© 2017 Deutscher Bundestag PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Sanktionsregime gegen den Iran Dokumentation Unterabteilung Europa Fachbereich Europa Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Seite 2 Sanktionsregime gegen den Iran Aktenzeichen: PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Abschluss der Arbeit: 29.6.2017 Fachbereich: PE 6: Fachbereich Europa WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Dokumentation PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Sanktionsregime gegenüber dem Iran 4 1.1. Rechtliche Rahmenbedingungen 4 1.2. Umsetzung der Sanktionen 4 1.3. Wiener Vereinbarung zum Nuklearprogramm von 2015 5 1.4. Berichte über illegale Beschaffungsversuche 6 2. Weiterführende Quellen 6 Wissenschaftliche Dienste Dokumentation PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Seite 4 1. Sanktionsregime gegenüber dem Iran 1.1. Rechtliche Rahmenbedingungen Seit 2006 hat der VN-Sicherheitsrat mit Blick auf das iranische Nuklearprogramm und auf Grundlage von Art. 41 VN-Charta mehrere Resolutionen gegen die Islamische Republik Iran verabschiedet , die umfassende Wirtschafts- und Finanzsanktionen zur Folge hatten.1 Die Durchführung dieser rechtlich verbindlichen Resolutionen liegt primär im Verantwortungsbereich der VN-Mitgliedsstaaten, die gemäß Art. 25 der Charta der VN verpflichtet sind, Beschlüsse des VN-Sicherheitsrates durchzuführen. Die Europäische Union (EU) kann Sanktionen der VN gemäß Art. 215 AEUV durch einen Beschluss im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und eine darauf aufbauende Verordnung umsetzen.2 Diese Verordnungen wirken unmittelbar in den Mitgliedstaaten , enthalten aber keine Straf- oder Bußgeldtatbestände, um die Sanktionen durchzusetzen. Die Durchsetzung ist Aufgabe der EU-Mitgliedstaaten. Der deutsche Gesetzgeber hat einen Straftatbestand für Verstöße gegen EU-Sanktionen in das Außenwirtschaftsgesetz (AWG) eingefügt.3 US-Sanktionen sind auch für Unternehmen außerhalb der USA insoweit bedeutsam, weil sie zum Teil extraterritoriale Wirkung entfalten und auch gegenüber Unternehmen außerhalb der USA durchgesetzt werden können. Im Mai 2017 hat die amerikanische Regierung zum Beispiel neue Sanktionen gegen ein chinesisches Unternehmen und einzelne Vertreter des iranischen Rüstungssektors verhängt.4 Die extraterritoriale Geltung der US-Sanktionsgesetzgebung ist völkerrechtlich aber auch politisch zwischen der EU und den USA heftig umstritten.5 1.2. Umsetzung der Sanktionen Die Intensität, mit der Sanktionen gegen den Iran umgesetzt wurden, variierte zwischen den VN- Mitgliedstaaten erheblich. Die EU und die USA haben in Eigenregie weitere wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen den Iran verhängt – die EU seit 2011 vor allem wegen der iranischen Menschenrechtsverletzungen.6 2012 haben die EU und die USA die Einfuhr von Öl und 1 Yalcin/Lang, Die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran, ifo Schnelldienst 7/2016, S. 53. 2 Kadelbach, in: von Arnauld, Europäische Außenbeziehungen, 1. Aufl. 2014, § 4, Rn. 128. 3 Schneider/Terhechte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, 53. Erg.-Lfg., Mai 2014, Art. 215 AEUV, Rn. 24. 4 FAZ v. 18.5.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/usa-verhaengen-neue-sanktionen-gegen-iran- 15022220.html 5 Niestedt, in: Krenzler/Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, 3. Erg.-Lfg., Oktober 2013, V.50.E, Rn. 61 ff. 6 Beschluss 2011/235/GASP, ABl. L 100, vom 14.4.2011, S. 51 ff., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/?uri=CELEX%3A32011D0235 und Verordnung (EU) Nr. 359/2011, ABl. L 100 vom 14.4.2011, S. 1 ff., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32011R0359&from=DE. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Seite 5 Gas aus dem Iran verboten. Diese Sanktionen – in Verbindung mit der Unterbindung wichtiger internationaler Finanztransaktionen – haben zu einem starken Einbruch des europäischiranischen Handels geführt.7 Die Volksrepublik China hingegen hat sich trotz ihrer Mitgliedschaft im VN-Sicherheitsrat mit Sanktionen gegen den Iran zurückgehalten. Länder wie China und auch Indien konnten somit während der Sanktionsphase ihre Wirtschaftsbeziehungen zum Iran ausbauen .8 1.3. Wiener Vereinbarung zum Nuklearprogramm von 2015 2015 einigten sich die sog. „EU3+3“ Staaten (China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) mit dem Iran auf einen Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA, sog. Wiener Vereinbarung) zur Beilegung des Streits um das iranische Nuklearprogramm.9 Diese Vereinbarung wurde vom Sicherheitsrat durch Resolution 2231 (2015) bestätigt.10 Die Vereinbarung sieht u. a. eine schrittweise Aufhebung der nuklearbezogenen Sanktionen vor. Am 16. Januar 2016 hat der Rat der EU die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen der EU gegen den Iran aufgrund von dessen Nuklearprogramm mit wenigen Ausnahmen aufgehoben. Die EU-Sanktionen im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Menschenrechte im Iran sind hingegen weiterhin gültig und wurden zuletzt bis zum 13. April 2018 verlängert.11 Das JCPOA sieht eine Aufhebung von Sanktionen im Einklang mit Notifizierungen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA über die Durchführung der vom Iran übernommen Verpflichtungen vor. Die Verpflichtungen Irans aus der Wiener Vereinbarung sind sehr allgemein gehalten. So lautet etwa die Verpflichtung gem. Punkt 16 der Wiener Vereinbarung: “Iran will not engage in activities (…), that could contribute to the development of a nuclear explosive device (…).” Darüber hinaus enthält die Wiener Vereinbarung keine speziellen Verbote, die es dem Iran untersagen würden, sich bestimmte nukleartechnische Güter zu beschaffen. Vielmehr ermöglicht die Vereinbarung sogar den Transfer von Nukleartechnologie in den Iran, sieht dafür allerdings ein besonderes Genehmigungsverfahren vor. Die „EU3+3“ Staaten betreten bei der Exportkontrolle gewissermaßen „Neuland“: So soll eine spezielle Arbeitsgruppe der Joint Commission alle Anträge auf Lieferung von Atomtechnologie, auf „dual use“-Technologien und auf relevanten Dienstleistungen begutachten und genehmigen. 7 Yalcin/Lang, Die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran, ifo Schnelldienst 7/2016, S. 53 (56). 8 Yalcin/Lang, Die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran, ifo Schnelldienst 7/2016, S. 53. 9 Joint Comprehensive Plan of Action, abrufbar unter http://eeas.europa.eu/archives/docs/statementseeas /docs/iran_agreement/iran_joint-comprehensive-plan-of-action_en.pdf. 10 Resolution 2231 (2015), abrufbar unter http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C- 8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/s_res_2231.pdf. 11 Beschluss (GASP) 2017/689, ABl. L 99 v. 12.4.2017, S. 21 ff, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/?qid=1498666879638&uri=CELEX:32017D0689 und Durchführungsverordnung (EU) 2017/685, ABl. L 99 v. 12.4.2017, S. 10 ff., abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legalcontent /DE/TXT/?qid=1498666879638&uri=CELEX:32017R0685. Wissenschaftliche Dienste Dokumentation PE 6 - 3000 - 40/17, WD 2 - 3000 – 58/17 Seite 6 1.4. Berichte über illegale Beschaffungsversuche In seinem Jahresbericht 2015 bescheinigte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) dem Iran „illegale proliferationsrelevante Beschaffungsaktivitäten auf einem weiterhin hohen quantitativen Niveau“.12 Laut BfV gilt das vor allem für Güter, die im Bereich Nukleartechnik eingesetzt werden können. Das BfV betonte zudem, der Iran habe unter Nutzung konspirativer Verschleierungstaktik (Tarnfirmen, Strohmänner) und mit Blick auf sein ambitioniertes Trägertechnologieprogramm seine Aktivitäten verstärkt, um sich Technik für den Bau von Raketen zu beschaffen. Nach einem Bericht des Tagesspiegels vom 4. Juli 201613 habe der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz über 140 „Einkaufsversuche“ identifiziert, die dem Zweck dienten, an Technik „heranzukommen“, welche für Atomwaffen und Trägerraketen nutzbar wäre. 2. Weiterführende Quellen Sofern kein Link verfügbar ist, wird die Quelle dieser Dokumentation als Anhang beigefügt. „Neue Sanktionen der USA gegen den Iran“, FAZ v. 18.5.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/usa-verhaengen-neue-sanktionen-gegen-iran- 15022220.html "Welche Länder mit Iran Geschäfte machen", Handelsblatt online v. 27.6.2017 (3 Seiten), abrufbar unter http://www.handelsblatt.com/politik/international/sanktionen-welchelaender -mit-iran-geschaefte-machen-seite-3/3547150-3.html „Die Aufhebung der Sanktionen gegen Iran – Chancen und Risiken für die Exportindustrie “, Erdal Yalcin und Philipp Lang, ifo Schnelldienst 7/2016 (Stand: 13.4.2016) Restriktive Maßnahmen der EU gegen Iran, (Stand: 7.6.2017) Generalsekretariat des Rates , abrufbar unter http://www.consilium.europa.eu/de/policies/sanctions/iran/ Information Note on EU sanctions to be lifted under the Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) (Stand: 23.1.2016), abrufbar unter http://eeas.europa.eu/archives/docs/top_stories/pdf/iran_implementation/information_no te_eu_sanctions_jcpoa_en.pdf "Iran - wirtschaftliche Beziehungen", BMWi, Referat V D 3 (3 Seiten), abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/laendervermerk-iran.html – Fachbereich Europa, Fachbereich WD 2 – 12 Verfassungsschutz, Jahresbericht 2015, http://www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/verfassungsschutzberichte/vsbericht- 2015.de 13 Tagesspiegel online v. 4.7.2016, http://www.tagesspiegel.de/politik/verfassungsschutz-iran-will-mit-allenmitteln -die-atombombe/13829050.html.