 2011, URL: http://www.readersipo.de/portal/a/sipo/!ut/p/c4/JY1LC8IwEIR_UZKGglRv1gd40aPWiyTt2i7mUTZbe_HHmrs MLDsMp- 6qzzBvLE3jDEYp26qaXFjZ2nnDh4JxyiZTEjPSP73I7V4mhdHgiCAZkAGyhYJ2wFoyLvsXbTGYcIENIVezOB4pGgdeF DXBdmBbGMAXpIhMObsyeRWOUZit1wmygiW2Kmm0Ptal7os_tKfqq4Pu_WqKk7n40WN3m-_smwEeQ!!/ [02.05.2012]. Nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung ist Angenendt seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe „Globale Fragen“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zuvor hat er die Redaktion des Jahrbuchs Internationale Politik sowie des Programms Internationale Migration der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) geleitet. Seine Forschungsschwerpunkte sind deutsche, europäische und internationale Migrationspolitik sowie außen- und sicherheitspolitische Aspekte demografischer Entwicklungen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 5 Die Bundesregierung hat das Thema Migration 2006 in ihrem Weissbuch konkret aufgegriffen , indem sie feststellt, dass „Staatsversagen sowie eine unkontrollierte Migration zur Destabilisierung ganzer Regionen beitragen und die internationale Sicherheit nachhaltig beeinträchtigen (können).“ Auch die Verteidigungspolitischen Richtlinien greifen das Thema mit Blick auf „zerfallende und zerfallene Staaten“5 auf. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Thema Migration am 20./21. Mai 2012 in Chicago beim 25. Gipfel der NATO auch auf der Tagesordnung steht, denn dort soll „die nächste Phase der Entwicklung der Allianz (beschlossen werden), damit sie in einer sich wandelnden Welt gegen neue Bedrohungen, mit neuen Fähigkeiten und mit neuen Partnern weiterhin leistungsfähig ist.“6 Das Thema Migration wird, ebenso wie zum Beispiel das der Energiesicherheit, auf der Ebene von Artikel 4 des Nordatlantikvertrages gesehen; dieser besagt, dass die „Staaten in Beratungen miteinander eintreten (werden), wenn nach der Meinung eines von ihnen die Unversehrtheit des Gebietes, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit irgendeines der (Mitglieds-) Staaten bedroht ist.“7 1. Strategisches Konzept der NATO Das von den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten 19918 beschlossene „Strategische Konzept des Bündnisses“ beschreibt „Risiken für die Sicherheit der Allianz […] eher (als) Konsequenz der Instabilitäten, die aus den ernsten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Schwierigkeiten, einschließlich ethnischer Rivalitäten und Gebietsstreitigkeiten entstehen können.9 […] Solange die daraus womöglich erwachsenden Spannungen begrenzt bleiben,“ heißt es im Konzept, „sollten sie die Sicherheit und territoriale Unversehrtheit von Bündnisstaaten nicht bedrohen. Sie könnten jedoch zu Krisen […] 5 Verteidigungspolitische Richtlinien „Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten“, 18. Mai 2011, S.2, Internetportal der deutschen Vertretung bei der NATO, URL: http://www.nato.diplo.de/contentblob/3149360/Daten/1316709/VM_deMaiziere_180511_DLD.pdf [02.05.2012]. 6 Strategisches Konzept der NATO „Aktives Engagement, moderne Verteidigung“, 30. November 2010, Vorwort, Internetportal der deutschen Vertretung in der NATO, URL: http://www.nato.diplo.de/contentblob/2970688/Daten/971427/strat_Konzept_Lisboa_DLD.pdf [02.05.2012]. 7 „Der Nordatlantikvertrag“, Washington D.C., 4. April 1949, URL: http://www.nato.diplo.de/Vertretung/nato/de/04/Rechtliche__Grundlagen/Nordatlantikvertrag.html [02.05.2012]. 8 „Das Neue Strategische Konzept des Bündnisses“, 8. November 1991, Internetportal der NATO, URL: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_23847.htm . In deutscher Sprache, URL: http://www.agfriedensforschung .de/themen/NATO/1991-strategie.html [02.05.2012]. 9 Diese Feststellung bezog sich damals auf „viele mittel- und osteuropäische Staaten“. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 6 führen, die auf NATO-Staaten übergreifen und damit die Sicherheit des Bündnisses unmittelbar berühren.“10 Acht Jahre später wurde das „Strategische Konzept des Bündnisses“ aktualisiert.11 Danach können „die Auflösung von Staaten zu lokaler und selbst regionaler Instabilität führen . Die daraus resultierenden Spannungen könnten zu Krisen führen, die die euroatlantische Stabilität berühren, […] die Sicherheit des Bündnisses oder anderer Staaten berühren.“12 Im aktuellen Strategischen Konzept vom November 2010 heißt es grundsätzlich, dass „Instabilität oder Konflikte außerhalb der NATO-Grenzen die Sicherheit des Bündnisses unmittelbar bedrohen (können).“13 Nach Auffassung der NATO sei der beste Weg, Krisen zu bewältigen, „zu verhindern, dass sie entstehen.“ Die NATO werde (daher) „das internationale Umfeld fortlaufend beobachten und analysieren, um Krisen im Voraus zu erkennen und, wo dies angemessen ist, aktiv Schritte unternehmen, um zu verhindern, dass sie zu größeren Konflikten werden.“14 2. Presse zu Migration als Risikofaktor Das Bundesministerium der Verteidigung veröffentlicht auf seinem Internetportal einen Artikel von Steffen Angenendt zur Frage „Migration als Risikofaktor?“15 Seine Analyse der politischen Handlungsmöglichkeiten „macht deutlich, dass viele potenzielle Risiken von Migration und Fluchtbewegungen nur identifiziert werden können, wenn ein erweiterter Sicherheitsbegriff verwendet wird, der Risiken für menschliche Sicherheit einbezieht .“ Auch wenn immer noch theoretisches und empirisches Wissen über die Zusammenhänge von Wanderungen und Sicherheit fehle, lassen sich nach Auffassung von Angenendt nachfolgende Thesen aufstellen: „Wanderungen können unter bestimmten Umständen Risiken für staatliche, regionale und menschliche Sicherheit bergen. So kann die staatliche Sicherheit beeinträchtigt werden, wenn ein Aufnahmestaat als Folge einer unkontrollierten Massenzuwanderung die Kontrolle über die Außengrenzen verliert, wenn die Zuwanderung mit einer 10 „Das Neue Strategische Konzept des Bündnisses“, 8. November 1991, ebenda, Ziffer 10. 11 „Das Strategische Konzept des Bündnisses“, 24. April 1999, Internetportal der NATO, URL: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_27433.htm. In deutscher Fassung URL: http://www.nato.int/docu/pr/1999/p99-065d.htm. [02.05.2012]. 12 „Das Strategische Konzept des Bündnisses“, 24. April 1999, ebenda, Ziffer 20. 13 Strategisches Konzept der NATO „Aktives Engagement, moderne Verteidigung“, 30. November 2010, ebenda, Ziffer 11. 14 Strategisches Konzept der NATO „Aktives Engagement, moderne Verteidigung“, 30. November 2010, ebenda, Ziffer 22. 15 „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 7 Stärkung der organisierten Kriminalität verbunden ist und wenn durch Zuwanderung extremistische, auf einen Regimewechsel ausgerichtete oder terroristische Netzwerke entstehen.“ Eine Gefährdung regionaler Sicherheit sei „auch zu erwarten, wenn in der Region lang andauernde ungelöste Flüchtlingssituationen bestehen und wenn oppositionelle Kräfte die Flüchtlingslager als Rückzugs- und Rekrutierungsgebieten für Milizen nutzen.“ Schließlich könne „die menschliche Sicherheit von Flüchtlingen und Migranten gefährdet sein, etwa bei Rechtlosigkeit aufgrund eines unzureichenden oder fehlenden Aufenthaltsrechts, bei Diskriminierung und Marginalisierung, durch Fremdenfeindlichkeit und Rassismus oder durch Gewalttätigkeiten aufgrund ethnischer , religiöser oder kultureller Verfolgung.“16 „Migrationsbedingte Sicherheitsrisiken entstehen niemals zwangsläufig, sondern sind auch durch politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen beeinflusst.“ Die Migrationsforschung zeige, „dass es keine theoretische oder empirisch begründbare Grenze der Aufnahmefähigkeit für Flüchtlinge und Migranten gibt. Ob Aufnahme-, Transit- und Herkunftsländer von Migration profitieren oder unter ihren Folgen leiden , hängt nicht nur von der Struktur und der Dynamik der Zuwanderung ab, sondern auch von der Gestaltung dieser Rahmenbedingungen. Fehlen derartige Bemühungen oder werden die bestehenden internationalen Regime (wie das internationale Flüchtlingsregime) geschwächt, können Wanderungen durchaus zu einem sicherheitspolitischen Risiko werden.“17 Angenendt weist darauf hin, dass „die sicherheitspolitische Debatte sich daher nicht nur auf die Risiken beschränken (darf), sondern auch die Chancen von Wanderungsbewegungen berücksichtigen (muss). Angesichts der wachsenden Hoffnung vieler ärmerer Staaten, von einer temporären oder dauerhaften Auswanderung ihrer Staatsbürger zu profitieren und dadurch Migration als entwicklungspolitischen Impuls – möglicherweise gar als Substitut für Entwicklungshilfe – zu nutzen,“ sei „eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Wanderungsbewegungen notwendig. Darüber hinaus wäre eine einseitige Betonung der Risiken auch gar nicht im Sinne einer Risikoabschätzung, die ein erweitertes Sicherheitsverständnis für sich beansprucht.“18 16 „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, ebenda. 17 „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, ebenda. 18 „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 8 3. Deutsche Position Laut den aktuellen Verteidigungspolitischen Richtlinien vom 18. Mai 2011 entstehen „Risiken und Bedrohungen heute vor allem auch aus […] Migrationsentwicklungen“19, die „durch zerfallende und zerfallene Staaten entstehen.“20 In älteren Verteidigungspolitischen Richtlinien finden sich keine vergleichbaren Feststellungen.21 Die Bundesregierung stellt im aktuellen Weissbuch 200622 fest, dass „Staatsversagen sowie eine unkontrollierte Migration zur Destabilisierung ganzer Regionen beitragen und die internationale Sicherheit nachhaltig beeinträchtigen (können).“23 Im Weiteren heißt es ebenfalls im Kapitel „Die strategischen Rahmenbedingungen – Globale Herausforderungen , Chancen, Risiken und Gefährdungen“: 19 Verteidigungspolitische Richtlinien „Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten“, 18. Mai 2011, ebenda, S. 1. Die hierin dargestellten „Risiken und Bedrohungen“ lauten vollständig: „Risiken und Bedrohungen entstehen heute vor allem aus zerfallenden und zerfallenen Staaten, aus dem Wirken des internationalen Terrorismus, terroristischen und diktatorischen Regimen, Umbrüchen bei deren Zerfall, kriminellen Netzwerken, aus Klima- und Umweltkatastrophen , Migrationsentwicklungen, aus der Verknappung oder den Engpässen bei der Versorgung mit natürlichen Ressourcen und Rohstoffen, durch Seuchen und Epidemien ebenso wie durch mögliche Gefährdungen kritischer Infrastrukturen wie der Informationstechnik.“ 20 Verteidigungspolitische Richtlinien „Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten“, 18. Mai 2011, ebenda, S. 2. 21 Verteidigungspolitische Richtlinien 2003, Herunterladbar auf: Internetportal Bundesministerium der Verteidigung, URL: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYyxDoMwDET_yCYSrUS3Vl06sJSB0i2AFSxIHAVDl358w9A76Q33p MM35ga7s7PKEuyCL-wGvvQf6P3uYOVhojQR6xplYeUZbHDUixKMMmegh K2x8tIMEggPah55kyXrEqCKEmXw2wpZQM8YleY-60wxT_mey7bpnxW5lTXjwaj99cfzhxv5A!!/ [02.05.2012]. 22 „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Oktober 2006, S. 22, herunterladbar auf: Internetportal Bundesministerium der Verteidigung, URL: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/Dca7DYAwDAXAWVgg7unYAuicYCVP- Qrnsz7omqObfoUnPHfUwolOuhx2u4zN0xuFC_IGQddWEzqi4eLF1i7mqXFkKf-WQNUOF6jFY_sAY_7e5g!!/ [02.05.2012]. 23 „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Oktober 2006, ebenda , S. 21. Zum Stichwort „Migration“ auf Seite 22 heißt es hierin: „Europa und Deutschland besitzen nach wie vor eine hohe Anziehungskraft für Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg und Bürgerkrieg , Vertreibung, Verfolgung, Umweltzerstörung, Armut, Hunger oder anderen Notlagen verlassen haben , um nach besseren Lebensbedingungen zu suchen. Die innenpolitischen Folgen unkontrollierter Migration als Folge von Flüchtlingsbewegungen sind ein wachsendes Problem der europäischen Gesellschaften , deren Integrationsfähigkeit durch Ströme von Bürgerkriegsflüchtlingen, Umweltflüchtlingen, Armuts - und Wirtschaftsmigranten überfordert werden könnte. Ein wirksamer Umgang mit den Ursachen der Migration erfordert ein politikfeldübergreifendes Instrumentarium, das insbesondere bei den Migrationsgründen ansetzen und die betroffenen Staaten und Gesellschaften so stärken muss, dass sie selbst die Sicherheit, die Achtung grundlegender Menschenrechte und Entwicklungschancen für ihre Menschen gewährleisten können.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 9 „Viele mit der Globalisierung einhergehenden neuen Risiken und sicherheitspolitischen Herausforderungen haben grenzüberschreitenden Charakter, werden von nichtstaatlichen Akteuren verursacht und beeinträchtigen unsere Sicherheit auch über große Entfernungen hinweg. Armut, Unterentwicklung, Bildungsdefizite, Ressourcenknappheit , Naturkatastrophen, Umweltzerstörung, Krankheiten, Ungleichheiten und Menschenrechtsverletzungen bilden neben anderen Faktoren den Nährboden für illegale Migration und säkularen wie religiösen Extremismus. Sie können damit zu Ursachen für Instabilität und in ihrer radikalsten Form Wegbereiter des internationalen Terrorismus werden. In einer zunehmend interdependenten Welt wirken sich diese Risiken nicht nur auf ihre unmittelbare Umgebung aus, sondern berühren in vielfältiger Weise die Sicherheit der gesamten internationalen Gemeinschaft.“24 „Ungelöste politische Konflikte an der Peripherie des Stabilitätsraums Europa und in weiter entfernten Regionen berühren zunehmend auch die Sicherheit Deutschlands und seiner europäischen Partner. Die Erosion staatlicher Strukturen, der Zerfall ganzer Staaten und damit oft einhergehende Bürgerkriege ebenso wie das Entstehen von Gebieten, die sich außerhalb der internationalen Ordnung stellen, eröffnen Aktionsräume sowie Rückzugsgebiete für bewaffnete Gruppen und terroristische Organisationen . Sie fördern organisierte Kriminalität, Korruption, Menschenhandel und die Drogenökonomie . Damit wirken sie sich nicht nur destabilisierend auf ihre unmittelbare Umgebung aus. Sie berühren in der globalisierten Welt in vielfältiger Weise auch die Sicherheit der internationalen Gemeinschaft.“25 24 „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Oktober 2006, ebenda , S. 19 f. 25 „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Oktober 2006, ebenda , S. 20. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 – 062/12 Seite 10 Literaturverzeichnis „Migration als Risikofaktor?“, Dr. Steffen Angenendt, Stiftung Wissenschaft und Politik, in: Reader Sicherheitspolitik Transformation im 21. Jahrhundert, 12/2010, Internetportal Bundesministerium der Verteidigung, 1. Juni 2011, URL: http://www.readersipo.de/portal/a/sipo/!ut/p/c4/JY1LC8IwEIR_UZKGglRv1gd40aPWiyTt2i7mUTZbe_HHmrs MLDsMp- 6qzzBvLE3jDEYp26qaXFjZ2nnDh4JxyiZTEjPSP73I7V4mhdHgiCAZkAGyhYJ2wFoyLvsXbTGYcIENIVezOB4pGgdeFDX BdmBbGMAXpIhMObsyeRWOUZit1wmygiW2Kmm0Ptal7os_tKfqq4Pu_WqKk7n40WN3m-_smwEeQ!!/ [02.05.2012]. „Migration from Transition States to the EU: Mobility Partnerships and the Global Approach to Migration“, Dr. Steffen Angenendt, Stiftung Wissenschaft und Politik, RP 6, Februar 2012, in: „Protest, Revolt and Regime Change in the Arab World“, URL: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/research_papers/2012_RP06_ass.pdf#page=61 [02.05.2012]. Strategisches Konzept der NATO „Aktives Engagement, moderne Verteidigung“, 30. November 2010, Vorwort, Internetportal der deutschen Vertretung in der NATO, URL: http://www.nato.diplo.de/contentblob/2970688/Daten/971427/strat_Konzept_Lisboa_DLD.pdf [02.05.2012]. „Das Strategische Konzept des Bündnisses“, 24. April 1999, Internetportal der NATO, URL: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_27433.htm. In deutscher Fassung URL: http://www.nato.int/docu/pr/1999/p99-065d.htm. [02.05.2012]. „Das Neue Strategische Konzept des Bündnisses“, 8. November 1991, Internetportal der NATO, URL: http://www.nato.int/cps/en/natolive/official_texts_23847.htm . In deutscher Sprache, URL: http://www.ag-friedensforschung.de/themen/NATO/1991-strategie.html [02.05.2012]. Verteidigungspolitische Richtlinien „Nationale Interessen wahren – Internationale Verantwortung übernehmen – Sicherheit gemeinsam gestalten“, 18. Mai 2011, Internetportal der deutschen Vertretung bei der NATO, URL: http://www.nato.diplo.de/contentblob/3149360/Daten/1316709/VM_deMaiziere_180511 _DLD.pdf [02.05.2012]. Verteidigungspolitische Richtlinien 2003, Herunterladbar auf: Internetportal Bundesministerium der Verteidigung, URL: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYyxDoMwDET_yCYSrUS3Vl06sJSB0i2AFSxIHAVDl358w9A76Q33pM M35ga7s7PKEuyCL-wGvvQf6P3uYOVhojQR6xplYeUZbHDUixKMMmegh K2x8tIMEggPah55kyXrEqCKEmXw2wpZQM8YleY-60wxT_mey7bpnxW5lTXjwaj99cfzhxv5A!!/ [02.05.2012]. „Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“, Oktober 2006, S. 22, herunterladbar auf: Internetportal Bundesministerium der Verteidigung , URL: http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/Dca7DYAwDAXAWVgg7unYAuicYCVP- Qrnsz7omqObfoUnPHfUwolOuhx2u4zN0xuFC_IGQddWEzqi4eLF1i7mqXFkKf-WQNUOF6jFY_sAY_7e5g!!/ [02.05.2012].