© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 053/15 Vereinbarkeit von Auslandsaktivitäten deutscher parteinaher Stiftungen mit dem allgemeinen Interventionsverbot des Völkerrechts Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 2 Vereinbarkeit von Auslandsaktivitäten deutscher parteinaher Stiftungen mit dem allgemeinen Interventionsverbot des Völkerrechts Verfasserin: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 053/15 Abschluss der Arbeit: 23. März 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Das völkerrechtliche Interventionsverbot 6 2.1. Grundlagen des völkerrechtlichen Interventionsverbots 6 2.1.1. Artikel 2 Absatz 7 VN-Charta 6 2.1.2. Gewohnheitsrechtliches allgemeines Interventionsverbot 7 2.2. Inhalt 7 2.2.1. Gegenstand: Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören (innere Angelegenheiten / domaine réservé) 7 2.2.2. Handlung: Einmischung in die inneren Angelegenheiten 9 2.3. Adressaten 11 2.4. Rechtsfolge des Verstoßes 11 3. Exkurs: Rechtsnatur und Status politischer Stiftungen 11 3.1. Rechtsnatur, Status und Finanzierung im nationalen Recht 11 3.2. Verortung im internationalen Raum 14 4. Auslandsaktivitäten parteinaher Stiftungen als Bestandteil deutscher Außenpolitik 15 5. Auslandsaktivitäten politischer Stiftungen als Verstoß gegen das Interventionsverbot 17 5.1. Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland wegen Zurechnung der Auslandsaktivitäten von Stiftungen 17 5.2. Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland wegen eigenen Tuns oder Unterlassens 21 5.3. Politische Stiftung als (gekorenes) Völkerrechtssubjekt 21 5.4. Verstoß der Stiftung gegen nationales Recht 22 6. Zusammenfassung 23 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 4 1. Einführung Die sechs politischen Stiftungen (Konrad-Adenauer-Stiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Friedrich- Ebert-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Rosa-Luxemburg-Stiftung und Friedrich-Naumann- Stiftung), die deutschen Parteien nahestehen, unterhalten Auslandsvertretungen und/oder - büros, die verschiedene Aktivitäten in den Gaststaaten betreiben. Diese Aktivitäten werden vom Gaststaat zuweilen argwöhnisch beäugt oder als unliebsame Einmischung ausländischer Akteure in innere Angelegenheiten des Staates bzw. in die eigene Gesellschaft wahrgenommen. So kam es in jüngerer Vergangenheit mehrfach zu Vorfällen, in denen Mitarbeitende parteinaher Stiftungen verhaftet und/oder ausgewiesen wurden und die Stiftungen die entsprechende Außenstelle schließen bzw. ihre Mitarbeitenden zeitweilig oder dauerhaft abziehen mussten.1 Als Beispiel hierfür kann die Schließung des erst wenige Jahre zuvor eröffneten Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder die Durchsuchung des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo, verbunden mit Anklageerhebung und Ausreiseverboten gegen Mitarbeitende, im Jahr 2012 angeführt werden.2 Auch in der nationalen Debatte sind jedoch bestimmte Auslandsaktivitäten politischer Stiftungen im Laufe der Jahrzehnte immer wieder scharfer Kritik ausgesetzt gewesen. Dazu gehören etwa mögliche Verquickungen mit ausländischen Geheimdiensten oder militärischen Gruppierungen in Mittel- und Südamerika.3 In der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte sind Parteistiftungen immer wieder mit offizieller deutscher Politik in Verbindung gebracht und in diesem Zusammenhang etwa als „Instrumente deutscher Machtpolitik“4 oder „diplomatische Hilfstruppen“ mit Tendenz zur „Nebenaußenpolitik“5 bezeichnet worden. Starke Kritik wird – auch hinsichtlich behaupteter Intransparenz der Mittelverwendung – insbesondere vor dem Hintergrund der 1 Siehe etwa Priess, Frank, Nicht überall nur willkommen! Nicht „lupenreine Demokraten“ und Demokratieförderung , in: Die Politische Meinung, Ausgabe 520/2013, http://www.kas.de/wf/doc/kas_34468-544-1- 30.pdf?130604185223 (letzter Zugriff: 17.03.2015); Rude, Matthias, Instrumente deutscher Machtpolitik: politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD, http://www.hintergrund.de/201412193367/politik/welt/instrumente-deutscher-machtpolitik/drucken.html (letzter Zugriff: 12.03.2015), S. 1, mit weiteren Nachweisen. 2 Ausführlich dazu Renvert, Nicole, Vermittler in Bedrängnis: Politische Stiftungen und Demokratieförderung in der arabischen Welt, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Internationale Politik 4, Juli/August 2012, S. 46–49. 3 Siehe etwa Rude, Matthias, Instrumente deutscher Machtpolitik: politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD, http://www.hintergrund.de/201412193367/politik/welt/instrumente-deutschermachtpolitik /drucken.html (letzter Zugriff: 12.03.2015), S. 1–2, mit weiteren Nachweisen. 4 Rude, Matthias, Instrumente deutscher Machtpolitik: politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD, http://www.hintergrund.de/201412193367/politik/welt/instrumente-deutscher-machtpolitik/drucken.html (letzter Zugriff: 12.03.2015), S. 1. 5 Nuscheler, Franz, Denkfabriken und diplomatische Hilfstruppen. Die politischen Stiftungen der Parteien und ihre Auslandsarbeit, in: Weirich, Dieter/Deutsche Welle (Hrsg.): Auftrag Deutschland. Nach der Einheit: Unser Land der Welt vermitteln, Mainz/München 1993, S. 223–240 (S. 231). Zitiert nach Rude, Instrumente deutscher Machtpolitik (Fn. 3), Fn. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 5 stetigen Steigerung der den Stiftungen zugewandten Mittel aus dem Bundeshaushalt erhoben, die zwischen 2005 und 2014 um 47 Prozent (2014 gegenüber 2013: 7,4 Prozent) gestiegen seien.6 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Auslandsaktivitäten politischer Stiftungen – obwohl nicht öffentlich-rechtlich organisiert (siehe dazu 3.1.) – völkerrechtlich gleichwohl unter das Einmischungs- oder Interventionsverbot fallen können.7 Die Beantwortung dieser Frage stößt in mehrfacher Sicht auf Schwierigkeiten. Zum einen handelt es sich um, soweit erkennbar, juristisch weitgehend unbeleuchtete Zusammenhänge, die gleich mehrere völkerrechtliche Grauzonen berühren (siehe dazu 2.2. und 5.). Aus Sachgründen muss sich diese Ausarbeitung zudem auf deutsche parteinahe Stiftungen beschränken. Dies liegt schon deshalb nahe, weil das Konzept der deutschen politischen Stiftungen international kaum verbreitet ist und diese daher eine Sonderrolle in den internationalen Beziehungen einnehmen.8 Weitere Schwierigkeiten liegen darin begründet, dass die Rahmen- und Tätigkeitsbedingungen der Stiftungen , die Arbeitsfelder und die Rechtsgrundlagen der Arbeit der Auslandsbüros (zwischenstaatlich memoranda of understanding, innerstaatlicher Genehmigungsprozess etc.) in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich sein können. Diese Rechtsgrundlagen sind hier im Einzelnen nicht bekannt, können aber durchaus Einfluss auf die Bewertung der Autonomie der Stiftung in ihrer Auslandsarbeit im Einzelfall haben (zur Bedeutung dieses Kriteriums siehe 5., insbesondere 5.1.). Wenn etwa die Bundesrepublik Deutschland mit dem Gaststaat die Betätigungsmöglichkeiten einer deutschen Parteistiftung auf diplomatischem Wege aushandelt und die Auslandsaktivität der Stiftung innerstaatlichen Beschränkungen unterworfen wird, stellt sich die Frage der Zurechnung von Auslandsaktivitäten (und einer möglichen staatlichen Haftung für „Fehlverhalten“) auf eine andere Weise, als wenn eine Stiftung ohne Genehmigungsverfahren frei im Gaststaat tätig wird. Schließlich muss zwischen den einzelnen Stiftungsbüros, ihren konkreten Auslandstätigkeiten und Arbeitsweisen in bestimmten Ländern differenziert werden. Auch wenn sich diese Ausarbeitung diesen Fragen allgemein und ohne Kenntnis dieser besonderen Bedingungen zu nähern versucht, ist eine juristische Beurteilung letztendlich nur im Einzelfall möglich. Nach alledem erforderte ein abschließendes Urteil umfangreichere Forschung. In Anbetracht der Kürze der Bearbeitungszeit können im vorliegenden Rahmen deshalb nur Eckpunkte vorgelegt und rechtlich Bedenkenswertes aufgezeichnet werden. 6 Siehe dazu kürzlich welt.de (05.10.2014), „Politische Stiftungen erhalten so viel Geld wie nie“, http://www.welt.de/newsticker/news1/article132928101/Politische-Stiftungen-erhalten-so-viel-Geld-wienie .html (letzter Zugriff: 23.03.2015) mit Verweis auf ein Dossier in der „Welt am Sonntag“; Lutz, Martin /Müller, Uwe, Das Kartell der Staatsplünderer, 10.10.2014, via welt.de, http://www.welt.de/politik/deutschland/article133107766/Das-Kartell-der-Staatspluenderer.html (letzter Zugriff : 23.03.2015). 7 Die Frage, ob es sich umgekehrt bei dem Vorgehen von Gaststaaten gegen politische Stiftungen um eine Einmischung in nationale (deutsche) Angelegenheiten handeln würde, kann aufgrund der Fragerichtung des Auftraggebers ebenfalls vernachlässigt werden. 8 Siehe dazu Renvert, Nicole, Mission Possible? Die Rolle der deutschen parteinahen Stiftungen in den USA, DAAD/AICGS Working Paper 2011, http://www.aicgs.org/site/wp-content/uploads/2011/10/Renvert-finalger .pdf (letzter Zugriff: 19.03.2015), S. 14, 9 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 6 2. Das völkerrechtliche Interventionsverbot Um die Frage nach der Vereinbarkeit der Auslandsaktivitäten (deutscher) parteinaher Stiftungen mit dem Interventionsverbot beantworten zu können, liegt es nahe, sich zunächst mit dessen Grundlagen (siehe dazu 2.1.) und Inhalt (siehe dazu 2.2.) zu befassen. Insbesondere stellt sich die Frage, wen das Interventionsverbot bzw. Nichteinmischungsgebot verpflichtet und bindet (dazu 2.3.). 2.1. Grundlagen des völkerrechtlichen Interventionsverbots 2.1.1. Artikel 2 Absatz 7 VN-Charta Anknüpfungspunkt des Interventionsverbots ist aus völkervertragsrechtlicher Sicht Artikel (Art.) 2 Absatz (Abs.) 7 der Charta der Vereinten Nationen (VN-Charta): „Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten , die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören, oder eine Verpflichtung der Mitglieder, solche Angelegenheiten einer Regelung auf Grund dieser Charta zu unterwerfen, nicht abgeleitet werden; die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Kapitel VII wird durch diesen Grundsatz nicht berührt.“9 Das Interventionsverbot dient dem Schutz der staatlichen Souveränität und konkretisiert den Grundsatz der souveränen Gleichheit der Staaten (Art. 2 Abs. 1 VN-Charta).10 Dem Wortlaut nach richtet sich der Grundsatz nach ganz überwiegender Ansicht nur an die Vereinten Nationen (VN) selbst, nicht aber an ihre Mitgliedstaaten.11 9 Charter of the United Nations vom 26.06.1945, in Kraft seit dem 24.10.1945, http://www.un.org/en/documents/charter/index.shtml, Charta der Vereinten Nationen, BGBl. 1973 II S. 430, 431. Deutsche Fassung zitiert nach: http://www.un.org/Depts/german/un_charta/charta.pdf (letzter Zugriff jeweils : 16.03.2015). Hervorhebungen der Verfasserin. 10 Payandeh, Mehrdad, Einführung in das Recht der Vereinten Nationen, in: Juristische Schulung (JuS) 2012, S. 506, (S. 506); Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 42; Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 290 f. 11 Siehe auch Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 291, 293. Der Grundsatz soll nicht einmal für die VN-Unterorganisationen gelten, deren Rechtsgrundlagen deshalb teilweise eigene Interventionsverbote enthalten. Siehe dazu Nolte, Georg, in: Simma, Bruno, u.a. (Hrsg.), The Charter of the United Nations: a commentary, Band 1, Oxford: Oxford University Press, 3. Auflage 2012, Article 2 (7), Rn. 9. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 7 2.1.2. Gewohnheitsrechtliches allgemeines Interventionsverbot Das zwischenstaatliche allgemeine Interventionsverbot wird dagegen – unter Orientierung an den Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 7 VN-Charta12 – nach vorherrschender Ansicht aus Völkergewohnheitsrecht sowie aus Art. 2 Abs. 1 und 4 VN-Charta abgeleitet.13 2.2. Inhalt Auch im Rahmen des zwischenstaatlichen Interventionsverbots gilt der allgemein anerkannte Grundsatz: Es ist Staaten untereinander verboten, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen.14 Die Konkretisierung dieses Grundsatzes und die Definition der einzelnen Merkmale werden jedoch allgemein als schwierig angesehen; ihr Anwendungsbereich bleibt zumeist vage.15 Im Folgenden soll daher auf wesentliche Eckpunkte aus der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs sowie aus der Praxis der VN-Organe eingegangen werden. 2.2.1. Gegenstand: Angelegenheiten, die ihrem Wesen nach zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören (innere Angelegenheiten / domaine réservé) Der Internationale Gerichtshof (IGH) versteht in seiner Nicaragua-Entscheidung diejenigen Bereiche als „innere Angelegenheiten“, in denen Staaten aufgrund ihrer Souveränität frei entscheiden können. Als Beispiele benennt er grundsätzliche Systementscheidungen in den Bereichen 12 Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, § 35 Rn. 1 (S. 269); Payandeh, Mehrdad, Einführung in das Recht der Vereinten Nationen, in: JuS 2012, S. 506 (S. 506); Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 43. 13 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 202 ff., 212 f., unter Verweis auf die Declaration on Friendly Relations der VN-Generalversammlung (siehe dazu 2.2.1.) sowie zahlreiche weitere Rechtsquellen ; siehe ferner Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 291; Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, § 35 Rn. 1 (S. 269). Art. 2 Abs. 7 VN-Charta ist der vorrangige speziellere Rechtssatz (lex specialis), siehe Nolte, Georg, in: Simma, Bruno, u.a. (Hrsg.), The Charter of the United Nations: a commentary, Band 1, Oxford: Oxford University Press, 3. Auflage 2012, Article 2 (7), Rn. 7 m.w.N. 14 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 205; Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht , Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 291. 15 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 291 f.; ausführlich zu den Inhalten des Interventionsverbots, auch unter Berücksichtigung des Rechts regionaler Organisationen , Ebock, Kerstin, Der Schutz grundlegender Menschenrechte durch kollektive Zwangsmaßnahmen der Staatengemeinschaft : vom Interventionsverbot zur Pflicht zur humanitären Intervention?, Frankfurt am Main: Peter Lang (2000), S. 79–168. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 8 Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur sowie die Festlegung der Außenpolitik.16 Konkretisiert wird der Inhalt in der Erklärung der VN-Generalversammlung „über die Unzulässigkeit der Intervention und der Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten“ von 198117, die allerdings von den meisten westlichen Staaten abgelehnt wurde.18 Aufgrund zahlreicher bi- und multilateraler Kooperationen zwischen Staaten ist der Geltungsbereich des Interventionsverbots mittlerweile zusammengeschrumpft.19 Insbesondere bei Menschenrechtsverletzungen des Staates im Inland ist die Reichweite des Interventionsverbotes in den letzten Jahrzehnten diskutiert worden. Entgegen der „Erklärung über die Unzulässigkeit der Intervention und der Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten“ (dort unter II. Buchstabe l) herrscht in der Wissenschaft mittlerweile die Auffassung vor, dass sich Staaten wegen der Entwicklung menschenrechtlicher Normen nur noch sehr eingeschränkt auf das Interventionsverbot berufen könnten, da es sich deswegen nicht mehr um eine rein interne Angelegenheit handele.20 Payandeh verweist im Rahmen des Interventionsverbots der VN-Charta darauf , dass die VN-Charta die Achtung der Menschenrechte als Aufgabe und Zielbestimmung der VN beschreibe, die sich in der Präambel, in Art. 1 Nr. 3, 55 Buchstabe c und 56 der VN-Charta sowie in den Aufgaben der VN-Organe (Art. 13 Abs. 1 Buchst. b, Art. 62 Abs. 2, Art. 68, Art. 76 Buchst. c VN-Charta) niederschlage. Demnach könne sich ein Mitgliedsstaat nicht auf eine innere Angelegenheit berufen, wenn die Menschenrechtslage im Land kritisiert werde.21 Herdegen stützt diese Ansicht im europäischen Rahmen auf die rechtsstaatlichen, menschenrechtlichen und demokratischen Mindeststandards der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Damit könne ein Mitgliedsstaat etwa kaum noch Wirtschaftssanktionen (siehe dazu 2.2.2.) abwehren, die andere Staaten gegen ihn wegen seiner Menschenrechtslage verhängen.22 16 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 205: „[…] in view of the generally accepted formulations, the principle forbids all States or groups of States to intervene directly or indirectly in internal or external affairs of other States. A prohibited intervention must accordingly be one bearing on matters in which each State is permitted, by the principle of State sovereignty, to decide freely. One of these is the choice of a political , economic, social and cultural system, and the formulation of foreign policy. […]“ . 17 VN-Generalversammlung, Inadmissibility of Intervention and Interference in the Internal Affairs of States vom 09.12.1981, Anhang zu Resolution 36/103, http://www.un.org/documents/ga/res/36/a36r103.htm (letzter Zugriff: 17.03.2015). Insgesamt gab es 120 Ja-Stimmen, 6 Enthaltungen und 22 Nein-Stimmen, darunter neben den westeuropäischen Staaten inkl. Deutschland die USA, Kanada, Israel, Japan, Australien und Venezuela. Daten verfügbar über das United Nations Bibliographic Information System (UNBISNET), unbisnet.un.org. 18 Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, § 35 Rn. 2 (S. 269). 19 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 292. 20 Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, § 35 Rn. 4 (S. 270); Payandeh, Mehrdad, Einführung in das Recht der Vereinten Nationen, in: JuS 2012, S. 506 (S. 511). 21 Payandeh, Mehrdad, Einführung in das Recht der Vereinten Nationen, in: JuS 2012, S. 506 (S. 511). 22 Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, § 35 Rn. 4 (S. 270). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 9 2.2.2. Handlung: Einmischung in die inneren Angelegenheiten Maßgeblich ist das Einmischen in die Angelegenheiten des anderen Staates. Der IGH hat in seiner Nicaragua-Entscheidung das Element des – indirekten oder direkten – Drucks oder Zwangs (coercion) ins Zentrum des Begriffs „Einmischung“ gestellt. Als Beispiele verwendet er militärische Handlungen (direkter Druck) und die Unterstützung von Untergrund- oder Terroraktivitäten innerhalb des anderen Staates (indirekter Druck): „[…] Intervention is wrongful when it uses methods of coercion in regard to such choices, which must remain free ones. The element of coercion, which defines, and indeed forms the very essence of, prohibited intervention, is particularly obvious in the case of an intervention which uses force, either in the direct form of military action, or in the indirect form of support for subversive or terrorist armed activities within another State. […]“23 Unter Verweis auf die Erklärung „Friendly Relations“ der VN-Generalversammlung betrachtet er auch die Androhung von Zwang als verbotene Form der Einflussnahme.24 Als Einmischung versteht er ferner die Finanzierung von Aufständische sowie die Lieferung von Waffen an Rebellengruppen und die Gewährleistung logistischer Unterstützung.25 Über diesen klassischen Bereich hinaus hat die VN-Generalversammlung in eine Reihe von Erklärungen mit sehr unterschiedlichen Mehrheitsverhältnissen weitere verbotene Formen der Einflussnahme herausgearbeitet.26 Nach der – weithin anerkannten – Erklärung „Friendly Relations“ von 1970 sowie der – umstrittenen – „Erklärung über die Unzulässigkeit der Intervention und der Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Staaten“ von 1981 fallen darunter auch wirt- 23 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 205. Siehe hierzu auch die Erklärungen der VN-Generalversammlung, Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Cooperation among States in Accordance with the Charter of the United Nations (Declaration on Friendly Relations ) vom 24.10.1970, Anhang zu Resolution 2625 (XXV), UN Doc A/RES/2625(XXV); Inadmissibility of Intervention and Interference in the Internal Affairs of States vom 09.12.1981, Anhang zu Resolution 36/103, http://www.un.org/documents/ga/res/36/a36r103.htm (letzter Zugriff: 17.03.2015), unter II. Buchstabe f, g, m, n, o. 24 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 205. VN-Generalversammlung, Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Cooperation among States in Accordance with the Charter of the United Nations (Declaration on Friendly Relations) vom 24.10.1970, Anhang zu Resolution 2625 (XXV), UN Doc A/RES/2625(XXV). 25 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 108. 26 Siehe hierzu Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 292. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 10 schaftliche und politische Maßnahmen, wenn dadurch Druck ausgeübt werden soll.27 Die mit Vorsicht zu betrachtende Erklärung von 1981 umfasst u. a. „diffamatorische Kampagnen, Verunglimpfungen oder feindliche Propaganda“, einseitige oder multilaterale Blockaden und Wirtschaftsvergeltungsmaßnahmen sowie politische oder wirtschaftliche Aktivitäten auf dem Staatsgebiet ohne Einverständnis des Gaststaates28 („subversive Intervention“29). Problematisch ist die Frage, ab wann ein solcher politischer oder wirtschaftlicher Druck völkerrechtlich relevant wird.30 Seit der Erklärung „Friendly Relations“ und dem Nicaragua-Urteil scheint es in dieser Frage in der Tat keine allgemein anerkannten Weiterentwicklungen des Völkerrechts gegeben zu haben.31 In der Literatur wird deshalb die Bildung von Fallgruppen vorgeschlagen : Während militärische Gewalt vom Interventionsverbot gedeckt werde, sei der IGH – wie mangels klarer Abgrenzungsmöglichkeiten auch die Literatur – bei wirtschaftlichem Druck trotz der Auffassung der VN-Generalversammlung zurückhaltend.32 „Subversive Intervention“, den Aufruf zum Umsturz durch Propaganda bzw. das Fördern von Aktionen sieht Hobe dagegen regelmäßig nicht vom Interventionsverbot erfasst.33 Heintschel von Heinegg erwähnt darüber hinaus noch die „diplomatische Intervention“ als Fallgruppe, die in der Regel rechtmäßig sei und nur dann dem Interventionsverbot unterfalle, wenn zu rechtswidriger Militärgewalt aufgerufen werde.34 27 VN-Generalversammlung, Declaration on Principles of International Law concerning Friendly Relations and Cooperation among States in Accordance with the Charter of the United Nations (Declaration on Friendly Relations ) vom 24.10.1970, Anhang zu Resolution 2625 (XXV), UN Doc A/RES/2625(XXV); Inadmissibility of Intervention and Interference in the Internal Affairs of States vom 09.12.1981, Anhang zu Resolution 36/103, http://www.un.org/documents/ga/res/36/a36r103.htm (letzter Zugriff: 17.03.2015), unter II. Buchstabe o. 28 VN-Generalversammlung, Inadmissibility of Intervention and Interference in the Internal Affairs of States vom 09.12.1981, Anhang zu Resolution 36/103, http://www.un.org/documents/ga/res/36/a36r103.htm (letzter Zugriff : 17.03.2015), unter II. Buchstaben j, k, o. 29 Begriff bei Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 51. 30 So auch Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 292. 31 Nolte, Georg, in: Simma, Bruno, u.a. (Hrsg.), The Charter of the United Nations: a commentary, Band 1, Oxford: Oxford University Press, 3. Auflage 2012, Article 2 (7), Rn. 20. 32 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 292 f.; vorsichtig Payandeh, Mehrdad, Einführung in das Recht der Vereinten Nationen, in: JuS 2012, S. 506 (S. 508 f.), beide mit weiteren Nachweisen. 33 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 293. Ausführlich und im Ergebnis wohl ebenso Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch , München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 51, der ansonsten die gleichen Fallgruppen betrachtet. 34 Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 51. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 11 2.3. Adressaten Adressaten des allgemeinen Interventionsverbots sind nach allgemeinem Völkerrecht als geborene Völkerrechtssubjekte zunächst die Staaten selbst.35 Diese handeln zunächst einmal durch ihre staatlichen Organe, die aber selbst nicht Träger von Rechten und Pflichten im Sinne des Völkerrechts sind. Grundsätzlich sind auch Internationale Organisationen und andere gekorene Völkerrechtssubjekte an das Interventionsverbot gebunden, soweit ihre völkerrechtlich anerkannten Rechte und Pflichten damit kollidieren können.36 Rechtlich stellt sich in Hinblick auf das Anliegen des Auftraggebers die Frage, welches Handeln welcher Organe und Körperschaften dem Staat unter welchen Voraussetzungen zurechenbar sein kann (siehe dazu unten 5.1.).37 2.4. Rechtsfolge des Verstoßes Ein nicht gerechtfertigter Verstoß gegen das Interventionsverbot darf vonseiten des betroffenen Staates mit zulässigen Gegenmaßnahmen (Retorsion oder Repressalie) beantwortet werden; erfolgt die Intervention durch einen verbotenen bewaffneten Angriff, darf der Staat auf individuelle oder kollektive Selbstverteidigung zurückgreifen (Art. 51 VN-Charta).38 3. Exkurs: Rechtsnatur und Status politischer Stiftungen Zum besseren Verständnis der rechtlichen Beurteilung (siehe dazu 5.) folgt ein Exkurs zu Rechtsnatur und Status politischer Stiftungen im nationalen Recht (3.1.) und zu ihrer politikwissenschaftlichen Verortung (3.2.) sowie einzelne Hinweise zur Einordnung der Rolle der Stiftungen im Ausland in der politikwissenschaftlichen Literatur (4.). 3.1. Rechtsnatur, Status und Finanzierung im nationalen Recht Nach deutschem Recht sind fünf der sechs politischen Stiftungen (Konrad-Adenauer-Stiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung und Rosa-Luxemburg- 35 Siehe hierzu ausführlich das Kapitel „Völkerrechtssubjekte“ bei Herdegen, Matthias, Völkerrecht, München: C.H.Beck, 13. Auflage 2014, II. Kapitel, §§ 7–8 (S. 68 ff.). 36 Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 43. 37 Besonders relevant wird dies bei der Frage der Haftung eines Staates für das Handeln eines seiner Organe nach den Prinzipien der Staatenverantwortlichkeit. Siehe dazu unten 5.1. 38 Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 52. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 12 Stiftung) (privatrechtlich) als eingetragene Vereine organisiert, also nicht als öffentlich-rechtliche Einrichtungen. Einzig bei der Friedrich-Naumann-Stiftung handelt es sich um eine Stiftung im rechtlichen Sinne. 39 Sie ist allerdings eine privatrechtlich organisierte, gemeinnützige Stiftung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 80 ff.), also ebenfalls keine öffentliche Einrichtung.40 In seinem Urteil zu politischen Stiftungen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jedenfalls eine hinreichende Unabhängigkeit zu den jeweiligen Parteien festgestellt, denen die Stiftungen nahe stehen: „Die Stiftungen erfüllen ihre satzungsgemäßen Aufgaben in hinreichender organisatorischer und personeller Unabhängigkeit von den ihnen nahestehenden Parteien; eine verdeckte Parteienfinanzierung wird dadurch nicht bewirkt. Die Tätigkeiten der politischen Parteien und der Stiftungen verfolgen verschiedene, voneinander abgrenzbare Ziele. Die politische Bildungsarbeit der Stiftungen hat sich weitgehend verselbständigt und einen hohen Grad an Offenheit gewonnen.“41 Finanziert werden die Parteistiftungen jedoch in erster Linie aus öffentlichen Geldern und nicht aus Parteimitteln.42 Insgesamt fließen seit Jahren jährlich mehr als 300 Millionen Euro an die politischen Stiftungen (2010: 345 Millionen Euro).43 In den letzten Jahren haben sich die Zuschüsse stark erhöht; 2014 wurden laut der „Welt am Sonntag“ insgesamt 466 Millionen Euro aus Bun- 39 Grundlegend von Vieregge, Henning, Parteistiftungen, Baden-Baden: Nomos, 1977, S. 31; zu weiteren Stiftungen , die zuweilen in diese Kategorie eingeordnet werden, siehe auch Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie , Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 39, 80). 40 Siehe hierzu Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerfGE 73, S. 1 (S. 5 f.). Zu Mandat und Geschichte der einzelnen Stiftungen siehe ausführlich Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (Kapitel 10, insbesondere S. 80 ff.). 41 Bundesverfassungsgericht (BVerfG), BVerfGE 73, S. 1 (S. 31, s.a. S. 32, 34 und 35): „Die Organe der Stiftungen oder die nahestehenden Parteien nehmen jedenfalls keinen bestimmenden Einfluß auf Inhalte oder Gestaltung von Projekten und Tätigkeiten der Stiftungen.“). Hervorhebung der Verfasserin. 42 Siehe hierzu insgesamt das Urteil des BVerfG von 1986, BVerfGE 73, S. 1, das die Praxis der Globalzuschüsse nicht beanstandete. Siehe ferner Piepenschneider, Melanie, Stiftungen – Politikforschung und Politikberatung auf christlichdemokratischer Grundlage, in: Glaab, Manuela/Korte, Karl-Rudolf, Angewandte Politikforschung: eine Festschrift für Prof. Dr. Dr. h.c. Werner Weidenfeld, Wiesbaden: Springer VS 2014, S. 165–177 (S. 170). Ausführlich zur Finanzierung durch die Ressorts Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 88 ff.). 43 Renvert, Nicole, Mission Possible? Die Rolle der deutschen parteinahen Stiftungen in den USA, DAAD/AICGS Working Paper 2011, http://www.aicgs.org/site/wp-content/uploads/2011/10/Renvert-final-ger.pdf (letzter Zugriff : 19.03.2015), S. 12; dies., Die europäisch-transatlantische Dimension der deutschen politischen Stiftungen, Zeitschrift für Politikberatung (2011), S. 347–362, http://link.springer.com/article/10.1007/s12392-011-0273-0 (letzter Zugriff: 19.03.2015), S. 356; dies., Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 88 f.). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 13 desmittel bereitgestellt, davon 115,9 Millionen Euro durch das Bundesministerium des Innern.44 Aktuelle Zahlen im Bundeshaushaltsplan 2015, verteilt über die Einzelpläne, lassen für 2015 ähnliche Zahlen erkennen.45 Die Finanzierung der Auslandsaktivitäten in Höhe von etwa 60 Millionen Euro jährlich unterscheidet sich nach Stiftung und Land.46 Zuwendungen werden im Entwicklungsbereich – projektbezogen – vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 44 welt.de (05.10.2014), „Politische Stiftungen erhalten so viel Geld wie nie“, http://www.welt.de/newsticker/news1/article132928101/Politische-Stiftungen-erhalten-so-viel-Geld-wienie .html (letzter Zugriff: 23.03.2015 mit Verweis auf ein ausführliches Dossier in der „Welt am Sonntag“; mit weiter aufgeschlüsselten Grafiken Lutz, Martin/Müller, Uwe, Das Kartell der Staatsplünderer, 10.10.2014, via welt.de, http://www.welt.de/politik/deutschland/article133107766/Das-Kartell-der-Staatspluenderer.html (letzter Zugriff: 23.03.2015). Genauere Angaben über die (selten aufgeschlüsselten) Gesamtzuwendungen aus den Bundes- und Landeshaushalten sowie – zumeist sehr global und nicht nach Auslandsaktivitäten aufgeschlüsselt – über die Ausgaben finden sich in den Jahresberichten der einzelnen Stiftungen. Derzeit sind die Berichte zum Geschäftsjahr 2012 (Jahresbericht 2013) im Internet abrufbar: Konrad-Adenauer-Stiftung (http://www.kas.de/upload/Publikationen/2014/Jahresbericht/JB2014.pdf, S. 91), Hanns-Seidel-Stiftung (http://www.hss.de/uploads/tx_ddceventsbrowser/Jahresbericht_2013_Webfassung.pdf, S. 74), Friedrich-Ebert- Stiftung (http://library.fes.de/pdf-files/fes/03208/jb-2013.pdf, S. 72), Heinrich-Böll-Stiftung (Geschäftsjahr 2013; http://www.boell.de/sites/default/files/boell_jb_2013_kommentierbar.pdf, S. 64), Rosa-Luxemburg-Stiftung (http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/stiftung/Jahresbericht_2013.pdf, S. 81) und Friedrich- Naumann-Stiftung (http://www.freiheit.org/files/64/FNST-JB13-Innenteil_140408_Web.pdf, S. 36) (letzter Zugriff jeweils: 23.03.2015). Die Berichte für 2014 dürften in Kürze erscheinen. 45 Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2015 (Haushaltsgesetz 2015), vom 23. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2442), http://www.bundeshaushaltinfo .de/fileadmin/de.bundeshaushalt/content_de/dokumente/2015/soll/Haushaltsplan-2015.pdf (letzter Zugriff: 23.03.2015). Nach Einzelplan 05 stellt das Auswärtige Amt 2015 von den 33 Millionen Euro für Transformationspartnerschaften allein 4 Millionen ausschließlich für Projekte der politischen Stiftungen (Einzelplan 05, S. 12). Hinzu kommen 50 Millionen Euro für gesellschafts- und europapolitische Maßnahmen der Stiftungen sowie 7,94 Millionen für Stipendien, Austauschmaßnahmen und Beihilfe für Nachwuchsforschende (Einzelplan 05, S. 31 f.). Nach Einzelplan 06 gewährt das Bundesministerium des Innern Globalzuschüsse in Höhe von knapp 116 Millionen Euro an die Stiftungen (Einzelplan 06, S. 10 f.) sowie 5 Millionen an Zuschüsse für Investitionen in der Bildungsarbeit (S. 13). Nach Einzelplan 23 rechnet das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit 230 Millionen Euro zur Förderung entwicklungswichtiger Vorhaben der Stiftungen (Einzelplan 23, S. 18). Hinzu kommen Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nach Einzelplan 30, u.a. für Begabtenförderung (Einzelplan, S. 10). In den Einzelplänen finden sich neben Vergleichszahlen für die Vorjahre 2014 und 2013 auch Aufschlüsselungen nach den einzelnen Stiftungen sowie Restgelder aus dem Vorjahr. 46 Eine ausführliche und strukturierte Auseinandersetzung mit der Rolle, der Finanzierung, dem Mandat und der Ausstattung der Auslandsbüros sowie den Kontrollmöglichkeiten der öffentlichen Hand, insbesondere in Hinblick auf deutsche politische Stiftungen in den USA, bietet Renvert, Nicole, Mission Possible? Die Rolle der deutschen parteinahen Stiftungen in den USA, DAAD/AICGS Working Paper 2011, http://www.aicgs.org/site/wp-content/uploads/2011/10/Renvert-final-ger.pdf (letzter Zugriff: 19.03.2015), S. 9 ff., und in ihrer Dissertation, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 79). Laut Renvert, Die europäisch-transatlantische Dimension der deutschen politischen Stiftungen, in: Zeitschrift für Politikberatung (2011), S. 347–362, http://link.springer.com/article/10.1007/s12392-011-0273-0 (letzter Zugriff: 19.03.2015), S. 356 f., werden davon 60 Prozent für Ländern des Globalen Südens verwendet, 40 Prozent für Industrieländer . An gleicher Stelle finden sich auch Angaben über die Verteilung der Zuschüsse auf die entsprechenden Stiftungen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 14 (BMZ) gewährt, ansonsten vom Auswärtigen Amt (AA).47 Zu diesen Ministerien bestehen auch organisatorisch enge Beziehungen, da sie u.a. für die Kontrolle der Verwendung der öffentlichen Mittel zuständig sind.48 Beide Ministerien verfügen über Grundsätze und Richtlinien, die die Zusammenarbeit mit den politischen Stiftungen inkl. einzelner Aufgaben im Ausland global regeln .49 Das Bundesverfassungsgericht hat keine grundsätzlichen Einwände gegen die staatliche Förderung der politischen Stiftungen aus dem Bundeshaushalt bzw. aus dem Haushalt einzelner Ministerien erhoben.50 3.2. Verortung im internationalen Raum In der Politikwissenschaft und in den Internationalen Beziehungen sind zahlreiche Versuche unternommen worden, die deutschen politischen Stiftungen im Rahmen ihrer Auslandsaktivitäten in bestehende Kategorien einzuordnen. Diese reichen von „freien Trägern“, „autonomen nicht-staatlichen Organisationen“ (wie die kirchlichen Hilfswerke), „Nichtregierungsorganisationen “ über „Mittlerorganisationen“ (wie der Deutsche Akademische Auslandsdienst [DAAD] oder die Goethe-Institute) bis hin zu deren englischsprachigen Äquivalenten, Quasi- Nichtregierungsorganisationen (QUANGO) oder Quasi-Regierungsorganisationen (QUAGO).51 Die letzten drei Gruppen handeln (wie etwa die frühere Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit [GTZ] oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau [KfW]) aufgrund eines Regierungsauftrags und wenigstens teilweise mit staatlichen Mitteln, werden aber in dessen Rahmen eigenständig und ohne staatliche Weisungsbefugnis tätig.52 Renvert selbst kommt wie andere letztlich zu einer 47 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 96 f., 89 f., zur Kritik an der Finanzierung S. 90 f.). 48 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 96 f.) mit weiteren Nachweisen. 49 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 96 f.). 50 Siehe beispielhaft zur Aufgabe der Politikberatung BVerfG, BVerfGE 73, S. 1 (S. 38): „Die staatliche Förderung wissenschaftlicher Politikberatung, wie sie auch durch die Gewährung von Globalzuschüssen an die Stiftungen bewirkt wird, liegt im öffentlichen Interesse und stößt grundsätzlich nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken.“ Zusammenfassend zu den Inhalten dieser und anderer Entscheidung(en) des BVerfG Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen , Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 91 ff.). 51 Siehe hierzu die Zusammenstellung des Meinungsspektrums bei Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie , Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 119–122) mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 52 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 121 und Fn. 87). Bei der Zuordnung zu QUAGOs bzw. QUANGOs scheint es danach auf den Grad der Autonomie anzukommen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 15 Sonderrolle der politischen Stiftungen in der Außenpolitik, die sich nicht mit bestehenden Modellen decke; sie wählt die Bezeichnung „transnationale Netzwerke“ bzw. „transnationale Akteure “53, geht jedoch funktional von einer Rolle als „Machtmakler“ bzw. „Vermittler“ aus (siehe dazu 4.). 4. Auslandsaktivitäten parteinaher Stiftungen als Bestandteil deutscher Außenpolitik Hintergrund und Hauptbestandteil der politikwissenschaftlichen Diskussionen ist letztlich die Frage, zu welchem Grad die politischen Stiftungen im Ausland trotz überwiegend staatlicher Finanzierung unabhängig und autonom von der deutschen Außenpolitik agieren. Dies äußert sich insbesondere in der Diskussion, ob es sich bei den politischen Stiftungen eher um Nichtregierungs - oder um Regierungsorganisationen handelt.54 In neueren nicht-juristischen Publikationen scheint weitgehend Einigkeit darüber zu herrschen, dass die Verzahnung der Auslandsaktivitäten der Stiftungen mit der Außenpolitik je nach Stiftung und Land organisatorisch und inhaltlich eng ist bzw. sein kann. So können die politischen Stiftungen in den USA laut Renvert jedenfalls in der auswärtigen Kulturpolitik als „Vermittler“ gesehen werden, die „trotz gestalterischer Unabhängigkeit finanziell und organisatorisch an die offizielle deutsche Außenpolitik gebunden“ sind.55 Sie ordnet die Rolle der Stiftungen letztlich als zur offiziellen Politik komplementäre „Instrumente der Außenpolitik“ 56 ein, als „Machtmakler “ oder „Vermittlungsmacht“.57 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Pogorelskaja, nach deren Analyse die Stiftungen mit ihrer „Präsenz in den ‚Grauzonen‘“ „frei von den Zwängen der Tagespolitik “ weitgehend selbstständig und eigenverantwortlich handeln: 53 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 128 f.). 54 Siehe hierzu wiederum die Zusammenstellung des Meinungsspektrums bei Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 119–122) mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 55 Renvert, Nicole, Von Soft Power zu Smart Power: Zur Rolle der Mittler in den transatlantischen Beziehungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 51–52/2011, S. 30–35 (S. 32). 56 Renvert, Nicole, Von Soft Power zu Smart Power: Zur Rolle der Mittler in den transatlantischen Beziehungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 51–52/2011, S. 30–35 (S. 32, 35); dies., Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (Kapitel 12 und Teil III sowie S. 98), mit Verweis auf weitere, ältere Publikationen . 57 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 40 f.) mit weiteren Nachweisen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 16 „Politische Stiftungen begleiten, ergänzen und entlasten die amtliche Außenpolitik, sie ermöglichen die Umsetzung langfristiger außenpolitischer Zielsetzungen dort, wo dies mit den Mitteln des auswärtigen Dienstes nicht zu erreichen ist“.58 In ihrer Untersuchung der Beziehung der politischen Stiftungen zu den Ministerien59 greift Renvert die unveröffentlichten Richtlinien des AA für die Auslandsarbeit der politischen Stiftungen von 2006 auf, wonach diese mit ihren Kontakten „zur Vorbereitung und Flankierung der deutschen Außenpolitik“ beitrügen und „nicht im Auftrag der Bundesregierung handeln, sondern lediglich mit ihrer Zustimmung und finanziellen Unterstützung Projekte eigenverantwortlich ausführen. Eine inhaltliche Einflussnahme des Auswärtigen Amtes erfolgt nur, falls einzelne Maßnahmen Gefahr laufen, außenpolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“.60 Laut Renvert sei diese Passage ein Nachweis dafür, dass das AA von der Unabhängigkeit der Stiftungen ausgehe.61 Anhand zahlreicher Nachweise benennt sie einzelne Autonomie- und Abgrenzungsbestrebungen der Stiftungen von den Ministerien und gelegentliche Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit.62 Rude dagegen beurteilt die von den beiden Autorinnen ausgeführten Nachweise sowie die Ergebnisse seiner Analyse von Stiftungspublikationen und die Rolle der Stiftungen in vielfältigen Transformationsprozessen weitaus kritischer.63 Er weist u.a. auf den Mangel an öffentlich zugänglicher Information hinsichtlich der Auslandsaktivitäten sowie an Rechenschaftsberichten hin.64 Unabhängig von dieser politischen Bewertung ähnlicher Informationen ist jedoch die (völker-) rechtliche Beurteilung, inwieweit die Auslandsaktivitäten politischer Stiftungen als Verstoß gegen das Interventionsverbot durch die Stiftung selbst oder durch die Bundesrepublik Deutschland angesehen werden können. Hierfür müssen der Grad der Autonomie im Einzelfall bestimmt 58 Pogorelskaja, Svetlana, Frei von den Zwängen der Tagespolitik: die deutschen politischen Stiftungen im Ausland , Frankfurt am Main: Peter Lang (2009), S. 7. 59 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 96–100). 60 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 97). 61 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 97). 62 Renvert, Nicole, Machtmakler in schwierigen Zeiten? Die Rolle der deutschen politischen Parteien in den transnationalen Beziehungen, Atlantische Akademie, Wissenschaftlicher Verlag Trier 2014 (S. 98 ff., 123 ff.). 63 Rude, Matthias, Instrumente deutscher Machtpolitik: politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD, http://www.hintergrund.de/201412193367/politik/welt/instrumente-deutscher-machtpolitik/drucken.html (letzter Zugriff: 12.03.2015), S. 3 ff. 64 Rude, Matthias, Instrumente deutscher Machtpolitik: politische Stiftungen in der Außenpolitik der BRD, http://www.hintergrund.de/201412193367/politik/welt/instrumente-deutscher-machtpolitik/drucken.html (letzter Zugriff: 12.03.2015), S. 4. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 17 und die Abhängigkeit der Stiftungsaktivitäten von staatlichen Weisungen und staatlicher Kontrolle ggf. im Einzelfall nachgewiesen werden (dazu 5.). 5. Auslandsaktivitäten politischer Stiftungen als Verstoß gegen das Interventionsverbot 5.1. Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland wegen Zurechnung der Auslandsaktivitäten von Stiftungen Im Hinblick auf die überwiegend staatliche Finanzierung der Stiftungen und damit auch ihrer Auslandsaktivitäten sowie die engen Verbindungen zur Außenpolitik und den zumindest in einigen Fällen in der Forschung nachweisbaren öffentlichen Auftrag stellt sich die Frage, inwiefern das Handeln der politischen Stiftung im Ausland deshalb der Bundesrepublik Deutschland als Staat zugerechnet werden kann. Die völkerrechtlichen Hürden für eine solche Zurechnung sind hoch. Als Orientierung kann hier das Recht der Staatenverantwortlichkeit65 dienen, das nicht vollumfänglich verbindlich geregelt ist und zudem in weiten Teilen auf ungeschriebenem Gewohnheitsrecht beruht.66 Hiernach wird einem Staat grundsätzlich nur das Handeln seiner Organe zugerechnet; welche das sind, bestimmt sich nach nationalem Recht.67 Ansonsten ist eine Zurechnung u. a. dann möglich, wenn nicht-staatlichen Akteuren staatliche Funktionen oder hoheitliche Befugnisse in einem bestimmten Bereich (formell) übertragen worden sind.68 Dies ist bei politischen Stiftungen trotz aller Verbindungen nicht erkennbar. Vielmehr weist die Literatur darauf hin, dass die Stiftungen in erster Linie zusätzliche Aufgaben mit vermittelnder Funktion übernehmen, die staatliche Organe gerade nicht wahrnehmen können (siehe oben, 4.). 65 Siehe zur Orientierung die Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit, angenommen von der VN-Generalversammlung am 12.12.2001 (Resolution 56/83): International Law Commission, Draft Articles on Responsibility of States for Internationally Wrongful Acts, November 2001, Supplement No. 10 (A/56/10), Kapitel IV.E.1, http://www.refworld.org/docid/3ddb8f804.html (letzter Zugriff: 18.03.2015). Die Grundsätze sind rechtlich nicht verbindlich, bilden jedoch weitgehend das geltende Gewohnheitsrecht ab: Hobe , Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 313. 66 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 312. 67 Siehe dazu Artikel 4 der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit, Fn. 65: “Article 4 – Conduct of organs of a State 1. The conduct of any State organ shall be considered an act of that State under international law, whether the organ exercises legislative, executive, judicial or any other functions, whatever position it holds in the organization of the State, and whatever its character as an organ of the central government or of a territorial unit of the State. 2. An organ includes any person or entity which has that status in accordance with the internal law of the State.“ 68 Siehe dazu Artikel 5 der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit, Fn. 65: “Article 5 – Conduct of persons or entities exercising elements of governmental authority “The conduct of a person or entity which is not an organ of the State under article 4 but which is empowered by the law of that State to exercise elements of the governmental authority shall be considered an act of the State under international law, provided the person or entity is acting in that capacity in the particular instance.” Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 18 Ansonsten kommt eine Zurechnung nur bei nachträglicher Genehmigung durch den Staat als eigenes Handeln69 oder aber bei Handeln im faktischen Auftrag des Staates oder unter überwiegender Kontrolle oder Leitung der Aktivität der Stiftung durch den Staat in Betracht (Haftung für faktische Staatsorgane). Letzteres sieht Artikel 8 der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit vor: „Article 8 - Conduct directed or controlled by a State The conduct of a person or group of persons shall be considered an act of a State under international law if the person or group of persons is in fact acting on the instructions of, or under the direction or control of, that State in carrying out the conduct.“ Dieser Artikel beruht auf dem Nicaragua-Urteil des IGH, das sich allerdings mit der Unterstützung (para-)militärischer Gruppen, also dem Kernbereich des Interventionsverbotes, befasste. In diesem legte der IGH ohne weitere Definition fest, dass „effektive Kontrolle“ (effective control) des Staates über die Handlung nachgewiesen werden müsse.70 Dabei genügte ihm jedoch selbst eine zweifelsfrei nachgewiesene finanzielle, logistische und militärische Kooperation des Staates nicht für eine Zurechnung.71 Dagegen genügte dem Jugoslawien-Tribunal in seinen Tadić-Entscheidungen bereits eine allgemeine Kontrolle (overall control) bei Planung, Organisation und Koordination der (hier: militärischen ) Handlung zusätzlich zu Finanzierung, Training, Ausstattung und Logistik: „… By contrast, control by a State over subordinate armed forces or militias or paramilitary units may be of an overall character (and must comprise more than the mere provision of financial assistance or military equipment or training). This requirement, however, does not go so far as to include the issuing of specific orders by the State, or its direction of each individual operation. Under international law it is by no means necessary that the controlling authorities should plan all the operations of the units dependent on them, choose their targets, or give specific instructions concerning the conduct of military operations and any alleged violations of international humanitarian law. The control required by international law may be deemed to exist when a State (or, in the context of an armed conflict, the Party to the conflict) has a role in organising, coordinating or planning the military actions of the military group, in addition to financing, training and equipping or providing operational support to that group. Acts performed by the group or mem- 69 Siehe dazu Artikel 11 der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit, Fn. 65. 70 International Court of Justice, Case Concerning Military and Paramilitary Activities in and against Nicaragua (Nicaragua v. United States of America), Urteil vom 27.06.1986 (Begründetheit), http://www.icjcij .org/docket/files/70/6503.pdf (letzter Zugriff: 16.03.2015), Rn. 109 f. 71 International Court of Justice, Case concerning Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Urteil vom 26.02.2007, Rn. 108, 391 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 19 bers thereof may be regarded as acts of de facto State organs regardless of any specific instruction by the controlling State concerning the commission of each of those acts“.72 In seiner – insoweit umstrittenen – Genozid-Entscheidung (Bosnien-Herzegowina gegen Serbien- Montenegro) 2007 scheint der IGH diese Anforderungen noch einmal verschärft zu haben und nun absolute Abhängigkeit (complete dependence) der handelnden Personen vom Staat zu verlangen : „392. The passages quoted show that, according to the Court’s jurisprudence, persons, groups of persons or entities may, for purposes of international responsibility, be equated with State organs even if that status does not follow from internal law, provided that in fact the persons, groups or entities act in “complete dependence” on the State, of which they are ultimately merely the instrument . In such a case, it is appropriate to look beyond legal status alone, in order to grasp the reality of the relationship between the person taking action, and the State to which he is so closely attached as to appear to be nothing more than its agent: any other solution would allow States to escape their international responsibility by choosing to act through persons or entities whose supposed independence would be purely fictitious. 393. However, so to equate persons or entities with State organs when they do not have that status under internal law must be exceptional, for it requires proof of a particularly great degree of State control over them, a relationship which the Court’s Judgment quoted above expressly described as “complete dependence”. ….“73 Inwieweit sich diese strenge Auffassung durchsetzt, bleibt abzuwarten.74 In der diplomatisch geprägten Praxis scheint damit auch die letzte Haftungsvariante wenig wahrscheinlich . Letztlich müsste selbst beim Maßstab der allgemeinen Kontrolle im Einzelfall – neben vollständiger Finanzierung und Logistik – eine so enge Verbindung zu staatlichen Organen im Planungs- und Ausführungsstadium nachgewiesen werden, dass ein Verhalten der Stiftung im konkreten Fall als faktisch effektiv gesteuert und kontrolliert erscheint. Dem widerspricht aber grundsätzlich die oben unter 3. und 4. beschriebene „Arbeitsteilung“ in der deutschen Außenpolitik, wonach die Abgrenzung – wenn denn überhaupt ausdrücklich festgelegt – eher nach Adressaten und Aufgabenbereichen verläuft, aber keine nach außen nachweisbare strategische Planung des Staates für die Stiftungen oder engmaschige Kontrolle hinsichtlich einzelner Aktivitäten zu erkennen oder jedenfalls eindeutig nachzuweisen ist. 72 International Tribunal for the Prosecution of Persons Responsible for Serious Violations of International Humanitarian Law Committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991 (IStGHJ), The Prosecutor v. Duško Tadić, Appeals Judgement, Entscheidung vom 15.07.1999, http://www.icty.org/x/cases/tadic/acjug/en/tad-aj990715e.pdf (letzter Zugriff: 19.03.2015), Rn. 137. Hervorhebung der Verfasserin. 73 International Court of Justice, Case concerning Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Urteil vom 26.02.2007, http://www.icj-cij.org/docket/files/91/13685.pdf (letzter Zugriff: 19.03.2015), Rn. 391 ff. Hervorhebung der Verfasserin . In diesem Urteil weist der IGH auch den Maßstab der „allgemeinen Kontrolle” des IStGHJ zurück. 74 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 316. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 20 Wegen der staatsfernen Organisationsstruktur als eingetragener Verein (bzw. dessen Außenstelle) müsste nach den schärferen Standards des IGH darüber hinaus mindestens ein Handeln auf ausdrückliche oder eindeutige faktische staatliche (An-)Weisung und unter engmaschiger Kontrolle bei der Ausführung erkennbar sein, die sich auf die konkrete Auslandsaktivität beziehen müsste. Beim Maßstab „absoluter Kontrolle“ müsste das faktische Verhältnis zwischen Stiftung und Staat sogar so eng sein, dass es keinen anderen Schluss zulassen dürfte, als dass die Handelnden als faktisches Staatsorgan angesehen werden müssen. Eine solch weitreichende Schlussfolgerung hat der IGH trotz des weniger harten Maßstabs „effektiver Kontrolle“ nicht einmal in der Nicaragua- Entscheidung getroffen, obwohl die massive Unterstützung der Rebellen durch die USA dort in den Bereichen der Finanzierung, Ausstattung, Ausbildung der Rebellengruppe sowie der Zielwahl nachgewiesen war.75 Selbst die größten Kritiker politischer Stiftungen haben allerdings keine effektive, geschweige denn absolute, staatliche Kontrolle über die einzelnen Auslandsaktivitäten der Stiftungen nachgewiesen (siehe dazu oben 4.). Im Recht der Staatenverantwortlichkeit wäre zusätzliche Voraussetzung, dass der Staat durch das zugerechnete Handeln eine völkerrechtliche Verpflichtung (auf nicht gerechtfertigte Weise) verletzt hat.76 Die Frage, wann eine solche Verletzung vorliegt, richtet sich nach Völkerrecht und nicht etwa nach dem nationalen Recht des Gaststaates.77 In diesem Falle müsste er durch die Auslandsaktivität der Stiftung gegen das Interventionsverbot verstoßen haben. Wie gezeigt, ist ein solcher Schluss bei den wenigen klaren völkerrechtlichen Grundsätzen und dem ansonsten vagen Inhalt des Verbots (siehe dazu oben 2.2.) in der Praxis schwierig. Greift man die Fallgruppen von Hobe und Heintschel von Heinegg (siehe oben 2.2.2.) auf, so wäre ein klarer Verstoß allenfalls bei der Unterstützung von militärischen oder paramilitärischen Aufständen, etwa durch Waffenlieferungen an Rebellengruppen, möglich, im (hier weniger relevanten) Randbereich auch bei wirtschaftlichem Druck. Wie soeben gesehen, hat der IGH einen solchen Verstoß in diesem Kernbereich trotz guter Beweislage nicht einmal in der Nicaragua-Entscheidung festgestellt. Bereits bei offensichtlich gegen das politische System des Gaststaates gerichteter Propaganda kommt die Literatur aufgrund divergierender Praxis zu uneinheitlichen Ergebnissen. Bei unter dieser Schwelle liegenden Aktivitäten wie Bildungsarbeit – etwa durch demokratiefördernde Maßnahmen unter Einbeziehung oppositioneller Gruppen – oder Kooperation mit der Opposition erscheint die Feststellung eines Verstoßes bei derzeitigem Völkerrechtsstand daher mehr als fraglich . 75 International Court of Justice, Case concerning Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Urteil vom 26.02.2007, Rn. 391 f. Siehe auch Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 315. 76 Siehe dazu Artikel 1 und 2 Buchstabe a der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit , Fn. 65. 77 Siehe dazu Artikel 3 der Grundsätze der International Law Commission zur Staatenverantwortlichkeit, Fn. 65. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 21 5.2. Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland wegen eigenen Tuns oder Unterlassens Ein anderer Ansatzpunkt könnte Staatenverantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht über eine Zurechnung sein, sondern wegen eines eigenen Völkerrechtsverstoßes durch Unterlassen , wenn sie völkerrechtlich die Pflicht zum Einschreiten gehabt hätte. Ohne weiteres ist nicht von einer solchen Pflicht zum Einschreiten auszugehen; diese hinge von der völkerrechtlichen Grundlage des Tätigwerdens der Stiftung in dem betreffenden Staat ab.78 Im Einzelfall könnte sich eine solche Haftung unter Umständen aus diplomatischen Bedingungen für die Arbeit der Stiftung in einem Land ergeben, die zwischen Gaststaat und Bundesrepublik Deutschland vereinbart worden sind (z. B. besonderen Überwachungspflichten oder Verpflichtungen, bestimmte Aktivitäten oder Äußerungen der Stiftung zu unterbinden, siehe dazu die Einleitung und die Richtlinien des AA, zitiert unter 3.2.). Ob sich die Bundesrepublik auf solche Garantievereinbarungen in der Praxis einlässt, ist spekulativ und entzieht sich der Kenntnis der Verfasserin . Nach der – auch insoweit umstrittenen – Genozid-Entscheidung des IGH von 200779 käme bei faktischen Staatsorganen ggf. auch dann eine Haftung für eigenes aktives Tun in Betracht, wenn nachgewiesen wäre, dass der Staat den Befehl zu der konkreten Handlung der Stiftung gegeben hätte oder die Handlung unter seiner Kontrolle stand. Die Reichweite dieses Urteils ist allerdings ungewiss.80 Zudem erscheint der Nachweis einer so umfassenden staatlichen Steuerung der konkreten Handlung – wie gesehen – wiederum unwahrscheinlich. 5.3. Politische Stiftung als (gekorenes) Völkerrechtssubjekt Eine andere Frage ist, ob die politische Stiftung selbst als Völkerrechtssubjekt angesehen werden könnte.81 In der völkerrechtlichen Literatur wird diskutiert, ob Nichtregierungsorganisationen unter sehr engen Voraussetzungen gekorene und partielle Völkerrechtssubjekte darstellen können .82 Bislang ist dies jedoch – ähnlich wie bei Unternehmen – nur für international oder trans- 78 Siehe hierzu Ipsen, Knut, in: ders., Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 29, Rn. 33. 79 International Court of Justice, Case concerning Application of the Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide (Bosnia and Herzegovina v. Serbia and Montenegro), Urteil vom 26.02.2007, Rn. 397. 80 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 316. 81 Siehe zur völkerrechtlichen Verantwortlichkeit partieller Völkerrechtssubjekte ausführlich Ipsen, Knut, Völkerrecht : ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 30. 82 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 162. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 22 national agierende Nichtregierungsorganisationen und nur von Fall zu Fall erwogen worden.83 Zudem beschränken sich die Erwägungen auf einen sehr eng gesteckten Bereich von Rechten und Pflichten, im Wesentlichen auf Beteiligungsrechte in Internationalen Organisationen.84 Selbst in dem eher unwahrscheinlichen Falle, dass einer deutschen politischen Stiftung mit verzweigten Außenstellen als „transnationalem Akteur“ (Renvert) nach dieser zweiten Variante im Einzelfall beschränkte Völkerrechtsfähigkeit – also beschränkte Rechte und Pflichten – zuerkannt würde85, verbliebe in einem zweiten Schritt die Frage, ob neben Staaten und ggf. anderen neueren Völkerrechtssubjekten wie Internationalen Organisationen auch Nichtregierungsorganisationen an das Interventionsverbot gebunden sein können. Die völkerrechtliche Literatur hat sich mit diesem Problem, soweit in der Kürze der Zeit ersichtlich, jedenfalls außerhalb bewaffneter Konflikte nicht ausgiebig befasst.86 Es handelt sich also um eine rechtliche Grauzone, die derzeit keine klaren Schlüsse zulässt. In Anbetracht dessen, dass das allgemeine Interventionsverbot auf Völkergewohnheitsrecht beruht, ist derzeit mangels erkennbarer Praxis und übereinstimmender Rechtsüberzeugungen davon auszugehen, dass sich daraus nicht ohne weiteres Pflichten für Nichtregierungsorganisationen als Völkerrechtssubjekte ergeben. Selbst wenn man in diesem Fall zu einer grundsätzlichen Bindung an das Interventionsverbot käme, besteht noch immer das Problem, dass dessen Inhalte übereinstimmend nur äußerst vage beschrieben werden und ein Verstoß gegen derzeit geltendes Völkerrecht damit im Regelfall ausscheiden wird (siehe oben, 5.1.). 5.4. Verstoß der Stiftung gegen nationales Recht Unabhängig von der (unwahrscheinlichen) Völkerrechtssubjektivität der politischen Stiftung oder ihrer Auslandseinrichtungen kommt natürlich ein Verstoß gegen nationales Recht in Betracht , dem die Organisationen grundsätzlich unterworfen sind. Dies dürfte in der Praxis der häufigste Fall sein. Verstößt eine Auslandsaktivität gegen nationales Recht des Gaststaates oder gegen Auflagen aus einer möglichen Genehmigung oder möglicherweise selbst gegen eine denkbaren Vereinbarung zwischen Gaststaat und Stiftung, so handelt es sich nicht um einen Verstoß gegen das (völkerrechtliche) Interventionsverbot. Ein solcher Fall ist grundsätzlich nach dem 83 Siehe die Beispiele bei Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 160. Siehe für die Zuweisung einer völkerrechtlichen Rechtsposition an juristische Personen durch völkerrechtlichen Vertrag (etwa im Wirtschaftsvölkerrecht, insbesondere beim Investitionsschutz) Epping, Volker , in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 7, Rn. 16. 84 Hobe, Stephan, Einführung in das Völkerrecht, Tübingen: UTB/A. Francke, 10. Auflage 2014, S. 160 f. 85 Hier besteht die zusätzliche Schwierigkeit, dass auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, welche objektive, internationale Instanz zu einer solchen Feststellung berechtigt wäre. 86 Siehe den nur kurzen Hinweis auf die grundsätzliche Anwendbarkeit auf andere Völkerrechtssubjekte bei Heintschel von Heinegg, Wolff, in: Ipsen, Knut, Völkerrecht: ein Studienbuch, München: C.H.Beck, 6. Auflage 2014, § 51, Rn. 43, zitiert unter 2.3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 053/15 Seite 23 Recht des Gaststaates zu beurteilen. Hier stellen sich dann möglicherweise davon unabhängig völkerrechtliche Fragen nach dem Recht der diplomatischen Garantien, die die Bundesrepublik Deutschland für ihre Staatsbürger, Personenvereinigungen und juristischen Personen im Ausland übernimmt bzw. übernehmen könnte. Auch dies dürfte je nach Einzelfall geregelt sein und entzieht sich der Kenntnis der Verfasserin. 6. Zusammenfassung Die Frage, ob deutsche politische Stiftungen bzw. ihre Auslandsvertretungen durch ihre Auslandsaktivitäten gegen das völkerrechtliche Interventionsverbot verstoßen können, ist komplex und nur mit weiteren Forschungen zu beantworten. Beim derzeitigen Stand des Völker(-gewohnheits-)rechts erscheint ein Völkerrechtsverstoß der politischen Stiftung bzw. Auslandsvertretung selbst nicht konstruierbar. Vor diesem Hintergrund scheint eine staatliche Verantwortlichkeit über eine Zurechnung (Attribution) im Einzelfall als einzig möglicher Weg. Eine solche Zurechnung ist nur in engen Ausnahmefällen denkbar. Hier kommt es entscheidend auf das Näheverhältnis zwischen der Stiftung und deutschen Staatsorganen und die Kontrolle im Einzelfall an; eine führende staatliche Rolle bei Planung, Organisation, Koordinierung der konkreten Auslandsaktivität müsste – in der Praxis unwahrscheinlich – nachgewiesen werden. Zusätzliche Schwierigkeiten bestehen darin, dass die Konturen des völkerrechtlichen Nichteinmischungsgebots äußerst vage sind und bisher selbst in Extremfällen staatlicher Kontrolle im unumstrittenen Kernbereich des Interventionsverbotes (Unterstützung [para-]militärischer Umsturzbemühungen) rechtlich kaum Verstöße des Entsendungsstaates bei Aktivitäten im Gaststaat festgestellt worden sind. In der Praxis wird also eine Zurechnung regelmäßig ausscheiden.