WD 2 - 3000 - 038/19 (20. März 2019) © 2019 Deutscher Bundestag Die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages unterstützen die Mitglieder des Deutschen Bundestages bei ihrer mandatsbezogenen Tätigkeit. Ihre Arbeiten geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste geben nur den zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes aktuellen Stand wieder und stellen eine individuelle Auftragsarbeit für einen Abgeordneten des Bundestages dar. Die Arbeiten können der Geheimschutzordnung des Bundestages unterliegende, geschützte oder andere nicht zur Veröffentlichung geeignete Informationen enthalten. Eine beabsichtigte Weitergabe oder Veröffentlichung ist vorab dem jeweiligen Fachbereich anzuzeigen und nur mit Angabe der Quelle zulässig. Der Fachbereich berät über die dabei zu berücksichtigenden Fragen. Vom 15.-19. Oktober 2018 fand das vierte Treffen einer zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe statt, die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (VN) mit der Aufgabe betraut worden war, einen Entwurf für ein verbindliches VN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten zu erarbeiten.1 Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte lud die VN-Mitgliedstaaten daraufhin mit Schreiben vom 6. Februar 2019 ein, bis Ende Februar 2019 zu dem derzeitigen Stand des Entwurfs („draft legally binding instrument“)2 Stellung zu nehmen.3 Die Bunderepublik Deutschland hat sich bis Fristende nicht zu dem Entwurf geäußert. Auf Nachfrage dazu verwies die Bundesregierung auf die Europäische Union (EU) und erklärte, dass eine Stellungnahme zu dem Entwurf ein Verhandlungsmandat der EU voraussetze, da es sich um ein „gemischtes Abkommen“ handele.4 Ein gemischtes Abkommen ist ein internationales Abkommen, das sowohl die EU als auch die EU-Mitgliedstaaten als Vertragspartner vorsieht und Sachbereiche betrifft, die in die Kompetenz der EU und ihrer Mitgliedstaaten fallen.5 1 Siehe dazu die Webseite des VN-Menschenrechtsrates, Open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/WGTransCorp/Pages/IGWGOnTNC.aspx. 2 United Nations Human Rights Council, Legally binding instrument to regulate, in international human rights law, the activities of transnational corporations and other business enterprises, Zero Draft, 16.7.2018, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/WGTransCorp/Session3/DraftLBI.pdf. 3 United Nations Human Rights Office of the High Commissioner, Open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights: Call for comments and proposals on the draft legally binding instrument, Genf, 6.2.2019, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/WGTransCorp/Session4/Invitation_EN.pdf. 4 Deutscher Bundestag, Antwort des Staatsministers Niels Annen auf die Frage des Abgeordneten Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen), Plenarprotokoll vom 13.3.2019, 19/85, Frage 55, 10037 A, abrufbar unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/19/19085.pdf. 5 Mögele, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Auflage (2018), Art. 216 AEUV, Rn. 42 ff. Wissenschaftliche Dienste Kurzinformation Stellungnahme Deutschlands im Verhandlungsprozess über ein VN- Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten Kurzinformation Stellungnahme Deutschlands im Verhandlungsprozess über ein VN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten Wissenschaftliche Dienste Seite 2 Fachbereich WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Da der Inhalt des Entwurfs derzeit noch verhandelt wird, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilen, inwieweit die EU oder die EU-Mitgliedstaaten für den Abschluss und die Umsetzung eines solchen VN-Abkommens zuständig wären. Artikel 15 Nr. 9-11 des vorliegenden Entwurfs sieht jedoch eine Beteiligung von „regional integration organizations“ (also der EU) ausdrücklich vor.6 Für die Beantwortung der Frage, ob und aus welchen Gründen Deutschland oder andere EU- Mitgliedstaaten sich bereits zu dem Entwurf geäußert haben bzw. dies unterließen, scheint allerdings bedeutsamer, dass die EU im Verhandlungsprozess offenbar eine einheitliche EU-Position forciert und für die EU-Mitgliedstaaten spricht.7 Während des vierten Treffens der mit dem VN- Abkommen befassten Arbeitsgruppe hat sich als einziger EU-Mitgliedstaat Frankreich zu Wort gemeldet und seine Unterstützung für die Position der EU ausgesprochen sowie auf eigene Gesetzgebungsmaßnahmen hingewiesen.8 Zu beachten ist schließlich, dass die Einladung des VN-Hochkommissars für Menschenrechte (vgl. Anm. 3) völkerrechtlich nicht bindend ist und die Entscheidung, den Entwurf binnen der gesetzten Frist zu kommentieren bzw. von einer Stellungnahme abzusehen, im politischen Ermessen der Bundesregierung steht. Über die politischen Erwägungen der Bundesregierung haben die Wissenschaftlichen Dienste keine weiteren Erkenntnisse. *** 6 United Nations Human Rights Council, Legally binding instrument to regulate, in international human rights law, the activities of transnational corporations and other business enterprises, Zero Draft, 16.7.2018, Article 15 para 9-11, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/WGTransCorp/Session3/DraftLBI.pdf. Laut dem Bericht des VN-Menschenrechtsrates vom 2.1.2019 sprachen sich auch Teilnehmer gegen die Aufnahme einer solchen Klausel aus. Vgl. dazu: Human Rights Council, Report on the fourth session of the open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights, A/HRC/40/48, 2.1.2019, para 88, abrufbar unter: http://ap.ohchr.org/documents/dpage_e.aspx?si=A/HRC/40/48. 7 Vgl. dazu European Coalition for Corporate Justice, UN Treaty on Business & Human Rights "Zero Draft" Negotiations Day 2, 17.10.2018, abrufbar unter: http://corporatejustice.org/news/9818-un-treaty-on-business-humanrights -zero-draft-negotiations-day-2; Karolin Seitz, One step further towards global regulation of business, in: Global Policy Forum Europe e. V. und Rosa Luxemburg Stiftung – New York Office (Hrsg.), Briefing January 2018, S. 3, abrufbar unter: https://www.globalpolicy.org/images/pdfs/GPF- Briefing_One_step_further_Report_of_the_3rd_session_on_the_Treaty.pdf. 8 United Nations Human Rights Council, Fourth session of the open-ended intergovernmental working group on transnational corporations and other business enterprises with respect to human rights, abrufbar unter: https://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/WGTransCorp/Session4/Pages/Session4.aspx. Der französische Redebeitrag ist abrufbar auf der Webseite der französischen VN-Delegation in Genf, Entreprises et droits de l’Homme – Intervention de la France, https://onu-geneve.delegfrance.org/Entreprises-et-droits-de-l- Homme-Intervention-de-la-France.