© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 051/16 Zur Rolle des Schiedsgerichtshofs für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden im Hinblick auf die Reparationsforderungen Griechenlands Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 2 Zur Rolle des Schiedsgerichtshofs für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden im Hinblick auf die Reparationsforderungen Griechenlands Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 051/16 Abschluss der Arbeit: 8. April 2016 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs 5 2.1. Verfahren zur Auslegung oder Anwendung des LondSchAbk oder seiner Anlagen 5 2.1.1. Streitverfahren 5 2.1.2. Gutachtenverfahren 6 2.2. Verfahren zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Auslegung von Anlage IV des LondSchAbk 6 2.3. Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen der Gemeinsamen Kommission, die Fragen von allgemeiner oder grundsätzlicher Bedeutung betreffen 6 3. Verfahrensvoraussetzungen 7 3.1. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen 7 3.2. Besondere Verfahrensvoraussetzungen 7 4. Bindung an die Entscheidungen des Schiedsgerichtshofs 7 5. Fazit 8 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 4 1. Einführung Seit einiger Zeit wird diskutiert, ob Griechenland von Deutschland wegen der Ereignisse im Zweiten Weltkrieg Reparationsleistungen verlangen kann. Während die Bundesregierung den Standpunkt vertritt, sämtliche Reparationsansprüche Griechenlands seien mittlerweile erledigt,1 werden von griechischer Seite deutsche Reparationsverpflichtungen in bis zu dreistelliger Milliardenhöhe ins Spiel gebracht.2 Art. 5 Abs. 2 des am 27. Februar 1953 in London unterzeichneten Abkommens über deutsche Auslandsschulden3 (LondSchAbk) bestimmt, dass eine Prüfung der aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen von Staaten, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden oder deren Gebiet von Deutschland besetzt war, „bis zu der endgültigen Regelung der Reparationsfrage zurückgestellt“ wird. Zu den zentralen Punkten der gegenwärtigen Diskussion zählt, welche Bedeutung diese Rückstellungsanordnung hat und ob die „Reparationsfrage“ in Folge des Zwei-plus-Vier-Vertrags4 im Sinne der genannten Vorschrift „endgültig geregelt“ 5 worden ist. 6 Art. 28 LondSchAbk bestimmt die Einrichtung eines Schiedsgerichtshofs. Der vorliegende Sachstand stellt dar, welche Rolle diesem Schiedsgerichtshof im Hinblick auf die Reparationsforderungen Griechenlands zukommt. 1 Laut der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/324 – Aus dem Zweiten Weltkrieg herrührende mögliche Ansprüche Griechenlandsauf Reparationen und Rückzahlung einer Zwangsanleihe, BT-Drucksache 18/451 vom 6. Februar 2014, S. 4, http://dip21.bundestag .de/dip21/btd/18/004/1800451.pdf (Stand: 8. April 2016), soll die Reparationsfrage zwischenzeitlich „ihre Berechtigung verloren“ haben. 2 In einer Studie, die die griechische Sonntagszeitung «To Vima» im März 2015 veröffentlichte, wurden die Gesamtforderungen gegen Deutschland mit 269 bis 332 Milliarden Euro beziffert, siehe Spiegel Online vom 11. März 2015, 11:01 Uhr, online abrufbar unter http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-tsipras-machtreparationen -wieder-zum-thema-a-1022876.html (Stand: 8. April 2016). Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas nannte in einer Rede vor dem griechischen Parlament am 6. April 2015 eine Summe von 278,7 Milliarden Euro, siehe Zeit Online vom 7. April 2015, 1:44 Uhr, online abrufbar unter http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-04/griechenland-deutschland-reparationsschuld (Stand: 8. April 2016). 3 BGBl. 1953 II, S. 331. Das Abkommen ist für Griechenland am 21. April 1956 in Kraft getreten, siehe die Bekanntmachung über seinen Geltungsbereich vom 4. Juli 1956, BGBl. 1956 II, 864. 4 Vertrag vom 12. September 1990 über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland (BGBl. 1990 II, S. 1318), in Kraft seit dem 15. März 1991 (BGBl. 1991 II, S. 587). 5 Dieser Auffassung neigt die deutsche Rechtsprechung zu. Nach BGH, Urteil vom 26. Juni 2003 – III ZR 245/98 –, BGHZ 155, 279-300 m.w.N. kommt Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk in seiner rechtlichen Wirkung einem - bis zum Zustandekommen der "endgültigen Regelung der Reparationsfrage“ geltenden - Stillhalteabkommen (Moratorium ) gleich, das durch Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrags gegenstandslos geworden ist. 6 Zu weiteren Aspekten der Diskussion siehe die Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 26. Juni 2013 zum Thema „Zu den völkerrechtlichen Grundlagen und Grenzen kriegsbedingter Reparationen unter besonderer Berücksichtigung des griechisch-deutschen Verhältnisses“, WD 2 – 3000 – 041/13 und vom 11. Dezember 2013 zum Thema „Zur griechischen Zwangsanleihe von 1942“, WD 2 - 3000 - 051/16. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 5 2. Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs Das LondSchAbk sieht sechs verschiedene Schiedskörper vor, nämlich die vier in den Anlagen I bis IV des Abkommens erwähnten besonderen Schiedsinstanzen, die Gemischte Kommission gemäß Art. 31 LondSchAbk7 und den Schiedsgerichtshof gemäß Art. 28 LondSchAbk.8 Während die besonderen Schiedsinstanzen Streitigkeiten zwischen Gläubigern und Schuldnern aus einem bestimmten Schuldverhältnis entscheiden, befasst sich der Schiedsgerichtshof mit Auslegungsdifferenzen zwischen den Vertragsparteien des LondSchAbk. An die Gemischte Kommission können sich die Parteien eines bestimmten Schuldverhältnisses, die Vertragsparteien des Lond- SchAbk sowie schließlich auch die besonderen Schiedsinstanzen wenden. Nach Art. 28 Abs. 2 bis 5 LondSchAbk ist der Schiedsgerichtshofs für drei Verfahrensarten zuständig : 2.1. Verfahren zur Auslegung oder Anwendung des LondSchAbk oder seiner Anlagen 2.1.1. Streitverfahren Gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 LondSchAbk ist der Schiedsgerichtshof zunächst zuständig für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien des LondSchAbk über die Auslegung desselben oder seiner Anlagen. Diese Zuständigkeit erfährt jedoch zwei Einschränkungen: Gemäß Art. 28 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 LondSchAbk sind Streitigkeiten über die Auslegung der Konsultationsverpflichtung im Sinne des Art. 34 LondSchAbk ausgenommen. Nach dieser Vorschrift haben die hauptsächlich beteiligten Vertragsparteien des LondSchAbk in Beratungen einzutreten, wenn die Regierung der Bundesrepublik Deutschland oder die Regierung eines Gläubigerstaates, auf den ein wesentlicher Anteil an den vom LondSchAbk erfassten Schulden entfällt, um entsprechende Beratungen ersucht.9 Ob ein Fall des Art. 34 LondSchAbk gegeben ist, unterliegt gemäß Art. 28 Abs. 7 LondSchAbk der Einschätzungsprärogative des Schiedsgerichtshofs.10 Gemäß Art. 28 Abs. 5 S. 1 LondSchAbk ist der Schiedsgerichtshof auch nicht zuständig für Streitigkeiten , die sich ausschließlich auf die Auslegung oder Anwendung einer (einzelnen) Anlage 7 Die Gemischte Kommission ist keine Kammer oder sonstige Untergliederung des Schiedsgerichtshofs, sondern ein nach sachlicher und funktioneller Zuständigkeit eigenständiges Gericht, siehe dazu Hallier, Die zwischenstaatlichen Schiedsgerichte des Abkommens über die deutschen Auslandsschulden, ZaöRV Band 19 (1958), S. 712, online abrufbar unter http://www.zaoerv.de/19_1958/19_1958_4_b_708_727.pdf (Stand: 8. April 2016). 8 Zu den entstehungsgeschichtlichen Gründen für diese Vielzahl von Schiedskörpern siehe Hallier (Fn. 7) S. 708. 9 Art. 34 lit. (a) LondSchAbk. Lit (b) der Vorschrift regelt Einzelheiten für den Fall, dass die beantragten Beratungen eine Lage betreffen, in der die Bundesrepublik Deutschland Schwierigkeiten bei der Erfüllung ihrer Auslandsverbindlichkeiten geltend macht. 10 Die Vorschrift lautet: „Der Schiedsgerichtshof hat das Recht, Fragen, die sich auf seine Zuständigkeit beziehen, nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels selbst zu entscheiden.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 6 des LondSchAbk beziehen, sofern nach dieser Anlage eine besondere Schiedsinstanz errichtet11 und für die Entscheidung der betreffenden Auslegungs- bzw. Anwendungsfrage zuständig ist.12 Nach der Rechtsprechung des Schiedsgerichtshofs kommt diese Zuständigkeitsbegrenzung allerdings nur selten zum Tragen, da die Anlagen des LondSchAbk in der Regel nicht einzeln, sondern nur in Verbindung miteinander und mit den Bestimmungen des LondSchAbk ausgelegt werden können.13 Im Übrigen stellt Art. 28 Abs. 5 S. 2 LondSchAbk klar, dass der Schiedsgerichtshof nicht an der Feststellung gehindert ist, die Entscheidung einer besonderen Schiedsinstanz stehe im Widerspruch zu Bestimmungen des LondSchAbk. 2.1.2. Gutachtenverfahren Des Weiteren fällt es gemäß Art. 28 Abs. 11 LondSchAbk in die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs , Gutachten zur Auslegung des LondSchAbk und dessen Anlagen zu erstatten. Auch hiervon ist allerdings die Auslegung der Konsultationsverpflichtung nach Art. 34 LondSchAbk ausgenommen. 2.2. Verfahren zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Auslegung von Anlage IV des LondSchAbk Gemäß Art. 28 Abs. 3 LondSchAbk ist der Schiedsgerichtshof darüber hinaus zuständig für Verfahren über „die in Art. 16 Abs. 2 der Anlage IV dieses Abkommens erwähnten Fragen, die für die Auslegung der genannten Anlage grundsätzliche Bedeutung haben“. Gegenstand der Anlage IV des LondSchAbk sind Forderungen aus dem Waren- und Dienstleistungsverkehr (Kap. A Art. 1), Forderungen aus dem privaten Kapitalverkehr (Kap. A Art. 2), „Erträgnisse “ aus Vermögensanlagen (Kap. A Art. 3) sowie weitere Geldforderungen, die nicht in diesen drei genannten Artikeln oder anderen Anlagen des LondSchAbk erwähnt, aber ihrem Charakter nach mit solchen Forderungen vergleichbar sind (Kap. A Art. 3). 2.3. Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen der Gemeinsamen Kommission, die Fragen von allgemeiner oder grundsätzlicher Bedeutung betreffen Gemäß Art. 28 Abs. 4 LondSchAbk ist der Schiedsgerichtshof schließlich für das „Anrufungsverfahren “ gemäß Art. 31 Abs. 7 LondSchAbk zuständig. Nach dieser Vorschrift kann der Schiedsgerichtshof gegen Entscheidungen der Gemeinsamen Kommission angerufen werden, die Fragen von allgemeiner oder grundsätzlicher Bedeutung betreffen. 11 Dies setzt voraus, das die besondere Schiedsinstanz über ihre bloße Erwähnung im LondSchAbk hinaus auch tatsächlich eingerichtet worden ist, siehe Hallier (Fn. 7) S. 714. 12 Gemäß Art. 28 Abs. 5 S. 1 LondSchAbk bleibt die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs für Verfahren nach Art. 28 Abs. 3 und 4 LondSchAbk (s.u. 2.2. und 2.3.) davon unberührt. 13 Schiedsgerichtshof, Urteil vom 3. Juli 1958, Schiedsgerichtshof und Gemischte Kommission für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, Entscheidungen und Gutachten Nr. 1 (1958), S. 31. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 7 Die Gemeinsame Kommission ihrerseits ist gemäß Art. 31 Abs. 2 LondSchAbk zuständig für Entscheidungen - bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Gläubigern und Schuldnern über die Auslegung der Anlage IV des LondSchAbk, - in Fällen, die Gegenstand eines Verfahrens vor einem gemäß Art. 17 der Anlage IV des LondSchAbk errichteten Schiedsgericht sind und der Gemischten Kommission unter Berufung darauf vorgelegt werden, dass sie grundsätzliche Bedeutung für die Auslegung der Anlage IV haben. 3. Verfahrensvoraussetzungen 3.1. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen Die Durchführung sämtlicher in die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs fallender Verfahren setzt voraus, dass (mindestens) eine Vertragspartei des LondSchAbk den Schiedsgerichtshof anruft . Für die Verfahren nach Art. 28 Abs. 2, 3 und 11 LondSchAbk ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschriften, für das Verfahren nach Art. 28 Abs. 4 LondSchAbk aus der dortigen Bezugnahme auf Art. 31 Abs. 7 LondSchAbk. 3.2. Besondere Verfahrensvoraussetzungen Streitverfahren zur Auslegung oder Anwendung des LondSchAbk oder seiner Anlagen (s.o. 2.1.1.) sind erst dann zulässig, wenn die betroffenen Vertragsparteien des LondSchAbk erfolglos versucht haben, eine Einigung im Wege diplomatischer Verhandlungen herbeizuführen. Wie der Schiedsgerichtshof im Jahr 1958 klargestellt hat, setzt dies nicht voraus, dass ein Fehlschlagen der Verhandlungen ausdrücklich festgestellt wurde. Vielmehr reicht es aus, wenn nach den Umständen anzunehmen ist, eine Fortsetzung der Verhandlungen werde nicht zu einer Beilegung der Streitigkeit führen.14 Anrufungsverfahren (s.o. 2.3.) müssen gemäß Art. 31 Abs. 7 LondSchAbk binnen einer Frist von 30 Tagen nach Erlass der angegriffenen Entscheidung der Gemischten Kommission eingeleitet werden. Des Weiteren muss die den Schiedsgerichtshof anrufende Partei geltend machen, die Entscheidung der Gemischten Kommission betreffe eine Frage von allgemeiner oder grundsätzlicher Bedeutung. 4. Bindung an die Entscheidungen des Schiedsgerichtshofs Anders als die Gutachten des Schiedsgerichtshofs15 haben seine Entscheidungen bindende Wirkung . In Streitverfahren zur Auslegung oder Anwendung des LondSchAbk oder seiner Anlagen (s.o. 2.1.1.) sowie in Verfahren zu Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die Auslegung von 14 Schiedsgerichtshof, Urteil vom 3. Juli 1958, Schiedsgerichtshof und Gemischte Kommission für das Abkommen über deutsche Auslandsschulden, Entscheidungen und Gutachten Nr. 1 (1958), S. 28 f. 15 Art. 28 Abs. 11 S. 2 LondSchAbk bestimmt ausdrücklich, dass die Gutachten keine bindende Wirkung haben. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 8 Anlage IV des LondSchAbk (s.o. 2.2.) erstreckt sich die Bindungswirkung auf die Verfahrenspartei (en) sowie auf jede weitere an dem Verfahren teilnehmende Vertragspartei des LondSchAbk.16 Entscheidungen in Anrufungsverfahren (s.o. 2.3.) binden dagegen nur die Verfahrenspartei(en).17 5. Fazit Eine Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Griechenland Reparationsleistungen von Deutschland verlangen kann, fällt nicht in die Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs . Denn diese beschränkt sich auf die Auslegung und Anwendung des Lond- SchAbk, welches keine eigenen Zahlungsansprüche vorsieht, sondern lediglich Bestimmungen über den Umgang mit anderweitig begründeten Zahlungsansprüchen enthält. Zudem findet das Abkommen gemäß Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk keine Anwendung auf Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Die eingangs erwähnten beiden Diskussionspunkte – welche Bedeutung die Rückstellungsanordnung gemäß Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk hat und ob im Sinne dieser Vorschrift die „Reparationsfrage“ in Folge des Zwei-plus-Vier-Vertrags „endgültig geregelt“ worden ist – könnten zum Gegenstand eines Streit- oder Gutachtenverfahrens18 vor dem Schiedsgerichtshof gemacht werden. Denn dabei geht es um die Auslegung des Art. 5 Abs. 2 Lond- SchAbk, und die insoweit bestehende Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs wird auch nicht durch Art. 28 Abs. 5 S. 1 LondSchAbk (s.o. 2.1.) eingeschränkt: Zwar befasst sich die Anlage VIII des LondSchAbk mit einem bestimmten Aspekt der Auslegung von Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk.19 Zum einen liegt der für die Klärung der genannten Diskussionspunkte relevante Auslegungsschwerpunkt aber nicht auf diesem Aspekt. Zum anderen weist die Anlage VIII die Auslegung des Art. 5 Abs. 2 LondSchAbk nicht – wie von Art. 28 Abs. 5 S. 1 LondSchAbk vorausgesetzt – einer besonderen Schiedsinstanz zu. Eine Entscheidung, ob sich aus dem LondSchAbk eine Verpflichtung Deutschlands ergibt, mit Griechenland in Verhandlungen über etwaige Reparationsansprüche einzutreten, ist durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 LondSchAbk der Zuständigkeit des Schiedsgerichtshofs entzogen, falls entsprechende Verhandlungen der Konsultationsverpflichtung unterfallen. Ob letzteres tatsächlich der Fall ist, obliegt der Einschätzung des Schiedsgerichtshofs (s.o. 2.1.). Ein Streit- oder Gutachtenverfahren vor dem Schiedsgerichtshof könnte nur durch eine Vertragspartei des LondSchAbk eingeleitet werden. 16 Siehe Art. 28 Abs. 8 lit. (a) bzw. (b) LondSchAbk. 17 Siehe Art. 28 Abs. 8 lit. (c) LondSchAbk. Die Rechtskraft der Entscheidungen der Gemischten Kommission selbst ist in Art. 31 Abs. 6 LondSchAbk geregelt. 18 Gemäß Art. 28 Abs. 2 LondSchAbk bzw. Art. 28 Abs. 11 LondSchAbk (s.o. 2.1.). 19 Der Wortlaut dieser Anlage ist folgender: „Artikel 5 Absatz 2 des Abkommens über deutsche Auslandsschulden darf nicht so ausgelegt werden, als würden dadurch Rechte gemäß den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Rechtsvorschriften oder solche Rechte beeinträchtigt, die aus Abkommen hergeleitet werden können, welche vor der Unterzeichnung des Abkommens über deutsche Auslandsschulden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einer Partei dieses Abkommens unterzeichnet wurden.“ Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 051/16 Seite 9 Ein Streitverfahren wäre überdies nur zulässig, wenn zuvor der diplomatische Verhandlungsweg ausgeschöpft worden ist (s.o. 3.2.). Ende der Bearbeitung