© 2020 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 058/20 Der israelisch-palästinensische Konflikt von 1991 bis 2020 Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 2 Der israelisch-palästinensische Konflikt von 1991 bis 2020 Aktenzeichen: WD 2 - 3000 – 058/20 Abschluss der Arbeit: 23. Juni 2020 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Chronik von 1991 - 2020 6 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 4 1. Einleitung Die nachfolgende Chronik liefert Angaben zu wesentlichen Ereignissen im israelisch-palästinensischen Konflikt für den Zeitraum 1991 bis 2019. Während für die Jahre 1991 bis 2014 der Friedensprozess sowie bewaffnete Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern und deren Folgen prägend für das Verhältnis beider Gruppen zu-einander waren und den Blick auf den Nahostkonflikt bestimmten, wird der israelisch-palästinensische Konflikt seit dem Scheitern der Gesprächsvermittlung seitens der USA 2014 verstärkt durch unilaterale Handlungen beider Konfliktparteien geprägt. Wiederkehrende Muster sind dabei nicht nur der Bau von israelischen Siedlungen und Siedlungsinfrastruktur sowie die Verstärkung israelischer Sicherheitskontrollen, etwa der Abriegelung des Gaza-Streifens. Zu den wiederkehrenden Mustern zählen auch die Gewaltbereitschaft und Gewalt auf palästinensischer Seite, denen regelmäßig israelische Militäraktionen folgen, die politische Gespaltenheit der palästinensischen Führung sowie deren unilaterales Streben nach Legitimierung durch die Staatengemeinschaft und anschließende Erlangung der Staatlichkeit. Jeder Schritt in diese Richtung – etwa die Anerkennung Palästinas als Staat durch ein Land, die Aufnahme Palästinas in internationale Organisationen – wird regelmäßig durch die Ankündigung neuer Siedlungsvorhaben etc. beantwortet und ist z.B. der Grund für Israels 2018 erfolgten Austritt aus der UNESCO. Einige Entwicklungen haben auch Teilursachen in der Innenpolitik einer der beiden Parteien. So war die palästinensische Seite zeitweise gespalten in einen von der islamistischen Hamas beherrschten Gazastreifen und in die von der international anerkannten Autonomiebehörde geführten Gebiete im Westjordanland. Einige Entwicklungen auf israelischer Seite haben Teilursachen in der Zersplitterung der politischen Landschaft, die zu instabilen Koalitionen führt, sowie dazu, dass führende Regierungspolitiker versucht sind, aus einer demonstrativ harten Linie politisches Kapital zu schlagen. Die Hintergründe hierzu können im Rahmen dieses Sachstandes nicht ausführlich erörtert werden. Kaum berücksichtigt werden können überdies alle externen Akteure und ihre jeweiligen Motivationen , mit Ausnahme der USA. Deren Politik der nahezu bedingungslosen Unterstützung Israels zumindest auf Ebene der Vereinten Nationen änderte sich im Verlauf der beiden Regierungszeiten Präsident Obamas deutlich und gipfelte im Dezember 2016 mit der bis dahin beispiellosen Enthaltung der USA bei einer Abstimmung des VN-Sicherheitsrates über eine Resolution, die die Siedlungspolitik Israels als Hindernis für eine Friedenslösung verurteilte. Das Verhältnis der USA und Israel erreichte damit einen Tiefpunkt. Seit Amtsantritt Donald Trumps hat sich die Israelpolitik der USA vollständig gewandelt. Mit der Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem und der Anerkennung der Annexion des Golans, dem Zahlungsstopp an die UNRWA und der Beendigung der Unterstützung palästinensischer Institutionen haben die USA eine Abkehr von den Positionen aller amerikanischen Administrationen vor Trump vollzogen. Dies sowie verbesserte Beziehungen zu Saudi-Arabien und den Golfmonarchien ermutigen die israelische Regierung, ihre derzeitige Politik der einseitigen Dominanz weiterzuführen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 5 Der von Trump jahrelang angekündigte angebliche „Deal des Jahrhunderts“ zur Lösung des Nahostkonfliktes ist bislang nur bei der israelischen Regierung auf Zustimmung gestoßen. Die Palästinenserführung lehnt ihn ab und hat als Reaktion auf den Plan den Abbruch der Beziehungen zu den USA und Israel verkündet. Auch die EU, die Vereinten Nationen, die Bundesregierung und die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Grüne lehnen den Plan, der eine Annexion weiter Teile des Westjordanlandes durch Israel vorsieht, ab. Nationale und internationale zivilgesellschaftliche Akteure können im Rahmen der Chronik ebenfalls nur am Rande behandelt werden. Aufgrund ihrer Größe und Bekanntheit (weniger wegen ihrer Effektivität)1 von gewisser Bedeutung ist die internationale Bewegung „Boycott, Divestion , Sanctions,“ die analog zum Boykott Südafrikas während der Apartheid versucht, auf unterschiedlichen Ebenen - Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft, Politik, Tourismus - Israel zu boykottieren . Auf diese und andere zivilgesellschaftliche Gruppen (auch jene, die für einen Frieden arbeiten , ohne Israel einseitig anzuklagen2 oder gar zu boykottieren versuchen) reagiert die israelische Regierung seit einigen Jahren mit der Verschärfung von Gesetzen, die deren Arbeit zu behindern versuchen. Somit beeinflusst nicht nur die innere Politik den Konflikt, sondern auch der Konflikt die innere Politik. Des Weiteren hat insbesondere das Nationalitätengesetz vom Juli 2018, das Israel als nationale Heimstatt des jüdischen Volkes und somit implizit die nichtjüdischen Bürger Israels (also zumeist arabische Muslime und Christen) als für den Staat nicht konstitutiv definiert, eine Lösung des Konfliktes in absehbarer Zeit sehr unwahrscheinlich gemacht, zumal Benjamin Netanjahu nicht mehr nur die Anerkennung des Existenzrechtes Israels, sondern auch dessen jüdischen Charakters zur Vorbedingung für die Aufnahme von Friedensverhandlungen macht.3 1 Eine Untersuchung von 2018 ergab, dass die Boykottbewegung BDS nahezu keine Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft habe. Der Anteil der vom Boykott betroffenen Firmen habe bei 0,75 Prozent und deren Schadensrate des Umsatzes bei unter 10 Prozent gelegen. Dieser Schaden sei hauptsächlich im Jahr 2014 während der militärischen Operation „Starker Fels“ im Gazastreifen entstanden. Israelnetz (11. Oktober 2018). Wirtschaftlicher Boykotteffekt von BDS überschätzt, https://www.israelnetz.com/politik-wirtschaft/wirtschaft /2018/10/11/wirtschaftlicher-boykotteffekt-von-bds-ueberschaetzt/?utm_source=newsletter&utm_medium =email&utm_campaign%5BcObj%5D%5Bdata%5D=date%3AU&utm_campaign%5BcObj%5D%5Bstrftime %5D=%25y-%25m-%25d&cHash=881bf1c5797a9c115a398a961ba5a321 (letzter Zugriff: 10. Mai 2019). 2 Verwiesen sei hier auf die israelische Organisationen Schovrim Schtika / Breaking the Silence und B’Tselem. Schovrim Schtika, international bekannt als Breaking the Silence, ist eine Organisation von Angehörigen der israelischen Streitkräfte, die laut eigenen Angaben versucht, die israelische Öffentlichkeit mit der Realität des täglichen Lebens in den besetzten Gebieten zu konfrontieren, indem sie Berichte von Soldaten über ihre Erlebnisse während ihres Dienstes veröffentlicht. B’Tselem wurde 1989 von Akademikern, Knesset-Abgeordneten, Juristen und Journalisten gegründet und hat das Ziel, Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten nachzuweisen, wobei keine Unterscheidung zwischen von israelischer oder palästinensischer Seite aus begangenen Menschenrechtsverletzungen getroffen wird. B’Tselem hat Förderer im In- und Ausland, unter letzteren befinden sich die Europäische Kommission und das britische Außenministerium. Aufgrund eines Gespräches des damaligen Außenministers Sigmar Gabriel mit B’Tselem im Jahre 2017 sagte Benjamin Netanjahu ein für den darauffolgenden Tag geplantes Treffen mit Gabriel ab. 3 Shimon Stein und Moshe Zimmermann (22. Juli 2018). Die israelische Demokratie wird verdrängt. In: Tagesspiegel , https://www.tagesspiegel.de/politik/israel-die-israelische-demokratie-wird-verdraengt/22831220.html (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 6 Einen Gesamtüberblick über Resolutionen, Regelungsoptionen und Friedensinitiativen des Nahostkonfliktes vom 2. November 1917 (dem Datum der Balfour-Deklaration) bis 2017 bietet der Band „100 Dokumente aus 100 Jahren – Teilungspläne, Regelungsoptionen und Friedensinitiativen im israelisch-palästinensischen Konflikt (1917-2017)“, herausgegeben von Angelika Timm. Der Band vereint nicht nur hundert Dokumente (darunter die Texte der in der folgenden Chronik erwähnten Abkommen seit 1991), sondern liefert auch erläuterndes Kartenmaterial sowie ein Glossar und eine Zeittafel.4 Eine der ergiebigsten Quellen für knappe, chronologisch geordnete Informationen zu Geschehnissen in Israel und Palästina sowie den Konflikten und Friedensbemühungen zwischen beiden Seiten ist das alle zwei Jahre erscheinende Mediterranean Yearbook des Institut Europeu de la Mediterrània / European Institute for the Mediterranean in Barcelona. Insbesondere für die Jahre ab 2017 wurde die im Jahrbuch stets enthaltene Chronologie der Ereignisse in Israel und Palästina für diese Chronik herangezogen. 2. Chronik von 1991 - 2020 Die folgende Übersicht fasst die wesentlichen Entwicklungen jedes Jahres zusammen; ab 2014 werden die Ausführungen detaillierter. 1991 Unter der Schirmherrschaft von US-Präsident George Bush und dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow finden am 30. Oktober und 1. November 1991 in Madrid erstmals direkte Verhandlungen zwischen Vertretern des arabisch-israelischen Konflikts (Israel, Syrien, der Libanon und jordanisch-palästinensische Delegation) statt. Nicht vertreten ist die palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). Ziel ist ein Frieden auf der Grundlage von Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen 242 (1967) und 338 (1973) unter der Voraussetzung, dass die im Sechstagekrieg besetzten Gebiete geräumt werden. Im Ergebnis lehnt Premierminister Jitzhak Schamir eine Räumung der besetzten Gebiete ab. Die Verhandlungen werden in Washington ohne „nennenswerte“ Ergebnisse bis 1993 fortgeführt.5 4 Angelika Timm (Hg’in) (2017). 100 Dokumente aus 100 Jahren. Schriftenreihe des diAk Band 42/43, Aphorism A Verlag, Berlin 2017. 5 Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001). Nahostlexikon: der israelisch-palästinensische Konflikt von A-Z. Heidelberg , Palmyra, S. 103. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 7 1992 Unmittelbar nach Regierungsübernahme ordnet der neue Ministerpräsident Jitzhak Rabin einen Baustopp für neue Siedlungen in den besetzten Gebieten an. Die Zahl der jüdischen Siedler in den besetzten Gebieten war von 10.000 im Jahre 1972 auf 228.000 im Jahre 1990 angewachsen.6 1993 Die Regierungen Israels und der USA stufen die PLO nicht mehr als Terrororganisation ein. Am 9. September erklärt Arafat erstmals in einem Brief, dass er das Existenzrecht Israels anerkenne. Am 10. September bestätigt Rabin im Gegenzug, dass er die PLO als alleinige Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkenne. Zum ersten Mal kommt es zu direkten Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern: In Geheimverhandlungen in Oslo einigen sich Vertreter Israels und der PLO auf das Verhandlungs- und Einigungsprinzip „Land gegen Frieden“. Als Ergebnis unterzeichnen Rabin und Arafat im Beisein des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton am 13. September in Washington die Osloer Prinzipienerklärung über die künftige Selbstverwaltung der Palästinenser im Westjordanland und dem Gazastreifen. Das Abkommen sieht eine definitive Regelung (Endstatus) bis 1999 vor. Die Vereinbarung gilt als Auftakt für weitere Übergangsabkommen , die zu Endstatusverhandlungen führen sollen.7 1994 Im Februar tötet der Offizier Baruch Goldstein in der Abrahamsmoschee in Hebron 29 muslimische Palästinenser beim Gebet und verletzt 150, bevor er getötet wird. 8Im Mai unterzeichnen Rabin und Arafat trotz der starken Ablehnung durch radikalnationalistische Israelis und extremistische Palästinenser das Oslo-I-Abkommen (Gaza-Jericho-Abkommen) über die erste Phase der palästinensischen Selbstverwaltung für Jericho und den Gazastreifen für eine Übergangsperiode von fünf Jahren. Arafat kehrt im Juli aus dem Exil zurück und übernimmt die Leitung der Palästinensischen Autonomiebehörde . Nach dem Truppenabzug Israels aus dem Gazastreifen und Jericho im Westjordanland werden die Gebiete in den meisten zivilen Bereichen von der PLO verwaltet. Arafat verlegt sein Hauptquartier nach Ramallah. 6 Akram, Susan M. und Michael Lynk (2011). A History of Arab-Israeli conflict. Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690- e1246?rskey=C8oxTU&result=1&prd=EPIL, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 7 Hofmann, Sabine (2013). 20 Jahre Oslo-Prozess: Trotz Verhandlungen keine Fortschritte. GIGA Focus Nr. 10, http://www.giga-hamburg.de/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 8 Das Attentat warf die Frage nach der Reaktion der jüdischen Siedler im Gazastreifen und im Westjordanland auf, die sich durch das Oslo-I-Abkommen und die damit verbundene geplante Räumung von 144 Siedlungen innerhalb der besetzten Gebiete nicht nur als Opfer der Araber, sondern auch der israelischen Regierung sahen. Vgl. Tophoven, Rolf (1995). Autonomie in Gaza und Jericho. In: Israel, Informationen zur politischen Bildung, S. 24. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 8 Im Oktober unterzeichnen Israels Ministerpräsident Jitzhak Rabin und Jordaniens Ministerpräsident Salam al-Madjali nach dreimonatigen Verhandlungen einen Friedensvertrag. Nach Ägypten ist Jordanien der zweite arabische Staat, der mit Israel Frieden schließt. Im Dezember erhalten Jitzhak Rabin, Schimon Peres und Yasser Arafat für ihre Verdienste um den historischen Friedensprozess im Nahen Osten den Friedensnobelpreis.9 1995 Trotz mehrerer Terroranschläge von Palästinensern in Tel Aviv und Jerusalem wird Ende September das Oslo-II-Abkommen in Washington unterzeichnet. Es legt den Rückzug Israels aus dem größten Teil des Westjordanlandes in Etappen fest. Bis Ende des Jahres ziehen sich die israelischen Streitkräfte aus sechs Städten des Westjordanlandes zurück. Am 4. November wird Jitzhak Rabin bei einer Friedenskundgebung in Tel Aviv vom Rechtsextremisten Jigal Amir ermordet. Sein Nachfolger im Amt wird Schimon Peres. 1996 Die israelische Armee räumt schrittweise größere, israelisch besiedelte Ballungsräume des Westjordanlandes und übergibt sie den palästinensischen Behörden. Aus den Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat im Westjordanland, Gazastreifen und Ost-Jerusalem geht Yasser Arafat als Präsident der Palästinenser hervor. Die israelische Regierung gibt den Bau von 6.000 Wohnungen in den palästinensischen Gebieten bekannt, die künftig zu israelischem Staatsgebiet gehören sollen. Als Reaktion verüben Selbstmordattentäter der Hamas und des Jihad Islami eine Serie von Anschlägen in Israel, bei denen über 100 Israelis getötet werden.10 Der Palästinensische Legislativrat beschließt in Gaza, die palästinensische Nationalcharta zu ändern und die Passagen zu streichen, die die Vernichtung Israels fordern. Damit kommt er einer Verpflichtung des Oslo-I-Abkommens nach.11 Im Mai gewinnt Benjamin Netanjahu die vorgezogene Ministerpräsidentenwahl mit knapper Mehrheit. Rechtsnationale und religiöse Parteien können einen deutlichen Stimmenzuwachs bei den Wahlen zur 14. Knesset verbuchen. Netanjahu kündigt die Ausweitung von Siedlungen im Westjordanland an. Bereits Anfang August beschließt die israelische Regierung, den Baustopp 9 Tophoven, Rolf (1995). Autonomie in Gaza und Jericho. In: Israel, Informationen zur politischen Bildung, S. 26. 10 Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001), a.a.O., S.388. 11 Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001), a.a.O., S. 389. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 9 für jüdische Siedlungen in den palästinensischen Gebieten aufzuheben.12 Dennoch treffen Netanjahu und Arafat im September zusammen, um über den Teilrückzug der israelischen Armee aus Hebron im Westjordanland zu beraten, der für April 1996 vorgesehen war. 1997 Am 15. Januar wird das Hebron-Abkommen unterzeichnet. In den Monaten Februar und Juli beschießt die israelische Regierung den Bau von jüdischen Siedlungen südlich und östlich von Jerusalem . In der Folge kommt es zu heftigen Protesten der Palästinenser. 1998 Im Oktober unterzeichnen Arafat und Netanjahu das Wye-I-Abkommen in Wye Plantation, das unter US-Vermittlung zustande gekommen war. Das Abkommen wird jedoch nie umgesetzt. Es sieht die vollständige Implementierung des Oslo-II-Abkommens vor. Die Vereinbarung besteht aus vier Kernpunkten: israelischer Truppenrückzug, palästinensische Sicherheitsgarantien, Änderung der Palästinensischen Nationalcharta sowie Handels- und Verkehrszusagen. Israel erklärt sich demnach zum stufenweisen Abzug seiner Truppen aus den besetzten Gebieten bereit. Darüber hinaus strebt es eine Übergabe von 14 Prozent der noch gemeinsam verwalteten Gebiete an. Vor allem sieht es die sofortige Aufnahme der Endstatusverhandlungen vor, die seit Unterzeichnung der Osloer Prinzipienerklärung immer wieder aufgeschoben worden waren. Nachdem zwei Prozent des Truppenrückzugs in der Nähe der Stadt Jenin abgeschlossen sind, stoppt Netanjahu den Prozess aufgrund des Drucks der extrem rechten und religiösen Parteien sowie der Likud und suspendiert die Umsetzung des Wye-I-Abkommens.13 Trotzdem bekräftigen die palästinensischen Führungsgremien die Streichung der bereits früher annullierten Israel-feindlichen Passagen aus der PLO-Charta. 1999 Nach einer Likud-Wahlniederlage wird Ehud Barak zum neuen Ministerpräsidenten Israels gewählt . Barak und die Arbeitspartei versprechen eine Wiederbelebung des Friedensprozesses. In Sharm el-Sheikh unterzeichnen Barak und Arafat im Beisein von König Abdallah II von Jordanien , Ägyptens Präsident Hosni Mubarak und der amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright das Wye-II-Abkommen (auch Wye-Folgeabkommen). Das Ziel ist die Umsetzung des Wye-I-Abkommens. Israel garantiert den Abzug aus den restlichen elf Prozent des besetzten Westjordanlands bis Januar 2000 und die Freilassung weiterer palästinensischer Gefangener. Auch wird beschlossen, die bestehenden Rahmenbedingungen bis September 2000 zu verlängern , um dann in die Endstatusverhandlungen zu Flüchtlings-, Wasserfragen und dem Status Jerusalems einzutreten. 12 Ebenda. 13 Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001), a.a.O., S. 349. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 10 2000 Im Juli finden in den USA die Verhandlungen zum Camp-David-II-Abkommen statt. Es wird ein Rahmenabkommen angestrebt, das alle strittigen Fragen beinhalten soll, die seit Beginn des Friedensprozesses auf die Endstatusverhandlungen verschoben wurden. Die Konsultationen enden jedoch ergebnislos. Als Ursachen für das Scheitern werden die Frage des künftigen Status von Jerusalem und die Flüchtlingsfrage ebenso genannt wie unterschiedliche Vorstellungen zur territorialen Aufteilung des Landes und zu Grenzfragen.14 Der Tempelberg-Besuch von Likud-Oppositionsführer Ariel Scharon löst im September die Zweite Intifada (Al-Aqsa-Intifada) aus. Scharons Besuch wird als Signal gedeutet, den israelischen Anspruch auf die heilige Stätte zu unterstreichen. Der Tempelberg gilt als die drittheiligste Stätte des Islam, der Besuch des israelischen Oppositionsführers wird von den Palästinensern als „gezielte Provokation“ gewertet.15 Als weitere Ursachen für die schweren Ausschreitungen gelten die Enttäuschung und Ernüchterung der Palästinenser angesichts verschlechterter Lebensbedingungen in den besetzten und selbstverwalteten Gebieten. Die Al-Aqsa-Intifada wird auch als „direkte Folge“ des Osloer Friedensprozesses beschrieben, der nach siebenjähriger unvollständiger Implementierung keinen umfassenden Frieden unter gleichberechtigten Partnern gebracht hat.16 In den darauffolgenden drei Monaten kommt es in Jerusalem, den besetzten Gebieten und in Israel zu schweren Ausschreitungen.17 Im Oktober einigen sich Barak und Arafat auf einem Gipfeltreffen in Sharm el-Sheikh unter Teilnahme des amerikanischen Präsidenten Clinton, Ägyptens Präsidenten Mubarak und Saudi-Arabiens König Abdallah II. auf ein Ende der gewalttätigen Konfrontationen. Dessen ungeachtet gehen die Unruhen in den Palästinensischen Gebieten weiter. Im Dezember treffen sich Konfliktparteien in Washington, um über die Clinton-Parameter zu beraten . Diese sehen die Rückgabe eines Großteils des Westjordanlands und des Gazastreifens an die Palästinenser vor, israelische Gebietskompensation für einen Teil des einbehaltenen Lands, die Demilitarisierung des (künftigen) Palästinensischen Staates, die Teilung Jerusalems nach demographischen Gesichtspunkten, die Niederlassung einiger palästinensischer Flüchtlinge im neu entstehenden palästinensischen Staat. Die Clinton-Parameter bilden den politischen Rahmen für die Fortsetzung der Verhandlungen in Taba im Januar 2001. Kurz nach den Beratungen tritt Ehud Barak zurück. 14 Vgl. Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001), a.a.O. Golan, Galia (2013). Peace Plans, 1993-2010. In: The Routledge Handbook on the Israeli-Palestinian Conflict. Routledge, New York, S.94f. 15 Akram, Susan M. und Michael Lynk (2011). A History of Arab-Israeli conflict. Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690- e1246?rskey=C8oxTU&result=1&prd=EPIL, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 16 Rotter, Gernot und Schirin Fathi (2001), a.a.O. 17 Böhme, Jörn und Christian Sterzing (2014). Kleine Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts, Länderanalysen , S. 80f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 11 2001 Im Januar scheitern Israelisch-palästinensische Verhandlungen im ägyptischen Taba an Grenzfragen , dem Status von Jerusalem und Flüchtlingsfragen. Anfang Februar wird Ariel Scharon zum israelischen Ministerpräsidenten gewählt. Ein von CIA- Chef George Tenet ausgehandelter Waffenstillstand bleibt unwirksam. Eine internationale Kommission unter Ex-US-Senator George Mitchell fordert einen sofortigen israelischen Siedlungsstopp in den palästinensischen Gebieten. US-Präsident George W. Bush spricht sich vor der VN-Vollversammlung für die friedliche Koexistenz von "zwei Staaten, Israel und Palästina, in sicheren und anerkannten Grenzen" aus.18 2002 Ende Januar wird der Arabischen Friedensplan präsentiert. Vor dem Hintergrund einer sich ausweitenden Radikalisierung von Gruppen in der Region strebt der Plan, der auf den seinerzeitigen saudischen Kronprinzen Abdallah zurückgeht, einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten auf Grundlage einer Zweistaatenlösung an. Mit dem Plan bieten die Staaten der Arabischen Liga Israel die Normalisierung der Beziehungen gegen den Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967 (auch in Jerusalem) an und fordern eine einvernehmliche Lösung für das Flüchtlingsproblem. Der Arabische Friedensplan stützt sich auf Resolution 194 des VN-Sicherheitsrates und greift das Verhandlungsprinzip „Land gegen Frieden“ der Osloer Prinzipienerklärung auf. Die arabische Initiative wird als ein Entgegenkommen gegenüber Israel bewertet, da sie „militärische Lösungen “ ablehnt und in der Flüchtlingsfrage von einer „gerechten Lösung“, nicht aber von einem „Rückkehrrecht“ palästinensischer Flüchtlinge spricht.19 Eine deutliche Reaktion Israels hierauf bleibt zunächst aus, da eine Serie von Selbstmordattentaten zu einem militärischen Eingreifen Israels führt. Die Arabische Liga bestätigt die Initiative erstmals am 27./28. März, aber auch in den Folgejahren und versichert sich der Unterstützung durch die 57 Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit.20 Ab Ende März werden ca. 40 Israelis bei einer Serie von Selbstmordattentaten durch die Hamas getötet. Israels Premier Scharon lässt die nach dem Oslo-II-Abkommen geräumten Gebiete wieder besetzen und reagiert mit Militäroperationen in den palästinensischen Autonomiegebieten. Dabei besetzt das israelische Militär das gesamte Westjordanland, um mögliche Täter festzunehmen , Waffenlager aufzuspüren und Waffenproduktionsstätten zu zerstören. Das Hauptquartier 18 Hofmann, Sabine (2013). 20 Jahre Oslo-Prozess: Trotz Verhandlungen keine Fortschritte. GIGA Focus Nr. 10. S.4 Abrufbar unter: http://www.giga-hamburg.de/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 19 Peters, Joel und David Newman (2013). The Routeledge Handbook on the Israeli-Palestinian Conflict. Routledge, New York, S. 99. 20 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 12 der PLO in Ramallah wird bei den Kampfhandlungen zerstört und PLO-Vorsitzender Arafat kann sein Hauptquartier über die nächsten zwei Jahre nicht verlassen.21 Angesichts der andauernden Gewalt zwischen Israel und Palästinensern beschließen die USA, die EU, Russland und die Vereinten Nationen im April in Madrid eine dauerhafte Zusammenarbeit und enge Abstimmung im Rahmen des Nahost-Quartetts. Im Juni beginnt die israelische Regierung mit dem Bau von Sperranlagen, die verhindern sollen, dass mögliche Attentäter über die Grüne Linie von der Westbank nach Israel, und damit auch nach Ost-Jerusalem, gelangen. Die Sperranlage mit ihrem bis zu acht Meter hohen Zaun ist zusätzlich mit Gräben und elektronischen Einrichtungen geschützt. Sie verläuft teilweise bis zu mehrere Kilometer innerhalb der Westbank - wodurch rund zehn Prozent ihrer Fläche abgetrennt werden. Einige palästinensische Ortschaften östlich der Grünen Linie, aber westlich der Sperranlagen sind isoliert. Andere Städte, wie Qalqilya in der nördlichen West Bank, werden nahezu vollständig von einer Mauer umschlossen oder, wie Bethlehem, durch die Mauer geteilt.22 2003 Aufbauend auf europäischen Vorarbeiten, entwickelt das Nahost-Quartett im April mit der Roadmap einen „Friedensfahrplan“ für Israelis und Palästinenser. US-Präsident Bush präsentiert die Roadmap, die von den Palästinensern akzeptiert wird. Israel erhebt Einwände und erhält die Zusicherung der US-Administration, dass diese im Verlauf der Verhandlungen „berücksichtigt“ werden.23 Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen unterstützt am 19. November 2003 in Resolution 1515 offiziell diesen Friedensfahrplan. Die Roadmap soll zu einer Zweistaatenlösung führen , das heißt einem demokratischen palästinensischen Staat an der Seite Israels. Sie sieht die Schaffung einer Friedenslösung in drei Stufen bis Ende 2005 vor. Der „Fahrplan“ enthält eine klare Phaseneinteilung, einen Ablaufplan, Zieltermine und Bewertungsmaßstäbe, um die Fortschritte der beiden Konfliktparteien in den Bereichen Politik, Sicherheit, Wirtschaft, humanitäre Lage und Aufbau von Institutionen unter der Schirmherrschaft des Nahost-Quartetts zu bemessen .24 In einer ersten Phase sollen Palästinenser ihre Sicherheitskooperation mit Israel wieder 21 Akram, Susan M. und Michael Lynk (2011). A History of Arab-Israeli conflict. Max Planck Encyclopedia of Public International Law, http://opil.ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690- e1246?rskey=C8oxTU&result=1&prd=EPIL, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 22 Bundeszentrale für politische Bildung (2008). Geschichte des Nahost-Konflikts. Informationen zur politischen Bildung, http://www.bpb.de/izpb/9603/geschichte-des-nahost-konflikts, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 23 Böhme, Jörn und Christian Sterzing (2014). Kleine Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts, Länderanalysen , S. 86f. 24 Auswärtiges Amt (2003). Ein ergebnisorientierter „Fahrplan“ für eine dauerhafte Zwei-Staaten-Regelung zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts des Quartetts, http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet /contentblob/341388/publicationFile/3403/Roadmap-pdf.pdf, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 13 aufnehmen, palästinensische Gruppen entwaffnet werden und Israel den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten völlig einstellen.25 Bereits in der ersten Stufe gerät der Fahrplan ins Stocken. Israel weigert sich, seinen Verpflichtungen zur Umsetzung der Räumung von illegalen Siedlungsaußenposten nachzukommen. Eine Reform der palästinensischen Selbstverwaltung wird durchgesetzt, u.a. mit dem Entwurf einer Verfassung und der Schaffung eines Ministerpräsidentenamtes. Mahmud Abbas, Arafats Stellvertreter in vielen PLO-Gremien, wird erster Ministerpräsident. Arafat selbst bleibt Präsident. Der Fahrplan wird nie vollständig umgesetzt.26 2004 Am 11. November stirbt Yasser Arafat, sein Nachfolger wird Mahmoud Abbas. 2005 Israels Ministerpräsident Ariel Scharon stellt am 15. März in der Knesset den Gaza Disengagement Plan vor. Dieser sieht die Räumung der israelischen Siedlungen und den Truppenrückzug Israels aus dem Gaza-Streifen vor. Scharon reagiert damit auf nationale wie internationale Kritik an einem Stillstand des Friedensprozesses.27 Die USA setzen das Rafah-Abkommen zur Grenzöffnung zwischen Gaza-Streifen und Ägypten mit EU-Beobachtern (EUBAM Rafah28) durch. Im Juli publizieren 171 propalästinensische zivilgesellschaftliche Organisationen den Gründungsaufruf der Kampagne „Boycott, Divestment and Sanctions“ (Boykott, De-Investition, Sanktionen ), der sich an den früheren Boykott Südafrikas aufgrund der Apartheid anlehnt. Die Kampagne soll international für den Boykott ganz Israels sorgen, um so die Aufgabe der besetzten Gebiete , eine Rückkehr der Flüchtlinge und Gründung eines Staates Palästina zu erreichen. Im August tritt Ariel Scharon aus der Likud aus und gründet Kadima („Vorwärts“), der sechs Minister und zahlreiche Mitglieder der Likud und der Arbeitspartei beitreten. Am 12. September ist der israelische Abzug aus dem Gazastreifen vollendet. 25 Horvath, Sabine (2005). Road Map für den Nahen Osten. Der Aktuelle Begriff. Nr. 09/04 vom 25. Mai 2014. 26 Böhme, Jörn und Christian Sterzing (2014). Kleine Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts, Länderanalysen , S. 88f. 27 Golan, Galia (2013). Peace Plans, 1993-2010. In: The Routledge Handbook on the Israeli-Palestinian Conflict. Routledge, New York, S.101f. 28 European Union (2014). European Union Border Assistance Mission in Rafah, http://www.eubam-rafah.eu/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 14 2006 Am 4. Januar erleidet Scharon einen schweren Schlaganfall, Ehud Olmert übernimmt die Amtsgeschäfte und wird im Juni im Amt bestätigt. Am 26. Januar gewinnt die Hamas bei demokratischen Wahlen zum palästinensischen Legislativrat die absolute Stimmen- und Mandatsmehrheit. Der Sieg der Hamas wird von Israel nicht anerkannt, ihr Spitzenkandidat Ismail Haniyeh wird Premierminister. Die Fatah wird parlamentarische Minderheit. Es kommt zur Bildung einer Einheitsregierung unter Beteiligung der Fatah im März, die bereits im Juni des Jahres nach Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Fatah wieder aufgelöst wird. Das Wahlergebnis führt zu einer Eskalation der Gewalt zwischen Palästinensern und Israel; auch die internen Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Fatah verschärfen sich. Die EU und die USA setzen ihre Finanzhilfen für die palästinensischen Gebiete aus. Sie leiten diese schließlich auf nicht von der Hamas kontrollierte Konten um. Ihr Ziel ist es, die Hamas zu isolieren, da diese weder das Existenzrecht Israels anerkennt, noch das Prinzip der friedlichen Konfliktlösung.29 Auf die Entführung des israelischen Soldaten Shalit durch militante Palästinenser reagiert Israel mit dem Einmarsch von Truppen in den Gazastreifen am 28. Juni. Der Versuch, den entführten Soldaten im Zuge der Militäroffensive Operation Sommerregen zu befreien, scheitert. 2007 Nach Kämpfen zwischen Milizen der radikalen Hamas und der gemäßigten Fatah entlässt Abbas Ministerpräsident Haniyeh. Infolge eines Putsches durch die Hamas wird die Fatah aus dem Gazastreifen verdrängt. Fatah-Anhänger fliehen in das Westjordanland. Dort bildet Abbas ein Notstandskabinett der Fatah unter Salam Fayyad.30 Am 27. November beginnt die Annapolis-Konferenz, bei der Abbas und Olmert vereinbaren, die im Jahr 2000 abgebrochenen Friedensverhandlungen wiederaufzunehmen mit dem Ziel, ein Übereinkommen zu erreichen. Auch bei dem Annapolis-Prozess geht es um Endstatusverhandlungen . Aufgrund der Komplexität der zu verhandelnden Themen sowie innenpolitischer Entwicklungen gelingt es bis Ende 2008 nicht, ein Übereinkommen im Sinne einer Zweistaatenlösung zu erreichen. 31 Während in Israel im Herbst 2008 das Parlament aufgelöst und Neuwahlen für den 10. Februar 2009 angesetzt werden, dauert der Konflikt zwischen den verschiedenen 29 Vieweger, Dieter (2010). Streit Um Das Heilige Land. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, S. 241. 30 Mischer, Olaf (2014). Die Geschichte des modernen Israel. In: GEOEpoche, S. 182-188. 31 Schiff, Amira (2013). The `Annapolis Process‘: a chronology of failure. In: Israel Affairs, 19 (4),660-678. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 15 Gruppierungen auf palästinensischer Seite an. Nach Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen in und um Gaza (27. Dezember 2008) werden die direkten Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinensischen Behörde abgebrochen.32 2008 Die Hamas erklärt am 19. Dezember die am 18. Juni unter ägyptischer Vermittlung für sechs Monate vereinbarte Waffenruhe mit Israel für beendet. 2009 27. Dez. 2008 bis 17. Januar 2009 Gaza-Offensive. Nach Raketenangriffen durch Hamas und andere Gruppen führt das israelische Militär eine dreiwöchige Gaza-Offensive mit massiven Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen durch, genannt Operation Gegossenes Blei. Im Verlauf der Operation entsendet Israel auch Bodentruppen. Erklärtes Ziel der Offensive ist die „Zerstörung terroristischer Infrastruktur der Hamas“ und die Übernahme der Kontrolle einiger Gebiete, von denen aus Raketen auf israelisches Territorium abgeschossen werden.33 Abbas bricht Gespräche mit Israel ab. Im März wird Benjamin Netanjahu erneut Ministerpräsident. Im Wahlkampf hatte er ein Aussetzen des Siedlungsbaus strikt abgelehnt. 2010 Präsident Barack Obama kündigt eine neue US-Initiative zur Wiederaufnahme von Verhandlungen an und verlangt eine Beendigung des jüdischen Siedlungsbaus im Westjordanland. Netanjahu stimmt einem zehnmonatigen Siedlungsmoratorium zu. George Mitchell nimmt eine neue US-Mission zur Vermittlung indirekter Gespräche (sogenannte „proximity talks“) auf. Es kommt zu direkten Gesprächen zwischen Abbas und Netanjahu im September in Washington. Nach Auslaufen des Siedlungs-Moratoriums brechen die Verhandlungen jedoch ab, und US-Sonderbeauftragter Mitchell gibt seine Mission auf. 2011 32 Auswärtiges Amt (2014). Geschichte des Nahostfriedensprozesses, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik /RegionaleSchwerpunkte/NaherMittlererOsten/IsraelPalaestinensischeGebiete/geschichte-desnofp _node.html, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 33 ZeitOnline (2012), http://www.zeit.de/news/2012-11/15/konflikte-hintergrund-der-gazastreifen---leben-mit-gewalt -und-not-15134604, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 16 Auf Vermittlung des Nahost-Quartetts und Jordaniens kommen im September neue Verhandlungen zustande. Das Nahost-Quartett entwickelt einen mehrstufigen Plan, der bis Ende 2012 zu einem Abkommen führen soll. Der Plan sieht einen zeitlichen Fahrplan für Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen vor. Im Grundsatz wird dieser von den Konfliktparteien befürwortet, in der Siedlungsfrage kommt es erneut zu starken Differenzen. Der von Freischärlern der Hamas entführte und über fünf Jahre gefangen gehaltene israelische Soldat Gilad Shalit wird im Austausch gegen etwa 1.000 palästinensische Gefangene freigelassen .34 2012 Im März nimmt der VN-Menschenrechtsrat in Genf mehrheitlich eine Resolution an, mit der die Einsetzung einer Untersuchungskommission zur israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland beschlossen wird. Aus Protest suspendiert Israel seine Zusammenarbeit mit dem VN-Menschenrechtsrat .35 Im September kündigt Präsident Abbas in seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution mit dem Ziel der Statusaufwertung zum „Beobachterstatus“ für Palästina in der Generalversammlung der Vereinten Nationen an. Israel lehnt diesen Schritt ab. Im Zuge einer neuen Gewaltspirale werden im Oktober und November von palästinensischer Seite mehr als 2.000 Raketen auf Südisrael abgeschossen. Die israelische Luftwaffe reagiert mit Vergeltungsschlägen in und um Gaza. Insbesondere aufgrund ägyptischer Bemühungen kommt eine Waffenruhe zwischen Israel und den Machthabern im Gazastreifen zustande, die - abgesehen von einzelnen Zwischenfällen - bis Juni 2014 anhält.36 Die VN-Generalversammlung nimmt am 29. November die Resolution des VN-Sicherheitsrats 67/19 an und räumt Palästina Beobachterstatus als Nichtmitglied („non-member observer state“) ein. 37 Israel beschließt als Antwort darauf eine große Zahl von Siedlungsprojekten im Westjordanland . 34 Neue Zürcher Zeitung (2011). Gilad Shalit freigelassen, vom 19. Oktober 2011. 35 Botschaft des Staates Israel in Berlin (2012). Scharfe Kritik an UN-Resolution, http://www.botschaftisrael .de/2012/03/23/scharfe-kritik-an-un-resolution/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Vereinte Nationen. Israel boykottiert Universelle periodische Überprüfung (UPR), siehe auch: Neue Zürcher Zeitung (2013). Israel boykottiert UNO-Rat, vom 30. Januar 2013. 36 Auswärtiges Amt (2014). Geschichte des Nahostfriedensprozesses, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik /RegionaleSchwerpunkte/NaherMittlererOsten/IsraelPalaestinensischeGebiete/geschichte-desnofp _node.html, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 37 United Nations (2012). Status of Palestine in the United Nations. Von der VN-Generalversammlung am 4. Dezember 2012 angenommene Resolution, http://unispal.un.org/UNISPAL.NSF/0/19862D03C564FA2C85257ACB004EE69B, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 17 2013 Der amerikanische Außenminister John Kerry verkündet auf seiner insgesamt sechsten Nahost- Reise seit Amtsantritt im Februar, dass die Parteien einer Wiederaufnahme der Verhandlungen zugestimmt haben. Der Zeitrahmen für die Verhandlungen mit den Unterhändlern beider Seiten ist befristet. Grundlage der Gespräche ist das israelisch-palästinensische Vertragswerk von Oslo. 2014 Trotz intensiver US-Bemühungen gelingt es nicht, beide Parteien in dem vorgegebenen Zeitrahmen zu einer Einigung zu bewegen. Die Gespräche kommen Ende April 2014 zum Stillstand.38 Es kommt verstärkt zu Ankündigungen von Siedlungsbau (mehr als in den vier vorausgegangenen Jahren) meist parallel zu den zuvor vereinbarten Freilassungen palästinensischer Vor-Oslo-Gefangener . Insgesamt werden 78 der versprochenen 104 Gefangenen freigelassen. Palästina tritt 19 internationalen Konventionen bei. Von Juni bis August kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen auf Raketenbeschüsse der Hamas Vergeltungsschläge Israels folgen. Gaza wird schwer bombardiert. Am 27. August einigt man sich in Kairo auf einen Waffenstillstand. Im September und Oktober kündigt Israel den Bau tausender Wohnungen in Ost-Jerusalem und den besetzten Gebieten an.39 40 41 Die schwedische Regierung erkennt am 30. Oktober als erster westeuropäischer EU-Mitgliedstaat Palästina formell als eigenständigen Staat an. Laut palästinensischer Vertretung bei den Vereinten Nationen haben bislang 136 von 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen Palästina als Staat anerkannt.42 24. Nov. Das Kabinett von Benjamin Netanjahu leitet einen Gesetzentwurf an das Parlament weiter, in dem Israel als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ definiert wird. Der Entwurf des Likud-Abgeordneten Zeev Elkin sieht vor, dass die Wahrung der jüdischen Identität des Staates Vorrang haben soll vor seinem demokratischen Charakter. Bei einer Verabschiedung des 38 Auswärtiges Amt (2014). Der Nahostkonflikt, israelisch-palästinensische Verhandlungen vom 10. September 2014, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/NaherMittlererOsten/Israel- PalaestinensischeGebiete/IsraelischPalaestinensischerKonflikt_node.html#doc340994bodyText3, (letzter Zugriff : 9. Mai 2019). 39 Frankfurter Allgemeine Zeitung (2014). Israel will neue Siedlungen bauen, vom 2. September 2014. 40 Auswärtiges Amt (2014). Auswärtiges Amt besorgt über Siedlungsbaupläne in Ost-Jerusalem. Pressemitteilung vom 2. Oktober 2014. 41 Auswärtiges Amt (2014). Auswärtiges Amt besorgt über neue israelische Siedlungspläne in Ost-Jerusalem. Pressemitteilung vom 28. Oktober 2014. 42 SpiegelOnline (2014). Schweden erkennt Palästina als Staat an, vom 30. Oktober 2014. United Nations (2014). Permanent Observer Mission of the State of Palestine to the United Nations. Diplomatic Relations, http://palestineun.org/about-palestine/diplomatic-relations/ (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 18 Gesetzes durch die israelische Knesset würde Arabisch den Status einer zweiten Landessprache verlieren.43 Das Gesetz wird im Juli 2018 verabschiedet. 17. Dez. Das EU-Parlament entschließt sich nach langer Debatte für einen Kompromiss zur Anerkennung Palästinas. In der Entschließung des EU-Parlaments hierzu heißt es, dass es „grundsätzlich die Anerkennung Palästinas“ unterstütze, diese aber von erfolgreichen Friedensverhandlungen abhängig mache. Das Votum ist allerdings nur symbolisch, denn eine Anerkennung Palästinas obliegt ausschließlich den EU-Mitgliedstaaten selbst. 44 31. Dez. Präsident Mahmud Abbas unterzeichnet das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), 16 weitere internationale Konventionen und Verträge sowie die Erklärung zur Anerkennung der Jurisdiktion des Internationalen Strafgerichtshofs „über mögliche in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Jerusalems verübte Verbrechen“ rückwirkend ab dem 13. Juni 2014. Das Datum markiert den Beginn der israelischen Kriegshandlungen auf der Westbank nach der Entführung und Ermordung dreier israelischer Jugendlicher.45 Das Römische Statut des IStGH soll am 1. April 2015 für Palästina in Kraft treten.46 2015 4. Januar Israel setzt die Überweisung der im Pariser Abkommen von 1994 geregelten Zölle und Steuern an die Autonomiebehörde als Reaktion auf den Beitritt der Palästinenser zum Internationalen Strafgerichtshof aus.47 16. Januar Die Chefanklägerin Fatou Bensouda des IStGH leitet ein Vorermittlungsverfahren zur „Lage in Palästina“ und zu möglichen Straftaten nach dem Römischen Statut ein. Mit ihrem Beitritt zum Römischen Statut haben die Palästinenser die Rechtsprechung des IStGH über in 43 Süddeutsche Zeitung (2014). Lieber jüdisch als demokratisch, vom 25. November 2014. 44 EurActiv (2014). EU-Parlament stimmt für Anerkennung Palästinas, vom 17. Dezember 2014, http://www.euractiv .de/sections/eu-aussenpolitik/eu-parlament-stimmt-ueber-anerkennung-palaestinas-ab-310884, (letzter Zugriff : 9. Mai 2019). 45 International Criminal Court (ICC, 2015). The State of Palestine accedes to the Rome Statute, News Release vom 7. Januar 2015, http://www.icc-cpi.int/en_menus/icc/press%20and%20media/press%20releases/Pages /pr1082_2.aspx, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 46 ICC (1. April 2015). Judge Kuniko Ozaki, Remarks at Welcoming Ceremony for the State of Palestine, given in the capacity of Acting President of the International Criminal Court, https://www.icc-cpi.int/iccdocs /PIDS/press/01-04-15-Pres-speech.pdf#search=Palestine, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 47 Münch, Peter (5. Januar 2015). Rechtsbruch als Vergeltung. In: Süddeutsche Zeitung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 19 den besetzten palästinensischen Gebieten (einschließlich Jerusalem) verübte Straftaten ab dem 13. Juni 2014 akzeptiert.48 16. März Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigt am Tag vor der Parlamentswahl an, dass es keinen Palästinenserstaat geben werde, solange er Regierungschef ist.49 17. März Netanjahu gewinnt die Wahlen und erklärt am Tage seines Wahlsieges, er halte unverändert an einer „dauerhaften Zweistaatenlösung“ fest, allerdings hätte sich dafür der Kontext geändert.50 5. April Der Zentralrat der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) setzt die Sicherheitskooperation mit Israel im Westjordanland aus, da Israel seine vertraglichen Verpflichtungen für die besetzten Gebiete „systematisch“ verletzt habe.51 30. Sept. Das Nahost-Quartett trifft sich am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen und einigt sich darauf, dass diplomatische Vertreter des Nahost-Quartetts in einer erneuten Initiative die Vermittlung von direkten Friedensgesprächen für eine Zweistaatenlösung ausloten sollten.52 10./11. Okt. Mehrere palästinensische Anschläge bilden den Auftakt einer Serie blutiger Attentate in Nahost. Bei Vergeltungsaktionen der israelischen Luftwaffe sterben eine Palästinenserin und ihr Sohn. 13. Okt. Palästinensische Extremisten erklären den 13. Oktober zum „Tag des Zorns“ und rufen zu Gewaltaktionen auf. Zwei mit einem Messer und einer Pistole bewaffnete Palästinenser töten in Jerusalem in einem Linienbus zwei Israelis, sieben weitere Passagiere werden verletzt. Zudem lenkt ein Palästinenser sein Auto in eine Bushaltestelle und tötet anschließend bei einem 48 United Nations News Centre (16. Januar 2015). International Criminal Court opens initial probe into recent Gaza conflict. News Release, http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=49818&Kw1=Gaza&Kw2=&Kw3=#.VS_BGPmKVsI, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 49 Frankfurter Allgemeine Zeitung (17. März 2015). Netanjahu umwirbt das rechte Lager. 50 Rudoren, Jodi and Michael D. Shear (19. März 2015). Israel’s Netanyahu Reopens Door to Palestinian State, but White House Is Unimpressed. In: New York Times, http://www.nytimes.com/2015/03/20/world/middleeast/israel -netanyahu-elections-palestinian-state.html?_r=0, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 51 Rößler, Hans-Christian (2015). Palästinensische Drohgebärden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. März 2015. 52 Stoil, Rebecca Shimoni (1. Oktober 2015). Quartet urges regional outreach to spur peace talks. In: The Times of Israel, http://www.timesofisrael.com/quartet-urges-regional-outreach-to-spur-peace-talks/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 20 Messerangriff einen Rabbiner, mehrere Israelis werden verletzt.53 Bis Ende November werden rund 17 Menschen auf israelischer, 95 auf palästinensischer Seite durch Gewaltaktionen getötet .54 29. Nov. Nach den von der EU-Kommission veröffentlichten „Auslegungshinweisen“ über die Kennzeichnung von Produkten aus dem Westjordanland will die israelische Regierung die EU nicht mehr als Vermittler im Friedensprozess akzeptieren und die entsprechenden diplomatischen Kontakte aussetzen. Bilaterale Kontakte zu einzelnen Mitgliedstaaten betrifft dies nicht. 55 27. Dez. Das israelische Regierungskabinett billigt einen von Justizministerin Ayelet Shaked (rechts-nationale Siedlerpartei) vorgelegten Gesetzesentwurf. Das neue „Transparenzgesetz “ soll Nichtregierungsorganisationen, die mehr als die Hälfte ihrer finanziellen Zuwendungen aus dem Ausland erhalten, dazu verpflichten, dies stets in sämtlichen Veröffentlichungen und Korrespondenzen kenntlich zu machen.56 2016 3. Januar Gegen einen 21-jährigen und einen 17-jährigen Israeli wird Mordanklage erhoben, nachdem Ende Juli bei einem Brandanschlag auf das Haus einer palästinensischen Familie in Duma (Westjordanland) drei Mitglieder der vierköpfigen Familie starben.57 Die im Dezember festgenommenen Angeklagten sollen die Tat als Racheakt begangen haben. Der Brandanschlag auf die palästinensische Familie und die darauffolgenden schleppenden Ermittlungen der israelischen Behörden gelten als ein Auslöser für die jüngste palästinensische Gewaltwelle.58 26. Januar Der Bau von etwa 150 Wohnungen für Siedler im Westjordanland wird genehmigt. Damit endet ein informeller 18-monatiger Baustopp in der Westbank.59 53 Rößler, Hans-Christian (14. Oktober 2015). Gegen Israel und die eigenen Führer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 54 Münch, Peter (30. November 2015). Am Knotenpunkt des Terrors. In: Süddeutsche Zeitung. 55 SpiegelOnline (29. Dezember 2015). Nahost-Friedensprozess: Israel will EU nicht mehr als Vermittlerin, http://www.spiegel.de/politik/ausland/israel-will-eu-nicht-mehr-als-vermittler-in-nahost-friedensprozess-a- 1065148.html (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 56 ZeitOnline (27. Dezember 2015). Netanjahus Regierung geht gegen kritische NGOs vor, http://www.zeit.de/politik /ausland/2015-12/israel-kabinett-gesetzentwurf-ngo-stengere-kontrolle?print (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 57 Frankfurter Allgemeine (4. Januar 2016). Mordanklage gegen zwei Israelis. 58 Günther, Inge (4. Dezember 2015). Jüdische Extremisten hinter Gittern. In: Frankfurter Rundschau. 59 ZeitOnline ( 26. Januar 2016). Israel genehmigt Bau von rund 150 Siedlerwohnungen, http://www.zeit.de/politik /ausland/2016-01/nahost-israel-westjordanland-siedlungsbau?print (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 21 Zwischen Premierminister Netanjahu und VN-Generalsekretär Ban Ki Moon kommt es zu einem Schlagabtausch. Ban hatte auf einer Sitzung des VN-Sicherheitsrats die Siedlungspläne der israelischen Regierung kritisiert. Der Siedlungsbau verhindere Fortschritte in Richtung Frieden; die israelische Besatzung sei ein „Brutkasten für Extremismus und Hass“, vor allem für junge Palästinenser erwachse daraus ein „tief greifendes Gefühl der Entfremdung und Verzweiflung“, das oftmals hinter Gewalttaten stehe.60 Netanjahu reagiert darauf in einer Video-Stellungnahme: Bans Aussagen schürten den Terrorismus, für den es keine Rechtfertigung gebe. Die VN hätten ihre Neutralität und ihre moralische Kraft verloren.61 17. Februar Frankreichs ehemaliger Außenminister Laurent Fabius stößt eine neue Friedensinitiative an, die später von dessen Nachfolger Ayrault mit veränderter Teilnehmerzusammensetzung umgesetzt wird. Der Plan sieht eine internationale Friedenskonferenz im Juni in Paris vor, an der Vertreter Israels, Palästinas, der USA, Europas und arabischer Staaten teilnehmen sollen. Sollten die Verhandlungen völlig ergebnislos bleiben, schließt Frankreich als die Anerkennung eines palästinensischen Staates nicht aus.62 Der israelische Ministerpräsident Netanjahu weist den Pariser Vorstoß während der gleichzeitigen deutsch-israelischen Regierungskonsultationen in Berlin zurück.63 27. Februar Das israelische Finanzministerium gibt umgerechnet 116 Mio. Euro an die palästinensische Autonomiebehörde frei, die sich aus für die Palästinenser erhobenen, aber bisher nicht ausgezahlten Steuern und Zöllen speisen. Die Zahlungen erfolgen aus Sorge über einen drohenden finanziellen Kollaps der Autonomiebehörde. Den Angaben zufolge verbindet die israelische Regierung mit der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage die Hoffnung, die Zahl der Terroranschläge verringern zu können, und erwartet im Gegenzug einen größeren Einsatz von Palästinenserpräsident Abbas gegen antiisraelische Hetze. 64 10. März Während eines Israel-Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden in Jaffa wird ein amerikanischer Student durch einen palästinensischen Attentäter erstochen. Bei einem anderen Vorfall beschießt ein Palästinenser einen Linienbus und versucht, Passanten zu überfahren.65 21. April Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault kündigt wie geplant eine Nahostfriedenskonferenz für den 30. Mai in Paris an, zu der über 20 Staaten geladen werden, nicht aber Vertreter Israels und der palästinensischen Seite. Die Konferenz solle einen für die zweite 60 Münch, Peter (28. Januar 2016). Heftiger Schlagabtausch. In: Süddeutsche Zeitung. 61 The Times of Israel ( 26. Januar 2016). Furious Netanyahu slams Ban Ki-Moon for ‘stoking’ Palestinian terrorism , http://www.timesofisrael.com/netanyahu-un-stoking-terror-while-palestinians-want-to-destroy-us/ (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 62 Münch, Peter (18. Februar 2016). Vorstoß und prompter Rückschlag. In: Süddeutsche Zeitung. 63 Robin, Alexander und Böhmer, Daniel-Dylan (17. Februar 2016). Merkels Solidaritätsgeste für Netanjahu. In: Die Welt. 64 Frankfurter Allgemeine (27. Februar 2016). Attentate in Tel Aviv und Jerusalem. 65 Frankfurter Allgemeine Zeitung (10. März 2016). Israel gibt Millionenzahlung für Palästinenser frei. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 22 Jahreshälfte geplanten internationalen Nahostfriedensgipfel vorbereiten helfen, zu dem dann auch die israelisch-palästinensischen Vertreter geladen sein würden.66 26. April Als Reaktion auf eine Erklärung Netanjahus, wonach der Golan ein fester Bestandteil Israels sei, hält der VN-Sicherheitsrat eine Sondersitzung zur „israelischen Besatzung“ des Golan ab. Der Sicherheitsrat weist die Gebietsansprüche Israels zurück. Israels VN-Botschafter Danon hingegen fordert, sich auf den blutigen Bürgerkrieg in Syrien zu konzentrieren anstatt auf die „einzige Demokratie in der Region“.67 28. April Netanjahu lehnt die für den 30. Mai vorgesehene französische Friedensinitiative zur Lösung des Nahostkonfliktes ohne Beteiligung der israelischen und palästinensischen Vertreter ab.68 3. Mai Die israelische Justizministerin Ayelet Shakel kündigt anlässlich einer Konferenz des Legal Forum for the Land of Israel in Jerusalem das Vorhaben an, binnen eines Jahres den Geltungsbereich für israelisches Recht auf das Westjordanland auszudehnen.69 Im sogenannten C-Gebiet, das 60 Prozent der Fläche des besetzten Westjordanlands ausmacht, leben rund 400.000 Israelis in Siedlungen, die international als völkerrechtswidrig angesehen werden.70 1. Juli Der Bericht des Nahost-Quartetts sieht eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt in Gefahr. Dafür verantwortlich gemacht werden der anhaltende Siedlungsbau und die „Expansion “ Israels sowie Gewalt und Aufhetzung auf palästinensischer Seite, der die palästinensische Führung nicht entschieden genug entgegentrete. Zudem wird in dem Bericht von Israel ein Baustopp für die Zone C im Westjordanland gefordert.71 66 Le Parisien (21. April 2016). Israel-Palestine: vingt pays invités à Paris pour relancer le processus de paix, http://www.leparisien.fr/international/israel-palestine-vingt-pays-invites-a-paris-pour-relancer-le-processus-depaix -21-04-2016-5734413.php#xtref=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 67 Charbonneau, Louis (26. April 2016). U.N. council voices alarm at Israeli statement on Golan Heights. In: Reuters , http://www.reuters.com/article/us-israel-syria-un-idUSKCN0XN2FD, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 68 EuropeOnline Magazin (28. April 2016). Netanjahu erteilt Frankreichs Friedensinitiative eine Absage, http://www.europeonline-magazine.eu/netanjahu-erteilt-frankreichs-friedensinitiative-absage_452813.html, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 69 Bob, Yonah Jeremy and Lahav Harkov (2. Mai 2016). Ayelet Shaked: Apply Israeli law to West Bank within one year. In: The Jerusalem Post, http://www.jpost.com/Arab-Israeli-Conflict/Justice-Minister-Shaked-Apply- Israeli-law-to-West-Bank-within-1-year-452847, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 70 FAZ (3. Mai 2016). Israelisches Recht in C-Gebiet. 71 United Nations (1. Juli 2016). Report of the Middle East Quartet, http://www.un.org/News/dh/infocus/middle _east/Report-of-the-Middle-East-Quartet.pdf, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Ravid, Barak (1. Juli 2016). Quartet releases report on impasse in Israeli-Palestinean peace: `Two state solution in danger.´ In: Haaretz, http://www.haaretz.com/israel-news/1.728324, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 23 5. Juli VN-Generalsekretär Ban-Ki Moon übt scharfe Kritik am israelischen Siedlungsbau im Westjordanland. Seine Kritik zielt auf die Genehmigung von 560 Wohneinheiten in der Siedlung von Maale Adumin sowie die Genehmigung von Plänen für 240 Wohneinheiten in einer Reihe von Siedlungen im besetzten Ost-Jerusalem ab.72 11. Juli Trotz Protesten aus dem In- und Ausland (u.a. von Seiten der Bundesregierung, der Regierung der USA und der Europäischen Kommission)73 verabschiedet die Knesset das sogenannte Transparenzgesetz, das zivilgesellschaftliche Organisationen, die Fördermittel von ausländischen öffentlichen Quellen erhalten, zur Offenlegung zwingt. Im ursprünglichen Entwurf vorgesehene noch schärfere Regelungen (wie der Zwang zum Tragen eines speziellen Ausweises durch Vertreter solcher NGOs bei Terminen im Parlament) waren zwar gestrichen worden, doch bezeichnete Oppositionsführer Isaak Herzog das Gesetz als „bezeichnend (…) für den sich in der israelischen Gesellschaft breitmachenden Faschismus.“ Das NGO-Gesetz betrifft in erster Linie NGOs, die der politischen Linken zugerechnet werden und sich für Frieden und Aussöhnung engagieren , nicht jedoch Siedler-NGOs, da diese ihre Gelder meist von privaten Spendern erhalten .74 22. August Für eine Zweistaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt sprechen sich nur 51 Prozent der Palästinenser und 59 Prozent der Israelis aus.75 30. Nov. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter plädiert in der New York Times für die diplomatische Anerkennung Palästinas als „natürliche Nebenerscheinung“ der amerikanischen Unterstützung für eine Zweistaatenlösung. Ziel der diplomatischen Anerkennung sei auch, dem Land zu einer Vollmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen zu verhelfen.76 72 United Nations (5. Juli 2016). Secretary-General strongly criticizes Israel’s decision to advance settlement construction , urging government to halt, reverse plans in the interest of peace, http://www.un.org/press/en/node/221532, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 73 Die Bundesregierung äußerte sich wie folgt: „Zivilgesellschaftliches Engagement und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen sind wichtige Pfeiler einer freiheitlichen Demokratie. Es ist bedauerlich, dass in Israel nun ein neues NGO-Gesetz verabschiedet wurde, das den Spielraum israelischer zivilgesellschaftlicher Akteure einschränkt.“ 74 Peter Beaumont (12 Juli 2016). Israel passes law to force NGOs to reveal foreign funding. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2016/jul/12/israel-passes-law-to-force-ngos-to-reveal-foreign-funding (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 75 Konrad Adenauer Stiftung (22. August 2016). Palästinensisch-israelischer Impuls: eine gemeinsame Umfrage, http://www.kas.de/wf/de/33.46177/, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 76 Jimmy Carter (30. November 2016). America must recognize Palestine. In: New York Times, http://www.nytimes .com/2016/11/28/opinion/jimmy-carter-america-must-recognize-palestine .html?emc=edit_tnt_20161129&nlid=67972007&tntemail0=y&_r=0, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 24 4. Dez. Außenminister John Kerry kritisiert anlässlich eines Jahrestreffens von israelischen und US-Politikern mit scharfen Worten, rechtsgerichtete Israelis würden internationale Friedensbemühungen „absichtlich untergraben“.77 5. Dez. Die Knesset stimmt in erster Lesung einem Gesetz über die Legalisierung von Außenposten zu. Das sogenannte „Regulierungsgesetz“ sieht die nachträgliche Legalisierung von 4.000 jüdischen Wohneinheiten auf privatem palästinensischem Land im Westjordanland vor. Die deutsche Bundesregierung drückt ihr „Befremden“ gegenüber dem Gesetzesvorhaben aus, israelische Außenposten im Westjordanland nachträglich zu legalisieren. Ein solches Gesetz verstoße gegen internationales Recht. Auch die USA und die EU verurteilten die Zustimmung des israelischen Parlaments zu einem „völkerrechtswidrigen neuen Siedlungsgesetz“.78 16. Dez. In seiner letzten Rede zum Nahostkonflikt äußert sich der scheidende VN-Generalsekretär Moon pessimistisch zum Oslo-Friedensplan. In den 23 Jahren seit Oslo habe sich die Zahl der illegalen israelischen Siedler vervierfacht, dies sei das größte Hindernis für eine Zweistaatenlösung gemäß dem Oslo-Plan.79 23. Dez. Der VN-Sicherheitsrat verurteilt mit Resolution 2334 (2016) die israelische Siedlungstätigkeit in den besetzten palästinensischen Gebieten und Ost-Jerusalem als Verstoß gegen internationales Recht und als Hindernis auf dem Weg zu einer Zweistaatenlösung und verlangt, dass diese „sofort und vollständig“ eingestellt werde.80 In der Resolution wird der sofortige Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland und in Ost-Jerusalem gefordert. Die Resolution kam durch Enthaltung der Vereinigten Staaten zustande und war die erste Resolution seit 1979, die die Siedlungspolitik Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten verurteilt. Die Enthaltung der USA, die sonst stets ihr Veto für Israel einlegten, ist beispiellos. 77 New York Times (4. Dezember 2016). In Harsh Terms, Kerry Says Israel Undermines Peace Efforts, http://www.nytimes.com/2016/12/04/world/middleeast/israel-john-kerry-saban-forum.html?rref=collection %2Ftimestopic%2FIsrael&action=click&contentCollection=world®ion=stream&module =stream_unit&version=latest&contentPlacement=7&pgtype=collection&mtrref=www.nytimes .com&gwh=74515727F13F56B73E709A96530E1C55&gwt=pay, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 78 Frankfurter Allgemeine Zeitung (9. Dezember 2016). Deutschland, Amerika und EU verurteilen neues Siedlungsgesetz . 79 Bernard Botiveau (2017). Palestine after Oslo: Time as Politics. In: IEMed Mediterranean Yearbook 2017, https://www.IEMed.org/observatori/arees-danalisi/arxius-adjunts/anuari/med.2017/IEMed_MedYearbook 2017_palestine_oslo_politics_Botiveau.pdf (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 80 United Nations (23. Dezember 2016). Israel’s Settlements Have No Legal Validity, Constitute Flagrant Violation of International Law, Security Council Reaffirms, https://www.un.org/press/en/2016/sc12657.doc.htm, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Frankfurter Allgemeine Zeitung (27. Dezember 2016). Israel: Washington schuld an „schändlicher“ UN-Resolution . Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 25 Die Bundesregierung stellt sich hinter die Sicherheitsratsresolution und argumentiert, der Siedlungsbau in den besetzten Gebieten behindere die Möglichkeit eines Friedensprozesses und gefährde die Grundlagen der Zweistaatenlösung.81 26./27. Dez. Als Reaktion auf die Annahme der israelkritischen Resolution durch den VN-Sicherheitsrat schränkt Israel seine diplomatischen Beziehungen zu zwölf Staaten ein (Großbritannien , Frankreich, Russland, China, Japan, Ukraine, Angola, Ägypten, Uruguay, Spanien, Senegal und Neuseeland).82 Israel zieht seine Botschafter aus dem Senegal und Neuseeland ab. Ferner setzt das Land die zivile Zusammenarbeit mit der palästinensischen Autonomiebehörde aus. Zudem gibt Israel den USA die Schuld an der „schändlichen“ VN-Resolution. Netanjahu zufolge haben die USA mit der guten Tradition gebrochen, „Israel nicht die Bedingungen für den Frieden zu diktieren“. 83 2017 9. Januar Der designierte Präsident Donald Trump ernennt seinen Schwiegersohn Jared Kushner zum Präsidentenberater und Sonderbeauftragten für den Nahen Osten. 16. Januar Vertreter von 70 Ländern und internationalen Organisationen treffen sich ohne die Konfliktparteien in Paris, um für neue Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern zu werben. Premierminister Netanjahu beschreibt die Pariser Nahost-Konferenz als „letzte Zuckungen der Welt von gestern“.84 Bundesaußenminister Steinmeier warnt vor dem „Risiko neuer Eskalationen“ des Konfliktes anlässlich einer durch den designierten Präsidenten Donald Trump im Wahlkampf angekündigten Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem .85 20. Januar Donald Trump tritt sein Amt als Präsident der Vereinigten Staaten an. 22./23. Jan. Die israelischen Behörden billigen den weiteren Ausbau jüdischer Siedlungen (566 Wohnungen) in Ost-Jerusalem. Die Genehmigung dafür war bis zum Amtsantritt des neuen US- 81 Auswärtiges Amt (23. Dezember 2016). Außenminister Steinmeier zur soeben angenommenen UN-Resolution zum israelischen Siedlungsbau in den besetzten Gebieten. Pressemitteilung, http://www.auswaertigesamt .de/DE/Infoservice/Presse/Meldungen/2016/161223_Israel_UNO.html, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 82 ZeitOnline (27. Dezember 2016). Israel schränkt diplomatische Beziehungen zu zwölf Staaten ein, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-12/israel-westjordanland-botschafter-vereinte-nationen-donald-trump, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 83 Frankfurter Allgemeine Zeitung (27. Dezember 2016). Israel: Washington schuld an „schändlicher“ UN-Resolution . 84 Der Tagesspiegel (16. Januar 2017). Fehlkonstruktion. 85 Frankfurter Allgemeine Zeitung (16. Januar 2017). Warnung vor Eskalation. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 26 Präsidenten zurückgestellt worden.86 Zudem werden Pläne für den Bau weiterer 11.000 Siedlerwohnungen bekannt, die während der US-Präsidentschaft von Barack Obama nicht genehmigt worden waren.87 24. Januar Der Vorsitzende der national-religiösen Partei Jüdisches Heim und Likud-Koalitionspartner , Naftali Bennett, fordert Ministerpräsident Netanjahu auf, sein Bekenntnis zur Zweistaatenlösung mit den Palästinensern zurückzunehmen. Bennett droht für den Fall, dass dies nicht geschehe, ein Gesetz zur Abstimmung zu bringen, das den Siedlungsblock Maale Adumim offiziell in die israelische Zivilverwaltung überführen würde. Dies wäre dann die erste offizielle Annexion durch Israel von Gebieten im Westjordanland.88 Ministerpräsident Netanjahu kündigt den Bau von 2.500 neuen Wohnungen für Siedler im Westjordanland an.89 1. Februar Auf Beschluss des Obersten Gerichtshofes Israels wird die 1996 auf privatem palästinensischen Land gegründete wilde Siedlung Amona nordöstlich von Jerusalem von rund 3.000 israelischen Sicherheitskräften geräumt. Ministerpräsident Netanjahu verkündet zeitgleich den Bau von 3.000 neuen Siedlerwohnungen.90 6. Februar Die Knesset verabschiedet das Gesetz über die nachträgliche Legalisierung von Außenposten. Von der Legalisierung betroffen sind rund 4.000 Wohnungen israelischer Siedler im Westjordanland, die auf privatem palästinensischem Land gebaut hatten.91 16. Februar Der neue amerikanische Präsident Donald Trump erklärt anlässlich eines Besuchs von Israels Ministerpräsidenten Netanjahu im Weißen Haus, dass die Zweistaatenlösung nicht der einzige Weg zum Frieden im Nahostkonflikt sei. Demgegenüber halten der neue VN- Generalsekretär António Guterres, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sowie die Bundesregierung daran fest, weil es keinen Plan B zur Konfliktbeilegung gebe.92 86 Deutschlandfunk (22. Januar 2017). Behörden genehmigen Ausbau jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem, http://www.deutschlandfunk.de/israel-behoerden-genehmigen-ausbau-juedischer-siedlungenin .447.de.html?drn:news_id=702342, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 87 Frankfurter Allgemeine Zeitung (23. Januar 2017). Neue Siedlungen in Ost-Jerusalem. 88 Stahnke, Jochen (24. Januar 2017). Von den Fesseln Obamas befreit. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 89 Süddeutsche Zeitung (25. Januar 2017). 2.500 neue Siedlerwohnungen. 90 Münch, Peter (2. Februar 2017). Israelischer Häuserkampf. In: Süddeutsche Zeitung. 91 SpiegelOnline (7. Februar 2017). Heftige Kritik an Israels Siedlergesetz, http://www.spiegel.de/politik/ausland /israel-heftige-kritik-an-gesetz-zur-legalisierung-von-siedlungen-a-1133554.html, (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 92 Münch, Peter (16. Februar 2017). Abkehr vom alten Ziel. In: Süddeutsche Zeitung. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 27 31. März Die israelische Regierung kündigt den Bau einer neuen Siedlung im Westjordanland für Familien aus der geräumten illegalen Siedlung Amona an. Dies ist die erste vom Staat errichtete Siedlung im Westjordanland seit 25 Jahren.93 6. April Der russische Außenminister Lawrow erklärt, er sehe die zukünftige Hauptstadt Israels in West-Jerusalem und die Palästinas in Ost-Jerusalem.94 1. Mai Die Hamas verkündet ihren neuen „politischen Fahrplan.“ Darin ändert sie ihre Gründungscharta, kündigt einen moderateren Kurs an und impliziert die Möglichkeit einer Anerkennung des Staates Israel. Sie strebt nun einen Staat Palästina in den Grenzen von 1967 mit Jerusalem als Hauptstadt an, was eine Abkehr vom seit 1988 angestrebten Ziel eines Palästinas „vom Mittelmeer bis zum Jordan“, also eine Vernichtung Israels, bedeutet. Zudem kappt sie die Verbindungen zur Muslimbruderschaft95 21./22. Mai Auf seiner ersten Nahostreise trifft Donald Trump mit Netanjahu und Abbas zusammen . Sein Wahlversprechen einer Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem läge zunächst auf Eis, doch arbeite er „hart am Frieden für die Menschen in Israel und den Palästinensern .“ 27. Mai Mehrere tausend Menschen demonstrieren in Tel Aviv für eine Zweistaatenlösung .96 19. Juli Die Knesset verabschiedet das Nationalitätengesetz. Es ist als eines der sogenannten Grundgesetze Teil der Verfassung. Es definiert unter anderem Israel als Heimstatt des jüdischen Volkes, schafft den Status des Arabischen als zweite Amtssprache ab, legt Hebräisch als einzige Nationalsprache fest, definiert den Bau jüdischer Siedlungen als nationales Interesse und das ungeteilte Jerusalem als Hauptstadt Israels. Das Gesetz war mit 62 zu 55 Gegenstimmen verabschiedet worden. Insbesondere arabisch-israelische Abgeordnete hatten es heftig kritisiert. Arabisch-israelische Organisationen bezeichneten es als Apartheidsgesetz und kritisierten, es erhebe Diskriminierung in den Verfassungsrang. Die EU äußerte gegenüber der israelischen Regierung ihre Besorgnis über das Gesetz, Netanjahu hingegen bezeichnete seine Verabschiedung als Schlüsselmoment in der Geschichte Israels.97 21. Juli Bei gewaltsamen Protesten mehrerer tausend Palästinenser werden drei Palästinenser getötet und über 500 verletzt. Auslöser der tagelangen Unruhen ist die Errichtung von Metalldetektoren am Zugang zur Al-Aqsa-Moschee („Felsendom“) auf dem Tempelberg in Jerusalem 93 Chronology of Events in Israel and Palestine (2018). In: IEMed Mediterranean Yearbook 2018, https://www.IE- Med.org/observatori/arees-danalisi/arxius-adjunts/anuari/med.2018/Medyearbook2018_Chronology_Israel_Palestine .pdf (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 94 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 95 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 96 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 97 Shimon Stein und Moshe Zimmermann (Anm. 3). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 28 nach der Ermordung zweier Polizisten durch einen Palästinenser. Die Autonomiebehörde friert ihre Beziehungen zu Israel ein. Nach einigen Tagen werden die Detektoren wieder abgebaut.98 23. August Jared Kushner beginnt eine dreitägige Reise durch Israel und die Autonomiegebiete , um mit weiteren Beratern des Präsidenten Möglichkeiten für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses auszuloten.99 31. August Die USA stoppen alle Zahlungen an die UN Relief and Works Agency (UNRWA), die VN-Organisation zur Unterstützung palästinensischer Flüchtlinge. Schon einige Tage zuvor hatten die USA alle Programme ihrer Entwicklungshilfeagentur USAID in Gaza eingestellt. Lange waren sie der mit Abstand größte Geber der UNRWA und hatten oft ein Drittel des gesamten UN- RWA-Budgets finanziert. Das amerikanische Außenministerium bezeichnete UNRWA als „unrettbar mangelhafte Unternehmung.“ Als Reaktion kündigt die deutsche Bundesregierung eine deutliche Aufstockung ihrer Zahlungen an.100 27. Sept. Interpol nimmt Palästina als vollwertiges Mitglied auf. 3. Oktober Die Autonomiebehörde hält ihre erste Sitzung im Gazastreifen seit 2014 ab. Dies soll die Überwindung des Konfliktes mit der Hamas symbolisieren. Diese hatte zuvor ihr Verwaltungskomitee für Gaza aufgelöst. 10. Oktober Autonomiebehörde und Hamas beginnen in Kairo Verhandlungen für eine Aussöhnung . Bis November übergibt die Hamas wichtige Bereiche der Verwaltung, u.a. die Grenzübergänge . 13. Nov. Die israelische Regierung bietet der Hamas einen Waffenstillstand an. Als Reaktion tritt Verteidigungsminister Avigdor Lieberman von der rechten Partei Jisra’el Beitenu zurück , was zum Koalitionsbruch und zur Anberaumung vorgezogener Neuwahlen führt. 5. Dez. Präsident Trump verkündet, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu lassen.101 8. Dez. Als Reaktion auf die Ankündigung Trumps wird ein „Tag des Zorns“ ausgerufen, es kommt zu heftigen Protesten in Ostjerusalem, dem Westjordanland und Gaza. 98 Christian Böhme (25. Juli 2017). Israel lenkt ein - Muslime wollen dennoch protestieren. In: Tagesspiegel, https://www.tagesspiegel.de/politik/streit-um-den-tempelberg-israel-lenkt-ein-muslime-wollen-dennoch-protestieren /20106446.html (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). 99 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 100 Peter Beaumont und Oliver Holmes (31. August 2018). US confirms end to funding for UN Palestinian refugees. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2018/aug/31/trump-to-cut-all-us-funding-for-uns-mainpalestinian -refugee-programme (letzter Zugriff: 10. Mai 2019). 101 ZEIT (5. Dezember 2017). Trump wird Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen, https://www.zeit.de/politik /ausland/2017-12/nah-ost-konflikt-donald-trump-jerusalem-hamas-intifada (letzter Zugriff: 9. Mai 2019). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 29 22. Dez. Bei einem weiteren „Tag des Zorns“ anlässlich der Verurteilung der Botschaftsverlegung durch die VN-Vollversammlung werden zwei Palästinenser getötet und 690 verletzt.102 23. Dez. Netanjahu ordnet den Rückzug Israels aus der UNESCO bis 31. Dezember 2018 an. Israel folgt damit den USA, die ihre Mitgliedschaft ebenfalls aufgrund einer angeblichen anti-israelischen Haltung der UNESCO aufgegeben hatten. Grund war die Anerkennung zweier Welterbestätten in Hebron als „Welterbe im Staat Palästina“ durch die VN-Kulturorganisation.103 Die Machpela-Höhle in Hebron gilt im Judentum als Grabstätte der Erzväter104 Abraham, Isaak und Jakob sowie ihrer Frauen Sara, Rebekka und Lea. Für Muslime ist Abraham ein Prophet. Die an der Grabstätte liegende Abrahamsmoschee ist für sie ein heiliger Ort. 2018 30. März Beginn der Grenzkrise. Hintergrund ist der zunächst friedliche Protest palästinensischer Aktivisten, die seit Anfang des Jahres nahe der Grenze in Zelten leben, um für das Recht aller palästinensischer Flüchtlinge auf Rückkehr zu demonstrieren. Nach Vereinnahmung der Protestaktion durch die Hamas (gegen den Willen der Aktivisten) und entsprechender öffentlicher Aufrufe schließen sich hunderte vor allem junge Palästinenser aus dem Gaza-Streifen an. Es kommt zu Angriffen auf israelische Grenzsoldaten mit Steinen und Molotowcocktails und schließlich auch einem Maschinengewehr sowie Handgranaten. Die sich verteidigenden israelischen Grenzsoldaten erschießen an diesem Tag 15 Palästinenser, deren politische Zugehörigkeit nach wie vor umstritten ist. Während Israel zehn der Toten der Hamas zurechnet, behauptet Hamas , nur fünf seien Mitglieder, der Rest Zivilisten. Mehrere hundert Menschen, nach palästinensischen Angaben über 1.000, werden verletzt. Immer wieder kommt es in der folgenden Woche zu Gewaltausbrüchen an der Grenze. 31. März Auf der israelischen Seite der Grenze versammeln sich etwa 150 Israelis, die gegen die Gewalt demonstrieren und sich mit den Palästinensern solidarisieren. 6. April Die Gewalt im Rahmen der Grenzkrise erreicht einen neuen Höhepunkt, als mehrere tausend Palästinenser versuchen, an der Grenze zahlreiche Autoreifen zu entzünden. Die israelische Armee feuert mit Gummipatronen, Tränengas sowie schließlich scharfer Munition auf Demonstranten die versuchen, sich dem Grenzzaun zu nähern. An diesem Tag werden palästinensischen Angaben zufolge neun Palästinenser erschossen und über 1.000 verwundet. 14. Mai Eröffnungszeremonie der neuen amerikanischen Botschaft in Jerusalem. Aus diesem Anlass kommt es erneut zu zunächst friedlichen, später gewalttätigen Protesten an der Grenze. Die israelische Armee eröffnet das Feuer mit scharfer Munition und tötet insgesamt 60 102 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 103 Chronology of Events in Israel and Palestine (Anm. 93). 104 Im deutschen wird die Höhle oft als „Grotte der Patriarchen“ oder „Grab der Patriarchen“ bezeichnet. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 30 Menschen. Diese heftige Reaktion führt zu massiver Kritik zahlreicher Staaten an Israel, mehrere europäische Regierungen bestellen israelische Diplomaten ein, die Türkei zieht ihren Botschafter ab.105 15. Mai Die Bundesregierung bekräftigt das Recht Israels auf Selbstverteidigung, zweifelt aber die Verhältnismäßigkeit der israelischen Reaktion vom Vortag an. Scharfe Munition dürfe nur als letztes Mittel benutzt werden. Auch hätten die Palästinenser ein Recht auf friedliche Demonstrationen .106 Deutschland, Großbritannien und Belgien fordern eine Untersuchung der weltweit als völlig unverhältnismäßig kritisierten israelischen Reaktion. Einzig die USA stellen sich an die Seite der israelischen Regierung.107 Die Reaktion Israels wird weltweit von zahlreichen Regierungen und internationalen Organisationen als unverhältnismäßig kritisiert. Die Mehrheit der Demonstranten protestiere friedlich und verbleibe im Gazastreifen außerhalb des Sicherheitsbereiches vor dem Grenzzaun, weshalb Israel kein Recht habe, auf die Demonstrationen zu feuern. 108 Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Seid al-Hussein, bezichtigt Israel des „wahllosen Tötens“ und erklärt, Versuche, über den Grenzzaun zu gelangen, rechtfertigten nicht die Anwendung tödlicher Gewalt.109 Mai bis Dezember Immer wieder kommt es im Verlauf der Krise zu Versuchen von Palästinensern , auf israelisches Staatsgebiet vorzudringen sowie zu Angriffen auf israelische Soldaten und Zivilisten. Immer wieder schießt die Hamas Raketen auf israelisches Territorium ab, was von der israelischen Armee mit Angriffen auf die Hamas in Gaza vergolten wird. Hinzu kommen mehrere Anschläge und Anschlagsversuche auf Israelis. Israel erwidert Steinwürfe, Molotowcocktails etc. an der Grenze mit Schusswaffengebrauch. Die Grenzkrise führt im Laufe des Jahres 2018 zu insgesamt 183 Toten und tausenden Verletzten auf palästinensischer Seite. Auf israelischer Seite werden offiziell zwar nur fünf Verletzte verzeichnet, die in direktem Zusammenhang mit der Grenzkrise stehen, doch gibt es im besagten Zeitraum mehrere Todesopfer durch von Palästinensern verübte Angriffe auf Einzelpersonen in Israel. Die hohe Zahl der Verletzten in Gaza führt zeitweise zu einer Überlastung der schlecht ausgestatteten Krankenhäuser. Insgesamt ist 2018 aufgrund der Grenzkrise das für die Palästinenser blutigste Jahr seit der Bombardierung von Gaza im Jahre 2014. 105 BBC (15. Mai 2018). Gaza violence: Israelis and Palestinians in fierce exchanges at UN, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-44131466 (Letzter Zugriff: 20. Juni 2020). 106 Auswärtiges Amt zu den Protesten im Gazastreifen, 15. Mai 2018, https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom /proteste-gazastreifen/2078584 (Letzter Zugriff: 20. Juni 2020). 107 BBC (Anm. 106). 108 BBC (Anm. 106). 109 IEMed, Chronology of events in Israel and Palestine, In: Mediterranean Yearbook 2019, https://www.IE- Med.org/observatori/arees-danalisi/arxius-adjunts/anuari/med.2019/israel_palestine_chronology_IE- Med_MedYearbook2019.pdf/ (Letzter Zugriff: 20. Juni 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 31 22. Mai Die Palästinensische Autonomiebehörde reicht beim Internationalen Strafgerichtshof Beschwerde gegen Israel wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den besetzten Gebieten und Gaza ein.110 30. Mai Nachdem zahlreiche Raketenangriffe der Hamas aufgrund des effektiven israelischen Abwehrsystems erfolglos geblieben sind, erklärt die Organisation einen Waffenstillstand, „sofern Israel diesen auch respektiere.“111 1. Juni Eine auf Initiative Kuwaits zustandegekommene Resolution des Weltsicherheitsrates , die zum Schutz der Zivilisten in Gaza aufruft, scheitert am Veto der USA, die dem Entwurf Einseitigkeit vorwerfen.112 2. Juni Nach einem Mörserbeschuss aus dem Gazastreifen durch unbekannte Gruppen erwidert die israelische Armee das Feuer. Damit endet der zwei Tage zuvor unilateral von der Hamas ausgerufene Waffenstillstand.113 17. Juni Das israelische Kabinett beschließt einen von der Siedlerpartei Yisrael Beitenu stammenden Gesetzesvorschlag, der es verbietet, israelische Soldaten im Einsatz zu filmen oder solches Filmmaterial zu verbreiten. Bis zu fünf Jahre Haft sind für Versuche vorgesehen, die „Soldaten demoralisieren“, bis zu zehn Jahre für den Versuch, die nationale Sicherheit zu gefährden .114 14. Juli Nachdem 35 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert werden, greift die israelische Armee insgesamt 40 Ziele in Gaza an. Daraufhin reagiert wiederum die Hamas mit etwa hundert Raketenangriffen auf Südisrael, wobei eine Synagoge in der Stadt Sderot getroffen wird.115 17. Juli Die Knesset verabschiedet ein Gesetz, dass es möglich macht, Gruppen und Personen , die die israelische Politik gegenüber den Palästinensern kritisieren, den Zugang zu Schulen zu verwehren und so zu verhindern, Schülerinnen und Schüler über ihre Arbeit und Standpunkte zu informieren.116 110 IEMed (Anm. 109). 111 IEMed (Anm. 109). 112 IEMed (Anm. 109). 113 IEMed (Anm. 109). 114 IEMed (Anm. 109). 115 IEMed (Anm,.109). 116 IEMed (Anm. 109). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 32 19. Juli Die Knesset verabschiedet das Nationalitätengesetz mit 62 Ja-Stimmen, 55 Stimmen dagegen und zwei Enthaltungen. Das Gesetz definiert Israel als Heimstatt des jüdischen Volkes und Hebräisch als einzige Nationalsprache, erklärt die Errichtung jüdischer Gemeinden auf israelischem Territorium zu einem nationalen Wert und beschränkt das Recht auf Selbstbestimmung der Völker auf die jüdische Bevölkerung des Staates.117 27. Juli Als Vergeltung für den Mord an einem Israeli durch einen Palästinenser in der Siedlung Adam in der Westbank kündigt Außenminister Avigdor Lieberman die Errichtung von 400 weiteren Wohneinheiten für Siedler dort an. 118 4. /11. Aug. Mindestens 50.0000 Menschen demonstrieren in Tel Aviv gegen das Nationalitätengesetz . Aufgerufen hatten mehrere Organisationen, darunter vor allem die Gemeinschaft der Drusen, die sich als israelisch versteht, vom Gesetz aber ebenso wie alle anderen religiösen Minderheiten schlechtergestellt wird.119 8./9. August Nach etwa 30 Raketenangriffen der Hamas auf Israel und der darauffolgenden Bombardierung von 150 Zielen in Gaza durch die israelische Armee kommt es auf Vermittlung von Ägypten und VN zu einem Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas.120 31. August Die USA künden an, sich aus der Finanzierung des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten(UNWRA) zurückzuziehen. Als Grund nennen die USA die „unrettbar fehlerhafte“ Konzeptionierung der UNWRA, die überdies nichts dafür getan habe, den Frieden zwischen Israel und Palästinensern zu fördern.121 10. Sept. Präsident Trump ordnet die Schließung der PLO-Vertretung in Washington an.122 29. Sept. Der Internationale Strafgerichtshof bestätigt den Eingang einer Beschwerde des Staates Palästina (der vom ICC als solcher anerkannt wird) gegen die USA wegen der Verlegung ihrer Botschaft nach Jerusalem. 123 117 IEMed (Anm. 109). 118 IEMed (Anm. 109). 119 Times of Israel (4. August 2018). Druze-led rally against nation-state law in Tel Aviv draws at least 50,000. https://www.timesofisrael.com/tens-of-thousands-gather-in-tel-aviv-to-protest-controversial-nation-state-law/ (Letzter Zugriff: 20. Juni 2020). 120 IEMed (Anm. 109). 121 IEMed (Anm. 109). 122 Washington Post (10. September 2018). Trump administration orders closure of PLO office in Washington, https://www.washingtonpost.com%2Fworld%2Fnational-security%2Ftrump-administration-orders-closure-ofplo -office-in-washington%2F2018%2F09%2F10%2F7410fe6c-b50c-11e8-a2c5- 3187f427e253_story.html&usg=AOvVaw0-UDsfCn-aPHP-DNKlBD8_ (Letzter Zugriff: 20. Juni 2020). 123 IEMed (Anm. 109). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 33 26. Sept. Vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen drückt Donald Trump zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt seine Unterstützung für die Zweistaatenlösung aus. Mahmoud Abbas wiederum bekräftigt seine Ablehnung des von Trump als „Deal des Jahrhunderts “ gepriesenen Kushner-Plans. Er plädiert für eine internationale Friedenskonferenz und einen mulilateralen Schlichtungsprozess. Die USA seien für ihn nicht mehr unparteiisch, weswegen er eine weitere exklusive Vermittlerrolle der USA ablehne.124 1. Oktober Generalstreik der Palästinenser in Gaza, Ostjerusalem und im Westjordanland, um die Proteste der nichtjüdischen Israelis gegen das Nationalitätengesetz zu unterstützen.125 9. Oktober Israel gestattet eine Treibstofflieferung Katars in den Gazastreifen. Durch die Blockade , die sich aufgrund der Grenzkrise noch einmal verschärft hat, ist die Versorgung des Gazastreifens mit Treibstoff, Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser, Medikamenten und medizinischem Gerät massiv eingeschränkt.126 17.-28. Okt. Als Reaktion auf zahlreiche Raketenbeschüsse beschießt Israel mehrere Ziele im Gazastreifen. Am 28. Oktober werden drei palästinensische Minderjährige durch eine israelische Drohne getötet, als sie versuchen, sich dem Grenzzaun zu nähern. 127 9. November Katar bezahlt nach Zustimmung Israels einen Teil der Gehälter von 23.000 Beamten im Gazastreifen.128 11. Nov. Nach der Tötung eines Hamas-Kommandeurs im Gazastreifen wird ein israelisches Spezialkommando auf dem Rückzug im Gazastreifen angegriffen. Über 400 Raketen werden von Gaza aus auf Israel abgefeuert, die israelische Armee übt Vergeltung mit Artillerie und Luftwaffe. Es sterben mindestens 14 militante Palästinenser, ein palästinensischer Zivilist und ein israelischer Soldat.129 13. Nov. Die israelische Regierung akzeptiert einen Waffenstillstand mit der Hamas in Gaza. Er kam auf Vermittlung Ägyptens zustande.130 124 IEMed (Anm. 109). 125 IEMed (Anm. 109). 126 IEMed (Anm. 109). 127 IEMed (Anm. 109). 128 IEMed (Anm. 109). 129 IEMed (Anm. 109). 130 IEMed (Anm. 109). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 34 14. Nov. Rücktritt von Verteidigungsminister Naftali Bennett aus Protest gegen den Waffenstillstand .131 25. Nov. Die israelische Polizei verhaftet den palästinensischen Gouverneur Ostjerusalems, Adnan Geith. Ihm wird vorgeworfen, einen israelischen Bürger für eine nicht näher genannte bewaffnete Gruppe rekrutiert zu haben.132 27. Nov. Netanjahu trifft zu Gesprächen mit dem Präsidenten des Tschad, Idriss Déby, zusammen . Der Staatsbesuch Débys nimmt die seit 1972 unterbrochenen diplomatischen Beziehungen beider Länder wieder auf und ist Teil einer außenpolitischen Initiative Israels, die die Beziehungen zu vielen afrikanischen und arabischen Staaten verbessern soll. Ziele sind auch Oman und Bahrain.133 25. Dez. Aufgrund unüberwindbarer Gegensätze zwischen den Regierungsparteien über den Militärdienst der ultraorthodoxen haredim kündigt Netanjahu vorgezogene Neuwahlen an. 26. Dez. Die Knesset stimmt für ihre Auflösung. Wahlen sollen im April 2019 abgehalten werden. 27. Dez. Der ehemalige Armeechef Benny Gantz gründet die liberal-zionistische Partei Chosen LeJisra’el (Widerstandskraft für Israel).134 2019 28. Januar Netanjahu kündigt das Ende der temporären internationalen Beobachtermission in Hebron (Temporary International Presence in Hebron, TIPH) zum 31. Januar an. Diese war auf Grundlage des Oslo-Abkommens tätig gewesen und hatte Palästinenser vor Angriffen jüdischer Siedler geschützt. In Hebron leben 200.000 Palästinenser sowie inmitten der Altstadt eine kleine Anzahl jüdisch-orthodoxer Siedler, von denen häufig Beschimpfungen oder gar Gewalttaten gegenüber Palästinensern ausgehen. Die Siedler werden von der israelischen Armee geschützt. Diese kontrolliert etwa 20 Prozent der Stadt. TIPH war gegründet worden, nachdem im Jahre 1994 der Terrorist Baruch Goldstein 29 Menschen beim Gebet in der Abrahamsmoschee ermordet hatte. TIPH hatte zahlreiche Übergriffe der Siedler und der israelischen Armee auf palästinensi- 131 IEMed (Anm. 109). 132 IEMed (Anm. 109). 133 Tagesspiegel (25. November 2018). Tschads Präsident besucht erstmals Israel,https://www.tagesspiegel.de/politik /historische-visite-tschads-praesident-besucht-erstmals-israel/23679774.html (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 134 Chaim Levinson (27. Deuzember 2018). Ex-Israeli Army Chief Benny Gantz, Considered Top Netanyahu Challenger , Launches Political Party. In: Haaretz, https://www.haaretz.com/israel-news/elections/.premium-ex-idfchief -benny-gantz-considered-top-netanyahu-challenger-forms-new-party-1.6786960 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 35 sche Zivilisten dokumentiert, war aber öfter als parteiisch kritisiert worden. Der Schritt Netanjahus wurde von vielen Beobachtern als Wahlkampfmanöver zwecks Andienung an radikale Siedler gewertet.135 25. März Durch ein Präsidialdekret erkennen die USA die Golanhöhen formell als Staatsgebiet Israels an. Die vormals syrischen Golanhöhen wurden von Israel im Sechstagekrieg besetzt und 1981 annektiert. Außer von Israel und nun den USA wird die Annexion von keinem Staat anerkannt.136 9. April Benjamin Netanjahu gewinnt die Wahlen knapp vor seinem Herausforderer Benny Gantz von der Partei Chosen LeJisra‘el (Widerstandskraft Israels). Vorwürfe von Korruption und Bestechlichkeit hatten Netanjahus Ansehen in der Öffentlichkeit zuvor stark beschädigt. Der frühere Generalstabschef Gantz ist Oppositionsführer in der Knesset; sein Mitte-Links-Bündnis Blau-Weiß hatte mit 35 Sitzen das gleiche Ergebnis erzielt wie die Likud. 3.-5. Mai Nach dem Beschuss israelischen Gebietes vom Gazastreifen durch Hamas und Palestinian Islamic Jihad (PIJ) kommt es zur größten Eskalation seit 2014. Auf israelischer Seite gibt es vier Tote und 130 Verletzte, auf palästinensischer Seite 27 Tote und über 200 Verletzte. 6. Mai Auf Vermittlung Ägyptens und der VN kommt eine Waffenruhe zustande. Netanjahu signalisiert zudem seine Zustimmung zur Überweisung von katarischen Hilfsgeldern in den Gaza-Streifen. Katar hat nach dem Waffenstillstand angekündigt, insgesamt 480 Mio. USD für Westbank und Gaza-Streifen zur Verfügung zu stellen.137 Insbesondere im Gazastreifen ist die wirtschaftliche Lage extrem prekär: Trotz Hilfs- und Treibstofflieferungen aus Katar sank das BIP um 4,5 Prozent, mit gleichzeitig ansteigender Bevölkerung pro Person im Gazastreifen um sechs Prozent, im Vergleich zum Vorjahr, während es in der Westbank um 5,3 Prozent anstieg. Die Arbeitslosigkeit erreichte 50,5 Prozent, bei Jugendlichen bis zu 70 Prozent; der durchschnittliche Tageslohn liegt mit ca. 16 Euro bei knapp 50 Prozent des Tageslohns in der Westbank. 80 Prozent der Bevölkerung Gazas leben von Transferleistungen.138 135 Oliver Holmes (19. Februar 2018). Palestinians patrol Hebron after Israel ejects observer mission. In: Guardian, https://www.theguardian.com/world/2019/feb/19/palestinians-patrol-hebron-israel-ejects-foreign-peacekeepers (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 136 Adam Taylor und Loveday Morris (26. März 2018). To Israel, Trump’s Golan Heights decision is a no-brainer: It says occupying territory gained in a defensive war is justifiable. In: Washington Post, https://www.washingtonpost .com/world/2019/03/26/israel-trumps-golan-heights-decision-is-no-brainer-occupying-territory-gained-defensive -war-is-justifiable/?noredirect=on&utm_term=.98fa307e50b4 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 137 Middle East News (7. März 2018). Qatar to transfer $480m to Palestinians in Gaza, West Bank, https://www.middleeastmonitor.com/20190507-qatar-to-transfer-480m-to-palestinians-in-gaza-west-bank/ (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 138 Gisha (13. März 2018). Unemployment rate in Gaza reaches new record-high of 52 percent in 2018, https://gisha .org/updates/9840 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020), Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 36 12. Mai Netanjahu beantragt bei Staatspräsident Rivlin mehr Zeit für die Regierungsbildung . Erschwert wird die Koalitionsbildung durch die gegen Netanjahu laufenden Ermittlungen wegen Korruption, die dieser durch ein Immunitätsgesetz zu beenden sucht: Die Partei Vereinigte Rechte hat bereits angekündigt, eine Zustimmung für das Immunitätsgesetz Netanjahus von einer Annexion von Teilen der Westbank abhängig zu machen. Die sozialzionistische Partei Kulanu hat angekündigt, im Fall einer Anklage Netanjahus die Koalition zu verlassen bzw. nicht einzugehen. Netanjahu erwähnt seinen Plan, als Dank für die Anerkennung als israelisches Staatsgebiet eine Siedlung auf den Golanhöhen nach Donald Trump zu benennen.139 30. Mai Genau einen Monat nach ihrem Zusammentreten stimmt die Knesset für ihre Auflösung und erneute Wahlen im September. Benjamin Netanjahu war es trotz langer Verhandlungen nicht gelungen, eine Koalition zu bilden. Hintergrund ist abermals die Forderung der von Avigdor Lieberman geführten Yisra’el Beitenu, die haredim zum Militärdienst heranzuziehen. Netanjahu hatte erst Zustimmung signalisiert, war aber dann auf Druck der potentiellen Koalitionspartner von den Parteien der Ultraorthodoxen eingeknickt. Es ist das erste Mal, dass ein designierter Ministerpräsident Israels an der Regierungsbildung scheitert.140 25. Juni Jared Kushner eröffnet in Bahrain eine internationale Wirtschaftskonferenz für die Palästinenser. Ein vom Weißen Haus veröffentlichtes Papier mit dem Titel „Frieden zu Wohlstand “ sieht Investitionen in Höhe von USD 50 Mrd. in den palästinensischen Gebieten vor. Der von Trump immer wieder angekündigte Friedensplan Kushners wird hingegen noch nicht vorgelegt . Kushner verteidigt dies mit dem Hinweis, wirtschaftliche Probleme müssten vor den politischen gelöst werden. Amerika habe die Palästinenser nicht aufgegeben. Die palästinensische Autonomiebehörde boykottiert die Konferenz. Im Gazastreifen war das Wirtschaftswachstum aufgrund von Blockade und Grenzkrise im Jahre 2018 um acht Prozent gesunken, im Westjordanland um zwei Prozent gestiegen.141 17. Sept. Die Neuwahlen erbringen wiederum kein klares Ergebnis. Insgesamt elf Parteienbündnisse bzw. Parteien ziehen in die 21. Knesset ein. Sowohl Netanjahus Likud als auch das von Benny Gantz geführte Bündnis Blau-Weiß erhalten 35 von 120 Sitzen, keine andere Fraktion erreicht mehr als acht. Sowohl Likud als auch Blau-Weiß können keine Koalition bilden, ohne zentrale Positionen aus dem Wahlkampf aufzugeben. Diese betreffen den Ministerpräsidenten - sowohl Netanjahu als 139 Israel heute (12. Mai 2019). Netanjahu braucht mehr Zeit für Regierungsbildung, http://www.israelheute .com/Default.aspx?tabid=179&nid=35479 (Letzter Zugriff: 13. Mai 2019). 140 Gil Hoffman und Lahav Harkov (30. Mai 2019). Israel goes back to elections as Netanyahu fails to form coalition . In: The Jerusalem Post, https://www.jpost.com/Israel-News/Elections-set-for-Sept-17-after-coalition-talksfail -591044 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 141 ZEIT (25. Juni 2019). Kushner: Wirtschaftsfahrplan Bedingung im Nahost-Konflikt, https://www.zeit.de/news/2019-06/25/kushner-wirtschaftsfahrplan-bedingung-im-nahost-konflikt-190625-99- 787276 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 37 auch Gantz lehnen es ab, ihren Anspruch zugunsten des anderen aufzugeben - als auch das Verhältnis von säkularen zu orthodoxen Juden, z.B. die Frage nach der Militärdienstbefreiung für die haredim. 15. /17. Aug. Die israelische Regierung verweigert die Einreise der beiden amerikanischen Kongressabgeordneten Ilhan Omar und Rashida Tlaib von den Demokraten. Vorausgegangen waren öffentliche Attacken Donald Trumps auf Omar sowie die palästinensisch-amerikanische Tlaib. Beobachter sehen das beispiellose Vorgehen der israelischen Regierung als Versuch Netanjahus, sich im Wahlkampf als Hardliner und Verbündeter der USA darzustellen. Omar und Tlaib hatten in der Vergangenheit Unterstützung für die Initiative BDS signalisiert.142 Nach heftigem Protest des US-Kongresses will Israel Rashida Tlaib gestatten, ihre Großmutter in der West Bank zu besuchen . Tlaib lehnt dies aber aufgrund der von Israel gestellten Bedingung, sich nicht zu BDS zu äußern, ab.143 22. Oktober Netanjahu informiert Staatspräsident Rivlin vom endgültigen Scheitern seiner Versuche, eine Regierung zu bilden. Rivlin beauftragt daraufhin Benny Gantz mit der Regierungsbildung . Dafür hat er 28 Tage Zeit. 12. Nov. Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ist die Kennzeichnung aller aus israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten stammender Produkte in der gesamten EU verpflichtend. Bislang hatte es nur eine entsprechende Richtlinie der Europäischen Kommission gegeben. Produkte aus den Siedlungen können in der EU nicht mit der Herkunftsangabe Israel versehen sein, da die Siedlungen laut EuGH völkerrechtswidrig errichtet und nicht Teil Israels seien. 18. Nov. Das Weiße Haus verkündet, dass die amerikanische Regierung die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten nicht länger als illegal betrachte. Dies ist eine Abkehr von der seit 1974 vertretenen Position der USA. EU-Außenkommissarin Federica Mogherini erklärt, die EU vertrete weiterhin den Standpunkt, dass alle Siedlungen völkerrechtlich illegal seien und einer friedlichen Zweistaatenlösung im Weg stünden. Benjamin Netanjahu lobt die Entscheidung der amerikanischen Regierung als „Berichtigung historischen Unrechts.“144 19. Nov. Die VN-Organisation für humanitäre Hilfe OCHA berichtet von einer potentiellen Rekordernte von Oliven in den besetzten Gebieten. Diese komme den palästinensischen Bauern jedoch kaum zugute. Zum einen seien tausende Olivenbäume von israelischen Siedlern vernichtet worden, zum anderen würde Israel den Bauern oft gerade in der Erntezeit den Zugang zu den 142 Al Jazeera (15. August 2019). After Trump push, Israel blocks visit by Omar, Tlaib, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/trump-warns-israel-visit-ilhan-omar-rashida-tlaib- 190815141055456.html (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 143 Quint Forgey (17. August 2019). Tlaib turns down family visit to West Bank after Israel grants request. In: Politico , https://www.politico.com/story/2019/08/16/israel-allow-rashida-tlaib-west-bank-1466319 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 144 Julian Borger und Oliver Holmes (18. November 2019). US says Israeli settlements no longer considered illegal in dramatic shift. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2019/nov/18/us-israeli-settlementsno -longer-considered-illegal-palestinian-land-mike-pompeo (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020), Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 38 Olivenhainen verwehren. Bauern sind auf Zutrittsgenehmigungen der israelischen Armee angewiesen und können sich meist nicht frei auf ihre Felder begeben.145 21. Nov. Auch Gantz scheitert mit dem Versuch, eine Regierung zu bilden. Damit beginnt eine Frist von 21 Tagen, innerhalb derer jedes Mitglied der Knesset die Regierung führen kann, sofern es 61 Stimmen auf sich vereinigen kann.146 11. Dez. Nachdem auch die letzte Möglichkeit, eine Regierung ohne neue Wahlen zu bilden, verstrichen ist, stimmt die Knesset zum dritten Mal binnen eines Jahres für ihre Auflösung. Neuwahlen sollen am 2. März abgehalten werden.147 20. Dez. Die Chefanklägerin beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), Fatou Bensouda, erklärt, sie habe genügend Beweise, um gegen Israel aufgrund seiner Politik in den besetzten Gebieten, Gaza und Ostjerusalem wegen möglicher Kriegsverbrechen zu ermitteln, sofern der Gerichtshof sich hierfür zuständig erkläre. Sie verweist auf Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen 2014 und während der Grenzkrise von 2018. Zudem würde sie mögliche Kriegsverbrechen , Folter und Tötungen der Hamas untersuchen. Israel weist eine Zuständigkeit des IStGH für die palästinensischen Gebiete scharf zurück. Palästinenservertreter und israelische NGOs wie B’Tselem loben die Erklärung und weisen Israels Argumentation, der IStGH habe trotz Palästinas Unterzeichnung der IStGH-Statuten keine Zuständigkeit über die palästinensischen Gebiete, zurück .148 2020 1. Januar Netanjahu versucht per Eingabe beim Präsidenten der Knesset, Yuri Edelstein, vom Parlament Immunität zugesprochen zu bekommen. Hintergrund sind die laufenden Korruptionsverfahren gegen Netanjahu. Votiert mehr als die Hälfte der Abgeordneten für Netanjahus Immuni- 145 OCHA (19. November 2019). Olive harvest season: expected record yield compromised due to access restrictions and settler violence, https://www.ochaopt.org/content/olive-harvest-season-expected-record-yieldcompromised -due-access-restrictions-and-settler (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 146 Oliver Homes (21. November 2019). Israel’s opposition leader fails to form government. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2019/nov/20/israel-opposition-leader-benny-gantz-fails-to-form-coalitiongovernment (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 147 Jonathan Lis (11. Dezember 2019). Israel to Hold Unprecedented Third Election in a Year After Knesset Dissolves . In: Haaretz, https://www.haaretz.com/israel-news/elections/.premium-knesset-dissolves-as-politicalimpasse -thrusts-israel-into-3rd-election-in-year-1.8259125 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 148 David M. Halbfinger (20. Dezember 2019). Hague Prosecutor Ready to Investigate Israel, if Assured of Jurisdiction . In: New York Times, https://www.nytimes.com/2019/12/20/world/middleeast/israel-palestinian-warcrimes -hague.html (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 39 tät, müssten die fünf Strafverfahren gegen ihn ausgesetzt werden. Einige von Netanjahus Koalitionspartnern , darunter Avigdor Liberman, sprechen sich öffentlich gegen eine Immunität des Ministerpräsidenten aus.149 12. Januar Die Knesset setzt einen entsprechenden Ausschuss ein. Mehrheitlich gehören ihm Abgeordnete an, die sich gegen Netanjahu stellen. 28. Januar Netanjahu zieht den Antrag auf Immunität zurück. Daraufhin reicht die Staatsanwaltschaft noch am selben Tag Klage beim Amtsgericht Jerusalem wegen Korruption und Bestechlichkeit ein. Donald Trump und Benjamin Netanjahu stellen in Washington erste Details aus dem lange angekündigten Nahost-Friedensplan von Jared Kushner vor. Der Plan mit dem Titel „Frieden zu Wohlstand: eine Vision, um das Leben palästinensischer und israelischer Menschen zu verbessern “ sieht unter anderem vor, dass für die Außen- und Sicherheitspolitik eines möglichen palästinensischen Staates weiterhin Israel zuständig wäre. Große Teile der besetzten Gebiete sollen als israelisches Territorium anerkannt, die zersplitterten Gebiete unter palästinensischer Kontrolle durch Tunnel und Straßen verbunden werden. Auch sollen kleine Gebiete Süd-Israels als Ausgleich für den Verlust der Gebiete im Westjordanland an die Palästinenser abgetreten werden. Palästinenservertreter lehnen den Plan ab, unter anderem, weil er nur Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines Palästinenserstaates vorsieht. Auch seien die den Palästinensern abverlangten Zugeständnisse viel größer als die von Israel geforderten, dessen größtes Zugeständnis ein vierjähriger Baustopp von Siedlungen im Westjordanland wäre.150 2. Februar Mahmoud Abbas kündigt den Abbruch aller Beziehungen, inklusive der Sicherheitsverbindungen , zu Israel und den Vereinigten Staaten an. Hinsichtlich der Sicherheitsverbindungen bezieht er sich auf die enge Sicherheitszusammenarbeit der palästinensischen Führung mit Israel.151 Er betrachtet Trumps neuen Nahost-Plan als eine "Verletzung der Abkommen von Oslo" und betont, dass die Palästinenserführung an der Entstehung dieses Plans nicht beteiligt wurde.152 149 Raoul Wootliff (13. Januar 2020). In blow to Netanyahu, lawmakers vote to set up panel to debate his immunity. In: The Times of Israel, https://www.timesofisrael.com/in-blow-to-netanyahu-lawmakers-vote-to-staff-panel-todebate -his-immunity/ (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 150 Times of Israel (28. Januar 2020). Trump and Netanyahu tout ‘win-win’ peace plan as public gets first glimpse, https://www.timesofisrael.com/trump-and-netanyahu-tout-win-win-peace-plan-as-public-gets-first-glimpse/ (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 151 Taz (2. Februar 2020). Abbas will Kooperation beenden, https://taz.de/Sicherheit-in-Israel-und-Palaestina /!5661650/ (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 152 FAZ am Sonntag (2.Februar 2020). Abbas bricht mit Israel. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 40 14. Februar Die Europäische Union bekräftigt ihren Widerstand gegen den neuen US-Friedensplan für den Nahen Osten. Es reiche nicht, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell , wenn der Plan über den Hinzugewinn neuer Territorien nur mit einem Land abgesprochen ist.153 21. Februar Erster nachgewiesener Fall einer Covid-19-Infektion in Israel. 26. Februar Die Bundesregierung äußert ihre Besorgnis über die jüngste Ankündigung der israelischen Regierung, zukünftig den Siedlungsbau im strategisch wichtigen „Planquadrat E1“ voranzutreiben . Der Siedlungsbau im E1-Bereich trenne das besetzte Ost-Jerusalem weiter vom Westjordanland ab und erschwere die Möglichkeit eines zusammenhängenden und lebensfähigen palästinensischen Staates im Rahmen einer verhandelten Zweistaatenlösung.154 Die israelische Regierung wird aufgefordert, den völkerrechtswidrigen Siedlungsausbau einzustellen und weist in diesem Zusammenhang auf die Resolution 2334 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen hin, die die völkerrechtliche Bewertung bekräftigt. 155 2. März Bei den Neuwahlen zur Knesset erhält der von Netanjahu geführte Block aus rechten und religiösen Parteien 58 Sitze, d.h. drei weniger als für die Mehrheit nötig, aber drei mehr als das Bündnis Blau-Weiß. Überraschend stark schneidet die Gemeinsame Liste der arabischen Parteien ab, die 15 Sitze in der Knesset erhält. 8.-10. März Nachdem Avigdor Lieberman von Yisra’el Beitenu seine Unterstützung für eine von Gantz geführten Regierung erklärt, folgt ihm am nächsten Tag die Gemeinsame Liste der arabischen Parteien. Dies führt zu Parteiaustritten von Politikern bei Blau-Weiß, die nicht mit den arabischen Parteien kooperieren wollen. Dennoch ergibt sich in der Knesset eine Mehrheit, die dem Präsidenten offiziell empfehlen wird, Gantz mit der Regierungsbildung zu beauftragen. 15. März Präsident Rivlin erteilt Gantz den Auftrag zur Regierungsbildung. Oppositionsführer Gantz hatte im Wahlkampf stets betont, zu einer Art Großen Koalition mit dem Likud bereit zu sein, allerdings nicht, solange dieser von Netanjahu, den er als korrupt und bestechlich bezeichnete, geführt werde. Nachdem die Führer kleinerer Parteien ihrerseits die Unterstützung einer Minderheitsregierung ausgeschlossen haben und unter dem Eindruck der sich entwickelnden Corona-Krise, ändert Gantz seine Meinung und signalisiert grundsätzlich seine 153 Die Welt (14.Februar 2020). Die Sorge, dass es zur Annexion durch Israel kommen könnte, https://www.welt.de/print/die_welt/politik/article205843139/Die-Sorge-dass-es-zur-Annexion-durch-Israelkommen -koennte.html (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 154 Auswärtiges Amt (26. Februar 2020). Auswärtiges Amt zu israelischen Siedlungsankündigungen, https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/isr-siedlungsankuendigungen/2311128 (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 155 Auswärtiges Amt (Anm. 104). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 41 Bereitschaft zu einer Koalition mit einem weiterhin von Netanjahu geführten Likud. Daraufhin beginnen Gespräche zwischen Likud und Blau-Weiß.156 21. März Netanjahu verkündet eine Einigung bei den Gesprächen. Man habe sich auf Rotationsmodell geeinigt, bei dem zunächst ein Jahr lang er, danach Gantz Ministerpräsident werden würde. Benny Gantz dementiert die Erklärung Netanjahus umgehend. 26. März Benny Gantz wird zum Sprecher der Knesset gewählt. Die überraschende Wahl auf den einflussreichen Posten gilt als Signal für eine Einigung mit Netanjahu und als Hinweis darauf, dass Netanjahu Ministerpräsident bleiben solle. Bisheriger Amtsinhaber war der Likud- Politiker Yuri Edelstein.157 12. /13. Apr. Präsident Rivlin lehnt die Bitte Benny Gantz’ um eine zweiwöchige Verlängerung der Koalitionsgespräche ab. Er lässt durchblicken, dass er, sollte bis 13. April keine Regierung gebildet worden sein, er auch Netanjahu den Auftrag für die Regierungsbildung versagen würde. Dies würde nahezu unweigerlich zu einer erneuten Auflösung der Knesset und Neuwahlen führen . Einen Tag später gewährt er Gantz dann doch 48 Stunden Aufschub.158 16. April Nachdem sich Gantz und Netanjahu auch bis zur neuen Frist am 15. April nicht haben einigen können, erteilt Rivlin der Knesset den Auftrag für die Wahl eines Ministerpräsidenten binnen 21 Tagen. Dennoch wollen Gantz und Netanjahu weiter verhandeln. Zu ihrer Bereitschaft trägt Beobachtern zufolge auch die sich verschärfende Covid-19-Pandemie mit steigenden Fallzahlen in Israel bei.159 20. April Gantz und Netanjahu verkünden den Durchbruch. Netanjahu werde bis Oktober 2021 Ministerpräsident, danach werde Gantz ihm im Amt folgen. Das Kabinett werde paritätisch mit Likud- sowie Blau-Weiß-Politikern besetzt. Die Amtsinhaber des Außen-, des Energie- und des Umweltministeriums würden zusammen mit dem Ministerpräsidenten ausgewechselt.160 156 David M. Halbfinger (15. März 2020). Benny Gantz, With Thin Majority, Wins Chance to Form Israeli Government . In: New York Times, https://www.nytimes.com/2020/03/15/world/middleeast/netanyahu-trial-coronavirus .html (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 157 Oliver Holmes (26. März 2020). Benny Gantz elected Israeli speaker, signalling deal with Netanyahu. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2020/mar/26/benny-gantz-elected-israeli-speaker-signallingdeal -with-netanyahu (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 158 Raoul Wootliff (16. April 2020). Rivlin gives Knesset 21 days to agree on the PM it wants, or go to new election. In: Times of Israel, https://www.timesofisrael.com/rivlin-sends-mandate-to-knesset-starting-21-day-clock-onpossible -new-election/ (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 159 Aaron David Miller (27. April 2020).How Covid-19 and Gantz saved Netanyahu. CNN, https://edition .cnn.com/2020/04/27/opinions/aaron-david-miller-netanyahu-gantz-covid-19/index.html (Letzter Zugriff: 22. Juni 2020). 160 Chaim Levinson (21. April 2020). Netanyahu-Gantz Coalition Deal: This Is Israel's Likely Next Cabinet. In: Haaretz ,https://www.haaretz.com/israel-news/elections/.premium-after-gantz-and-netanyahu-sign-coalition-dealthis -is-israel-s-likely-next-cabinet-1.8786155 (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2- 3000 - 058/20 Seite 42 17. Mai Mit der Vereidigung Benjamin Netanjahus und seines Kabinetts endet vorläufig die schwerste innenpolitische Krise in der Geschichte Israels. 25. Mai Benjamin Netanjahu erscheint zum ersten Mal in Jerusalem vor Gericht, wo gegen ihn der Prozess wegen Korruption und Bestechlichkeit eröffnet wird. Im Falle einer Verurteilung drohen ihm bis zu dreißig Jahre Haft.161 6. Juni Israels neue vereidigte Einheitsregierung erklärt, auf Grundlage des Nahostplans von US-Präsident Donald Trump bis zu 30 Prozent des besetzten palästinensischen Westjordanlands zu annektieren. Die ersten Schritte könnten am 1. Juli eingeleitet werden. Kurz darauf legt die Palästinenserführung einen Gegenvorschlag zum US-Nahostplan vor. Darin wird die Gründung eines "souveränen, unabhängigen, entmilitarisierten Palästinenserstaates“ vorgeschlagen. Zwar sieht auch der US-Nahostplan für die Palästinenser einen eigenen Staat vor, allerdings ohne das strategisch und wirtschaftlich wichtige Jordantal im Westjordanland und ohne Ostjerusalem als Hauptstadt. 162163 19. Juni Die Fraktionen von CDU/ CSU, SPD, FDP und Grünen kommen nach schwierigen Verhandlungen überein, eine gemeinsame Erklärung vorzubereiten, wonach die geplante israelische Annexion von Teilen des Westjordanlands gerügt werden soll. Die Fraktionen wollen sich eindeutig hinter einer Zweistaatenlösung stellen. *** 161 Oliver Holmes (25. Mai 2020). Benjamin Netanyahu appears in court on corruption charges. In: The Guardian, https://www.theguardian.com/world/2020/may/24/benjamin-netanyahu-appears-in-court-on-corruptioncharges (Letzter Zugriff: 21. Juni 2020). 162 Stuttgarter Zeitung (12. Juni 2020). Maas warnt Israel vor Annexion. 163 Deutsche Welle (6. Juni 2020). Israel will Gebiete im besetzten Westjordanland annektieren, https://www.dw.com/de/israel-will-gebiete-im-besetzten-westjordanland-annektieren/a-53665647 (Letzter Zugriff : 21. Juni 2020).