© 2016 Deutscher Bundestag WD 2 - 3000 - 048/16 Abkopplung von Banken von internationalen Zahlungssystemen aufgrund von Sanktionen der Vereinten Nationen (VN) zur Bekämpfung des sogenannten „Islamischen Staates“ (IS) Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. 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VN-Sanktionen gegen Al-Qaida und den sog. „Islamischen Staat“ (IS) 4 2. Zulässigkeit der Abkopplung einer (Zentral-)Bank vom internationalen Zahlungsverkehr auf der Grundlage von VN-Sanktionen 7 3. Überwachung der Umsetzung der VN-Sanktionen 10 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 4 Im Folgenden wird untersucht, ob es auf Grundlage des Völkerrechts zulässig wäre, die Banken im vom IS besetzten Gebiet Syriens und des Irak vom Zahlungsverkehr mit Banken außerhalb des besetzten Gebiets (unter anderem über das SWIFT-System) zu isolieren. In Betracht kommt hierfür vorrangig der Weg über Sanktionen des Sicherheitsrates (SR) der Vereinten Nationen (VN). 1. VN-Sanktionen gegen Al-Qaida und den sog. „Islamischen Staat“ (IS) Beginnend mit Resolution 1267 (1999) verabschiedete der SR unter Kapitel VII der Charta der VN eine Reihe von Resolutionen gegen Al-Qaida, Osama bin Laden bzw. die Taliban.1 Resolution 1267 (1999) verpflichtet alle Mitgliedsstaaten unter anderem, die Finanzmittel und Vermögenswerte aller mit Al-Qaida bzw. den Taliban verbundenen natürlichen oder juristischen Personen einzufrieren (assets freeze).2 Damit richten diese und nachfolgende Anti-Terrorismus-Resolutionen erstmals Wirtschaftssanktionen gezielt gegen Individuen und juristische Personen (sanktionierte bzw. gelistete Personen) unabhängig von jeglicher Verbindung mit einem Staat (targeted sanctions/smart sanctions).3 2004 wurde der sog. „Islamische Staat“ (IS) als terroristische Organisation eingestuft4 und mit Resolution 2170 (2014) dem gleichen Sanktionensystem unterworfen.5 1 Siehe zu den rechtlichen Grundlagen der VN-Sanktionen, insbesondere zu Kapitel VII der Charta der VN, sowie zum Verfahren und zur Geschichte der Sanktionen Alain Pellet/Alina Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: Max Planck Encyclopedia of Public International Law (MPEPIL), Oxford Public International Law, http://opil .ouplaw.com/view/10.1093/law:epil/9780199231690/law-9780199231690-e984?rskey=wgfS2M&result =1&prd=EPIL, Abschnitt C (Rn. 12 ff.). 2 UN Security Council (UNSC), Resolution 1267 (1999) adopted by the Security Council at its 4051st meeting on 15 October 1999, 15.10.1999, S/RES/1267 (1999), http://www.refworld.org/docid/3b00f2298.html, Rn. 4 b: "all States shall: […] (b) Freeze funds and other financial resources, including funds derived or generated from property owned or controlled directly or indirectly by the Taliban, or by any undertaking owned or controlled by the Taliban, …, and ensure that neither they nor any other funds or financial resources so designated are made available, by their nationals or by any persons within their territory, to or for the benefit of the Taliban or any undertaking owned or controlled, directly or indirectly, by the Taliban, except as may be authorized by the Committee on a case-by-case basis on the grounds of humanitarian need." 3 Vgl. Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 36, mit Verweis auf Resolutionen 1390 (2002), 1452 (2002), 1455 (2003), 1526 (2004), 1617 (2005), 1735 (2006), 1904 (2009) und 1989 (2011); Christian Ruffert/Matthias Walter, Institutionalisiertes Völkerrecht, 2. Aufl. 2015, München: C.H.Beck, Rn. 433, 437. 4 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke u.a. und der Fraktion DIE LINKE., BT-Drs. 18/4314 vom 16.03.2015, beantwortet vom Auswärtigen Amt am 12. März 2015, Finanzquellen der Terrororganisation Islamischer Staat, http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/043/1804314.pdf, Antwort auf die Frage 6 f, S. 5. 5 Siehe dazu die Pressemitteilung des SR, Security Council Adopts Resolution 2170 (2014) Condemning Gross, Widespread Abuse of Human Rights by Extremist Groups in Iraq, Syria, SC/11520, http://www.un.org/press/en/2014/sc11520.doc.htm sowie UNSC, Security Council resolution 2170 (2014) [on threats to international peace and security caused by terrorist acts by Al-Qaida], 15.08.2014, S/RES/2170 (2014), http://www.refworld.org/docid/53f729b84.html, Rn. 18 ff. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 5 Der SR hat die mitgliedstaatlichen Verpflichtungen bei der Bekämpfung des sog. IS in insgesamt sechs Resolutionen konkretisiert, von denen die folgenden drei für das asset freezing von besonderer Bedeutung sind6: - In Resolution 2170 (2014) bekräftigte der SR frühere Resolutionen, wonach alle Staaten sicherstellen müssen, dass dem sog. IS, Al Nusra und anderen Al-Qaida-nahen natürlichen oder juristischen Personen, Unternehmungen und Gruppierungen durch Staatsangehörige bzw. Personen oder Gruppierungen auf ihrem Territorium weder direkt noch indirekt Finanzmittel, Vermögenswerte oder wirtschaftliche Ressourcen zugänglich gemacht werden. Ferner seien alle Staaten verpflichtet, die direkte oder indirekte Unterstützung von Personen oder Gruppierungen, die Terrorakte selbst begehen, planen oder unterstützen , unter anderem durch Zugänglichmachen solcher Finanzquellen zu verbieten.7 - Resolution 2199 (2015) fordert die Mitgliedsstaaten dazu auf, durch geeignete Schritte sicherzustellen , dass Finanzeinrichtungen auf ihrem Staatsgebiet die genannten Personen und Gruppierungen am Zugang zum internationalen Finanzsystem hindern.8 - Resolution 2253 (2015) enthält detaillierte Ausführungen zum Einfrieren von Finanzmitteln . Zum einen erläutert der SR in deutlicheren Worten als zuvor den Umfang der staatlichen Verpflichtungen, insbesondere der Gewährleistungspflicht, die Bereitstellung oder das Zugänglichmachen von Finanzmitteln und Vermögenswerten durch Private zu verhindern .9 Zum anderen fordert er die Mitgliedsstaaten zu härterem und entschiedenerem Vorgehen beim Unterbrechen der Finanzströme zu sanktionierten Personen und Gruppierungen auf. Hierbei sollen die Staaten die bestehenden internationalen Standards, insbesondere der Financial Action Task Force (FATF; siehe dazu unten 3.) berücksichtigen, 6 Eine Übersicht aller Resolutionen – auch zu Al Qaida und den Taliban – mit Zusammenfassung findet sich auf der Seite des Sanktionsausschusses unter https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267/resolutions. 7 UNSC, Security Council resolution 2170 (2014) [on threats to international peace and security caused by terrorist acts by Al-Qaida], 15.08.2014, S/RES/2170 (2014), http://www.refworld.org/docid/53f729b84.html, Rn. 12, mit Verweis auf Resolutionen 2161 (2014) und 1373 (2001): “12. Recalls its decision in resolution 2161 (2014) that all States shall ensure that no funds, financial assets or economic resources are made available, directly or indirectly for the benefit of ISIL, ANF, or any other individuals , groups, undertakings and entities associated with Al-Qaida, by their nationals or by persons within their territory, and reaffirms its decision in resolution 1373 (2001) that all States shall prohibit their nationals or any persons and entities within their territories from making any funds, financial assets or economic resources or financial or other related services available, directly or indirectly, for the benefit of persons who commit or attempt to commit or facilitate or participate in the commission of terrorist acts, or for the benefit of entities owned or controlled, directly or indirectly, by such persons and of persons and entities acting on behalf of or at the direction of such persons;” 8 UNSC, Security Council resolution 2199 (2015) [on threats to international peace and security caused by terrorist acts by Al-Qaida], 12.02.2015, S/RES/2199 (2015), http://www.refworld.org/docid/54ef1f704.html, Rn. 23. 9 UNSC, Security Council resolution 2253 (2015) [on renaming of Al-Qaida Sanctions Committee as "1267/1989/2253 ISIL (Da'esh) and Al-Qaida Sanctions Committee" and the Al-Qaida Sanctions List as "ISIL (Da'esh) and Al-Qaida Sanctions List" and on extension of the mandate the Office of the Ombudsperson for a period of 24 months from the date of expiration of its current mandate in Dec. 2017], 17.12.2015, S/RES/2253 (2015), http://www.refworld.org/docid/56ec00684.html, Rn. 2 a, 9, 13, 19. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 6 um den Missbrauch alternativer Zahlungs- und Überweisungssysteme und die Umgehung von Sanktionen zu verhindern.10 Der SR drängt die Mitgliedsstaaten zur weiteren Verbreitung und Information über die Sanktionsliste (ISIL [Da ’esh] & Al-Qaida Sanctions List) im öffentlichen und privaten Sektor, um die effektive Umsetzung der Sanktionen durch regelmäßige Überprüfung der Datensätze zu fördern.11 Abschließend betont er die Notwendigkeit einer starken Kooperation mit dem privaten Sektor im Bereich der Terrorismusfinanzierung und ruft die Mitgliedsstaaten zum Informationsaustausch mit Finanzeinrichtungen sowie zur Fortbildung hinsichtlich Risikofaktoren und Möglichkeiten bei der Aufdeckung von potentieller Terrorfinanzierung auf.12 Ferner fordert der SR eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten, insbesondere einen sektorübergreifenden internationalen Informationsaustausch und besondere Wachsamkeit bei der Verfolgung von Finanztransaktionen.13 Auf Grundlage der Sanktionen hat der Sanktionsausschuss (siehe dazu unten 3.) eine mehrseitige Erläuterung des assets freeze herausgegeben, die auf Ziele, Inhalt und Ausmaß der staatlichen Verpflichtungen eingeht und dem Sachstand als Anlage beigefügt ist.14 Der Ausschuss weist insbesondere auf die Möglichkeit der Verschleierung (etwa durch Strohmann-Geschäfte oder Stiftungen ) und auf die Verwendung alternativer Überweisungssysteme hin und wiederholt die Forderung des SR, den Missbrauch solcher Systeme zu verhindern, ohne legitimen Handel über diese Kanäle einzuschränken.15 Darüber hinaus wird betont, dass nach den Resolutionen des SR 10 Ebd., Rn. 21: “Calls upon Member States to move vigorously and decisively to cut the flows of funds and other financial assets and economic resources to individuals and entities on the ISIL (Da’esh) & Al-Qaida Sanctions List, as required by paragraph 2 (a), and taking into account relevant FATF Recommendations and international standards designed to prevent the abuse of non -profit organizations, formal as well as informal/alternative remittance systems and the physical trans-border movement of currency, while working to mitigate the impact on legitimate activities through these mediums;” 11 Ebd., Rn. 23. 12 Ebd., Rn. 24. 13 Ebd., Rn. 25: “Recognizes the importance of information sharing within and between governments to effectively counter the financing of terrorism, calls upon Member States to continue exercising vigilance over relevant financial transactions and improve information-sharing capabilities and practices within and between governments through multiple authorities and channels, including law enforcement, intelligence, security services, and financial intelligence units, and also calls upon Member States to improve integration and utilizat ion of financial intelligence with other types of information available to national governments to more effectively counter the terrorist financing threats posed by ISIL, Al -Qaida, and associated individuals, groups, undertakings and entities;“ 14 Assets Freeze: Explanation of Terms, approved by the Al-Qaida Sanctions Committee on 24 February 2015, https://www.un.org/sc/suborg/sites/www.un.org.sc.suborg/files/eot_assets_freeze_-_english.pdf; siehe ferner die Übersichtsseite des Ausschusses zu den Sanktionen unter https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267. 15 Ebd., Rn. 19–21 und insbesondere Rn. 29: Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 7 nicht nur die Finanzströme durch entschiedene staatliche Maßnahmen zu unterbrechen, sondern auch der Transfer von Finanzmitteln und Vermögenswerten durch oder für gelistete Personen zu unterbinden seien.16 2. Zulässigkeit der Abkopplung einer (Zentral-)Bank vom internationalen Zahlungsverkehr auf der Grundlage von VN-Sanktionen Die SR-Resolutionen enthalten, wie gesehen, keine konkreten Verpflichtungen, die in dem von der Auftraggeberin in Bezug genommenen Beitrag des Politmagazins „Kontraste“ benannten Banken vom Transaktionssystem SWIFT abzukoppeln.17 Zudem sind die in dem Beitrag genannten Banken – insbesondere die syrische Zentralbank – selbst nicht in der aktuellen Liste enthalten. Auch nach Angaben der Bundesregierung sind bislang weder durch die VN noch durch die EU (siehe dazu unten) konkrete „Sanktionen gegen Finanzinstitute unter ISIS-Kontrolle beantragt oder eingeleitet“ worden.18 “Member States should be mindful that non-profit organizations, informal/alternative remittance systems and the physical trans-border movement of currency may be subject to abuse by and for terrorists. Member States are strongly encouraged to put into place measures to prevent the abuse of these mediums while ensuring that the conduct of legitimate business through these channels is not undermined. In paragraph 12 of resolution 2161 (2014), the Security Council calls upon Member States to move vigorously and decisively to cut the flows of funds and other financial assets and economic resources to individuals and entities on the Al-Qaida Sanctions List, as required by paragraph 1 (a), and taking into account relevant FATF Recommendations and international standards designed to prevent the abuse of non-profit organizations, informal/alternative remittance systems and the physical trans-border movement of currency, while working to mitigate the impact on legitimate activities through these mediums.” 16 Ebd., Rn. 29 und 21 a. E.: “… This obligation prohibits the transfer of such assets at any time they can be identified as pertaining to a listed party.” 17 Chris Humbs/René Althammer/Nele Husmann, Die Geldquellen des IS, „Kontraste“: Das Magazin aus Berlin, Rundfunks Berlin-Brandenburg, Sendung vom 03.03.2016, Transkript erhältlich unter http://www.rbb-online .de/kontraste/archiv/kontraste-03-03-2016/die-geldquellen-des-is.html. 18 Antwort der Bundesregierung auf Frage 7 b der Kleinen Anfrage „Finanzquellen der Terrororganisation Islamischer Staat“, Fn. 4, S. 7. Siehe für eine aktuelle Gesamtliste der von VN-Sanktionen Betroffenen https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/un-sc-consolidated-list (inkl. Erläuterungen), für den sog. IS https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267/aq_sanctions_list/summaries. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 8 Die Umsetzung der Sanktionen, insbesondere die Gewährleistung ihrer Umsetzung durch natürliche und juristische Personen auf ihrem Territorium, liegt grundsätzlich in den Händen der Mitgliedsstaaten .19 Unterstützung bei der Umsetzung in den Bereichen Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche bieten die Standards der FATF.20 Zieht man Sinn und Zweck der genannten Resolutionen des VN-SR und insbesondere den Wortlaut der Resolutionen 2199 und 2253 (2015) als Orientierung heran, könnte das Abkoppeln einer bestimmten Bank vom SWIFT-System grundsätzlich als zulässige Umsetzungsmaßnahme der VN-Sanktionen betrachtet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dadurch direkt oder indirekt der Finanzstrom zu gelisteten Akteuren unterbrochen wird. In diesem Fall ist der Ermessensspielraum der Staaten bei der Umsetzung der Sanktionen regelmäßig gleichsam auf Null reduziert .21 Allerdings enthalten die Resolutionen, wie gesehen, darüber hinaus kaum spezifische Handlungsaufforderungen und sind insofern nicht ohne Weiteres ohne staatliche Umsetzungsmaßnahmen anwendbar (Stichwort: self-executing).22 Auch in Hinblick auf das Abkoppeln nicht-gelisteter Akteure von Transaktionssystemen enthalten sie keine konkrete Anweisungen; im Übrigen fehlt es an in der Genauigkeit mit Sanktionen der Europäischen Union (EU) vergleichbaren Vorschriften .23 Hinsichtlich der Funktionsweise des SR scheinen ausdrückliche Sanktionen in Bezug auf bestimmte Transaktionssysteme wie SWIFT eher nicht zu erwarten. Problematisch dürfte zudem hinsichtlich des von „Kontraste“ betrachteten Fall sein, dass es sich um die staatliche Zentralbank Syriens handelt. Anders als in dem bislang einzigen Präzedenzfall für die Abkopplung 19 Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 44, zur juristischen Kontrolle dieser Maßnahmen Rn. 52 ff. So auch die Bundesregierung, siehe dazu die Antwort auf die Frage 6 j der Kleinen Anfrage „Finanzquellen der Terrororganisation Islamischer Staat“, Fn. 4, S. 6. Eine Rolle spielt nach der Antwort auf Frage 6 f, S. 5, auch das eigene Monitoring-System der Banken: „In Umsetzung der Sanktionsbeschlüsse werden Zahlungen von und an gelistete Personen durch die Monitoring-Systeme der Banken kontrolliert und ggf. unterbunden .“ Zur Überwachung durch die VN durch den jeweiligen Sanktionsausschuss und den SR selbst siehe 3. 20 Siehe für den Finanztransaktions- und Bankensektor etwa FATF, Guidance for a Risk-Based Approach for Money or Value Transfer Services (2015), http://www.fatf-gafi.org/publications/fatfrecommendations/documents /rba-money-or-value-transfer.html; Guidance for a Risk-Based Approach: The Banking Sector (2014), http://www.fatf-gafi.org/publications/fatfrecommendations/documents/risk-based-approach-banking-sector .html, mit konkreten Empfehlungen hinsichtlich der Finanzströme des sog. IS http://www.fatf-gafi.org/media /fatf/documents/reports/Financing-of-the-terrorist-organisation-ISIL.pdf (S. 28, 32 ff. m.w.N.) und http://www.fatf-gafi.org/publications/fatfgeneral/documents/fatf-action-isil.html, sowie allgemein die International Standards on Combating Money Laundering and the Financing of Terrorism & Proliferation: The FATF Recommendations (2002, Stand: Oktober 2015), http://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/recommendations /pdfs/FATF_Recommendations.pdf. 21 Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 46. 22 Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 45, 46 m. w. N. zu verschiedenen Ansichten zur direkten Anwendbarkeit. 23 Zu den unionrechtlichen Rahmenbedingungen siehe den Beitrag von PE 6 zu diesem Auftrag: PE 6, Isolation von Banken im vom IS besetzten Gebiet Syriens und des Irak vom Zahlungsverkehr mit Banken außerhalb des besetzten Gebiets im Rahmen von Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union (PE 6 – 3000 – 42/16), vom 23.03.2016. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 9 vom SWIFT-System – den Sanktionen gegen den Iran wegen des dortigen Nuklearprogramms24 – ist der Staat Syrien nicht direkter Adressat der Sanktionen. Die Trennung vom internationalen Zahlungsverkehr im Falle des Irans geschah ferner auf der Grundlage konkreterer EU-Sanktionen 25, die sich ihrerseits teilweise auf die VN-Resolutionen stützten26, teilweise jedoch darüber hinausgingen.27 Auch für die den sog. IS betreffenden Resolutionen geht die Bundesregierung offenbar davon aus, dass die Umsetzung der VN-Sanktionen über die EU erfolgt bzw. erfolgen soll.28 Hierbei wären insbesondere die in dem Beitrag von PE 6 (dort S. 5) benannten Erwägungen zum Erfordernis einer konkreten Rechtsgrundlage und zur Verhältnismäßigkeit zu beachten. Dabei könnten im konkreten Fall auch der Charakter der Bank als Zentralbank und die weiteren über die Zentralbank abgewickelten Geschäfte eine Rolle spielen. Lägen solche konkreten Rechtgrundlagen vor bzw. wird die Bank wegen des Umfangs der Finanzströme über das Transaktionssystem selbst zu einem sanktionierten Akteur, obläge es – aus Sicht des Völkerrechts29 – ebenfalls den zuständigen Mitgliedsstaaten, die entsprechenden rechtlichen Schritte hinsichtlich in ihrem Hoheitsbereich befindlicher Akteure einzuleiten.30 24 Siehe dazu Peter A.G. van Bergeijk, Sanctions Against Iran – A Preliminary Economic Assessment, in: On target ? EU sanctions as security policy tools, ISSUE Report N° 25 (2005), EU Institute for Security Studies, http://www.iss.europa.eu/uploads/media/Report_25_EU_Sanctions.pdf, S. 49–56, S. 49, 51, sowie die darauf folgenden Beiträge zur Bewertung der EU-Sanktionspolitik im Iran und in Syrien. 25 Maßgeblich war hier die Verordnung (EU) Nr. 267/2012 des Rates vom 23. März 2012 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 961/2010, Amtsblatt der Europäischen Union vom 24.3.2012, L 88/1, http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32012R0267&from=EN. 26 Siehe dazu ebd., insbesondere Erwägungsgrund 27, das Kapitel „Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen“ (dort Art. 23, 25 und 29), Art. 46 (Übernahme der Liste) und Anhänge VIII und IX. Das konkretere Kapitel „Beschränkungen für Geldtransfers und Finanzdienstleistungen“ enthält dagegen keine direkten Querverweise . Zur Umsetzung von VN-Sanktionen durch EU-Sanktionen sowie zu eigenen (autonomen) EU-Sanktionen am Beispiel der Al-Qaida-/Taliban-Sanktionen siehe Jorge Godinho, When Worlds Collide: Enforcing United Nations Security Council Asset Freezes in the EU Legal Order, European Law Journal, Band 16, Nr. 1 (Januar 2010), S. 67–93. http://www.cesruc.org/uploads/soft/130306/1-130306143044.pdf, S. 73 ff. 27 Zur Zulässigkeit, Funktion und Problematik solcher autonomer Sanktionen durch regionale Institutionen, insbesondere die EU, und als Surrogat für VN-Sanktionen bei Uneinigkeit des SR mit weiteren Beispielen und Nachweisen Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 62–65. 28 Antwort der Bundesregierung auf Frage 6 f („Die Sanktionen des VN-Sicherheitsrates – die über die Europäische Union auch von Deutschland konsequent in nationales Recht umgesetzt werden – beinhalten Vermögenseinfrierungen inklusive Kontensperrungen, Reiseverbote und ein Waffenembargo.“) und 6 h der Kleinen Anfrage „Finanzquellen der Terrororganisation Islamischer Staat“, Fn. 4, S. 5 f. Zur Zulässigkeit und zu den Voraussetzungen für solche unionsrechtlichen Sanktionen gegen den sog. IS siehe wiederum PE 6 – 3000 – 42/16), Fn. 23. 29 Hierdurch bleibt eine etwaige unionsrechtliche Zuständigkeit unberührt, da sich Resolutionen des SR grundsätzlich lediglich an die einzelnen Mitgliedsstaaten der VN richten können, siehe Art. 25 und 41 VN-Charta, nicht aber an regionale Institutionen. Unabhängig hiervon ist die Frage, inwiefern Zwangsmaßnahmen im Rahmen von Art. 41 VN-Charta aufgrund Völkergewohnheitsrechts auch für Nicht-Mitgliedsstaaten verbindlich sein können. Siehe dazu etwa Knut Ipsen, Völkerrecht, München: C. H. Beck, 6. Auflage 2014, § 53, Rn. 17. 30 Siehe hierzu ebenfalls PE 6 – 3000 – 42/16), Fn. 23, S. 5. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 048/16 Seite 10 3. Überwachung der Umsetzung der VN-Sanktionen Die Überwachung und Aktualisierung der gelisteten Personen und Gruppierungen obliegt – nach einem festgelegten Verfahren – dem jeweiligen Sanktionsausschuss, einem Unterausschuss des SR, der diesem Bericht erstattet. Dies ist im Fall des sog. IS das ISIL (Da'esh) and Al-Qaida Sanctions Committee (auch als 1267 Committee bezeichnet).31 Der Sanktionsausschuss ist spiegelbildlich zum SR zusammengesetzt und somit ebenfalls ein „politisches Organ“, das allerdings vom SR verabschiedeten Verfahrensrichtlinien und verwaltungsähnlichen Grundsätzen folgt.32 Unterstützt werden SR und Ausschuss durch ein Expertengremium, das Analytical Support and Sanctions Monitoring Team, das dem Ausschuss über die Umsetzung berichtet33, sowie durch weitere VN-Organe und Sonderorganisationen, denen durch verschiedene Resolutionen Berichtspflichten auferlegt worden sind.34 Ende der Bearbeitung 31 Ursprünglich eingerichtet durch Abs. 6 der Resolution 1267 (1999) als Al-Qaida Sanctions Committee, umbenannt durch Resolution 2253 (2015) vom 17.12.2015, S/RES/2253 (2015). Siehe zur Funktion und den Mandatsänderungen sowie zum Listing-Verfahren neben Resolution 2253 (2015) die Richtlinien des Ausschusses, Security Council Committee Pursuant to Resolutions 1267 (1999) and 1989 (2011) Concerning Al-Qaida and Associated Individuals and Entities, Guidelines of the Committee for the Conduct of its Work (Stand: 15.04.2013), https://www.un.org/sc/suborg/sites/www.un.org.sc.suborg/files/1267_guidelines_1.pdf; zum Verfahren unter Einbeziehung der Ombudsperson Office of the Ombudsperson to the ISIL (Da'esh) and Al-Qaida Sanctions Committee und des Focal Point for De-listing weiter Ruffert/Walter, Fn. 3, Rn. 437 ff., seitens der VN https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267/aq_sanctions_list, https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions /delisting/ und https://www.un.org/sc/suborg/en/ombudsperson. Siehe ferner Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 36 ff. und 54. Für die Berichte an den SR siehe https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267/docs/briefings-chairman-to-sc, für die Jahresberichte https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions/1267/annual-reports. 32 Pellet/Miron, Sanctions (Stand: August 2013), in: MPEPIL, Fn. 1, Rn. 41 f., zur Rolle und Funktionsweise siehe Rn. 39–43. 33 Analytical Support and Sanctions Monitoring Team pursuant to resolutions 1526 (2004) and 2253 (2015) concerning ISIL (Da'esh), Al-Qaida and the Taliban and associated individuals and entities, Mandat nach Rn. 88 der Resolution 2253 (2015) bis Dez. 2019 verlängert; s. dazu https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions /1267/monitoring-team/work-and-mandate, für die Berichte https://www.un.org/sc/suborg/en/sanctions /1267/monitoring-team/reports. 34 Vgl. nur die aktuellen Berichte des VN-Generalsekretärs und des VN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR): UNSC, Report of the Secretary-General on the threat of terrorists benefiting from transnational organized crime, 20.05.2015, S/2015/366, http://www.refworld.org/docid/5587db984.html, S. 8 und Rn. 85 ff., sowie Report of the Secretary-General on the threat posed by ISIL (Da'esh) to international peace and security and the range of United Nations efforts in support of Member States in countering the threat, 29.01.2016, S/2016/92, http://www.refworld.org/docid/56b844ac4.html, Rn. 15–24, 51–54, 68 und 74. UNHCR, Implementation of Security Council resolution 2178 (2014) by States affected by foreign terrorist fighters : Second report, 02.09.2015, S/2015/683, http://www.refworld.org/docid/5616128d4.html, Rn. 70 (für die Analyse Westeuropas).