© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 057/15 Haftung für Umweltschäden nahe Truppenübungsplätzen nach dem NATO-Truppenstatut und seinem Zusatzabkommen Sachstand Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 2 Haftung für Umweltschäden nahe Truppenübungsplätzen nach dem NATO-Truppenstatut und seinem Zusatzabkommen Verfasserin: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 057/15 Abschluss der Arbeit: 30. März 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Überblick über die stationierungsrechtlichen Haftungsregelungen 6 2.1. Haftungsregelungen im NATO-Truppenstatut (NTS) 6 2.1.1. Vertragsparteischäden 7 2.1.2. Drittschäden 7 2.1.3. Ansprüche gegenüber einzelnen Truppenmitgliedern oder Zivilbeschäftigten bei Schäden, die bei Ausübung des Dienstes entstanden sind 9 2.1.4. Ansprüche gegenüber einzelnen Truppenmitgliedern oder Zivilbeschäftigten bei Schäden, die außerhalb des Dienstes entstanden sind 9 2.2. Regelungen im Zusatzabkommen zum NTS 10 2.2.1. Art. 41 ZA-NTS 10 2.2.2. Regelungen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz 11 2.3. Sonstige Regelungen 16 3. Bemerkung zur Zurechnung von Umweltschäden 17 4. Bemerkung zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen die USA 17 5. Schlussbemerkung 19 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 4 1. Einführung Hintergrund des Auftrags sind unter anderem Berichte über Umweltverschmutzungen in der Nähe des Truppenübungsplatzes Sprangdahlem (Sprangdahlem Air Base der United States [US] Air Force) in Rheinland-Pfalz1. Laut Zeitungsberichten sollen verschiedene Gewässer in der Nähe der Kommune Binsfeld und umliegender Verbandsgemeinden weit über die zulässigen Grenzwerte hinaus mit krebserregenden perfluorierten Tensiden (PFT) belastet sein; Ursache sind möglicherweise PFT-haltige Löschschäume.2 Das Geschehen war kürzlich Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE., die das Bundesministerium der Verteidigung namens der Bundesregierung am 18. März 2015 beantwortete.3 Danach befasst sich derzeit eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung von US-Militär-Vertretern, des Bundes, der umliegenden Kommunen, Zweckverbände und Umweltbehörden (SGD Nord) gemeinsam mit Expertinnen und Experten mit der bereits durch unabhängige Untersuchungen bestätigten PFT-Belastung.4 PFT-Belastungen in der Umgebung des Flugplatzes Ansbach-Katterbach sind derzeit Gegenstand einer weiteren Anfrage der Fraktion DIE LINKE. an die Bundesregierung.5 Die Truppenstationierung von Streitkräften völkerrechtlich souveräner Staaten kollidiert seit jeher mit der Gebiets- und Personalhoheit des Aufnahmestaates6; beide Seiten müssen mit Hilfe von völkerrechtlichen Vereinbarungen zum Ausgleich gebracht werden.7 Der Umgang mit und die Beseitigung von etwaigen Umweltschäden, die von Anlagen der Stationierungskräfte in Deutschland ausgehen, bewegt sich rechtlich zudem im Spannungsfeld zwischen Umweltschutz, Landesverteidigung und Staatenimmunität. Der Auflösung oder Verringerung dieser Spannun- 1 Hammermann, Katharina, Trügerisches Idyll: Noch mehr belastete Teiche - Umweltschäden durch Airbase größer als gedacht, 03.02.2015, bei volksfreund.de, http://zumtv.de?4122687 (letzter Zugriff: 23.03.2015). 2 Hammermann, Katharina, Trügerisches Idyll, Fn. 1. 3 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015. 4 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015, Fragen 9 und 12, S. 4 f. 5 Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Polyfluorierte Chemikalien im Umfeld der Militärbasis der Vereinigten Staaten von Amerika in Ansbach-Katterbach, BT-Drs. 18/4387 vom 20.03.2015. 6 Erschwerend kommen in rein nationaler, verfassungsrechtlicher Sicht die Rechte der Kommunen nach Art. 28 GG hinzu. 7 Siehe hierzu ausführlich Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit : Geltung und Anwendung des deutschen Bau- und Immissionsschutzrechts, Frankfurt am Main: Peter Lang (2003), S. 29 ff. 31–38; ders., Truppenstationierung und Staatenimmunität: Das Spannungsfeld zwischen Gebiets- und Personalhoheit, in: Neue Zeitschrift für Wehrrecht (NZWehrR) 2007 (Heft 3), S. 116–124. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 5 gen dient das völkervertragsrechtliche Stationierungsrecht. Dabei richtet sich das Recht des Aufenthaltes in Deutschland dauerhaft stationierter Streitkräfte aus Staaten der Nordatlantikpakt- Organisation (NATO) insbesondere nach den Regelungen des NATO-Truppenstatuts8 (NTS) und des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS). 9 10 Für die Angehörigen von Streitkräften und für zivile Kräfte aus NATO-Mitgliedsstaaten gelten danach in Deutschland Rechte und Pflichten, die besonders durch spezielle Privilegierungen und Immunitäten geprägt sind.11 Die Systematik der relevanten Haftungsregelungen und ausgewählte Inhalte werden im Folgenden zunächst kurz erörtert (siehe dazu 2.), wobei kurz darauf hingewiesen wird, welche Regelungen von Umweltschäden möglicherweise in Betracht kommen. Sodann folgen ergänzend kurze Hinweise zu Zurechnung von Umweltschäden (3.) und zur beschränkten Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche (4.). 8 Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951, BGBl. 1961 II S. 1183, zuletzt geändert mit Abkommen vom 18. März 1993 (BGBl. 1994 11 S. 2584, 2598). 9 Zusatzabkommen zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959, BGBl. 1961 II S. 1218, zuletzt geändert mit Abkommen vom 18. März 1993 (BGBl. 1994 11 S. 2584, 2598). 10 Ferner finden sich Regelungen im Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen , BGBl. 1961 Il S. 1313, sowie im Gesetz zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen vom 18. August 1961, BGBl. II S. 1183 (letzte Änderung: 31.10.2006). Zudem existieren bilaterale Verwaltungsvereinbarungen zwischen Deutschland und den USA (siehe dazu unten 2.3.). Siehe daneben zu den Motiven und Änderungen mit weiteren Erläuterungen aus deutscher Sicht die Denkschrift des Deutschen Bundestages zum Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut und zu den weiteren Abkommen und Zusatzvereinbarungen, BT-Drs. 12/6477, http://www.abgplus .de/abg2/ebuecher/acroread/sonst/abg/Denkschrift_BT-Drs12_6477.pdf, sowie zur Urfassung die Denkschrift zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen, BT-Drs. III/2146 Anlage IV (S. 223/268), http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/Denkschri_2.htm (letzter Zugriff jeweils: 30.03.2015). Siehe zur Geschichte und Entwicklung dieses Regelungssystems die kurze Zusammenfassung bei Scheidler, Alfred, Truppenstationierung und Staatenimmunität, Fn. 7, S. 116–124 (S. 122 f., mit weiteren Nachweisen) sowie Maar, Ernst-Dieter, Analyse des Abkommens zur Änderung des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZA/NTS), in: NZWehrR 1995 (Heft 3), S. 89–97, und zu den Änderung nach der deutschen Einheit vertieft Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 81 ff. 11 Siehe hierzu ergänzend das Auswärtige Amt, Truppenstationierungsrecht, Stand 13.02.2008, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/InternatRecht/Truppenstationierungsrecht_node.html (letzter Zugriff: 25.03.2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 6 2. Überblick über die stationierungsrechtlichen Haftungsregelungen12 Nach dem Völkergewohnheitsrecht sind ausländische Truppen (außerhalb der überlassenen Stützpunkte) grundsätzlich an das Recht des Aufnahmestaates (hier: Deutschland) gebunden13, also auch an etwaige Umweltschutzregeln, sofern die Staaten nichts anderes vereinbaren. Das Recht kann jedoch nicht durch die Verwaltung oder durch Gerichte durchgesetzt werden: Grundsätzlich werden Truppen im Völkerrecht als Organe des entsendenden Staates (hier: der USA) betrachtet; sie genießen damit nach dem Völkergewohnheitsrecht bei hoheitlichem Verhalten Immunität, wenn keine anderen Regeln greifen.14 Damit unterfällt unter anderem das Verhalten von Truppenmitgliedern bei Ausübung des Dienstes und das Geschehen an Stützpunkten der Disziplinargewalt und der Gerichtsbarkeit des Entsendestaates.15 Diese gewohnheitsrechtlichen Grundsätze werden durch vorrangige vertragliche Regelungen wie das NATO-Truppenstatut (NTS) konkretisiert, ausgeformt und in Teilen verändert. Diese Vorschriften ordnen insbesondere an, inwieweit ausländische Streitkräfte an deutsches Recht gebunden sind.16 Nach dem Grundsatz des Artikel (Art.) II NTS besteht eine echte Verpflichtung der ausländischen Streitkräfte, deutsches Recht zu achten und sich daran zu halten, soweit das Stationierungsrecht oder andere einschlägige Vorschriften keine Ausnahmen vorsehen.17 Vor diesem Hintergrund legt das NTS unter anderem in Art. VIII Regeln der Schadenshaftung fest: 2.1. Haftungsregelungen im NATO-Truppenstatut (NTS) Ausgangspunkt ist Art. 41 Absatz (Abs.) 1 des Zusatzabkommens (ZA-NTS), wonach sich die Abgeltung von Schäden, die durch eine Truppe oder durch ihre zivilen Beschäftigten oder durch einzelne Mitglieder der Truppe verursacht worden sind, nach Art. VIII NTS richten. Ferner umfasst Art. VIII NTS alle sonstigen Fälle, in denen eine Truppe oder ihr Zivilgefolge für Schäden haftet. 12 Siehe zum Ganzen bereits , Fragen zur Schadensregulierung nach dem NATO- Truppenstatut, Deutscher Bundestag (2012): Wissenschaftliche Dienste (WD – 3000 – 023/12). 13 Raap, Christian, Grundzüge des Stationierungsrechts, in: UBWV 2004, S. 182–185 (S. 184). 14 Raap, Christian, Grundzüge des Stationierungsrechts, in: UBWV 2004, S. 182–185 (S. 184). 15 Raap, Christian, Grundzüge des Stationierungsrechts, in: UBWV 2004, S. 182–185 (S. 184). 16 Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte auf deutschem Staatsgebiet, NZWehrR 2010 (Heft 5), S. 198–209 (S. 198). 17 Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, S. 199, mit weiteren Nachweisen; ausführliche Herleitung bei Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit , Fn. 7, S. 59–68, insbesondere S. 63–68, 90 f. Im Ergebnis ähnlich Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen: am Beispiel des Truppenübungsplatzes Bergen, Münster: Lit (1995), S. 67 f. (Herleitung: S. 51–67), 74 f. (S. 68–74). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 7 Die wesentlichen Rahmenbedingungen der Schadenshaftung ergeben sich sodann direkt aus Art. VIII NTS. Dabei wird zunächst zwischen Schäden zwischen den Vertragsparteien (Art. VIII Absätze 1–3 NTS) – also in diesem Fall der Bundesrepublik Deutschland und der Vereinigten Staaten von Amerika (USA) – und Schäden gegenüber Dritten (Art. VIII Absätze 5–6 NTS) unterschieden (siehe dazu 2.1.1. und 2.1.2). Zudem wird zwischen einzelnen Truppenmitgliedern und Zivilbeschäftigten bei Handlungen während der Ausübung des Dienstes (Art. VIII Abs. 9 NTS) und Handlungen außerhalb des Dienstes (Art. VIII Abs. 6 NTS) differenziert (siehe dazu 2.1.3. und 2.1.4). Ergänzend gelten Art. 41 ZA-NTS (Art. 41 Abs. 1 ZA-NTS) und – nach Verweisung – weitere Vorschriften des Stationierungsrechts (siehe dazu 2.2.1., 2.2.2.). 2.1.1. Vertragsparteischäden Der Schadensersatz zwischen den Vertragsparteien wird in Art. VIII Abs. 1 – 4 NTS geregelt. Entsteht der Schaden bei der Ausübung dienstlicher Tätigkeiten, wird in den meisten Fällen auf gegenseitige Schadensersatzansprüche verzichtet. Das gilt zum einen für Körperverletzung oder Tod von Mitgliedern der Streitkräfte (Abs. 4), zum anderen – unter bestimmten Voraussetzungen – für die Beschädigung von Vermögenswerten der Vertragsparteien (Abs. 1). Ausgeschlossen ist die Haftung demnach vor allem bei Schäden, die an Gegenständen entstehen, die die Streitkräfte im Dienst nutzen (Buchstaben [a] und [b]) sowie bei Unterschreitung einer Mindestsumme (Buchstabe f). Hier ist eine Haftung jedoch möglicherweise nicht nach Abs. 1 ausgeschlossen, wenn die Gewässer nicht als Gewässer der Vertragspartei angesehen werden, sondern als Gewässer Dritter im Sinne der Abs. 5 und 6 NTS. 2.1.2. Drittschäden Entsteht ein Schaden gegenüber einem Dritten, so wird dies vor allem von Art. VIII Abs. 5 NTS geregelt. Abs. 5 ist bereits nach seinem Wortlaut nicht auf Ansprüche anwendbar, die sich aus einem Vertrag ergeben („vertragliche Ansprüche“). Das NTS erläutert den Begriff „Dritte“ nicht weiter. Es stellt sich die Frage, ob neben Privatpersonen oder juristischen Personen des Privatrechts 18 auch Kommunen oder Kommunalverbände als „Dritte“ gelten können (siehe Art. 28 Grundgesetz). Dafür spricht Artikel I Abs. 2 NTS, der ausdrücklich festlegt, dass Vermögenswerte politischer Untergliederungen der Vertragsstaaten nicht als Vermögenswerte einer Vertragspartei im Sinne des Artikels VIII NTS gelten. Damit werden diese grundsätzlich nicht vom Haftungs- 18 Siehe , Fragen zur Schadensregulierung nach dem NATO-Truppenstatut, Deutscher Bundestag (2012): Wissenschaftliche Dienste (WD – 3000 – 023/12). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 8 ausschluss des Abs. 1 erfasst.19 Davon geht auch die Bundesregierung ausdrücklich für Kommunen in Beantwortung einer weiteren Kleinen Anfrage aus.20 Sie differenziert jedoch – in Übereinstimmung mit dem Text des Abkommens – zwischen Liegenschaften, die den Streitkräften vertraglich zur Nutzung überlassen sind (hier gilt allein der Vertrag), und anderen Liegenschaften, für die allein Abs. 5 NTS greift.21 Es wäre demnach nicht ausgeschlossen, dass etwa von Umweltschäden betroffene Kommunen oder Privatpersonen auf diesem Wege Ansprüche gegen den Entsendestaat geltend machen könnten . Hierfür müssten im Wesentlichen folgende Voraussetzungen nachweisbar erfüllt sein: - Die Verunreinigung führt zu einem Schaden der dritten Peron (d.h. der betroffenen Kommune oder Privatperson). - Sie wurde durch Truppenangehörige oder Zivilbeschäftigte oder in deren rechtlicher Verantwortung in Ausübung des Dienstes verursacht. - Die Entschädigungspflicht darf nicht (etwa nach Buchstabe h) ausgeschlossen sein. Bei der Untersuchung solcher Vorfälle, insbesondere bei der Beweisführung, arbeiten deutsche und ausländische Behörden zusammen (Abs. 10). Darüber hinaus sehen Abs. 5 und 8 Verfahrensvorschriften und Vorschriften vor, die die Kooperation zwischen den deutschen und ausländischen Behörden regeln. Nach Abs. 5 Buchstabe a ist das deutsche Recht (inkl. Verfahrensrecht) anwendbar, das auch für die Bundeswehr gelten würde (siehe dazu unten 2.2.2. und 2.3.). Buchstabe c stellt klar, dass die Folge nur Entschädigung (in Geld) sein kann. Begleicht die Bundesrepublik Deutschland den Schaden des Dritten (Buchstaben b und d), kann sie den Behörden der ausländischen Streitkräfte bindend eine gerechte Aufteilung der Entschädigungssumme vorschlagen. Dabei gelten die Regeln von Abs. 5 Buchstabe e NTS, wonach die Bundesrepublik Deutschland mindestens 25 Prozent, höchstens 50 Prozent der Summe tragen muss. Wären danach die US-Truppe bzw. ihre Mitglieder nachweislich allein verantwortlich, müssten die USA für 75 Prozent der Schadenssumme aufkommen. 19 So auch grundlegend Schippers, Willi, Rechtsfragen der Regulierung von NATO-Truppenschäden in der Bundesrepublik Deutschland: dargestellt an Entschädigungsansprüchen gemäß Artikel VIII Abs. 5 und 6 des NATO-Truppenstatuts, Dissertation, Mainz 1977, S. 18 f. 20 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Kosten und Auswirkungen der Präsenz ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drs. 18/1400 vom 14.05.2014, Frage 27, S. 14. 21 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Kosten und Auswirkungen der Präsenz ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drs. 18/1400 vom 14.05.2014, Frage 27, S. 14, mit ausführlichen Erläuterungen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 9 2.1.3. Ansprüche gegenüber einzelnen Truppenmitgliedern oder Zivilbeschäftigten bei Schäden, die bei Ausübung des Dienstes entstanden sind Art. VIII Abs. 9 und Abs. 5 Buchstabe g NTS verbieten nicht, einzelne Truppenmitglieder vor Zivilgerichte zu stellen, wohl aber die Vollstreckung solcher Urteile.22 Sie betonen damit den Vorrang der Staatshaftung vor der Haftung des einzelnen Verantwortlichen. Die Abwicklung richtet sich nach dem unter 2.1.2. beschriebenen Verfahren des Art. VIII Abs. 5 NTS. Der Schaden wird also meistens zunächst über die Bundesrepublik Deutschland nach den auch für die Bundeswehr geltenden deutschen Gesetzen abgewickelt (Abs. 5 Buchstabe b); die Bundesrepublik kann dann Rückgriff nehmen. Können sich die beiden Staaten nicht einigen, ob der Schaden bei Ausübung des Dienstes entstanden ist, kann gemäß Art. VIII Abs. 8 und Abs. 2 eine Schiedsperson eingesetzt werden, die diese Frage sodann verbindlich und unanfechtbar entscheidet. Deutsche Behörden und Gerichte sind in dieser Frage bei späteren Entscheidungen gebunden (siehe dazu unten 2.2.1.). 2.1.4. Ansprüche gegenüber einzelnen Truppenmitgliedern oder Zivilbeschäftigten bei Schäden, die außerhalb des Dienstes entstanden sind Entsteht der Schaden nachweisbar außerhalb der Dienstausübung, ermitteln nach Art. VIII Abs. 6 NTS Buchstabe a ebenfalls die deutschen Behörden. Nach Buchstaben b und c entscheiden aber nach Abschluss der Ermittlungen und Bericht die ausländischen Behörden, ob sie den Schaden selbst im Wege einer sogenannten „Ex-gratia-Zahlung“ begleichen wollen. Dabei können sie die Zahlung einer Geldsumme anbieten, ohne eine rechtliche Pflicht zur Zahlung anzuerkennen. Verweigert die ausländische Behörde die Zahlung oder wird die Zahlung nicht angenommen, eröffnet Buchstabe d die Möglichkeit, direkt gegen das Truppenmitglied oder die zivil beschäftigte Person vor deutschen Gerichten vorzugehen. Solche Urteile sind dann auch nach deutschem Recht vollstreckbar (Gegenschluss aus Art. VIII Abs. 5 Buchstabe 6, Abs. IX). 22 BGH NJW 64, 104. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 10 2.2. Regelungen im Zusatzabkommen zum NTS Das Zusatzabkommen enthält in Art. 41 eine Zentralregelung zur Schadensregulierung (2.2.1.) und darüber hinaus mehrere umwelt- und gesundheitsschutzrelevante Regelungen (2.2.2.). 2.2.1. Art. 41 ZA-NTS Art. 41 Abs. 2 ZA-NTS stellt klar, dass Schäden im Regelfall durch Entschädigung (in Geld) abgegolten werden. Die Vorschrift schließt Entschädigungen in bestimmten Fällen aus (Infrastrukturbeschädigung bei normaler Nutzung, Verlust oder Beschädigung erworbener Sachen), die im Falle der PTB-Belastungen nicht eingreifen. Abs. 8 betont die enge Verbindung zu dem Recht, dem auch die Bundeswehr unterliegt: Greifen für diese Befreiungen von deutschen (z.B. bauoder umweltrechtlichen) Vorschriften, so muss der Entsendestaat nur Entschädigungen leisten, wenn auch eine vergleichbare Handlung der Bundeswehr zu einer Entschädigungspflicht führen würde (Satz 2, siehe dazu unten, 2.2.2. und 2.3., mit weiteren Nachweisen in den Fußnoten). Abs. 3 enthält für bestimmte Fälle eine weitere – hier nicht relevante – Verzichtsregelung, Abs. 4 eine Haftungsfreistellung. Darüber hinaus sieht Art. 41 ZA-NTS weitere Regelungen zur Anrechnung und Teilung von Entschädigungen (Abs. 9 Buchstabe a, 10) und zur Geltendmachung im Wege der Verfahrensstandschaft der Bundesrepublik Deutschland für den Entsendestaat (Abs. 9 Buchstabe b) vor. Abs. 11 Buchstaben a bis c enthalten weitere wichtige Verfahrensregeln für die Kooperation der deutschen und ausländischen Behörden im Schadensfall nach Art. VIII Abs. 8 NTS. Insbesondere zeigt Buchstabe c, dass deutsche Behörden und Gerichte grundsätzlich an die Einschätzung der Tatsachen durch die Truppe (die sich in einer sogenannten Bescheinigung widerspiegelt ) und – sofern angefordert – die Entscheidung der Schiedsperson (siehe dazu Art. VIII Abs. 8, Abs. 2 Buchstabe b NTS) gebunden ist. Art. 41 ZA-NTS verweist in seinem Abs. 13 auf das Verwaltungsabkommen zur Regelung des Verfahrens bei der Abgeltung von Schäden.23 Dieses Abkommen enthält umfangreiche Regelungen über die zuständigen US-amerikanischen und deutschen Behörden (auf der deutschen Seite die Verteidigungslastenverwaltung24, Teil A, Nr. 3) und für das Verfahren bei Anträgen auf Ent- 23 Verwaltungsabkommen zur Regelung des Verfahrens bei der Abgeltung von Schäden (mit Ausnahme von Belegungsschäden ) gemäß Artikel VIII des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut - NTS) in Verbindung mit Artikel 41 des Zusatzabkommens zum NTS (ZA) sowie bei der Geltendmachung von Forderungen gemäß Artikel 41 Abs. 9 des Zusatzabkommens, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/acroread/sonst/abg/VASchad_US2.pdf (letzter Zugriff : 26.03.2015). 24 Laut Bundesregierung ist bei Umweltdrittschäden an Liegenschaften die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zuständige Regulierungsstelle; daneben können Bürgerinnen und Bürger sich an drei Schadensregulierungsstellen der Bundesanstalt wenden: Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Kosten und Auswirkungen der Präsenz ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drs. 18/1400 vom 14.05.2014, Frage 14, S. 7. Siehe ferner Art. 8 des Ausführungsgesetzes. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 11 schädigung nach Art. VIII Abs. 5 NTS (Teil B), nach Abs. 2 NTS (Teil D, Nr. 88 und Anhang) sowie Abs. 6 und 7 NTS (Teil B, Abschnitt V), inkl. des Vorgehens bei Rechtsstreitigkeiten und vereinfachter Verfahren bei bestimmten Schadensarten und Entschädigungsformen. Weitere Verfahrensregeln (unter anderem zu Fristen, Prozess- und Verfahrensstandschaft) enthält das Ausführungsgesetz von 1961 in der Fassung von 2006 (NATOTrStatVtrG).25 2.2.2. Regelungen zum Umwelt- und Gesundheitsschutz Wie die Bundesregierung bereits in Beantwortung der Frage 6 der Kleinen Anfrage ausführt26, haben vier Vorschriften des Zusatzabkommens umwelt- und gesundheitsrechtliche Relevanz: Art. 53, 54, 54 A und 54 B ZA-NTS. Nach Art. 53 Abs. 1 ZA-NTS gilt für die Benutzung der Liegenschaften, die den Streitkräften zur Verfügung gestellt worden sind, grundsätzlich das deutsche Recht (und damit auch das Umweltrecht 27, siehe zudem Art. 54 ZA-NTS für das Gesundheits- und Seuchenrecht28): „Artikel 53 [Ausschließliche und gemeinsame Nutzung von Liegenschaften] (1) Eine Truppe und ein ziviles Gefolge können innerhalb der ihnen zur ausschließlichen Benutzung überlassenen Liegenschaften die zur befriedigenden Erfüllung ihrer Verteidigungspflichten erforderlichen Maßnahmen treffen. Für die Benutzung solcher Liegenschaften gilt das deutsche Recht, soweit in diesem Abkommen und in anderen internationalen Übereinkünften nicht etwas anderes vorgesehen ist und sofern nicht die Organisation, die interne Funktionsweise und die Führung der Truppe und ihres zivilen Gefolges, ihrer Mitglieder und deren Angehöriger sowie andere interne Angelegenheiten, die keine vorhersehbaren Auswirkungen auf 25 Gesetz zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen und den Zusatzvereinbarungen vom 3. August 1959 zu diesem Abkommen vom 18. August 1961, BGBl. II S. 1183 (letzte Änderung: 31.10.2006), siehe insbesondere Teil II, Kapitel 3 (Art. 6–14) und Kapitel 5a (dort Art. 21 c). 26 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015, Frage 6, S. 3. 27 Siehe dazu zudem bereits bestätigend Art. 49 Abs. 2 und 3 ZA-NTS und Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, S. 200 f., der im Rahmen von Baumaßnahmen auch die (eingeschränkte) Anwendbarkeit von Naturschutz-, Wasser- und Immissionsschutzgesetzen herausarbeitet, S. 201, 203. 28 Siehe hierzu die Einschränkung im Unterzeichnungsprotokoll, Zu Art. 54, http://www.abgplus .de/abg2/ebuecher/abg_all/UPZuArti_21.htm (letzter Zugriff: 30.03.2015): „Falls es einer Truppe oder einem zivilen Gefolge aus rechtlichen oder technischen Gründen unmöglich ist, eine deutsche Gesundheitsvorschrift im einzelnen zu befolgen, schließen die deutschen Behörden und die Behörden der Truppe unverzüglich Vereinbarungen über andere Maßnahmen, durch welche der mit der Vorschrift verfolgte Zweck erreicht wird.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 12 die Rechte Dritter oder auf umliegende Gemeinden und die Öffentlichkeit im allgemeinen haben , betroffen sind. Die zuständigen deutschen Behörden und die Behörden einer Truppe konsultieren einander und arbeiten zusammen, um auftretende Meinungsverschiedenheiten beizulegen . (2) Absatz (1) Satz 1 gilt entsprechend für Maßnahmen im Luftraum über den Liegenschaften, vorausgesetzt , dass Maßnahmen, welche zur Störungen des Luftverkehrs führen könnten, nur in Koordinierung mit den deutschen Behörden getroffen werden. Artikel 57 Absatz (7) bleibt unberührt . (2bis) Die Benutzung von Truppenübungsplätzen, Standortübungsplätzen und Standortschießanlagen durch Truppenteile, die zu Übungs- und Ausbildungszwecken in die Bundesrepublik gebracht werden, ist den zuständigen deutschen Behörden vorher zur Zustimmung anzuzeigen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn die deutschen Behörden nicht innerhalb von 45 Tagen nach Eingang der Anzeige widersprechen. […]. (2ter) Einzelheiten der Benutzung von Truppenübungsplätzen, Luft- / Bodenschießplätzen, Standortübungsplätzen und Standortschießanlagen sowie des nach Absatz (2 bis) vorgesehenen Anzeige- und Zustimmungsverfahrens werden durch Verwaltungsabkommen geregelt, die auf Bundesebene abgeschlossen werden. (3) Bei der Durchführung der in Absatz (1) vorgesehenen Maßnahmen stellen die Truppe und das zivile Gefolge sicher, dass die deutschen Behörden die zur Wahrnehmung deutscher Belange erforderlichen Maßnahmen innerhalb der Liegenschaften durchführen können. (4) Zur reibungslosen Durchführung der Maßnahmen nach den Absätzen (1), (2) und (3) arbeiten die deutschen Behörden mit den Behörden der Truppe und des zivilen Gefolges zusammen. Einzelheiten dieser Zusammenarbeit sind in dem auf diesen Artikel Bezug nehmenden Abschnitt des Unterzeichnungsprotokolls, Absätze (5) bis (7), geregelt. (5) Im Falle einer gemeinsamen Benutzung von Liegenschaften durch eine Truppe oder ein ziviles Gefolge und die Bundeswehr oder zivile deutsche Stellen werden die erforderlichen Regelungen durch Verwaltungsabkommen oder besondere Vereinbarungen getroffen, in denen die Stellung der Bundesrepublik als Aufnahmestaat und die Verteidigungspflichten der Truppe angemessen berücksichtigt werden. […]“29 29 Hervorhebungen der Verfasserin. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 13 Eingeschränkt wird dieser Grundsatz durch Sonderregelungen im Zusatzabkommen selbst und in anderen völkerrechtlichen Übereinkünften (Art. 53 Abs. 1 ZA-NTS, sogenannte Dispensmöglichkeiten bei Anlagen, die der Landesverteidigung dienen30). Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 4 des Unterzeichnungsprotokolls) ermöglicht die Kontrolle durch die zuständigen deutschen Behörden auch innerhalb der Liegenschaften, die von den Streitkräften genutzt werden, durch ein völkerrechtlich vereinbartes Zutrittsrecht.31 Zuständig sind in der Regel die Behörden der Länder und Kommunen, soweit nicht das Bundesministerium der Verteidigung oder von ihm bestimmte Behörden zuständig sind (siehe dazu §§ 59, 60 Bundesimmissionsschutzgesetz [BImSchG]).32 Verfahrensregeln zum Zutrittsrecht enthält das Unterzeichnungsprotokoll zum NATO- Truppenstatut und zum Zusatzabkommen (zu Artikel 53, Abs. 4 bis).33 Nach dem Unterzeichnungsprotokoll sind folgende Bereiche von der Kooperation erfasst: „(5) Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden einer Truppe und den deutschen Behörden nach Artikel 53, gegebenenfalls in Verbindung mit Artikel 53 A, erstreckt sich insbesondere auf folgende Gebiete: (a) Feststellung von Grenzen und Aufstellung von Lageplänen und Katasterunterlagen für Grundstücke ; (b) Erfassung, Inventarisierung und Bewertung von Vermögensgegenständen; (c) öffentliche Sicherheit und Ordnung, einschließlich des Feuerschutzes (Brandschutz und Hilfeleistung ), des Katastrophenschutzes, des Arbeitsschutzes, der Unfallverhütung sowie der Sicherheitsmaßnahmen , zum Beispiel bei Schießständen, Munitionslagern, Treibstofflagern und gefährlichen Anlagen, (d) Gesundheitswesen (nach Maßgabe von Artikel 54 des Zusatzabkommens); (e) Gewerbeaufsicht; (f) Wasser-, Gas- und Elektrizitätsversorgung, Entwässerung und Abwasserbeseitigung; 30 Siehe dazu Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, S. 203 ff., mit Verweis auf die umfassende Darlegung dieser Ausnahmen bei Repkewitz, Ulrich, Bundeswehr und Umweltschutz: das Umweltsonderrecht als Teil des Verwaltungssonderrechts der Bundeswehr, Berlin: Duncker & Humblot (1999), S. 177. Siehe ausführlich für die eingeschränkte Geltung ausländischen Sicherheits- und Ordnungsrechts im Bereich der Liegenschaften und dem Kooperationsgebot im Rahmen des Art. 53 ZA-NTS Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 140–148. 31 Siehe hierzu auch die Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015, Frage 6, S. 3. Zum Verfahren siehe Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 149–154. 32 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Kosten und Auswirkungen der Präsenz ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, BT-Drs. 18/1400 vom 14.05.2014, Fragen 28, 28b, S. 14 f. 33 Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen, zu Artikel 53, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/UPZuArti_20.htm (letzter Zugriff: 30.03.2015). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 14 (g) Eigentumsbeschränkung, Nachbarrecht, Landesplanung, Denkmal- und Naturschutz, Umweltschutz , einschließlich Erfassung und Bewertung von Flächen, von denen wegen Kontamination des Bodens ein Risiko ausgeht; (h) Substanzerhaltung von Grundstücken und Gebäuden; (i) Wasserversorgungs-, Energieversorgungs- und Heizungsanlagen, soweit diese sowohl die Truppe als auch die Zivilbevölkerung oder deutsche Stellen versorgen; (k) Nutzung von Grundstücken und Gebäuden durch die Zivilbevölkerung oder deutsche Behörden für gewerbliche, landwirtschaftliche oder Wohnzwecke; ( l) Forstliche Bewirtschaftung, Jagd und Fischerei; (m) Ausbeutung von Bodenschätzen; (n) Verkehrssicherung sowie Unterhaltung und Reinigung von Straßen, die dem öffentlichen Verkehr zugänglich sind; (o) Betrieb und Unterhaltung von Eisenbahnanschlüssen; (p) Fernmeldewesen.“.34 Laut Art. 54 A Abs. 1 ZA-NTS „erkennen und anerkennen“ die Entsendestaaten die „Bedeutung des Umweltschutzes bei allen Tätigkeiten ihrer Truppen in der Bundesrepublik“. Abs. 2 konkretisiert dieses Anliegen wie folgt: 35 „1Unbeschadet der Achtung und Anwendung des deutschen Rechts nach Maßgabe dieses Abkommens prüfen die Behörden einer Truppe und eines zivilen Gefolges die Umweltverträglichkeit so frühzeitig wie möglich bei allen Vorhaben. 2In diesem Zusammenhang ermitteln, analysieren und bewerten sie die möglichen Auswirkungen eines für die Umwelt bedeutsamen Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, sowie auf Kultur- und sonstige Sachgüter. 3Ziel der Prüfung ist es, Umweltbelastungen zu vermeiden und unvermeidbare Umweltbeeinträchtigungen durch angemessene Maßnahmen auszugleichen. 4In diesem Zusammenhang können die Behörden der Truppe und des zivilen Gefolges deutsche zivile und militärische Behörden um Unterstützung bitten.“ Aufgrund der vagen Formulierung wird davon ausgegangen, dass es sich bei dieser Vorschrift nicht um eine unmittelbar verbindliche Regelung handelt, sondern dass diese eher eine Absicht oder Zielbestimmung zum Ausdruck bringt (sog. Programmsatz).36 Auch Art. 54 B ZA-NTS weist eine umweltrechtliche Dimension auf: 34 Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen, zu Artikel 53, Abs. 5, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/UPZuArti_20.htm (letzter Zugriff: 30.03.2015). Hervorhebungen der Verfasserin. 35 Hervorhebungen der Verfasserin. 36 Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 155 ff.; ders., Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16 (S. 200). , Immissionsschutz an Standortschießanlagen von Stationierungskräften, Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste (WD 2 – 3000 – 030/13); Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 151 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 15 „1Die Behörden einer Truppe und eines zivilen Gefolges stellen sicher, daß für den Betrieb von Luft-, Wasser- und Landfahrzeugen nur Treibstoffe, Schmierstoffe und Zusatzstoffe, die schadstoffarm gemäß den deutschen Umweltvorschriften sind, eingesetzt werden, soweit dies mit den technischen Erfordernissen der Fahrzeuge vereinbar ist. 2Sie stellen weiterhin sicher, daß bei Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen, insbesondere bei neuen Fahrzeugen, die deutschen Vorschriften über die Begrenzung von Lärm- und Abgasemissionen eingehalten werden, soweit dies nicht unverhältnismäßig ist. 3 Bei der Anwendung und Überwachung dieser Bestimmungen konsultieren die zuständigen deutschen Behörden und die Behörden der Truppe oder des zivilen Gefolges einander und arbeiten eng zusammen.“37 Im Gegensatz zu Art. 54 A ist Art. 54 B ZA-NTS im Sinne einer (eingeschränkten) Verpflichtung der ausländischen militärischen Behörden formuliert („stellen sicher“). Auch wenn Art. 54 A und 54 B ZA-NTS deutlich konkreter formuliert sind und im Einzelfall bei der Auslegung von Verpflichtungen hilfreich sein können, dürften sie in ihrer Rechtswirkung doch nicht über die allgemeine Verpflichtung des Art. 53 ZA-NTS hinausgehen; ihnen kommt deshalb im Wesentlichen deklaratorische Wirkung zu, auch wenn sie konkretere Verpflichtungen enthalten.38 In der Sache wie im Verfahren dürfte demnach nichts anderes gelten: Satz 3 begründet – wie an anderen Stellen im Stationierungsrecht, etwa bei den Liegenschaften – ein Konsultations - und Kooperationsverhältnis zwischen den deutschen und den ausländischen Behörden . Dies stellt klar, dass auch die Einhaltung der Umweltvorschriften letztlich auf dem einverständlich -diplomatischen Verhandlungswege sichergestellt werden soll, auch wenn die Durchsetzbarkeit des deutschen Umweltrechts durch die Verfahrensvorschriften gestärkt werden soll.39 In diesem Lichte lässt sich auch die Bildung der in der Einleitung erwähnten Arbeitsgruppe mit Mitgliedern der betroffenen Körperschaften und Behörden verstehen. Auch Art. 54 B ZA-NTS stellt damit kein Einfallstor für eine alleinige Zuständigkeit deutscher Behörden bei der Durchsetzung der Verpflichtung dar.40 37 Hervorhebungen der Verfasserin. 38 So auch Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 152 f.; Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 156. 39 Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 151 ff. 40 Siehe zur Einschränkung bei der Durchsetzung unten 4. und die dortigen Nachweise sowie grundsätzlich zur Reichweite der Bindung nach Art. II NTS als „ausfüllungsbedürftige Rahmenvorschrift“ Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 67 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 16 2.3. Sonstige Regelungen Über die in der Fragestellung benannten Regelungen hinaus können sich Rechtsgrundlagen oder weitere Verfahrensregeln auch aus anderen völkerrechtlichen Abkommen oder Übereinkommen oder aus dem nationalen Recht ergeben. In Betracht kommen als völkerrechtliche Regelungen beispielsweise die bereits erwähnten bilateralen Verwaltungsabkommen nach Art. 41 ZA-NTS für Verfahrensregelungen bei der Schadensabgeltung 41 oder spezielle Stützpunktvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA.42 Daneben verweisen NTS und ZA-NTS an verschiedenen Stellen auf das deutsche Recht, das im Bereich der Schadenshaftung dann angewendet werden kann, wenn und soweit es auch für die Bundeswehr gilt (siehe etwa Art. II Satz 1, Art. VIII Abs. 5 Buchstabe a NTS).43 So ist auch das deutsche Immissionsschutzrecht unter den genannten völkerrechtlichen Einschränkungen auf Einrichtungen ausländischer Truppen in Deutschland anwendbar.44 Die Bundesregierung ver- 41 Verwaltungsabkommen zur Regelung des Verfahrens bei der Abgeltung von Schäden (mit Ausnahme von Belegungsschäden ) gemäß Artikel VIII des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages vom 19. Juni 1951 über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut - NTS) in Verbindung mit Artikel 41 des Zusatzabkommens zum NTS (ZA) sowie bei der Geltendmachung von Forderungen gemäß Artikel 41 Abs. 9 des Zusatzabkommens, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/acroread/sonst/abg/VASchad_US2.pdf (letzter Zugriff : 26.03.2015). Siehe ferner die Bekanntmachung der mit den ausländischen Streitkräften und dem internationalen militärischen Hauptquartier SHAPE abgeschlossenen Verwaltungsabkommen über die Abgeltung von Schäden des Bundesministers der Finanzen vom 31. Oktober 2001, Beilage 60a zum Bundesanzeiger vom 27. März 2002, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/acroread/sonst/abg/VASchad31102001.pdf (letzter Zugriff: 26.03.2015) sowie das Verwaltungsabkommen gemäß Artikel 44 des Zusatzabkommens zum NATO- Truppenstatut (ZA NTS) über die Zusammenarbeit der deutschen Behörden und der Behörden der amerikanischen Truppen und des zivilen Gefolges bei der Beilegung von Streitigkeiten, http://www.abgplus .de/abg2/ebuecher/acroread/sonst/abg/VAStreit_US.pdf (letzter Zugriff: 26.03.2015). 42 Raap, Christian, nennt in seinem Aufsatz Grundzüge des Stationierungsrechts, in: UBWV 2004, S. 182–185 (S. 183), die unveröffentlichte „Vereinbarung vom 30.5.1994 zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und dem Department of the Air Force der USA über den Betrieb von Luftfahrzeugen der deutschen Luftwaffe vom Typ Tornado in den USA auf dem Luftwaffenstützpunkt Holloman, New Mexiko“. Vgl. ferner das bei Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 197 ff., auszugsweise abgedruckte „Abkommen vom 1. April 1958 über den Truppenübungsplatz Bergen“. 43 Für eine Übersicht solcher Vorschriften im Bau- und Umweltrecht (Stand 1995) siehe beispielsweise Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, Kapitel 7 (S. 155 ff.); Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, (S. 207 ff.), mit einzelnen Nennungen von Verfahrensbesonderheiten im Bau- und Immissionsschutzrecht mit Verweis auf die 9. und 14. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz und auf Verfahrenserleichterungen; ders., Baumaßnahmen der in Deutschland stationierten NATO-Truppen, in: ZfBR 2005, S. 27–33 (S. 30 ff.), mit weiteren Ausnahmen aus Wald- und Naturschutzrecht . Grundsätzlich zur Reichweite der Bindungswirkung Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO- Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 67 f, S. 140–148. 44 Siehe hierzu , Immissionsschutz an Standortschießanlagen von Stationierungs-kräften, Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste (WD 2 – 3000 – 030/13), S. 4, der auch auf die Einschränkungen in §§ 59, 60 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 15.3.1974 hinweist; ferner zu den Einschränkungen dieses Grundsatzes Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 190–228; ders., Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, (S. 209). Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 17 weist zudem darauf, dass auch eine Anwendung der umweltstrafrechtlichen Vorschriften (§§ 324 ff. Strafgesetzbuch) in Betracht kommt.45 3. Bemerkung zur Zurechnung von Umweltschäden Zusätzlich zu den rechtlichen Unwägbarkeiten ist zu bemerken, dass das Vorliegen der Voraussetzungen der Haftungsvorschriften nachgewiesen werden müsste. Dies gilt insbesondere für die Frage, wer die Belastungen verursacht hat. Wie oben unter 2.1. bereits ausgeführt, ist rechtlich selbst bei einer zweifelsfreien Zuordnung der Schäden zu den US-Streitkräften zu beachten, ob die Verschmutzung durch die Truppen, durch einzelne Mitglieder der Streitkräfte oder durch Zivilbeschäftigte in Ausübung des Dienstes oder außerhalb dessen verursacht worden ist. Dies kann trotz der Zuständigkeit deutscher Behörden (Art. VIII Abs. 5 Buchstabe a NTS) nur durch umfangreiche – auf beiden Seiten anerkannte und auf kooperativem Wege (Art. VIII Abs. 10 NTS) erreichte – Untersuchungen erfolgen. Ausweislich der Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 9, 10 und 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. werden Untersuchungen des Landes Rheinland-Pfalz auch zur Bestimmung der Quelle der Belastungen durchgeführt; diese sind jedoch noch nicht abgeschlossen, sodass derzeit weder eine tatsächliche Zuordnung noch eine rechtliche Zurechnung möglich ist.46 4. Bemerkung zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen die USA47 Wie bereits in den einleitenden Worten zu 2. ausgeführt, gilt zwar für die ausländischen Truppen im gleichen Umfang wie für die Bundeswehr deutsches Recht und auch die (echte) Verpflichtung , deutsches Recht zu achten (Art. II NTS, Art. 53 Abs. 1, Art. 54 A Abs. 2 ZA-NTS), wozu 45 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015, Frage 7, S. 3. Ausführlich zur Strafverfolgung im Stationierungsrecht und zum Zusammenspiel der Behörden Birke, Rainer, Strafverfolgung nach dem NATO-Truppenstatut: Grundlagen und Praxis eines „international-arbeitsteiligen“ Strafverfahrens, Baden- Baden: Nomos (2004); Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 68–75. Zur Möglichkeit des Verzichts der Ausübung der Strafgerichtsbarkeit nach Art. VII Abs. 3 Buchstabe c siehe die Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Ausländische Streitkräfte in Deutschland, BT-Drs. 17/5586 vom 08.04.2011, Frage 28, S. 10. 46 Antwort des Bundesministeriums der Verteidigung namens der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Neustationierung sowie Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit im Raum des Militärflughafens Sprangdahlem, BT-Drs. 18/4336 vom 18.03.2015, Fragen 9, 10, 13, S. 4 f. 47 Ausführlich zu den Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter, auch von Kommunen, im Baurecht Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 228–244. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 18 grundsätzlich auch das Bau-, Gesundheits- und Umweltrecht gehören.48 Dies sagt jedoch nichts über die Vollstreckung aus. In diesem Bereich gilt der Grundsatz der völkerrechtlichen Staatenimmunität , wonach Stationierungskräfte der NATO (also auch die US-Streitkräfte) weder der deutschen Gerichtsbarkeit, noch sonstigen deutschen Hoheitsakten unterworfen sind.49 Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat bestätigt, dass Art. II NTS von diesem Grundsatz keine Ausnahme macht.50 Auch in diesem Rahmen fehlt es also grundsätzlich an einer formellen Bindung der US-Streitkräfte.51 Völkerrechtlich wären deutsche (Regierungs-)Behörden deswegen wie früher auf den diplomatischen Weg verwiesen52 und könnten im Rahmen des sogenannten Schutzanspruches Staatsangehöriger gegenüber dem Ausland nur unter gewissen, sehr begrenzten Umständen verpflichtet sein, ihren Einfluss zugunsten von Bürgern auf die Streitkräfte geltend zu machen.53 Es besteht dabei grundsätzlich nur ein Anspruch gegenüber den eigenen Behörden auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Gewährung diplomatischen Schutzes.54 Allerdings bieten NTS und ZA-NTS – wie erwähnt – u. a. im Liegenschaftsrecht (Art. 53 A, 49 ZA-NTS) nunmehr Konsultationsverfahren mit Verfahrens- und Prozessstandschaft deutscher Behörden, die durch die angesprochenen Verwaltungsabkommen sowie durch das Unterzeich- 48 , Immissionsschutz an Standortschießanlagen von Stationierungskräften, Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste (WD 2 – 3000 – 030/13), S. 7–8, mit Verweis auf Burkhardt/Granow, Das Abkommen zur Änderung des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut (ZA-NTS), in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 1995, S. 425 (S. 426), sowie die Antwort der Bundesregierung vom 14.4.2011 auf die kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., BT-Drs. 17/5586, Ausländische Streitkräfte in Deutschland, Frage 23. Zu den Einschränkungen dieses Grundsatzes siehe neben 2.3. Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 190–228. 49 Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), NVwZ 1988, S. 755, sowie anderer deutscher Gerichte, VGH Kassel, NJW 1984, S. 2055. Siehe dazu zusammenfassend Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, S. 205 f., mit weiteren Nachweisen; ergänzend Lepsius, Oliver, Deutsches Recht auf NATO-Truppenübungsplätzen, Fn. 17, S. 67 f. 50 BVerfG, Beschluss vom 29.10.1987, in: NJW 1988, 1651 (S. 1652); dazu ausführlich Scheidler, Alfred, Truppenstationierung und Staatenimmunität, Fn. 7, S. 119, mit bestätigenden Nachweisen deutscher Behörden. 51 Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte, Fn. 16, S. 198–209 (S. 206). 52 Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte auf deutschem Staatsgebiet, Fn. 16, (S. 206). 53 Siehe dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18.07.2003, V ZR 297/02, NJW-RR 2004, 570–572, bestätigt durch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 04.09.2008, 2 BvR 1720/03; , Immissionsschutz an Standortschießanlagen von Stationierungskräften, Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste (WD 2 – 3000 – 030/13), S. 7–8, mit weiteren Nachweisen. Ausführlich Scheidler, Alfred, NATO- Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 229–244. 54 Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18.07.2003, V ZR 297/02, NJW-RR 2004, 570–572, bestätigt durch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 04.09.2008, 2 BvR 1720/03; Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 244. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 19 nungsprotokoll55 ausgeformt werden.56 So können Betroffene – jedenfalls soweit Genehmigungen und Erlaubnisse benötigt werden (siehe dazu den unter 2.2.2. angegebenen Wortlaut der Art. 53 A Abs. 1 und 2, 2 bis und 2 ter ZA-NTS) – immerhin über den Umweg über deutsche Behörden frühzeitig Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Wege des Nachbarrechtschutzes einleiten.57 Auch Gemeinden können in diesem Bereich ihre Beteiligungsrechte nutzen.58 Auch wenn wiederum keine Vollstreckung möglich ist (siehe Art. 53 A Abs. 3 Satz 3 ZA-NTS), stellen diese Vorschriften eine bessere Beteiligung deutscher Behörden und eine größere Aussicht auf Umsetzung und Einhaltung der Vorschriften sicher (siehe Art. 53 A Abs. 3 Sätze 1 und 2 ZA-NTS). Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass das Konsultationsverfahren mit Verfahrens- und Prozessstandschaft deutscher Behörden nach Art. 53 A Abs. 1 ZA-NTS auf die dort bestimmten Bereiche beschränkt ist. In allen anderen Bereichen muss im Wesentlichen weiterhin auf die Kooperationsbereitschaft deutscher und ausländischer Behörden vertraut werden. 5. Schlussbemerkung Das Stationierungsrecht hält ein rechtlich komplexes Regelungsgeflecht zur Schadenshaftung vor, das nicht einfach zu durchschauen ist. Abgesehen von der – in Aufklärung befindlichen – unklaren Faktenlage und von möglichen Beweisschwierigkeiten dahingehend, wer den Schaden verursacht hat, ergeben sich aus Art. 8 NTS und seinem Zusatzabkommen selbst möglicherweise Verfahrenserleichterungen, aber keine klaren Ansprüche betroffener Kommunen oder Privatpersonen . In Hinblick auf Art. 53 Abs. 1 ZA-NTS ist hier immer die nationale Rechtslage mit ihren Unwägbarkeiten mitzudenken. Insgesamt erscheinen die Regelungen des Stationierungsrechts wenig geeignet, „Druck“ auf ausländische Streitkräfte ausüben zu können. In wesentlichen Streitfragen baut es vielmehr auf Kon- 55 Unterzeichnungsprotokoll zum NATO-Truppenstatut und zum Zusatzabkommen, zu Artikel 53, Abs. 6, http://www.abg-plus.de/abg2/ebuecher/abg_all/UPZuArti_20.htm (letzter Zugriff: 30.03.2015). 56 Siehe dazu ausführlich Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit , Fn. 7, S. 152 ff., 206 ff. Mit weiteren Erläuterungen für das Bau- und Immissionsschutzrecht Scheidler, Alfred, Baumaßnahmen der Stationierungsstreitkräfte auf deutschem Staatsgebiet, Fn. 16, S. 206; ders., Baumaßnahmen der in Deutschland stationierten NATO-Truppen, in: ZfBR 2005, S. 27–33 (S. 31 f.); , Immissionsschutz an Standortschießanlagen von Stationierungskräften, Deutscher Bundestag: Wissenschaftliche Dienste (WD 2 – 3000 – 030/13), S. 7–8. Zu weiteren Durchsetzungsmöglichkeiten nach NTS und ZA-NTS sowie zum Umgang mit der Verfahrensstandschaft in der Praxis siehe ausführlich Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 81–91. 57 Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 241– 243 mit weiteren Nachweisen. 58 Scheidler, Alfred, NATO-Truppenübungsplätze zwischen Staatenimmunität und Gebietshoheit, Fn. 7, S. 243 f. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 057/15 Seite 20 sultation und Kooperation zwischen ausländischen Militär- und deutschen Zivilbehörden. Zur Erreichung dieser Ziele bietet sich der – bereits eingeschlagene – Verhandlungsweg unter Beteiligung der Kommunen und der US-Militärbehörden an. Parallel bleibt es betroffenen Privatpersonen und Kommunen unbenommen, anwaltlichen Rat einholen, ob und inwiefern ein Vorgehen vor deutschen Behörden (über die Verfahrens- und Prozessstandschaft des Art. 53 ZA-NTS oder direkt über Art. VIII NTS) erfolgsversprechend erscheint. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Untersuchungen klare Verantwortlichkeiten der ausländischen Streitkräfte ergeben und sich keine Lösung auf dem Verhandlungswege abzeichnet.