SACHSTAND Thema: Der Konflikt um das iranische Atomprogramm Fachbereich II Auswärtiges, Internationales Recht, Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Verteidigung, Menschenrechte und humanitäre Hilfe Tel.: Verfasser: Abschluss der Arbeit: 13. März 2006 Reg.-Nr.: WF II – 031/06 Ausarbeitungen von Angehörigen der Wissenschaftlichen Dienste geben nicht die Auffassung des Deutschen Bundestages, eines seiner Organe oder der Bundestagsverwaltung wieder. Vielmehr liegen sie in der fachlichen Verantwortung des einzelnen Verfassers und der Fachbereichsleitung. Die Ausarbeitungen sind dazu bestimmt, das Mitglied des Deutschen Bundestages, das sie in Auftrag gegeben hat, bei der Wahrnehmung des Mandats zu unterstützen. Der Deutsche Bundestag behält sich die Rechte der Veröffentlichung und Verbreitung vor. Diese bedürfen der Zustimmung des Direktors beim Deutschen Bundestag. - 2 - Inhaltsverzeichnis Seite 1. Die Anfänge des iranischen Atomprogramms 3 2. Ursprünge des internationalen Konflikts 3 3. Die Atomfrage im Kontext der europäischen und amerikanischen Iranpolitik 5 4. Die Verhandlungen der Europäischen Union mit Iran 7 5. Der Atomkonflikt im multilateralen Verhandlungsprozess 9 Dokumente und Literatur 17 - 3 - 1. Die Anfänge des iranischen Atomprogramms Die Anfänge der iranischen Kernenergiepolitik reichen bis in die fünfziger Jahre zurück, als mit Unterstützung des Westens, insbesondere der USA, erste Schritte zu einem groß angelegten Programm zur nuklearen Energieerzeugung unternommen wurden (Thränert 2003: 7). Ein im Jahre 1974 begonnener Bau von Leichtwasserreaktoren in Bushehr konnte jedoch bis heute nicht fertig gestellt werden, weil der Westen nach der iranischen Revolution 1979 seine Unterstützung für das Atomprogramm einstellte und weil die Anlagen während des Krieges zwischen Irak und Iran 1987/88 stark beschädigt wurden (Riecke 2002: 180; Cordesman 2002: 28). Bis Anfang 2006 soll der Bau nun mit russischer Hilfe vollendet werden (Thränert 2005: 24). Von den Leichtwasserreaktoren geht keine militärische Gefahr aus, solange sie lediglich zur Stromerzeugung eingesetzt werden und unter Kontrolle der IAEA (Internationale Atomenergie- Organisation) stehen (Thränert 2003: 9). Im Jahre 1968 ist Iran dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) beigetreten, der das Land verpflichtet, die Herstellung, den Erwerb und die Verbreitung von Kernwaffen zu unterlassen und Kernenergie ausschließlich für friedliche Zwecke zu nutzen. Die Einhaltung dieses Vertrages wird von der IAEA durch die Kontrolle atomaren Materials und nuklearer Anlagen überwacht (Meier 2005: 57). Im Mai 1974 hat Iran mit der IAEA darüber hinaus ein Abkommen über umfassende Sicherungsmaßnahmen abgeschlossen, das ausschließen soll, dass nuklearer Brennstoff im Iran für militärische Zwecke genutzt werden kann (Meier 2004: 1). 2. Ursprünge des internationalen Konflikts Die Verfolgung von Projekten der Urananreicherung stellt an sich keinen Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag dar. Vielmehr steht allen Vertragsstaaten nach Artikel IV die volle Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken zu. Allerdings ist diese Bestimmung im Zusammenhang mit Artikel III des Vertrages zu sehen, der die Überprüfung des Verzichts auf Nuklearwaffen durch die Nichtkernwaffenstaaten vorsieht. Hier setzt die Kritik an Iran an. Es steht heute fest, dass Iran meldepflichtige Uranimporte aus China und deren Weiterverarbeitung nicht deklariert hat. Trotz jahrelanger Inspektionen ist die IAEA immer noch weit davon entfernt, sich ein umfassendes Bild - 4 - vom iranischen Atomprogramm machen zu können. Vor diesem Hintergrund hat der Gouverneursrat der IAEA im September 2005 eine Resolution verabschiedet, in der konstatiert wird, dass Teheran seine Verpflichtungen nach seinem IAEA- Sicherungsabkommen nicht eingehalten hat (Thränert 2006: 2). Erste Hinweise auf ein militärisch orientiertes Nuklearprogramm Irans lieferte eine iranische Exiloppositionsgruppe, die im August 2002 auf einer Pressekonferenz in Washington erklärte, dass Iran neue Anlagen zur Urananreicherung in Betrieb genommen habe, ohne die IAEA zu informieren (Reissner 2003: 18). Diese Behauptung wurde noch im selben Jahr durch Satellitenaufnahmen von den bis dahin geheim gehaltenen iranischen Atomforschungszentren Natanz und Arak belegt (Albright/Hinderstein 2002: 1). In einer Erklärung vom 9. Februar 2003 gab dann der iranische Präsident Khatami öffentlich zu, dass Iran an einem Nuklearprogramm arbeite, bei dem auch hoch angereichertes Uran produziert werden solle (Reissner 2003: 18). Bei einer Inspektion der Anlage Natanz durch die IAEA Ende Februar 2003 stellte sich heraus, dass Iran tatsächlich in der Lage ist, nukleare Vorprodukte für die Herstellung von Atomwaffensprengstoff zu erzeugen (Meier 2005: 54). Zudem wird in der Anlage in der Nähe der Stadt Arak bekanntermaßen Schwerwasser hergestellt, welches für die Herstellung von Waffenplutonium geeignet ist, aber nur einen geringen energiewirtschaftlichen Nutzen besitzt (Müller 2003: 7). Schließlich investierte die iranische Regierung über Jahre hinweg in ein aufwendiges Raketenprogramm, das nach Expertenansicht nur im Zusammenhang mit einem Atomwaffenprojekt militärisch effektiv ist (Thränert 2005a: 25). In den USA, aber auch in Europa hegt man seit längerem den Verdacht, dass Iran heimlich Forschung zur Entwicklung der Atombombe betreiben und in den nicht gemeldeten Anlagen Atomwaffensprengstoff herstellen könnte (Eberle 2004: 8). Es sei denkbar, dass Iran, sobald es die Technologie zum Bau der Atombombe beherrsche, den Atomwaffensperrvertrag kündigen und die internationalen Inspektoren des Landes verweisen könnte (Sokolski 2005: 54; Thränert 2005a: 25). Dagegen bestreitet Teheran bis heute vehement, Atomwaffen herstellen zu wollen (Meier 2004: 1). Mit der Schließung des nuklearen Brennstoffkreislaufes solle lediglich eine größere Unabhängigkeit vom Öl erreicht werden (Meier 2005: 55). Iran mache somit nur von seinem durch den Atom- - 5 - waffensperrvertrag verbrieften Recht der friedlichen Nutzung der Kernenergie Gebrauch (Reissner 2005: 2). 3. Die Atomfrage im Kontext der europäischen und US-amerikanischen Iranpolitik Seit der iranischen Revolution im Jahre 1979 zeichnet sich das Verhältnis der westlichen Länder zu Iran durch Wechselhaftigkeit und durch mehr oder minder große Spannungen aus. Die Wahl Khatamis zum iranischen Präsidenten im Jahre 1997 leitete dann vorübergehend eine Phase des Tauwetters ein, in der sowohl von europäischer als auch von US-amerikanischer Seite Schritte zu einer Normalisierung der Beziehungen unternommen wurden. Die USA und Europa verfolgten dabei das gemeinsame Ziel, Iran in den zentralen Fragen der Herstellung von Massenvernichtungswaffen, der Anerkennung Israels, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der Menschenrechte zu Zugeständnissen zu bewegen. Strategisch setzen die USA allerdings weiterhin vor allem auf die Anwendung von Druckmitteln, während man in Europa eher eine Politik des Dialoges verfolgt (Reissner 2003: 25). Diese Unterschiede kommen auch in der Frage des Umgangs mit der iranischen Atompolitik zum Tragen. Mit Beginn der Tauwetterperiode verbesserten sich die europäisch-iranischen Beziehungen sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf politischem Gebiet. Seit Ende der neunziger Jahre ist ein rascher, bis heute anhaltender Anstieg des Handelsvolumens zwischen der EU und Iran zu verzeichnen, und im Frühjahr 1998 wurde ein politischer Dialog zwischen der EU, repräsentiert durch Großbritannien, Frankreich und Deutschland (EU-3), und Iran aufgenommen, der auch Menschenrechts- und sicherheitspolitische Fragen umfasste (Reissner 2003: 26). Getragen vom eigenen Interesse an Energiesicherheit und an regionaler Stabilität wollen die Europäer zur internationalen und regionalen Integration Irans auch auf sicherheitspolitischer Ebene beitragen (Reissner 2005: 1). Einen qualitativ neuen Schritt in der Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen beinhalteten dann die am 12. Dezember 2002 aufgenommenen europäischiranischen Verhandlungen über ein Handels- und Kooperationsabkommen. Die europäische Erwartung eines iranischen Entgegenkommens in den Bereichen Massenvernichtungswaffen , Anerkennung Israels und Menschenrechte führte aber in Iran bereits zu - 6 - deutlich ablehnenden Reaktionen und letztlich zu einer Unterbrechung der Verhandlungen (Reissner 2003: 27; 2004: 7). Bezüglich der iranischen Atompolitik forderte der Rat der EU bereits im Jahre 2002 eine enge Kooperation Irans mit der IAEA und sprach sich im Falle nicht kooperativen Verhaltens letztlich auch für die Verhängung von Sanktionen durch die Vereinten Nationen aus (Reissner 2003: 28). Konkret verlangt die Europäische Union seitdem eine „objektive Garantie“ Teherans, die den Gebrauch der Anlagen zur Atomwaffenproduktion definitiv ausschließt (Cirincione 2005: 66). Iran soll dazu bewegt werden, auf die Anreicherung von Uran und die Wiederaufbereitung von Plutonium dauerhaft zu verzichten (Rudolf 2005: 2). Zur Umsetzung dieser Vorstellungen hat die EU-3 gegenüber Iran zunächst eine Politik der positiven, vor allem wirtschaftlichen Anreize verfolgt (Thränert 2004: 2). Zum einen wollten die Europäer im Gegenzug zu einem Verzicht Teherans auf die Urananreicherung Iran bei der zivilen Nutzung der Kernenergie unterstützen (Eberle 2004: 1). Zum anderen sollte Iran durch Handels- und Kooperationsabkommen wirtschaftlich und politisch stärker in die internationale Gemeinschaft eingebunden werden (Reissner 2003: 27). Darüber hinaus wurde Teheran Ende Mai 2005 die Tür zu Beitrittsverhandlungen mit der Welthandelsorganisation (WHO) geöffnet, nachdem die USA ihren Widerstand gegen die Aufnahme Irans aufgegeben hatten (Süddeutsche Zeitung vom 27.05.2005). In den USA betrachtet man das iranische Regime vor allem als politischen Unsicherheitsfaktor , der die Region zu destabilisieren droht. Seit der iranischen Revolution von 1979 verfolgt die amerikanische Regierung daher gegenüber dem Land grundsätzlich eine Politik der Eindämmung. Mitte der neunziger Jahre wurde diese Politik sogar noch einmal durch eine Verschärfung von Sanktionen gegenüber Iran unterstrichen. Ebenso wie die Europäer vollzog die amerikanische Regierung nach der Wahl Khatamis zum Präsidenten dann einen politischen Schwenk. Mitte 1998 bekundete die Clinton- Regierung die Bereitschaft, sich auf einen Prozess paralleler vertrauensbildender Maßnahmen mit dem Ziel einzulassen, eine Road Map für die Normalisierung der Beziehungen zu entwickeln (Rudolf 2004: 2). Präsident Bush vollzog jedoch eine Abkehr von dieser Politik und rechnete bereits Anfang 2002 Iran der so genannten „Achse des Bösen “ zu (Reissner 2003:16). - 7 - Im Gefolge der 2002 gewonnenen Erkenntnisse über das Ausmaß der iranischen Nuklearprogramme machten die USA deutlich, dass sie den Bau iranischer Nuklearwaffen nicht tolerieren würden. Als mögliche Gegenmaßnahmen wurde auch die Anwendung militärischer Gewalt nicht ausgeschlossen (Rudolf 2004: 3). Maßgebliche Kräfte in der US-Regierung befürworten eine schärfere Gangart gegenüber Iran, ihnen ist es aber bislang nicht gelungen, die Politik der Bush-Administration ausdrücklich auf das Ziel des Regimewandels festzulegen (Rudolf 2004: 4). Bislang konnten sich aber auch die Befürworter einer begrenzten Annäherung an Iran nicht mit ihrer Auffassung durchsetzen . Im Ergebnis blieb die Iranpolitik fast vollständig den Europäern überlassen (Rudolf 2005: 1). Deren Dialogstrategie gegenüber Iran wurde jedoch in den USA lange Zeit mit Skepsis verfolgt (Frankfurter Allgemeine vom 10.08.2005). Durch die Meldungen über das neue nukleare iranische Rüstungsprogramm sah man sich in den USA in seiner Haltung, das iranische Regime vor allem durch Druck zur Abkehr von seiner Atompolitik zu bewegen, bestärkt (Rudolf 2004: 3). Die europäische Forderungen nach einem aktiven Engagement der Amerikaner im iranischen Atomkonflikt und einer Unterstützung der europäischen Verhandlungen sowie die Führung eines politischen Dialoges mit dem Iran wurden deshalb abgelehnt (Rudolf 2005: 1). Die US-Regierung befürchtete , dass die Verhandlungen mit Teheran eine trügerische Sicherheit vermitteln könnten, während Iran sein Atomprogramm weiterhin ungestört vorantreibe (Rudolf 2005: 2). Allerdings hat Präsident Bush die amerikanische Position dann während seiner Europareise im Februar 2005 modifiziert (Neue Zürcher Zeitung vom 01.03.2005). Im Gegenzug erklärten sich die Europäer bereit, im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen mit Iran amerikanische Bemühungen um eine Überweisung des Konfliktes an den Sicherheitsrat der Vereinten Natione zu unterstützen (Süddeutsche Zeitung vom 12.03.2005). 4. Die Verhandlungen der Europäischen Union mit Iran Im Oktober 2003 entschlossen sich die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands, kurzfristig nach Teheran zu fliegen mit dem Ziel, mit der dortigen Führung Verhandlungen über eine kooperative Lösung des Atomproblems zu vereinbaren . Kerngedanke war von Beginn an, Iran von einer freiwilligen Aufgabe der ihm rechtlich zustehenden Urananreicherung und aller anderen Aktivitäten, die zu einem vollen nuklearen Brennstoffkreislauf führen können, zu überzeugen. Dadurch sollte Iran - 8 - die Gelegenheit gegeben werden, das durch sein vorheriges Fehlverhalten verspielte internationale Vertrauen zurück zu gewinnen (Thränert 2005b: 13). Die Bilanz der seitdem geführten Verhandlungen zwischen der EU und Iran über das Atomprogramm fällt wechselhaft aus. Zunächst gelang es der EU, mit Iran das so genannte „Teheraner Abkommen“ zu schließen, in dem Iran einwilligte, seine als kritisch bewerteten Aktivitäten im Bereich der Atomforschung und der Urananreicherung zu unterlassen1. Außerdem unterzeichnete Iran am 18. Dezember 2003 ein Zusatzprotokoll zu seinem Sicherungsabkommen mit der IAEA, in welchem der IAEA ausdrücklich gestattet wird, auch die bisher geheim gehaltenen Anlagen zu inspizieren (Handelsblatt vom 19.12.2003). Im Juni 2004 nahm Teheran jedoch die Produktion von Gasultrazentrifugen und Uranhexaflorid wieder auf (Eberle 2004: 1). Daraufhin wurde im September 2004 der Generaldirektor der IAEA durch Beschluss des Gouverneursrates aufgefordert, bis November desselben Jahres einen umfassenden Bericht über die Zusammenarbeit mit Iran vorzulegen (Frankfurter Allgemeine vom 18.09.2004). Auf dessen Grundlage sollte über eine Überweisung des Falles an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen entschieden werden (Frankfurter Allgemeine vom 18.09.2004). Durch einen erneuten Kompromiss zwischen Iran und der EU konnte die Entscheidung über eine Verweisung an den Sicherheitsrat jedoch abgewendet werden (Thränert 2005a: 27). Am 15. November 2004 wurde das so genannte „Pariser Abkommen“ zwischen der EU und Iran geschlossen, in dem Iran zusichert, seine entsprechenden Aktivitäten so lange auszusetzen, wie die politischen Gespräche mit den EU-3 über eine langfristige Lösung andauern2. Verbunden war dies mit dem Angebot der EU, über nukleare, politische und sicherheitspolitische Fragen sowie über einen Ausbau der wirtschaftlichen und technologischen Kooperation zu verhandeln (Frankfurter Allgemeine vom 16.11.2004). Auf der Grundlage des Pariser Abkommens entwickelten die EU-3 konkrete Vorschläge, die der iranischen Seite am 5. August 2005 unterbreitet wurden. Sofern Iran der zentralen europäischen Forderung nachkommen würde, keine eigenständige Urananreicherung zu betreiben, sichert die EU zu, das Land bei der fried- 1 Englischer Originaltext und deutsche Übersetzung unter: http://www.auswaertiges-amt.de (Stand: 05.09.2005). 2 Der Originaltext der Erklärung ist auf der Internetseite des britischen Außenministeriums abrufbar: (http.//www.fco.gov.uk/Files/KFile/Cm6443.pdf) (pp. 154/55). - 9 - lichen Nutzung der Atomenergie technologisch zu unterstützen (Frankfurter Allgemeine vom 10.08.2005). 5. Der Atomkonflikt im multilateralen Verhandlungsprozess Am 8. August 2005 teilte die iranische Atomenergiebehörde in Teheran mit, dass man den umstrittenen Betrieb der Urankonversionsanlage in Isfahan wieder aufgenommen habe (Das Parlament vom 22./29.08.2005: 18). Zugleich lehnte die iranische Regierung das Verhandlungsangebot der EU-3 vom 5. August 2005 ab (Frankfurter Allgemeine vom 09.08.2005). Aus Teheran verlautete, die EU-3 Vorschläge seien inakzeptabel und verletzten das Recht Irans auf eine eigenständige Urananreicherung (Süddeutsche Zeitung vom 08.08.2005). Daraufhin wurde auf Antrag der EU eine Sondersitzung des Gouverneursrates der IAEA in Wien einberufen, bei der es um das weitere Vorgehen in dem Konflikt ging (Frankfurter Allgemeine vom 10.08.2005.). In einem gemeinsamen Schreiben drohten die drei europäischen Verhandlungspartner Iran mit dem Abbruch der Gespräche und kündigten an, sich im Gouverneursrat der IAEA für eine Überweisung des Falles an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einzusetzen (Das Parlament vom 22./29.08.2005). Die am 11. August einstimmig verabschiedete Resolution des Gouverneursrats der IAEA enthielt allerdings noch keinen Beschluss über ein solches Vorgehen (Süddeutsche Zeitung vom 12.08.2005). Stattdessen wurde Iran aufgefordert, die Urankonversion sowie jegliche Form der Urananreicherung einzustellen und die Anlage in Isfahan wieder durch die IAEA versiegeln zu lassen (Frankfurter Allgemeine vom 12.08.2005). Am 3. September legte der Präsident der IAEA, Mohammed El Baradei, dann einen Bericht darüber vor, wie weit Iran diesen Vorgaben nachgekommen ist. Darin wird Iran zwar vorgeworfen, die Urankonversion in Isfahan wieder aufgenommen und in unzureichender Weise mit der IAEA kooperiert zu haben. Zugleich wird aber auch festgestellt , dass eine Urananreicherung bisher nicht erfolgt sei (Süddeutsche Zeitung vom 12.08.2005; Neue Zürcher Zeitung vom 05.09.2005). Nachdem Iran mehrmals bekräftigt hatte, auf die Anreicherung von Uran nicht verzichten zu wollen, wurden die Verhandlungen zwischen der EU-3 und Teheran sowohl in den USA als auch in Europa vorläufig als gescheitert betrachtet (Süddeutsche Zeitung - 10 - vom 07.09.2005 und vom 12.09.2005; Frankfurter Allgemeine vom 12.09.2005 und vom 19.09.2005). Die Regierungen in Europa und den USA haben seitdem ihre Bemühungen verstärkt, im Gouverneursrat der IAEA einen Beschluss zur Überweisung des Atomstreits mit Iran an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen herbeizuführen (Frankfurter Allgemeine vom 02.09.2005), um Teheran zur Rückkehr an den Verhandlungstisch zu bewegen (Reuters, 20.09.2005). Am 22. September 2005 hat die Europäische Union diese Absicht jedoch zunächst aufgegeben. In den voraus gegangenen viertägigen Verhandlungen im Gouverneursrat der IAEA war deutlich geworden, dass der europäische Resolutionsentwurf insbesondere aufgrund des Widerstandes der drei einflussreichen Staaten Russland, China und Indien keine Mehrheit in dem Gremium finden würde (Frankfurter Allgemeine vom 23.09.2005). Ein abgeschwächter Resolutionsentwurf erhielt dann bei der Abstimmung im Gouverneursrat 22 der 35 Stimmen (Frankfurter Allgemeine vom 26.09.2005). Allerdings drohten die europäischen Länder und die USA weiterhin damit, den Fall vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu bringen, falls Iran sich weiteren Verhandlungen über sein Atomprogramm verweigern würde (Süddeutsche Zeitung vom 12.10.2005; Süddeutsche Zeitung vom 15.10.2005). Anfang November 2005 forderten die Außenminister der EU Iran noch einmal auf, zur Aussetzung aller mit der Anreicherung von Uran verbundenen Aktivitäten zurückzukehren (Frankfurter Allgemeine vom 08.11.2005). Die Regierung in Teheran wies die Bedingungen der EU für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen jedoch zurück und unterstrich den Anspruch des Landes auf einen eigenen Brennstoffkreislauf (Frankfurter Allgemeine vom 09.11.2005). Zudem forderte die iranische Regierung eine Rücknahme der jüngsten Resolution der IAEA. Andernfalls werde Iran die „freiwilligen Maßnahmen“ beenden, an die sich das Land im Atomstreit bisher gehalten habe (Frankfurter Allgemeine vom 28.09.2005). Bekräftigt wurde diese Drohung durch einen Beschluss des iranischen Parlaments, der die Regierung dazu auffordert, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag, das den Inspekteuren der IAEA weit reichende Inspektionen ermöglicht, auszusetzen (Süddeutsche Zeitung vom 29.09.2005). Wenig später signalisierte Iran jedoch gerade in der Frage des Zugang von IAEA-Inspekteuren zu bestimmten Anlagen wiederum Kompromissbereitschaft (Süddeutsche Zeitung vom 12.10.2005; Süddeutsche Zeitung vom 15.10.2005). - 11 - Mitte November 2005 schien erstmals wieder Bewegung in den Konflikt über das iranische Nuklearprogramm zu kommen, weil sich die wichtigsten Verhandlungspartner Teherans auf einen Kompromissvorschlag verständigten, der als „russische Variante“ schon seit längerem im Gespräch gewesen war. Die Gruppe der EU-3, die USA und Russland wollten Iran vorschlagen, die umstrittene Urananreicherung künftig nicht in Iran selbst, sondern im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens in Russland vorzunehmen . Danach könnte Iran in seiner Konversionsanlage in Isfahan das Gas Uranhexafluorid herstellen, welches dann in einem iranisch-russischen Unternehmen in Russland so weit angereichert würde, dass es als Brennstoff für Atomkraftwerke geeignet wäre. Der Plan sieht vor, dass das angereicherte Uran dann zur Energiegewinnung nach Iran gebracht und Russland den gesamten Atommüll zurücknehmen würde. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Iran Material für den Bau von Atomwaffen abzweigt. Als weit reichendes Zugeständnis wird dabei gewertet, dass Iran die Konversion im eigenen Land betreiben könnte (Frankfurter Allgemeine vom 11.11.2005; Süddeutsche Zeitung vom 11.11.2005). In Iran stieß die so genannte „russische Variante“ zunächst auf vollständige Ablehnung (Frankfurter Allgemeine vom 14.11.2005). Mit einigem zeitlichen Abstand wurde diese harte Haltung dann aber zumindest modifiziert. Ende November 2005 erklärte Teheran grundsätzlich seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Russland bei der Uran- Anreicherung (Süddeutsche Zeitung vom 26.11.2005; Frankfurter Allgemeine vom 28.11.2005). Dieses Signal für mehr Flexibilität in der Atomfrage stand allerdings im Kontrast zu dem Bild, das die iranische Politik insgesamt abgab. Denn Mitte Dezember billigte der iranische Präsident ein Gesetz, dem zufolge Iran bei einer Eskalation des Atomstreits die internationale Kontrolle seiner Anlagen aussetzen kann. Insbesondere können nun unangemeldete Kontrollen der IAEA untersagt werden, wenn die Behörde Iran wegen des Atomstreits vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen bringen sollte (Frankfurter Rundschau vom 19.12.2005). Darüber hinaus deuteten die zunehmend provokativen Äußerungen des neuen iranischen Präsidenten Achmedinedschad darauf hin, dass Iran mehr und mehr auf einen Konfrontationskurs einschwenken würde (Frankfurter Rundschau vom 28.10.2005 und vom 10.12.2005). Schließlich hatten sich seit Mitte November 2005 die Hinweise verdichtet, dass es Teheran entgegen seinen Beteuerungen, ausschließlich an einer zivilen Nutzung der Atomkraft interessiert zu sein, letztlich doch um den Bau von Atomsprengköpfen geht. Amerikanischen Geheim- - 12 - dienstinformationen zufolge gibt es umfassende Dokumente über iranische Computersimulationen und Experimente zum Bau eines Atomwaffensprengkopfs (Frankfurter Allgemeine vom 16.11.2005; Frankfurter Rundschau vom 24.11.2005). Trotz der sich verschärfenden Tonlage wurden am 20. Dezember 2005 die Atomverhandlungen der EU-3 mit Iran auf Expertenebene in Wien wieder aufgenommen. Bei dem Termin einigte man sich darauf, die Gespräche im Januar mit dem Ziel fortzusetzen , wieder zu förmlichen Verhandlungen zu gelangen (Frankfurter Rundschau vom 19.12.2005; Frankfurter Allgemeine vom 21.12.2005 und vom 22.12.2005). Dieser leichte Annäherungsprozess im Atomkonflikt wurde jedoch jäh unterbrochen, als die iranische Regierung mitteilte, sie wolle ihre Forschungsarbeiten zur Herstellung von nuklearem Brennstoff wiederaufnehmen (Frankfurter Allgemeine vom 04.01.2006; Süddeutsche Zeitung vom 04.01.2005 und vom 05.01.2005). Am 3. Januar unterrichtete Iran die Atomenergiebehörde in Wien von der Absicht, am 9. Januar die Forschungsund Entwicklungstätigkeit im Programm für eine friedliche Nutzung der Kernenergie wieder aufzunehmen. Einen Tag später wurden in Anwesenheit von IAEA-Inspektoren die Siegel der Anreicherungsanlage in Natanz aufgebrochen. Die iranische Regierung setzte die IAEA in Kenntnis, dass sie die Zentrifugen in der Forschungsanlage wieder in Betrieb nehmen wolle, um in geringem Umfang Uran anzureichern. Zwei Jahre zuvor hatte die IAEA diese Tore mit dem Einverständnis der iranischen Regierung versiegelt (Frankfurter Allgemeine vom 11.01.2006; Süddeutsche Zeitung vom 11.01.2006; Frankfurter Rundschau vom 11.01.2006). Nach der iranischen Ankündigung forderten die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen die iranische Führung in getrennten, aber weitgehend gleich lautenden Schreiben eindringlich auf, auf die Wiederaufnahme der Anreicherung von Uran zu verzichten und die Verhandlungen mit der EU wieder aufzunehmen (Frankfurter Allgemeine vom 11.01.2006; Süddeutsche Zeitung vom 11.01.2006; Frankfurter Rundschau vom 11.01.2006). Wenige Tage später ging die Europäische Union noch einen Schritt weiter. Bei einem Treffen in Berlin beschlossen die Außenminister der EU-3-Staaten im Beisein des EU-Außenbeauftragten Solana, die Wiederaufnahme der iranischen Nuklearforschung als Beratungsgegenstand dem Gouverneursrat der IAEA zuzuweisen und dort darauf hinzuwirken, dass der Fall an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen überwiesen wird (Frankfurter Allgemeine vom 13.01.2006; - 13 - Süddeutsche Zeitung vom 13.01.2006; Frankfurter Rundschau vom 13.01.2006). Diese Position wurde wenig später von den 25 Außenministern der EU während ihres monatlichen Treffens in Brüssel bestätigt. In einer gemeinsamen Erklärung, die eine spätere Rückkehr zu Verhandlungen nicht ausschließt, unterstützen die Minister das Bemühen der EU-3, durch eine Unterrichtung des Sicherheitsrats die Autorität der IAEA zu stärken . Dies sei zu diesem Zeitpunkt ein „notwendiger und angemessener Schritt“ (Frankfurter Allgemeine vom 31.01.2006; Süddeutsche Zeitung vom 31.01.2006). Bereits die erste Ankündigung der westlichen Länder, sich für eine Einschaltung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in den Konflikt um das iranische Atomprogramm einzusetzen, hatte eine scharfe Reaktion der iranischen Regierung hervorgerufen . Für den Fall, dass der Atomstreit vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhandelt werde, drohte Iran ein Ende der Zusammenarbeit mit dem Westen an (Süddeutsche Zeitung vom 14.01.2006). Zugleich versuchte Teheran aber durch ein Angebot an die EU zur Wiederaufnahme von Gesprächen die drohende Anrufung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu unterlaufen. In einem an Großbritannien, Deutschland und Frankreich gerichteten Brief schlug der stellvertretende Direktor des Nationalen Sicherheitsrats Irans den EU-3 neue Verhandlungen vor, in denen Zweifel an den ausschließlich friedlichen Zielen des iranischen Nuklearprogramms ausgeräumt werden sollten. Wenig später legte die iranische Seite bei einem auf iranischen Wunsch zustande gekommenen Gespräch zwischen Vertretern Irans und der EU-3 darüber hinaus einen Sechs-Punkte-Vorschlag für die Wiederaufnahme von Verhandlungen vor.3 Aus Sicht der EU-3 enthielten die iranischen Initiativen jedoch keine neuen Aspekte. Trotz der erneuten Gesprächsbereitschaft der iranischen Regierung blieben Europäer und Amerikaner daher fest entschlossen, an dem Ziel einer Krisensitzung der IAEA über Irans Nuklearprogramm festzuhalten (Frankfurter Allgemeine vom 18.01.2006, 19.01.2006 und 31.01.2006; Süddeutsche Zeitung vom 31.01.2006). 3 In einer Erklärung des Außenministeriums vom 18. Januar 2006, die eine entsprechende Erklärung der EU-3 beantwortet, stellt die iranische Regierung noch einmal ihren Standpunkt zur iranischen Nuklearfrage klar: 1. Iran verfolgt keine Ziele, die jenseits seiner legitimen Rechte im Rahmen des NPT liegen. Iran sieht die Herstellung von Atomwaffen im klaren Gegensatz zu ihren Glaubensgrundsätzen . 2. Iran ist grundsätzlich an der Durchsetzung seiner legitimen Rechte bezüglich seines Nuklearprogramms auf friedliche Art und Weise und durch vertrauensbildende Maßnahmen interessiert, hat die Bereitschaft zur Fortsetzung der Gespräche und will seine Ziele grundsätzlich auf dem Verhandlungswege erreichen. 3. Iran lädt die EU-3 zur Rückkehr an den Verhandlungstisch ein (Botschaft 2006). - 14 - Im Streit um das iranische Atomprogramm ist es den USA und den EU-3 mittlerweile gelungen, für ihre Haltung eine breite Zustimmung in der internationalen Gemeinschaft zu erhalten und den Druck auf Iran zu erhöhen. Am 31. Januar stimmten Russland und China dem Vorhaben zu, den Fall vor den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu bringen. Zuvor hatten erstmals alle Veto-Mächte des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie Deutschland auf hoher Ebene über das iranische Nuklearprogramm beraten. Am 1. Februar erarbeiteten die sechs Länder dann einen gemeinsamen Resolutionsentwurf für die Sitzung des IAEA-Gouverneursrats in Wien. Um China und Russland entgegen zu kommen, wurde auf die Empfehlung, auch Sanktionen gegen Iran zu auszusprechen, vorerst verzichtet. Zunächst sollte ein weiterer Bericht des Chefs der IAEA über den Stand der Zusammenarbeit Irans mit der Behörde der Vereinten Nationen abgewartet werden (Süddeutsche Zeitung vom 31.01.2006 und vom 01.02.2006; Die Welt vom 01.02.2006; Frankfurter Allgemeine vom 02.02.2006). Am 4. Februar 2006 hat die IAEA dann erstmals in dem seit gut drei Jahren währenden Atomstreit mit Iran beschlossen, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über den Stand der Dinge zu unterrichten. Der 35 Länder zählende Gouverneursrat der IAEA traf mit 27 Ja- Stimmen, fünf Enthaltungen und gegen die Voten von Syrien, Kuba und Venezuela die Entscheidung, dass IAEA-Generaldirektor El Baradei den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen über die bisherigen Iran-Berichte der Behörde sowie ihre Resolutionen und Forderungen an Teheran unterrichten soll. Außerdem bekräftigte die IAEA ihre Aufforderung an Iran, sämtliche mit der Urananreicherung und der Wiederaufarbeitung verbundenen Aktivitäten vollständig und dauerhaft zu unterlassen (Frankfurter Allgemeine vom 06.02.2006). Die iranische Führung hat auf die bevorstehende Unterrichtung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen über ihr Atomprogramm scharf reagiert. Der iranische Chefunterhändler für die Atomgespräche mit den EU-3, Laridschani, bezeichnete die Entscheidung als „Ende der Diplomatie“. Zugleich teilte der iranische Außenminister Maottaki mit, Iran habe als Antwort auf den Beschluss der IAEA sämtliche „vertrauensbildenden Maßnahmen der vergangenen zweieinhalb und drei Jahre“ beendet. Ausdrücklich nannte er das Zusatzprotokoll, das den IAEA-Inspektoren umfassendere Kontrollmöglichkeiten in Iran gewährt als üblich, wie etwa Besuche in Atomanlagen, die Teheran nicht gemeldet hat. Iran hat das Protokoll nur unterschrieben, nicht ratifiziert und in den - 15 - vergangenen Jahren freiwillig angewandt (Frankfurter Allgemeine vom 01.02.2006 und 06.02.2006). Insgesamt betrachtet war die iranische Verhandlungsstrategie der vergangenen Monate von einer doppelten Taktik bestimmt. Zum einen versuchte die iranische Seite, durch Verhandlungsangebote und scheinbare Zugeständnisse Flexibilität zu demonstrieren, zum anderen zielte sie darauf ab, die Weltgemeinschaft zu spalten (Süddeutsche Zeitung vom 28.02.2006). So deuteten sich in der Sache in neuerer Zeit immer wieder mögliche Kompromisslinien an, etwa ein zeitlich befristeter Verzicht Irans auf die Anreicherung von Uran. Auch soll Iran vorgeschlagen haben, die industrielle Urananreicherung auszusetzen , wenn es dafür seine nuklearen Forschungsarbeiten grundsätzlich fortsetzen dürfe. Zu einem anderen Zeitpunkt bot der iranische Chefunterhändler Laridschani an, den Inspektoren der IAEA wieder umfassendere Kontrollmöglichkeiten in den iranischen Atomanlagen einzuräumen, falls Iran eine beschränkte Urananreicherung im eigenen Lande fortführen können (Frankfurter Allgemeine vom 20.02.2006; Frankfurter Rundschau vom 07.03.2006; Süddeutsche Zeitung vom 07.03.2006). Solche Vorschläge haben aber in keinem der verschiedenen Verhandlungsprozesse zu substanziellen Forschritten geführt. Ende Februar stellte Iran weitere Gespräche mit den EU-3 in Frage, sprach sich gleichzeitig aber für Verhandlungen mit Moskau aus (Süddeutsche Zeitung vom 22.02.2006). Kurz vor der Sitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde trat Teheran aber wiederum mit der Bitte um ein Gespräch an die Europäer heran, woraufhin ein Treffen der Repräsentanten der EU-3 sowie des Hohen Repräsentanten der EU, Solana, mit dem iranischen Unterhändler Laridschani zustande kam. In der Kernfrage, den iranischen Aktivitäten zur Urananreicherung, wurde in dem Gespräch jedoch keinerlei Annäherung erzielt (Frankfurter Allgemeine vom 04.03.2006). Daraufhin kündigten iranische Diplomaten an, nunmehr mit einzelnen Ländern der EU getrennte Verhandlungen führen zu wollen (Frankfurter Allgemeine vom 22.02.2006; Frankfurter Rundschau vom 06.03.2006). Auch bei den russisch-iranischen Verhandlungen über eine Urananreicherung auf russischem Boden setzte die iranische Seite ihr taktisches Verhalten fort. So sprach Iran einerseits von deutlichen Fortschritten, verlangte andererseits aber nach zusätzlicher Zeit zum Studium des russischen Kompromissvorschlags, obwohl dieser seit Monaten bekannt war (Frankfurter Allgemeine vom 22.02.2006; - 16 - Frankfurter Rundschau vom 6.3.2006). Und während Iran Ende Februar davon sprach, dass im Grundsatz eine Einigung erzielt worden sei, waren aus russischer Sicht zahlreiche Fragen offen geblieben (Süddeutsche Zeitung vom 22.02.2006 und vom 01.03.2006; Frankfurter Allgemeine vom 27.02.2006 und vom 28.02.2006; Frankfurter Rundschau vom 27.03.2006). Letztlich endete dann auch diese Verhandlungsrunde am 1. März ohne ein substanzielles Ergebnis (Frankfurter Allgemeine vom 03.03.2006). Mit seiner unnachgiebigen Haltung hat sich Teheran in der Weltgemeinschaft mittlerweile weitgehend isoliert. Dies zeigte sich Anfang März 2006, als der Gouverneursrat der IAEA in Genf zusammenkam, um einen neuen Bricht seines Generaldirektors El Baradei entgegen zu nehmen. Baradei drückte erneut seine Besorgnis darüber aus, dass es der IAEA immer noch nicht gelungen sei, alle Unklarheiten bezüglich des iranischen Nuklearprogramms zu beseitigen (Frankfurter Allgemeine vom 07.03.2006). Da Iran in der Sitzung des Gouverneursrates keinerlei Bereitschaft zum Einlenken zeigte, überwies die IAEA die Angelegenheit am 8. März 2006 endgültig an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (Süddeutsche Zeitung vom 09.03.2006). Damit droht Iran nun in eine direkte Konfrontation mit den Mitgliedern des Sicherheitsrates zu geraten. Allerdings liegen hier die Positionen derzeit noch weit auseinander. Während die USA angeblich planen, eine Resolution in den Sicherheitsrat einzubringen, der zufolge Iran eine mit einer Sanktionsdrohung verbundene 30-Tage-Frist gesetzt werden soll, um zu einer Zusammenarbeit mit den Inspekteuren der IAEA zurückzukehren, sind Russland und China grundsätzlich gegen die Androhung von Sanktionen und wollen die Angelegenheit so lange wie möglich im Rahmen der IAEA verhandeln (Süddeutsche Zeitung vom 09.03.2006; Frankfurter Allgemeine vom 06.03.2006 und vom 07.03.2006). Angesichts der veränderten Ausgangslage scheint man in Iran noch nicht zu einer einheitlichen Haltung gefunden zu haben. Einerseits bekräftigte die iranische Seite ihren Willen zur Fortsetzung des Atomprogramms und lehnte Kompromisse in dieser Angelegenheit ab (Frankfurter Allgemeine vom 09.03.2006). So drohte die iranische Regierung sogar damit, ihre Ölexportpolitik zu überprüfen, falls die internationale Gemeinschaft ihren Druck auf das Land wegen des Atomprogramms erhöhen sollte (Süddeutsche Zeitung vom 09.03.2006). Andererseits gibt es auch Kräfte in Iran, die eine weitere Eskalation des Atomkonflikts verhindern wollen (Die Welt vom 13.03.2006). - 17 - Dokumente: Botschaft der islamischen Republik Iran. Erklärung des Außenministeriums der Islamischen Republik Iran zur iranischen Nuklearfrage. Berlin, 18. Januar 2006. „Paris Agreement” between the Islamic Republic of Iran and France, Germany and the United Kingdom, with the support of the High Representative of the European Union (http://www.fco.gov.uk/Files/KFile/Cm6443.pdf). Teheraner Abkommen vom 21. Oktober 2003 (http://www.auswaertigesamt .de/www/de/infoservice/download/pdf/friedenspolitik/abkommen-iran-dt.pdf). Literatur: Albright, David /Hinderstein, Corey (2002). Iran Building Nuclear Fuel Cycle Facilities : International Transparency Needed, Institute for Science and International Security , ISIS Issue Brief, December, 12, Washington, D.C. Cirincione, Joseph (2005). Verhandeln, drohen, belohnen. Wie der Iran vom Atomwaffenkurs abgebracht werden kann, Internationale Politik, Februar, Berlin. Cordesman, Anthony H. (2002). Proliferation in the „Axis of Evil“: North Korea, Iran and Iraq, Center for Strategic and International Studies, Januar, Washington D.C. Das Parlament (2005). Es droht die offene Konfrontation, Nr. 34/35, 22./29. August, Berlin. Eberle, Sarah (2004). Iran zwischen Kooperation und Konfrontation. Der Atomstreit. Handlungsoptionen und Empfehlungen, Friedrich Ebert Stiftung, Berlin. Meier, Oliver (2004). Iran and the IAEA: International Controls as Confidence Building Measures, 2. Sitzung des „Dialogue Forum of German and Iranian Experts“, 26. September, Teheran. Meier, Oliver (2005). Teheran - auf dem heimlichen Weg zur Bombe? 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