Deutscher Bundestag Zum Anspruch des Wehrbeauftragten auf Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr Ausarbeitung Wissenschaftliche Dienste WD 2 – 3000 - 033/13 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 2 Zum Anspruch des Wehrbeauftragten auf Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr Verfasser: Aktenzeichen: WD 2 – 3000 - 033/13 Abschluss der Arbeit: 8. Mai 2013 Fachbereich: WD 2: Auswärtiges, Völkerrecht, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Telefon: Ausarbeitungen und andere Informationsangebote der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung der Verfasserinnen und Verfasser sowie der Fachbereichsleitung. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Beides bedarf der Zustimmung der Leitung der Abteilung W, Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einführung 4 2. Anspruch auf Amtshilfe 4 2.1. Amtshilfenormen 4 2.2. Grundprinzipien der Amtshilfe 4 2.3. Einfachgesetzliche Ausgestaltung im Verwaltungsverfahrensgesetz 5 2.4. Extraterritoriale Geltung des VwVfG 6 2.5. Anwendung der Amtshilfevorschriften des VwVfG auf Dienststellen der Bundeswehr im Ausland ? 7 2.6. Extraterritoriale Geltung von Art. 35 Abs. 1 GG 8 2.7. Ergebnis 9 3. Inanspruchnahme der Flugbereitschaft der Bundeswehr durch den Wehrbeauftragten 9 3.1. Rechtliche Regelung 9 3.2. Teleologische Extension 9 3.3. Amtshilfe 10 3.4. Verfassungsorgantreue 10 3.5. Ergebnis 11 4. Literaturnachweise 11 Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 4 1. Einführung Bei der Erfüllung seines grundgesetzlichen Auftrags (Art. 45b GG) ist der Wehrbeauftragte auf Unterstützung durch Dienststellen der Bundeswehr / Bundeswehrverwaltung angewiesen. Besondere Bedeutung erlangt diese im Zusammenhang mit Truppenbesuchen des Wehrbeauftragten im Ausland, die oftmals ohne den Transport und die Absicherung durch die Bundeswehr nicht (oder nur unter erschwerten Bedingungen) möglich wären. Zur Diskussion steht z.B. die Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr für Flüge in die Einsatzgebiete; des weiteren Personenschutz vor Ort durch die Feldjäger oder die Nutzung von Dienstfahrzeugen der Bundeswehr im Ausland. Fraglich ist, ob insoweit ein (verfassungs)rechtlicher Anspruch des Wehrbeauftragten auf solche Unterstützungsleistungen besteht. 2. Anspruch auf Amtshilfe 2.1. Amtshilfenormen Ein Anspruch des Wehrbeauftragten auf Unterstützungsleistungen durch die Bundeswehr könnte sich aus dem Amtshilfegrundsatz ergeben. Die Amtsführung des Wehrbeauftragten wird dadurch abgestützt, dass „Gerichte und Verwaltungsbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden verpflichtet sind, dem Wehrbeauftragten bei der Durchführung der erforderlichen Erhebungen Amtshilfe zu leisten“ (§ 4 WBeauftrG). Diese Regelung stellt zunächst klar, dass die grundgesetzliche Amtshilfenorm (Art. 35 Abs. 1 GG) auch im Verhältnis des Wehrbeauftragten zu den Bundesbehörden gilt.1 Art 35 Abs. 1 GG lautet: „Alle Behörden des Bundes und der Länder leisten sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe.“ Der Begriff der Behörden i.S.v. Art. 35 Abs. 1 GG ist dabei weitgefasst : Die Bundeswehr gehört – auch jenseits der in Art. 35 Abs. 2 und 3 GG geregelten Sonderfälle – zu den amtshilfeberechtigten und -verpflichteten Behörden.2 2.2. Grundprinzipien der Amtshilfe Unter Amtshilfe ist der Beistand zu verstehen, den eine Behörde auf Ersuchen einer anderen Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben leistet.3 Die Amtshilfe ist insoweit ein Kooperations- und Koordinationselement zwischen der ersuchenden und der ersuch- 1 Achterberg/Schulte, in: Starck (Hrsg.), GG, Art. 45b, Rdnr. 100. 2 Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 16. 3 Ziekow, VwVfG-Kommentar, § 4, Rdnr. 6. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 5 ten Behörde.4 Die Amtshilfe dient funktionell der Nutzung vorhandener sachlicher oder personeller Kapazitäten bei anderen Behörden und soll u.a. kostenträchtige Doppel- und Mehrfacharbeit vermeiden helfen. Die Amtshilfe ist damit Ausdruck des Wirtschaftlichkeits- und Effektivitätsprinzip der öffentlichen Verwaltung.5 Als Amtshilfe kommen unterschiedliche Handlungen und Leistungen in Betracht, zu denen die ersuchte Behörde nach dem für sie maßgeblichen Recht befugt und in der Lage ist – also etwa das zur Verfügung Stellen von Personal- und Sachmitteln, Auskünfte, Akteneinsichten, technische Amtshilfe u.a.m.6 Amtshilfe meint tatbestandlich nur „ergänzende Hilfe im Einzelfall“.7 Dies erklärt sich vor dem Hintergrund, dass eine Behörde die ihr zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich selbst, d.h. mit den eigenen sächlichen und personellen Mitteln wahrzunehmen hat („Grundsatz der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung“).8 Folglich darf die ersuchende Behörde die beschränkt verfügbaren (und primär der Erfüllung eigener Aufgaben dienenden) Verwaltungsressourcen der ersuchten Behörde nur im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in Anspruch nehmen.9 Die Amtshilfenorm stellt sich überdies als Durchbrechung bzw. Überwindung bestehender Kompetenz- und Zuständigkeitsgrenzen dar, die deshalb nach Intensität und Umfang eingegrenzt werden muss.10 2.3. Einfachgesetzliche Ausgestaltung im VwVfG Voraussetzung und Umfang der Amtshilfeverpflichtung sind in Art. 35 Abs. 1 GG nicht verfassungsunmittelbar geregelt worden. Art. 35 Abs. 1 GG ist lediglich eine Rahmenvorschrift,11 4 Gubelt, in: v.Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 35 Rdnr. 1. 5 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG-Kommentar, § 4, Rdnr. 6. 6 Epping, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 11; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG- Kommentar, § 4, Rdnr. 26; Schlink, Amtshilfe, S. 153 f. 7 BVerfGE, NVwZ 1983, S. 537. 8 Bonk/Schmitz, in: Stelkens /Bonk /Sachs (Hrsg.), VwVfG-Kommentar, § 5 Rdnr. 1. Freilich enthält Art. 35 Abs. 1 GG kein „Autarkiegebot“ für Behörden. Diese müssen also nicht alle Spezialkräfte und -einrichtungen selbst vorhalten , die in ihrem Aufgabenbereich im Einzelfall benötigt werden (so Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, § 5 Rdnr. 8). 9 Danwitz, in: Starck (Hrsg.), GG, Art. 35 Abs. 1, Rdnr. 20; Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 21. 10 Magen, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 15. 11 OLG Düsseldorf NJW 1957, 1037. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 6 welche die grundsätzliche Verpflichtung zur Hilfe statuiert.12 Die inhaltliche Ausgestaltung und nähere Konkretisierung des Umfangs erfolgt vielmehr in den einschlägigen Bestimmungen des einfachgesetzlichen Fachrechts.13 § 5 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) regelt insoweit die Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe.14 2.4. Extraterritoriale Geltung des VwVfG Die Anwendung der Amtshilfevorschriften des VwVfG auf die fraglichen Unterstützungsleistungen der Bundeswehr im Ausland steht jedoch unter dem Vorbehalt der extraterritorialen Geltung des VwVfG. Gem. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG gilt das Gesetz nicht für die Tätigkeit der Vertretungen im Ausland .15 Die Ausnahme wird (im Gegensatz zu den anderen Nummern dieses Absatzes) nicht mit dem besonderen Charakter dieser Tätigkeit selbst begründet (in dieser Hinsicht wäre eine Ausnahme auch kaum zu rechtfertigen), sondern mit den besonderen äußeren Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen sie auf fremdem Territorium, d.h. innerhalb eines anderen Rechtskreises stattfindet. Allein aufgrund der damit verknüpften rechtlichen und tatsächli- 12 Gubelt, in: v.Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 35 Rdnr. 5, 11. 13 Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 18. 14 Verwaltungsverfahrensgesetz v. 25. Mai 1976, in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), § 5 VwVfG lautet: „(1) Eine Behörde kann um Amtshilfe insbesondere dann ersuchen, wenn sie … 2. aus tatsächlichen Gründen, besonders weil die zur Vornahme der Amtshandlung erforderlichen Dienstkräfte oder Einrichtungen fehlen, die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann; 5. die Amtshandlung nur mit wesentlich größerem Aufwand vornehmen könnte als die ersuchte Behörde. (2) Die ersuchte Behörde darf Hilfe nicht leisten, wenn … 1. sie hierzu aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist; 2. durch die Hilfeleistung dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereitet würden. (3) Die ersuchte Behörde braucht Hilfe nicht zu leisten, wenn 1. eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich geringerem Aufwand leisten kann; 2. sie die Hilfe nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand leisten könnte; 3. sie unter Berücksichtigung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch die Hilfeleistung die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben ernstlich gefährden würde.“ 15 Darunter fallen z.B. Botschaften, Konsulate, Ständige Vertretungen bei internationalen und supranationalen Organisationen . Das von den Auslandsvertretungen zu beachtende Verfahren ist zum Teil im Konsulargesetz geregelt . In der Praxis hat sich – soweit die örtlichen Gegebenheiten dies im Einzelfall zulassen – eine analoge Anwendung des VwVfG herausgebildet (Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, § 2, Rdnr. 140). Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 7 chen Besonderheiten werden Auslandsvertretungen insgesamt von der Anwendbarkeit des VwVfG ausgenommen.16 In der amtlichen Begründung zum VwVfG heißt es dazu: „Bei den Vertretungen des Bundes im Ausland ist zu berücksichtigen, dass sie ihre Tätigkeit auf fremdem Territorium und daher unter anderen Bedingungen und Voraussetzungen auszuüben haben als die Behörden im Inland . Die Anwendung des Gesetzes auf die Vertretungen des Bundes im Ausland ist daher angesichts der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten, unter denen sie ihre Aufgaben wahrzunehmen haben, nicht möglich.“17 2.5. Anwendung der Amtshilfevorschriften des VwVfG auf Dienststellen der Bundeswehr im Ausland ? § 2 Abs. 3 Nr. 3 VwVfG bezieht sich ausdrücklich nur auf deutsche Auslandsvertretungen. Fraglich ist, ob die Norm auch auf die im Ausland stationierten Streitkräftekontingente der Bundeswehr und die vor Ort tätigen Dienststellen der Bundeswehrverwaltung anwendbar ist. Im Wege des Analogieschlusses lassen sich Gesetzeslücken schließen, wenn der Normtatbestand zu eng formuliert ist, so dass Lebenssachverhalte nicht darunter subsumiert werden können, die nach dem Normzweck eigentlich erfasst werden müssten.18 Die gesetzliche Regelung darf dann im Wege einer „extensiven Interpretation“ (teleologische Extension) auf den ungeregelten Lebenssachverhalt ausgedehnt werden. Unter einer Gesetzeslücke versteht man die planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, d.h. ein (bewusstes, unbewusstes oder aufgrund einer veränderten Sachlage unvermeidbares) Versäumnis seitens des Gesetzgebers.19 Die Präsenz der Bundeswehr im Ausland war für den Gesetzgeber zum Zeitpunkt der Verabschiedung des VwVfG im Jahre 1976 weder vorstellbar noch vorhersehbar. Die Nichtregelung dieses Sachverhalts war insoweit unvermeidbar. Überdies ist die Tätigkeit der Bundeswehrverwaltung im Auslandseinsatz (als Verwaltungstätigkeit auf fremdem Territorium) mit der Tätigkeit deutscher Auslandsvertretungen – zumindest was die Regelungsintention des Gesetzgebers betrifft – strukturell vergleichbar. Eine Analogie zwischen deutschen Auslandsver- 16 Ziekow, VwVfG-Kommentar, § 2, Rdnr. 28; Ronellenfitsch, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG-Kommentar, § 2, Rdnr. 23. 17 Amtliche Begründung zu § 2 VwVfG, BT-Drs. 7/910 vom 18.7.1973, S. 36, c. 18 Rüthers, Rechtstheorie, § 23, Rdnr. 889, 904. 19 Ebenda., § 23, Rdnr. 832, 835, 838 und 886. Abzugrenzen ist die Normlücke insoweit von einer gewollten Nichtregelung , wo der Gesetzgeber erkannte regelungsbedürftige Interessenlagen und Fallgruppen aus verschiedenen Gründen eben gerade (noch) nicht regeln wollte. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 8 tretungen und Bundeswehrdienststellen im Ausland entspräche auch dem Willen des Gesetzgebers , der jedwede Tätigkeit deutscher Behörden im Ausland dem Anwendungsbereich des VwVfG entziehen wollte, soweit diese im Ausland Wirkung entfaltet.20 Im Ergebnis sind damit die Amtshilfevorschriften des VwVfG auf Dienststellen der Bundeswehr bzw. Bundeswehrverwaltung im Ausland nicht anwendbar. 2.6. Extraterritoriale Geltung von Art. 35 Abs. 1 GG Fraglich bleibt, ob sich aus der grundgesetzlichen Amtshilfenorm in Art. 35 Abs. 1 GG etwas anderes ergibt. Der räumliche Geltungsbereich des Grundgesetzes beschränkt sich allein auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland.21 Zwar bindet das Grundgesetz die deutsche öffentliche Gewalt auch im Ausland, soweit ihre Betätigung dort Wirkungen zeitigt22 – wie es bei Grundrechtssachverhalten mit Auslandsbezug immer wieder diskutiert wird. Bei der Amtshilfe (i.S.v. Art. 35 Abs. 1 GG) handelt es sich jedoch um ein staatsorganisationsrechtliches, zwischen den Behörden wirkendes Kooperations- und Koordinationsprinzip, das die staatlichen Innenbeziehungen regeln will.23 Von einer extraterritorialen Geltung des Art. 35 Abs. 1 GG wird man daher nur dann ausgehen dürfen, wenn es hierfür konkrete (teleologische oder entstehungsgeschichtliche ) Anhaltspunkte gibt. Solche Anhaltspunkte sind indes nicht erkennbar; vielmehr hat der Gesetzgeber – wie oben dargelegt – bei der einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Grundgesetznorm gerade seinen gegenläufigen Willen bekundet. Die Wertung des einfachen Gesetzgebers schlägt auf die Amtshilfenorm in Art. 35 Abs. 1 GG durch: Als Rahmenvorschrift wird die Grundgesetznorm durch die einfachgesetzlichen Regelungen nicht nur hinsichtlich der Voraussetzungen, des Umfangs und der Grenzen der Amtshilfe ausgestaltet, sondern auch hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs.24 Somit bleibt die Amtshilfe auch nach Art. 35 Abs. 1 GG auf die Kooperation zwischen deutschen Behörden im Inland beschränkt. Nichts anderes ergibt sich konsequenterweise auch für die Amtshilfenorm des § 4 WBeauftrG. 20 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, § 2, Rdnr. 140. 21 Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Einf., Rdnr. 28; Jarass/Pieroth, GG, Präambel, Rdnr. 8. 22 BVerfGE 6, 290 (295); E 57, 1 (23); Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Präambel, Rdnr. 37. 23 So explizit Danwitz, in: Starck (Hrsg.), GG, Art. 35 Abs. 1, Rdnr. 26; ähnlich Gubelt, in: v.Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 1; Schlink, Amtshilfe, S. 146 ff. 24 In diese Richtung Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 35, Rdnr. 18. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 9 2.7. Ergebnis Ein gesetzlicher Anspruch des Wehrbeauftragten auf Unterstützungsleistungen durch Dienststellen der Bundeswehr(verwaltung) im Ausland besteht nicht. 3. Inanspruchnahme der Flugbereitschaft der Bundeswehr durch den Wehrbeauftragten 3.1. Rechtliche Regelung Die Inanspruchnahme der Flugbereitschaft der Bundeswehr ist in den Richtlinien für den Einsatz von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft BMVg zur Beförderung von Personen des politischen und parlamentarischen Bereichs geregelt.25 Folgender Personenkreis darf danach die Flugbereitschaft in Anspruch nehmen: Der Bundespräsident, der Bundestagspräsident , der Bundeskanzler, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, die Bundesminister, die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, ferner die Abgeordneten des Deutschen Bundestags auf Anforderung des Bundestagspräsidenten sowie die Parteichefs von im Bundestag vertretenen Parteien. Der Wehrbeauftragte, der kein Mitglied des Deutschen Bundestages ist (§ 14 Abs. 3 WBeauftrG)26, gehört nicht zu dem o.g. berechtigten Personenkreis. 3.2. Teleologische Extension Fraglich ist, ob der Wehrbeauftragte im Wege einer „extensiven“ Auslegung der o.g. Richtlinien als „berechtigte Person“ angesehen werden kann. Anhaltspunkte, dass es sich hierbei um eine ausfüllungsbedürftige Normlücke handelt, sind indes nicht ersichtlich. Der Wehrbeauftragte ist nicht planwidrig, sondern – ebenso wie z.B. der Präsident des Bundesrats, der Präsident des Bundesrechnungshofes, die „einfachen“ Verfassungsrichter u.a.m. – offenbar bewusst nicht in den durch die Richtlinie begünstigten Personenkreis aufgenommen worden.27 Statt einer extensiven Auslegung bedürfte es insoweit einer Änderung der o.g. Richtlinien durch den Bundesverteidigungsminister. Dieser hat jedoch bei der inhaltlichen Ausgestaltung 25 VMBl 1989, S. 197 ff. v. 10. Mai 1989 mit den Durchführungsbestimmungen zu den Richtlinien für die Nutzung von Luftfahrzeugen der Bundeswehr im Rahmen dienstlicher Einsätze, VMBl 1991, S. 223 ff. v. 26.3.1991. 26 Gem. § 14 Abs. 3 WBeauftrG darf der Wehrbeauftragte keiner Regierung und keiner gesetzgebenden Körperschaft des Bundes angehören. Mit der Annahme seines Amtes muss ein aus der Mitte des Bundestages gewählter Wehrbeauftragter sein Abgeordnetenmandat im Bundestag zurückgeben. 27 Der Wehrbeauftragte wurde in der Aufzählung der Berechtigten auch nicht „übersehen“, da es das Amt zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinien schon gab. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 10 von Regelungen (Richtlinien) betreffend die Verwendung ressorteigener Sachmittel (Dienstfahrzeuge , Flugbereitschaft etc.) einen weiten (und kaum justitiablen) Ausgestaltungsspielraum . 3.3. Amtshilfe Fraglich ist, ob die Inanspruchnahme der Flugbereitschaft durch den Wehrbeauftragten – ungeachtet der Regelung der Richtlinie – nach Amtshilfegrundsätzen möglich wäre. Für die Nutzung der Bundeswehr-Flugbereitschaft zu Truppenbesuchen im Ausland sind die Amtshilferegelungen – wie unter 2. geprüft – nicht anwendbar. Für Flüge im Inland gelten insoweit die §§ 4 und 5 VwVfG. Bei der Feststellung der entsprechenden Voraussetzungen ist ein tendenziell strenger Maßstab anzulegen.28 Die ersuchende Behörde hat gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen, ob eine wesentliche Vereinfachung oder Verbilligung zu erwarten steht. Ergibt der vorzunehmende Kostenvergleich, dass nur ein unwesentlicher Unterschied besteht, darf nicht um Amtshilfe ersucht werden – ebenso wenig rechtfertigt bloße Zeitersparnis (bei im Übrigen nur unwesentlich geringerem Aufwand) die Inanspruchnahme von Amtshilfe.29 Die Nutzung des zivilen Flugverkehrs in Deutschland stellt insoweit regelmäßig eine zumutbare „Alternative“ zur Inanspruchnahme der Flugbereitschaft der Bundeswehr im Wege der Amtshilfe dar. Ein Anspruch auf Amtshilfe scheidet daher aus. 3.4. Verfassungsorgantreue Zu prüfen bleibt schließlich, ob unter dem Gesichtspunkt des ungeschriebenen Grundsatzes der Verfassungsorgantreue30 eine Inanspruchnahme der Flugbereitschaft durch den Wehrbeauftragten möglich wäre und sich die entsprechende Richtlinie des BMVg schon aus diesen Gründen als korrekturbedürftig erweist. Im Gegensatz zum verwandten Institut der Bundestreue ist der Grundsatz der Verfassungsorgantreue zwar weitgehend anerkannt, gleichwohl aber in der Praxis eher blass geblieben.31 Aus der Verfassungsorgantreue ergeben sich für die Verfassungsorgane beispielsweise Pflich- 28 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, § 5, Rdnr. 7. 29 Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, § 5, Rdnr 12. 30 Dazu umfassend Schenke, Verfassungsorgantreue; Lorz verwendet den (weiterreichenden) Begriff des „Interorganrespekts “. 31 Voßkuhle, in: NJW 1997, S. 2216. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 11 ten zur Rücksichtnahme bei der Ausübung der eigenen Kompetenzen oder die Pflicht zum gegenseitigen Respekt gegenüber anderen Verfassungsorganen. Im Einzelfall kann sich auch die Pflicht zum positiven Zusammenwirken und zur gegenseitigen Hilfeleistung ergeben32 – vor allem dort, wo eine kooperative Mitwirkung aller Beteiligten vonnöten erscheint. Die Verfassungsorgantreue entfaltet dabei Wechselwirkungen mit dem Prinzip von „Treu und Glauben “ sowie dem allgemeinen Missbrauchsverbot.33 Anhaltspunkte, dass das BMVg bei der Ausübung seiner Ressortkompetenz (Art. 65 S. 2, 65a GG) – also mit der Regelung über die Nutzung der Flugbereitschaft – gegen Grundsätze der Verfassungsorgantreue oder das allgemeine Missbrauchsverbot verstoßen hat, sind nicht ersichtlich . Insoweit ist auf die selben Erwägungen wie bei der Amtshilfe (zumutbare Alternative ) abzustellen. 3.5. Ergebnis Ein rechtlicher Anspruch des Wehrbeauftragten auf Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr ist nicht ersichtlich. 4. Literaturnachweise Bader / Ronellenfitsch (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz: Kommentar, München 2012. Dreier (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar, Bd. II, Tübingen 2. Aufl. 2006. Epping / Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar, München 2009. Jarass / Pieroth, Grundgesetz: Kommentar, München 12. Aufl. 2012. Lorz, Ralph Alexander, Interorganrespekt im Verfassungsrecht, Tübingen 2001. Maunz / Dürig / Herzog (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar, Bd. IV (Losebl.), 66. Erg.-Lfg. 2012. v. Münch/ Kunig (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar (Band 1: Präambel bis Art. 69), München 6. Aufl. 2012. 32 Lorz, Interorganrespekt, S. 84 ff. Vgl. insoweit auch die Bemerkungen des BVerfG zum Rechtsgutachten von Richard Thoma (Jahrbuch des Öffentlichen Rechts (JöR) Bd. 6 n.F. (1957), S. 194 (206f.), zitiert bei Voßkuhle, NJW 1997, S. 2216): „Die Koordination der Verfassungsorgane verlangt vielmehr als Korrelat ihrer Unabhängigkeit , dass (diese) bei Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Tätigkeit harmonisch zusammenwirken und alles unterlassen , was das Ansehen der anderen Verfassungsorgane schädigt und damit die Verfassung selbst gefährden könnte.“ 33 Schenke, Verfassungsorgantreue, S. 48 ff. Wissenschaftliche Dienste Ausarbeitung WD 2 – 3000 - 033/13 Seite 12 Rüthers, Bernd / Fischer, Christian / Birk, Axel, Rechtstheorie mit Juristischer Methodenlehre, München 6. Aufl. 2011. Sachs, Michael (Hrsg.), Grundgesetz: Kommentar, München 6. Aufl. 2011. Schenke, Wolf-Rüdiger, Die Verfassungsorgantreue, Berlin 1977. Schlink, Bernhard, Die Amtshilfe, Berlin 1982. Schnapp, Friedrich E., Zum Anwendungsbereich der Amtshilfevorschriften, insbesondere im „ressortübergreifenden“ Amtshilfeverkehr, in: DVBl. 1987, S. 561 – 565. Starck, Christian (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz (Band 2: Art. 20-82), München 2010. Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz: Kommentar, München 8. Aufl. 2013. Umbach / Clemens (Hrsg.), Grundgesetz: Mitarbeiterkommentar und Handbuch, Band I, Heidelberg 2002. Voßkuhle, Andreas, Der Grundsatz der Verfassungsorgantreue und die Kritik am Bundesverfassungsgericht , in: NJW 1997, S. 2216-2219. Ziekow, Jan, Verwaltungsverfahrensgesetz: Kommentar, Stuttgart 2. Aufl. 2010.