© 2020 Deutscher Bundestag WD 2 – 3000 – 044/20 Ausfuhrkontrolle der Impulslöschtechnik Rechtliche Voraussetzungen nach der EU-Anti-Folter-Verordnung Sachstand Wissenschaftliche Dienste Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 2 Ausfuhrkontrolle der Impulslöschtechnik Rechtliche Voraussetzungen nach der EU-Anti-Folter-Verordnung Aktenzeichen: WD 2 - 3000 - 044/20 Abschluss der Arbeit: 4. Juni 2020 (zugleich letzter Zugriff auf Internetquellen) Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Impulslöschverfahren 4 2. Genehmigungserfordernis nach EU Anti-Folter-VO 5 2.1. Bestimmung bzw. Eignung zur Ausbringung bestimmter chemischer Substanzen 6 2.2. Tragbarkeit oder Montierbarkeit 7 2.3. Kleiner oder großer Einsatzbereich 7 2.4. Zwischenfazit 8 3. Erteilung und Entzug der Genehmigung 9 Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 4 1. Impulslöschverfahren Das sog. Impulslöschverfahren ist eine speziell für Brandbekämpfung entwickelte Technik, bei der Wasser bzw. andere Löschflüssigkeit nicht wie üblich in einem kontinuierlichen Strahl, sondern stoßweise in einzelnen Ladungen (Impulsen) für sehr kurze Zeitabstände mit Unterbrechungen in den Brandherd regelrecht „geschossen“ wird.1 Der eingesetzte hohe Luftdruck sorgt für eine hohe Schussgeschwindigkeit von bis zu 400 km/h, sodass durch die enorme kinetische Energie des Löschmittels eine zusätzliche Löschwirkung erzielt wird. Der Vorteil dieser Löschtechnologie besteht insbesondere darin, dass keine konstante Wasserversorgung erforderlich ist und die Brandbekämpfung schon mit einer geringen Menge Wasser möglich ist, die mit hoher Mobilität zum Brandherd gebracht werden kann.2 Das Verfahren hat jedoch auch Nachteile, insbesondere fehlender Mannschutz, begrenzter Löschmittelvorrat und geringere Wurfweite.3 Das Impulslöschverfahren wurde durch das Unternehmen IFEX Technologies GmbH aus Sittensen (Niedersachsen) in den 90-er Jahren entwickelt, weltweit patentiert und in Form von Impulslöschpistolen auf den Markt gebracht. Gegenwärtig werden drei Impulslöschpistolen angeboten, die sich hinsichtlich der technischen Parameter unterscheiden und jeweils für besondere Art der Brände bzw. verschiedene Einsatzsituationen besonders eignen.4 Ergänzend bietet der Hersteller mobile Wasserversorgungseinheiten, etwa in Form von Rucksäcken und Trolleys bzw. auch mit Impulspistolen ausgerüstete Motorräder und Geländefahrzeuge an.5 Nach den Angaben des Herstellers wird die Impulslöschtechnik heute an mehr als 25.000 Anwender weltweit ausgeliefert, darunter sowohl staatliche Institutionen wie Feuerwehr, Polizei und Armee als auch private Unternehmen , die diese Technik im Rahmen der eigenen Brandschutzkonzepte verwenden.6 Die oben dargestellten technischen Gegebenheiten der Impulslöschsysteme eröffnen die Möglichkeit , diese nicht nur zur Brandbekämpfung, sondern auch gegen Personen, zum Beispiel gegen Demonstranten bei öffentlichen Versammlungen, einzusetzen.7 Dies wirft die Frage auf, ob und, falls ja, unter welchen Voraussetzungen der Export der Impulslöschsysteme aus Deutschland einer Ausfuhrkontrolle unterliegt. Dieser Frage wird im folgenden Abschnitt nachgegangen wird. 1 Vgl. Andreas Pfeiffer, Löschmittel in der Brandbekämpfung, Wiesbaden 2016, S. 32. 2 IFEX Technologies GmbH, Broschüre Impulslöschverfahren für effektive Brandbekämpfung, S. 4, https://www.ifex3000.com/wp-content/uploads/2019/05/ifex-broschuere-DE-komplett-1.pdf. 3 Andreas Pfeiffer (Fn. 1) S. 32. 4 Broschüre der IFEX Technologies GmbH (Fn. 2), S. 5-6. 5 Broschüre der IFEX Technologies GmbH (Fn. 2), S. 7 f., 14 f. 6 Broschüre der IFEX Technologies GmbH (Fn. 2), S. 3. 7 Die Durchschlagkraft der IFEX-Impulslöschpistole wird z.B. eindrücklich in einem Video, welches augenscheinlich von dem Hersteller selbst zu Werbezwecken erstellt und veröffentlich wurde, an einer Wassermelone präsentiert, die aus der Entfernung von ca. 2 Metern mit dem Wasserstoß buchstäblich zerschmettert wird, https://www.youtube.com/watch?v=jCyum6kRpmQ. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 5 Der Auftraggeber/die Auftraggeberin erkundigt sich ferner nach Möglichkeiten einer nachträglichen Kontrolle der Ausfuhren bei Feststellung eines zweckwidrigen Einsatzes im Zielland. Dies wird im Abschnitt 3 dargestellt. 2. Genehmigungserfordernis nach EU Anti-Folter-VO Die Impulslöschausrüstung fällt, wie auch die sonstige Brandlöschtechnik, nicht unter die Dual- Use-Verordnung, denn solche Technologien sind dort in dem abschließenden Katalog nicht aufgezählt .8 Hingegen können Wasserwerfer und andere ähnliche Technologien unter bestimmten Voraussetzungen unter die EU-Anti-Folter-Verordnung9 fallen und der Ausfuhrgenehmigung gem. Art. 11 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 b) EU-Anti-Folter-VO unterliegen: „1. Für jede Ausfuhr von in Anhang III aufgeführten Gütern ist unabhängig von deren Herkunft eine Genehmigung erforderlich. […] 2. Anhang III enthält ausschließlich die folgenden Güter, die zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden können: […] b) Güter, die aufgrund ihrer Konzeption oder ihrer technischen Merkmale ein erhebliches Risiko aufweisen, dass sie zum Zwecke der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden können “. Im Anhang III zu der EU-Anti-Folter-VO sind aufgeführt: „3. Waffen und Ausrüstungen zur Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender Substanzen zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz sowie bestimmte zugehörige Substanzen, wie folgt: 8 Siehe Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck , https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32009R0428; vgl. auch Zoll-online, Dual-Use-Güter, https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Aussenwirtschaft-Bargeldverkehr/Warenausfuhr/Waren /Dual-Use-Gueter/dual-use-gueter_node.html. 9 Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zur Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, https://eur-lex.europa .eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32005R1236. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 6 3.1 Tragbare Waffen und Ausrüstungen, die handlungsunfähig machende oder reizende chemische Substanzen abgeben, und zwar entweder durch Abgabe einer gegen ein einzelnes Individuum gerichtete Dosis einer solchen Substanz oder durch Ausbringung einer Dosis, z.B. in Form eines Sprühnebels oder einer Wolke, auf kleinem Raum. […] 3.6 Für die Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender chemischer Substanzen bestimmte fest montierte oder fest montierbare Ausrüstungen mit großem räumlichen Einsatzbereich, die nicht zur Anbringung an einer Wand oder einer Decke in einem Gebäude konstruiert sind. Anmerkungen: […] 2. Diese Nummer erfasst auch Wasserwerfer. […]“ Die Subsumption der Impulslöschtechnik unter diese Bestimmungen kann daher insbesondere anhand folgender Kriterien erfolgen:10 2.1. Bestimmung bzw. Eignung zur Ausbringung bestimmter chemischer Substanzen Hier stellt sich die Frage, ob Wasserwerfer zur Verwendung von handlungsunfähig machenden Substanzen extra dafür konstruiert, also bestimmt, sein müssen, um genehmigungspflichtig nach der EU Anti-Folter-VO zu sein (enger Anwendungsbereich), oder ob eine tatsächliche Eignung ausreichend ist, was zu einem weiten Anwendungsbereich führen würde. Der Verordnungsgeber verwendet in den oben aufgezeigten Bestimmungen der EU-Anti-Folter- VO keine einheitliche Formulierung hinsichtlich dieses Kriteriums. Während in Nummer 3.6 des Anhangs III von „bestimmt“ die Rede ist, so ist die Nummer 3.1. neutral formuliert: „abgeben“. In Art. 11 findet sich wiederum die Formulierung „verwendet werden können“, welche generell einen weiten Anwendungsbereich nahelegt. Man könnte argumentieren, die spezielle Formulierung in Nummer 3.6 des Anhangs III konkretisiere die anderen allgemeinen Formulierungen und sei damit vorrangig, sodass eine Bestimmung der Ausrüstung zur Ausbringung der chemischen Substanzen erforderlich sei. Allerdings wird auch diese enge Formulierung durch die Anmerkung 2. erweitert, wonach Wasserwerfer vom Anwendungsbereich erfasst sind. Die Begründung für diese Anmerkung ist dabei in Nummer 24 Satz 3 der Präambel zur EU-Anti-Folter-VO angegeben : „Auch wenn Wasser nicht zu den handlungsunfähig machenden Substanzen gehört, können Wasserwerfer zur Anbringung solcher Stoffe in flüssiger Form verwendet werden , weshalb die Ausfuhr von Wasserwerfern kontrolliert werden sollte“. 10 Soweit ersichtlich, gibt es zur praktischen Anwendung dieser Kriterien noch keine (höchst)richterliche Rechtsprechung oder juristische Kommentarliteratur. In der Vorgänger-Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 waren Ausrüstungen zur Ausbringung chemischer Substanzen und Wasserwerfer noch nicht erwähnt, siehe https://eurlex .europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32005R1236&from=HU. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 7 Der Verordnungsgeber hat also gesehen, dass bei einem Wasserwerfer zum Wasser immer auch andere chemische Substanzen beigemischt werden können, und sich deswegen explizit dafür entschieden, die Wasserwerfer unabhängig von ihrer konkreten Bestimmung zum Verwenden chemischer Substanzen der Ausfuhrkontrolle zu unterwerfen. Dieses Kriterium ist also weit auszulegen , sodass auch Impulslöschpistolen dieses erfüllen. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Hersteller von Impulslöschpistolen ausdrücklich angibt, dass chemische Additive für Brandlöschung beigemischt werden können,11 sodass dieses Kriterium auch bei enger Auslegung der Nummer 3.6 des Anhangs III. im Sinne des Erfordernisses der Bestimmung zur Ausbringung chemischer Substanzen erfüllt wäre. Dieses Argument müsste ebenfalls bei Nummer 3.1 des Anhanges III gelten, denn auch bei tragbarer und kleinerer Ausrüstung können dem Wasser genauso chemische Substanzen beigemischt werden, sei es im Rahmen der Brandbekämpfung oder sei es im Rahmen von Bekämpfung von Unruhen. Die Beimischung von chemischen Substanzen kann damit auch bei tragbaren und kleineren Wasserwerfern zu folterähnlichen Behandlungen im Rahmen des Einsatzes gegen Personen führen. 2.2. Tragbarkeit oder Montierbarkeit Bei diesem Kriterium unterscheidet der Verordnungsgeber zwischen der tragbaren Ausrüstung, die grundsätzlich der Nummer 3.1 unterfällt und der fest montierten oder montierbaren Ausrüstung , die in Nummer 3.6 des Anhanges zu finden ist. Die Ausrüstung, die zur Anbringung an einer Wand oder Decke, also innerhalb von Gebäuden konstruiert ist, unterfällt der Nummer 3.5 und ist in Nummer 3.6 des Anhangs III ausdrücklich ausgeschlossen. Die Nummern 3.1 und 3.6 des Anhangs III müssen sich aber nicht notwendigerweise ausschließen ; eine tragbare Ausrüstung kann zwar nicht gleichzeitig permanent fest montiert sein, jedoch grundsätzlich bei Bedarf fest montiert werden. Das beste Beispiel dafür ist gerade die IFEX-Impulslöschpistole , die einmal als tragbare Pistole mit einem Wassertank im Rucksack für höchste Mobilität, alternativ jedoch auch im Paket mit einem Motorrad, montiert mittels einer speziellen Vorrichtung angeboten wird. Die Impulslöschpistole erfüllt also sowohl das Kriterium der Tragbarkeit und unterfällt insoweit der Nummer 3.1 als auch das Kriterium der Montierbarkeit, was insoweit für die Erfüllung der Nummer 3.6 des Anhangs III ausreichend ist. 2.3. Kleiner oder großer Einsatzbereich Ähnliche Differenzierung wird hinsichtlich des Einsatzbereiches der Ausrüstung von dem Verordnungsgeber vorgenommen: Während in Nummer 3.1 (bei tragbarer Ausrüstung, siehe oben) von dem Einsatz gegen ein Individuum oder gegen mehrere Personen, aber auf kleinem Raum die Rede ist, so setzt die Nummer 3.6 des Anhangs III dagegen einen großen räumlichen Einsatzbereich voraus. Den gleichen Begriff des großen räumlichen Einsatzbereiches verwendet der Verordnungsgeber bereits in der Präambel der EU-Anti-Folter-VO: „(24) Außerdem sollen fest montierte oder montierbare Ausrüstungen mit großem räumlichen Einsatzbereich, die für die Ausbringung handlungsunfähig machender 11 Broschüre der IFEX Technologies GmbH (Fn. 2), S. 4. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 8 oder reizender Substanzen bestimmt sind, Ausfuhrkontrollen unterworfen werden, […]. Solche Ausrüstungen werden häufig als „nichttödliche“ Technologie bezeichnet, doch bergen sie mindestens das gleiche Risiko, große Schmerzen oder Leiden zu verursachen , wie tragbare Waffen und Geräte. […]“ Insofern ist die Intention des Verordnungsgebers deutlich, die fest montierbaren Ausrüstungen nach Nummer 3.6 des Anhangs III nur bei großem räumlichem Einsatzbereich der Ausfuhrkontrolle zu unterwerfen. Was genau unter einem solchen großen räumlichen Einsatzbereich zu verstehen ist und wie es von dem kleinem räumlichen Einsatzbereich der Nummer 3.1 abzugrenzen ist, wird nicht definiert. Auffällig ist, dass ein mittlerer Einsatzbereich in der Verordnung nicht erwähnt wird. Man könnte daraus schlussfolgern, dass ein solcher mittlerer Einsatzbereich daher nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen soll. Für eine solche Argumentation findet sich jedoch keine Stütze im angeführten Wortlaut der Präambel oder des Anhangs III. Dagegen spricht auch die explizite Begründung des Verordnungsgebers in der Präambel, fest montierte oder montierbare Ausrüstungen mit großem Einsatzbereich seien mindestens genauso geeignet , große Schmerzen und Leiden zu verursachen wie tragbare Geräte mit kleinem Einsatzbereich . Wenn die Ausbringung von chemischen Substanzen sowohl auf kurze Distanz als auch auf lange Distanz gefährlich ist, warum sollte sie auf mittlere Distanz weniger gefährlich sein? Insofern spricht viel dafür, die Ausrüstung mit kleinem Anwendungsbereich unter die Nummer 3.1 des Anhangs III einzuordnen und alles, was hinsichtlich der Reichweite darüber hinaus geht, unter den großen Einsatzbereich der Nummer 3.6 zu fassen. Für die IFEX-Löschpistolen gibt der Hersteller eine maximale Reichweite von 10-16 Meter an.12 Bei einer solchen Reichweite, auch wenn sie geringer ist als die Reichweite eines herkömmlichen Wasserwerfers von ca. 65-70 Meter,13 kann wohl kaum mehr vom Einsatz auf kleinen Raum gesprochen werden, sodass das Merkmal des großen räumlichen Einsatzbereiches der Nummer 3.6 des Anhangs III nach den oben dargelegten Auslegungsgrundsätzen erfüllt ist. Sollte man nicht auf die angegebene maximale Reichweite, sondern auf den üblichen Einsatz der IFEX-Löschpistolen abstellen, der gegen kleine Brände innerhalb einer eher kurzen Entfernung erfolgt bzw. die Entfernung von 10-16 Metern per se als kurz einordnen, so müsste man dann die Nummer 3.1 des Anhangs III als erfüllt ansehen. 2.4. Zwischenfazit Die IFEX-Löschpistolen unterliegen der Ausfuhrkontrolle entweder als fest montierbare Ausrüstung mit einem großen Einsatzbereich nach Art. 11 in Verbindung mit Nummer 3.6 des Anhangs III der EU-Antifolter-Verordnung oder auch als tragbare Geräte mit einem kleinen Einsatzbereich nach Art. 11 iVm Nummer 3.1 des Anhangs III der EU-Anti-Folter-VO. 12 Broschüre der IFEX Technologies GmbH (Fn. 2), S. 5-6. 13 Vgl. z.B. die technischen Angaben zu den aktuell verfügbaren Wasserwerfern des Herstellers Rosenbauer, https://www.rosenbauer.com/de/de/world/produkte/loeschsysteme/werfer. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 9 3. Erteilung und Entzug der Genehmigung Für die Erteilung der Ausfuhrgenehmigung ist in Deutschland das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Nach Art. 12 Abs. 1 der EU-Anti-Folter-VO berücksichtigt sie dabei alle relevanten Umstände, insbesondere die beabsichtigte Endverwertung, die Gefahr einer Umlenkung und in formeller Hinsicht, ob bereits ein Antrag auf im Wesentlichen identische Ausfuhr in einem anderen Mitgliedsstaat der EU in vergangenen drei Jahren bereits abgelehnt wurde. So erteilt BAFA nach Art. 12 Abs. 2 der EU-Anti-Folter-VO keine Genehmigung, „wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass in Anhang III aufgeführte Güter von einer Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörde oder eine natürlichen oder juristischen Person in einem Drittland zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, einschlich gerichtlich angeordneter körperlichen Züchtigung, verwendet werden können.“ Im Rahmen dieser Prüfung kann gem. Art. 12 Abs. 3 Nr. 3 die Endverbleiberklärung14 vorgelegt werden, in der dargelegt wird von wem und zu welchem Zweck die auszuführenden Ausrüstungen im Zielland verwendet werden. Das BAFA muss dabei hinsichtlich der Situation im Zielland gem. Art. 12 Abs. 2 Nr. 2 verfügbare Internationale Gerichtsurteile sowie Untersuchungsergebnisse der zuständigen Gremien der Vereinten Nationen, des Europarates und der Europäischen Union sowie Berichte des vom Europarat eingesetzten Europäischen Ausschusses zur Verhinderung von Folter bzw. des VN-Sonderberichterstatters für Folter berücksichtigen. Andere relevante Informationen, wie nationale Gerichtsurteile, Berichte und Informationen von NGOs können berücksichtigt werden. Sofern es sich um eine Globalgenehmigung handelt, in der also eine mehrmalige Ausfuhr von bestimmen Gütern für den Zeitraum bis zu drei Jahren (Art. 21 Abs. 1 Satz 6 der EU-Anti-Folter- VO) erlaubt wird, berücksichtigt das BAFA ferner gem. Art. 12 Abs. 4 der EU-Anti-Folter-VO, ob der Ausführer angemessene und verhältnismäßige Mittel und Verfahren anwendet, um die Einhaltung der Bestimmungen und Ziele der EU-Anti-Folter-VO bzw. der Genehmigungsauflagen zu gewährleisten. Sollten auch nach der Erteilung der Genehmigung berechtigte Zweifel an der Fähigkeit des Ausführers entstehen, sich an die Bedingungen der Ausfuhrgenehmigung oder andere Rechtsvorschriften zur Ausfuhrkontrolle zu halten, so kann BAFA gem. Art. 20 Abs. 1 Satz 2 die Verwendung der erteilten Genehmigung dem Ausführer untersagen. Schließlich kann das BAFA gem. Art. 21 Abs. 5 eine bereits erteilte Genehmigung in Übereinstimmung mit oben genannten Kriterien nachträglich für ungültig erklären, aussetzen, ändern, zurücknehmen oder widerrufen. Eine regelmäßige Überprüfung der erteilten Genehmigungen nach bestimmten Zeitabständen ist vom Verordnungsgeber zwar nicht vorgeschrieben. Die oben bereits genannte Pflicht, die verfügbaren internationalen Urteile bzw. Berichte der zuständigen internationalen Gremien zu der Situation im Zielland zu berücksichtigen, legt eine Pflicht zum Widerruf der Genehmigung durch das BAFA bei Feststellung von Folter bzw. anderer menschenunwürdiger Behandlungen mittels der auszuführenden Ausrüstungen aber nahe. Bei Vorliegen 14 Siehe hierzu die Informationsseite von BAFA, zu EU-Anti-Foter-VO, https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft /Ausfuhrkontrolle/Antragsarten/Anti_Folter_Verordnung/anti_folter_node.html. Wissenschaftliche Dienste Sachstand WD 2 - 3000 - 044/20 Seite 10 von sonstigen nationalen Urteilen bzw. NGO-Berichten ist dem BAFA ein größerer Spielraum eröffnet , inwieweit er solche Urteile und Berichte berücksichtigt und den dortigen Schlussfolgerungen zustimmt. Sollten also im Einklang mit der oben festgestellten Genehmigungspflicht für Ausfuhr von Impulslöschpistolen bereits Genehmigungen von BAFA erteilt worden sein, so müssten diese ggf. widerrufen werden, insbesondere wenn qualifizierte internationale Urteile bzw. Berichte der genannten internationalen Gremien die Anwendung von Folter und anderer unmenschlicher Behandlungen im Zielland feststellen. ***