© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 052/15 Die Militärdoktrinen der Sowjetunion und der Russischen Föderation seit den 1970er Jahren Bedrohungsszenarien und Sprache im Vergleich Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 2 Die Militärdoktrinen der Sowjetunion und der Russischen Föderation seit den 1970er Jahren Bedrohungsszenarien und Sprache im Vergleich Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 052/15 Abschluss der Arbeit: 26. März 2015 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: + Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Die Militärdoktrinen der Sowjetunion und der Russischen Föderation 5 2.1. Die sowjetische Militärdoktrin in den 1970er Jahren 5 2.2. Die sowjetische Militärdoktrin in den frühen 1980er Jahren 8 2.3. Die Militärdoktrin der Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages vom Mai 1987 9 2.4. Vom Entwurf des Jahres 1992 zur ersten russischen Militärdoktrin im Jahr 1993 11 2.5. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 21. April 2000 13 2.6. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 5. Februar 2010 16 2.7. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 25. Dezember 2014 19 3. Zusammenfassender Vergleich der sowjetischen und russischen Militärdoktrinen 23 Literatur- und Quellenverzeichnis 28 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 4 1. Einleitung In zahlreichen Artikeln westlicher Medien wird die Unterzeichnung der neuen „Militärdoktrin der Russischen Föderation“ durch Präsident Wladimir Putin am 25. Dezember 2014 als ein Anzeichen für den Beginn einer Neuauflage des „Kalten Krieges“ angesehen, 1 weil nach Auffassung der Autoren diese Doktrin im Vergleich zu ihren Vorgängerdokumenten gegenüber der NATO einen deutlich schärferen und aggressiveren Ton angeschlagen habe, u.a. in der Beschreibung der grundlegenden äußeren militärischen Gefahren, 2 die die Russische Föderation bedrohen. Vor diesem Hintergrund vergleicht die vorliegende Ausarbeitung die verschiedenen Militärdoktrinen der Sowjetunion und der Russischen Föderation und untersucht, in welcher Art und Weise und zu welchen Zeitpunkten sich seit den 1970er Jahren die jeweils gewählte Sprache und die beschriebenen Bedrohungsszenarien verändert haben. Dieser Vergleich erforderte für die Militärdoktrinen der 1970er Jahre und frühen 1980er Jahre von der Politikwissenschaft, sich beispielsweise aus politischen und militärischen Grundsatzdokumenten (z.B. Sowjetische Militärenzyklopädie) oder aus Reden der sowjetischen Staatsführung und der Generalität ein Bild von der jeweils gültigen Militärdoktrin zu machen, da damals ein offiziell „Die sowjetische Militärdoktrin“ benanntes Dokument niemals veröffentlicht worden war und auch wohl nicht existiert hatte. 3 Dies setzt in der Politikwissenschaft ein einheitliches Verständnis des Doktrinbegriffs voraus. Zur Herstellung eines solchen gemeinsamen Verständnisses haben Ralf Zoll, Ekkehard Lippert und Tjarck Rössler in ihrem Wörterbuch „Bundeswehr und Gesellschaft“ eine umfassende Definition des Begriffs „Militärdoktrin“ geliefert, der ausschließlich von der Sowjetunion und den anderen Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes bzw. später von der Russischen Föderation verwendet wurde und für den in der Terminologie der NATO kein entsprechendes Äquivalent existierte: 4 „Unter einer Militärdoktrin versteht man die Gesamtheit der von den politischen und militärischen Entscheidungsträgern eines Staates oder einer Allianz verbindlich festgelegten allgemeinen Richtlinien über den Einsatz des eigenen militärischen und ökonomischen Potentials in einem möglichen zukünftigen Krieg. Voraussetzung für die 1 Siehe u.a.: Carden, James (2015): Welcome to Cold War 2.0: Russia’s New and Improved Military Doctrine. The National Interest vom 5. Januar 2015. Abrufbar unter: http://nationalinterest.org/feature/welcome-cold-war-20-russia %E2%80%99s-new-improved-military-doctrine-11961 (letzter Zugriff: 16. März 2015) oder Die Welt (2014): Für Putin ist der Hauptfeind jetzt die Nato. Die Welt vom 26. Dezember 2014. Abrufbar unter: www.welt.de/politik/ausland/article135763106/Fuer-Putin-ist-der-Hauptfeind-jetzt-die-Nato.html (letzter Zugriff: 16. März 2015). 2 Präsident der Russischen Föderation (2014): Militärdoktrin der Russischen Föderation. Bestätigt durch Erlass Nr. 815 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 25. Dezember 2014. DSS-Arbeitspapiere, Heft 113-2015 „Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Russischen Föderation“, Ziff. 12. Übersetzung aus dem Russischen und Redaktion : Rainer Böhme. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: www.sicherheitspolitik -dss.de/ap/ap113000.pdf#page=1 (letzter Zugriff: 16. März 2015). 3 Malek, Martin (1991): Militärdoktrin und Marinepolitik der UdSSR 1956–1985. Europäische Hochschulschriften: Reihe 31, Politikwissenschaft, Bd. 195. Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main, 1991, S. 69. 4 Schreiber, Wilfried (2007): Von einer Militärdoktrin der Abschreckung zu Leitsätzen entmilitarisierter Sicherheit (1987–1990) – Ein Zeitzeugenbericht. DSS-Arbeitspapiere, Heft 86-2007, S. 9. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: www.sicherheitspolitik-dss.de/ap/ap086000.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 5 Entwicklung einer Militärdoktrin ist die Einschätzung von Art und Stärke der Bedrohung durch den (die) potentiellen Gegner. Eine Militärdoktrin ist notwendig zur Ableitung spezifischer Anweisungen zur Vorbereitung auf die für wahrscheinlich gehaltenen Konfliktformen in den Bereichen der Organisation, Ausrüstung und Dislozierung der Streitkräfte, der Rüstungsforschung und -planung sowie sonstiger gesellschaftlicher Aufgaben wie z.B. Infrastrukturentwicklung oder Schutzraumbau. Eine Militärdoktrin vereint politische mit militärischen Komponenten. Politisch müssen die eigenen Ziele in einem zukünftigen Krieg definiert und die militärpolitische Ausrichtung der potentiellen Gegner eingeschätzt werden.“ 5 Erst ab dem Jahr 1987, als die Staats- und Parteichefs der Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes in Ost-Berlin eine gemeinsame Militärdoktrin verabschiedeten, die im Wesentlichen die maßgeblich von Michail Gorbatschow, dem damaligen Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU), entwickelten Leitlinien der sowjetischen Militärdoktrin wiedergab, wurden zumindest Auszüge der jeweils gültigen Militärdoktrinen auch veröffentlicht . Da diese allerdings im allgemeinen sehr sachlich verfasst waren, bedurfte es im Rahmen der Erarbeitung dieser Ausarbeitung, insbesondere für die Analyse des jeweiligen in der Kremlführung vorhandenen Fremd- bzw. Feindbildes, nicht nur eines Blickes in die Dokumente selbst, sondern auch einer Darstellung der sicherheitspolitischen Entwicklungen, die jeweils den Anlass für die Herausgabe einer neuen Militärdoktrin gaben, sowie ihrer Bewertung bzw. Kommentierung durch die politische Führung in Moskau. 2. Die Militärdoktrinen der Sowjetunion und der Russischen Föderation 2.1. Die sowjetische Militärdoktrin in den 1970er Jahren Die Fundamente aller bis in die 1960er Jahre gültigen sowjetischen Militärdoktrinen, die bereits in den 1920er Jahren von dem marxistischen Theoretiker und kommunistischen Politiker Wladimir Iljitsch Lenin sowie von dem damaligen Oberbefehlshaber der sowjetischen Streitkräfte Michail Frunse gelegt worden waren, galten auch in der Regierungszeit von Staats- und Parteichef Leonid Breschnew (1964–1982) weiter.6 So bezog sich in dieser Zeit die Militärdoktrin weiterhin auf Lenins Postulat, nach dem sich die Rechtmäßigkeit eines Krieges „nur vom Standpunkt des sozialistischen Proletariats und seines Kampfes für die Befreiung“ feststellen lasse. 7 Allerdings wurde in dieser Phase das Postulat von der „Unvermeidbarkeit des Krieges“ gegen das „imperialistische Lager“ aufgrund des in Europa insbesondere im Bereich der Nuklearrüstung erreichten militärischen Kräfteverhältnisses, das als „Gleichgewicht“ bzw. „Parität“ dargestellt wurde, 8 relativiert.9 5 Zoll, Ralf; Lippert, Ekkehard; Rössler, Tjarck (Hrsg.) (1977): Bundeswehr und Gesellschaft – Ein Wörterbuch. Studienbücher zur Sozialwissenschaft 34, Opladen, 1977, S. 164 6 Backerra, Manfred (1983): Zur sowjetische Militärdoktrin seit 1945. In: Beiträge zur Konfliktforschung, 13. Jg., 1/1983, S. 45. 7 Ebenda. 8 Wettig, Gerhard (1988): Zur gegenwärtigen Entwicklung der sowjetischen Militärdoktrin. Außenpolitik II/88, S. 172. 9 o. V. (1989): Zur Entwicklung der sowjetischen Militärdoktrin. Österreichische Militärzeitschrift ÖMZ 2/1989, S. 154. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 6 Da nun „das sozialistische Lager weltweit erstarkt sei“10 und die Kräfterelation auf dem europäischen Schauplatz die Sicherheit der UdSSR ausreichend gewährleiste,11 sei nun ein Krieg nicht mehr unumgänglich. Allerdings wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass, sollte es trotz der von Breschnew nachdrücklich vertretenen „Politik friedlicher Koexistenz mit Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung“ dennoch zu einem Krieg zwischen den antagonistischen Systemen kommen, dieser – ideologisch bedingt – zum „Untergang des Imperialismus führen“ würde: Der westliche Aggressor würde im Rahmen eines Gegenschlags sofort in die Tiefe seines Territoriums zurückgedrängt und die „Aggression“ durch die dort vorzunehmende Vernichtung des Gegners beendet.12 Während aus westlicher Sicht das sowjetische Potential für einen militärischen Gegenangriff eine offensive Bedrohung darstellte, betonte die sowjetische Seite in ihrer Propaganda stets den defensiven Charakter ihrer Militärdoktrin: „Die UdSSR sei als sozialistischer Staat notwendigerweise friedliebend, während der Westen ein ‚imperialistisches‘ System besitze und daher grundsätzlich als aggressiv gelten müsse. […] Demnach war das militärische Vorgehen, zu dem sich die sowjetische Führung zum Zwecke ihrer Verteidigung veranlasst sehen würde, stets als defensiv einzustufen . Das sollte unabhängig davon gelten, ob es sich im Einzelfall um Operationen der Verteidigung oder des Angriffs handelte.“ 13 In dem Gefühl, dass das „SALT 1“-Abkommen vom 26. Mai 1972 14 sowie andere Rüstungskontrollmaßnahmen , die Ostverträge und die KSZE-Schlussakte 15 vor aller Welt ein Gleichziehen der Sowjetunion mit den Vereinigten Staaten offenbarte und ihren Hegemonialbereich bestätigte, 16 plädierte die politische Führung der UdSSR in der Folge ab 1976 für die Wahrung des – nun als vorhanden dargestellten – militärischen Gleichgewichts; 17 es wurde nun nicht mehr von dem Erfordernis eigener militärischer Überlegenheit gesprochen. 18 Dies bedeutete allerdings keine Aufgabe ihrer Prinzipien der „zuverlässigen Verteidigung“ bzw. der „zuverlässigen Gewährleistung der Sicherheit“, da es die oberste Leitlinie war, auch im befürchteten Kriegsfall der UdSSR zuverlässig die Sicherheit des Landes erhalten bzw. wiederherstellen zu können. 10 Ebenda. 11 Wettig (1988), a.a.O., S. 174. 12 Ebenda. 13 Ebenda. 14 SALT: Strategic Arms Reduction Talks. Im Rahmen des „SALT 1“-Abkommens einigten sich die USA und die UdSSR am 26. Mai 1972 auf die Begrenzung der Raketenabwehrsysteme (ABM-Abkommen) sowie auf ein zeitlich begrenztes Abkommen über die Anzahl land- und seegestützter Interkontinentalraketen. 15 KSZE: Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. In der KSZE-Schlussakte vom 1. August 1975 verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten zur Unverletzlichkeit der Grenzen, zur friedlichen Regelung von Streitfällen , zur Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten sowie zur Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten. 16 Backerra (1983), a.a.O., S. 44. 17 Wettig (1988), a.a.O., S. 174. 18 Schmid, Günther (1984): Die sowjetische Militärdoktrin und Militärstrategie – Grundvorstellungen, Zielsetzungen und politische Wirkungen. Information für die Truppe IfdT 5/84, S. 70. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 7 Als mögliche Szenarien eines Krieges unterschied die sowjetische Militärdoktrin zu dieser Zeit einerseits zwischen „Bürger- und nationalen Befreiungskriegen“, die später von Nikolai Orgakow, von 1977 bis 1984 Generalstabschef der Roten Armee, auch als „lokale Kriege“ bezeichnet wurden, und andererseits Kriegen zwischen Staaten (oder Bündnissen) mit unterschiedlichen oder gar entgegengesetzten Gesellschaftssystemen. 19 In „lokalen Kriegen“ setzt sich nach sowjetischer Lesart das Proletariat mit seinen Unterdrückern bzw. die Volksmasse mit reaktionären Kräften auseinander. Dieses Szenar, in dem das Proletariat bzw. die Volksmasse der Unterstützung sozialistischer Staaten unter Führung der Sowjetunion bedurfte, trug sowohl den Gegebenheiten in zahlreichen Ländern der Dritten Welt als insbesondere auch im eigenen Lager des Warschauer Paktes Rechnung, in dem aus Sicht der sowjetischen politischen und militärischen Führung die politische Stabilität permanent von reaktionären Kräften bedroht wurde. Die latent schwebende innere Krise der kommunistischen Staaten, die eine innere Sicherheitsbedrohung für die in den Staaten des Warschauer Paktes regierenden Parteien darstellte, war somit ein wesentlicher Schwerpunkt der Militärdoktrin Breschnews. 20 In dem zweiten Szenar geht die Militärdoktrin von den USA und anderen NATO-Staaten als potentiellem Gegner aus. Ausgangspunkt des Krieges in diesem Szenar, in dem sich verschiedene Gesellschaftssysteme gegenüberstehen, ist stets eine imperialistische Aggression des Westens, der entweder lokale Kriege auslöst, die sich dann zu einem Weltkrieg entwickeln, oder der gemäß seiner Militärstrategie der „Flexible Response“, die die Möglichkeit eines nuklearen Erstschlags eingeschlossen hat, einen Atomkrieg unter Verwendung seiner strategischen Arsenale beginnt. 21 Da der Ausbruch eines solchen von sowjetischer Seite nicht beabsichtigten Ost-West-Krieges nicht unwahrscheinlich schien, galt es aus Sicht Moskaus, sich unerlässlich auf ihn vorzubereiten , um im befürchteten Kriegsfall die Sicherheit der UdSSR gewährleisten zu können. Hierzu betonte die sowjetische Führung einerseits ihre Bereitschaft zu nuklearen Vergeltungsmaßnahmen gegen einen Erstschlag der NATO. Andererseits gaben der von Breschnew 1977 verkündete und 1982 auf andere Nuklearwaffenstaaten ausgeweitete Ersteinsatzverzicht sowie korrespondierende Entwicklungen im sowjetischen militärischen Denken, insbesondere die zunehmende Einsicht über die Nutzlosigkeit einer apokalyptischen globalen Auseinandersetzung mit Nuklearwaffen, Anlass zu der Einschätzung, dass die Militärstrategen der Roten Armee an die Vermeidbarkeit einer nuklearen Eskalation zu glauben begannen. So ging Orgakow vor dem Hintergrund, dass sich auch die „Flexible Response“ nicht mehr so ausschließlich wie die vorherigen NATO-Strategien auf nukleare Automatismen abstützte, bereits Ende der 1970er Jahre davon aus, dass ein Nuklearkrieg zumindest regional begrenzt bzw. ein Weltkrieg (für eine gewisse Zeitspanne) ausschließlich mit konventionellen Mitteln geführt 19 Backerra (1983), a.a.O., S. 45. 20 Jones, Christopher (2009): Gorbačevs Militärdoktrin und das Ende des Warschauer Paktes. In: Diedrich, Torsten; Heinemann, Winfried; Ostermann, Christian F. (Hrsg.): Der Warschauer Pakt: Von der Gründung bis zum Zusammenbruch 1955–1991, S. 245, Christoph Links Verlag, Berlin, 2009. 21 Backerra (1983), a.a.O., S. 46. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 8 werden könnte. 22 23 Orgakow und Gleichgesinnte wie der Militärwissenschaftler und Generaloberst Machmut Gareev oder der Philosophieprofessor, Historiker und Generaloberst Dmitri Wolkogonow „expressed reservations about whether a world war of the future could be fought and won with nuclear weapons. Orgakow, in particular, advanced the revolutionary view that a twenty-first-century battlefield might be dominated by nonnuclear, high-technology armaments and a global war could be fought with conventional weapons alone.“24 Diese Sichtweise erforderte vom sowjetischen Militär somit nicht nur den Erhalt der Zweitschlagskapazität seiner Raketenstreitkräfte, sondern auch eine umfassende Modernisierung und offensivere Ausrichtung seiner konventionellen Streitkräfte. 2.2. Die sowjetische Militärdoktrin in den frühen 1980er Jahren Internationale Entwicklungen zu Beginn der 1980er Jahre wie der erfolglose Krieg der Roten Armee in Afghanistan, die erneut aufkeimende Gefahr („Zweifrontendenken“) einer Auseinandersetzung mit der durch den sowjetischen Afghanistanfeldzug ihre Sicherheitsinteressen verletzt sehenden Volksrepublik China, die Umsetzung des NATO-Doppelbeschlusses zur Nachrüstung mit Mittelstreckenraketen durch das atlantische Bündnis sowie die wachsende Demokratiebewegung um die Gewerkschaft Solidarność in Polen, die eine Bedrohung für den Herrschaftsanspruch der kommunistischen Partei und damit für die politische Stabilität im gesamten Gebiet des Warschauer Paktes darstellte, gefährdeten aus sowjetischer Sicht die Realisierung des eigenen Weltmachtanspruchs. Diese Sichtweise resultierte nach Auffassung von Hans-Christian Pilster Anfang der 1980er Jahre in einer Anpassung gewisser Aspekte der sowjetischen Militärdoktrin. 25 Die Sowjetunion fokussierte jetzt auf einen weiteren Ausbau der Militärmacht als Hauptmachtmittel der sowjetisch, ideologisch motivierten Großmachtpolitik, da sie in den Bereichen Wirtschaft , Handel und Technologie mit den westlichen Industrienationen nicht Schritt halten und daher ihre Weltmachtambitionen nur mit Hilfe eines starken Militärs durchsetzen konnte. 26 22 Vgl. Diehl, Ole (1993): Die Strategiediskussion in der Sowjetunion: zum Wandel der sowjetischen Kriegsführungskonzeptionen in den achtziger Jahren, S. 52 ff., Springer Fachmedien, Wiesbaden, 1993. 23 Auch die Ergebnisse von Szenario-Analysen der NATO wiesen darauf hin, dass als Folge des NATO-Doppelbeschlusses zur Nachrüstung mit Mittelstreckenraketen die Wahrscheinlichkeit, dass die Sowjetführung ihre konventionellen Streitkräfte zum Einsatz bringen würde, steigen würde. Vgl. Schmid, Michael (2007): Nukleares Skalpell oder Damoklesschwert? Strategiediskussionen und Militärkonzepte der NATO und der USA in Zeiten von „Flexible Response“, Doppelbeschluss und PD-59 (1968–1980), S. 56 f. Abrufbar unter: https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/files/538/Schmid_Strategiediskussion_NATO_USA. pdf (letzter Zugriff: 17. März 2015). 24 o. V. (1989): Soviet Union – Military Doctrine in the Late 1980s. Hrsg.: The Library of Congress, Mai 1989. Abrufbar unter: http://lcweb2.loc.gov/cgi-bin/query/r?frd/cstdy:@field(DOCID+su0431) (letzter Zugriff: 18. März 2015). 25 Pilster, Hans-Christian (1983): Die sowjetische Militärdoktrin. In: Heere international 2, S. 26, Verlag E. S. Mittler & Sohn, Herford/Bonn, 1983. 26 „Although suffering from its own internal problems, economic, demographic and agricultural, the Soviet Union has maintained a basic aim of world domination which allows an impressive continuity in military planning.” Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 9 Dies drückte sich in einer im Vergleich zum Ende der 1970er Jahre noch offensiveren Ausrichtung insbesondere der konventionellen Streitkräfte aus. Auf Grundlage der neu erworbenen Relationen im nuklearen Kräfteverhältnis auf interkontinental-strategischem und euro-strategischem Feld sowie einer weltweit operierenden Seekriegsflotte sollten die Streitkräfte künftig dreidimensional wirken können. Diese drei Dimensionen waren: die verlässliche Sicherung des eigenen Lagers nach innen und außen, die Fähigkeit, dem antagonistischen Westen in allen Fähigkeitsbereichen und überall Paroli bieten zu können, sowie die Nutzung jeder Chance, in der übrigen (Dritten) Welt die eigene Einflusssphäre durch Unterstützungsmaßnahmen oder mit Waffengewalt zu erweitern. 27 2.3. Die Militärdoktrin der Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages vom Mai 1987 In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre begannen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow und andere führende Politiker der KPdSU sowie auch einige Vertreter der Militärführung stärker auf die politischen Aspekte der nationalen Sicherheit zu fokussieren und ihren militärischen Aspekten eine geringere Bedeutung zuzumessen. Vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage in der Sowjetunion traten sie für eine neue Militärdoktrin ein, die auf dem defensiven Konzept der „angemessenen Hinlänglichkeit“ („reasonable sufficiency") und auf einem Militärpotential basiert, das die Sicherheit des Landes hinreichend gewährleisten („sufficient for safeguarding the security of the country“) kann,28 aber nicht mehr zu offensiven Aktionen, d.h. insbesondere nicht mehr zu Überraschungsangriffen, in der Lage ist. In Übereinstimmung mit diesem neuen außen- und sicherheitspolitischen Denken sei dann, so der damalige Generalstabschef Sergei Fjodorowitsch Achromejew und der damalige Verteidigungsminister Dmitri Jasow, eine neue Militärdoktrin entwickelt worden. Die Grundgedanken dieser sowjetischen Doktrin sind anschließend in die Militärdoktrin der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages eingeflossen , zu der die Parteichefs der Warschauer Pakt-Staaten während ihres Treffens in Ost-Berlin vom 29.–30. Mai 1987 eine gemeinsame Erklärung abgaben. 29 In dieser Verlautbarung, mit der Gorbatschow u.a. die Ernsthaftigkeit seiner Abrüstungspolitik unterstreichen wollte, bekundeten die Vertragsstaaten des Warschauer Paktes, dass das Militärbündnis künftig lediglich verteidigenden Charakter habe. Sie erklärten u.a., dass sie niemals und unter keinen Umständen militärische Handlungen gegen einen beliebigen Staat oder ein Staatenbündnis beginnen, wenn sie nicht selbst einem bewaffneten Überfall ausgesetzt sind; niemals als erste Kernwaffen einsetzen werden; keine territorialen Ansprüche, weder gegenüber einem europäischen noch außereuropäischen Staat, erheben; keinen Staat und kein Volk als ihren Feind betrachten; Vgl. Moore, John (Hrsg.) (1980): Jane’s Fighting Ships 1980–81, S. 123, Jane's Publishing Company Ltd., New York, 1980. 27 Vgl. Pilster (1983), a.a.O., S. 27. 28 Das französische Konzept der Hinlänglichkeit (suffisance) bedeutet, dass einem potentiellen Angreifer ein größerer Schaden zugefügt werden kann, als er selbst zu verursachen imstande ist. Vgl. BT-Drs. 11/5064, S. 32. 29 o. V. (1989), Soviet Union – Military Doctrine in the Late 1980s, a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 10 bereit seien, mit ausnahmslos allen Ländern der Welt Beziehungen auf Grundlage der gegenseitigen Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen und der friedlichen Koexistenz zu gestalten; ihre internationalen Beziehungen konsequent auf die Achtung der Prinzipien der Unabhängigkeit und nationalen Souveränität, der Nichtanwendung der Androhung von Gewalt, der Unverletzlichkeit der Grenzen und territorialen Integrität, der friedlichen Streitbeilegung, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, der Gleichberechtigung und der anderen Prinzipien und Ziele gründen, wie sie in der VN-Charta, der Schlussakte von Helsinki und in den weiteren allgemein anerkannten Normen des Völkerrechts verankert sind; ihre Streitkräfte in einer Gefechtsbereitschaft halten, die ausreicht, um nicht überrascht zu werden; einem Aggressor eine vernichtende Abfuhr erteilen, falls dennoch ein Angriff gegen sie verübt wird; und nicht danach streben, über Streitkräfte und Rüstungsgüter zu verfügen, die über das Maß hinausgehen , das für diese Ziele erforderlich ist. Sie halten somit streng den Rahmen des für die Verteidigung bzw. für die Abwehr einer möglichen Aggression ausreichenden Niveaus ein. 30 Unmittelbar nach dieser Erklärung wurde sowohl in der westlichen Welt als auch in der Sowjetunion selbst kontrovers diskutiert, wie diese defensive Doktrin auszulegen sei und ob der Warschauer Pakt tatsächlich eine defensive Position einzunehmen bereit sei oder nicht doch weiter auf einen Einsatz seiner offensiven, den Westen bedrohenden nuklearen und konventionellen Militärpotentiale setzen werde. Während Verteidigungsminister Jasow äußerte, dass die Sowjetunion weiter über Streitkräfte „able to mount a decisive offensive“31 verfügen müsste, weil ein Angreifer allein mit defensiven Mitteln nicht zu besiegen sei, vertraten Vertreter des sowjetischen Generalstabs die Auffassung, dass „actions of the Soviet Armed Forces in the event of countering aggression would primarily consist of defensive operations and combat actions. […] This was the biggest change in our strategic thinking since the late 1920.“32 Am Ende der 1980er Jahre stimmten die Analysten in Ost und West weitgehend überein, dass die UdSSR tatsächlich stärker als zuvor auf die Sicherstellung der inneren Stabilität (mit konventionellen Mitteln) fokussierte. Einen Nuklearkrieg begänne sie nur nach einer ernsthaften Provokation . Dann würde sie allerdings alle verfügbaren Mittel zum Schutz des eigenen Territoriums vor gegnerischen Angriffen und zur Vernichtung des Angreifers einsetzen. Auch hierbei würde die sowjetische Führung eine konventionelle Kriegführung präferieren und im Falle einer Eskalation versuchen, den Nuklearkrieg zumindest regional auf West- und Mitteleuropa zu begrenzen. 33 30 Schreiber, Wilfried (2007): Von einer Militärdoktrin der Abschreckung zu Leitsätzen entmilitarisierter Sicherheit (1987–1990) – Ein Zeitzeugenbericht. DSS-Arbeitspapiere, Heft 86-2007, S. 75. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: http://www.sicherheitspolitik-dss.de/ap/ap086000.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). 31 Tritten, James J. (1993): Military Doctrine and Strategy in the Former Soviet Union – Implications for the Navy. S. 2. Hrsg.: Naval Postgraduate School Monterey, California. Abrufbar unter: http://www.dtic.mil/dtic/tr/fulltext/u2/ a275846.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). 32 Ebenda, S. 2. 33 o. V. (1989), Soviet Union – Military Doctrine in the Late 1980s, a.a.O. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 11 2.4. Vom Entwurf des Jahres 1992 zur ersten russischen Militärdoktrin im Jahr 1993 In den ersten Monaten der Existenz der Russischen Föderation, die am 1. Januar 1992 die Rechtsnachfolge der Sowjetunion angetreten hatte, gab es keine nationale Militärdoktrin. Stattdessen wurde noch kurzzeitig die defensiv ausgerichtete Doktrin aus dem Jahr 1987 aufrechterhalten (vgl. Ziff 2.3), die darauf aufbaute, mithilfe einer großen Wehrpflichtarmee statt zuvor einen äußeren (NATO) nun einen inneren Feind schlagen zu können. In Kontrast dazu deuteten dann die Inhalte des Entwurfs einer Militärdoktrin aus dem Mai 1992, bei dem die Militärführung beziehungsweise der Generalstab selbst die Feder geführt haben dürften, 34 wieder auf eine Rückkehr zu altem sowjetischen Denken hin. Einerseits war jetzt ein Einsatz von Nuklearwaffen, der 1990 aufgrund seiner katastrophalen Auswirkungen nahezu ausgeschlossen worden war, wieder denkbar. 35 Andererseits wurden im Lichte der durch die Resolution S/RES/678 (1990) 36 des VN-Sicherheitsrates legitimierten Militäroperation einer von den USA angeführten Koalition zur Befreiung Kuwaits die USA und seine westlichen Verbündeten – zumindest implizit – in diesem Entwurf als Gegner genannt. Denn als eine Quelle äußerer Gefahr wurde hier „the striving of some states or coalitions of states to dominate the world community or selected regions, and their insistence upon resolving disputes by force“37 genannt. Als weitere Ursachen, die eine direkte Gefahr oder Bedrohung für die Russische Föderation darstellen könnten, identifiziert dieser Entwurf die Stationierung fremder Truppen auf dem Territorium an Russland angrenzender Länder sowie die Konzentrierung fremder Streitkräfte entlang der russischen Grenze; die Destabilisierung der politisch-militärischen Situation als Folge einer fortgesetzten Aufrüstung einzelner Staaten, sowie die Verbreitung nuklearer oder anderer Massenvernichtungswaffen ; den Einsatz politischen und wirtschaftlichen Druckes oder anderer Erpressungsmittel gegen Russland; sowie die Verletzung von Rechten und Interessen russischer Staatsbürger oder solcher Personen, die sich selbst ethnisch und kulturell mit Russland identifizieren.38 Im Zusammenhang mit der Erarbeitung dieses Entwurfs wurde zwar betont, dieser sei auf Grundlage von Dokumenten erarbeitet worden, die der Präsident, der Oberste Sowjet über die Militärpolitik der Russischen Föderation und der Rat der Staatsoberhäupter der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zu Verteidigungsfragen angenommen haben. Dennoch wurde er von dem Obersten Sowjet abgelehnt, da er seiner Auffassung nach von seinen Entscheidungen zu militärpolitischen Zielen und den dafür benötigten Mitteln abwich. 39 Stattdessen dauerte es bis zum 34 Scheler, Wolfgang (1994): Über die Militärdoktrin der Russischen Föderation. DSS-Arbeitspapiere, Heft 11.1-1994, S. 3. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: http://www.sicherheitspolitikdss .de/ap/ap011100.pdf#page=1 (letzter Zugriff: 16. März 2015). 35 Slagle, James H. (1994): New Russian Military Doctrine: Sign of the Times. In: Parameters, Frühjahr 1994, S. 91. 36 S/RES/678 (1990) vom 29. November 1990. Abrufbar unter: http://www.un.org/depts/german/sr/sr_90/sr678-90.pdf (letzter Zugriff: 19. März 2015). 37 Cimbala, Stephen J. (1995): US Military Strategy and the Cold War Endgame, S. 115. Routledge, New York, 1995. 38 Ebenda. 39 Dick, Charles (1993): The Military Doctrine of the Russian Federation. In: CSRC Occasional Brief 25. Hrsg.: Royal Military Academy Sandhurst / Conflict Studies Research Centre, November 1993, S. 13. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 12 Ende des zwischen Präsident Boris Jelzin und russischem Parlament ausgetragenen inneren Machtkampfes, bis Jelzin die „Grundsätze der Militärdoktrin der Russischen Föderation“, so der offizielle Name des Dokuments, am 2. November 1993 erließ. Von diesem Dokument wurde jedoch nur eine Zusammenfassung veröffentlicht. Aus dieser ist erkennbar, dass sich die Militärdoktrin in drei Abschnitte gliedert, und zwar in einen politischen, einen militärischen und einen rüstungswirtschaftlichen Teil. Mit dieser neuen Struktur wurde die traditionelle Gliederung in zwei Teile (Politik, Militärtechnik), wie sie auch der Doktrinentwurf aus dem Jahr 1992 noch enthielt , aufgegeben.40 In den politischen Grundlagen dieser ersten Militärdoktrin der Russischen Föderation wird betont, dass sie keinen einzigen Staat als ihren Gegner betrachte und ihre Streitkräfte und andere Truppen nur gegen einen anderen Staat zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung einsetze, „wenn ein bewaffneter Angriff auf die Russische Föderation, ihre Bürger, ihr Territorium, ihre Streitkräfte und anderen Truppen oder ihre Verbündeten erfolgt.“41 Einen Abschnitt widmen die politischen Grundlagen den Hauptquellen der Kriegsgefahr. Dabei wird betont, dass sich die unmittelbare Gefahr der Entfesselung einer direkten Aggression gegen die Russische Föderation unter den gegenwärtigen Bedingungen erheblich verringert habe. Zugleich bleibe jedoch die Gefahr gewaltsamer Auseinandersetzungen bestehen. Hauptursachen für die Entstehung bewaffneter Konflikte und Kriege seien soziale, politische, ökonomische, territoriale , religiöse, national-ethnische und andere Widersprüche sowie das Streben einer Reihe von Staaten und politischen Kräften, zur Konfliktlösung auch Streitkräfte einzusetzen. Eine besondere Gefahr seien bewaffnete Konflikte, die auf dem Boden des aggressiven Nationalismus und religiöser Intoleranz entstünden. Als bestehende und potentielle äußere Hauptquellen der Kriegsgefahr für die Russische Föderation identifiziert die Militärdoktrin territoriale Ansprüche anderer Staaten an die Russische Föderation und ihre Verbündeten; bestehende und potentielle Herde lokaler Kriege und bewaffneter Konflikte vor allem in unmittelbarer Nähe der russischen Grenzen; die Möglichkeit eines Einsatzes von Kernwaffen und anderen Massenvernichtungswaffen, die sich in der Ausrüstung einer Reihe von Staaten befinden; die Weiterverbreitung von nuklearen und anderen Massenvernichtungswaffen, Trägermitteln und neuen Technologien der Rüstungsproduktion in Verbindung mit Versuchen einzelner Länder, Organisationen und terroristischen Gruppen, ihre militärischen und politischen Ziele zu verwirklichen; die Möglichkeit der Untergrabung der strategischen Stabilität als Folge der Verletzung internationaler Abrüstungs- und Rüstungskontrollvereinbarungen und einer qualitativen und quantitativen Aufrüstung durch andere Länder; 40 Scheler (1994), a.a.O. 41 Lehmann, Rolf (1994): Grundlagen der Militärdoktrin der Russischen Föderation (Darstellung). DSS-Arbeitspapiere, Heft 11.1-1994, S. 5. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: http://www.sicherheitspolitik -dss.de/ap/ap011100.pdf#page=1 (letzter Zugriff: 16. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 13 Versuche der Einmischung in die inneren Angelegenheiten und der Destabilisierung der innenpolitischen Lage der Russischen Föderation; die Unterdrückung der Rechte, Freiheiten und legalen Interessen der Bürger der Russischen Föderation in ausländischen Staaten; Überfälle auf militärische Objekte der Streitkräfte der Russischen Föderation, die auf dem Territorium ausländischer Staaten stationiert sind; die Erweiterung militärischer Blöcke und Pakte unter Beeinträchtigung der Interessen der militärischen Sicherheit der Russischen Föderation, sowie internationalen Terrorismus. 42 Darüber hinaus wird in dem Dokument die Konzentration von Streitkräften an den Grenzen der Russischen Föderation auf einem solchen Niveau, das das bestehende Kräfteverhältnis verletzt, als ein Faktor genannt, der dazu beitragen könnte, dass sich eine potentielle Kriegsgefahr zu einer unmittelbaren Kriegsbedrohung entwickelt. Als Gefahr im Innern werden besonders solche rechtswidrigen Aktivitäten nationalistischer, separatistischer und anderer Organisationen hervorgehoben , die auf eine Destabilisierung der inneren Lage der Russischen Föderation und auf eine Verletzung der territorialen Integrität abzielen und unter Anwendung von Gewalt stattfinden. 43 2.5. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 21. April 2000 Schon kurz nach der Inkraftsetzung der „Grundlagen der Militärdoktrin der Russischen Föderation “ am 2. November 1993 äußerte sich die „Kremlführung vermehrt negativ zu den Erweiterungsplänen der NATO [..]; zum beherrschenden außenpolitischen Thema wurde die NATO- Osterweiterung schließlich im Laufe des Jahres 1994.“ 44 Trotz dieser äußerst kritischen Haltung zur Erweiterungspolitik der NATO entschied sich die russische Führung 1994 für einen Eintritt in das NATO-Partnerschaftsprogramm, stimmte im Mai 1997 der Schaffung des „Ständigen Gemeinsamen NATO-Russland-Rates“ als Konsultationsforum zu und unterzeichnete 1998 die „NATO-Russland Grundakte“ (Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation). Eine echte und fruchtbare Zusammenarbeit, wie sie sich viele westliche Politiker und Politologen erhofften, entstand hieraus aber nicht, 45 da Russland die NATO zunehmend als ein politisches Instrument des Westens zur Ausdehnung und Festigung des US-Einflusses in Osteuropa ansah 46 42 Ebenda, S. 7. 43 Ebenda, S. 8. 44 Wenger, Andreas; Perovic, Jeronim (1997): Russland und die Osterweiterung der NATO – Herausforderung für die russische Außen- und Sicherheitspolitik. S. 20. Hrsg.: ETH Zürich / Forschungsstelle für Sicherheitspolitik und Konfliktanalyse. Zürich, 1997. Abrufbar unter: http://www.css.ethz.ch/publications/pdfs/ZB_43.pdf (letzter Zugriff: 19. März 2015). 45 Dieter, Hans-Heinrich (2013): NATO-Russland-Rat. Abrufbar unter: http://www.hansheinrichdieter.de/html/natorussland -rat.html (letzter Zugriff: 20. März 2015). 46 Malek, Martin (2009): The Western Vector of the Foreign and Security Policy of Ukraine. In: The Journal of Slavic Military Studies, 22. Jg., Ausgabe 4/2009, S. 515 f. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 14 und das Streben der USA nach einer monopolaren Welt 47 den russischen Interessen („regionaler Führungsanspruch gegenüber benachbarten, verbündeten Staaten oder Regionen“48) entgegenstand . Diese russische Perzeption, einhergehend mit folgenden sicherheitspolitischen Entwicklungen, führten bereits ab Mitte der 1990er Jahre im Verteidigungsrat der Russischen Föderation zu Überlegungen über eine neue russische Militärdoktrin: „Spannungen in einzelnen Regionen mit der Gefahr des Entstehens von bewaffneten Konflikten und lokalen Kriegen; nationalistische Bestrebungen in einigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion; Versuche der Einmischung ausländischer Staaten in innere Probleme der Russischen Föderation und Bestrebungen, die gegen die Integration der GUS-Staaten gerichtet sind; sowie ausgeprägte Erscheinungen von Separatismus und Nationalismus im Innern der Russischen Föderation.“49 Diese Überlegungen sowie insbesondere die russische Wahrnehmung der NATO-Luftangriffe gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Rahmen des Kosovo-Konfliktes im Jahr 1999, die von russischer Seite als „Akt der Aggression der NATO“ unter Umgehung des Völkerrechts sowie als Verletzung der NATO-Russland-Grundakte gewertet wurden,50 mündeten schließlich in die am 21. April 2000 von Präsident Wladimir Putin erlassene neue „Militärdoktrin der Russischen Föderation.“ In ihr werden als grundlegende äußere Bedrohungen der Russischen Föderation (RF), „die vor allem auf den Westen gemünzt sind“, 51 u.a. genannt: territoriale Ansprüche gegenüber der RF; Einmischung in innere Angelegenheiten der RF; Versuche, die Interessen der RF bei der Lösung von Problemen der internationalen Sicherheit zu ignorieren (bzw. zu verletzen) und der Stärkung der RF als einem einflussreichen Zentrum der multipolaren Welt entgegenzuwirken; 47 Kießlich-Köcher, Harald (1998): Die Streitkräfte der Russischen Föderation: Neue Sicherheitskonzeption – Neuer Sicherheitsrat – Neue Militärdoktrin. DSS-Arbeitspapiere, Heft 39-1999, S. 8. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: http://www.sicherheitspolitik-dss.de/ap/ap039000.pdf#page=1 (letzter Zugriff: 16. März 2015). 48 Weiss, Gebhardt (1995): Die Russische Föderation zwischen imperialer Versuchung und legitimer Interessenpolitik: zur westlichen Kritik an der russischen Außen- und Sicherheitspolitik. Bericht BIOst 23-1995, S. 21. Hrsg.: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und international Studien. Abrufbar unter: http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/ handle/document/4182/ssoar-1995-weiss-die_russische_foderation_zwischen_imperialen.pdf?sequence=1 (letzter Zugriff: 20. März 2015). 49 Kießlich-Köcher (1998), a.a.O., S. 8. 50 Malek, Martin (2004): Russland und der Kosovo-Krieg. S. 1 f. Abrufbar unter: http://www.bundesheer.at/pdf_pool/ publikationen/05_kk_08_malek.pdf (letzter Zugriff: 20. März 2015). 51 Hofmann, Horst (2001): Die neue russische Militärdoktrin vom 10.01.2000. Abrufbar unter: http://gabrieleweis .de/3a-politik/eu-sicherheitspolitische-situation/seit1990/russische-militaerdoktrin2000.htm (letzter Zugriff: 20. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 15 Herde bewaffneter Konflikte, vor allem in Nähe der Staatsgrenzen der RF und ihrer Verbündeten; Schaffen (Verstärken) von Streitkräftegruppierungen in Grenznähe zur RF und zu ihren Verbündeten , das zu einer Verletzung des bestehenden Kräfteverhältnisses führt; Erweiterung von militärischen Blöcken und Bündnissen zum Schaden der militärischen Sicherheit der RF und ihrer Verbündeten; Einmarsch ausländischer Truppen unter Verletzung der VN-Charta auf das Territorium benachbarter und mit der RF befreundeter Staaten; feindselige informationstechnische und informationspsychologische Aktivitäten zum Schaden der militärischen Sicherheit der RF und ihrer Verbündeten; Diskriminierung und Unterdrückung von Rechten, Freiheiten und legitimen Interessen der Bürger der RF in ausländischen Staaten sowie internationaler Terrorismus. 52 Hervorzuheben ist, dass bei der Auseinandersetzung mit der Frage der Bedrohung deutlich wird, dass der Begriff der Bedrohung in dieser neuen Militärdoktrin deutlich weiter gefasst wurde und nicht nur auf den bewaffneten Angriff, sondern viel stärker als früher auch auf die Gefährdung nationaler Interessen bezogen wird. Darüber hinaus ist erwähnenswert, dass im Jahr 2000 nicht mehr erklärt wird, Russland betrachte keinen Staat als seinen Gegner. Stattdessen werden nur solche Staaten als Partner angesehen, deren Politik den nationalen Interessen der Russischen Föderation und seiner Sicherheit keinen Schaden zufüge und der VN-Charta nicht widerspreche. Zu den Aufgaben der Streitkräfte gehört es laut dieser Militärdoktrin, einen Aggressor nicht nur zurückzuwerfen, sondern ihn zu vernichten und die Kampfhandlungen nur zu solchen Bedingungen zu beenden, die den Interessen Russlands und seiner Verbündeten entsprechen. Vom Defensivdenken Anfang der 1990er Jahre, als noch von einer Rückkehr in die Gemeinschaft „zivilisierter “ Länder die Rede war, hat sich die Russische Föderation mit dieser Militärdoktrin deutlich abgewendet. 52 Präsident der Russischen Föderation (2000): Militärdoktrin der Russischen Föderation. In Kraft durch Präsidentenerlass Nr. 704 vom 21. April 2000. DSS-Arbeitspapiere, Heft 51.4-2000 „Sicherheitspolitik und Streitkräfte der RF“, S. 7 f. Übersetzung aus dem Russischen: Rainer Böhme, Peter Freitag, Joachim Klopfer. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: www.sicherheitspolitik-dss.de/ap/ap051400.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 16 2.6. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 5. Februar 2010 Am 5. Februar 2010 erließ der russische Präsident Dmitri Medwedew eine neue russische Militärdoktrin ,53 der zu entnehmen war, dass sich das Verhältnis zwischen den USA 54 und der NATO auf der einen und Russland auf der anderen Seite in der zurückliegenden Dekade deutlich verschlechtert hatte. In ihrer Kritik schloss diese Militärdoktrin an die missbilligenden Äußerungen der Kremlführung gegenüber der NATO und den USA, beispielsweise bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Jahr 2007 oder beim NATO-Gipfel 2008 in Bukarest, 55 an. In seiner Rede bei der 43. Münchner Sicherheitskonferenz am 9. Februar 2007 zum Thema „Russlands Rolle in der Weltpolitik“ hatte Präsident Putin den USA unterstellt, eine monopolare Weltherrschaft anzustreben, und in diesem Zusammenhang unterstrichen, dass Moskau Amerika nicht mehr als einzige Weltmacht dulden werde. Ein monopolarer Status Quo in dieser Welt, so Putin damals, hätte keinen Bestand, weil ihm die moralischen und ethischen Grundlagen fehlten: Ein monopolares Modell hätte nichts mit Demokratie gemein, da Demokratie bekanntermaßen die Herrschaft der Mehrheit, unter Berücksichtigung der Interessen und Meinungen der Minderheit, bedeutete. In diesem Zusammenhang kritisierte Putin: „Man lehrt [Russland] ständig Demokratie. Nur die, die uns lehren, haben selbst, aus irgendeinem Grund, keine rechte Lust zu lernen.“ 56 Anschließend rügte er die übermäßige Anwendung militärischer Gewalt in den internationalen Beziehungen. Diese Tatsache habe zu einer Verachtung grundlegender Grundsätze des Völkerrechts in der Welt geführt und provoziere ein neues Wettrüsten. In diesem Zusammenhang griff er die USA an, die ihre „Grenzen in allen Sphären überschritten“ 57 hätten. Den geplanten Aufbau einer globalen Raketenabwehr, für die Radarstationen und Abwehrraketen in Tschechien, Polen und Rumänien stationiert werden sollten, bezeichnete Putin in München als Auslöser für ein Wettrüsten, das Europa nicht dienlich sei. Es sei ihm nicht plausibel , welchen Nutzen man aus einer solchen Abwehr ziehen könne, zumal sie gegen Russland wirkungslos bleibe. Mit Blick auf die NATO-Osterweiterung äußerte er, dass diese provozierend auf Russland wirke und das gegenseitige Vertrauen gefährde: „Jetzt versucht man, uns schon wieder neue Teilungslinien und Mauern aufzudrängen –wenn auch virtuelle, trotzdem trennende, die unseren gesamten Kontinent teilen.“ 58 53 Präsident der Russischen Föderation (2010): Militärdoktrin der Russischen Föderation. Bestätigt durch Erlass Nr. 146 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 5. Februar 2010. DSS-Arbeitspapiere, Heft 99-2010 „Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Russischen Föderation“, S. 10 f. Übersetzung aus dem Russischen: Rainer Böhme, Egbert Lemcke, Frank Preiß. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: www.sicherheitspolitik -dss.de/ap/ap099000.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). 54 „Die US-Invasion in den Irak im Jahr 2003 war laut dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ein Wendepunkt, nach dem sich die Beziehungen zwischen Moskau und Washington verschlechtert haben.“ Vgl. Pressekonferenz von Wladimir Putin vom 20 Dezember 2012. Abrufbar unter: http://de.sputniknews.com/politik /20121220/265189490.html (letzter Zugriff: 23. März 2015). 55 Vgl. hierzu: (2014): Entwicklung der russischen Sicherheitspolitik seit der Amtseinführung Wladimir Putins als Präsident der Russischen Föderation im Jahre 2000. Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 078/14 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 21. Mai 2014, S. 9 ff. 56 AG Friedensforschung (2007): Russlands Rolle in der Weltpolitik. Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der 43. Münchner Sicherheitskonferenz (deutsche Übersetzung). Abrufbar unter: http://www.ag-friedensforschung .de/themen/Sicherheitskonferenz/2007-putin-dt.html (letzter Zugriff: 23. März 2015). 57 Ebenda. 58 Ebenda. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 17 Auf dem NATO-Gipfel in Bukarest vom 2. bis 4. April 2008, bei dem der Ukraine und Georgien eine NATO-Mitgliedschaft zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt worden war, knüpfte Putin nahtlos an seine Aussagen auf der Münchner Sicherheitskonferenz des Vorjahres zur NATO-Osterweiterung an: „Das Entstehen eines mächtigen Militärblockes an unseren Grenzen würde in Russland als direkte Bedrohung der Sicherheit unseres Landes betrachtet werden. […]. Erklärungen, dass dies keine Bedrohung für uns ist, sind nicht ausreichend. […]. Nationale Sicherheit wird nicht auf Versprechungen aufgebaut. Vor allem, weil wir ähnliche Versprechen schon mehrfach vor früheren Ausdehnungswellen der NATO gehört haben.“ 59 Darüber hinaus warf der russische Präsident der NATO vor, Unklarheiten über die künftige Rolle des Bündnisses nicht auszuräumen. In der aktuellen Politik der Allianz sieht er „ihre Absicht , zu einem weltweiten Akteur zu werden, der weit über das Territorium seiner Mitgliedstaaten hinausreicht“. 60 Dieser in diesen Äußerungen zum Ausdruck gekommene antiwestliche Ton schlug sich dann auch in der 2010 neu verfassten Militärdoktrin,61 nieder. Nach der in diesem Dokument wiedergegebenen Auffassung der russischen Führung habe sich „in mancher Hinsicht die Sicherheitslage Russlands verschärft“ 62 Hierzu hätten insbesondere Veränderungen bei den externen militärischen Gefahren beigetragen, die sich nun im Gegensatz zu ihren Vorgängerdokumenten in zwei Fällen sogar explizit auf die NATO und in drei weiteren Fällen zumindest implizit auf die atlantische Allianz und die USA beziehen. Diese insgesamt fünf auf die Politik und das Handeln der NATO und der USA zurückgehenden äußeren militärischen Gefahren sind: 63 das Bestreben, dem Machtpotenzial der Organisation des Nordatlantischen Vertrages (NATO) globale Funktionen zuzuteilen, die unter Verletzung der Normen des Völkerrechtes umgesetzt werden; 64 das Streben, die militärische Infrastruktur der NATO-Mitgliedstaaten an die Grenzen der RF heranzurücken, darunter durch die Erweiterung des Blockes; die Entfaltung (Verstärkung) militärischer Kontingente ausländischer Staaten (Staatengruppen ) auf Territorien oder Gewässern, die an die RF und an mit ihr verbündete Staaten angrenzen; 59 o. V. (2008): Umstrittene Osterweiterung: Putin protestiert auf Nato-Gipfel. – Russland fühlt sich „direkt bedroht“. Spiegel-Online vom 4. April 2008. Abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/umstrittene-osterweiterung -putin-protestiert-auf-nato-gipfel-russland-fuehlt-sich-direkt-bedroht-a-545451.html (letzter Zugriff: 23. März 2015). 60 o. V. (2008): NATO-Gipfel beendet – Putin warnt vor Osterweiterung. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4. April 2008. Quelle: FAZ.NET. Abrufbar unter: http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nato-gipfel-beendet-putinwarnt -vor-osterweiterung-1548908.html (letzter Zugriff: 23. März 2015). 61 Präsident der Russischen Föderation (2010), a.a.O. 62 Klein, Margarete (2010): Russlands neue Militärdoktrin 2020 – Unentschlossener Kompromiss zwischen Traditionalisten und Reformern. SWP-Aktuell 21, März 2010, S. 1 Hrsg.: Stiftung Wissenschaft und Politik / Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit. Abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents /products/aktuell/2010A21_kle_ks.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). 63 Präsident der Russischen Föderation (2010), a.a.O., S. 10. 64 „ … konkret Out-of-Area-Einsätze der NATO ohne Zustimmung des VN-Sicherheitsrates durchzuführen, so dass Russland keine Möglichkeit hat sein Veto einzulegen.“ Vgl. ebenda, S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 18 die Schaffung und Entfaltung eines Systems der strategischen Raketenabwehr, das die globale Stabilität untergräbt und das bestehende Kräfteverhältnis in der Raketen-Kernwaffen-Sphäre zerstört, sowie außerdem die Militarisierung des Weltraumes und die Entfaltung strategischer nichtnuklearer Systeme von Präzisionswaffen sowie die Verletzung internationaler Vereinbarungen durch einzelne Staaten sowie die Nichteinhaltung früher abgeschlossener internationaler Verträge auf dem Gebiet der Begrenzung und Verringerung der Rüstung. 65 Als weitere externe militärische Gefahren nennt die Militärdoktrin: 66 die Versuche, die Lage in einzelnen Staaten und Regionen zu destabilisieren und die strategische Stabilität zu untergraben; die territorialen Ansprüche gegenüber der RF und ihren Verbündeten und die Einmischung in deren innere Angelegenheiten; die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Raketen und Raketentechnologien und die Vergrößerung der Anzahl von Staaten, die über Kernwaffen verfügen; die Anwendung militärischer Gewalt auf Territorien von Staaten, die an die RF angrenzen, unter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und anderer Normen des Völkerrechts; das Vorhandensein (Entstehen) von Konfliktherden und die Eskalation von bewaffneten Konflikten auf Territorien, die an die RF und an mit ihr verbündete Staaten angrenzen; die Ausbreitung des internationalen Terrorismus sowie das Entstehen von internationalen (interkonfessionellen) Spannungsherden und die Tätigkeit internationaler bewaffneter radikaler Gruppierungen in Räumen, die nahe der Staatsgrenze der RF und der Grenzen ihrer Verbündeten gelegen sind, sowie die Existenz territorialer Widersprüche und das Anwachsen von Separatismus und gewalttätigem (religiösem) Extremismus in einzelnen Regionen der Welt. Die Beschreibung der grundlegenden inneren Gefahren gleicht weitgehend der in der Militärdoktrin aus dem Jahr 2000. Die Politikwissenschaftlerin Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik relativiert allerdings den schärferen Ton Russlands gegenüber NATO und den USA mit dem Hinweis, „dass in der neuen Doktrin zwischen militärischen Gefahren und militärischen Bedrohungen unterschieden wird. Eine ‚militärische‘ Gefahr birgt demnach das Potential, zu einer ‚militärischen Bedrohung ‘ zu eskalieren – also zur ‚realistischen Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts‘.“67 Und nach Auffassung von Klein stünden bei den militärischen Bedrohungen, die die folgenden Aspekte 68 umfassen, „Brüssel und Washington nicht prominent auf der Liste“69: 65 „Gemeint ist die amerikanische Kündigung des ABM-Vertrags 2002 und die Weigerung der Nato, den Angepassten KSE-Vertrag von 1999 zu ratifizieren.“ Vgl. ebenda, S. 2. 66 Präsident der Russischen Föderation (2010), a.a.O., S. 10 f. 67 Ebenda, S. 2. 68 Präsident der Russischen Föderation (2010), a.a.O., S. 11 f. 69 Klein (2010), a.a.O., S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 19 die plötzliche Zuspitzung der militärpolitischen Lage (der zwischenstaatlichen Beziehungen) und die Schaffung von Bedingungen zur Anwendung militärischer Gewalt; die Behinderung der Arbeit des Systems der staatlichen und militärischen Führung der RF, die Störung des Funktionierens ihrer strategischen Kernwaffenkräfte, des Systems der Warnung vor Raketenangriffen, des Systems der Weltraumkontrolle sowie der Lagerobjekte für Kernmunition, der Objekte der Atomenergiewirtschaft, der Atom- und Chemieindustrie und anderer potenziell gefährlicher Objekte; die Schaffung und Ausbildung illegaler bewaffneter Formationen und deren Tätigkeit auf dem Territorium der RF oder auf den Territorien ihrer Verbündeten; die Demonstration militärischer Stärke mit provokatorischen Zielen im Verlauf von Übungen auf Territorien von Staaten, die an die RF oder ihre Verbündeten angrenzen; sowie die Aktivierung der Tätigkeit der Streitkräfte einzelner Staaten (Staatengruppen), die mit einer teilweisen oder vollständigen Mobilmachung und dem Übergang der Organe der staatlichen und militärischen Führung zur Arbeit unter Kriegsbedingungen verbunden sind. Allerdings dürften gemäß dieser Bedrohungsanalyse beispielsweise das amerikanische Konzept des „Global Precision Strike“, die seit 2004 von verschiedenen NATO-Mitgliedstaaten über dem Baltikum im Rotationsprinzip durchgeführte Luftraumüberwachung (Air Policing) oder die regelmäßig stattfindenden NATO- und „Partnership for Peace“-Übungen in Osteuropaim Gegensatz zu Kleins Auffassung – zumindest aus russischer (Propaganda-)Sicht – durchaus eine konkrete Gefährdung der Sicherheit der Russischen Föderation durch die NATO und die USA darstellen. Zusammenfassend lässt sich zur Wortwahl dieser Militärdoktrin aus dem Jahr 2010 feststellen, dass sie erstens im Vergleich zu ihren Vorgängerdokumenten gegenüber der NATO und den USA deutlich schärfer im Ton formuliert, dass zweitens nun erstmals seit dem Kalten Krieg ein Gegnerbild konkret gezeichnet sowie dass drittens mit diesem Dokument deutlicher als zuvor die Bereitschaft Russlands unterstrichen wurde, seine Interessen im postsowjetischen Raum gegebenenfalls auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Hierzu erläutert die Militärdoktrin u.a., dass zum Schutz russischer Interessen und Bürger „Formationen der Streitkräfte der RF operativ ausserhalb der Grenzen der RF eingesetzt werden“ 70 können. Dennoch, so Klein, habe dieses Dokument auch verdeutlicht, dass aus russischer Sicht die Tür zu einer Kooperation mit der NATO – insbesondere in solchen Bereichen, in denen sich Russland und die westliche Welt identischen Gefahren gegenüber sehen (z.B. internationaler Terrorismus) – nicht komplett verschlossen sei. 71 2.7. Die Militärdoktrin der Russischen Föderation vom 25. Dezember 2014 Nachdem die Militärdoktrin aus dem Jahr 2010 nicht einmal fünf Jahre in Kraft war, setzte Präsident Putin diese außer Kraft und ersetzte sie am 25. Dezember 2014 durch ein neues Dokument, dessen Ausarbeitung bereits im Juli 2013 und damit zu einem Zeitpunkt angeordnet worden war, als die sicherheitspolitische Lage in der Ukraine noch relativ stabil war. Sie war damit keine Reaktion auf die mit der Krim und der Ostukraine zusammenhängenden sicherheitspolitischen 70 Präsident der Russischen Föderation (2010), a.a.O., S. 19. 71 Ebenda, S. 2. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 20 Entwicklungen. Die Gründe für die Weisung der Kremlführung zur Ausarbeitung einer neuen Militärdoktrin dürften dennoch im Zusammenhang mit „Veränderungen im innen- und außenpolitischen Umfeld Russlands“ 72 stehen. Ein Anlass könnte nach Auffassung von Beobachtern die sich seit dem Jahr 2011 abzeichnende EU-Assoziierung der Ukraine gewesen sein, die aus russischer Sicht mit einem Einflussverlust im postsowjetischen Raum verbunden gewesen wäre und die russischen Pläne für die Eurasische Union unter Einbindung der Ukraine gefährdet hätte. Während der Krieg in der Ukraine somit nicht Auslöser für die Erarbeitung dieser neuen Militärdoktrin gewesen ist, dürfte er und insbesondere die Reaktion des Westens auf diesen Konflikt die Entwicklung dieses Dokuments maßgeblich beeinflusst haben. So wird „in der Doktrin nicht mehr nur von ‚Versuchen der Destabilisierung‘ gesprochen, sondern von einer ‚Destabilisierung‘ in einigen Staaten, die Russland gefährden könne. Gemeint, aber nicht genannt, ist hier wohl auch der Ukraine-Konflikt.“ 73 Ohne die Ukraine namentlich zu erwähnen, nennt die Doktrin als Bedrohung „die Installierung von Regimen, auch im Resultat des Sturzes der legitimen Organe der Staatsmacht, in Staaten, die an die RF angrenzen und deren Politik die Interessen der RF bedroht .“74 Direkt adressiert wird in der neuen Militärdoktrin – wie bereits vier Jahre zuvor – die von der NATO ausgehende militärische Gefahr für die Sicherheit Russlands, die jetzt aber aufgrund der Erhöhung ihrer Angriffskapazitäten, gemeint sein dürften die im Rahmen des Readiness Action Plan (RAP) der NATO zur Untermauerung der Glaubwürdigkeit des Bündnisses vereinbarten Rückversicherungsmaßnahmen, noch zugenommen habe. Zu dieser Gefahr trügen maßgeblich die USA, die allerdings nicht explizit genannt werden, bei, die mit ihrem „weltumspannenden Angriffssystem innerhalb einer Stunde jeden Punkt der Erde mit konventionellen Waffen erreichen könnten.“ 75 Im Zusammenhang zu möglichen russischen Reaktionen gegenüber Ländern, die an diesem Angriffssystem teilhaben, steht die Äußerung des russischen Botschafters in Dänemark, der am 20. März 2015 in einem Beitrag für die dänische Tageszeitung Jyllands Posten geschrieben hatte, das skandinavische Land könne Ziel von Atomraketen werden, wenn es sich am NATO- Raketenschutzschild beteilige. 76 72 Klein, Margarete (2015): Russlands neue Militärdoktrin – Nato, USA und „farbige Revolutionen“ im Fokus. SWP-Aktuell 12, Februar 2015, S. 1. Hrsg.: Stiftung Wissenschaft und Politik / Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit. Abrufbar unter: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2015A12_ kle.pdf (letzter Zugriff: 16. März 2015). 73 Sambale, Markus (2014): Defensiver Charakter, verschärfter Ton. tagesschau.de vom 26. Dezember 2014. Abrufbar unter: http://www.tagesschau.de/ausland/russland-militaerdoktrin-101.html (letzter Zugriff: 24. März 2015). 74 Präsident der Russischen Föderation (2014): Militärdoktrin der Russischen Föderation. Bestätigt durch Erlass Nr. 815 des Präsidenten der Russischen Föderation vom 25. Dezember 2014. DSS-Arbeitspapiere, Heft 113-2015 „Sicherheitspolitik und Streitkräfte der Russischen Föderation“, S. 15. Übersetzung aus dem Russischen und Redaktion : Rainer Böhme. Hrsg.: Dresdner Studiengemeinschaft Sicherheitspolitik. Abrufbar unter: http://www.sicherheitspolitik -dss.de/ap/ap113000.pdf#page=1 (letzter Zugriff: 16. März 2015). 75 Sambale (2014), a.a.O. 76 o. V. (2015): Ambassadør advarer: Missilskjold vil koste dyrt og give mindre sikkerhed. Jyllands Posten vom 20. März 2015. Abrufbar unter: http://www.jyllands-posten.dk/protected/premium/indland/ECE7573164/Ambassad %C3%B8r-advarer-Missilskjold-vil-koste-dyrt-og-give-mindre-sikkerhed (letzter Zugriff: 24. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 21 In den redaktionellen Vorbemerkungen zu der neuen Doktrin heißt es, u.a. den internationalen Militäreinsatz in Libyen reflektierend, der aus russischer Sicht in seiner Durchführung nicht vollständig durch ein Mandat des VN-Sicherheitsrates abgedeckt gewesen sei, sie sei „auch eine Reaktion auf die Lage im Norden Afrikas, in Syrien, im Irak und in Afghanistan. ‚Führende Staaten‘ der Welt – gemeint sind wohl allen voran die Vereinigten Staaten – sehen sich [in dieser Doktrin – Anm. d. Verf.] dem Vorwurf ausgesetzt, unabhängige Staaten mit einer Vielzahl an Instrumenten zu bedrohen, um eigene Interessen durchzusetzen. So würden private Militärdienste eingesetzt , das Protestpotenzial der Bevölkerung angeheizt oder radikale und extremistische Organisationen gefördert, um eigene Ziele in anderen Staaten durchzusetzen.“ 77 Unter dem Hinweis, dass sich eine Tendenz zur Verlagerung der (sich verstärkenden) militärischen Gefahren und Bedrohungen auf den informationellen Raum und die innere Sphäre der Russischen Föderation abzeichnet, nennt die neue Militärdoktrin als grundlegende äußere militärische Gefahren: „die Verstärkung des Machtpotentials der Organisation des Nordatlantischen Vertrages (NATO) durch globale Funktionen, die unter Verletzung der Normen des Völkerrechtes umgesetzt werden, sowie das Heranrücken der militärischen Infrastruktur der NATO-Mitgliedstaaten an die Grenzen der RF, darunter durch die Erweiterung des Blocks; die Destabilisierung der Lage in einzelnen Staaten und Regionen, um die strategische Stabilität zu untergraben; die Entfaltung (Verstärkung) militärischer Kontingente ausländischer Staaten (Staatengruppen ) auf Territorien der Staaten, die an die RF und an mit ihr verbündete Staaten angrenzen , oder in anliegenden Gewässern, auch zum Zweck, politischen und militärischen Druck auf die RF auszuüben. die Schaffung und Entfaltung eines Systems der strategischen Raketenabwehr, das die globale Stabilität untergräbt und das bestehende Kräfteverhältnis in der Raketen-Kernwaffen-Sphäre zerstört, die Realisierung der Konzeption des Globalen Schlages, die Absicht Waffen im Weltraum zu basieren sowie außerdem die Entfaltung strategischer nichtnuklearer Systeme von Präzisionswaffen; die territorialen Ansprüche gegenüber der RF und ihren Verbündeten und die Einmischung in deren innere Angelegenheiten; die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen, Raketen und Raketentechnologien; die Verletzung internationaler Vereinbarungen durch einzelne Staaten sowie die Nichteinhaltung früher abgeschlossener internationaler Verträge auf dem Gebiet des Verbotes, der Begrenzung und Verringerung der Rüstung; die Anwendung militärischer Gewalt auf Territorien von Staaten, die an die RF angrenzen, und deren Verbündete unter Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und anderer Normen des Völkerrechts; 77 o. V. (2014): NATO und Ukraine eine Bedrohung: Russlands Präsident Putin unterzeichnet neue Militärdoktrin. FOCUS Online vom 26. Dezember 2014. Abrufbar unter: http://www.focus.de/politik/ausland/verteidigung-neuerussland -militaerdoktrin-ukraine-und-nato-eine-bedrohung_id_4369355.html (letzter Zugriff: 24. März 2015). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 22 das Vorhandensein (Entstehen) von Konfliktherden und die Eskalation von bewaffneten Konflikten auf Territorien von Staaten, die an die RF und an mit ihr verbündete Staaten angrenzen; das anwachsende Drohen eines globalen Extremismus (Terrorismus) und dessen neuer Erscheinungsformen unter den Bedingungen einer unzureichend effektiven internationalen antiterroristischen Zusammenarbeit, das reale Drohen der Durchführung von Terrorakten unter Anwendung radioaktiver und toxischer chemischer Stoffe, die Ausweitung der Maßstäbe des transnationalen organisierten Verbrechens, vor allem der ungesetzliche Umschlag von Waffen und Drogen; die Anwesenheit (das Entstehen) von internationalen und interkonfessionellen Spannungsherden und die Tätigkeit internationaler bewaffneter radikaler Gruppierungen sowie ausländischer privater Sicherheits- und Militärunternehmen in Räumen, die nahe der Staatsgrenze der RF und der Grenzen ihrer Verbündeten gelegen sind, sowie die Existenz territorialer Widersprüche und das Anwachsen von Separatismus und Extremismus in einzelnen Regionen der Welt; die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien zu militärpolitischen Zwecken für das Durchführen von Handlungen, die dem Völkerrecht widersprechen, gegen die Souveränität, die politische Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Staaten gerichtet sind und die eine Bedrohung des internationalen Friedens, der Sicherheit sowie der globalen und regionalen Stabilität darstellen; die Installierung von Regimes, auch im Resultat des Sturzes der legitimen Organe der Staatsmacht , in Staaten, die an die RF angrenzen und deren Politik die Interessen der RF bedroht; die subversive Tätigkeit gegen die RF durch Geheimdienste und Organisationen ausländischer Staaten und deren Koalitionen.“ 78 Die grundlegenden inneren Gefahren wurden ergänzt um „die Tätigkeit zur informellen Einwirkung auf die Bevölkerung, vorrangig auf die jungen Staatsbürger, mit dem Ziel der Untergrabung der historischen, geistigen, moralischen und patriotischen Traditionen auf dem Gebiet der Vaterlandsverteidigung .“ 79 Wie in der Militärdoktrin von 2010 wird auch in der neuen Version zwischen militärischen Gefahren und Bedrohungen unterschieden. Als grundlegende militärische Bedrohungen, die die „reale Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts“ 80 beinhalten, werden betrachtet: „die plötzliche Zuspitzung der militärpolitischen Lage (der zwischenstaatlichen Beziehungen ) und die Schaffung von Bedingungen zur Anwendung militärischer Gewalt; die Behinderung der Arbeit des Systems der staatlichen und militärischen Führung der RF, die Störung des Funktionierens ihrer strategischen Kernwaffenkräfte, des Systems der Warnung vor Raketenangriffen, des Systems der Weltraumkontrolle sowie der Lagerobjekte für Kernmunition, der Objekte der Atomenergiewirtschaft, der Atom-, Chemie-, Pharma- und Medizinindustrie und anderer potenziell gefährlicher Objekte; 78 Präsident der Russischen Föderation (2014), a.a.O., S. 13 ff. 79 Ebenda, S. 15 f. 80 Klein (2015), a.a.O., S. 1. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 23 die Schaffung und Ausbildung illegaler bewaffneter Formationen und deren Tätigkeit auf dem Territorium der RF oder auf den Territorien ihrer Verbündeten; die Demonstration militärischer Stärke mit provokatorischen Zielen im Verlauf von Übungen auf Territorien von Staaten, die an die RF oder ihre Verbündeten angrenzen; die Aktivierung der Tätigkeit der Streitkräfte einzelner Staaten (Staatengruppen), die mit einer teilweisen oder vollständigen Mobilmachung und dem Übergang der Organe der staatlichen und militärischen Führung zur Arbeit unter Kriegsbedingungen verbunden sind.“ 81 Neben den Änderungen und Ergänzungen zu den militärischen Gefahren und Bedrohungen schließt nun die neue Militärdoktrin den „Einsatz eigener Streitkräfte, anderer Truppen und Organe für die Gewährleistung des Schutzes ihrer Bürger, die sich außerhalb der RF aufhalten“82 nicht mehr aus, während in der Doktrin von 2010 die Diskriminierung und Unterdrückung von Rechten, Freiheiten und legalen Interessen russischer Bürger im Ausland „nur“ als eine äußere militärische Gefahr gesehen wurde. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die am 25. Dezember 2014 von Präsident Putin erlassene Militärdoktrin deutlich den angespannten Zustand der russisch-westlichen Beziehungen wiederspiegelt. Erwähnenswert ist neben der verbalen Verschärfung gegenüber dem Westen insbesondere die mit dieser Doktrin dokumentierte Absicht der russischen Führung zur „komplexen Anwendung von militärischer Gewalt, von Maßnahmen politischen, ökonomischen, informationellen und anderen nichtmilitärischen Charakters, die unter breiter Nutzung des Protestpotenzials der Bevölkerung und der Kräfte für Spezialoperationen realisiert werden.“ 83 Zu dieser Art der in der Ost-Ukraine angewendeten Kriegführung, die in den westlichen Streitkräften auch als „nicht-lineare“ oder „hybride“ Kriegführung bezeichnet wird und die in der neuen Militärdoktrin als charakteristisches Merkmal moderner militärischer Konflikte herausgestellt wurde, äußerte sich bereits im Februar 2013 Waleri Wassiljewitsch Gerassimow, der Generalstabschef der russischen Streitkräfte,. Er meinte, „im 21. Jahrhundert […] verschwimme die Grenze zwischen Krieg und Frieden, da Kriege nicht mehr formell zwischen Staaten erklärt werden . Dementsprechend veränderten sich die Spielregeln des Krieges.“ 84 3. Zusammenfassender Vergleich der sowjetischen und russischen Militärdoktrinen seit den 1970er Jahren Anhand der vorliegenden Darstellung der sowjetischen und russischen Militärdoktrinen seit den 1970er Jahren wurde deutlich, dass die Aggressivität sowohl in der Wortwahl der seit dem Jahr 1993 erlassenen Militärdoktrinen als auch in der Sprache der jeweils verantwortlichen Politiker und Generäle stetig zugenommen hat und heute das Niveau der 1970er und frühen 1980er Jahre erreicht hat, als aus russischer Sicht der „imperialistische Aggressor“ aus dem Westen die Existenz der Sowjetunion und seiner Verbündeten gefährdete. Die Ursachen für diese Veränderung 81 Präsident der Russischen Föderation (2014), a.a.O., S. 16. 82 Präsident der Russischen Föderation (2014), a.a.O., S. 21. 83 Präsident der Russischen Föderation (2014), a.a.O., S. 16 f. 84 Klein (2015), a.a.O., S. 3. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 24 dürften nach Auffassung von Politikwissenschaftlern einerseits in einer veränderten Bedrohungswahrnehmung der Kremlführung liegen, die durch die Osterweiterung von NATO und EU um ihren weltpolitischen oder gar um ihren regionalen Einfluss fürchtet, sowie andererseits in den ungelösten innenpolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes, die es durch sein militärisches Muskelspiel zu kompensieren sucht. Die folgende Tabelle stellt zusammenfassend die Kernaussagen der Militärdoktrinen gegenüber und fokussiert hierbei insbesondere auf die perzipierten Gefahren und Bedrohungen, die aus russischer Sicht möglichen Einsatzszenarien, das jeweilige Gegner- bzw. Feindbild sowie auf den in dem jeweiligen Zeitraum gewählten Tenor. Militärdoktrin (Zeitraum / Herausgabedatum ) politische bzw. militärstrategisch/ operative Ausrichtung Hauptquellen der Kriegsgefahr / Bedrohungen Einsatzszenarien Sprache/Rhetorik(Gegner-/Feindbild) 1970er Jahre politisch: defensiv mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare und konventionelle Gegenschlagsfähigkeit ). nuklearer Erstschlag der NATO; Zweifrontenkrieg (NATO, China); durch den Westen ausgelöste lokale Kriege, die sich zu einem Weltkrieg entwickeln können; politische Instabilitäten innerhalb des Warschauer Paktes (WP). interkontinental-strategischer Nuklearkrieg; innerhalb des WP Stabilisierung kommunistischer Regime; außerhalb des WP Unterstützung befreundeter Regime oder revolutionärer Volksaufstände. Gegner-/Feindbild: konkret: NATO, USA Sprache/Rhetorik gegenüber dem Westen: „westlicher/imperialistischer Aggressor“; „militärische Auseinandersetzung mit der NATO nur als ein vom Imperialismus entfesselter Krieg denkbar“; „nukleare Vergeltung.“ 1980–1986 politisch: defensiv mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare und konventionelle Gegenschlagsfähigkeit ); sowie offensiv (konventionelle Fähigkeiten u.a. zur Machterweiterung in der Dritten Welt). siehe oben, zusätzlich: euro-strategischer Nuklearkrieg; konventionelle Auseinandersetzung mit dem Systemgegner. Militärdoktrin des Warschauer Pakt Mai 1987 politisch: defensiv („reasonable sufficiency“) mil.-strat./operativ: „sufficient forces for safeguarding the security of the country“, d.h. grundsätzlich defensiv, aber mit Fähigkeit zum nuklearen und konventionellen Gegenschlag . nuklearer Erstschlag oder konventioneller Angriff der NATO auf das Territorium eines WP-Mitgliedstaates; politische Instabilitäten innerhalb des WP. Verteidigung der WP- Mitgliedstaaten; bei Angriff auf WP- Mitgliedstaat Gegenschlag bis zur Vernichtung des Gegners. Gegner-/Feindbild: abstrakt: „innerer Feind“ und „Aggressor, dem… Sprache/Rhetorik: … eine vernichtende Abfuhr erteilt wird.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 25 Militärdoktrin (Zeitraum / Herausgabedatum ) politische bzw. militärstrategisch/ operative Ausrichtung Hauptquellen der Kriegsgefahr / Bedrohungen Einsatzszenarien Sprache/Rhetorik(Gegner-/Feindbild) Russische Militärdoktrin Entwurf Mai 1992 politisch: offensiv mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare Erstschlagsfähigkeit und konventionelle Fähigkeiten zur Gegenoffensive); sowie „offensiv“ (konventionelle Fähigkeiten zur Durchsetzung eigener Sicherheitsinteressen an der eigenen Peripherie und zur Herstellung der Sicherheit im Innern). weltweites/regionales Dominanzstreben von Bündnissen/Staaten; Stationierung fremder Truppen auf dem Territorium russischer Nachbarländer sowie Konzentrierung fremder Streitkräfte an der russischen Grenze; geopolitische Instabilitäten als Folge fortgesetzter Aufrüstung einzelner Staaten; Proliferation; politischer, wirtschaftlicher Druck gegen Russland; Verletzung von Rechten und Interessen russischer Staatsbürger oder sich selbst ethnisch und kulturell mit Russland identifizierender Personen. interkontinental-strategischer Nuklearkrieg; euro-strategischer Nuklearkrieg; konventioneller zwischenstaatlicher Krieg; Intervention im „Nahen Ausland“ zur Durchsetzung eigener Interessen (Beispiele: russische Streitkräfte seit 1992 im Einsatz in Südossetien u. Transnistrien ). Gegner-/Feindbild: konkret: keines; abstrakt: „innerer Feind“ und „weltweit oder regional nach Dominanz strebende Bündnisse oder Staaten“ Sprache/Rhetorik: weitgehender Rhetorikverzicht aufgrund des Interesses an einer „strategischen Partnerschaft“ mit dem Westen. Russische Militärdoktrin 2. November 1993 politisch: defensiv mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare Erstschlagsfähigkeit und konventionelle Fähigkeit zur Gegenoffensive); sowie „offensiv“ (konventionelle Fähigkeiten zur Durchsetzung eigener Sicherheitsinteressen an der eigenen Peripherie und zur Herstellung der Sicherheit im Innern ). siehe oben, zusätzlich: Erweiterung militärischer Allianzen unter Beeinträchtigung der Interessen der militärischen Sicherheit der Russlands, nationalistische, separatistische und andere auf eine Destabilisierung der inneren Lage und auf eine Verletzung der territorialen Integrität abzielende Organisationen. siehe oben, zusätzlich: Einsatz im Inneren gegen nationalistische, separatistische, terroristische Organisationen . Gegner-/Feindbild: kein konkretes; abstrakt: „innerer Feind“ und „weltweit oder regional nach Dominanz strebende Bündnisse oder Staaten“ Sprache/Rhetorik: „Ab Herbst 1993 ließ sich die Kremlführung vermehrt negativ zu den Erweiterungsplänen der NATO aus; zum beherrschenden außenpolitischen Thema wurde die NATO-Osterweiterung schließlich im Laufe des Jahres 1994.“ Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 26 Militärdoktrin (Zeitraum / Herausgabedatum ) politische bzw. militärstrategisch/ operative Ausrichtung Hauptquellen der Kriegsgefahr / Bedrohungen Einsatzszenarien Sprache/Rhetorik(Gegner-/Feindbild) Russische Militärdoktrin 20. April 2000 politisch: grundsätzlich defensiv, aber offensiv im Zusammenhang mit Interessendurchsetzung und Erhalt/ Ausbau der eigenen Einflusssphäre mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare Erstschlagsfähigkeit und konventionelle Fähigkeit zur Gegenoffensive); „offensiv“ (konventionelle Fähigkeiten zur Durchsetzung eigener Sicherheitsinteressen an der eigenen Peripherie sowie innerhalb der RF). Verletzen (Ignorieren) russischer Sicherheitsinteressen ; Erweiterung von militärischen Bündnissen zum Schaden der militärischen Sicherheit der RF; Streitkräftekonzentrationen in Grenznähe; territoriale Ansprüche gegenüber der RF und Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten ; bewaffnete Konflikte in Nähe der Staatsgrenzen der RF sowie Instabilitäten innerhalb der RF; Diskriminierung und Unterdrückung russischer Bürger im Ausland ; internationaler Terrorismus . „großer“ (interkontinental -strategischer) Krieg, der zunächst mit konventionellen, bei Eskalation auch mit nuklearen Kampfmitteln geführt wird; „regionaler“ (eurostrategischer ) konventionell und/oder nuklear geführter Krieg; „lokaler Krieg“ innerhalb der Grenzen der kämpfenden Staaten (in regionalen und lokalen Konflikten strebt die RF die Neutralisierung des Aggressors und eine Regulierung zu Bedingungen an, die den Interessen der RF entsprechen); „innere bewaffnete Konflikte“ gegen nationalistische , separatistische , terroristische Organisationen ; Teilnahme an friedenssichernden Maßnahmen. Gegner-/Feindbild: kein konkretes; abstrakt: „innerer Feind“ und „alle Bündnisse und Staaten, deren Politik gegen die nationalen Interessen der RF und seine Sicherheit gerichtet ist und der VN- Charta widerspricht“ Sprache/Rhetorik: Operation Allied Force als „Akt der Aggression der NATO“; „Verletzung der NATO-Russland- Grundakte“; „Verletzung der VN- Charta“; „USA streben nach einer monopolaren Weltordnung.“ Russische Militärdoktrin 5. Februar 2010 siehe oben, zusätzlich: strategisches Raketenabwehrsystem ; Nichteinhaltung internationaler Abrüstungsund Rüstungskontrollvereinbarungen ; Demonstration militärischer Stärke mit provokatorischen Zielen, beispielsweise durch Übungen auf dem Gebiet an Russland angrenzender Staaten. siehe oben, zusätzlich: „Zum Schutz der Interessen der RF und ihrer Bürger […] können Formationen der Streitkräfte der RF operativ außerhalb der Grenzen der RF eingesetzt werden.“ Gegner-/Feindbild: konkret: NATO; abstrakt: USA; „innerer Feind“ Sprache/Rhetorik: USA „streben nach einer monopolaren Weltherrschaft“, haben VN-Charta (Irak 2003) verletzt und „Grenzen in allen Sphären überschritten “; globale Raketenabwehr ist Auslöser für ein neues Wettrüsten NATO-Osterweiterung verletzt die NATO- Russland-Grundakte, wirkt provozierend, gefährdet Vertrauen. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 27 Militärdoktrin (Zeitraum / Herausgabedatum ) politische bzw. militärstrategisch/ operative Ausrichtung Hauptquellen der Kriegsgefahr / Bedrohungen Einsatzszenarien Sprache/Rhetorik(Gegner-/Feindbild) Russische Militärdoktrin 25. Dezember 2014 politisch: grundsätzlich defensiv, aber offensiv im Zusammenhang mit Interessendurchsetzung und Erhalt/ Ausbau der eigenen Einflusssphäre mil.-strat./operativ: „offensive Verteidigung“ (nukleare Erstschlagsfähigkeit und konventionelle Fähigkeit zur Gegenoffensive ); „offensiv“ (konventionelle Fähigkeiten zur Durchsetzung eigener Sicherheitsinteressen an der eigenen Peripherie sowie innerhalb der RF). Verletzen /Ignorieren russischer Sicherheitsinteressen ; Erweiterung von militärischen Bündnissen zum Schaden der militärischen Sicherheit der RF; Streitkräftekonzentrationen in Grenznähe zur RF, Demonstration militärischer Stärke mit provokatorischen Zielen im Verlauf von Übungen auf Territorien von an Russland angrenzenden Staaten; territoriale Ansprüche gegenüber der RF und Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten ; bewaffnete Konflikte in Nähe der Staatsgrenzen der RF sowie Instabilitäten innerhalb der RF; Aktivitäten terroristischer Organisationen und Einzelpersonen, die auf die Untergrabung der Souveränität sowie die Verletzung der Einheit und territorialen Integrität gerichtet ist; Verlagerung militärischer Gefahren und Bedrohungen auf den Informationsraum und die innere Sphäre der RF. „großer“ (interkontinental -strategischer) Krieg, der zunächst mit konventionellen und bei Eskalation auch mit nuklearen Kampfmitteln geführt wird; „regionaler“ (eurostrategischer ) konventionell und/oder nuklear geführter Krieg; „lokaler Krieg“ innerhalb der Grenzen der kämpfenden Staaten; „innere bewaffnete Konflikte“ gegen nationalistische , separatistische , terroristische Organisationen ; Teilnahme an internationalen friedensschaffenden Aktivitäten; Einsatz der Streitkräfte , anderer Truppen und Organe für die Gewährleistung des Schutzes ihrer Bürger, die sich außerhalb der Grenzen der RF aufhalten. Gegner-/Feindbild: konkret: NATO; abstrakt: USA; „führende Länder“ „innerer Feind“ Sprache/Rhetorik: westliche Destabilisierung von Staaten, in denen die RF politische /wirtschaftliche Interessen verfolgt; Sturz legitimer Organe der Staatsmacht / Installierung von Regimen in an Russland angrenzenden Staaten; ‚führende Staaten‘ bedrohen unabhängige Staaten mit einer Vielzahl an Instrumenten, heizen das Protestpotenzial der Bevölkerung an und fördern radikale und extremistische Organisationen; Erhöhung der Angriffskapazitäten der NATO; Androhung von Atomwaffeneinsatz gegenüber sich am globalen Raketenabwehrsystem der NATO beteiligenden Ländern. Tabelle 1: Vergleichende Gegenüberstellung der sowjetischen und russischen Militärdoktrinen seit den 1970er Jahren Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 - 3000 - 052/15 Seite 28 Literatur- und Quellenverzeichnis AG Friedensforschung (2007): Russlands Rolle in der Weltpolitik. Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der 43. 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